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HIV nicht mehr geduldet

Aus­län­der­be­hör­den in Bran­den­burg und das Ver­wal­tungs­gericht Potsdam
ver­schär­fen Asylpolitk: Bere­its abgelehnte Asyl­be­wer­ber kön­nen Aids kaum
mehr als Dul­dungs­grund gel­tend machen

Zwei Asyl­be­we­ber aus Afri­ka sind trotz ihrer HIV-Infek­tion von der
Abschiebung bedro­ht. Die Anträge auf Dul­dung ein­er 24-jähri­gen Frau und
eines 25-jähri­gen Mannes liegen ein­er Aus­län­der­be­hörde in Bran­den­burg und
dem Ver­wal­tungs­gericht Pots­dam vor. Nach dem Aus­län­derge­setz kön­nte eine
Infek­tion mit den Erregern der Immun­schwächekrankheit jedoch als “eine
erhe­blich konkrete Gefahr für Leib oder Leben” gew­ertet wer­den und somit ein
Abschiebestopp erwirkt werden. 

Auf­grund mehrerer Gespräche mit zuständi­gen Per­so­n­en befürchtet die
Rech­tan­wältin Chris­tine Thomas-Khaled jedoch, dass die Dul­dung abgelehnt und
die Infek­tion der Afrikan­er nicht als Abschiebung­shin­der­nis nach Para­graf 53
Absatz 6 des Aus­län­derge­set­zes gew­ertet wird. 

In ein­er Stel­lung­nahme vom 7. Juli auf eine Anfrage der Anwältin zum Fall
der 24-Jähri­gen wertet das zuständi­ge Bun­de­samt für die Anerkennung
aus­ländis­ch­er Flüchtlinge eine HIV-Infek­tion nicht als erhe­bliche konkrete
Gefahr. “Bish­er fehlen jedoch vor­liegend ein­deutige Nach­weise darüber, dass
der Klägerin bei ihrer Rück­kehr in ihr Heimat­land der sichere Tod oder
schw­er­ste Beein­träch­ti­gun­gen ihrer kör­per­lichen Unversehrtheit dro­ht.” Die
Flüchtlinge müssten beweisen kön­nen, dass sie “unmit­tel­bar”, also innerhalb
ein­er Frist weniger Wochen, an Aids stür­ben. “Unser Prob­lem ist, dass wir
keine Beweise haben”, erk­lärt die Anwältin Thomas-Khaled. Der Kon­takt zu
abgeschobe­nen Flüchtlin­gen gehe meist verloren. 

Die Frage, weshalb eine Aidsin­fek­tion im Hin­blick auf die schlechtere
medi­zinis­che Ver­sorgung in afrikanis­chen Staat­en nicht als “Beein­träch­ti­gung
der kör­per­lichen Unversehrtheit” gelte, wollte die Geschäfts­führung des
Bun­de­samts nicht beant­worten. “Keine Stel­lung­nahme zu laufend­en Verfahren”,
so lautet die Devise. “Wir han­deln gemäß der Recht­sprechung des
Bun­desver­wal­tungs­gericht­es”, betonte die Geschäfts­führung des Amtes in
Potsdam. 

Ger­ade die medi­zinis­che Ver­sorgung stellt für Car­men Val­divia von der
Berlin­er Aid­shil­fe ein schw­er­wiegen­des Prob­lem dar. “Selb­st wenn einige
afrikanis­che Staat­en offiziell zu den Län­dern mit Aidsmedika­menten zählen,
sind diese schlecht ver­füg­bar”, so Val­divia. Das heißt: Entwed­er sind sie zu
teuer oder aus Grün­den der schlecht­en Infra­struk­tur für Men­schen aus
ländlichen Regio­nen nicht erre­ich­bar. “Ohne Medika­mente bricht das
Immun­sys­tem zusammen.” 

Ein medi­zinis­ches Empfehlungss­chreiben des Robert-Koch-Insti­tuts in Berlin
kommt eben­fall­szu dem Schluss, dass eine “HIV-Infek­tion bei den Betroffenen
in der Regel ohne anti­retro­vi­rale Behand­lung früher oder später unweigerlich
zum Tode führt”. Aus medi­zinis­ch­er und human­itär­er Sicht, so das Institut,
kön­nten keine Bedin­gun­gen definiert wer­den, unter denen eine Abschiebung in
ein Land vertret­bar sein kön­nte, in dem solche Behandlunsgmöglichkeiten
nicht zur Ver­fü­gung stün­den. Für das Bun­de­samt ändert dies jedoch nichts an
der, so wörtlich, “Ausle­gung des Tatbe­standes des Para­grafen 53 Absatz 6”. 

Es begrün­det seine Posi­tion zudem damit, dass die Gefährdung durch eine
HIV-Infek­tion im Falle ein­er Abschiebung keine indi­vidu­elle Bedro­hung für
Afrikan­er darstelle, da im Abschiebe­land viele Men­schen von der Krankheit
bedro­ht seien. “Es ist all­ge­mein kundig, dass die Immun­schwäche Aids, an der
die Klägerin lei­det, eine zumal in Afri­ka ver­bre­it­ete Krankheit ist; die
Zahl der HIV-Infizierten ist dort beson­ders groß.” 

Anwältin Thomas-Khaled, die seit sechs Jahren im Afri­ka-Cen­ter Berlin
Asylver­fahren juris­tisch betreut, sieht hin­ter dieser Argumentation
poli­tis­ches Inter­esse: “Wir haben in Bran­den­burg eine Ten­denz dahin,
Flüchtlinge mit HIV nicht mehr zu dulden.” Gefährdet seien vor allem
Aid­skranke in den so genan­nten Sta­di­en A1 oder A2; das sind Infizierte, die
noch keine Krankheitssymp­tome zeigen wie im Fall der bei­den Afrikaner. 

Vor eini­gen Jahren noch hätte man Abschiebestopps leichter erre­ichen können,
so die Erfahrung von Thomas-Khaled. “Moralisch ist das nicht mehr tragbar”,
find­et die Anwältin. Indiz für die Ten­denz ein­er härteren Lin­ie gegen
Aid­skranke, sei auch die Diskus­sion über all­ge­meinpflichtige HIV-Tests für
Flüchtlinge, wie sie in Bay­ern bere­its prak­tiziert werden.

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Transparente mit rechtsextremen Inhalten sichergestellt

An der Brücke an der Bun­de­sauto­bahn 20 (km 326,230 in Fahrtrichtung
Auto­bahnkreuz Uck­er­mark) wur­den am frühen Fre­itag­mor­gen durch Bürg­er zwei
3,75 x 1,25 m sowie 1,70 x 1,60 m nebeneinan­der ange­brachte Trans­par­ente mit
weißem Unter­grund und schwarz­er Schrift fest­gestellt. Rechtsextreme
Schriftzüge befan­den sich auf den Trans­par­enten, welche durch die Polizei
sichergestellt und eine Anzeige gemäß § 86 a StGB gefertigt.

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Schönbohm bleibt hart bei Asyl

Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) hat sich erneut gegen die
Bil­dung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion für die von Abschiebung bedrohten
Aus­län­der aus­ge­sprochen. Ein solch­es Gremi­um werde es in der bis Herb­st 2004
laufend­en Leg­is­laturpe­ri­ode nicht geben, antwortete Schön­bohm auf eine
par­la­men­tarische SPD-Anfrage. Damit scheint es auch für den jüng­sten Fall,
der Abschiebung ein­er seit zehn Jahren in Forst leben­den Fam­i­lie aus dem
Koso­vo (die RUNDSCHAU berichtete), keine Bleibe­möglichkeit mehr zu geben. 

Der Innen­min­is­ter ver­wies darauf, dass die große Koali­tion einvernehmlich
beschlossen habe, eine solche Kom­mis­sion für umstrit­tene Fälle nicht zu
bilden. Die Lan­desregierung set­ze sich weit­er­hin für eine differenzierte
bun­de­sein­heitliche Härte­fall­regelung ein. 

Danach müsse in Fällen, in denen die Durch­set­zung des gel­tenden Rechts für
betrof­fene Aus­län­der eine beson­dere und unzu­mut­bare Härte darstellt, der
weit­ere Aufen­thalt in der Bun­desre­pub­lik ermöglicht wer­den, betonte
Schön­bohm. Auch der Land­tag habe bere­its mehrfach Anträge auf die
Ein­rich­tung ein­er Härte­fal­lkom­mis­sion mehrheitlich abgelehnt. 

Außer­dem hät­ten die Koali­tions­frak­tio­nen die Lan­desregierung aufgefordert,
die Ver­weil­dauer von Aus­län­dern, die zu einem Aufen­thalt in Deutschland
nicht berechtigt sind, deut­lich zu verkürzen und rechtskräftige
Abschiebun­gen zeit­nah umzuset­zen, erk­lärte der CDU-Politiker. 

Angesichts der sich häufend­en Fälle von Kirchenasyl hat­te die PDS im Landtag
wieder­holt eine Härte­fal­lkom­mis­sion gefordert. Dabei erhielt sie auch von
Teilen der SPD Unter­stützung. Daneben set­zt sich seit Jahren die Kirche für
die Schaf­fung eines solchen Gremi­ums ein. Nach Schätzun­gen leben in
Bran­den­burg mehr als 100 aus­ländis­che Fam­i­lien, die akut von Abschiebung
bedro­ht sind und damit ein­er ungewis­sen Zukun­ft entgegensehen. 

Für die sech­sköp­fige Fam­i­lie Cikaj aus der Spree-Neiße-Kreis­stadt Forst, die
weit­er in Deutsch­land leben möchte, ist damit die Abschiebung nach Pristina
nahezu besiegelt. Die Fam­i­lie, deren Kinder zum Teil in Deutsch­land geboren
wur­den, hier zur Schule gehen und aufgewach­sen sind, hat die sich bietenden
rechtlichen Möglichkeit­en aus­geschöpft und hofft jet­zt bis zum 4. September
auf ein Wun­der. Vater Iljaz hat­te gegenüber der RUNDSCHAU erk­lärt, dass die
Fam­i­lie im Koso­vo vor dem Nichts ste­hen werde.

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Auch die rechten Schläger lieben warme Nächte

Im Schnitt wer­den täglich min­destens zwei Men­schen Opfer von Angriffen 

Wenn es draußen warm wird, wenn die Jugendlichen sich im Freien zum Saufen
tre­f­fen und durch Skin­head-Musik auf­putschen, dann entwick­eln sich jene
grup­pen­dy­namis­chen Prozesse, aus denen her­aus sich rechte Gewalt entwickelt.
“Immer im Som­mer eskaliert die rechte Gewalt”, so der Berlin­er Politologe
Hajo Funke, im Som­mer tre­ffe man sich auf Volks­festen oder am Bag­gersee und
habe dann die ganze, warme Nacht noch vor sich. Zahlen bele­gen dies, in den
Monat­en Mai bis August ist die Wahrschein­lichkeit, Opfer rechter Gewalt zu
wer­den, wesentlich höher als in der kalten Jahreszeit. Im Win­ter 1999/2000
etwa gab es nur halb so viel Gewalt­tat­en wie im nach­fol­gen­den Som­mer, im
Jahr darauf genauso. 

Vor drei Jahren riefen Poli­tik­er, Intellek­tuelle und Kün­stler den “Auf­s­tand
der Anständi­gen” aus, weil sich Mel­dun­gen über recht­sex­treme und
frem­den­feindliche Straftat­en häuften. Die öffentliche Empörung darüber ist
abgek­lun­gen, in den Medi­en wird kaum noch berichtet, von der politischen
Agen­da ist das Prob­lem ver­schwun­den. Dabei hat rechte Gewalt seit­dem kaum an
Brisanz ver­loren. 15 951 recht­sex­trem­istis­che Straftat­en, davon 998
Gewalt­tat­en, zählte das Bun­deskrim­i­nalamt im Jahr 2000, dem Jahr der
öffentlichen Empörung. Im Jahr 2002 waren es 10 902 Straftat­en und 772
Gewalttaten. 

Auch wenn die Zahlen nicht unmit­tel­bar ver­gle­ich­bar sind, weil in der
Zwis­chen­zeit die Erhe­bungsmeth­o­d­en verän­dert wur­den, zeigt sich doch:
Täglich wer­den in Deutsch­land im Durch­schnitt zwei Men­schen Opfer rechter
Gewalt. Die Dunkelz­if­fer ist groß. Im ver­gan­genen Jahr reg­istri­erte die
Polizei beispiel­sweise in Bran­den­burg 81 recht­sex­treme Gewalt­tat­en, der
Pots­damer Vere­in Opfer­per­spek­tive, der seit 1998 Opfer rechter Gewalt
unter­stützt, doku­men­tiert hinge­gen 121 Angriffe, 50 Prozent mehr. 

Für den Poli­tolo­gen Funke wird immer deut­lich­er, dass Poli­tik und
Gesellschaft vor drei Jahren ein “ober­fläch­lich­es Stro­hfeuer” entfacht
hät­ten, ohne über die tat­säch­lichen Ursachen zu disku­tieren. Die
aus­län­der­feindliche und gewalt­bere­ite All­t­agskul­tur sei nicht aufgebrochen
wor­den, so Funke, “der Schwel­brand wurde nicht eingedämmt”. 

Auch in diesem Jahr geht die Gewaltwelle weit­er. Nach Angaben des
Bun­desin­nen­min­is­teri­ums gab es im ersten Hal­b­jahr diesen Jahres 245 rechts
motivierte Gewalt­tat­en, wobei hier es sich hier­bei nur um eine vorläufige
Sta­tis­tik han­delt, die erfahrungs­gemäß durch Nach­mel­dun­gen und Korrekturen
noch erhe­blich ansteigen wird. 

Ein Todes­opfer rechter Gewalt hat es in diesem Jahr bere­its gegeben. Am 27.
Jan­u­ar starb in Erfurt der 48-jährige Hart­mut Balzke nach einer
Auseinan­der­set­zung zwis­chen Punks und polizeibekan­nten Recht­en. Balzke hatte
seinen Sohn zwei Tage zuvor zu ein­er Punker-Par­ty begleit­et. Dort wurde er,
als er mit Punks auf der Straße stand, über­raschend von ein­er größeren
Gruppe Recht­sex­tremer ange­grif­f­en. Zeu­gen fan­den Hart­mut Balzke und einen
26-jähri­gen Punk blutüber­strömt und mit schw­eren Kopfver­let­zun­gen auf der
Straße. Die Obduk­tion ergab, dass die tödlichen Ver­let­zun­gen Folge eines
Sturzes waren.

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In Potsdam häufen sich Meldungen über rechtsextreme Gewalt

Es sollte ein schön­er Abend wer­den. “Som­mer­fe­rien­mäßig” hat­te sich Robert
mit einem Fre­und und ein­er Fre­undin in einem Pots­damer Park an der Havel
unweit des Haupt­bahn­hofes niederge­lassen, Bier getrunk­en, gequatscht,
gescherzt. Doch wenn sich der 18-jährige Gym­nasi­ast an jenen Mittwoch im
Juli erin­nert, dann wird er wortkarg, spricht über seine Angst, über
Dro­hun­gen und Prel­lun­gen sowie darüber, dass er nim­mer damit gerech­net habe,
Opfer rechter Gewalt zu werden. 

Es begin­nt mit einem harm­losen Wortwech­sel, eher flap­sig stre­it­en sich die
drei am Fluss mit eini­gen Recht­en, die in der Nähe standen. Doch plötzlich
wächst die Gruppe auf über 20 Per­so­n­en an. Ein Faustschlag trifft Robert
unver­mit­telt im Gesicht. Später wird die Polizei erk­lären, die Gruppe und
der stark alko­holisierte Haupt­täter Chris­t­ian J. hät­ten gezielt die
Auseinan­der­set­zung gesucht. In Panik springt Robert ins Wass­er der Nuhte,
die hier in die Hav­el mün­det. “Schnappt euch den Blonden” heißt sodann die
Parole, die dieser so schnell nicht vergessen wird. 

Der Angriff ist gut organ­isiert, drei Rechte ver­hin­dern, dass Robert auf der
anderen Seite wieder aus dem Wass­er klet­tern kann. Chris­t­ian J. springt
hin­ter her und drückt Robert unter. Unendlich lange kam es Robert vor, er
spricht von ein­er Minute. Nach­dem er sich in Tode­sangst aus der Umklammerung
befre­it hat und aufge­taucht ist, fragt ihn der grin­sende Chris­t­ian J.:
“Haste wieder Luft” und schlägt erneut auf ihn ein. Auch sein Fre­und René
kann ihm nicht helfen, er wird zur sel­ben Zeit von zwei anderen Rechten
zusam­mengeschla­gen. Nur die hil­flose zuschauende Fre­undin lassen die
Angreifer in Ruhe. Erst als die Polizei anrückt, ver­suchen die Täter zu
fliehen; verge­blich, den Beamten gelingt es, ihre Per­son­alien festzustellen. 

All­t­ag in Ost­deutsch­land. “Pots­dam ist ein Schw­er­punkt rechter Gewalt”, sagt
Clau­dia Luzar vom Vere­in “Opfer­per­spek­tive”. Seit zwei Jahren häuften sich
in der bran­den­bur­gis­chen Lan­deshaupt­stadt die Gewalt­tat­en, 14 waren es nach
Angaben von “Opfer­per­spek­tive” im ver­gan­genen Jahr, acht in den ersten
sieben Monat­en diesen Jahres. So wur­den Mitte Juli drei Verbindungsoffiziere
aus Kroa­t­ien, Rumänien und den Nieder­lan­den von stark angetrunkenen
Angreifern geschla­gen und getreten, weil sie in ein­er Straßenbahn
miteinan­der Englisch sprachen. Ende Juli wurde eine 38-jährige Afrikanerin
an ein­er Hal­testelle von einem 21-jähri­gen ras­sis­tisch beschimpft und ins
Gesicht geschla­gen. “In Pots­dam gibt es mehr Angriffe als in anderen Städten
Bran­den­burgs”, sagt Clau­dia Luzar. Doch die Pots­damer Polizei widerspricht.
“Deut­lich rück­läu­fig” seien die ein­schlägi­gen Straftat­en, erklärt
Polizeis­prech­er Rudi Son­ntag, die Stadt sei “kein aus­ge­sproch­en­er Brennpunkt
im recht­sex­trem­istis­chen Geschehen”. Dabei bestre­it­et auch der Verein
“Opfer­per­spek­tive” nicht, dass es in Pots­dam mehr zivilgesellschaftliches
Engage­ment und mehr anti-ras­sis­tis­che Ini­tia­tiv­en als in anderen Städten
Ost­deutsch­lands gibt, überdies viele linke und alter­na­tive Jugendliche. 

Robert und René ver­ste­hen sich selb­st als “eher unpoli­tis­che”, sie hören
gerne Heavymet­all, fühlen sich der Grufti-Szene ver­bun­den, tra­gen mit
Vor­liebe schwarze Klam­ot­ten, seine Haare trägt René punker­mäßig abstehend.
Allein das ist für viele Skin­heads eine Pro­voka­tion. Im Dorf Michendorf
unweit von Pots­dam, wo René zu Hause, stand schon mal die rechte Clique vor
seinem Eltern­haus und skandierte “Punker­schwein, wir kriegen dich”. 

Die “kul­turelle Hege­monie” in Pots­dam ist umkämpft, sagt Clau­dia Luzar,
anders als in den meis­ten ländlichen Regio­nen Ost­deutsch­lands. Rechte
Cliquen ver­sucht­en sich hier mit Gewalt Freiräume zu erkämpfen. Gerade
deshalb wür­den nicht nur Immi­granten und Flüchtlinge zu Opfern, son­dern eben
auch nicht-rechte, vor allem Punks. Doch hier fehlt den Zuständi­gen die
nötige Sen­si­bil­ität. Auch der Angriff auf Robert und René wird von der
Polizei als nor­male Schlägerei bagatel­lisiert. Einen rechtsextremistischen
Hin­ter­grund schließt sie aus. Dabei ist der Haupt­täter Chris­t­ian J. unter
anderem wegen Kör­per­ver­let­zung vorbe­straft. Als Sym­bol sein­er Gesinnung
schmückt ihn ein Reich­sadler-Tat­too. Der Pots­damer Haupt­bahn­hof ist sein
Revi­er, hier trifft er sich regelmäßig mit Gesinnungsfreunden. 

Als René dem Schläger dort ein paar Tage nach dem Angriff begeg­net, stellt
sich ihm dieser frech in den Weg und tönt selb­st­be­wusst “ja, man sieht mich
immer noch”. Eine tele­fonis­che Beschw­erde des Vere­ins Opfer­per­spek­tive bei
der Polizei führt zu nichts. Denn anstatt dafür zu Sor­gen, dass der Bahnhof
nicht länger ein Tum­melplatz für rechte Schläger bleibt, fiel der
zuständi­gen Kom­mis­sarin nichts Besseres ein, als dem Betrof­fe­nen zu raten,
diesen zukün­ftig zu meiden.

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Fax-Kampagne zur Verhinderung der Abschiebung von Orabi Mamavi


Opfer­per­spek­tive e.V.

Aufruf vom 11.08.2003

Ora­bi Mamavi, der 41-jährige Asyl­be­wer­ber aus Rathenow, der 1997 und 2002 Opfer ras­sis­tis­ch­er Gewalt wurde, soll am 4. Sep­tem­ber 2003 abgeschoben wer­den. Auf Empfehlung des Peti­tions-Auss­chuss­es hat­te die Ausländerbehörde
des Land­kreis­es Havel­land die für den 24. Juli geplante Abschiebung
aus­ge­set­zt, damit das Strafver­fahren gegen den Angreifer vom Dezem­ber 2002
voll­ständig abgeschlossen wer­den kon­nte. Der Täter, der 26-jährige Mar­co D.
aus Rathenow, wurde am 22. Juli zu ein­er Bewährungsstrafe von vier Monaten
Haft und ein­er Geld­buße von 500 Euro verurteilt. Das Urteil wurde eine Woche
später recht­skräftig. Die Aus­län­der­be­hörde hat nun einen neuen Ter­min für
die Abschiebung fest­ge­set­zt, den 4. September. 

Wir lassen nichts unver­sucht, das Unrecht der Abschiebung eines Opfers ras­sis­tis­ch­er Gewalt zu verhindern. 

Über einen Asyl­fol­geantrag für Ora­bi Mamavi ist noch nicht entsch­ieden. Bei
ein­er Abschiebung nach Togo wäre Ora­bi Mamavi hochgr­a­dig von Ver­haf­tung und
Folter bedro­ht, da deutsche Behör­den seinen Mit­glied­sausweis einer
Oppo­si­tion­spartei an die togole­sis­che Botschaft weit­ergeleit­et haben. 

Der Antrag auf ein sicheres Bleiberecht in Form ein­er Aufenthaltsbefugnis
wurde von der Aus­län­der­be­hörde abgelehnt. Mamavis Anwalt hat gegen die
Entschei­dung Wider­spruch ein­gelegt. Rechtlich möglich (nach § 30.3 AuslG
i.V.m. §§ 54, 55.2 AuslG bzw. nach § 30.1 AuslG) wäre die Gewährung einer
Aufen­thalts­befug­nis durch das Innen­min­steri­um. Vom Kirchenkreis Kyritz, der
Ora­bi Mamavi beis­te­ht, von der Lan­desaus­län­der­beauf­tragten Almuth Berg­er und
vom Vere­in Opfer­per­spek­tive wur­den Peti­tio­nen für eine Bleiberecht von Orabi
Mamavi an den Land­tag gerichtet, die im Aus­gust behan­delt wer­den sollen.
Es ist völ­lig ungewiss, wie die Behör­den und das Innenministerium
entschei­den wer­den. Für Ora­bi Mamavi ist diese Zeit der Ungewissheit
unerträglich. Die Angst vor der dro­hen­den Abschiebung ver­stärkt seine
Trau­ma­tisierung, die er von den Angrif­f­en und dem Leben in Rathenow erlitten
hat. Er lei­det unter Schlaf­störun­gen, unter den Bildern der rassistischen
Angriffe wie auch unter den Bildern der Folter, der er in Togo ausgesetzt
war, er lei­det unter Depres­sio­nen und ist sehr verängstigt, wie das
Trau­mather­a­piezen­trum Xenion feststellte. 


Die Zeit drängt. Jede und jed­er kann einen Beitrag leis­ten, um die dro­hende Abschiebung zu verhindern.
Schick­en Sie einen Fax-Appell an den Innenminister.

Vorschlag für ein Protestfax

Hier ein Textvorschlag für den Appell: 


[Name und Anschrift nicht vergessen!] 

An das

Min­is­teri­um des Innern

des Lan­des Brandenburg

Her­rn Min­is­ter Jörg Schönbohm

Hen­ning-von-Tresck­ow-Str. 9–13

14467 Potsdam 

Sehr geehrter Herr Minister, 

ich wende mich an Sie mit einem drin­gen­den Appell. Der togole­sis­che Asyl­be­wer­ber Ora­bi Mamavi aus Rathenow soll am 4. Sep­tem­ber 2003 abgeschoben wer­den. Herr Mamavi, der seit neun Jahren in Rathenow lebt, wurde in den Jahren 1997 und 2002 Opfer frem­den­feindlich motiviert­er Gewalt­tat­en. Noch
heute ist er von den Angrif­f­en trau­ma­tisiert. Aus Angst vor weit­eren Angrif­f­en und auf­grund des frem­den­feindlichen Kli­mas in Rathenow war seine Bewe­gungs­frei­heit erhe­blich eingeschränkt. 

Ich bin wegen der dro­hen­den Abschiebung von Her­rn Mamavi sehr besorgt. Ich appel­liere an Sie, in diesem Fall Ihre beson­dere Ver­ant­wor­tung für ein Opfer
frem­den­feindlich­er Gewalt wahrzunehmen und Her­rn Mamavi aus poli­tis­chen und human­itären Grün­den ein Bleiberecht zu gewähren. 

Den frem­den­feindlichen Angrif­f­en liegt die Moti­va­tion der Täter zugrunde, Aus­län­dern ein Aufen­thalt­srecht in Deutsch­land gewalt­tätig zu bestre­it­en. In Rathenow haben Recht­sradikale eine weit­ge­hende Vertrei­bung von Ausländern
aus dem öffentlichen Raum erre­icht. Ich würde es als ein beson­deres Unrecht betra­cht­en, wenn der Staat den frem­den­feindlichen Täter den Gefall­en täte, den Betrof­fe­nen abzuschieben. 

Nach mein­er Überzeu­gung hat Herr Mamavi ein Bleiberecht als Aus­gle­ich für die Angriffe und ihre bedrück­enden psy­chis­chen und sozialen Fol­gen verdient.
Damit wür­den Sie ein Zeichen der Sol­i­dar­ität mit Opfern rechtsextremer
Gewalt set­zen, das auch als eine deut­liche Äch­tung des Ras­sis­mus verstanden
würde. Die Wirkung der Angriffe würde damit umgekehrt, als ein klares Signal
an die Täter, dass sie ihre men­schen­ver­ach­t­en­den Ziele nicht erreichen. 

Sehr geehrter Herr Schön­bohm, Sie haben die Befug­nisse, in diesem Fall das
Unrecht ein­er Abschiebung zu ver­hin­dern. Ich fordere Sie auf, entsprechend
ein­er human­itär ver­stande­nen Gerechtigkeit zu entscheiden. 

hochachtungsvoll 

[Datum und Unterschrift] 


So wirds gemacht

Schickt den Brief mit dem oben ste­hen­den Text an die angegebene Adresse des Innen­min­is­teri­ums oder entwerft einen eige­nen Brief. Vergesst nicht Euren Namen, Eure Anschrift und Eure Unterschrift. 

Oder: schickt ein Fax an die Num­mer 0331 866 2666 (Innen­min­is­teri­um Potsdam)
Auf fol­gen­den Web­sites kön­nt Ihr kosten­los Faxe verschicken: 

fax­en-online,

TCP-Fax,

deno­tos (nur 480 Zeichen),

Harz­ER­mo­bile

Mailt unbe­d­ingt eine Kopie Eures Briefes oder Fax­es an die Opferperspektive.
Gebt bitte in der Mail an uns an, ob Ihr ein­ver­standen seid, dass Euer Name
und Euer Wohnort in einem öffentlichen Appell an den Innenminister
veröf­fentlicht wird. Schickt bitte das Fax oder den Brief so schnell wie möglich. Die Zeit drängt. 

Für Rück­fra­gen ste­hen wir unter 0171 1935669 gerne zur Verfügung. 

Das Team der Opferperspektive 

www.opferperspektive.de


Frem­den­feindlich motivierte Angriffe auf Ora­bi Mamavi

Ora­bi Mamavi lebt seit 1994 in Rathenow und ist in dieser Zeit mehrfach Opfer frem­den­feindlich motiviert­er Gewalt­tat­en gewor­den. Über die unmit­tel­bare Schädi­gung der Angriffe hin­aus wirk­ten diese Angriffe in Rich­tung auf eine Ver­drän­gung und Vertrei­bung der ganzen Gruppe der Asyl­be­wer­ber aus dem öffentlichen Raum in Rathenow. 

Der Angriff 1997

1997 wurde Ora­bi Mamavi zum ersten Mal Opfer ein­er schw­eren frem­den­feindlich motivierten Gewalt­tat. An einem Sam­stag Abend, es war entwed­er im April oder im Sep­tem­ber, die Angaben darüber gehen auseinan­der, war er zusam­men Noure­dine I., Kom­lan M. und Assouma R., drei weit­eren togole­sis­chen Asyl­be­wer­bern, in der Diskothek “Lemuria” in Rathenow. Die Auseinan­der­set­zung begann, als ein Recht­sradikaler I. durch einen feind­seli­gen Blick provozierte und ihm ins Gesicht spuck­te. Ein zweit­er Recht­sradikaler kam hinzu und schub­ste I. Als die drei anderen Togole­sen ihrem Lands­mann zu Hil­fe eilen wollen, ver­wies die Secu­ri­ty sie des Lokals. Am Ein­gang umringte eine Menge von etwa 20 recht­sradikal ori­en­tierten jun­gen Män­nern die Gruppe der Asyl­be­wer­ber. Diese ver­sucht­en, die Recht­sradikalen zu beschwichti­gen, doch als M. auf sein Fahrrad stieg, um zu fliehen, trat ihm ein Recht­sradikaler in die Seite, so dass er auf den Boden fiel. Mamavi, I. und Kom­lan M. ver­sucht­en wegzu­laufen, was R. wegen ein­er Gehbe­hin­derung nicht möglich war. Er wurde von einem Recht­sradikalen geschla­gen. Eine Angestellte der Diskothek brachte ihn in Sicher­heit und rief die Polizei, die jedoch etwa eine halbe Stunde brauc
hte, um am Tatort einzutr­e­f­fen. Die drei anderen wur­den auf ihrer Flucht von den Ver­fol­gern am Ein­gang der Diskothek einge­holt, Mamavi und Kom­lan M. wur­den geschla­gen. Mamavi erlitt eine Prel­lung im Brust­bere­ich, Kom­lan M. ein Hämatom am Auge. Doch es gelang ihnen, sich freizu­machen und auf die Straße zu laufen. Die Gruppe der Recht­sradikalen ver­fol­gte sie auch da. Mamavi traf auf der Flucht zwei türkische Asyl­be­wer­ber aus dem Heim Hei­de­feld. Ein­er nahm Mamavi auf dem Fahrrad bis zum Bahn­hof mit, von wo aus Mamavi weit­er zu Fuß bis Hei­de­feld ran­nte. Am näch­sten Mor­gen um 7 Uhr gin­gen Mamavi, I. und Kom­lan M. zusam­men mit den bei­den türkischen Asyl­be­wer­bern zurück zur Diskothek, um ihre Fahrräder abzu­holen, die sich auf der Flucht zurück­lassen mussten. In Höhe Kau­fland schnitt ihnen ein mit vier Män­nern beset­zter VW Golf den Weg ab. Die Insassen set­zen zum Angriff auf die Asyl­be­wer­ber an, doch diese kehrten fluchtar­tig um, zurück zum Heim. 

Obwohl die Heim­leitung von den Angrif­f­en unter­richtet wurde, wur­den diese Straftat­en von der Polizei offen­bar nicht ver­fol­gt. Es fan­den keine Vernehmungen der Opferzeu­gen statt. Die Wieder­auf­nahme der Ermit­tlun­gen im Juni 2003 endete mit ein­er Ein­stel­lung wegen Verjährung. 

Für viele Asyl­be­wer­ber in den Rathenow­er Heimen war die Ver­fol­gungs­jagd des 25. April 1997 ein gravieren­der Ein­schnitt. Kon­nten sie sich bis dahin noch rel­a­tiv frei in der Stadt bewe­gen oder in die Diskothek gehen, so wurde seit­dem ihre Bewe­gungs­frei­heit durch Angst vor neuen Angrif­f­en erhe­blich eingeschränkt. Viele gin­gen nur noch in das Stadtzen­trum zum Einkaufen, und das auch nur in Grup­pen. Nach eige­nen Aus­sagen lebten viele Asyl­be­wer­ber seit diesem Zeit­punkt in Rathenow “wie in einem Gefängnis”. 

Wieder­holte Pöbeleien und Bedrohungen

Dass sie selb­st beim Einkaufen bei Tages­licht nicht sich­er sind, mussten Mamavi und I. im Früh­som­mer 2001 erfahren, als sie beim “Mul­ti­store” von ein­er Gruppe von vier bis fünf Recht­sradikalen mit “Hey, Neger” angepö­belt wur­den. Ein tätlich­er Angriff, zu dem die jun­gen Män­ner schon ange­set­zt hat­ten, kam es nur nicht, weil drei weit­ere Afrikan­er Mamavi und I. zu Hil­fe kamen. 


Vor weni­gen Monat­en wurde Mamavi erneut Opfer ein­er frem­den­feindlich motivierten Gewalttat.

Der Angriff von 2002

Am Vor­mit­tag des 23.12.2002 war Mamavi zusam­men mit dem togole­sis­chen Asyl­be­wer­ber Tro­nou D. zu Schneeräu­mar­beit­en in der Berlin­er Straße einge­set­zt. Ein junger Mann kam auf sie zu und beschimpfte sie als “Scheiß-Neger”. Als sich die bei­den von ihm ent­fer­n­ten, fol­gte er ihnen und fuhr mit den Beschimp­fun­gen fort. Er redet in aggres­sivem Ton auf sie ein: “Was machst du hier? Geh zurück in dein Land! Wie viel kriegst du für diese Scheiß-Arbeit? Sag mal! Sag mal!” Dann trat er D. gegen das Knie und schlug Mamavi mit der Faust drei Mal ins Gesicht. Der Angreifer stürzte mit Mamavi auf den Boden, wo eine Rangelei begann, aus der Mamavi sich jedoch befreien kon­nte. Als Mamavi Polizei rief, ent­fer­nte sich der Mann. Mamavi trug von den Schlä­gen Prel­lun­gen im Gesichts­bere­ich und ein Hämatom am Auge zu. Eine schon vor der Tatzeit beste­hende Augen­erkrankung wurde so ver­schlim­mert. Der Täter, der 26-jährige Mar­co D. aus Rathenow, wurde am 22.07.2003 wegen Kör­per­ver­let­zung und Belei­di­gung zu ein­er Haft­strafe von vier Monat­en auf Bewährung und ein­er Geld­buße von 500 Euro verurteilt. 

Zusam­mengestellt nach Infor­ma­tio­nen der Betroffenen.

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Familie spielt in der Spaßgesellschaft keine Rolle”

(Berlin­er Zeitung, 14. August 2003) Jörg Schön­bohm hat mit seinen 65 Jahren das Alter erre­icht, in dem andere
Men­schen in Rente gehen. Doch Innen­min­is­ter Schön­bohm, zugle­ich märkischer
CDU-Lan­deschef, denkt nicht ans Aufhören. 2004 zieht er noch ein­m­mal in den
Land­tagswahlkampf. Nun mis­cht sich der Ex-Gen­er­al auch in die Debat­te um die
Gen­er­a­tio­nen­gerechtigkeit ein. 

Bran­den­burg ist bald das Bun­des­land mit der durch­schnit­tlich ältesten
Bevölkerung in Deutsch­land. Bere­its 2015 wird jed­er vierte Brandenburger
über 65 Jahre alt sein. Kann da das Gemein­we­sen noch funktionieren?

Ich denke ja, aber das ver­langt Mut zu Verän­derun­gen. Mit der Überalterung
geht eine erhe­blich Abwan­derung der Bevölkerung in Teilen Brandenburgs
ein­her. Das ist das eigentliche Prob­lem, denn das hat Kon­se­quen­zen für die
Schul­ver­sorgung, für Kranken­häuser, für die Feuer­wehr und für die Sicherheit
der Bürg­er. Diese Entwick­lung wird forciert durch eine rot-grüne
Bun­de­spoli­tik, die dafür sorgt, dass sich die Schere zwis­chen Ost und West
seit Jahren wieder öffnet. 

Hört in den Berlin-fer­nen Regio­nen der Staat bald auf Staat zu sein, weil er
sich dort ein­fach nicht mehr flächen­deck­end organ­isieren kann?

Diese Gefahr sehe ich nicht. Der Staat wird seine Auf­gaben wie Sicherheit
und Schul­bil­dung aufrecht erhal­ten. Aber er muß seine Bürg­er zuweilen mehr
in die Ver­ant­wor­tung nehmen. 

Den­noch: Verteilungskämfe zwis­chen den Regio­nen des Lan­des, auch zwischen
Jung und Alt sind pro­gram­miert. Bil­dungsauf­gaben wer­den kün­ftig womöglich
gegen die zunehmenden Kosten für die Altersver­sorgung aufgerech­net. Der
Vor­sitzende der Jun­gen Union, Philipp Mißfelder, hat bere­its öffentlich
darüber nachgedacht, ob die Krankenkasse einem 85-Jähri­gen noch ein
kün­stlich­es Hüft­ge­lenk bezahlen soll…

Mißfelders Aus­sagen sind töricht und zynisch. Die Diskus­sion um die
Gen­er­a­tio­nen­gerechtigkeit ist über­fäl­lig, aber jet­zt wird sie emotional
über­lagert und dadurch nicht forciert, son­dern ver­hin­dert. Ältere Mitbürger
sagen zu Recht, wir waren Flüchtlinge und wir haben Deutsch­land wieder
aufge­baut, und jet­zt wollt Ihr uns noch nicht ein­mal einen würdigen
Lebens­abend genehmigen. 

Ihr alter Parteifre­und Kurt Biedenkopf ist da ander­er Mei­n­ung. Er hat den
Jung­poli­tik­er Mißfelder in einem Inter­view gelobt.

Klar ist: Das jet­zige Sozial­sys­tem ist an sein­er Leis­tungs­gren­ze. Doch es
ist ethisch nicht zu recht­fer­ti­gen, das Hüft­ge­lenk des 85jährigen gegen die
Zahn­be­hand­lung des 23jährigen aufzurech­nen. Es darf nicht sein, dass
Men­schen ab einem bes­timmten Alter keine medi­zinis­chen Leis­tun­gen mehr
bekom­men. Die Men­schen, die in der DDR gelebt haben, wis­sen ja noch, dass
die medi­zinis­che Ver­sorgung sehr stark davon abhing, wie alt man war. Über
65 gab es keine Dial­yse-Behand­lung mehr. 

Muss nicht auch die ältere Gen­er­a­tion in der jet­zi­gen Lage stärk­er Verzicht
üben?

Sich­er. Vielle­icht muss aber auch die jün­gere Gen­er­a­tion weniger Ansprüche
stellen. Ich bin zu ein­er Zeit zur Schule gegan­gen, da gab es kein
Kindergeld und kein Bafög. Ich habe mir in der Ober­stufe mein Geld während
der Ferien auf dem Bau ver­di­ent. Die nach­fol­gen­den Gen­er­a­tio­nen hingegen
machen eine län­gere Aus­bil­dung und kriegen finanzielle Unter­stützung vom
Staat. 

Worauf wollen Sie hinaus?

Wir alle müssen mehr leis­ten und weniger fordern. Wir wer­den diesen
Wohl­stand nicht mehr durch­hal­ten: Möglichst wenig arbeit­en, möglichst viel
Freizeit und Geld. Das ist nicht mehr drin. 

Viele junge CDU-Poli­tik­er bekla­gen eine gewisse Vol­lka­sko-Men­tal­ität der
älteren Gen­er­a­tion. Zu Recht?

Nein. Ich gehöre auch der älteren Gen­er­a­tion an. Ich glaube, dass ein großer
Teil der jün­geren Gen­er­a­tion eine viel größere Vol­lka­sko-Men­tal­ität hat. Im
West­en wird die Renten­ver­sicherung seit Mitte der 50er Jahre vom
Gen­er­a­tio­nen­ver­trag getra­gen. Damals hat man es nicht für möglich gehalten,
dass die Geburten­rate der näch­sten Gen­er­a­tion wesentlich niedriger ausfallen
wird. Ich habe ja selb­st drei Kinder zwis­chen 30 und 40 Jahren. 

Was sagen die dazu?

Die sagen, sie müssen sich pri­vat ver­sich­ern, weil sie nicht mehr daran
glauben, dass dieser Gen­er­a­tio­nen­ver­trag funk­tion­iert. Während mein­er Zeit
als Offizier hat darüber nie­mand geredet. 

Hat die Poli­tik ger­ade in West­deutsch­land das Kinderkriegen in den
ver­gan­genen Jahrzehn­ten zu wenig begünstigt?

Die Poli­tik hat sich viel zu sehr an die Spaßge­sellschaft angebiedert.
Kinder und Fam­i­lien spie­len darin keine Rolle. Aktive Bevölkerungspolitik
wurde in Deutsch­land lange Zeit tabuisiert — wegen des Nationalsozialismus
und dem damit ein­herge­hen­den Mut­terkult. Es gab die dum­men Sprüche wie
Kinder für den Führer. In der west­deutschen Umbruchssi­t­u­a­tion von 68 und
danach ist dann eine Insti­tu­tion ver­teufelt wor­den, die mit Kindern doch
sehr viel zu tun hat: Die Fam­i­lie. Heutzu­tage heißt es nun, dass die
Kindertages­be­treu­ung nicht aus­re­icht. Wenn das zuträfe, müsste Brandenburg
dank seines Betreu­ungsange­bots ger­adezu einen Baby­boom erleben, doch die
Geburten­rate steigt nur langsam wieder an. Die Frage ist für mich vielmehr,
ob nicht die Fam­i­lie mehr im Mit­telpunkt der Poli­tik ste­hen muss. Die
Investi­tion in Kinder ist wirk­lich das Wichtig­ste, aber dabei geht es nicht
nur um Geld, son­dern auch um per­sön­lich­es Engagement. 

Sie wür­den lieber ein wesentlich­es höheres Fam­i­lien­geld zahlen als das
herkömm­liche Kindergeld?

Ja. Wir haben eine unglaublich hohe Kitagläu­bigkeit. Eltern lieben ihre
Kinder mehr als Erzieherin­nen — warum sollen sie dann nicht die finanzielle
Frei­heit erhal­ten, für ihre Kinder die richtige Betreu­ungs­form auszuwählen?
Heutzu­tage ist mir vieles zu beliebig. Wenn etwa der Regierende
Bürg­er­meis­ter von Berlin sich out­et, ist das seine Sache. Wenn er aber beim
Christo­pher Street Day demon­stra­tiv auf dem ersten Wagen mit­fährt, ohne
dafür zu sor­gen, dass in Berlin auch mal etwas anderes geschieht, nämlich
ein Fest für die Fam­i­lien, dann halte ich das für falsch. Hier wird
missver­standene Tol­er­anz und Akzep­tanz ja bald zum Pflicht­pro­gramm. Auch die
Homo-Ehe halte ich in diesem Zusam­men­hang für nicht richtig, weil sie die
Fam­i­lie als Ver­ant­wor­tungs­ge­mein­schaft von Eltern und ihren Kindern
untergräbt. 

Das Gespräch führten Mar­tin Kles­mann und Andrea Beyerlein.

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Das Bollecamp lädt ein

Vom 29. bis zum 31. August find­et auf dem Kessel­berg das Bolle Camp statt. Dort sollen — so die Organ­isatorIn­nen (“zwis­chen Green­peace und Antifa”) neue Ideen besprochen, Pro­jek­te ges­tartet, ver­net­zt und disku­tiert werden. 

Ange­sprochen wer­den sollen sozial, ökol­o­gisch und poli­tisch engagierte Jugendliche. So heißt es im Aufruf: 

Ob du nun Bäume pflanzt oder den Cas­tor block­ierst; ob du dich gegen Globalisierung
ein­set­zt, mit deinem Jugend­klub ein Solikonz­ert für Chi­a­pas organ­isierst oder mit
Tauschring und Food Coop ein Stück weit Alter­na­tiv­en zu leben ver­suchst; ob du den
alltäglichen Ras­sis­mus bekämpf­st oder ein­fach nur das Gefühl hast, daß in dieser Welt vieles nicht so bleiben kann wie es ist: Dann komm zu Bolle.

Geplant sind auf dem Camp unter anderem Work­shops und Diskus­sio­nen. Natür­lich soll auch genug Raum für Musik, Vokü und die Selb­stor­gan­i­sa­tion des Cam­plebens bleiben. Welche The­men Schw­er­punkt des Camps wer­den ist weit­ge­hend offen gehal­ten, das Inter­esse und Engage­ment der Teil­nehmerIn­nen ist also gefragt. 

Mit einem ähn­lichen, sehr offe­nen Konzept fand das Bol­le­camp bere­its im let­zten Jahr am Stad­trand von Krem­men statt. Damals nah­men nur wenige Men­schen teil. 

Alle nöti­gen Infos zur Mit­machen und zur Anmel­dung gibt es auf der Web­seite www.bollecamp.de. Die Num­mer des Infotele­fons lautet (0331) 95.11.971. Ort des Geschehens ist — wie erwäh­nt — der Kessel­berg in Neu Zit­tau in der Nähe von Erkner.

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Homos in Brandenburg

Das schwulles­bis­che Mag­a­zin “Siegessäule” aus Berlin wid­met seine aktuelle Aus­gabe ganz dem Land Bran­den­burg. In fünf Reporta­gen wird etwa über eine Les­ben-WG in Pots­dam, die schwulles­bis­che Szene in Cot­tbus, eine Frauenko­op­er­a­tive in der Land­wirtschaft oder über das schwierige Com­ing Out in der Kle­in­stadt Wolters­dorf berichtet. Ergänzend gibt es Veranstaltungs‑, Aus­geh- und Aus­flugstipps sowie Inter­views und eine Samm­lung von Webadressen. 

Der Bran­den­burg-Schw­er­punkt der Siegessäule ist auch im Inter­net ein­se­hbar: www.siegessaeule.de.

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Bilder und Video vom Frierock-Festival

Das Umbruch Bil­darchiv aus Berlin war beim Frie­rock-Fes­ti­val vor Ort und hat Fotos geschossen sowie ein Video gedreht. Unter der Webadresse www.umbruch-bildarchiv.de ist das Mate­r­i­al abruf­bar. Weit­ere Bilder gibt es auf den Seit­en des Dos­tos aus Bernau unter www.dosto.de. Das DIY-Fes­ti­val find­et nun­mehr seit vier Jahren statt, auch in diesem Jahr wur­den über das Woch­enende mehrere hun­dert BesucherIn­nen gezählt.

Inforiot