
INFORIOT Vom 16. bis 18. September soll in Fürstenberg/Havel das erste sog. “Friedensfest am See” stattfinden. Es handelt sich dabei um eine mehrtägige Veranstaltung um das Release-Konzert des Duisburger Querfront-Hiphop-Duos „Die Bandbreite“. Auch weitere Figuren und Musiker_innen der Querfront- und “Truther”-Szene sowie “Chemtrail-Gegner_innen” sollen in Fürstenberg auftreten. Das Fest wird durch „Lärmquelle Records“ organisiert — einem Musiklabel, welches vom „Bandbreite“-Sänger und Songwriter Marcel „Wojna“ Wojnarowicz gegründet wurde.
Auf einem Campingplatz in Fürstenberg/Havel soll das Spektakel statt finden. Dabei legen die Organisator_innen großen Wert darauf, dass der Festort möglichst lange unbekannt bleiben soll. Es liegt eine Anmeldung für den Campingplatz in Zootzen vor. Die genauen Koordinaten werden an die Ticketbesitzer_innen einen Tag vor Beginn des Friedensfestes per E‑Mail zugesendet. Die Teilnehmer_innenzahl ist auf 200 begrenzt.
Braune Inhalte hinter linkem Etikett
Auf dem Fest soll das neue Album der „Bandbreite“ , die den kontroversen Namen „Der letzte Linke“ trägt, freigegeben werden. Die Band verortet sich selbst, trotz ihrer verschwörungsideologischen, teils antisemitischen Texte und Lobgesängen auf Deutschland im linken Lager. 2010 lobte die NPD die Band als eine „eine volkssozialistische Musikgruppe“, ihre Lieder werden regelmäßig auf verschiedensten rechten Veranstaltungen gespielt. Die „Bandbreite“ unterstützt aktiv die sog. „Friedensmahnwachen“ und ist Teil der „Truther-Bewegung“. Die sog. „Truther“ glauben, dass sie von Regierung, Behörden und Massenmedien systematisch und bewusst fehlinformiert und belogen werden. Die Band ist bekannt für ihre verschwörungsideologischen, anti-amerikanischen und antisemitischen Inhalte, die sie als „Wahrheit“ deklarieren. So behauptet „Die Bandbreite“ etwa im Song „Selbst gemacht“, dass die USA selbst hinter den Anschlägen vom 11. September steckten würden.
Mit ihren Inhalten dockt „Die Bandbreite“ beim extrem rechten Spektrum an. In der Vergangenheit trat die Band in der „Anti Zensur Koalitionen“ (AZK) des evangelikalen Sektengründers Ivo Sasek auf. In seinen AZK-Veranstaltungen bietet Sasek regelmäßig Holocaustleugner_innen und Geschichtsrevisionst_innen eine Bühne. Im Februar des vergangenen Jahres trat „Die Bandbreite“ u.a. bei einer Demonstration der Gruppierung „Engagierte Demokraten gegen die Amerikanisierung Europas“, kurz „EnDgAmE“, in Halle auf. Auch auf weiteren Veranstaltungen der Gruppierung war “Die Brandbreite” ein gern gesehener Gast. „EnDgAmE“ ist eine extrem rechte Gruppierung, die aus einer Abspaltung von „PEGIDA“ entstand. Inhaltlich geht „EnDgAmE“ sogar noch weiter. In einem Posting vom Juni 2015 schrieb die Gruppierung, dass der russische Präsident Wladimir Putin ein würdiger „Führer“ sei, der was gegen die USA, die als das Imperium der „jüdischen Lobby“ bzw. „USrael“ bezeichnet werden, macht.
Eine Bandbreite an Absurdität
Neben der “Bandbreite” treten auf dem Friedensfest weitere Musiker und Persönlichkeiten der sog. „Friedensbewegung“ auf. Als Support-Act haben sich die Duisburger Rapper aus der „Truther“-Szene eingeladen, darunter der Österreicher Kilez More sowie Photon und weitere fünf schillernde Rap-Gruppen. Weitaus prominenter besetzt ist die Podiumsdiskussion bzw. die Redebeiträge, die laut Ablauf am Samstagabend stattfinden sollen. Die Bandbreite an Absurdität ist besetzt durch:
- Christoph Hörstel: wichtiger Verschwörungsideologe und Bundesvorsitzender der Partei „Deutsche Mitte“, die ihren Sitz in Nauen hat. Die „Deutsche Mitte“ ist das Nachfolgeprojekt Hörstels. Bereits unter den Namen „Neue Mitte“ trat Hörstel 2013 in Potsdam für den Bundestag an. Er erhielt 0,4% der Stimmen.
- Lars Mährholz: Initiator der Montagsmahnwachen/„Mahnwachen für Frieden“, die seit März 2014 meist Montags in Deutschland, Österreich und der Schweiz stattfanden. Mährholz lud in der Vergangenheit verschiedenste Redner_innen zu den Demonstrationen und Mahnwachen ein. Das Spektrum reichte von Personen wie Jürgen Elsässer, Ken Jebsen, Verschwörungsideologen wie Andreas Popp bis hin zu Politikern der NPD. Inhaltlich wiesen die sog. „Friedensmahnwachen“ starke antisemitische, anti-amerikanische und verschwörungstheoretische Tendenzen auf.
- Rico Albrecht: Mitglied der “Wissensmanufaktur” („Institut für Wirtschaftforschung und Gesellschaftspolitik“). Bei der “Wissensmanufaktur” handelt es sich um ein internetbasiertes Projekt des Verschwörungsideologen, “Chemtrail-Gegner” und Reichsbürger Andreas Popp. Ein weiteres prominentes Mitglied der “Wissensmanufaktur” ist Eva Herman. Eva Herman ist bekannt für ihre anti-emazipatorischen und rechts-konservativen Ansichten. Von 2010 bis 2011 war sie „Nachrichtensprecherein“ beim Kopp-Verlag, der sich auf die Publikationen mit dem Schwerpunkt Verschwörungstheorien, braune Esoterik und pseudomedizinische Themen spezialisiert hat.
- Owe Schattauer: Mitinitiator der Friedensfahrt Berlin-Moskau im August 2016. [1] Auf Mahnwachen tritt er auf mit dem Beinahmen „Die Stimme des Zorns“, als Musiker unter dem Namen „C‑Rebell“ auf und versucht sich wie die „Die Bandbreite“ im Sprechgesang. Im Oktober 2014 moderierte er die Friedensdemo in Karlsruhe, auf der neben Ken Jebsen die bekannte Antisemitin Evelyn Hecht-Galinski auftraten. [2]
- Lucas Puchalski: Ist für den Vertrieb des Magazins „Free21“ [3] verantwortlich. „Free21“ bezeichnet sich selbst als eine Plattform für „nicht embeddeten, crowdfinanziertem Journalismus“. Die als PDF erhältlichen Beiträge werden vierteljährlich zu einem Heft gedruckt und behandeln die klassischen Themen der „Truther-Bewegung“, wie aktuell die Verschwörungstheorien um 9/11. Auf der Plattform wurde die Friedensfahrt Berlin-Moskau ausführlich dokumentiert.
Prominente Moderation aus dem extrem rechten Spektrum
Für die Moderation der Podiumsdiskussion haben sich die Organisator_innen den Publizisten und Rechts-Aktivisten Michael Vogt eingeladen. Vogt ist Gesellschafter des Schild-Verlags aus Elblingen, der hauptsächlich Publikationen in den Bereichen Verschwörungstheorien, Esoterik und Impfkritik herausbringt. Zudem betreibt er einen eigenen Internet-Sender: Das „Quer-Denken.TV“ gilt als Organ der „Truther-Bewegung“.
Für verschiedene Auftraggeber, darunter N‑TV und ProSieben produzierte er, neben belangloser Wellness- und Ernährungsdokus, umstrittene Dokumentarfilme. Gemeinsam mit dem Neonazi Olaf Rose war er an der Produktion des geschichtsrevisionistischen Dokumentarfilms „Geheimakte Heß“ beteiligt. In dem Film wird der Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess zum „Friedensflieger“ verklärt, der auf einer angeblichen „Friedensmission“ des „Dritten Reiches“ befand. Zudem wird sein Selbstmord im Kriegsverbrechergefängnis in Spandau angezweifelt – eine These, die hauptsächlich im neonazistischen Spektrum aufgegriffen wird. Dabei berief sich der Film auf den Ausführungen des dubiosen Autoren Martin Ellen, dessen Publikationen maßgeblich dafür bekannt sind, auf gefälschten Dokumenten zu beruhen. Sein Co-Produzent Olaf Rose ist zu dem kein Unbekannter. Er arbeitet seit 2007 bei der NPD und ist seit 2009 Stadtrat für die Neonazipartei im sächsischen Pirna. Seit 2015 ist Olaf Rose Bundesvorstandsmitglied der NPD, wo er bereits zwischen 2008 und 2009 tätig war. 2012 nominierte die NPD Rose für die Wahl des deutschen Bundespräsidenten.
2012 initiierte Vogt u.a. das Projekt „Aufbruch Gelb-Rot-Schwarz“ (GRS). Das Projekt hatte sich zum Ziel gesetzt Gruppierungen, wie etwa die Rechtsbürger_innen zu vereinen, die die Existenz, Souveränität und Legitimation der Bundesrepublik Deutschland bestreiten. Im selben Jahr publizierte er in den Burschenschaftlichen Blättern ein Manifest „Weg in die Freiheit — Deutschlands Aufbruch 2012“. U.a. beschrieb er dort die völkische Definition der Zugehörigkeit zum deutschen Volk: „‘Nach deutschem und burschenschaftlichem Verständnis’ bemesse sich die Eigenschaft ‘Deutscher’ nach den Kriterien ‘Abstammung und Kultur’“.
[1] hxxp://www.free21.org/friedensfahrt-berlin-moskau/
[2] hxxps://friedensbewegung-halle.de/2014/10/28/xxl-friedensmahnwache-in-karlsruhe-am-25–10-2014/
[3] hxxps://clausstille.com/2015/08/10/free21-das-magazin-laeuft-eine-begegnung-mit-chefredakteur-tommy-hansen/
Eine Antwort auf „Querfront-Fest in Fürstenberg/Havel dieses Wochenende“
Gedreht wurde das Einladungsvideo wohl hier:
http://campingplatz-am-grossen-wentowsee.de/
Laut Video ist das auch der Veranstaltungsort.