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Kein Ende in Sicht

INFORIOT  Am Abend des 25. August haben knapp 350 Men­schen gegen Ras­sis­mus und Neon­azis in Nauen demon­stri­ert. Anlass war der Brand ein­er Turn­halle, die als Notun­terkun­ft für Geflüchtete genutzt wer­den sollte, in der Nacht von Mon­tag zu Dien­stag. Die Unterkun­ft sollte in weni­gen Tagen vorüberge­hend bezo­gen wer­den, da ein Gebäude zur weit­eren Unter­bringung noch errichtet wer­den soll.

350 bei der Mahnwache in Nauen.
350 bei der Mah­nwache in Nauen.

Ras­sis­tis­che Gewalt: Kein Ende in Sicht
Gegen zwei Uhr Nachts bran­nte die Turn­halle bere­its so stark, dass die Feuer­wehr keine Chance hat­te das Gebäude zu ret­ten, berichtet die MAZ. Es bran­nte kom­plett aus. Zu sehen sind nur noch ver­rußte Wände und durchge­bran­nte Über­reste von Kabeln und Verklei­dung. Auch wenn bish­er keine Tatverdächti­gen ermit­telt wur­den, ist mit ziem­lich­er Sicher­heit klar, dass es sich hier um einen ras­sis­tis­chen Anschlag han­delte. Denn der Angriff auf die geplante Notun­terkun­ft in der Kle­in­stadt Nauen kam nicht über Nacht. Er kam qua­si mit Ankündi­gung. Immer wieder waren in Nauen ras­sis­tis­che Vor­fälle bekan­nt gewor­den. Ange­fan­gen bei ein­er Bürger_innenversammlung zum The­ma Unter­bringung im Feb­ru­ar, die von Neon­azis so mas­siv gestört wurde, dass die Ver­anstal­tung abge­brochen wer­den musste. Es fol­gten Kundge­bun­gen gegen Asylpoli­tik u.a. im Mai von der ras­sis­tis­chen Face­bookini­tia­tive „Zukun­ft Nauen“ und durch die NPD im Juli. Im Juni und Juli kam es zu ein­er Serie von Anschlä­gen auf Parteibüros der Linken und der SPD.
Die Turnhalle brannte völlig aus.
Die Turn­halle bran­nte völ­lig aus.

In den let­zten Tagen und Wochen waren es vor allem die säch­sis­chen Städte Fre­ital und Hei­de­nau die durch ras­sis­tis­che Proteste in die Schlagzeilen ger­at­en waren. Doch auch in Bran­den­burg ist die Zahl ras­sis­tis­ch­er Proteste und Gewalt­tat­en alarmierend. Allein in diesem Jahr gab es nach Angaben der Opfer­per­spek­tive 88 rechte Angriffe. Der Großteil davon mit ras­sis­tis­chem Hin­ter­grund. Die Zahl ist umso erschreck­ender, wenn die Vor­jahreszahl von 92 Angrif­f­en in Rela­tion dazu geset­zt wird: Die 88 Angriffe beziehen sich nur auf die erste Jahreshälfte 2015. 92 wur­den im ganzen Jahr 2014 verübt. Der Anschlag in Nauen ist Angriff Num­mer 89.
Politiker_innen im Redeschwall 
Nur wenige Stun­den nach dem Anschlag, hat­te die lokale Ini­tia­tive „Nauen für Men­schlichkeit“ zu ein­er Kundge­bung am Ort der geplanten Unterkun­ft, einige hun­dert Meter von der Turn­halle ent­fer­nt, aufgerufen. Gefol­gt waren dem Aufruf nicht nur engagierte Anwohner_innen, Antifaschist_innen aus Berlin und Bran­den­burg, son­dern auch eine Rei­he von Lan­des- und Kommunalpolitiker_innen, die sich in ihren Reden zu übertr­e­f­fen ver­sucht­en. So forderte beispiel­sweise Klaus Ness, Frak­tionsvor­sitzen­der der SPD im Bran­den­burg­er Land­tag, einen „Auf­s­tand der Anständi­gen“ und „den Anstand der Zuständi­gen“. Ursu­la Non­nen­mach­er, Grü­nen­poli­tik­erin im Land­tag, sah in der AfD die geisti­gen Brand­s­tifter. Der Falkensee Bürg­er­meis­ter war der Ansicht, die Par­al­le­len zu 1933 seien deut­lich: Bei den Neon­azis und ras­sis­tis­chen Angreifern han­dle es sich ähn­lich wie bei der SA um Kampftrup­pen auf der Straße. Als er im Weit­eren davon sprach, dass es sich bei dem Angriff auf die Turn­halle nicht nur um einen Angriff auf Asylbewerber_innen han­dle, son­dern auch auf Deutsch­land, hagelte es Buhrufe. Für Nation­al­staat und deutsche Iden­tität fand er wenig Sym­pa­thie unter den antifaschis­tis­chen Teilnehmer_innen. Eben­so wenig Begeis­terung ern­tete ein­er der nach­fol­gen­den Red­ner, der sich statt über die ras­sis­tis­che Tat, über den Schaden für die Turn­halle als Gebäude aus­ließ. Deut­lichere Worte fand dage­gen ein Antifaschist, der auf den Ras­sis­mus in der Mitte der Gesellschaft hin­wies und auch die CDU als Teil des ras­sis­tis­chen Main­streams ausmachte.
Bürgermeister Detlef Fleischmann (SPD) sprach bei der Auftaktrede, dass die Geflüchteten "jetzt erst recht" in Nauen aufgenommen werden.
Bürg­er­meis­ter Detlef Fleis­chmann (SPD) sprach bei der Auf­tak­trede, dass die Geflüchteten “jet­zt erst recht” in Nauen aufgenom­men werden.

Spon­tandemon­stra­tion durch die Innenstadt
Nach Abschluss der Kundge­bung zogen die Teilnehmer_innen mit ein­er spon­ta­nen Demon­stra­tion durch die Nauen­er Innen­stadt. Laut­stark wur­den anti­ras­sis­tis­che Sprechchöre wie „Say it loud, say it clear: Refugees are wel­come here“ und „No Bor­ders, no nations, stop depor­ta­tion“ geäußert. Als Aufruf an alle Anwohner_innen am Rande der Demon­stra­tion wurde „Vorurteile hin­ter­fra­gen, Ja zu neuen Nach­barn sagen!” gerufen.
Spontandemonstration durch die Innenstadt.
Spon­tandemon­stra­tion durch die Innenstadt.

Ver­suchter Nazian­griff auf Versammlung 
Während der Ver­samm­lung kam es zu zwei Zwis­chen­fällen: Drei Neon­azis ver­sucht­en sich der Kundge­bung zu näh­ern, wur­den jedoch frühzeit­ig fer­nge­hal­ten. Einige Zeit später, taucht­en wiederum acht Neon­azis mit Eisen­stan­gen auf und woll­ten den Spon­tanaufzug angreifen. Dazu kam es dank antifaschis­tis­ch­er Inter­ven­tion jedoch nicht. Auch der Neon­azikad­er und NPD-Stadtverord­nete in Nauen Maik Schnei­der soll sich in der Nähe der Demon­stra­tion aufge­hal­ten haben.
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