Potsdam — Gestern haben in Kopenhagen rund 100.000 Menschen gegen die Klimapolitik der herrschenden Eliten protestiert und energische Anstrengungen verlangt, um den Klimawandel noch aufzuhalten.
Die Polizei hat dabei mehr als 900 Menschen vorbeugend verhaftet, viele von ihnen mit Pfefferspray verletzt, sie 4 Stunden mit Kabelbindern gefesselt bei Minusgraden auf der Strasse sitzen lassen.
Täglich sterben Klima- Flüchtlinge bei dem Versuch, aus ihren unbewohnbar gewordenen Heimatländern zu entkommen, täglich sterben Kinder in Entwicklungsländern an Hunger, damit wir in den Industrieländern mit genügend Energie versorgt werden.
Gewalt ist die tägliche Realität für Millionen Menschen auf diesem Globus, Gewalt wird ausgeübt, um zu verhindern, dass sichtbarer und deutlicher Widerstand gegen eben diese strukturelle Gewalt formuliert wird. …und der Tagesspiegel fabuliert etwas von „indirekten Aufrufen zu Gewalt“ des Vereins INWOLE aus Potsdam, weil der Brandenburger Verfassungsschutz bei seiner verzweifelten Suche nach Linksextremisten im Land nur digital fündig geworden war.
Was ist in Potsdam eigentlich passiert? Fanden Strassenschlachten statt, wurde ein Anschlag auf Herrn Petke verübt, haben KlimaaktivistInnen die Weltrevolution auf der Brandenburger Strasse trainiert? Nichts von alledem. Der Verein INWOLE hat wie Hunderte andere Vereine und Organisationen einen Aufruf von uns auf seiner Homepage veröffentlicht, in Kopenhagen „Für ein ganz anderes Klima!“ zu demonstrieren. Dabei wurde eine radikale Kritik an der bisherigen Klimapolitik formuliert und Aufrufe, das „Treffen der Heuchler zu stören“ wieder gegeben. Dazu kam eine Linkliste verschiedener Demo- und Aktionsbündnisse. Das war‘s.
Warum also wird daraus eine mediale Skandalisierung? Wir wollen versuchen, dies hier zu analysieren.
- Die Gewaltkeule wird immer dann rausgeholt, wenn es gilt, radikale Kritik an den herrschenden Zuständen zu diskreditieren. Wenn eine Bewegung so stark und kraftvoll geworden ist, dass sie den Herrschenden Angst macht. Mit der sogenannten „Gewaltfrage“ wird dann versucht, die Bewegung zu spalten und öffentlich in „gute“ und „böse“ KlimaaktivistInnen zu trennen. Gut sind die, welche Unterschriften sammeln und mit Vattenfall reden, böse sind die, welche Kraftwerke blockieren und Atomforen stören. Vor allem wird damit aber versucht, die inhaltliche Kritik zu unterdrücken. Denn da, wo Medien über „Gewalt“ reden und berichten, brauchen sie sich nicht mehr mit den Ursachen und Gründen des Protestes zu beschäftigen. Deshalb möchten wir hier auch noch einmal ganz deutlich formulieren: Wir halten eine Klimapolitik, die sich Emissionssenkungen hierzulande mit Palmölplantagen über abgebrannten Regenwäldern in Indonesien oder toten Bergleuten in Kohlegruben Chinas erkauft für blanke Heuchelei! Der Klimawandel ist mit kapitalistischer Wachstumslogik und Gewinnorientierung nicht aufzuhalten! Dazu bedarf es tatsächlich eines ganz anderen (sozialen) Klimas! Und dafür streiten wir mit vielen Tausenden weltweit.
- Die vom Brandenburger Verfassungsschutz angestoßene und vom Tagesspiegel brav ausgeführte Debatte passt zu einer politischen Entwicklung, welche derzeit bundesweit erkennbar ist. Gesucht wird ein neues „linksextremes“ Feindbild. Soziale Bewegungen gegen Gentrifizierung, Atomkraft und kapitalistische Globalisierung können so trefflich als „autonome Gewalttäter“ gebrandmarkt werden und in der Krise vom eigenen Versagen abgelenkt werden. Vorsorglich hat so die neue Bundesfamilienministerin schon mal angekündigt, alle Programme gegen Rechtsextremismus auch gegen „Linksextremisten“ auszuweiten. In Brandenburg und Potsdam haben Politik und Medien allerdings das Problem, solche Linksextremisten überhaupt zu finden, geschweige denn irgendwelche Gewalttaten zu verfolgen. Also reicht erst einmal die Suche nach digitalen Aufrufen möglicher Gewalt. Wenn das gewünschte Feindbild fehlt, dann konstruiert man es sich eben selbst.
- Herr Petke hat als CDU- Funktionär in Potsdam schon einige Male versucht, gegen alternative Haus- und Wohnprojekte vorzugehen. Dahinter steckt offensichtlich das politische Kalkül, sich bürgerliche Mehrheiten zu konstruieren, die sich dann endlich auch mal in anderen Wahlergebnissen für die CDU niederschlagen sollen. Was passt da besser als diffuse Ängste der BürgerInnen vor „gewalttätigen Hausbesetzern“ zu schüren? Blöderweise passt das Projekthaus des Vereins INWOLE nicht in dieses Klischee. Sie sind keine illegalen Hausbesetzer, sie haben ihr Haus selbst gekauft, sie lassen ihr Haus auch nicht „verkommen“, sondern haben es aufwendig und mit eigenem Geld saniert. Jetzt meint er also was gefunden zu haben. Hat er hat dabei auf die Unterstützung der „alten Kameraden“ des Verfassungsschutzes zurück gegriffen? Schlimm ist dabei allerdings, wie bereitwillig sich eine Potsdamer Zeitung an dieser politischen Intrige beteiligt.
Was bleibt?
Wir werden uns als Initiativgruppe Potsdam weiter an den politischen Debatten und Aktionen hier beteiligen. Da wir eine Ahnung haben, woher diese mediale Skandalisierung kommt, lassen wir uns davon nicht mundtot machen. Im Gegenteil, politische Aktivität macht den Herrschenden offensichtlich Angst. Für uns ist sie Motivation!
Für ein ganz anderes Klima- in Potsdam, Kopenhagen und überall!