Am Dienstag den 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Der Antisemit und Shoaleugner Horst Mahler war seit 2009 in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Die Freilassung nehmen wir zum Anlass eine kleine Chronik mit einigen ausgewählten Ereignissen um Horst Mahler von 1998 bis heute zu veröffentlichen. Die Chronik spiegelt viele, gewiss aber nicht alle, Geschehnisse wieder. Daher erheben wir hier keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wollen dennoch einen breiteren Überblick ermöglichen.
Horst Mahler oder mit vollständigen Namen Horst Werner Dieter Mahler wurde am 23. Januar 1936 in Haynau (Niederschlesien) geboren. Er war Mitglied der SPD und des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Als Mitbegründer des Sozialistischen Anwaltskollektivs vertrat er viele Aktivist*Innen der Studentenbewegung, darunter auch spätere Mitglieder der „Rote Armee Fraktion“. Im Jahr 1970 wird Mahler Mitbegründer der RAF und im gleichen Jahr auch noch verhaftet und anschließend zu 14 Jahren Freiheitsstrafe u. a. wegen Bankraubs verurteilt. Horst Mahler ist seit Ende der 1990er Jahre im rechtsradikalen Milieu aktiv. So war er Mitglied der NPD und vertrat die Partei auch im Verbotsverfahren, welches 2003 scheiterte. Um die 2000er war Mahler einer der Köpfe des „Deutschen Kollegs“. Wegen verschiedener Delikte, darunter verfassungswidrige Betätigung, Shoaverleugnung, Mord- und Gewaltandrohungen sowie antisemitische und neonazistische Äußerungen wurde Mahler zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Von Mai 2006 an befand sich Mahler mit einer Unterbrechung vom Juli 2015 bis Mai 2017 in Haft. Horst Mahler war aufgrund der Nähe zu seinem Wohnort in Kleinmachnow, seiner letzten Meldeadresse vor der Inhaftierung, in der JVA Brandenburg an der Havel inhaftiert. Mahler ist ein Antisemit, der auch unter Reichsbürger*Innen mit seinen Thesen und Behauptungen viel Ansehen genießt. Mahler trat mit dem „Deutschen Kolleg“ für die Errichtung eines „4. Reiches“ ein. Des Weiteren sieht er den Tag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht als den Tag des letzten in Deutschland gültigen Rechtsstands. Laut Mahler arbeiten die Juden „bewusst an der Zersetzung der Volksgeister und erstreben die Herrschaft über die Völker“. Deshalb seien, so Mahler, „auch die Protokolle der Weisen von Zion – auch wenn es sich dabei um eine Fälschung handelt – authentische Zeugnisse des jüdischen Geistes“.
1998: Im Jahr 1998 ist Mahler einer der Mitbegründer der deutschnationalen Bürgerbewegung „Für Unser Land“. Diese ruft alle Deutschen auf, sich ihr anzuschließen, „damit Deutschland deutsch bleibt.“ Er veranstaltete zusammen mit anderen Funktionär en des Bundes freier Bürger Montagsdemonstrationen unter anderem gegen das geplante Holocaust-Mahnmal in Berlin und in Frankfurt/Main. (Antifa Infoblatt 22. September 1999, Antifa Infoblatt 10. April 2003)
1999: Mahler tritt dem „Deutschen Kolleg“ bei. Das „Deutsche Kolleg“ entstand 1994 aus dem Lesekreis Berlin der „Jungen Freiheit“. Die „Junge Freiheit“ gilt als Publikation der sog. Neuen Rechten. Das „Deutsche Kolleg“ radikalisiert sich mit dem Beitritt Mahlers, der seitdem mehrfach mit antisemitischen Äußerungen auffällt. (MAZ 26.7.2003)
2000: Mahler publiziert im Oktober 2000 ein Pamphlet mit dem Titel „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“. In diesem fordert Mahler unter anderem das Verbot der jüdischen Gemeinden in Deutschland, die Ausweisung aller Asylbewerber, „aller arbeitslos gewordenen Ausländer“ und einige weitere Maßnahmen ähnlicher Art.
Am 12. August 2000 tritt Mahler in die NPD ein. In seiner Presseerklärung dazu heißt es, dass er das Grundgesetz für ein „Provisorium für die Übergangszeit bis zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches“ hält.
Zusammen mit Franz Schönhuber veröffentlichte Mahler im Jahr 2000 das Buch „Schluß mit dem deutschen Selbsthaß“.
2001: Ab 2001 bis 2003 vertritt Mahler die NPD vor dem Bundesverfassungsgericht, als die Bundesregierung erfolglos versucht, ein Verbot der NPD zu erreichen. Seine Schriftsätze an das Gericht bestehen großenteils aus ideologischen Textpassagen unterschiedlicher Herkunft.
2002: Mit der Billigung Mahlers wird im September 2002 in der NPD Parteizentrale in Berlin-Köpenick ein Schriftstück an Journalist*Innen verteilt. In diesem wird der Hass gegen Juden als „untrügliches Zeichen eines intakten spirituellen Immunsystems“ bezeichnet. (MAZ 26.7.2003)
2003: Horst Mahler wird im Juli eine Behördenverfügung zugestellt, die ihn dazu verpflichtet, seinen Pass sowie Personalausweis umgehend auszuhändigen. Das ganze geschieht, weil Mahler eine Provokationsreise in das nationalsozialistische Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau nach Polen plante. Nach Erkenntnissen mehrerer Verfassungsschutzbehörden hatte er mit Gesinnungsfreunden beabsichtigt, in der kommenden Woche in Auschwitz den Holocaust an sechs Millionen Juden öffentlich zu leugnen. Erst vor Tagen habe ein rechtsextremes Vorauskommando Gaskammern in Auschwitz vermessen sowie Film- und Fotoaufnahmen gemacht. Die Daten und Bilder sollten offenbar als Beleg für die Behauptung herhalten, dass die Nazi-Verbrechen ein weit geringeres Ausmaß hatten, als die Geschichtsforschung nachgewiesen hat. Im Mai waren Mahlers Pläne den Verfassungsschützern bekannt geworden — im Umkreis des neonazistischen Intellektuellen-Zirkels “Deutsches Kolleg”, in dem der 67-Jährige den Ton angibt. Vor zwei Wochen zuvor deutete sich zudem an, dass Medien die Provokationen öffentlichkeitswirksam verbreiten sollten. Details sind nicht bekannt. Das “Deutsche Kolleg” besteht aus 40 bis 50 Mitgliedern, die das Dritte Reich — besonders den Antisemitismus — verherrlichen. Unter Sicherheitsexperten gilt es als “intellektuelle Speerspitze des deutschen Rechtsextremismus”. (MAZ 26.7.2003)
Im Sommer 2003 zelebrieren Shoaleugner*Innen unter Führung von Horst Mahler den “Aufstand für die Wahrheit auf der Wartburg”. Auf mitgebrachten Plakaten waren Losungen wie “Den Holocaust gab es nicht” oder “Die Wahrheit siegt” zu lesen. (Mut gegen rechte Gewalt 19. Dezember 2008)
Mahler gründet im November 2003 den Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten.
2004: Als Mitbegründer des rechtsradikalen „Deutschen Kollegs“ steht Mahler mit Reinhold Oberlercher und Uwe Meenen wegen Volksverhetzung im Februar 2004 vor dem Landgericht Berlin. Der Grund dafür ist das im Oktober 2000 publizierte Pamphlet „Ausrufung des Aufstandes der Anständigen“.
Mahler wird 2004 vom Amtsgericht Tiergarten am 8. April ein vorläufiges Berufsverbot erteilt, weil er während des Prozesses den Richtern, den Schöffen und dem Staatsanwalt die Todesstrafe nach dem Reichsstrafgesetzbuch angedroht hat und im Gericht antisemitische Äußerungen getätigt hat. Im Übrigen gingen ähnliche Todesdrohungen an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages und zwei Rechtsanwälte der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Wegen der im Prozess geäußerten antisemitischen Kommentaren erhob die Staatsanwaltschaft erneut Anklage. Das Landgericht ordnete in diesem Prozess auch die psychiatrische Begutachtung Mahlers durch einen Sachverständigen an. Schließlich wurde er zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.
Am 11. September fand in Kleinmachnow bei Potsdam eine Antifademo unter dem Motto “Wenn die Antifa 3x klingelt…Wir machen auch Hausbesuche!” gegen Horst Mahler statt, bei der gegen den dort lebenden Neonazi und Antisemiten protestiert wurde. Zuvor kursierten zwei Aufrufe aus dem neonazistischen Spektrum, in dem gegen die Antifaaktion mobil gemacht wurde. In Kleinmachnow selbst verteilten “Freunde von Horst Mahler” Flugblätter in Briefkästen, in dem zu einer Gegenkundgebung aufgerufen wurde. An der Demo beteiligten sich rund 130 Autonome Antifas. Neben der Polizei waren auch einige Neonazis anwesend. Ihre Hauptaufgabe sahen die versammelten Nazikameraden im Schutz des Hauses von Mahler sowie der Beobachtung unserer Antifa Aktion. Viele Anti-Antifa-Aktivisten aus Berlin und Brandenburg wurden gesichtet, und auch des Platzes verwiesen. Kurz vor Schluss der Demonstration kam es zu Rangeleien der Demonstration mit der Polizei, da sich die versammelten Polizeibeamten nicht in der Lage sahen die Neonazi zügig aus unserem Weg zu räumen. Anzeigen wurden nicht angenommen, Holocaustleugner konnte lauthals agieren wie sie wollten und die Neonazis konnten immer schön vermummt ihre Geländespiele vollführen. (Inforiot 10. September 2004, Inforiot 13. September 2004)
2005: Im Juni 2005 tauchen in Berliner S‑Bahnen Flugzettel auf, in denen vom „Deutsche Kolleg“ um den Shoaleugner Horst Mahler zum Besuch des „ersten Bernauer Ausschwitz-Prozesses“ aufgerufen wurde auf. (Autonome Jugendantifa Bernau 30. Juni 2005)
Der Kleinmachnower SPD-Landtagsabgeordnete Jens Klocksin verlangt in einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung die Bewertung der Aktivitäten des Netzwerkes “Die Reichsbürgerbewegung zur Befreiung Deutschlands”. Die Bewegung erstelle und verteile nach eigenen Angaben alle vier bis sechs Wochen Flugblätter, Aufkleber und Plakate mit rechtsextremem und ausländerfeindlichem Gedankengut. Sie betreibt rechtsextreme Hasspropaganda gegen Demokrat*Innen, Christ*Innen, Jüdinnen*Juden und Ausländ*Innen. Die Postwurfsendungen erreichen Haushalte in Berlin und Brandenburg, auch in der Region Teltow. Presserechtlich verantwortlich zeichnet der Rechtsextreme Horst Mahler aus Kleinmachnow. (PNN 2. Februar 2005)
2006: Horst Mahler wird im Januar 2006 für sechs Monate der Reisepass von den brandenburgischen Behörden entzogen. Dies geschieht um Mahlers Teilnahme an der Teheraner Holocaustleugner-Konferenz (11./12. Dezember 2006) zu verhindern. Das Innenministerium begründet dies damit, dass Mahler mit erneuten antisemitischen Äußerungen auf dieser Konferenz das Ansehen der BRD erheblich beschädigen könnte. (PNN 27. Februar 2006, Berliner Zeitung 27. Januar 2006)
2007: Mahler begrüßt bei einem Interview im September 2007 für die Zeitschrift „Vanity Fair“ den Reporter M. Friedman mit den Worten „Heil Hitler, Herr Friedman“ und im weiteren Gesprächsverlauf leugnet er die Shoa. (Focus Online 22. Juli 2008, Vanity Fair November 2007)
Am 23. November berichtet die Süddeutsche Zeitung, dass Mahler ein Einschreiben an den Bürgermeister von Ebersberg, seinem Wohnort, schickt. Im Schreiben leugnet er die Shoa und verherrlicht den Nationalsozialismus. (Süddeutsche Zeitung 23. November 2007)
2008: Der im November 2003 gegründete Verein Mahlers wird als verfassungsfeindlich verboten. Der „Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“, dem neben ihm selbst eine Reihe bekannter Holocaustleugner angehörten ist damit Geschichte.
Mahler wird wegen Volksverhetzung und Beleidigung zu 10 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung vom Amtsgericht Erding verurteilt. Grund für die Verurteilung sind die Äußerungen im Interview mit M. Friedman im September 2007.
Am 22. Juli wird Mahler am Landgericht Cottbus zu 11 Monaten Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt. Am 15. November 2006 bei seinem Haftantritt zeigte Mahler nach Polizeiangaben den Hitlergruß und rief seinen ca. 35 AnhängerInnen „Heil“ zu.
2009: Mahler wird am Landgericht München II am 25. Februar 2009 zu sechs Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Er strebte diesen Prozess an um ihn für seine politischen Zwecke zu instrumentalisieren und so sagt Mahler am 12. Januar 2009 bei der Eröffnung zum Richter „Ich sitze hier, weil ich hier sitzen will.“ Kurz darauf leugnet er erneut die Shoa. Zuvor hat er Strafanzeige gegen sich selbst erstattet. (Süddeutsche.de 17. Mai 2010)
Am 11. März 2009 wird er vom Landgericht Potsdam zu zwei Jahren und zehn Monaten Freiheitsstrafe wegen Volksverhetzung in 15 Fällen verurteilt. Das Urteil wird unter Einbeziehung der Urteile vom 20. Januar 2005 vom Landgericht Hamburg und des vom 9. September 2002 vom Amtsgericht Mainz, bei denen er zu zwei Jahren und vier Monaten verurteilt worden war, gefällt. Mit der Verurteilung vom Landesgericht München II vom Februar 2009 ist Mahler insgesamt zu zwölf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im Juli 2009 wird Mahler von der Anwaltskammer Berlin die Zulassung entzogen. (n‑tv 19. 08.2009)
2011: Am 26. März 2011 sind 200 bis 250 Neonazis vor der JVA Brandenburg an der Havel aufmarschiert um sich mit dem dort inhaftierten Shoaleugner Horst Mahler zu solidarisieren. Im Gegensatz zur Mobilisierung der Neonazis, die mit zwei Straßenbahnen, einem Reisebus und zahlreichen Pkws anreisten, blieb der antifaschistische Protest eher verhalten. Zu einer Gegenveranstaltung an der Straßenbahnhaltestelle „Asklepios Klinik“ versammelten sich nach umfangreichen Vorkontrollen inklusive Identitätsfeststellung gerade einmal 20 Menschen, die den Aufrufen des Antifaschistischen Netzwerkes [AFN], des VVN-BdA sowie der Gewerkschaften gefolgt waren. Die Stadt Brandenburg an der Havel oder die sagenumwobene „Zivilgesellschaft“ hatten hingegen nicht den Weg zur Gegenveranstaltung gefunden. Auch auf eine Alibiveranstaltung fern ab des Geschehens wurden in diesem Jahr komplett verzichtet. Der Aufmarsch der Neonazis war von dem ebenfalls wegen Leugnung der Shoa vorbestraften Kevin Käther sowie dem neonazistischen Anwalt Wolfram Narath initiiert worden und lockte auch internationale Protagonisten dieses Milieus, z.B. aus Frankreich, an. Daneben solidarisierten sich aber auch Angehörige so genannter „Freier Kräfte“ aus Berlin und Brandenburg mit der Veranstaltung und ihrer Forderung nach der Freilassung Mahlers aus der Strafhaft sowie der Abschaffung des § 130 (Volksverhetzung), StGB. Weiterhin vertreten waren auch lokale Größen der NPD, wie Michel Müller, der im Kreistag vom Havelland sitzt, und Maik Schneider, ehem. Abgeordneter im Kreistag Havelland sowie in der Stadtverordnetenversammlung Nauen. In Redebeiträgen, auf Bannern und Pappschildern wurde dabei Mahlers Verurteilung wegen Verleugnung der Shoa, für die er als Wiederholungstäter einmal mehr einsitzt, als „Gesinnungsjustiz“ deklariert, die angeblich das Grundrecht auf Meinungsfreiheit untergräbt. (Antifaschistisches Netzwerk Brandenburg – Premnitz – Rathenow 27. März 2011)
2012: Von November 2012 bis März 2013 schreibt Mahler auf einem Computer im Gefängnis ein Werk unter dem Titel „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. Der mehr als 200 Seiten umfassende antisemitische Text in dem Mahler sich in seinen Thesen auf den jüdischen Israelkritiker Gilad Atzmon bezieht, wird beschlagnahmt und Mahlers Kontakte nach Außen strenger kontrolliert, nachdem Teile des Textes im Internet auf der Seite „Altermedia“ veröffentlicht wurde. (Berliner Zeitung 7. Juni 2017, Der Spiegel Nr. 30, 2013)
2014: Die Staatsanwaltschaft Cottbus erhebt im Mai 2014 Anklage wegen Volksverhetzung gegen Mahler aufgrund des Textes „Das Ende der Wanderschaft – Gedanken über Gilad Atzmon und die Judenheit“. (welt.de 22. August 2013)
Am 26. Oktober 2014 veranstaltete das Neonazi-Netzwerk „Gefangenenhilfe“ (GH) in Brandenburg an der Havel auf dem Neustädtischen Markt eine Kundgebung zu der um die 70 Neonazis kamen. Das Motto der Kundgebung, die von der NPD Havel-Nuthe angemeldet worden war, lautete „Solidarität gegen staatliche Repression“. Unter anderem war Maik Eminger, Zwillingsbruder des Mitangeklagten im NSU-Prozess, André Eminger, vor Ort. Die „GH“ war zum ersten Mal 2012 öffentlich mit ihrem ersten Eintrag auf ihrer Webseite im April 2012 aufgefallen. Sieben Monate zuvor war die „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) verboten worden. Die „GH“ betonte immer wieder, dass sie nicht die Nachfolgeorganisation der „HNG“ sei, dennoch übernahm sie größtenteils deren Arbeit, baute aber ihre Strukturen anders auf um das staatliche Vorgehen gegen die neu gegründete „GH“ zu erschweren. So hatte die „GH“ ihren Sitz in Schweden, ließ sich dort ins schwedische Vereinsregister eintragen und eröffnete dort auch ihre Bankkonten. Das ganze wurde möglich durch den in Skandinavien lebenden Stephan G. Maik Eminger, der langjähriger Vorsitzender der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) Potsdam hielt die erste Rede, nach dieser folgte eine Rede vom Vorsitzenden der Brandenburger JN Pierre Dornbrach woraufhin ein Redebeitrag von einem Redner der Partei „Der dritten Weg“ folgte. Circa 100 Menschen stellten sich den Neonazis entgegen. Zu Gegenaktionen aufgerufen hatten die „Koordinierungsgruppe für Demokratie und Toleranz“ sowie die Linksjugend solid. (Die Zeit 26. Oktober 2014)
2015: Die Staatsanwaltschaft Potsdam gewährte Mahler aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes eine Haftunterbrechung im Juli 2015. Aufgrund einer schweren Infektion und deren Folgen muss ihm der linke Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin entwickelt Mahler eine schwere Sepsis und befindet sich in einem akut lebensbedrohlichen Zustand und wird daher vom Gefängniskrankenhaus auf die Intensivstation den Städtischen Klinikums Brandenburg an der Havel verlegt. Im August 2015 verbesserte sich der Gesundheitszustand soweit, dass er eine Rehabilitation plante. Die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam entschied daraufhin im September 2015, dass Mahler nach der Verbüßung von zwei Drittel der Haftstrafe auf Bewährung freikommen soll. Das Oberlandesgericht Brandenburg hob die Aussetzung der Strafe zur Bewährung nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft München II wieder auf. Sowohl die JVA als auch die Staatsanwaltschaft sprachen sich gegen die vorzeitige Entlassung aus, da weitere Straftaten zu erwarten seien und Mahler eine „verfestigte kriminelle Persönlichkeitsstruktur“ aufweise. Dieser Auffassung folgte das Oberlandesgericht Brandenburg und stellte des Weiteren fest, dass eine positive Sozialprognose für ein straffreies Leben nicht zu erwarten sei. Die kurzzeitige Haftunterbrechung nutzte Mahler unter anderem um erneut Vorträge in rechtsradikalen Kreisen – insbesondere denen der NPD – zuhalten. (Tagesspiegel 31.03.2017, Tagesspiegel 18.01.2019)
Dem Tagesspiegel ist am 22. Juli 2015 zu entnehmen, dass „[b]randenburgs Sicherheitsbehörden […] sich auf den Tod des Neonazis und bekannten Holocaustleugners Horst Mahler vor[bereiten].“ Weiter heißt es, dass die Polizei erste Vorbereitungen getroffen habe für den Fall von Mahlers ableben um Fackel- und Trauerzüge von Neonazis in Brandenburg an der Havel zu verhindern. (Tagesspiegel 22.07.2015)
2017: Horst Mahler hält am 9. Januar 2017 in der Nähe von Mannheim einen Vortrag. Mitschnitte davon werden auf rechtsradikalen YouTube Accounts hochgeladen. In diesen ist zu hören, wie Mahler unter anderem folgende Dinge sagt: „Die Judenheit ist in der Tat der Feind“, „das ist der Auftrag an die Judenheit, der bis heute von ihr erfüllt wird. Sie sind darauf aus, die Völker regelrecht zu vernichten.“, „Das ist das Ziel dieses Volkes von Anfang an und er ist nie aufgegeben worden“. (PNN 30.03.2017)
Am 19. April 2017 veröffentlichte Mahler ein Video in dem er verkündet, dass er nicht wieder zur Haft antreten werde. Die Staatsanwaltschaft München II stellt daraufhin einen europäischen Haftbefehl aus. Seit der Veröffentlichung des Videos befand sich Horst Mahler auf der Flucht bis am 15. Mai 2017 bekannt wurde, dass er in Ungarn um Asyl gebeten hatte. Dies tat er mit einem persönlich an Viktor Orban gerichteten Brief. Daraufhin wurde er von den ungarischen Behörden in Sopron festgenommen und in Abschiebehaft gesetzt. Rund eine Woche nachdem am 6. Juni 2017 der Beschluss des Budapester Stadtgerichts zur Auslieferung Mahlers an Deutschland bekannt wurde, wurde er am Flughafen in Budapest den deutschen Behörden übergeben und zurück in die JVA Brandenburg an der Havel gebracht um dort die restliche Strafe von dreieinhalb Jahren abzusitzen. (Spiegel Online, 17.05.2017)
2018: Horst Mahler zeigt die Leiterin der JVA Brandenburg an der Havel an. Er wirft der Leiterin Frau Wellnitz unter anderem fahrlässige Körperverletzung vor. In seinem behindertengerechten Haftraum habe Mahler in der Nacht auf den 15. November 2017 eine Verbrennung am großen Zeh seines rechten Beines erlitten. Die vermeintlich unmittelbare Ursache „die Berührung des erwähnten Körperteils mit einem im Haftraum angebrachten Heizkörper“. Die verletzende Handlung bestehe in „der grob fahrlässigen Eröffnung einer Gefahrenquelle“ laut Mahler. (MAZ 12.01.2018)
Im Jahr 2018 musste Mahler dann auch der rechte Unterschenkel amputiert werden. Daraufhin wurde von Mahler und der JVA Brandenburg an der Havel ein Entlassungsgesuch aufgrund „multimorbider Krankheit“ gestellt. Dieses wurde trotz des von Mahler zu erwartenden Todes von der Staatsanwaltschaft München II Ende November 2018 abgelehnt. Dies begründete die Staatsanwaltschaft damit, dass bei „der erforderlich werdenden palliativen Betreuung in der letzten Lebensphase“ das Anstaltskrankenhaus ausreichend ist und Mahler zur Not in eine externe Klinik verlegt und dort bewacht werden könnte. Die Staatsanwaltschaft ginge davon aus, dass „ein Ableben nach den ärztlichen Berichten wahrscheinlich“ sei. Weiter führte sie an, dass aufgrund der erheblichen Taten Mahlers und seines Verhalten in der Zeit der Haftunterbrechung „überwiegende öffentliche Sicherheitsinteressen“ bestünden und weiter hieß es, dass es sich nicht „mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen [lasse], dass weitere Straftaten begangen werden“. (Der Tagesspiegel 18. Januar 2019)
Am 18. März 2018 haben Neonazis aus dem Brandenburger Nordwesten eine Kundgebung vor dem Justizzentrum angemeldet. Rund 40 Neonazis forderten unter anderem Freiheit für die Shoaleugnerin Ursula Haverbeck. Weitere Beiträge gab es zu dem §130 (Volkverhetzungsparagraphen) und dem Neonazi Horst Mahler. Angemeldet wurde die Kundgebung von Nick Zschirnt. Er ist den ‚Freie Kräfte Neuruppin‘ zuzurechnen. Auf der Kundgebung gesprachen der Anwalt der rechtsterroristischen ‚Gruppe Freital‘ Martin Kohlmann sowie Zschirnt selbst. Rund 850 Personen stellten sich den Neonazis entschlossen entgegen. (Emanzipatorische Antifa Potsdam)
2019: Im Gesamten Jahr werden in Brandenburg an der Havel mindestens 50 Aufkleber festgestellt. Auf diesen wird „Freiheit für alle politische Gefangene“ gefordert und Ursula Haverbeck, Horst Mahler, Wolfgang Fröhlich sowie Siegfried Borchardt sind abgebildet. Die Aufkleber stammen von der Seite „nsheute.com“ und sind laut Eigenaussage in Kooperation mit der „Gefangenenhilfe“ entstanden. (Antifa Jugend Brandenburg)
Am 16. März 2019 veranstalteten Freie Kräfte sowie Mitglieder der NPD den „Tag der politischen Gefangenen“ in Brandenburg an der Havel auf dem Katharinkirchplatz. Zu der Kundgebung kamen ca. 30 bis 40 Neonazis aus Brandenburg an der Havel sowie überwiegend aus Westbrandenburg. Aus Brandenburg an der Havel nahm unter anderem der Mörder von Sven Beuter, Sascha L., teil. Des Weiteren waren unteranderem Roy S., Ramon G., Hans-Peter G. und Michael H. anwesend. Aus Westbrandenburg waren unteranderem Dave T., Nick Z., Beatrice K., Pierre B., Robert W., Manuela K. sowie Frank O. angereist (um nur ein paar zu nennen). Von der „British National Front“ ist Shoaleugner Richard Edmonds angereist und hielt eine Rede. Auf Transparenten wurde sich mit Shoaleugner*Innen wie Horst Mahler und Ursula Haverbeck solidarisiert. Weiter wurde beklagt, dass es ein „totalitäres Sonderrecht“ in Deutschland gebe, weil der Straftatbestand der Volksverhetzung in einem Land mit Meinungsfreiheit keinen Platz haben sollte. Dagegen gingen bei Dauerregen 150 Menschen auf die Straße und forderten unter anderem auf den Transparenten „Faschistische Strukturen zerschlagen“ und „Kein Kiez für Nazis“. (Antifa Jugend Brandenburg)
Laut Spiegel sowie Tagesspiegel soll Andreas Kalbitz am 10. August 2008 eine E‑Mail von Horst Mahler erhalten haben. Diese liegt dem Tagesspiegel ebenfalls vor. In der E‑Mail berichtete Mahler vom ersten Verhandlungstag am Landgericht Potsdam. Die Mail nach dem Prozessauftakt ging an einen Verteiler von 276 E‑Mail-Adressen — darunter die von Andreas Kalbitz. Dem Tagesspiegel sagte Kalbitz er könne sich nicht an einen Kontakt zu hochrangigen Vertretern der Nazi-Szene erinnern. Dem “Spiegel” erklärte er: “Von einer E‑Mail von Herrn Mahler vor elf Jahren weiß ich nichts”. Und weiter: “Ich habe keinerlei Kontakt mit Horst Mahler und distanziere mich schärfstens von den von ihm aufgestellten Thesen.” (Der Tagesspiegel 23.08.2019)
2020: Am 8. August 2020 holen 32 Neonazis den für ursprünglich im März geplanten „Tag der politischen Gefangenen“ in Hennigsdorf nach. Der NPD-Funktionär Andrew Stelter fordert in einer Rede Solidarität für Ursula Haverbeck sowie für Horst Mahler. Besucht und organisiert wurde die Kundgebung von Neonazis aus der NPD, der Junge Nationalisten (JN), die Jugendorganisation der NPD) und Neonazis aus dem Freien Kameradschaftsspektrum. Symbolisch kehren die Neonazis dem Mahnmal für die Opfer des Faschismus, welches auf dem großen Platz steht, den Rücken zu. Im Nationalsozialismus war die Kleinstadt Hennigsdorf der Standort von zwei Außenstellen von Konzentrationslagern. (Zeit 9.10.2020)
Am 27. Oktober 2020 wurde Horst Mahler aus der JVA Brandenburg an der Havel entlassen. Auf seiner Homepage veröffentlicht Mahler die Verfügung, die ihm Auferlegt wurde. Demnach soll der einen Bewährungshelfer bekommen und muss diesem stets seinen Wohnort mitteilen. Außerdem muss er auch alle Texte eine Woche vor deren Veröffentlichung dem LKA vorlegen. Falls er dies nicht tut, droht ihm eine Haftstrafe. (rbb24 27.10.2020, Spiegel 27.10.2020)
Aussicht
Es ist nicht davon auszugehen, dass Mahler seine Aktivitäten einstellt. Sein Gebaren, trotz seines angeschlagenen Gesundheitszustands, lässt nicht schließen, dass er sich zurückziehen wird. Mahler wird wahrscheinlich wieder Vorträge halten und antisemitische Texte verbreiten. Am liebsten tut er das zurzeit über das Internet. Voraussichtlich wird er dies auch weiterhin tun und damit weiterhin als „Vorbild“ für viele Neonazis dienen.
Ob Mahler lange frei bleiben wird ist allerdings fraglich, denn die Staatsanwaltschaft Cottbus hat (nach eigenen Angaben) erneut Anklage in mehreren Fällen von Volksverhetzung gegen Mahler erhoben. In diesem Zusammenhang ist bereits ein neuer Haftbefehl beantragt worden. Des Weiteren hat die Staatsanwaltschaft München II Führungsaufsicht beantragt. Das heißt in diesem Fall, dass Mahler die Veröffentlichung von Text- und Sprachbeiträgen verboten werden soll, wenn er diese nicht eine Woche vorher beim Landeskriminalamt eingereicht hat und diese freigibt. Ob Mahler sich daran halten wird, bleibt abzuwarten. Tut er dies nicht, droht ihm wieder eine Haftstrafe.
Auch in der Zukunft gilt für uns: Gegen jeden Antisemitismus – immer und überall!
– Antifa Jugend Brandenburg und Alternatives Schulbündnis Brandenburg –