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Nazi-Anschlag: Die Fahnder verlieren die Hoffnung

Vor drei Jahren explodierte ein Brand­satz an der Trauer­halle des jüdis­chen Fried­hofs in Pots­dam. Die Täter blieben bis­lang unbehelligt

(Tagesspiegel, Frank Jansen) Pots­dam. Der Brand­satz war sim­ple, aber ziem­lich per­fide Baste­lar­beit. Zwei
mit Ben­zin gefüllte Tetra­packs und eine Kerze steck­ten in einem Papp­kar­ton, direkt vor der hölz­er­nen Hin­tertür der Trauer­halle des jüdis­chen Fried­hofs in Pots­dam. Irgend­wann am Mor­gen des 8. Jan­u­ar 2001 ging die Werkelei in
Flam­men auf. Der Brand zer­störte die linke Hälfte der Dop­peltür, Qualm­wolken ver­rußten die ganze Halle und schwärzten die Außen­fas­sade. Der Anblick rief
Entset­zen her­vor, weit über Bran­den­burg hin­aus. Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm eilte zum Tatort und kündigte “fin­ster entschlossen” die Ver­fol­gung der
Brand­s­tifter an, keine Woche später zog Gen­er­al­bun­de­san­walt Kay Nehm die Ermit­tlun­gen an sich. 10000 Mark Beloh­nung wur­den aus­ge­set­zt. Doch drei Jahre danach ist die Tat noch immer nicht aufgeklärt. 

Und mit ihr eine ganze Serie von Ver­brechen ein­er mys­ter­iösen “Nationalen Bewe­gung”, die auch auf dem jüdis­chen Fried­hof ein wüstes Pam­phlet hin­ter­ließ. Im Gegen­satz zu der son­st hohen Aufk­lärungsquote bei
recht­sex­tremer Gewaltkrim­i­nal­ität ste­hen Bun­de­san­waltschaft und Lan­deskrim­i­nalamt in diesem beson­ders schw­er wiegen­den Fall mit leeren Hän­den da. Die Beamten rück­ten zu zahllosen Razz­ien gegen die braune Szene aus, observierten poten­zielle Tatverdächtige und schnit­ten reichlich
Tele­fonate mit. Das Ergeb­nis fasst die Sprecherin des Gen­er­al­bun­de­san­walts, Frauke-Katrin Scheuten, in einem kar­gen State­ment zusam­men: “Der Sach­stand ist unverän­dert, die Ermit­tlun­gen dauern an.” 

In den Bran­den­burg­er Sicher­heits­be­hör­den glaubt allerd­ings kaum jemand an einen Fah­n­dungser­folg. Allerd­ings nicht, weil die “Nationale Bewe­gung” beson­ders pro­fes­sionell aufge­treten ist. Vielmehr ist der Abstand zur der
Straftatenserie inzwis­chen so groß, dass neue Indizien und Hin­weise auf Tatverdächtige fast schon einem Wun­der gle­ichkä­men. Denn die obskure Truppe, vielle­icht auch nur ein einziger Neon­azi, ist selt­samer­weise nach einer
let­zten Dro­hung am 30. Jan­u­ar 2001 nie mehr in Erschei­n­ung getreten. 

Fast genau ein Jahr hat­te sich die “Nationale Bewe­gung” ausge­to­bt: ein Kom­mu­nalpoli­tik­er bekam Dro­hbriefe, Hak­enkreuz­fah­nen wur­den an eine Brücke und ein Wer­begerüst gehängt, anti­jüdis­che Parolen gesprüht, schließlich
bran­nten türkische Imbisse in Klein­mach­now, Treb­bin und Stahns­dorf. Und dann stand die Tür der Trauer­halle des Pots­damer jüdis­chen Fried­hofs in Flam­men. Die Polizei zählte ins­ge­samt 16 Tat­en, fast immer bekan­nte sich die
“Nationale Bewe­gung” mit einem Brief oder Anruf zur Tat. Warum dann plöt­zlich nichts mehr kam, kurz nach­dem sich Gen­er­al­bun­de­san­walt Nehm eingeschal­tet hat­te, bleibt rätselhaft. 

Im März 2001 glaubten die Ermit­tler, sie seien ganz nah an den Tätern dran. Bei Pots­dam wur­den die Woh­nun­gen zweier Neon­azis durch­sucht und größere Men­gen Schwarzpul­ver gefun­den. Doch die Indizien reicht­en nicht aus. War die
Szene gewarnt? Im Feb­ru­ar 2001 hat­te ein recht­sex­tremer V‑Mann des Bran­den­burg­er Ver­fas­sungss­chutzes eine Polizeirazz­ia an einen Neon­azi ver­rat­en. Den in Sicher­heit­skreisen zu hören­den Ver­dacht, der
Ver­fas­sungss­chutz habe einen Spitzel in der “Nationalen Bewe­gung” geführt und tor­pediere die Ermit­tlun­gen, weist das Innen­min­is­teri­um als “groteske Falschbe­haup­tung” zurück. Und verkün­det, “wir wer­den erst lock­er lassen,
wenn die Täter hin­ter Schloss und Riegel sitzen”. 

Der Pots­damer Rab­bin­er Nachum Pres­man glaubt, die Polizei habe alles getan, um die Brand­s­tifter nach dem Anschlag auf den Fried­hof zu ermit­teln. Dann erwäh­nt Pres­man die Angst der einge­wan­derten Juden: “Wenn sie draußen sind, sprechen sie rus­sisch nur ganz leise. Damit es nie­mand hört.”

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Rechtsextremistische Zettel auf Friedhof in Teltow gefunden

Die Krim­i­nalpolizei des Polizeiprä­sid­i­ums Pots­dam ermit­telt zu ein­er Straftat auf dem Städtis­chen Fried­hof am Wein­bergsweg in Tel­tow. Am Mon­tag­mit­tag wur­den auf dem Fried­hof im Bere­ich des Gedenksteins für die
gefal­l­enen Sol­dat­en der Sow­je­tarmee mehr als 100 A 4‑Zettel mit recht­sex­trem­istis­chen und anti­semi­tis­chen Losun­gen und Nazi-Sym­bol­en aufge­fun­den. Auf mehr als 80 davon waren Sym­bole wie Hak­enkreuze und SS-Runen aufge­malt. Die Polizei hat Anzeige wegen des Ver­dachts der Volksver­het­zung und der Ver­wen­dung von Kennze­ichen verfassungswidriger
Organ­i­sa­tio­nen aufgenom­men und bit­tet um Mithilfe. 

Wer hat im Bere­ich des Fried­hofs Beobach­tun­gen gemacht, die mit der Straftat
in Verbindung ste­hen könnten? 

Zweck­di­en­liche Hin­weise nimmt das Pots­damer Polizeiprä­sid­i­um unter der Bürg­ertele­fon­num­mer 0700 33 33 0331, bzw. jede andere Polizei­di­en­st­stelle entgegen.

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Aktionsbündnis wählt Nachfolger Wischnaths

POTSDAM. Der evan­ge­lis­che Super­in­ten­dent Heinz-Joachim Lohmann aus Witt­stock soll neuer Vor­sitzen­der des Aktions­bünd­niss­es gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit wer­den. Die Wahl als Nachfolger
des erkrank­ten Cot­tbuser Gen­er­al­su­per­in­ten­den­ten Rolf Wis­chnath ist für den 20. Jan­u­ar vorge­se­hen, teilte das Aktions­bünd­nis am Mon­tag mit. Weit­ere Kan­di­dat­en seien bis­lang nicht vorgeschla­gen wor­den. Der 41-jährige Theologe
Lohmann ver­tritt seit mehreren Monat­en für Wis­chnath die evan­ge­lis­che Kirche im Aktions­bünd­nis. Der 56-jährige Gen­er­al­su­per­in­ten­dent hat­te den Vor­sitz des Aktions­bünd­niss­es im Som­mer aus Gesund­heits­grün­den niedergelegt und soll wegen der anhal­tenden Erkrankung im April auf eige­nen Wun­sch in den Ruh­e­s­tand ver­ab­schiedet werden.

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Fremdenfeindlichkeit an Schulen rückläufig

An Bran­den­burgs Schulen nimmt die Zahl von Vor­fällen mit einem recht­sex­tremen oder frem­den­feindlichen Hin­ter­grund nach Angaben des Bil­dungsmin­is­teri­ums seit Jahren ab. 

Während es im Schul­jahr 2000/2001 lan­desweit noch 257 der­ar­tige Vorkomm­nisse gegeben habe, seien es im Schul­jahr 2002/2003 noch 117 gewe­sen, sagte Min­is­ter Stef­fen Reiche (SPD) auf eine par­la­men­tarische Anfrage. 

Diese pos­i­tive Entwick­lung entspreche den Unter­suchungsergeb­nis­sen des Insti­tuts für ange­wandte Familien‑, Kind­heits- und Jugend­forschung an der
Uni­ver­sität Pots­dam. Danach ist die Ver­bre­itung recht­sex­tremer Ein­stel­lun­gen unter bran­den­bur­gis­chen Schülern rück­läu­fig. Außer­dem lehn­ten immer mehr
Schüler recht­sex­treme Posi­tio­nen völ­lig ab. 

Reiche führt diesen Erfolg auf das 1998 von der Lan­desregierung entwick­elte Hand­lungskonzept “Tol­er­antes Bran­den­burg” mit seinen mobilen Beratungsteams
und den regionalen Arbeitsstellen für Aus­län­der­fra­gen, Jugen­dar­beit und Schule zurück.

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Neue linke Perspektiven in Lateinamerika?

Sem­i­nar von Fre­itag, den 16., bis Son­ntag, den 18. 

im Hochlland­haus Pots­dam, Gutenbergstr.78

Der Siegeszug des Neolib­er­al­is­mus bringt neue Brüche her­vor. Beson­ders in Lateinameri­ka, wo autoritäre Regierun­gen, Schuldenkrise, Aus­ter­ität­spoli­tik und Pri­vatisierun­gen seit 30 Jahren das Bild bestimmen,
ist die Krise nicht mehr zu überse­hen. In Argen­tinien gab es nach dem Zusam­men­bruch des Finanzsys­tems einen Volk­sauf­s­tand, in Ecuador und Bolivien stürzten über­wiegend indi­gene Bevölkerun­gen den Präsi­den­ten, in
Kolumbi­en gelingt es dem recht­en Uribe-Regime trotz des größten US-Mil­itärhil­fepakets der lateinamerikanis­chen Geschichte nicht, den Wider­stand von sozialen Bewe­gun­gen und Gueril­la zu besiegen. Und in Venezuela schließlich bildet sich – kaum beachtet von der Weltöf­fentlichkeit – ein Trans­for­ma­tion­sprozess her­aus, der viele
Par­al­le­len mit dem Chile unter Sal­vador Allende 1970–73 aufweist:

Lan­dreform, Alpha­betisierungskam­pagne, eine Re-Nation­al­isierung der
Boden­schätze, Stärkung basis­demokratis­ch­er Strukturen. 

Mit drei dieser Prozesse wollen wir uns am Seminarwochenende
auseinandersetzen. 

Pro­gramm

Das (vor­läu­fige) Pro­gramm sieht fol­gen­der­maßen aus: 

Fre­itag, den 16.1. 2004

19 Uhr Vorstel­lungsrunde; im Anschluss schauen und disku­tieren wir den
Doku­men­tarfilm „La Zona“ von dem Pots­damer Filmemach­er Peter Atanas­sow über
ein Gold­gräberge­bi­et in Nordkolumbien 

Sam­stag, den 17.1. 2004

10–11 Uhr: Soziale und poli­tis­che Verän­derun­gen in Lateinameri­ka seit 1950
und der Blick aus Europa darauf. Ein his­torisch­er Abriss mit Blick auch auf
die (manch­mal schiefe) Wahrnehmung der Sol­i­dar­itäts­be­we­gun­gen. Mit Raul
Zelik, Autor 

11 –13 Uhr: Bolivien – der Volk­sauf­s­tand gegen den Ausverkauf des Erdgases
und die neolib­erale Regierungspoli­tik. Mit dem Jour­nal­is­ten Simón Rodríguez
Voltaire, der u.a. im ak und in der Jun­gle World publiziert 

13–15 Uhr Mittagspause 

15 –18 Uhr Uhr: Venezuela – über den Charak­ter der “Boli­var­i­an­is­chen
Revolution”

Doku­men­tarfilm „Eine andere Art ist möglich“ (Ital­ien 2002), danach
Diskus­sion und aktuelle Infos zu den Aneig­nung­sprozessen von unten; mit
Raul Zelik 

Son­ntag, den 18.1.2004

10 — 13 Uhr: Kolumbi­en – Scheit­ert die Regierung Uribe? Im Okto­ber 2003
ver­liert Präsi­dent Uribe bei 15 wichti­gen Ref­er­en­den; in den Kommunalwahlen
fall­en seine Kan­di­dat­en in den wichtig­sten Städten durch. Gleichzeitig
formiert sich erst­mals seit langem eine Mitte-Links-Oppo­si­tion. Neue
Per­spek­tiv­en für einen Frieden mit sozialen Reformen?
Die Kolumbi­enkam­pagne Berlin berichtet und stellt einen praktischen
inter­na­tion­al­is­tis­chen Ansatz vor. Eine “Sol­i­dar­ität von sozialer Bewegung
zu sozialer Bewe­gung”: ein Begleit­pro­jekt für bedro­hte kolumbianische
AktivistInnen. 

13 Uhr Mit­tagessen mit klein­er Auswertung … 

Tech­nix

Anmel­dung zum Sem­i­nar per Mail beim Hochlland­haus über die Adresse hochlland@gmx.de.

Der Teil­nehmerIn­nen­preis für Unterkun­ft, Vol­lverpfle­gung und Programm
beträgt dank der Förderung durch die Bran­den­bur­gis­che Lan­deszen­trale für
poli­tis­che Bil­dung nur 25 Euro (ermäßigt 15 Euro)!

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Es war der falsche Weg”

Michael sitzt in Bran­den­burg in Haft. Der 21-Jährige war ein bru­taler Schläger in ein­er recht­sex­tremen Clique. Ein Präven­tivpro­jekt im Knast ver­sucht Jugendliche wie ihn mit poli­tis­ch­er Arbeit zu erreichen

(TAZ, 3.1., Susanne Sit­zler) Michael ist 21. Er kommt in den Raum, in Jeans und T‑Shirt, als ob es das Nor­mal­ste auf der Welt wäre, im Knast Besuch bekom­men. Sein Händ­e­druck ist
fest. Im Besuch­sz­im­mer ste­hen vier Tis­che, Nelken, ein Aschen­bech­er. Als Michel anfängt zu erzählen, begin­nt sein Fuß nervös zu zit­tern. Und er erzählt, dass er es auch früher nie bemerk­te: wie ihm die Knie zitterten,
bevor er zuschlug. 

Seit einem Jahr sitzt Michael im Gefäng­nis, in ein­er Jugend­haf­tanstalt in Bran­den­burg. Heute ist Zwei-Drit­tel-Tag, der Tag, an dem nur noch ein Drit­tel der Haft vor ihm liegt. Ab heute kön­nte Michael ent­lassen werden,
wenn das Gericht es genehmigt. Michael hat einen Antrag gestellt. Er habe viel nachgedacht und wolle ein anderes Leben führen: ohne Saufen. Ohne die Kumpels, mit denen er von Dorffest zu Dorffest zieht, stets auf der Suche
nach ein­er Schlägerei. 

Michael sieht aus wie ein harm­los­er Typ, aber er war nicht ger­ade zim­per­lich. Mit den Fäusten oder mit den Springer­stiefeln, seine Opfer schlug er kranken­haus­reif. Er sei kein Ans­tifter gewe­sen, sagt er, aber auch kein­er, der dem Stre­it aus dem Weg ging. Zu den vier Malen, die er seit 1998 erwis­cht wurde, könne man “noch 20 Mal drau­fle­gen”. Michaels Blick schweift ins Leere, er macht eine Pause und spricht dann ganz ruhig: “Ich wurde zu Recht bestraft. Es wurde Zeit, dass ich inhaftiert wurde.” 

Als Michael 16 war, fing sein Abstieg an. Der Sport, bis dahin sein größtes Hob­by, inter­essierte ihn nicht mehr. Seine Aus­bil­dung zum Met­all­bauer auch nicht. Er begann zu “gam­meln”, so nen­nt er es heute. Das Wichtig­ste für ihn
waren seine neuen Fre­unde — Kumpels aus der recht­sex­tremen Szene, die er noch von der Schule kan­nte. Michael trug Springer­stiefel und Bomber­jacke, hörte recht­sex­treme Musik, ging zu “Kam­er­ad­schaftsaben­den” und spielte in ein­er Skin­head-Band. Über­all, wo es Ärg­er geben kön­nte, war auch er. Seine Mut­ter wollte keinen Stre­it und tolerierte alles. Der Vater ver­suchte zu disku­tieren, ohne Erfolg. “Die Kumpels waren meine Familie.” 

Was für eine Art von Fam­i­lie, das begreift er erst spät. Unge­fähr vier Monate vor seinem let­zten bru­tal­en Angriff und der Inhaftierung bekommt er Zweifel an den recht­sex­tremen Parolen. “Ich war schon drei Mal in der
Türkei, da hats mir gefall­en.” Irgend­wie merkt er, dass alles nicht zusam­men­passt. Mit dem Skin­head-Dasein habe er sich in etwas “ver­ran­nt”. Michael wollte nicht rechts sein — Michael wollte zuschla­gen: “Wenn man ein paar Mal geprügelt hat, hat man Lust, das wieder zu machen.” Der Hass, den er spürte, sei in der Szene “immer mehr aufge­bauscht” wor­den in Rich­tung Fremdenfeindlichkeit.
Michael sagt heute: “Das war der falsche Weg”, aber
“wo der Hass herkommt, das weiß ich auch nicht.” 

Michaels let­zte Tat: Er war mit Kol­le­gen auf einem Lehrgang. An einem Abend, so erzählt er, habe ihm ein­er der Kol­le­gen Süßigkeit­en geklaut. Wegen dieser Lap­palie kommt es zum Stre­it. Michael wird sauer und will dem anderen “ne
Lek­tion erteilen”. Er ver­set­zt dem Jun­gen einen Schlag, der ihn lebens­ge­fährlich ver­let­zt. Wie es dazu kam, kann Michael nicht erk­lären: “Wenn ich was getrunk­en habe, bin ich nicht Herr mein­er Sinne. Das geht in Sekun­den­bruchteilen, ich weiß nicht, was ich tue. Ich bin so selb­st­gerecht, kann keine Kränkung ertra­gen. Bewusst wird es mir erst, nach­dem es passiert ist.” 

Dass Michael heute über seine Schlägerver­gan­gen­heit spricht, ver­dankt er einem Pro­jekt: dem Pro­jekt “Präven­tive Arbeit mit recht­sex­trem­istisch bee­in­flussten Jugendlichen im Strafvol­lzug des Lan­des Bran­den­burg”. Hinter
dem sper­ri­gen Titel ver­birgt sich ein bis­lang ein­ma­liger Ver­such in Deutsch­land: Jugendliche im Knast mit poli­tis­ch­er Arbeit zu erre­ichen — in allen Anstal­ten eines Bundeslandes. 

Neun Monate war Michael im geschlosse­nen Vol­lzug. “Das ist ver­lorene Zeit. Das bringt nichts, man ist ein­sam und verblödet.” Als er von dem Pro­jekt hörte, war er zunächst skep­tisch. Doch er hoffte, schneller in den offenen
Vol­lzug zu kom­men. Seine Moti­va­tion änderte sich bere­its nach dem ersten Tre­f­fen. Die bei­den Train­er waren ihm sym­pa­thisch. Also ist er dabei geblieben. 

Mit sieben anderen Häftlin­gen hat Michael an dem Kurs teilgenom­men. “Das Train­ing in der Gruppe ist die wichtig­ste Voraus­set­zung für den Erfolg”, sagt ein­er der Kursleit­er, der Sozialar­beit­er ist. Gegen­seit­iges Vertrauen
ist die Basis der Arbeit. Reden, reflek­tieren, Gehor­sam­sori­en­tierun­gen hin­ter­fra­gen, Gegen­bilder auf­bauen. Die Jugendlichen ler­nen, über sich nachzu­denken. Und sie haben eine Gruppe, die zuhört. “Das ist für viele eine
ganz neue Erfahrung”. Eines der wichtig­sten Ziele sei, Ver­ant­wor­tung zu übernehmen. Auf Sprüche wie “Wir waren halt betrunk­en” dürfe man sich nicht ein­lassen, erk­lärt der Trainer. 

Obwohl Michael in ein­er recht­sex­tremen Gruppe aktiv war, gilt er im Gefäng­nis als “Mitläufer”. Der Kurs richtet sich bewusst nicht an den organ­isierten Kern der Szene. Dieser würde, so die Befürch­tung der Ver­ant­wortlichen, die Runde eher als Plat­tform zur poli­tis­chen Agitation
missbrauchen. 

Bei Michael ste­ht die Gewalt­bere­itschaft im Vorder­grund. “Gewalt­täter sind keine Überzeu­gungstäter”, sagt sein Train­er. Deshalb sollen die Jugendlichen
ler­nen, ihre Aggres­sion in den Griff zu bekom­men. Das geschieht in erster Lin­ie durch Gespräche. Wenn die Tat in ihrer Bru­tal­ität nacherzählt wird, ist das für alle Beteiligten oft schw­er auszuhal­ten. Doch nur so könne man
klar machen: Es gibt immer eine andere Möglichkeit — Gewalt geschieht nicht zwangsläu­fig. “Wo ist der Punkt, an dem du aussteigen kön­ntest?” Das ist seine Frage. 

Auch Michael hat nachgedacht. Über sich und wie er bru­tal Men­schen zusam­men­schlug. Dass ihm jedes Mal die Knie zit­terten, das ist für ihn kein belan­glos­es Detail, son­dern ein Stro­hhalm: “Meine Kör­persig­nale sind mir nie
bewusst gewe­sen, jet­zt kann ich vielle­icht im richti­gen Moment sagen: Halt ich muss vor­sichtig sein!” 

Das let­zte Mal, als er am Woch­enende draußen war, habe es wieder irgend­wo eine Schlägerei gegeben. Er habe sich “weggestellt und auch nicht hingeguckt”. Ein klein­er Schritt in die richtige Rich­tung. Ein Anfang. Ob
Michael es auf lange Sicht schaf­fen kann, weiß er nicht. Da gibt es immer noch die alten Kumpels, da gibt es Alko­hol. Sein Train­er glaubt an ihn: “Michael hat den größten Schritt nach vorne gemacht.” Doch Michael sagt:
“Ein biss­chen Angst hab ich schon. Ich weiß nicht, ob es auf Dauer klappt.” Jeden­falls hat er bessere Chan­cen als andere. Er wird wieder in seinem Betrieb arbeit­en kön­nen. Seine Eltern ste­hen hin­ter ihm. “Wenn ich die nicht
hätte, wärs mir egal — dann hätte ich nix mehr zu verlieren.” 

Und was ist mit den Opfern? Darüber kann Michael nicht reden. Er schweigt. Mit­ge­fühl zeigen ist eine Übung, die noch vor ihm liegt. Weil die “eigene Opfer­per­spek­tive ver­drängt wird”, sagt der Sozialar­beit­er, sei es für die
Jugendlichen schwierig, “andere als Opfer zu erken­nen”. Auch nach fast einem Jahr Train­ing ist kein­er voll­ständig geläutert. Im Knast wird aufge­fan­gen, aufgear­beit­et, aufge­baut. Die echte Prü­fung ste­ht noch bevor.

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Joujou — Schwullesbische Party in Potsdam

Am 17.01.04 find­et im Spartacus/ Pots­dam zum ersten Mal eine
schwul-les­bis­che Par­ty statt, zu der wir Euch her­zlich ein­laden möcht­en, zu feiern und Spaß zu haben. 

Wir hof­fen, Euch mit Phillie Deluxe und seinem House /
Dis­co­house Set kuschlige, aber auch crazy, Musik bieten zu
kön­nen in schön­er Atmo­sphäre in unserem liebevoll
deko­ri­erten Haus. 

Beginn der Par­ty ist 23 Uhr, das Ende ist offen und es
kostet 3, Euro Ein­tritt. Ihr find­et uns im Spar­ta­cus in Pots­dam in der Schloßs­traße 13. 

Habt einen schö­nen Abend bei und mit uns (und nicht immer
nur in Berlin 😉 ) und gewin­nt 3 mal 2 Gästelisteplätze,
indem ihr zu pusack@lindenpark.de eine Mail mit dem Stich­wort “Jou­jou” im Betr­e­ff schreibt.

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Schönbohm für Videoüberwachung von Autos

Bran­den­burgs Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) hat sich für eine
flächen­deck­ende Videoüberwachung von Auto-Kennze­ichen aus­ge­sprochen. “Für
mich hat der Schutz der Bürg­er Vor­rang vor dem Schutz der Datenschützer”,
sagte der Minister. 

Die Tech­nik sei effek­tiv und leis­tungs­fähig. Unter welchen Voraussetzungen
die Polizei sie ein­set­zen werde, müsse jet­zt auf Bun­de­sebene diskutiert
wer­den. Unter den Polizeigew­erkschaften des Lan­des sind solche Pläne
allerd­ings umstritten. 

Schön­bohm sagte, es dürfe nichts von vorn­here­in aus­geschlossen wer­den. “Ich
bin mir sich­er, dass eine gute Lösung gefun­den wird. Schließlich geht es um
Ver­brechens­bekämp­fung.” In mehreren Bun­deslän­dern wird derzeit der Einsatz
von Überwachungskam­eras für Autos getestet oder geprüft. Dabei wer­den die
Num­mern­schilder mit Dat­en in Fah­n­dungscom­put­ern der Polizei abgeglichen. 

Der Lan­desvor­sitzende der Polizeigew­erkschaft, Frank Doman­s­ki, sagte: “Aus
unser­er Sicht wäre das die beste Vari­ante, es würde die Polizeiar­beit sehr
vere­in­fachen.” Derzeit sucht­en die Polizis­ten nach der Nadel im Heuhaufen,
mit dem neuen Sys­tem kön­nten beispiel­sweise ban­den­mäßig organisierte
Autodiebe sehr viel leichter gefasst wer­den. Ger­ade in einem Flächen- und
Tran­sit­land wie Bran­den­burg um die Bun­de­shaupt­stadt Berlin als Brennpunkt
von Krim­i­nal­ität wäre ein solch­es Überwachungssys­tem bedeutend. 

Die Gew­erkschaft der Polizei hat dage­gen Bedenken. “Damit könnten
Bewe­gungs­bilder von jedem Aut­o­fahrer geschaf­fen wer­den”, sagte der
Bezirksvor­sitzende Andreas Schus­ter. “Das wäre ein deut­lich­er Schritt hin
zum gläser­nen Bürg­er.” Aus polizeitak­tis­ch­er Sicht wäre ein solch­es System
allerd­ings willkom­men. Damit kön­nten schneller Täter gefasst wer­den. Die
Frage sei, wie hoch man den Daten­schutz bew­erte. “Wir wür­den die
Videoüberwachung nur unter­stützen, wenn, wie bei der Telefonüberwachung,
ganz konkrete Bedin­gun­gen für Anwen­dung und Auswer­tung festgeschrieben
wer­den, damit Polizei und Jus­tiz den Bürg­er nicht abso­lut überwachen
kön­nen.” Zudem dürfte die Tech­nik nur bei schw­eren Straftat­en genutzt
wer­den, etwa bei Geisel­nah­men, nicht aber bei Autodiebstahl.

Inforiot