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Antifaschismus

Brandenburg an der Havel: „Heimattreue ungebrochen“ – Neonazi erneut verurteilt

2015.06.30 Brandenburg Havel Prozess gegen Neonazi (3)
Es war die let­zte Ver­hand­lung des Tages, die heute gegen 15.45 Uhr im Saal III des Amts­gericht­es Bran­den­burg an der Hav­el begann. Ob dies allerd­ings auch die let­zte Ver­hand­lung für den ein­schlägig vorbe­straften Angeklagten L. sein wird, bleib abzuwarten. Heute wurde er jeden­falls ein­mal mehr für ein poli­tisch motiviertes Delikt verurteilt.
„Küh­nen­gruß“ bei erster BraMM-Demo
Dabei ging es um einen Fall im Jan­u­ar diesen Jahres. Der Angeklagte Sascha L. befand sich als Ver­samm­lung­steil­nehmer auf der ersten „PEGIDA“-Demonstration der BraMM („Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit & Mitbes­tim­mung“). Schnell zog der ein­schlägig bekan­nte und sehr auf­fäl­lig gek­lei­dete Mann das Inter­esse eines Fotografen auf sich. L. bemerk­te dies und soll den recht­en Arm zum soge­nan­nten „Küh­nen­gruß“ erhoben haben. Der Fotograf ver­suchte dieses Ereig­nis zu doku­men­tieren, löste aber offen­bar zu spät aus, so dass auf dem ent­stande­nen Foto nur noch der sich senk­ende Arm zu sehen war. Als Zeuge der Anklage stand der Jour­nal­ist dem Gericht jedoch trotz­dem zur Ver­fü­gung. Der Fotograf hat­te den Gruß näm­lich deut­lich wahrgenom­men und dies auch noch ein­mal vor Gericht zweifels­frei dargelegt. Bestätigt wur­den dessen Aus­sage von einem Polizeibeamten, der am Tattag in Bran­den­burg an der Hav­el einge­set­zt war. Er hat­te das Geschehen aus der Ferne beobachtet und den Gruß eben­falls gese­hen. Der Angeklagte L. bestritt hinge­gen den „Küh­nen­gruß“ ver­wen­det zu haben. Gemäß sein­er Erin­nerung habe er lediglich das „Victory“-Zeichen gezeigt. Für dieses Sym­bol hätte er lediglich den Zeigefin­ger und den Mit­telfin­ger benötigt, um daraus ein „V“ zu machen. Bei­de Zeu­gen bestätigten jedoch, unab­hängig voneinan­der, dass L. auch den Dau­men gespreizt habe. Das somit gezeigte „W“, entspricht, unter Zuhil­fe­nahme des gestreck­ten Armes, dem so genan­nten „Wider­stands­gruß“ oder „Küh­nen­gruß“, einem im Neon­az­im­i­lieu ver­wen­de­ten Ersatz­gruß für den ver­bote­nen „deutschen Gruß“ (umgangssprach­lich: „Hit­ler­gruß“).
Verurteilung zu ein­er Freiheitsstrafe
Nach Abschluss der Beweisauf­nahme sah die Staat­san­wältin somit den Anklagepunkt des „Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen“, gemäß § 86a StGB, als erfüllt an und forderte eine Frei­heitsstrafe von sechs Monat­en, aus­ge­set­zt zu zwei Jahren auf Bewährung, sowie eine Geld­buße in Höhe von 300,00 €.
Diesem Antrag fol­gte die Rich­terin in vollem Umfang und sprach L. schuldig.
Eine Geld­strafe allein sah das Gericht offen­bar als zu milde, da der Angeklagte bere­its drei Vorstrafen aufwies. Die schw­er­wiegend­ste Tat lag allerd­ings schon einige Jahre zurück. Im Feb­ru­ar 1996 hat­te L. in Bran­den­burg an der Hav­el den damals 23 Jähri­gen Punk Sven Beuter getötet und war dafür zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
Darüber hin­aus wies sein Bun­deszen­tral­reg­is­ter­auszug noch zwei weit­ere Ein­träge, einen wegen gemein­schaftlich began­genen schw­eren Raubes sowie einen wegen des Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen auf. Let­zt­ge­nan­nter Ein­trag stammte erst vom 16. Okto­ber 2014, vom Amts­gericht Berlin-Tiergarten.
„Heimat­treue ungebrochen“
L. schien von dem Urteil jedoch wenig beein­druckt zu sein. „Immer noch bil­liger als ein Freis­pruch“, so seine let­zten Worte in der Ver­hand­lung. Bere­its zuvor, auf dem Flur des Gerichts­ge­bäudes hat­te er zu seinem Begleit­er ger­aunt, dass er „hof­fentlich“ verurteilt werde. Der let­zte Freis­pruch habe ihm 3.000,00 € gekostet.
Auch son­st gab er sich wenig reumütig. Zur Gerichtsver­hand­lung erschien L. mit einem schwarzen T‑Shirt, dass u.a. die Auf­schrift „Heimat­treue unge­brochen“ sowie ein „eis­ernes Kreuz“ als Sym­bol enthielt.
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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Zahl der Todesopfer rechter Gewalt in Brandenburg deutlich höher als bisher staatlich anerkannt

Opfer­per­spek­tive und Amadeu Anto­nio Stiftung begrüßen unab­hängige Unter­suchung “Todes­opfer recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt in Bran­den­burg (1990–2008)“des Moses Mendelssohn Zen­trums (MMZ)
Berlin, 29.06.2015: Die Ergeb­nisse des Forschung­spro­jek­ts des MMZ haben offen gelegt, dass das Aus­maß tödlich­er rechter Gewalt in Bran­den­burg bish­er von staatlichen Stellen falsch beurteilt wurde. In nahezu allen unter­sucht­en Fällen kon­nte ein recht­sex­tremes oder ras­sis­tis­ches Motiv nicht aus­geschlossen wer­den. Dies zeigt, wie wichtig die Forderung des Vere­ins Opfer­per­spek­tive und der Amadeu Anto­nio Stiftung nach ein­er erneuten, unab­hängi­gen Über­prü­fung der umstrit­te­nen Tötungs­de­lik­te stets war und für andere Bun­deslän­der noch immer ist.
“Für viele Hin­terbliebene war die unab­hängige Über­prü­fung ein bedeu­ten­der Schritt. Endlich wurde ver­sucht, die offene Frage nach dem Warum zu klären. Die erneute Kon­fronta­tion mit dem Tod eines Ange­höri­gen ist gle­ichzeit­ig auch eine enorme Belas­tung, da alte Nar­ben wieder auf­brechen”, erk­lärt Judith Porath, Geschäfts­führerin des Vere­ins Opferperspektive.
Die Ergeb­nisse des MMZ verdeut­lichen, dass bei nach­weis­lich recht­en Tätern den poli­tis­chen Motiv­en durch Polizei, Staat­san­waltschaft und Gericht über­haupt nicht oder nicht aus­re­ichend nachge­gan­gen wurde. Die
Folge war eine sukzes­sive Ent­poli­tisierung der Tat­en von Instanz zu Instanz. In der Rückschau sind daher nicht mehr in allen Fällen die poli­tis­chen Tathin­ter­gründe zu klären. Vielmehr zeigt sich, wie wichtig eine Neben­klage und eine bre­ite kri­tis­che Medi­en­berichter­stat­tung für die The­ma­tisierung poli­tis­ch­er Hin­ter­gründe der Tat sind. “Hin­terbliebene von Todes­opfern müssen anwaltlich gut vertreten wer­den. Zudem brauchen wir eine bre­ite kri­tis­che Öffentlichkeit, damit der­ar­tige Fälle auch im Hin­blick auf poli­tis­che Tat­mo­tive einge­hend beleuchtet wer­den”, fordert Porath.
Das MMZ hat alle 24 strit­ti­gen Todes­fälle angelehnt an das polizeiliche Erfas­sungssys­tem “Poli­tisch motivierte Krim­i­nal­ität” (PMK) bew­ertet. Das Sys­tem weißt jedoch deut­liche Män­gel auf. “Tat­en, in denen ein
sozial­dar­win­is­tis­ches oder ras­sis­tis­ches Motiv min­destens eine tat­be­glei­t­ende bis tateskalierende Rolle spie­len, wer­den bish­er nicht in der PMK-Sta­tis­tik erfasst und damit von staatlich­er Seite völ­lig ent­poli­tisiert. Hier braucht es eine Möglichkeit, auch solche Fälle abzu­bilden, um die tödlichen Fol­gen von ras­sis­tis­ch­er und rechter Gewalt in Deutsch­land nicht länger zu ver­harm­losen”, so Anna Brausam von der
Amadeu Anto­nio Stiftung. Diese Fälle wur­den auch vom MMZ nicht als ein­deutig rechte Gewalt gewertet.
“Wir hof­fen, dass auch andere Bun­deslän­der dem Bran­den­bur­gis­chen Vor­bild ein­er unab­hängi­gen Über­prü­fung fol­gen wer­den. Dabei sollte auch das Konzept des MMZ aufge­grif­f­en wer­den, einen Experte­nar­beit­skreis in
bera­ten­der Funk­tion einzuset­zen. In Bran­den­burg hat sich gezeigt, dass es sehr kon­struk­tiv war, strit­tige Fälle noch ein­mal aus den unter­schiedlichen Blick­winkeln staatlich­er und zivilge­sellschaftlich­er Insti­tu­tio­nen zu disku­tieren”, so Anna Brausam.
Zum Hintergrund:
Opfer­per­spek­tive und Amadeu Anto­nio Stiftung bekla­gen seit Jahren die große Dif­ferenz zwis­chen der Zäh­lung von Todes­opfern rechter Gewalt durch staatliche Behör­den und durch unab­hängige Organ­i­sa­tio­nen und Jour­nal­is­ten. Vertreterin­nen bei­der Organ­i­sa­tio­nen waren in bera­ten­der Funk­tion Mit­glied im Experte­nar­beit­skreis für das Forschung­spro­jekt “Todes­opfer recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt in Bran­den­burg (1990–2008)” des Moses Mendelssohn Zen­trums. Die vom LKA bis­lang genan­nte Zahl von neun Todes­opfern rechter Gewalt in Bran­den­burg ver­dop­pelt sich gemäß den Ergeb­nis­sen des MMZ-Forschung­spro­jek­ts auf 18.
Für Rückfragen:
Opfer­per­spek­tive e.V.: Judith Porath (0151 591 000 82) und Josch­ka Fröschn­er (0151 507 248 51)
Amadeu Anto­nio Stiftung: Anna Brausam 0176 (239 481 54)

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Antifaschismus

Nauen: “Absetzung des Bürgermeisters” gescheitert

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Den Bürg­er­meis­ter von Nauen sowie den Lan­drat des Kreis­es Havel­land wollte eine „Bürg­er­be­we­gung freies Nauen“, gemäß mas­siv ver­bre­it­eter Fly­er und Plakate, am Son­ntagabend im Rah­men ein­er Demon­stra­tion abset­zen. Das Vorhaben scheit­erte jedoch grandios. Ger­ade ein­mal 30 Per­so­n­en waren den Aufrufen gefol­gt und hat­ten sich an der Bahn­hal­testelle Nauen ver­sam­melt. Die Demon­stra­tion wurde allerd­ings trotz­dem durchge­führt, wenn auch in viel kürz­er­er Form als üblich. Auch führte der ras­sis­tisch motivierte Aufzug erst­mals nicht in Hör- und Sichtweite der zen­tralen Gegenkundge­bung vor­bei. Diese fand wieder am Rathaus, mit unge­fähr 60 Teilnehmer_innen, statt. Ent­lang der Route des ras­sis­tis­chen Aufzuges gab es hinge­gen nur spo­radis­che Protestaktionen.
Lokale NPD Struk­tur dominiert Rassist_innenaufzug
Auch wenn zu dieser erneuten Demon­stra­tion gegen die geplante Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende im Ort die „Bürg­er­be­we­gung freies Nauen“ aufgerufen hat­te, stellte die lokale NPD erneut ihre Logis­tik zur Ver­fü­gung. Der Laut­sprech­wa­gen wurde ein­mal mehr vom ehe­ma­li­gen NPD Stadtverord­neten Maik Schnei­der gestellt, Schnei­der sel­ber betätigte sich als Stim­mungs­mach­er und der einzige Red­ner stammte offen­bar von befre­un­de­ten Parteistruk­turen aus dem Land­kreis Ober­hav­el. Des Weit­eren war der Briese­langer NPD Gemein­der­at Frank Kit­tler wieder vor Ort.
Auch inhaltlich blieb die Ver­anstal­tung wenig „bürg­er­lich“. Zwar wurde die „Abset­zung des Bürg­er­meis­ters + des Lan­drates“, als vorge­blich eigentlich­er Anlass der Demon­stra­tion, mit ange­blichen „Steuergeld­ver­schwen­dun­gen“, „geplanten Zwangsen­teig­nun­gen“ und „undemokratis­ch­er Regierungsweise (Asy­lanten­heim)“ begrün­det – auf Plakat­en, Sprechchören oder den Rede­beiträ­gen wurde allerd­ings dann fast auss­chließlich nur gegen Asyl­suchende und Flüchtlinge gehet­zt. Beze­ich­nend war dies­bezüglich auch das Front­ban­ner mit der Auf­schrift: „Wir schreien es laut her­aus: Asylschmarotzer raus“. Vere­inzelt wur­den während der Demon­stra­tion auch wieder Nazi­parolen, wie „Nationaler Sozial­is­mus – jet­zt, jet­zt, jet­zt“ gerufen.
Frühzeit­ig vom ras­sis­tis­chen Aufzug abge­set­zt, dass heißt noch vor dessen eigentlichen Beginn, hat­te sich hinge­gen eine Gruppe Autonomer Nation­al­is­ten aus Nauen und Ketzin/Havel, die mit den „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ sym­pa­thisieren. Diese postierten sich in unmit­tel­bar­er Nähe zur Gegenkundge­bung und späht­en offen­sichtlich die Protestler aus. Zu Zwis­chen­fällen kam es jedoch nicht.
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Antifaschismus

Wittstock/Dosse: Nach III. Weg Kundgebung – Neonazis versuchten Gegendemonstrant_innen anzugreifen

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Gegen eine Ver­anstal­tung von unge­fähr 65 Neon­azis hat­ten am Fre­itagabend ca. 40 Men­schen auf dem Witt­stock­er Mark­t­platz zunächst ohne Zwis­chen­fälle protestiert. Nach zunächst ver­balen Auseinan­der­set­zun­gen begaben sich jedoch Grup­pen von Teilnehmer_innen der neon­azis­tis­chen Ver­samm­lung direkt zur Gegen­ver­anstal­tung und sucht­en dort die gewalt­tätige Kon­fronta­tion. Bere­itschaft­spolizei ging allerd­ings im let­zten Moment dazwis­chen und schick­te die Aggres­soren weg. An ein­er anderen Stelle ver­sucht­en Neon­azis weit­er­hin offen­bar eine kleine Gruppe von Gegendemonstrant_innen auf dem Nach­hauseweg abzufangen.
III. Weg set­zt „Tra­di­tion“ asylfeindlich­er Aufmärsche fort
Die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung rei­hte sich ein­mal mehr in eine ganze Rei­he von Ver­anstal­tun­gen gegen „die Asylpoli­tik“ in der Region ein. Zuvor fan­den ähn­liche Ver­anstal­tun­gen bere­its mehrfach in Wittstock/Dosse und ein­mal in Pritzwalk statt. Dieses mal wurde die Ver­samm­lung jedoch erst­mals unter dem Emblem der neon­azis­tis­chen Klein­partei „der drit­ten Weg“ bewor­ben. Ähn­lich wie im Mai in Pritzwalk, blieb die Demon­stra­tion jedoch nur sta­tionär, als Kundgebung.
Den­noch kamen unge­fähr 65 Per­so­n­en aus den Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin, Prig­nitz, Havel­land, Pots­dam-Mit­tel­mark und Bran­den­burg an der Hav­el, die sich am Mark­t­platz ent­lang des his­torischen Rathaus­es auf­stell­ten. Dabei wur­den typ­is­che Fah­nen und Ban­ner des neon­azis­tis­chen Milieus gezeigt. Das Rathaus als Pro­pa­gan­dasym­bol zu miss­brauchen gelang den Neon­azis jedoch nicht. Die Stadtver­wal­tung hat­te näm­lich dort zuvor eben­falls Sym­bo­l­ik posi­tion­iert, mit der sich allerd­ings deut­lich zu Tol­er­anz und Vielfalt bekan­nt wurde.
Witt­stock beken­nt Farbe
Gegenüber den Neon­azis, am anderen Ende des Mark­platzes, hat­te sich zudem das Bünd­nis „Witt­stock beken­nt Farbe“, unter­stützt durch das Bünd­nis „Neu­rup­pin bleibt bunt“ und Antifas, zu ein­er Kundge­bung ver­sam­melt. Dabei wur­den inter­essierten Bürger_innen vor allem zahlre­iche Infor­ma­tion­sange­bote zum The­ma Asyl bere­it­gestellt. Eine kleine Plakatausstel­lung wurde gezeigt sowie Broschüren zum mit­nehmen angeboten.
Darüber hin­aus wurde natür­lich auch protestiert. Mit Beginn der Neon­azikundge­bung stell­ten sich die Gegendemonstrant_innen eben­falls auf, zeigten Plakate und Trans­par­ente, die sich gegen Hass und neon­azis­tis­che Ide­olo­gie richteten, und pfif­f­en die Neon­azis auf der anderen Seite aus. Ein als Pirat verklei­de­ter Mann schwang mit­ten auf dem Mark­t­platz sog­ar eine Peitsche Rich­tung neon­azis­tis­ch­er Ver­samm­lung. Möglicher­weise sollte durch das Knallen des Led­ers den Neon­azis gezeigt wer­den, dass sie hier nicht willkom­men sind.
Angriffsver­suche auf Gegendemonstrant_innen
Die Teilnehmer_innen der Neon­azikundge­bung blieben zunächst jedoch unbeein­druckt. Der erste Rede­beitrag von Pas­cal Stolle („Der dritte Weg“) führte auch nicht ger­ade zu emo­tionalen Auss­chwei­fun­gen, wurde wahrschein­lich schon zu oft wieder­holt. Auch der Rede­beitrag von Mar­vin Koch („Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“) schien eben­falls ähn­lich zu ver­laufen. Dann provozierte Koch jedoch mit dumpfer Polemik gegen Antifas im All­ge­meinen, so dass sich einige Gegendemonstrant_innen einen Spaß daraus u.a. ihn zu verulken. Die Neon­azis ver­standen aber dies­bezüglich offen­bar über­haupt keinen Spaß, fühlten sich möglicher­weise in „ihrer“ Stadt brüskiert und begaben sich, unmit­tel­bar nach dem Ron­ny Schar­fenort die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung been­dete, sofort in Rich­tung Gegenkundge­bung. Allen voran schrit­ten zwei bekan­nte Brüder, welche T‑Shirts mit einem Emblem der „Nationalen Sozial­is­ten Wittstock/Dosse“ tru­gen. Sie ver­sucht­en die Sit­u­a­tion durch ver­bale Belei­di­gun­gen und Dro­hun­gen eskalieren zu lassen. Die Polizei tren­nte jedoch die Lager. Eben­falls stellte sie sich dazwis­chen, nach­dem Sympathisant_innen der „Freien Kräfte Prig­nitz“ des­gle­ichen ver­sucht­en, zur Gegen­demon­stra­tion vorzu­drin­gen. Dabei sollen auch konkrete Bedro­hun­gen gegen einzelne Gegen­demon­stran­ten aus­ge­sprochen wor­den sein.
Tat­säch­lich sam­melten sich die Neon­azis dann später noch in ein­mal in ein­er Seit­en­straße und ver­sucht­en die zuvor bedro­ht­en Per­so­n­en auf deren Nach­hauseweg durch nochma­lige Gewal­tan­dro­hung und Spuck­at­tack­en einzuschüchtern.
In allen Fällen blieb es jedoch, zumin­d­est an diesem Abend, bei den Ver­suchen. Ver­let­zun­gen wur­den nicht bekannt.
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Flucht & Migration

Women in Exile & Friends zum Tag des Flüchtlings

Weltweit sind über 50 Mil­lio­nen Men­schen auf der Flucht, ein Großteil davon Frauen und Kinder.
Deutsch­land und die Europäis­che Union reagieren auf die Flüchtlinge mit Abschot­tung und diskri­m­inieren­den Geset­zen. Wir Flüchtlings­frauen – die weni­gen, die es über­haupt nach Europa geschafft haben — erleben hier tagtäglich die Ver­let­zung unser­er Menschenrechte:
Wir wer­den zwis­chen den europäis­chen Län­dern hin und her geschoben, die Unter­bringung in Lagern isoliert uns und ver­let­zt unser Recht auf ein selb­st­bes­timmtes Leben, und das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz soll uns noch weit­er entrecht­en. Dieses Schick­sal teilen wir mit allen asyl­suchen­den Frauen und Män­nern in Deutschland.
Deshalb fordern wir, diese Diskri­m­inierun­gen abzuschaffen!
Poli­tik und Medi­en ver­suchen den Ein­druck zu erweck­en, die Poli­tik tue alles dafür, die Lage der Flüchtlinge zu verbessern. Berichtet wird beispiel­sweise über Pläne für einen gesicherten Bleiberechtssta­tus während der Aus­bil­dung und um eine schnellere Inte­gra­tion in den Arbeits­markt. Doch das soge­nan­nte „Gesetz zur Neubes­tim­mung des Bleiberechts und der Aufen­thalts­beendi­gung“ fol­gt dem fatal­en Grund­prinzip der aktuellen europäis­chen Asylpoli­tik: Ver­let­zung von ele­mentaren Grun­drecht­en für die einen — gradu­elle Verbesserun­gen für die anderen.
Mit diesem neuen Gesetz wieder­holt sich die alte Spal­tung in „nüt­zliche“ Migrant_innen, die inte­gri­ert wer­den sollen, ein paar „richtige Flüchtlinge“, die zumin­d­est vorüberge­hend Schutz brauchen und die vie­len ange­blichen „Asylbetrüger_innen“. Das neue Gesetz führt Kri­te­rien ein, die mas­sive Inhaftierung und einen weit­eren Anstieg von Abschiebung zur Folge haben werden.1
Wir Flüchtlinge lassen uns nicht spal­ten in „richtige“ und „falsche“ Asyl­suchende, in erwün­schte und uner­wün­schte Asyl­suchende. Wir haben alle ein Recht auf Schutz und auf ein men­schen­würdi­ges Leben.
Alle Men­schen, die fliehen, haben gute Gründe.
Wir, Aktivist_innen mit oder ohne Fluchthin­ter­grund, hal­ten zusam­men und bekämpfen diese diskri­m­inieren­den, ras­sis­tis­chen Geset­ze gemeinsam.
Par­al­lel zum Welt­flüchtlingstag find­et unsere dre­itägige bun­desweite Flüchtlings­frauenkon­ferenz in Berlin statt. Wir tauschen uns aus und kom­men von unseren indi­vidu­ellen Sit­u­a­tio­nen zu gemein­samen Forderun­gen, um zusam­men für unsere Rechte zu kämpfen!
Organ­isierung muss auf ver­schiede­nen Ebe­nen stat­tfind­en. Deshalb sol­i­darisieren wir uns mit der
Bun­desweit­en Demon­stra­tion für ein sol­i­darisches und gren­zen­los­es Europa:
20.Juni, 13.00 Oranien­platz, Berlin Kreuzberg: (http://europa-anders-machen.net/)

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Sonstiges

Schalom in Friesack

Eine israelische Band als Hoffnungsträger
Ein wachsender Teil der jungen Generation in Israel ist unzufrieden mit der
politischen Situation im Land und spielt mit dem Gedanken auszuwandern. Die
Band The Angelcy aus Tel Aviv gilt als Hoffnungsträger einer
desillusionierten Jugend. „Wir wollen in Israel bleiben und in unserem Land
etwas verändern,“ sagt Rotem Bar Or, Sänger und Texter der sechsköpfigen
Band.
Damit sind sie den Organisatoren des Frierock-Festivals sehr ähnlich: „Auch
das Land Brandenburg hat mit Abwanderung zu kämpfen. Immer mehr Jugendliche
zieht es in die Städte Deutschlands. Weniger aus politischen, denn aus
ökonomischen und kulturellen Gründen,“ begründet René Buschow sein
freiwilliges Engagement bei der Organisation des alljährlichen
Frierock-Festivals in seiner Heimatstadt. Die Kampagne sei die perfekte
Gelegenheit, auch über die Grenzen des Havellands hinaus Aufmerksamkeit für
das Festival zu erhalten.
Link zur Crowdfunding-Kampagne: www.indiegogo.com/project/preview/d95e45c1
Informationen zu The Angelcy: www.theangelcy.com
Informationen zum Frierock-Festival: www.frierock-festival.de
*17 Jahre Frierock-Festival*
Die „Frierocker“ – das sind etwa 20 Leute aus der Region – präsentieren an
einem Wochenende im Jahr, was es in der Welt der alternativen Musik zu
entdecken gibt oder was ihnen einfach Spaß macht. Das ganze Jahr über
reisen sie von Konzert zu Konzert und bringen eine exklusive Auslese an
regionalen und überregionalen Bands aus verschiedensten Musikstilen nach
Friesack. Im Kollektiv wird so im Handumdrehen ein richtiges Festival aus
dem staubigen Boden der charmanten Fliederstadt gestampft. Mit viel Liebe
zum Detail und einem traditionellem Gespür für echte Geheimtipps schaffen
es die Organisatoren die alternative Flamme des Havellandes am Lodern zu
halten. Faire Preise und eine einzigartig familiäre Atmosphäre runden das
Festival ab und sorgen für seine Beliebtheit.
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Antifaschismus

Kloster Lehnin: Zwischen Ablehnung und Willkommen — Einwohnerversammlung zur geplanten Asylunterkunft in Damsdorf

Titel
Auch der heutige Abend stand, wie so oft in den let­zten Tagen und Wochen, voll und ganz im Fokus der Diskus­sion zur Auf­nahme von neuen Flüchtlin­gen. Da deren Anzahl weit­er­hin steigt, sind die jew­eili­gen Admin­is­tra­tio­nen bestrebt, ihnen die vom Geset­zge­ber zugesicherten Unterkün­fte zur Ver­fü­gung zu stellen.
Auch die Land­kreise in Bran­den­burg ste­hen hier in der Pflicht. Gestern wurde über einen geplanten neuen Stan­dort in Schön­walde-Glien (Land­kreis Havel­land) informiert, heute die Einwohner_innen des Lehnin­er Ort­steils Dams­dorf (Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark). Bei­de Gemein­den verbindet der ländliche Sied­lungscharak­ter und die Abwe­sen­heit urbaner Infra­struk­turen. Allerd­ings gibt es an bei­den Orten große, ungenutzte Flächen die für die tem­poräre Bebau­ung sowie für die Nutzung als Unterkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge geeignet sind. Auch wenn dies nicht unbe­d­ingt dem Ide­al­fall ein­er Woh­nun­ter­bringung entspricht.
Während im Havel­land aber ein Neubau geplant ist, wird der Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark einen 2004 geschlosse­nen Kaser­nen­stan­dort nutzen. Dieser befände sich, laut Kreisver­wal­tung, in einem guten Zustand.
Res­o­lu­tion der Gemeinde
600 Asyl­suchende und Flüchtlinge sollen hier ein­mal unterge­bracht wer­den. Eine Anzahl, welche die Gemein­de­v­er­wal­tung Kloster Lehnin für sehr beden­klich hält.
In ein­er heute ver­lesenden Res­o­lu­tion fordert die Gemeinde eine Beschränkung der Flüchtlingszahl auf 200 Men­schen sowie eine Verteilung der übri­gen Per­so­n­en auf andere Stan­dorte. „Im Ver­hält­nis zur Größe des ca. 1.500 Ein­wohn­er starken Ortes Dams­dorf ist für 600 hil­fe­suchen­den Men­schen eine offene nach­haltige Willkom­men­skul­tur nicht umset­zbar“, so die schriftlich niedergelegte Posi­tion der Gemeindevertretung.
Ander­er­seits will sich Kloster Lehnin, gemäß Res­o­lu­tion, aber auch der „gesellschaftlichen Auf­gabe der Unter­bringung von Asylbewerbern/Flüchtlingen“ nicht entziehen, son­dern wird sich ihr eben doch stellen.
Zwis­chen Ablehnung und Willkommen
Den­noch war die Anspan­nung bei den unge­fähr 300 Bürger_innen auf der Einwohner_innenversammlung in ein­er Schul­sporthalle deut­lich anzumerken. Aber­mals, wie auch an vie­len anderen Stan­dorten, pras­sel­ten wieder diverse Äng­ste und Vorurteile auf die im Podi­um sitzen­den Ver­wal­tungsangestell­ten und Amt­sträger. Alle vier Ansprech­part­ner, Gertrud Meißn­er und Thomas Schulz von der Land­kreisver­wal­tung sowie Bernd Kreyken­bohm (Bürg­er­meis­ter von Kloster Lehnin) und Uwe Brück­n­er (Ortsvorste­her Dams­dorf), macht­en allerd­ings einen sehr kom­pe­ten­ten Ein­druck und beant­worten geduldig alle Fra­gen. Die Mehrheit der Men­schen im Saal zu gewin­nen fiel aber auch ihnen schw­er. Immer wieder aufs Neue wur­den Sicher­heits­be­denken, zuweilen Sozial­neid aber auch ein tiefes Unver­ständ­nis für die Arbeit der Ver­wal­tung in Gemeinde und Land­kreis artikuliert. Viele der Anwe­senden schienen sich über­haupt zum ersten mal mit Kom­mu­nalpoli­tik auseinanderzusetzen.
Allerd­ings gab es auch hier in Dams­dorf Wort­mel­dun­gen von Men­schen, die sich für die Flüchtlinge ein­set­zen wollen. Einige von ihnen tru­gen sich im Anschluss an die Ver­anstal­tung sog­ar in Lis­ten für die Unter­stützung ein­er „Willkom­mensini­tia­tive“ ein.
Peti­tion und Flug­blät­ter gegen das Heim
Unter­schriften­lis­ten sam­meln jedoch momen­tan auch die Gegner_innen der geplanten Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge. Im Inter­net existiert dazu eine „open­petion“, in der sich bish­er 191 Per­so­n­en, davon 143 aus dem gesamten Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark, einge­tra­gen haben. Auch André Schär, Kreistagsab­ge­ord­neter der NPD, hat sich in dieser Liste einge­tra­gen. Er war auch heute mit eini­gen NPD Sympathisant_innen, Funk­tionären des „drit­ten Weges“ sowie eini­gen lokalen Pro­tag­o­nis­ten der ehe­ma­li­gen Blood&Honour Szene vor Ort. Dem Großteil der organ­isierten Neon­azis, unge­fähr 20 Per­so­n­en, wurde jedoch der Ein­lass zur Ver­anstal­tung ver­wehrt. Mit­glieder des „drit­ten Weges“ posi­tion­ierten sich daraufhin aber mit ihren Parteishirts im Ein­gangs­bere­ich und verteil­ten Flug­blät­ter dieser neon­azis­tis­chen Klein­partei. Zu nen­nenswerten Zwis­chen­fällen kam es jedoch nicht.
Neben dem mit­telmärkischen Neon­az­im­i­lieu war übri­gens auch die recht­skon­ser­v­a­tive AfD durch ihren Land­tagsab­ge­ord­neten Stef­fen Königer aus Werder (Hav­el) vertreten. Dieser hielt sich jedoch eben­so zurück und beschränk­te sich aufs beobacht­en und Kon­tak­te knüpfen.
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Antifaschismus

Schönwalde-Glien: Gereizte Stimmung bei Einwohnerversammlung zu Asylunterkunft / Neonazis provozierten

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Wolf­gang Gall, Sozialdez­er­nent des Land­kreis­es Havel­land, ist am gestri­gen Abend in Schönwalde/Glien nicht zu benei­den. Er ist sichtlich angenervt von dem immer wieder gle­ichen Vorurteilen, die ihn bei jed­er Ein­wohn­erver­samm­lung zur Ein­rich­tung von Gemein­schaft­sun­terkün­ften von Asyl­suchen­den und Flüchtlin­gen ent­ge­gen­schla­gen. Einige Queru­lanten, z.B. ein ehe­ma­liger Polizeibeamter aus West-Berlin ken­nt er inzwis­chen per­sön­lich. Bei anderen wech­seln die Gesichter. Die Äng­ste und Vorurteile aber bleiben: Warum wur­den die Einwohner_innen nicht gefragt? Warum kom­men nur Män­ner? Wir haben Angst um unsere Kinder. Um nur einige Punkt zu nennen.
Trotz der Rou­tine die eigentlich herrschen müsste, wirkt Gall gestern etwas schlecht vor­bere­it­et. Zwar kon­nte er zu allen Punk­ten etwas sagen, im Detail wirkt er jedoch zu oft blass, von den Fragestellern überrollt.
Unum­strit­ten ist jeden­falls das im Schön­walder Gewer­bege­bi­et eine Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge gebaut wer­den soll. Geplant sei es, dort, ab Novem­ber 2015, unge­fähr 400 Men­schen unterzubrin­gen. Bessere, schneller zur Ver­fü­gung ste­hende und gle­ichzeit­ig preis­gün­stige Woh­nun­terkün­fte seien, gemäß Her­rn Gall, zurzeit nicht beschaff­bar. Auch bei der Lage des Objek­tes, außer­halb der Ortschaft, mit­ten in einem Gewer­bege­bi­et, in unmit­tel­bar­er Nähe eines Paint­ball­spielfeldes für Freizeit-Paramil­itärs scheint der Land­kreis keine Bedenken zu haben bzw. am Ende sein­er Optio­nen zu sein. Immer­hin wurde ver­sprochen den Rad­weg vom Dorf bis zum Heim zu ver­längern und eine Busan­bindung zu schaf­fen. Die ärztliche Ver­sorgung solle zudem durch ein Ärztez­im­mer sowie Ein­rich­tun­gen in Nauen und Falkensee garantiert wer­den. Polizei soll im Bedarfs­fall aus Falkensee und Hen­nigs­dorf ange­fordert wer­den. Neue Einkaufmöglichkeit­en soll es hinge­gen nicht geben.
Dies waren aber nur einige Dinge die den sichtlich gereizten Bürger_innen unter den Nägeln bran­nten. Viele woll­ten konkrete Tipps zur Inte­gra­tion. 400 Men­schen in eine Dor­fge­mein­schaft zu inte­gri­eren ist eben doch eine Her­aus­forderung. Schnell kom­men Fra­gen nach Kita- und Schulplätzen, zusät­zlichen Erzieher_innen und Lehrer_innen. Außer­dem soll es im Ort kaum Vere­ine, die den Flüchtlin­gen eine Per­spek­tive geben kön­nten, existieren. Ander­er­seits ist Schön­walde-Glien eine Gemeinde aus sieben Ort­steilen in denen ins­ge­samt 9.108 Einwohner_innen leben, mehr als in so manch­er Kle­in­stadt mit Flüchtling­sun­terkun­ft im Kreis. Eine Orts­beirätin aus Per­wer­nitz regte deshalb auch eine engere Zusam­me­nar­beit an. Ein Wille zur Auf­nahme von Flüchtlin­gen und Asyl­suchen­den war also am gestri­gen Abend dur­chaus vorhan­den. Es fehlte anscheinend allein die Überzeu­gungskraft der bei­den Land­kreis­mi­tar­beit­er, im Angesicht der bis zu 300 Zuschauer_innen. Zwar war auch noch ein Vertreter der Polizei als Gas­tre­f­er­ent anwe­send und der Bürg­er­meis­ter von Schön­walde als Mod­er­a­tor tätig, weit­ere wichtige Per­so­n­en, die von ihren Erfahrun­gen mit der Betreu­ung von Flüchtlin­gen und Asyl­suchen­den im Land­kreis bericht­en kön­nten, wie z.B. Heimleiter_innen der beste­hen­den Unterkün­fte oder der/die Ver­ant­wortliche für das kün­ftige Heim in Schön­walde-Glien fehlten. Dies lief bei ähn­lichen Ver­anstal­tun­gen in anderen Land­kreisen, wie Ost­prig­nitz-Rup­pin und Pots­dam-Mit­tel­mark, oder kre­is­freien Städten, wie Bran­den­burg an der Hav­el, deut­lich bess­er ab.
Recht­skon­ser­v­a­tive und Neon­azis stören Veranstaltung
Die Gegner_innen der Gemein­schaft­sun­terkun­ft waren indes offen­bar bess­er vor­bere­it­et. Der ehe­ma­lige AfD-Press­esprech­er für den Land­kreis Havel­land, Ger­ald Hüb­n­er, verteilte beispiel­sweise vor Beginn der Einwohner_innenversammlung Flug­blät­ter, die sich gegen eine „Dauer-Willkom­men­skul­tur­pro­pa­gan­da“ sowie die „massen­hafte unges­teuerte Ansied­lungspoli­tik zukün­ftiger Nicht­deutsch­er“ richtet.
Der ehe­ma­lige havel­ländis­che Kreistagsab­ge­ord­nete und Nauen­er Stadtverord­neter, Maik Schnei­der (NPD), kon­nte sich mit einem Sym­pa­thisan­ten vor dem Fen­ster des Sitzungssaales postieren und dort ein Ban­ner mit der Auf­schrift: „Wir sagen nein zum Asy­lanten­heim“ zeigen. Eine ähn­liche Aktion hat­te er bere­its am 12. Feb­ru­ar 2015 bei ein­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung in Nauen ver­anstal­tet. Dort war die Sit­u­a­tion anschließend so eskaliert, dass der Saal polizeilich geräumt wer­den musste. Gegen Schnei­der sollen dies­bezüglich polizeiliche Ermit­tlun­gen wegen Land­friedens­bruch laufen. Dies hielt ihn jedoch gestern nicht davon ab in Schön­walde zu erscheinen.
Bei der Einwohner_innenversammlung eben­falls anwe­send war der Schön­walder NPD Gemein­der­at Burkhardt Sah­n­er. Er nutzte die Frages­tunde um hin­sichtlich der Finanzierung der Unterkün­fte zu polemisieren und bekam dafür tosenden Applaus von einem Großteil des Pub­likums. Anson­sten blieb die anwe­sende NPD, neben Schnei­der und Sah­n­er war auch Frank Kit­tler aus Briese­lang da, eher ruhig. Lediglich Franz Pop­pen­dieck, ehe­ma­liger Leit­er des NPD Ortsver­ban­des Brandenburg/Havel pöbelte öfters in den Saal und musste vom Bürg­er­meis­ter zur Ord­nung gerufen wer­den. Pop­pen­dieck soll sich inzwis­chen den „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ zuge­wandt haben, die gestern eben­falls mit unge­fähr 15 Sympathisant_innen vor Ort waren. Allerd­ings trat die Gruppe nicht als Block auf, son­dern hat­te sich in „ziv­il“ im ganzen Saal verteilt. Durch einzelne Zwis­chen­rufe von den Sympathisant_innen der „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ ent­stand so der Ein­druck, dass im Ort eine bre­ite Ablehnung gegenüber Flüchtlin­gen und Asyl­suchende herrscht.
Verun­sicherung und Hoffnung
Allerd­ings war die Mehrheit der ablehnen­den Stim­men, die ord­nungs­gemäß mit dem Mikro das Wort ergrif­f­en, nicht unbe­d­ingt auf die Anwe­sen­heit der region­al aktiv­en Neon­aziszene zurück­zuführen. Ins­beson­dere Bürger_innen aus Berlin, die von ihren ange­blich schlecht­en Erfahrun­gen mit Asyl­suchen­den in Steglitz und Rudow berichteten und diesen krim­inelles Ver­hal­ten unter­stell­ten, putscht­en die Stim­mung immer wieder auf. Dass der Land­kreis Havel­land, wie auch Wolf­gang Gall noch ein­mal betonte, bish­er hinge­gen völ­lig kon­träre, pos­i­tive Erfahrun­gen mit Flüchtlin­gen zu haben und dies auch durch die polizeiliche Krim­i­nal­sta­tis­tik bele­gen könne, inter­essierte aber offen­bar nur wenig. Dif­fuse Angst war bei vie­len Einwohner_innen spür­bar. Ein Mann erkundigte sich sog­ar, ob es noch möglich sei Ein­spruch oder Klage gegen das Vorhaben des Land­kreis­es zu erheben. Ein ander­er forderte einen Volk­sentscheid zur Auf­nahme von Flüchtlingen.
Den­noch gab es auch Stim­men, die sich für die Auf­nahme von Asyl­suchen­den aussprachen. Viele wären ange­blich dur­chaus bere­it eine kleinere Zahl Flüchtlinge, genauer gesagt bis zu 200, aufzunehmen, 400 schien den meis­ten jedoch zu viel. Auch der Bürg­er­meis­ter schien dies­bezüglich auf kün­ftige Ver­hand­lun­gen mit dem Land­kreis zusetzen.
Andere Wort­mel­dun­gen sahen die erwartete Zahl der Flüchtlinge offen­bar wenig drama­tisch. Ein Mann, der noch dass Ende des zweit­en Weltkrieges miter­lebt, Not gelit­ten hat­te und selb­st auf der Flucht war, sprach sich sehr deut­lich für die Auf­nahme aller ver­fol­gten Men­schen auf. Eine junge Frau rief zu dem dazu auf, endlich Ver­ant­wor­tung zu übernehmen, anzu­pack­en und die kün­fti­gen neuen Nach­barn in Schön­walde tatkräftig zu unterstützen.
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Neuruppin: Neonazis brachen TddZ wegen Blockaden vorzeitig ab

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Über tausend Men­schen haben sich am 6. Juni im Rah­men ver­schieden­er Ver­anstal­tun­gen und Aktio­nen, gegen eine neon­azis­tis­che Ver­samm­lung in der Fontanes­tadt Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin, Bran­den­burg) positioniert.
Zum so genan­nten „Tag der deutschen Zukun­ft“ (TddZ) waren unge­fähr 500 Neon­azis aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et angereist. Die Zahl entspricht in etwa den Teilnehmer_innenzahl der vor­ma­li­gen Ver­anstal­tung­sorte in Wolfs­burg (2013) und Dres­den (2014).
Während die Neon­azis jedoch bish­er an allen vor­ma­li­gen Stan­dorten der TddZ-Kam­pagne bis zum Ende marschieren kon­nten, gab der diesjährige Ver­samm­lungsleit­er der Ver­anstal­tung bere­its nach 1.200m auf. Mehrere hun­dert Men­schen hat­ten zuvor alle wichti­gen Punk­te der Neon­aziroute sowie mögliche Umge­hungswege besetzt.
In Vel­ten (Land­kreis Ober­hav­el) führte ein NPD Funk­tionär außer­dem eine Unter­stützungskundge­bung für den TddZ durch. Zu den befürcht­en Über­grif­f­en auf Zugreisende kam es hier jedoch nicht. Eben­falls wur­den keine Ersatza­ufmärsche für den diesjähri­gen TddZ bekannt.
Die Polizei war in der Region mit min­destens 1.000 Beamt_innen aus Bran­den­burg, Nieder­sach­sen und Ham­burg im Einsatz.
Der näch­ste „Tag der deutschen Zukun­ft“ soll 2016 in Dort­mund stattfinden.
Neon­azi­auf­marsch
Die Neon­azis hat­ten sich in Neu­rup­pin zunächst an der Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ ver­sam­melt. Die Anreise erfol­gte über­wiegend mit der Bahn. PKW Reisende hat­ten ihre Fahrzeuge u.a. an Bahn­hal­testellen vor Neu­rup­pin geparkt und waren eben­falls mit dem Zug angereist. In Vel­ten hat­te der örtliche NPD Stad­trat dies­bezüglich auch eine Kundge­bung an der Bahn­hal­testelle „Vel­ten (Mark)“ angemeldet. Nur vere­inzelte Neon­azi­grup­pen steuerten Neu­rup­pin direkt an.
Von der Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ zogen die Neon­azis dann ab 13.00 Uhr, äußert langsam und immer wieder zum Anhal­ten gezwun­gen, über die Präsi­den­ten­straße, Puschkin­straße bis zur Neustädter Straße, Höhe Bushal­testelle „Kreisver­wal­tung“. Dort löste Anmelder und Ver­samm­lungsleit­er, nach mehreren Rede­beiträ­gen und Dro­hun­gen von Redner_innen die Sit­u­a­tion eskalieren zu lassen den Marsch gegen 15.30 Uhr ent­nervt auf.
Die unge­fähr 500 Teilnehmer_innen des Auf­marsches kamen über­wiegend aus den Bun­deslän­dern Bran­den­burg, Berlin, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Nor­drhein-West­falen, Nieder­sach­sen, Sach­sen-Anhalt, Thürin­gen, Sach­sen, Ham­burg und Bay­ern. Vere­inzelt waren auch Neon­azis anderen europäis­chen Län­dern, wie beispiel­sweise den Nieder­lan­den vertreten.
Poli­tisch war auf dem diesjähri­gen TddZ die gesamte aktive Band­bre­ite des neon­azis­tis­chen Spek­trums vertreten. Die drei großen Neon­azior­gan­i­sa­tio­nen NPD/JN, die RECHTE und der „dritte Weg“ hat­ten zuvor zur Teil­nahme am Auf­marsch aufgerufen und Partei­funk­tionäre entsandt. Des Weit­eren waren auch viele so genan­nter „Freien Kräfte“ vertreten.
Dem Aufruf des Ver­anstal­ters, der Ini­tia­tive „Zukun­ft statt Über­frem­dung“, mit T‑Shirts der aktuellen TddZ Kam­pagne zu erscheinen waren unge­fähr ein Drit­tel der Teilnehmer_innen gefol­gt. Das über­wiegend in Rot gehal­tene „Sol­ishirt“, mit dem schwarz-weißen Fontane-Kon­ter­fei, kon­nte zuvor käu­flich erwor­ben wer­den. Ein großer Teil der Teilnehmer_innen erschien jedoch betont in schwarz. „Autonome Nation­al­is­ten“ und „Freie Kräfte“ bilde­ten auch einen so genan­nten „schwarzen Block“, dessen kämpferische Bedeu­tung am 6. Juni, im Gegen­satz zum Auf­marsch am 1. Mai 2015 in Saalfeld/Saale (Thürin­gen) aber nur ger­ingfügig war. Lediglich zum Ende der Ver­anstal­tung deutete diese For­ma­tion einen zaghaften Aus­bruchsver­such an, blieb jedoch kurz vor den Polizeiket­ten stehen.
Den­noch war die Stim­mung während des Auf­marsches hochag­gres­siv. Vor allem Neon­azis aus Berlin und Dort­mund, die am Rande des Aufzuges liefen, bedrängten immer wieder Journalist_innen. Dass diese durch solche Pro­voka­tio­nen auch im Sinne der Ver­samm­lung han­del­ten, wurde durch Ban­ner mit der Auf­schrift „Lügen­presse“ im Aufzug deutlich.
Ein hohes, allerd­ings in erster Lin­ie ver­bales Aggres­sionspo­ten­tial hat­ten auch die Redner_innen während des Auf­marsches. Kurz vor dessen Abbruch ließ Beat­rice Koch von „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ ihren Hass gegen die „Zeck­en“ in der Stadt frei Lauf und posaunte, dass sie an einem andern Tag gerne mal eine Grill­par­ty bei sich zu Hause ver­anstal­teten werde, von der aus dann anschließend ein „Abendspazier­gang“ durch die Stadt fol­gen kön­nte. Selb­stver­ständlich, wenn nicht soviel Polizei im Ort wäre.
Anmelder Dave Trick, NPD Stadtverord­neter in Neu­rup­pin, sowie Pierre Dorn­brach (Lan­desvor­sitzen­der der JN Bran­den­burg), Maik Eminger (Der dritte Weg) und Ste­fan Köster (Lan­desvor­sitzen­der der NPD Meck­len­burg-Vor­pom­mern) ver­sucht­en in ihren Rede­beiträ­gen eben­falls die Menge anzus­tacheln. Ihre Dro­hge­bär­den ver­pufften jedoch unter der drück­enden Son­nen­hitze des Nachmittags.
Ein weit­er­er Rede­beitrag kam übri­gens nur noch von Sebas­t­ian Schmidtke, Lan­desvor­sitzen­der der NPD Berlin. Die eben­falls angekündigten Red­ner Michael Brück (stel­lvertre­tender Lan­desvor­sitzen­der der Partei „Die Rechte“ in Nor­drhein-West­falen) und Maik Müller aus Dres­den waren zwar anwe­send, betätigten sich aber eher als Fotografen oder liefen am Rande des Aufzuges.
Antifa-Bünd­nis „NoT­D­DZ“ blockiert 
Gegen den „Tag der deutschen Zukun­ft“ hat­te bere­its im Vor­feld das Antifa-Bünd­nis „NoT­D­DZ“ mobil gemacht. In ein­er Pressemit­teilung vom 3. Juni 2015 wurde dies­bezüglich erk­lärt: „Wir wer­den gemein­sam den „Tag der deutschen Zukun­ft“ ver­hin­dern“. Allerd­ings waren die Hür­den hier­für bere­its im Vor­feld sehr hochgestellt. Die Polizei hat­te näm­lich ihrer­seits ver­laut­en lassen, dass sie die Ver­samm­lungs­frei­heit für alle Ver­anstal­tun­gen an diesem Tag, ein­schließlich des Neon­azi­aufzuges, garantieren werde. Kon­flik­te waren somit vor­pro­gram­miert. „NoT­D­DZ“ blieb jedoch entschlossen: „Zivil­er Unge­hor­sam und Block­aden sind für uns dabei das Mit­tel der Wahl“. Gemein­sam mit „viele(n) Antifaschist*innen aus mehreren Bun­deslän­dern“ wollte das Bünd­nis erfol­gre­ich sein.
Dies­bezüglich gab es offen­bar mehrere, so genan­nter Fin­ger­struk­turen, die an unter­schiedlichen Punk­ten der Neon­aziroute unge­fähr gle­ichzeit­ig mit ihren Aktio­nen began­nen. Erste Block­adepunk­te gab es dann gegen 11.30 Uhr u.a. in der Puschkin­straße, im Bere­ich Hein­rich Heine Straße und am Fontane­platz. Als mehrere dutzend Antifaschist_innen in der Fehrbelliner Straße offen­bar zu bere­its beste­hen­den Block­aden durch­brechen woll­ten, set­zte die Polizei Pfef­fer­spray ein und nahm mehrere Per­so­n­en kurzzeit­ig in Gewahrsam. Im Bere­ich Hein­rich-Heine-Straße und Rosa-Lux­em­burg-Straße kam es auch zu einem Wasserwerfereinsatz.
In der Puschkin­straße Ecke Franz Kün­stler Straße leit­ete die Polizei den Neon­azi­aufzug an ein­er Block­ade vor­bei. Dabei kam es in erster Lin­ie zu einem ver­balen Schlagab­tausch zwis­chen Neon­azis und Gegendemonstrant_innen. Vere­inzelt flo­gen aber auch Flaschen.
Weit­ere Block­aden in der Hein­rich Rau Straße und der Thomas Mann Straße bracht­en dann den diesjähri­gen „Tag der deutschen Zukun­ft“ endgültig zum erliegen und führten let­z­tendlich zur Auf­gabe der Neon­azis, die anschließend über eine unbelebte Umge­hungsstraße zur Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ zurück­ge­bracht wurden.
Neu­rup­pins Innen­stadt blieb bunt
Eben­falls gegen den „Tag der deutschen Zukun­ft“ engagiert hat­te sich am 6. Juni auch die Neu­rup­pin­er Zivilge­sellschaft. Sie hat­te sich zuvor als Aktions­bünd­nis „Neu­rup­pin bleibt bunt“ zusam­menge­fun­den und unter dem Mot­to: „Schön­er leben ohne Nazis – Vielfalt ist unsere Zukun­ft“ ein bre­ites poli­tis­ches und kul­turelles Rah­men­pro­gramm für den 6. Juni zusammengestellt.
Die ersten Ver­anstal­tun­gen began­nen bere­its ab 10.00 Uhr. Sowohl von der Bruno-Sal­vat-Straße im Süd­west­en Neu­rup­pins, als auch von der Bahn­hal­testelle „Rheins­berg­er Tor“, in der nordöstlichen Innen­stadt, startete jew­eils ein Demon­stra­tionszug Rich­tung Zen­trum. An bei­den Ver­samm­lun­gen beteiligten sich unge­fähr 400 Men­schen. Ziel der Demon­stra­tio­nen war der zen­trale Schulplatz, auf dem unter dem Mot­to „Fest für Alle“ den ganzen Tag über ver­schiedene Musik­grup­pen sowie Redner_innen aus Poli­tik und Gesellschaft auf­trat­en. Dadurch blieb den Neon­azis die Innen­stadt weit­ge­hend versperrt.
Hin­ter­grund „Tag der Deutschen Zukunft“
Der „Tag der deutschen Zukun­ft“ ist eine im jährlichen Rhyth­mus ver­anstal­tete Großver­samm­lung, an der bis zu 750 Neon­azis teil­nehmen. Ursprünglich offen­bar zunächst für den nord­deutschen Raum, genauer gesagt Schleswig-Hol­stein, Nieder­sach­sen und Ham­burg, konzip­iert, fand der TddZ im ver­gan­genen Jahr zum ersten mal außer­halb dieser Region, in Dres­den, statt. Dort wurde auch die diesjährige Ver­anstal­tung in Neu­rup­pin erst­mals öffentlich bewor­ben. Angemeldet wurde der heutige Auf­marsch aber bere­its Ende März 2014.
Nach dem let­ztjähri­gen TddZ am 7. Juni 2014 in Dres­den begann die Ini­tia­tive „Zukun­ft statt Über­frem­dung“, hin­ter der sich offen­bar ort­san­säs­sige NPD Funk­tionäre als auch die „Freien Kräfte Neu­rup­pin / Osthavel­land“ ver­ber­gen, auch damit bun­desweit in die Fontanes­tadt zu mobil­isieren. Regelmäßig erschienen Vertreter_innen der Ini­tia­tive bei ein­schlägi­gen Szen­ev­er­samm­lun­gen im Bun­des­ge­bi­et oder führten eigene Ver­anstal­tun­gen in Bran­den­burg durch.
Let­z­tendlich hat sich der Aufwand aber nicht gelohnt. Die „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ waren ein­mal mehr in der Fontanes­tadt gescheit­ert. Außer­dem haben sich die diesjähri­gen Veranstalter_innen dahinge­hend (szenein­tern) blamiert, dass der „Tag der deutschen Zukun­ft“ in Neu­rup­pin erst­mals gestoppt wurde.
Das Ende der TddZ-Ver­anstal­tun­gen ste­ht hinge­gen noch nicht fest. Während des Auf­marsches in Neu­rup­pin wur­den näm­lich bere­its Fly­er für die näch­ste Ver­samm­lung im Jahr 2016 verteilte. Diese soll in Dort­mund stattfinden.
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Erstmals TddZ blockiert

Am Sam­stag, den 06. Juni 2015, wollte die neon­azis­tis­che Ini­tia­tive “Zukun­ft statt Über­frem­dung” den “Tag der deutschen Zukun­ft” (TddZ) als Abschluss ihre “Kampfkam­pagne gegen anti­deutsche Poli­tik” durch­führen. Die über 500 Neon­azis aus Bran­den­burg, Berlin, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Ham­burg, Sach­sen-Anhalt sowie aus Dort­mund, wo 2016 der näch­ste TddZ stat­tfind­en soll, wur­den jedoch durch den Protest von mehreren tausend Gegendemonstrant_innen zum Abbruch ihres Auf­marsches gezwungen.

Der Anmelder Dave Trick (rechts) im Gespräch mit Maik Eminger. Redner an diesem Tag und Kopf der neonazistischen Partei "Der III. Weg" in Brandenburg.
Der Anmelder Dave Trick (rechts) im Gespräch mit Maik Eminger. Red­ner an diesem Tag und Kopf der neon­azis­tis­chen Partei “Der III. Weg” in Brandenburg.

Polizeige­walt: Antifa-Block­aden standhaft 
Während ein Teil der Neon­azis sich in Vel­ten, kurz hin­ter Berlin zur gemein­samen Anreise und kurz­er Kundge­bung traf, starteten bere­its am Vor­mit­tag zwei antifaschis­tis­che Demon­stra­tio­nen. Diese und weit­ere hun­derte anreisende Antifaschist_innen fol­gten dem Aufruf des antifaschis­tis­chen Bünd­niss­es “No TddZ” und block­ierten noch vor Ankun­ft der Neon­azis in Neu­rup­pin wichtige Punk­te der geplanten Auf­marschroute. Trotz eines mas­siv­en Polizeiaufge­botes und rig­orosem Vorge­hen der Polizei gegen die Gegendemonstrant_innen, kon­nten die Innen­stadt block­iert wer­den. Pfef­fer­spray und Wasser­w­er­fer wur­den gegen die Block­ieren­den einge­set­zt. Etwa 1500 Polizist_innen soll an diesem Tag im Ein­satz gewe­sen sein. In den frühen Mor­gen­stun­den hat­ten einige von ihnen schon mit “Hur­ra, Hur­ra- die Ham­burg­er sind da”-Rufen über die Polizei-Laut­sprecher­an­lage ihre Vor­ma­cht­stel­lung auf der Straße verkün­den wollen. Das berichtet eine Augen­zeu­g­in. Min­destens 19 Fes­t­nah­men soll es an diesem Tag gegeben haben, mehrere Aktivist_innen mussten im Kranken­haus behan­delt werden.
Auch die Berliner NPD um Sebastian Schmidtke unterstützte die "Freie Kräfte"-Demo sogar mit mitgebrachten Lauti.
Auch die Berlin­er NPD um Sebas­t­ian Schmidtke unter­stützte die “Freie Kräfte”-Demo. Sog­ar mit mit­ge­bracht­en Lauti.

Die TddZ-Marsch war von einer großen Anzahl von polizeikräften aus drei Bundesländern begleitet. Dennoch hinderte das nicht, dass Neonazis Journalist_innen und Gegenprotest zu bedrohen.
Die TddZ-Marsch war von ein­er großen Anzahl von Polizeikräften aus drei Bun­deslän­dern begleit­et. Den­noch hin­derte das nicht, dass Neon­azis Journalist_innen und Gegen­protest bedrohten.

Neon­azis: Fontane, Rasse, Genetik 
Im Vor­feld des TddZ war­ben die Neon­azis der Freien Kräfte Neu­rup­pin, die als aus­tra­gende Lokalgruppe für die Ini­tia­tive “Zukun­ft statt Über­frem­dung” fungierte, mit dem Schrift­steller Theodor Fontane als Sym­bol der Stadt Neu­rup­pin. Nach Kri­tik von der Gegen­seite, Fontanes Zitate falsch zu deuten und sein Kon­ter­fei zu miss­brauchen, nutze Bea Koch  — führende Aktivistin der Freien Kräfte Neu­rup­pin — ihre Begrüßungsrede um sich für die Nutzung Fontanes als Sym­bol der diesjähri­gen Kam­pagne zu recht­fer­ti­gen. In ihrer Rede erk­lärte sie ihre Weltan­schau­ung als “mod­ern” und “zeit­gemäß” und vertei­digte das Rassenkonzept, indem sie auf die genetis­chen Dif­feren­zen soge­nan­nter “Rassen” ver­wies. Auch lies sie es sich nicht nehmen, zu behaupten, mit der derzeit­i­gen Asylpoli­tik gin­ge eine Ver­her­rlichung von Gewalt einher.
Bea Koch (mitte) versuchte sich mit rassistischen Zuschreibungen ihre Sicht als Wahrheit zu verkaufen.
Bea Koch (mitte) ver­suchte mit ras­sis­tis­chen Zuschrei­bun­gen ihre Sicht als Wahrheit zu verkaufen.

Fontane missbraucht: Ein Zitat des aus Neuruppin stammenden Dichters findet sich auf den Kampagnen-Shirts.
Fontane miss­braucht: Ein Zitat des aus Neu­rup­pin stam­menden Dichters find­et sich auf den Kampagnen-Shirts.

Gegen 13 Uhr startete die Neon­azidemon­stra­tion vom Bahn­hof Neu­rup­pin West. Bere­its zu Beginn herrschst eine aggres­sive Stim­mung, die sich vor allem gegen die anwe­senden Journalist_innen richtete. Neben den üblichen Neon­azi­parolen wie  “Nationaler Sozial­is­mus Jet­zt”, “Wer Deutsch­land nicht liebt, soll Deutsch­land ver­lassen” und “Deutsch­land den Deutschen — Aus­län­der raus”, zeigten die Neon­azis ihre Dro­hge­bär­den gegenüber den anwe­senden Antifaschist_innen und Journalist_innen in laut­starken Aussprüchen wie “Antifa-Huren­söhne” und “Lügen­presse, auf die Fresse”. Neben­her lief über den Laut­sprech­er der Neon­azis vornehm­lich Recht­srock, aber auch ein eigens kom­poniert­er Song für Neu­rup­pin von Mar­vin Koch, lokaler Aktivist und Möchtegern-Rapper.
Brandenburg kann´s: Neonazidemonstration in Neuruppin verhindert
Bran­den­burg kann´s: Neon­azidemon­stra­tion in Neu­rup­pin verhindert

Wider­stand: währt nicht lang 
Nach weni­gen hun­dert Metern kam es zum ersten größeren Zwis­chen­fall: Nach­dem die Neon­azis auf Grund von Block­aden stop­pen mussten, führte die Polizei einige Zeit darauf den Aufzug unmit­tel­bar an einem antifaschis­tis­chen Block­adepunkt vor­bei. Dabei wur­den die Neon­azis lediglich über den Grün­streifen an der Antifa­block­ade geleit­et, Flaschen und Pyrotech­nik flo­gen. In dieser Sit­u­a­tion kam es erneut zu Bedro­hun­gen von Journalist_innen. Nach dem Passieren der Block­ade blieben den Neon­azis nur noch wenige Meter bis ihr Auf­marsch endgültig zum Ste­hen kam. Eine weit­ere Block­ade mit etwa mehreren hun­dert Gegendemonstrant_innen ver­hin­derte den Weg. Anmelder Dave Trick — NPD Abge­ord­neter in Neu­rup­pin und eben­falls Aktivist der Freie Kräfte Neu­rup­pin — stand nach Ver­hand­lun­gen mit Polizei vor der Wahl: Entwed­er frei­willig die Strecke zurück­zu­laufen oder unter Drän­geln der Polizei auf direk­tem Weg zum Bahn­hof West zurück. Trick entsch­ied, den Auf­marsch vorzeit­ig zu beenden.
Während der Ver­hand­lung ergriff Bea Koch erneut das Mikro­fon und dro­hte mit Angrif­f­en auf das linke Haus­pro­jekt “Mit­ten­drin” in Neu­rup­pin. Als deut­lich wurde, dass die Polizei die Block­ade nicht räu­men wird, ver­sucht­en Neon­azis mehrfach aus ihrem Auf­marsch auszubrechen und unter­liefen sukzes­sive die Polizeiket­ten. Neon­azis wie Chris­t­ian Bentz und David Gudra aus Berlin, die sich als Fotografen aus­gaben, bedro­ht­en Gegendemonstrant_innen. Nach der Auflö­sung der Ver­anstal­tung brach eine Gruppe von 25–30 Neon­azis aus und ver­suchte eben­falls die Block­aden anzu­greifen. Einige Zeit später kon­nten die aus­ge­büx­ten Neon­azis wieder einge­fan­gen wer­den. Dass sich die Neon­azis einen frühzeit­i­gen Abbruch ihrer Ver­anstal­tung nicht gefall­en lassen, macht­en sie in mehreren Rede­beiträ­gen deut­lich: Sie wer­den sich den Weg not­falls erkämpfen, so eine der Aus­sagen. Let­ztlich gelang den Neon­azis der Durch­bruch nicht. Da half auch ein ener­gis­ches Disku­tieren von Aktivist Thomas “Stein­er” Wulff nicht. Eben­so wenig wie seine Dro­hung gegenüber der Polizei, dass auch diese einen Nach-Hause-Weg hät­ten. Die “Lügn­er” der Polizei, wie sie die Neon­azis betitel­ten, geleit­eten die Teilnehmer_innen des aufgelösten Auf­marsches auf kürzestem Weg zum Bahn­hof Neu­rup­pin West zurück.
Viele bekannte Gesichter der bundesdeutschen Neonaziszene kamen nach Neuruppin: Thomas "Steiner" Wulff (links) und Matthias Fischer.
Viele bekan­nte Gesichter der bun­des­deutschen Neon­aziszene kamen nach Neu­rup­pin: Thomas “Stein­er” Wulff (links) und Matthias Fischer.

Red­ner­man­gel
Von den sieben angekündigten Red­nern kam nur die Hälfte zu Wort: Maik Eminger vom III. Weg Bran­den­burg, Sebas­t­ian Schmink­te von der NPD Berlin, Ste­fan Köster von der NPD Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Pierre Dorn­brach von der JN Bran­den­burg, zu Wort. Ungewöhn­lich für den TddZ: Es rede­ten mehrere Frauen (Bea Koch, und Aileen Rokohl, NPD Bran­den­burg in Vel­ten) — und das obwohl nur Män­ner angekündigt waren. Auch in Vor­jahren waren es fast auss­chließlich männliche Red­ner. Ein­er der diesjähri­gen Red­ner hätte Michael Brück von “Die Rechte Dort­mund” sein sollen. Seine Auf­gabe wäre es gewe­sen, den näch­sten Demon­stra­tionsort für den 8. Tag der deutschen Zukun­ft zu verknüpfen. Im näch­sten Jahr wird Dort­mund die Kam­pagne gestalten.
Die Gegenproteste sorgten am Ende dafür, dass die Neonazidemo vorzeitig beendet werde musste.
Die Gegen­proteste sorgten am Ende dafür, dass die Neon­azide­mo vorzeit­ig been­det werde musste.

Erst­mals TddZ blockiert
Die erfol­gre­iche Block­ade in Neu­rup­pin ver­hin­derte damit erst­mals einen “Tag der deutschen Zukun­ft”. Bere­its im Vor­jahr im säch­sichen Dres­den kon­nten antifaschis­tis­che Proteste den Neon­azis den Weg in die Innen­stadt versper­ren. In Neu­rup­pin ver­samml­ten sich nach Abzug der Neon­azis über 700 Antifaschist_innen zu ein­er spon­ta­nen Demon­stra­tion und feierten den gelun­genen Tag. Inge­samt waren an diesem Tag etwa 2500 Gegendemonstrant_innen unter­wegs. Auf dem Schulplatz hat­te das lan­desweite “Aktions­bünd­nis gegen Frem­den­feindlichkeit, Recht­sex­trem­is­mus und Gewalt” gemein­sam mit dem lokalen Aktions­bünd­nis Neu­rup­pin bleibt bunt und vie­len Vere­inen und Ini­tia­tiv­en unter dem Titel “Vielfalt ist unsere Zukun­ft” ein bre­ites Büh­nen­pro­gramm organisiert.
Nächstes Jahr findet der TddZ-Marsch in Dortmund statt. Michi Brück konnte aufgrund der vorzeitig beendeten Demo diesen aber selbst nicht mehr ankündigen.
Näch­stes Jahr find­et der TddZ-Marsch in Dort­mund statt. Michi Brück kon­nte auf­grund der vorzeit­ig been­de­ten Demo diesen aber selb­st nicht mehr ankündigen.

Fotos (9) von Presse­di­enst Frank­furt (Oder).
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