Mit unserer heutigen Besetzungsaktion möchten wir auf einige Häuser aufmerksam machen, die entweder ihrem Verfall preisgegeben werden oder die wieder einmal nicht nach Konzept sondern nach Höchstgebot verkauft werden.
Private Investor*innen wie Semmelhaack, Kirsch, Jauch, Joop und Plattner dominieren seit Jahren das Geschäft auf dem Potsdamer Immobilienmarkt und sind somit Hauptakteure der Gentrifizierung, der Veränderung des Stadtbildes. Sie rauben so den innerstädtischen Bereichen ihre Diversität. Sie bauen sich die Stadt nach ihren Vorstellungen, in welchen für die meisten Menschen kein Platz mehr vorgesehen ist, da ihnen der „bezahlbare“ Wohnraum weggenommen wird. Systematisch kaufen diese Investor*innen seit mehr als zwanzig Jahren den Wohnungsbestand an Altbauten aus dem öffentlichen und damit allen gehörenden Eigentum auf, sanieren diesen teuer worauf dieser Wohnraum dann zu Preisen weiter vermietet wird, den sich die meisten Menschen, auch die welche bereits vor der Privatisierung dort lebten, nicht mehr leisten können oder leisten wollen.
In Berlin wird aufgrund dieser auch dort stattfindenden existenzbedrohenden Entwicklungen für viele „normale“ Menschen bereits diskutiert, ob nicht eines der größten Immobillienunternehmen der Stadt, die Deutsche Wohnen¹, enteignet werden müßte. Während an das gleiche Unternehmen von der Stadt Potsdam die neue Wohnsiedlung in Krampnitz für um die 10000 Menschen zur geschäftsträchtigen Entwicklung vergeben wurde. Auch für dieses neue Wohnquartier gibt es keine Mietobergrenze, die Deutsche Wohnen möchte sich (Achtung Konjunktiv!) an 8,50€ Kaltmiete lediglich orientieren. Potsdams Finanzdezernent Exner (SPD)erläuterte damals im MAZ-Interview²: „Wir haben Zielgrößen miteinander vereinbart. Die Deutsche Wohnen hat selbst ein Interesse, diese Mieten – durchschnittlich 8,50€ netto kalt pro Quadratmeter — zu erreichen.“
Die Deutsche Wohnen besitzt derzeit rund 111.500 Wohnungen und verfolgt mit diesem riesigen Immobilienbestand gewinnorientierte kapitalistische Geschäftspolitik. Das Einzige was die Parteipolitiker*innen derzeit mit der DW und den anderen Immobillien-Geschäft betreibenden Investor*innen besprechen und vereinbaren sind die kleinen und großen Vorteile, die bei solchen Entscheidungen für beide Vertragspartner*innen heraus springen. Doch es geht uns hier momentan weniger um die DW sondern um die Pro Potsdam, deren Geschäftsgebaren für den Potsdamer Immobillienmarkt seit Jahren viel problematischer ist. Eigentlich soll dieses städtische Immobillien-Unternehmen durch die Stadtverordneten kontrolliert werden, jedoch stellt sich immer wieder heraus, dass die gewählten Volksvertreter*innen von den Machenschaften der Pro Potsdam kaum oder keine Kenntnis haben und offensichtlich auch kein Interesse haben dies gemäß ihrem selbst postulierten Wähler*innen-Auftrag zu ändern. Denn obwohl vor langer Zeit durch die StVV ein Vorrang bei der Veräußerung von städtischem Immobilienbesitz nach Konzept und nicht immer nach Höchstgebot beschlossen wurde, ist dieser Beschluss in der Praxis das Papier nicht wert auf dem er steht. Allein in den vergangenen 12 Monaten haben sich mehrere Gemeinschaften um den Erwerb von städtischen Immobilien mittels
gemeinschaftlichem Wohnkonzept beworben. Bei keinem der drei Begehren (Projekt Goethestraße, Projekt Potsdamer Straße in Bornim) ist daraus etwas geworden. Zugleich aber kann Jauch ein Dreiviertel der Spornstraße (fünf Mietshäuser in einem Paket) aus städtischem Besitz erwerben, diese entmieten und gewinnbringend gentrifizieren.
Es gab und gibt zahlreiche Projekte in Potsdam, die auf der Suche nach Häusern sind um dort vom Gewinnstreben durch Miete abseits liegende Frei- und Wohnräume zu schaffen, welche die Stadt und die Menschen dringend brauchen. Menschen die bereits viel Engagement in die Suche nach Häusern gesteckt haben. Menschen die bereit sind mit ihrer eigenen Hände Arbeit Häuser wieder bewohnbar zu machen, zu Kosten die eben nicht explodierende Mietsteigerungen nach sich ziehen um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Eine gesellschaftliche Aktivität und Einflussnahme, die eigentlich zu den Aufgaben der Politiker*innen zählen sollte. Stets werden von diesen große Reden
geschwungen und versprochen, Objekte eben nicht mehr nach Höchstgebot, sondern nach Konzept zu vergeben. Doch folgen diesen Lippenbekenntnissen keine Taten. Unsere Wahl der Objekte zu dieser direkten politischen Aktion soll auch auf die zuletzt gescheiterten Versuche und damit das Scheitern der Stadtpolitik in den Fokus rücken.
Potsdam hat eine hohe Lebensqualität, solange du dir finanziell die stetig steigenden Mieten leisten kannst. Auf die Frage was dem Menschen wichtig ist um die Stadt als lebenswert zu empfinden scheiden sich die Geister anhand der Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen. Die Bourgeoisen sind verrückt nach rosa Plastefassade zum anglotzen und stetig schööön bläken, während den darunter liegenden sozialen Schichten das gemeinschaftliche / öffentliche Eigentum entzogen wird, so geschehen beim Kampf um die Fachhochschule vor zwei Jahren. Es waren tausende Bewohner*innen der Stadt die ihren Protest dagegen auf Unterschriftenlisten zum Ausdruck brachten, von denen viele auch aktiv an den verschiedenen Protestaktionen teilnahmen. Genutzt hat es nichts. Die bestehenden bürgerlichen Machtpositionen wurden und werden durchgesetzt, auch gegen eine sich wehrende Stadtgesellschaft. Politische und basisdemokratische Partizipation sind hier partout ausgeschlossen. Die Gräben zwischen lokaler Parteipolitik und der Ablehnung der Mitbestimmung durch breite Teile der Stadtgesellschaft wurden hier einmal mehr als deutlich und das, bis hin zum Gebaren, von zumindest Teilen der Linken Partei im Potsdamer Stadtparlament. Die Entmündigung von großen Teilen der Stadtbevölkerung erinnert dabei leider an DDR Zeiten. Auch hier wurden die Abrisse trotz und wider einer sich regenden Stadtgesellschaft durchgezogen. War es damals jedoch fast unmöglich seinen Unmut zum Ausdruck zu bringen ist es uns heute erlaubt. Und wir werden dafür noch gehätschelt mit Aussagen wie: ‘Euer Engagement stärkt unsere Demokratie’. Eine wirkliche Einflussnahme ist institutionell, heute wie damals, jedoch
ausgeschlossen. Gesellschaftliche Mehrheiten ebenso wie gute Konzepte werden strikt abgelehnt. Allein der politische Machtanspruch wird durchgesetzt. Das ist keine demokratische Stadtpolitik, obwohl aus der Geschichte gelernt hätte werden können um solche Fehler nicht zu wiederholen, wurde und wird nicht in den Dialog getreten und Vorschläge aus der engagierten Stadtgesellschaft nicht in Erwägung gezogen. Und derlei Ansätze gab es viele : Stadtmitte für alle, Proteste gegen die Garnisonkirche, FH Besetzung, Mietenstopp Demos, Bürgerbegehren etc. Stattdessen werden die Engagierten kriminalisiert, sei es durch überzogene Polizeipräsenz bei den verschiedenen
Protestaktionen oder durch Prozesse gegen die FH-Besetzer*innen. Demonstrierende werden von der Polizei tätig angegriffen und später vor Gericht gezerrt. Es stehen unbewaffnete, ungeschützte Menschen hochgerüsteten Polizist*innen in voller Kampfmontur gegenüber. Diese sollen mit dem neuen Polizeigesetz nun noch mit weiteren Rechten und Waffen ausgestattet werden. Es braucht wahrhaftig keine AfD um den Polizeistaat weiter auszubauen.
Dennoch machen wir weiter, denn Besetzungen sind und waren ein probates Mittel um sich Räume zu erkämpfen und auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. Denn eine Mitbestimmung und Partizipation der Stadtgesellschaft bei wesentlichen Fragen der Stadtgestaltung und Wohnraumentwicklung sind bis heute Utopie. Wenn jedoch so etwas wie eine erfolgreiche Einflussnahme auf derzeit brennende Fragen der Stadtgestaltung geschieht, wie jetzt etwa beim Erhalt des Minsk, ist es mehr als perfide, dass es erst dem Gönnertum eines Milliardärs bedarf, um das umkämpfte Gebäude zu erhalten. Die Machtlosigkeit des Kampfes der Mittellosen wird konterkariert dadurch, dass sich der Milliardär mittels seiner unendlichen monetären Mittel ein weiteres Denkmal in die Stadt setzen kann. Und das als Folge breiten gesellschaftlichen Engagements und Protestes, dessen Teil dieser nie war. Und nun sollen wir wieder klatschen und dankbar sein. Unsere Absichten sind jedoch ganz andere: Erhalt und Nutzung des Gesellschaftlichen Eigentums durch die Stadtgesellschaft und nicht Privatisierung und Zurschaustellung des persönlichen Reichtums. Wobei wir wieder bei Anglotzen und schön sagen sind, wenn es um die zukünftige Besichtigung der Plattner DDR Kunstschätze geht. Die Widersprüche wie auch die Absurdität der kapitalistischen Gesellschaft treten hier unverkennbar zutage und rufen nach ihrer Auflösung. Die linke Szene in dieser Stadt sorgt für ein vielfältiges soziokulturelles Miteinander und diverses
Leben in der Stadt. Längst nicht Allen reichen Spaziergänge in der Parklandschaft und ein monatlicher Besuch des Barberini um wieder nur zu glotzen und schööön zu sagen.
In vielen Städten Europas gibt es Entwicklungen, welche Hausprojekte und alternative Kulturobjekte bedrohen. Der Druck auf dem Immobilienmarkt scheint in Potsdam so krass wie nirgends in Deutschland. Rückt ab von eurem kapitalistischen Denken zur geschäftsträchtigen Verwertung jeglichen Wohnraums, sowie der weiteren Übereignung des städtischen und damit der Stadtgesellschaft gehörenden Wohneigentums. Eure Aufgabe ist es, dieses im und zum Wohle der Stadtbevölkerung zu verwalten und es nicht immer wieder den Investor*innen zu übereignen. Die oben genannten Potsdamer Investor*innen sind doch Fürsten von heute, deren Reichtum an Immobilienbesitz und ihrem Agieren als Gentrifizierer paradoxerweise auf der seit über 25 Jahren andauernden Übereignung des ehemals öffentlichen uns allen gehörenden Eigentums basiert.
Wir wollen hier wieder leben können, ohne den steten Druck auf Miete und Wohnung!
Potsdamer*innen, kämpft für euren Willen und eure Rechte, solidarisiert euch!
Kein Geschäft mit der Miete, wohnen ist Existenzrecht!
Für kulturelle Freiräume und eine solidarische Gesellschaft!
Stopp der Bourgeoisie und ihrem kapitalistischen Verwertungsdenken!