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Antifaschismus

Sie sprechen mit Tony Schmidt, wie kann ich Ihnen helfen?“ – Potsdamer Neonazi im Callcenter

Tony Schmidt am 25. Oktober 2014 in Brandenburg/Havel
Tony Schmidt am 25. Okto­ber 2014 in Brandenburg/Havel

Seit spätestens 2014 ist Tony Schmidt in der organ­isierten neon­azis­tis­chen Szene im Pots­damer Umland aktiv.
Er ist sowohl den völkischen Neon­azis der Pots­damer Grup­pierung „Licht und Schat­ten“, Nach­folgestruk­tur von „Freie Kräfte Pots­dam“ (FKP) und „Info­por­tal Pots­dam“ bzw. „Junge Nation­aldemokrat­en“ (JN), als auch der neon­azis­tis­chen Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ zuzurechnen.
Bei­de, z.T. deck­ungs­gle­ichen, Struk­turen eint eine sich eng am Nation­al­sozial­is­mus ori­en­tierte ide­ol­o­gis­che Sicht auf Poli­tik und Gesellschaft. Dabei ver­ste­ht sich ins­beson­dere der „Der III. Weg“ als elitäre Kaderorganisation.
Beru­flich ist Tony Schmidt in einem Call­cen­ter im Pots­damer Stadt­teil Zen­trum-Ost tätig.
Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen – ein klas­sis­ches neon­azis­tis­ches Agi­ta­tions- und Betätigungsfeld
Erst­mals für die Öffentlichkeit wahrnehm­bar war Schmidt am 25. Okto­ber 2014 auf ein­er Kundge­bung der organ­isierten Neon­aziszene in Bran­den­burg (Hav­el). [1]
Bere­its einige Tage bevor diese Ver­samm­lung über die Home­page von „Licht und Schat­ten“ bewor­ben wurde, warb Schmidt über seine pri­vate Face­book-Seite für die Ver­anstal­tung. Er war also in die Vor­bere­itun­gen der Aktion einge­bun­den. Zusam­men mit, dem zu diesem Zeit­punkt eben­falls in Werder wohn­haften, Tim Borows­ki reiste Schmidt gemein­sam mit weit­eren Neon­azis, vom Bahn­hof Werder aus kom­mend, mit dem Zug nach Bran­den­burg (Hav­el). Mit dabei waren unter anderem Mar­tin Klahr, Chris­t­ian Helm­st­edt, Olaf Ernst, Daniel Hintze, Lukas Franz und der mit­tler­weile inhaftierte NPD-Kad­er Maik Schnei­der. Neben dem Haup­tor­gan­isator und ‑red­ner Maik Eminger sprachen auch Pierre Dorn­brach, Vor­sitzen­der der bran­den­bur­gis­chen JN, sowie ein Vertreter von „Der III. Weg“ und der Lan­desvor­sitzende der Berlin­er NPD Sebas­t­ian Schmidtke.
Tony Schmidt (ganz rechts im Hintergrund) hebt zum Ende der Kundgebung am 25. Oktober 2014 in Brandenburg/Havel die Faust und fordert zusammen mit den restlichen Teilnehmer_innen einen „Nationalen Sozialismus“. Vorne am Transparent (mit rotem Pullover) der Neonazi und Totschläger Sascha Lücke.
Tony Schmidt (ganz rechts im Hin­ter­grund) hebt zum Ende der Kundge­bung am 25. Okto­ber 2014 in Brandenburg/Havel die Faust und fordert zusam­men mit den restlichen Teilnehmer_innen einen „Nationalen Sozial­is­mus“. Vorne am Trans­par­ent (mit rotem Pullover) der Neon­azi und Totschläger Sascha Lücke.

Die Kundge­bung mit etwa 80 Teilnehmer_innen auf dem Mark­t­platz wurde von der „Gefan­genen­hil­fe“ organ­isiert, angemeldet wurde sie jedoch vom Kreisver­band Hav­el-Nuthe der NPD. Die „Gefan­genen­hil­fe“ gilt als Nach­folgestruk­tur der 2011 ver­bote­nen „Hil­f­sor­gan­i­sa­tion für nationale poli­tis­che Gefan­gene“ (HNG), auch, wenn dies durch die Ver­ant­wortlichen abgestrit­ten wird. Auf­fäl­lig war, dass sich auss­chließlich Pots­damer Neon­azis, auch Tony Schmidt, und ein Vertreter von „Der III. Weg“ mit T‑Shirts der „Gefan­genen­hil­fe“ präsen­tierten – diese waren offen­bar als Hauptorganisator_innen der Ver­anstal­tung aktiv.
Tony Schmidt forderte am Ende der Ver­anstal­tung u.a. mit dem Red­ner Maik Eminger und allen restlichen Versammlungsteilnehmer_innen mit gestreck­ter rechter Faust den „Nationalen Sozialismus“.
Tim Borowski (mit Fackel), Tony Schmidt und Phillipp Hinzmann (beide am Transparent) auf einer rassistischen Demonstration am 6. Dezember 2014 in Wittstock. Schmidt trägt das Transparent der rassistischen Initiative „Ein Licht für Deutschland“
Tim Borows­ki (mit Fack­el), Tony Schmidt und Phillipp Hinz­mann (bei­de am Trans­par­ent) auf ein­er ras­sis­tis­chen Demon­stra­tion am 6. Dezem­ber 2014 in Witt­stock. Schmidt trägt das Trans­par­ent der ras­sis­tis­chen Ini­tia­tive „Ein Licht für Deutschland“

Am 6. Dezem­ber 2014 war Tony Schmidt dann, zusam­men mit u.a. Tim Borows­ki und Philipp Hinz­mann, in Witt­stock an zu tre­f­fen. Dort ver­anstal­tete die örtliche Neon­aziszene am Abend einen Fack­el­marsch, der sich gegen Geflüchtete und das Recht auf Asyl richtete. [2] Schmidt trug dabei das Trans­par­ent der Ini­tia­tive „Ein Licht für Deutsch­land gegen Über­frem­dung“. Dieser Zusam­men­schluss gilt als über­re­gion­al aus­gerichtetes Pro­jekt von „Licht und Schat­ten“ und anderen neon­azis­tis­chen Akteur_innen unter der Führung von Maik Eminger.
Auf einem Neon­azi­auf­marsch von „Der III. Weg“ am 21. Feb­ru­ar 2015 in Eisen­hüt­ten­stadt, angemeldet und organ­isiert von Maik Eminger, war Tony Schmidt zudem als Ord­ner aktiv. Das zeigt, dass er spätestens ab Feb­ru­ar 2015 nicht nur „Mitläufer“ bzw. Teil­nehmer bei „Der III. Weg“ ist, son­dern aktiv Aktio­nen mit vor­bere­it­et und begleitet.
An der Demon­stra­tion beteiligten sich außer­dem die Neon­azis Olaf Ernst (mit Ludwigsfelde-„Gaufahne“), Tobias Mark­graf (mit Trans­par­ent von „Der III. Weg“), Tim Borows­ki und Philipp Hinz­mann (bei­de mit Fahne von „Der III. Weg“) sowie Gabor Grett (mit „Gau­fahne“).
Auch am 1. August 2015 beteiligte sich Tony Schmidt in Zossen und Dams­dorf an kleineren Kundge­bun­gen, die von „Der III. Weg“ organ­isiert wur­den und sich gegen lokale Bau­vorhaben für Geflüchtete­nun­terkün­fte richteten. [3] Zu den ras­sis­tis­chen Het­zver­anstal­tun­gen kamen auch hier neben Tony Schmidt der Neon­azikad­er Maik Eminger, Gabor Grett, Maik Schnei­der, Mar­tin Klahr sowie der Recht­sRock­er Patrick Danz.
Tony Schmidt mit Schild von „Der III. Weg“ am 17. Januar 2016 auf einem Neonazi-Aufmarsch in Genthin
Tony Schmidt mit Schild von „Der III. Weg“ am 17. Jan­u­ar 2016 auf einem Neon­azi-Auf­marsch in Genthin

Am 17. Jan­u­ar 2016 nahm Schmidt an einem Neon­azi­auf­marsch in Gen­thin teil. Er und Tim Borows­ki, Philipp Hinz­mann, Patrick Danz und Mar­tin Klahr sowie weit­ere Kad­er von „Der III. Weg“ dominierten mit ihrer Infra­struk­tur und ihren Beiträ­gen die Demon­stra­tion. [4] Auch der Neon­azi Graziani, der sich zulet­zt mit dem Ver­such der Wieder­bele­bung des gescheit­erten ras­sis­tis­chen Demon­stra­tionspro­jekt „Pogi­da“ ver­suchte, war in Gen­thin vor Ort und trat als Red­ner auf. In Pots­dam nan­nte er sich zulet­zt Eric Graziani Grün­wald – Anfang des Jahres jedoch Sebas­tiano Graziani. [5]
Tony Schmidt (r.), als Ordner für den Schutz des Lautsprecherwagens zuständig, auf einer rassistischen Demonstration am 3. September 2016 in Frankfurt/Oder. Am Mikrofon Pascal Stolle, Kader von „Der III. Weg“
Tony Schmidt (r.), als Ord­ner für den Schutz des Laut­sprecher­wa­gens zuständig, auf ein­er ras­sis­tis­chen Demon­stra­tion am 3. Sep­tem­ber 2016 in Frankfurt/Oder. Am Mikro­fon Pas­cal Stolle, Kad­er von „Der III. Weg“

Neben weit­eren Kundge­bun­gen und Demon­stra­tio­nen beteiligte sich Schmidt zulet­zt am 3. Sep­tem­ber 2016 an ein­er neon­azis­tis­chen Demon­stra­tion in Frankfurt/Oder. Offiziell von der ras­sis­tis­chen Grup­pierung „Frankfurt/Oder wehrt sich“ ini­ti­iert, wurde die Ver­samm­lung jedoch tat­säch­lich durch die neon­azis­tis­che Kle­in­st­partei „Der III. Weg“ organ­isiert. Neon­azis der Partei waren dabei maßge­blich am Ablauf beteiligt. Der Front­block wurde durch Anhänger_innen von „Der III. Weg“ gebildet, die einzi­gen Redner_innen waren eben­so Neon­azis der Partei. Tony Schmidt war als Ord­ner für den Schutz des Laut­sprecher­wa­gens ver­ant­wortlich. [6]
Aktion­is­mus für „Der III. Weg“
Für „Der III. Weg“ ist Tony Schmidt eben­falls abseits von Ver­samm­lun­gen aktiv. Er nimmt an geschlosse­nen Ver­anstal­tun­gen der Partei teil und beteiligt sich an Flug­blatt-Verteilak­tio­nen. Anfang März 2016 verteilte er und weit­ere Neon­azis von „Der III. Weg“ ras­sis­tis­che Flug­blät­ter in Werder (Hav­el). Mit diesen richt­en sie sich gegen eine geplante Unterkun­ft für Geflüchtete in der Stadt. Im dazuge­höri­gen Bericht auf ihrer Web­site beweisen sie eine ekla­tante Bil­dungsre­sistenz und äußern sich unver­hohlen ras­sis­tisch, wenn sie von „volks- und art­frem­den“ Men­schen sprechen – Tony Schmidt teilt dieses Weltbild.
Auch an inter­nen (Bildungs-)Veranstaltungen von „Der III. Weg“ beteiligt sich Schmidt regelmäßig. Beispiel­sweise war er und weit­ere Pots­damer Neon­azis, u.a. Tim Borows­ki, Teil­nehmer an der inter­nen Grün­dungsver­anstal­tung des „Gebi­etsver­band ‚Mitte’“ am 9. Jan­u­ar 2016 in Berlin. Dieser soll als organ­isatorische Dachstruk­tur für die „Stützpunk­te“ der Partei in den Bun­deslän­dern Bran­den­burg, Berlin, Sach­sen, Sach­sen-Anhalt, und Thürin­gen dienen.
Feste Ver­ankerung in der neon­azis­tis­chen Szene – auch privat
Tony Schmidt ist nicht nur auf Kundge­bung und Demon­stra­tio­nen der extremen Recht­en aktiv.
Auch im All­t­ag lebt er seine neon­azis­tis­che Gedanken­welt aus. Er trägt T‑Shirts mit ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Inhal­ten, er ent­fer­nt Aufk­le­ber mit anti­ras­sis­tis­chen und antifaschis­tis­chen Slo­gans und ist in einem stramm neon­azis­tis­chen Szenekreis verankert.
Er ist befre­un­det mit langjährig aktiv­en Neon­azis aus Pots­dam und Umge­bung. Dazu zählen u.a. Gabor Grett, Chris­t­ian Helm­st­edt, Mar­tin Klahr, Chris­t­ian Bushardt, Olaf Ernst und Tim Borows­ki. Außer­dem unter­hält er Kon­tak­te zum Neon­azi Andre Hart­mann, der noch immer für den Fußbal­lvere­in „For­tu­na Babels­berg“ tätig ist. Eben­falls im sportlichen Bere­ich befre­un­det ist Schmidt mit dem Neon­azi Lukas Franz, der für „SG Töplitz 1922 e.V“ Fußball spielte. [8]
Tony Schmidt in der Freizeit
Tony Schmidt in der Freizeit

Sportlich­es Inter­esse hegt Tony Schmidt für Paint­ball und die, zum Teil, neon­azis­tis­chen Hooli­gans des BFC Dynamo, Loko­mo­tive Leipzig sowie Lazio Rom. Darüber hin­aus beken­nt er sich offen zu ras­sis­tis­chen und neon­azis­tis­chen Ini­tia­tiv­en wie „Werder wach auf“ oder „Asyl­hütte in Pots­dam? Nein Danke“. Ver­triebe neon­azis­tis­ch­er Klei­dung, „Thor­shop“ oder „Ans­gar Aryan“, und Recht­sRock, „PC-Records“, gehören eben­so zu Schmidts Inter­esse wie natür­lich seine Partei „Der III. Weg“. Die Aus­prä­gun­gen seines Welt­bildes fasst er selb­st mit einem „Like“ bei „N.S. Jet­zt“ tre­f­fend zusammen.
Tony Schmidt ist ein aktiv­er Neon­azi, der ras­sis­tis­che und völkische Ide­olo­gien nicht nur im Pri­vat­en teilt, son­dern auch auf die Straße trägt. Er ist Teil ein­er Partei, die bewusst faschis­tis­che Sym­bo­l­ik ver­wen­det und eine offen­sichtliche inhaltliche Nähe zur NSDAP sucht. Der Leit­er des „Stützpunk“ von „Der III. Weg“ Maik Eminger, dem Schmidt fol­gt, ist dem Unter­stützer_in­nen-Net­zw­erk des NSU zuzurechnen.
Es stellt sich nun die Frage, ob und wie Tony Schmidt die Wider­sprüche, die sich mit seinem Welt­bild zwangsläu­fig auf­tun, im All­t­ag auflöst. Legt er im Call­cen­ter auf, wenn, in seinen Augen, nicht-Deutsche anrufen? Wie geht er mit, in seinen Augen, nicht-Deutschen Kolleg_innen um? Welchen Zugang zu Dat­en hat er und wie sind Men­schen, die den Call­cen­ter-Ser­vice nutzen und nicht in das men­schen­ver­ach­t­ende Welt­bild Schmidts passen, davor geschützt, dass dieser per­sön­liche Infor­ma­tio­nen ausspäht?
So oder so, ist die Fir­ma, in der er angestellt ist, gut damit berat­en den Neon­azi und Ras­sis­ten Tony Schmidt vor die Tür zu set­zen – auf dass er in Zukun­ft nur noch mit seinen Neonazifreund_innen telefoniert.
 
[1] https://inforiot.de/80-neonazis-jammern-in-brandenburghavel/ und http://apap.blogsport.eu/2015/01/chronik-neonazistischer-und-menschenverachtender-aktivitaeten-in-potsdam-und-umgebung-2014/ und http://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2014/10/26/rechtsextreme-gefangenenhilfe-demonstriert-in-brandenburg-an-der-havel_17355
[2] https://presseservicern.wordpress.com/2014/12/07/wittstockdosse-gespenstischer-fackelmarsch-gegen-asylsuchende-polizei-verhindert-blockaden-proteste-nur-am-rande/
[3] https://presseservicern.wordpress.com/2015/08/01/zossendamsdorf-proteste-gegen-kundgebungstour-des-iii-weges/
[4] https://presseservicern.wordpress.com/2016/01/18/genthin-buergerbuendnis-und-iii-weg-hetzen-gemeinsam-gegen-auslaender/
[5] https://inforiot.de/kein-pogida-comeback/
[6] https://inforiot.de/633429–2/
[7] http://arpu.blogsport.eu/2015/10/13/verstrickungen-ins-neonazistische-milieu-fortuna-babelsberg-bewegt-sich-nicht/ und http://arpu.blogsport.eu/2015/02/25/lukas-franz-organisierter-neonazi-in-der-sportgemeinschaft-toeplitz-1922-e‑v/

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