11. Mai 2020 · Quelle: Proletarische Autonomie

Erinnern heißt kämpfen! Gedenken in Finsterwalde.

In Finsterwalde gedachten Aktivist_innen der Befreiung Deutschlands vom Hitlerfaschismus und stellen die Frage was es bedeutet, den 8. und 9. Mai zu gedenken. Außerdem ist eine ausführliche Gedenktour in Planung.

(…)Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der let­zte Schuldige vor den Richtern der Völk­er ste­ht. Die Ver­nich­tung des Nazis­mus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Auf­bau ein­er neuen Welt des Friedens und der Frei­heit ist unser Ziel(…).“

Am 75. Jahrestag der Befreiung Deutsch­lands vom Hitler­faschis­mus erin­nerten wir gemein­sam an alle Men­schen, denen ihr Leben durch den Hass und den Ter­ror des Naziregimes genom­men wurde. Genau­so gedacht­en wir der­er, die ihr Leben im Wider­stand gegen das Regime und für Frieden und Frei­heit ließen.

Doch mit dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 war der Faschis­mus längst nicht besiegt und auch der Schwur von Buchen­wald „Nie wieder Faschis­mus, Nie wieder Krieg“ hat sich bis heute nicht erfüllt. Es ist unsere Verpflich­tung, so lange zu kämpfen, bis wir in ein­er Welt ohne Unter­drück­ung und Aus­beu­tung leben – in ein­er Welt der Selb­st­bes­tim­mung, des Respek­ts und der Solidarität.

Doch was bedeutet der Schwur von Buchenwald für uns?

Für eine Gen­er­a­tion, die in den Wirren des Nieder­gangs des Real­sozial­is­mus groß gewor­den ist, war das Gedenken an die Ver­brechen des Faschis­mus max­i­mal ein Schu­laus­flug in ein KZ oder nur eine paar Geschichtsstun­den. Welche Ver­ant­wor­tung haben wir, die Jahrzehnte später geboren wurden?

Erst ein­mal müssen wir unseren eige­nen his­torischen Kon­text betra­cht­en. Als Grup­pen und Per­so­n­en, die einen poli­tis­chen Anspruch for­mulieren, sowie eine rev­o­lu­tionäre Prax­is anstreben, sind wir die ide­ol­o­gis­chen Erben von bish­eri­gen frei­heitlichen und poli­tis­chen Wider­stands­be­we­gun­gen. Wider­stand zu leis­ten, bis sich der Schwur von Buchen­wald erfüllt, ist die Ver­ant­wor­tung, die an uns weit­ergegeben wurde. Denn eine grundle­gende Verän­derung der Welt hin zu einem besseren Ort, wurde immer noch nicht erre­icht. Aus­beu­tung, Unter­drück­ung, Krieg, Folter, Fem­izide, ras­sis­tis­che Pogrome und Genozide sind immer noch tägliche Realität.

Neben dem aktiv­en und kreativ­en Wider­stand, den wir auf­bauen und leis­ten müssen, spielt auch die Wieder­aneig­nung und Entwick­lung ein­er eige­nen rev­o­lu­tionären Kul­tur eine große Rolle in unserem Kampf. Um dieser Kul­tur einen Raum zu geben, sind zen­trale Tage der Erin­nerung wichtig. Sie brin­gen uns den Men­schen, die vor uns gekämpft haben, ein Stück näher und lassen uns erken­nen, welche Opfer diese Men­schen für uns gaben. So lassen sich auch unsere eige­nen, aktuellen Kämpfe in einem anderen Kon­text betra­cht­en und mit Leben füllen. Dabei sind beson­ders Wider­stand­slieder, Musik und Gedichte eine starke Waffe gegen das Vergessen. Sie lassen uns Schmerz und Wut spüren, die wir in neue Kraft und Stärke für unsere Kämpfe umwan­deln können.

Im Rah­men des Gedenkens haben wir zen­trale Orte in Fin­ster­walde und Magde­burg besucht und dort den Opfern des Faschis­mus und den Wider­stand­skämpferIn­nen gedacht.

Finsterwalde

Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der Stadt Fin­ster­walde durch die Trup­pen der Roten Armee und den Antifaschis­tis­chen Wider­stand­skämpfern woll­ten wir den Opfern des Nation­al­sozial­is­mus gedenken. Erst­ma­lig woll­ten wir in diesem Jahr eine kleine „Gedenk­tour“ durch­führen, welche am 25.04.2020 ein Tag nach der Befreiung von Fin­ster­walde stat­tfind­en sollte. Die Gedenk­tour sollte am ehe­ma­li­gen VVN Denkmal am Spring­brun­nen in Fin­ster­walde starten. Weit­er sollte es zum Geschwis­ter Scholl Denkmal, zum Sow­jet­fried­hof und zum Denkmal für die deportierten KZ-Häftlinge auf dem Fried­hof Fin­ster­walde gehen. Danach woll­ten wir gemein­sam nach Tröb­itz zum jüdis­chen Fried­hof fahren, wo wir dem „Ver­lore­nen Zug“ gedenken wollen. In dem Zug befan­den sich KZ-Häftlinge aus Bergen-Belsen, welche in Viehwag­gons getrieben mehrere Tage durch Deutsch­land fuhren, bis der Zug wegen ein­er gesprengten Brücke bei Tröb­itz ste­hen bleiben musste, zwei Tage später wurde der Zug durch die Rote Armee befre­it. Zum Schluss sollte die Tour am KZ Schlieben-Berga enden, dort woll­ten wir den ehe­ma­li­gen Häftlin­gen gedenken, die dort für die Wehrma­cht Panz­er­fäuste pro­duzieren mussten. Auf­grund der Coro­na Lage mussten wir die Tour in dieser Form lei­der absagen und haben diese in ein­er etwas kleineren Form auf den 08.05.2020 verlegt.

Am 08.05.2020 trafen wir uns dann zu ein­er kleinen Gedenk­tour, welche sich auf den Raum Fin­ster­walde begren­zte. Wir stell­ten am Geschwis­ter Scholl Denkmal, am Sow­jet­fried­hof, am Denkmal für die deportierten KZ-Häftlinge und am K.P.D. Denkmal für die rus­sis­chen Kriegs­ge­fan­genen Kerzen auf, entroll­ten die „Antifaschis­tis­che Aktion“ Fahne und legten jew­eils eine Gedenkminute ein.
Zum Abschluss trafen wir uns am Spring­brun­nen wo zu DDR Zeit­en das VVN Denkmal ange­bracht war. Dieses wurde nach der Wende ent­fer­nt und durch ein anderes erset­zt. Das neue Denkmal erin­nert aber nicht mehr an die Wider­stand­skämpfer aus Fin­ster­walde, welche sich in ein­er Betrieb­s­gruppe gegrün­det haben und die Befreiung von Fin­ster­walde planten und zusam­men mit der Roten Armee durch­führten. Einige von ihnen wur­den vorher von den Nation­al­sozial­is­ten in KZs deportiert oder ermordet. Wir fordern auch in diesem Jahr wieder die Stadt Fin­ster­walde auf, die Ehrentafel aufzuhän­gen. Das VVN Denkmal stand unter dem Titel „Wir star­ben für Frei­heit und Gerechtigkeit, vol­len­det unsern Kampf“ in diesen Kampf steck­en wir auch heute noch und wer­den diesen weit­er­tra­gen und auch in Zukun­ft entschlossen gegen den Faschis­mus kämpfen!

Eine aus­führlichere Gedenk­tour in die Umge­bung von Fin­ster­walde wir es bald geben. Den Ter­min wer­den wir dann rechtzeit­ig veröf­fentlichen. Weit­er­hin wird die wider­ständi­ge Geschichte von Fin­ster­walde im Laufe des Jahres weit­er aufgear­beit­et und es wer­den weit­ere Aktio­nen folgen.

Abschließend wollen wir sagen, das dass Beispiel der anar­chis­tis­chen und kom­mu­nis­tis­chen Wider­stand­skämpferin­nen und Kämpfer uns zeigt, dass wir heute schon anfan­gen müssen, den antifaschis­tis­chen Selb­stschutz aufzubauen und nicht warten dür­fen, bis es zu spät ist. Der Faschis­mus ist eine Aus­ge­burt des weltweit­en Kapitalismus/Imperialismus, deshalb muss unser Wider­stand und Sol­i­dar­ität auch inter­na­tion­al sein. Die glob­alen Kämpfe gegen Patri­achat, Kap­i­tal und den Staat sind unsere Kämpfe und genau­so sind die Kämpfe, die wir hier führen, die Kämpfe unser GenossIn­nen in anderen Teilen der Welt. In diesem Sinne:

Erin­nern heißt kämpfen
Kein Vergeben, kein Vergessen
Schul­ter an Schul­ter gegen den Faschismus

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