2020 jährt sich die bedingungslose Kapitulation Hitler-Deutschlands zum 75. Mal. Wären die Umstände heute nicht so, wie sie gerade sind, würden wir draußen mit unseren Genoss_innen die Befreiung der Konzentrationslager Sachsenhausen und Ravensbrück feiern. Doch auch wenn die zentralen Gedenkveranstaltungen nicht wie geplant stattfinden können, gibt es immer noch kreative Möglichkeiten im öffentlichen Raum zu gedenken. Anlässlich des #75Befreiung haben wir in Prenzlau und in Berlin an Frauen* erinnert, deren Biografien zum Teil mit dem KZ Ravensbrück verwoben ist. Sie wurden verfolgt, weil sie Jüdinnen waren, weil sie Kommunistinnen und Antifaschistinnen waren und auch, weil sie lesbisch waren.
Wir gedenken
Margarete Rosenberg
Elli Smula
Olga Benario-Prestes
Henny Schermann
Hilde Radusch
Trotz Kontaktsperre soll Gedenken weiterhin möglich sein! Anlässlich der Befreiung des KZ Ravensbrück hat die Initiative für einen Gedenkort ehemaliges KZ Uckermark e.V. einen Podcast auf die Beine gestellt und außerdem Plakate erstellt, die auf ihrer Webseite runtergeladen und auf den Straßen angebracht werden können. Danke für diesen wichtigen Anstoß! Auch die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätte hat ihr Gedenken online verlagert. In den weiteren Wochen werden weitere Aktionen on- sowie offline folgen. Stay tuned!
Margarete Rosenberg und Elli Smula

Margarete Rosenberg (geb. Quednau) und Elli Smula wurden beide im Sommer 1940 bei den Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) dienstverpflichtet. Im September 1940 erstattete ein_e Kolleg_in oder Vorgesetzte_r bei der Gestapo Anzeige gegen die beiden, woraufhin diese eine eingehende Untersuchung und schließlich ‚Schutzhaft‘ anordnete. Auf dem erhalten gebliebenen Schutzhaftbefehl von Margarete Rosenberg ist „staatsabträgliches Verhalten“ als Begründung vermerkt, die Schutzhaft-Karteikarte besagt, sie habe „die Arbeit vernachlässigt“. Ihnen wurde angelastet, „regen Verkehr mit Kameradinnen ihres Betriebes in lesbischer Hinsicht unterhalten“ zu haben, „wodurch der Betrieb des Straßenbahnhofs Treptow stark gefährdet“ würde. Am 30. November 1940 wurden beide in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Dort wurden sie zunächst als ‚asoziale‘, dann aber als politische Häftlinge registriert. Als Ergänzung taucht zudem der Vermerk „lesbisch“ auf. Margarete Rosenberg überlebte die Haftzeit von mehr als vier Jahren mit schweren gesundheitlichen Schäden und starb 1985. Elli Smula kam 1943 in Ravensbrück um.
Quelle: https://sexualityandholocaust.files.wordpress.com/2018/09/claudia-pc3bcnjer.pdf
Olga Benario-Prestes
Olga Benario wird am 12. Februar 1908 als Tochter einer jüdischen Familie in München geboren. Bereits in den Münchener Polizeiakten wird sie als „kommunistische Agitatorin“ geführt. Mit 17 Jahren zieht sie nach Berlin-Neukölln und ist im Kommunistischen Jugendverband (KJVD) aktiv. In Berlin-Neukölln wird sie bald zum Star der lokalen Kommunistischen Jugend und demonstriert ihre Zivilcourage in einem Coup, der in den Berliner Zeitungen Schlagzeilen macht: Am 11. April 1928 führt sie den bewaffneten Überfall des Gerichtssaals im Moabiter Gefängnis an und schafft es, den wegen Hochverrats angeklagten Otto Braun zu befreien. Mit falschen Pässen erreichen Braun und Benario ein paar Tage später Moskau.
Ihre Beziehung bricht 1931 ab, weil Benario Brauns Eifersuchtsanfälle kleinbürgerlich findet. 1935 reist sie auf Anordnung der Kommunistischen Internationale von Moskau aus mit dem brasilianischen Revolutionär Luís Carlos Prestes nach Rio de Janeiro. Der von Prestes und der Kommunistischen Partei 1935 in Brasilien initiierte revolutionäre Aufstand scheitert. Olga und Luís Carlos Prestes werden 1936 verhaftet. Trotz internationaler Proteste wird Olga Benario hochschwanger im September 1936 von den brasilianischen Behörden an die Gestapo ausgeliefert. Im Frauengefängnis Barnimstraße kommt ihre Tochter Anita Leocádia am 27. November 1936 zur Welt. Anfang 1938 wird Olga Benario von ihrer Tochter getrennt, kommt in das Frauenkonzentrationslager Lichtenburg und muss drei Jahre im KZ Ravensbrück verbringen bevor sie 1942 im Todestrakt der „Heil- und Pflegeanstalt“ Bernburg durch Kohlenmonoxid ermordet wird. Die Skulptur der Tragenden von Will Lammert auf dem Gelände der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück hat Olga Benario zum Vorbild.
Quelle: https://galerie-olga-benario.de/olga-benario/olgas-leben
Henny Schermann
Henny Schermann wurde 1912 geboren und lebte in Frankfurt am Main. Ihre Eltern besaßen einen Schuhladen, den sie aufgrund antisemitischer Boykotte aufgeben mussten. Ab 1935 arbeitete Schermann als Verkäuferin und hatte einen Sohn, Walter Schermann. Am 13. Januar 1940 wird sie unter nicht geklärten Umständen verhaftet und im März 1940 in das KZ Ravensbrück eingeliefert. Ein möglicher Anlass ihrer Verhaftung könnte eine Razzia in einem lesbischen Lokal gewesen sein. Dies ergibt sich aus einer Notiz des KZ-Arztes Friedrich Mennecke: „Jenny Sara Schermann, 19.02.12. Ffm, ledig, Verkäuferin in Ffm. Triebhafte Lesbierin, verkehrte nur in solchen Lokalen. Vermied den Namen ‚Sara’. Staatenlose Jüdin.“ Am 10. Oktober 1940 wurde Henny Schermann vom Konzentrationslager Ravensbrück in das Gerichtsgefängnis Prenzlau überführt. Den Angaben auf der Karteikarte zufolge wurde sie durch Urteil des Amtsgerichts Frankfurt a. Main vom 14. Juni 1940 wegen „Vergehen gegen §§ 3 und 4 des Gesetzes vom 17.8.38“ zu einer Haftstrafe von zehn Tagen verurteilt. Dieses Gesetz beinhaltete, dass jüdische Menschen ab dem 01. Januar 1939 ihren Vornamen den Zwangsnamen „Sara“ bzw. „Israel“ hinzufügen mussten. Ende Oktober 1940 wurde sie wieder in das KZ Ravensbrück zurückgebracht und von dort am 30. Mai 1942 in die Euthanasie- und Tötungsanstalt Bernburg transportiert und ermordet.
Quelle: https://sexualityandholocaust.files.wordpress.com/2018/09/claudia-pc3bcnjer.pdf
Hilde Radusch
Hilde Radusch (geb. 6.11.1903 in Altdamm, gestorben am 2.8.1994 in Berlin) verlässt im Alter von 18 Jahren ihr konservatives Elternhaus in Weimar und zieht alleine nach Berlin, um sich dort im Kommunistischen Jugendverband, später in der KPD, speziell im Roten Frauen- und Mädchenbund, zu engagieren. Mit nur 26 Jahren wird sie für die nächsten drei Jahre Stadtverordnete für die Berliner KPD. Nach den Wahlen 1932, die große Stimmengewinne der Nazis mit sich bringen, beteiligt sich Hilde Radusch zunächst noch am Aufbau einer illegalen Postleitung, was jedoch durch ihre Verhaftung am 6.4.1933 unterbunden wird. Aus der “Schutzhaft” im Frauengefängnis in der Barnimstrasse wird sie entlassen, noch bevor die Überstellung politischer Gefangener in ein KZ der Regelfall wurde. 1939 verliebt sie sich in Eddy, eine Nachbarin in der Oranienburger Straße, die für die nächsten 21 Jahre ihre Lebensgefährtin wird. Hilde Radusch kümmert sich um die Beschaffung der stark rationierten Lebensmittel und organisiert Unterschlupf für aus dem Gefängnis entlassene Frauen. Fortan taucht sie mit Eddy in Prieros (Königs Wusterhausen) unter und verbringt dort die letzten Kriegstage in einer Holzhütte. Nach Kriegsende arbeitet Hilde Radusch für das Bezirksamt in der Abteilung “Opfer des Faschismus”.
Quelle: https://www.spinnboden.de/gedenken-erinnern/hilde-radusch.html
„Nie Opfer, immer Kämpferin“ – Hilde Radusch
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus!