FRANKFURT/ODER Ein Staatsanwalt ist in Frankfurt/Oder auf offener Straße zusammengeschlagen worden. Wie Behördensprecherin Petra Marx gestern mitteilte, wurde der 34-Jährige am Wochenende von einem Mann angegriffen, der früher zur rechten Szene in Beeskow gehörte.
Der 27 Jahre alte Angreifer habe “Scheiß Staatsanwalt” gebrüllt und sein Opfer geschlagen. Dann sei er in einen PKW gesprungen und davongefahren. Der Staatsanwalt, der Blutergüsse und Prellungen im Gesicht erlitt, notierte die Autonummer. Bei der sofort eingeleiteten Fahndung wurde der Wagen kurz darauf gestoppt.
Der mutmaßliche Täter solle noch in dieser Woche in einem beschleunigten Verfahren abgeurteilt werden, sagte Petra Marx. Die Staatsanwaltschaft werde beantragen, den in solchen Verfahren maximalen Strafrahmen von einem Jahr auszuschöpfen. Das Urteil müsse Nachahmer abschrecken.
Autor: redax
NEURUPPIN Die landesweite Aktion “Platzverweis — Gegen rechte Gewalt” fand am Sonnabend im Neuruppiner Jugendfreizeitzentrum (JFZ) ihren Abschluss. Die Jungen Sozialisten (Jusos) hatten eingeladen, um die Ergebnisse ihres Protestaufrufs zu präsentieren.
In 19 Städten des Landes Brandenburg hatte die Jugendorganisation der SPD versucht, rechten Gewalttätern und Ideologen ihre Lobby zu entziehen. Durch Unterschriften konnten die Brandenburger darauf aufmerksam machen, dass sie sich von faschistischen Parolen distanzieren. Zivilcourage war gefragt. 26 Tafeln im Schulformat würden mit Unterschriften gefüllt. Mit so genannten Fußboden-Zeitungen bearbeiteten unter anderem Jugendliche das Thema. So waren rechtsextremistische Schriften zu lesen, die symbolisch, mit den Füßen getreten wurden, bevor der Bürger seine Unterschrift leistete. Oder es wurden Mahnwachen an Orte gehalten, die von rechten Straftätern heimgesucht wurden. Im Kreis Ostprignitz-Ruppin wurde die Aktion in vier Städten durchgeführt. 450 Unterschriften kamen in Wittstock, Rheinsberg, Wusterhausen und Neuruppin zusammen. “Meist waren die Leute begeistert”, wusste Patrick Grabowsky, Neuruppiner Juso-Mitglied, zu berichten. Nur selten kamen Bedenken, die Tafel mit dem eigenen Autogramm zu versehen. In einem Fall lehnte aber ein Schüler aus Angst vor Schlägen von Klassenkameraden die Unterschrift ab. Mitunter mussten sich Aktive auch mit rechten Bekenntnissen, die ihren vor Ort entgegen gebracht wurden, auseinander setzen. Im JFZ waren am Sonnabendnachmittag leider weniger Gelegenheiten zur politischen Auseinandersetzung, da das Neuruppiner Publikum der Veranstaltung fernblieb.
Gunter Fritsch, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landesparlament, eröffnete die Veranstaltung und nahm die Unterschriftentafeln entgegen. Diese werden nun im Potsdamer Landtagsgebäude ausgestellt.
30 Jusos sahen danach “Dreck”, ein Theaterstück von Robert Schneider. Sad, ein Ausländer arabischer Herkunft, stellt in einem Monolog sein Deutschland dar, wie es von ihm erfahren wurde, und tastet sich an die Vorurteile und den täglichen Rassismus auf den Straßen heran. Die Geschichte endet mit dem Selbstmord von Sad, der mit seiner Unzufriedenheit nicht mehr zurechtkommt, denn jegliche Gerechtigkeit blieb ihm versagt. Die Diskussion zum Thema bot Akteuren und Anwesenden anschließend viel Gesprächsstoff für den Abend.
POTSDAM Mit einem lauten Knall fliegt die Tür weg und ein Tross vermummter Polizisten stürmt eine Wohnung, in der ein bewaffneter Verbrecher sitzt. Was für einen Revierpolizisten eine Nummer zu groß ist, wird künftig unterm Dach des Landeskriminalamts (LKA) erledigt. Rund 200 Beamte sind jetzt in einer gemeinsamen Abteilung zusammengefasst. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) unterstellte die Spezialeinheiten im Zuge der Polizeireform gestern in Potsdam offiziell dem LKA. Zuvor waren dafür das LKA und die untergeordnete Landeseinsatzeinheit (Lese) gemeinsam zuständig.
“Diese Entscheidung war überfällig”, sagte der Minister. Die Frage, ob damit nur das LKA gestärkt werde, stelle sich nicht. “Alle arbeiten für das Land Brandenburg.” Noch während der Minister die Konzentration der Zuständigkeit lobte, begann das Sondereinsatzkommando (SEK) zu schießen — der Einsatzbefehl für den zweiten Teil der Übung kam zu früh. Diese kleine Panne war offenbar dem Vorführeffekt geschuldet. Denn die zuständigen leitenden Beamten waren sich einig: Mit der Bündelung beim LKA sei der “jahrelange Konkurrenzkampf” beendet, sagte Abteilungsleiter Klaus Kandt.
Ihm unterstehen die Spezialkräfte mit dem SEK, das für Observierungen zuständige Mobile Einsatzkommando (MEK), eine Verhandlungsgruppe sowie eine Einheit für die Technik bei Lauschangriff und Videoüberwachung. Zuvor wurden bei der Lese 120 Spezialkräfte und beim LKA 70 Beamte für diese Aufgaben eingesetzt. Synergieeffekte sieht Kandt vor allem beim technischen Material, das nun aus einem Pool komme. Auch die einzelnen Dienststellen hätten nun den Service aus einer Hand und einen Ansprechpartner. Auch die Ausbildung werde dadurch billiger.
“Mit der Neuordnung haben wir im Vergleich zu anderen kleinen Bundesländern einen hohen Standard was die Stärke des Personals betrifft”, so Kandt. Das “handverlesene Personal” unterziehe sich einer halbjährigen Ausbildung. Sie sind die einzigen Polizeibeamten im Land, die solche gefährlichen Situationen mit scharfer Munition — wie auch bei der Demonstration — einüben dürfen. Die gut ausgebildete Truppe wird gleichwohl nur gerufen, wenn eine Gefährdung absehbar ist. “Für einen normalen Streifenpolizisten ist es mitunter gefährlicher, wenn etwa bei Ehestreitigkeiten plötzlich eine Waffe gezogen wird”, erläuterte Kandt.
Die Entscheidung für die Umstrukturierung, die vor dem 11. September gefallen war, erweise sich aus heutiger Sicht als umso wichtiger, sagte Schönbohm. Auch werde so die Voraussetzung dafür geschaffen, die Zusammenarbeit mit den Berliner Kollegen zu verbessern. “Die Zeiten sind vorbei, als die Brandenburger Polizei noch von der Berliner lernen musste”, zeigte sich der Minister selbstbewusst.
Mit der Reform soll neben der Verschlankung der Verwaltung eine reibungslose Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaften realisiert werden. Auch eine Autobahnpolizei soll aufgebaut werden. Im Zuge der lange umstrittenen neuen Struktur sind nun die Stellen für die Leitung der künftigen beiden Polizeipräsidien offiziell ausgeschrieben worden, wie Schönbohm bestätigte. Zu möglichen Kandidaten wollte sich der Minister noch nicht äußern.
RATHENOW Zwei sudanesische Asylbewerber sind am Dienstagabend in Rathenow (Landkreis Havelland) angegriffen worden. Sie wurden von einer Gruppe junger Männer geschlagen und beschimpft, teilte das Polizeipräsidium Oranienburg gestern mit. Einer der beiden, ein 29-jähriger Sudanese, wurde bei dem Vorfall leicht an der Hand verletzt. Die Polizei nahm nach einer sofortigen Fahndung in der Nähe des Tatorts mehrere Jugendliche vorläufig fest. Von den jungen Männern im Alter von 18 bis 22 Jahren wurden die Personalien aufgenommen. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf.
In Rathenow gab es in der Vergangenheit immer wieder Übergriffe auf Ausländer und Asylbewerber. Bundesweite Beachtung fand ein Schreiben von Asylbewerbern aus Rathenow, in dem sie aus Angst vor weiteren Angriffen um die Verlegung in ein anderes Bundesland baten.
COTTBUS Der Cottbuser Generalsuperintendent Rolf Wischnath hat die vom Potsdamer Innenministerium angewiesene Abschiebung der Kosovo-Familie Bunjaku scharf kritisiert. “Das ist im Gewand des Rechts einhergehendes Unrecht”, sagte Wischnath. Die Familie sei seit langer Zeit in Guben integriert. Der Kirchenmann ist auch Vorsitzender des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit.
Wischnath betonte, die Gubener, “die ansonsten als fremdenfeindliche Außenostler diskreditiert” würden, hätten sich für das Verbleiben der Familie eingesetzt. “Endlich ein anderes Signal aus Guben”, sagte er. Dennoch sei nun nach langem Streit zwischen dem Spree-Neiße-Landrat Dieter Friese (SPD) und dem Innenministerium der Landrat ultimativ darauf hingewiesen worden, der Anordnung des Ministeriums Folge zu leisten, die Familie abschieben zu lassen. In einer so befremdlichen Rechtslage könne der Minister offenkundig nicht der Menschlichkeit folgen, so Wischnath. Das Innenministerium hatte am vergangenen Donnerstag die Abschiebung angewiesen. Grund: Die Gefahr einer möglichen Verfolgung des Familienvaters Bunjaku könne mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Die Familie hätte Deutschland ursprünglich bereits im September verlassen müssen. Landrat Friese hatte aber damals eine einjährige Duldung ausgesprochen.