Beamte der Bundespolizei haben in am Mittwochmorgen am Winterhafen in
Frankfurt (Oder) eine russische Familie aufgegriffen. Die zwei Erwachsenen
und drei Kinder im Alter von zwei, acht und neun Jahren waren zuvor mit
einem Schlauchboot über die Oder gerudert. Dass dabei nichts Schlimmeres
passierte, war pures Glück, denn das zur Oderüberquerung genutzte
Schlauchboot war kaputt. Nach Abschluss aller Maßnahmen wird die Familie an
den polnischen Grenzschutz übergeben.
Autor: redax
Antifabroschüre aktualisiert
Obwohl die Veröffentlichung der ersten Version dieser Broschüre nicht lange
zurückliegt, kommt prompt die Aktualisierung! Wir hätten uns das auch anders
gewünscht, aber die Vorkommnisse der letzten Wochen haben uns dazu veranlasst.
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Also
hiermit gibts weiteres Hintergrundmaterial für alle, die sich den Neonazis in den
Weg stellen wollen. Zum anderen ging es uns darum, das herbeigeredete Bild einer
Gewaltspirale von rechts UND links zu widerlegen. Rechte Aktivitäten gibt es in
Potsdam seit Jahren und die Gewalttaten der letzten Wochen sind beispiellos.
Wir dokumentieren weiterhin Plakate, Aufkleber, Schmierereien, Angriffe, Bedrohungen
von Nazis. Wir sind natürlich auf Zuarbeit angewiesen. Schickt eure Infos doch
einfach an diese Adresse autorinnenkollektivpotsdam(at)yahoo.de
150 traumatisierte Flüchtlinge
Potsdam . Psychisch kranke und traumatisierte Flüchtlinge können in
Brandenburg mit besonderer Aufmerksamkeit rechnen. Ein Bericht der
Landesregierung listet 150 Fälle auf.
Auch wenn die Fallzahl vergleichsweise gering ist, sollen dem Bericht
zufolge die medizinischen Angebote auf die “spezielle Zielgruppe”
ausgerichtet werden. Die Betroffenen kommen aus Kriegs- und
Bürgerkriegsregionen oder haben in ihrer Heimat massives Unrecht und Folter
erlebt. Als Probleme erweisen sich bei ihrer Behandlung “Sprachbarrieren”
und “kulturelle Unterschiede”. Sie können sich laut Bericht bei Diagnose und
Therapie besonders negativ auswirken. Die stationäre Unterbringung der
Patienten in Gemeinschaftsunterkünften ist eine zwiespältige Angelegenheit.
Kontakt- und Betreuungsmöglichkeiten können für Kranke, ihre Mitbewohner und
die Ärzte von Vorteil sein aber auch zu Konflikten führen.
Zum Maßnahmekatalog auf diesen Gebiet gehört laut Bericht der “Aufbau eines
Dolmetscherpools von besonders qualifizierten Sprachmittlern”. Unterstützung
genießt dabei das so genannte Projekt Reis (Regionale Implementierung von
Strukturveränderungen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von
Flüchtlingen). Unter dem Dach von Reis haben sich Helfer
zusammengeschlossen, die sich in mehr als 30 Sprachen auskennen und die bei
der Behandlung traumatisierter Flüchtlinge behilflich sind. Meist stammen
die Helfer selbst aus den einstigen Heimatregionen der Flüchtlinge.
6460 Asylbewerber
Zurzeit erhalten 6460 Menschen im Bundesland Unterstützung nach dem
Asylbewerber-Leistungsgesetz. Über eine Duldung verfügen 4081 Personen. Fast
zwei Drittel der Flüchtlinge sind in Gemeinschaftsunterkünften
untergebracht, 24 Prozent wurden in eine Wohnung eingewiesen und 15 Prozent
haben sich eigenständig eine Unterkunft gesucht.
Die Landesregierung hat im Februar beschlossen, den Ausländer-Beirat durch
eine reguläre Härtefallkommission unter Leitung des einstigen
Verfassungsgerichtspräsidenten Peter Macke zu ersetzen. Dem Rat gehören u.
a. Vertreter der Kirchen und des Innenministeriums an. Das Thema
Härtefallregelung für Ausländer, die mit ihrer Abschiebung konfrontiert
sind, beschäftigte die Landesregierung seit 1999. Pläne, dieses Gremium
schon in der vergangenen Legislaturperiode einzurichten, scheiterten am
Widerstand der CDU.
An die Kommission können sich jene Ausländer wenden, die erwarten, dass ihre
von Amts wegen verfügte Abschiebung nach Einzelfallprüfung eine unzumutbare
Härte darstellen würde. Meist beziehen sich diese “problematischen
Einzelfälle” auf die so genannte Altfallregelung.
Hakenkreuze auf Grabsteinen
Geduldiges Warten im Saal 301 des Potsdamer Amtsgerichtes. Nach der
obligatorischen Viertelstunde war klar: Der Angeklagte ließ Staatsanwalt und
Richter sitzen, die Anklagebank blieb leer.
Michael W. (25, Name geändert) erschien nicht vor Gericht. Er war angeklagt
wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei
Fällen und der Volksverhetzung.
Da der Angeklagte nicht einschlägig vorbestraft ist, wurde auf seine
Vorführung durch die Polizei oder einen Haftbefehl trotz der schwerwiegenden
Vorwürfe verzichtet, zumal der jetzige Schüler und ehemalige
chemisch-technische Assistent nur Mitläufer gewesen sei, wie Richter
Francois Eckardt erklärt.
Der Verantwortung für seine Tat kann er sich dennoch durch Fernbleiben nicht
entziehen, wie es die Haupttäterin Katrin S. (Name geändert) tat, die
eigentlich mit auf die Anklagebank gehörte. Sie nahm sich das Leben,
vermutlich aus Liebe.
Wenn auch nicht als Haupttäter, so war Michael W. doch dabei, hat mitgemacht
und sich strafbar gemacht. Man hatte auf den Friedhöfen in Teltow und
Stahnsdorf in der Zeit vom 14. Juli 2003 bis 17. Januar 2004 Grab- und
Denkmäler mit schwarzer Farbe, Hakenkreuzen sowie den Initialen “A.H.”
besprüht. Michael W. soll im Januar 2004 Handzettel auf dem Friedhof in
Teltow verteilt und ausgelegt haben, auf denen stand: “Auschwitz ist eine
Lüge” und “Der Jude ist unser größter Feind”.
Doch die jungen Täter sind nicht so eindeutig der rechten Szene zuzuordnen,
wie man es auf Grund ihres Verhaltens annehmen müsste Sie seien da irgendwie
hineingeraten, so Richter Eckardt. Ihrem äußeren Erscheinungsbild nach könne
man sie eher den “Gruftis” zuordnen. Sie sind schwarz gekleidet, treiben
sich tage- und nächtelang auf Friedhöfen herum, betreiben Satanskult, was
eher untypisch für Rechtsgesinnte ist.
Dennoch bleibt, dass Michael W. an diesen rechten Aktionen beteiligt war. In
Abwesenheit verurteilte ihn Richter Francois Eckardt mit Strafbefehl zu
einer Geldstrafe, die sich zusammensetzt aus je 60 Tagessätzen für die
Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen
und 30 Euro für Volksverhetzung.
Aus der Summe von 150 Tagessätzen wurde die Gesamtstrafe von 120 Tagessätzen
zu je 20 Euro gebildet. Weil die Strafe über 90 Tagessätzen liegt, wird sie
ins Strafregister eingetragen, womit Michael W. vorbestraft ist.
Pünktlich zum Jahrestag der Anschläge auf das World Trade Center und kurz vor der Landtagswahl bezeichnete der CDU-Möchtegern-Innenminister und ehemalige Verfassungschützer Sven Petke in der Presse den Imam einer Moschee in Potsdam als „Haßprediger“ und „Kaplan von Potsdam“und rückte ihn in die Nähe von Terroristen. Außerdem behauptete er, der Imam lebe in einer Scheinehe. In der Sitzung des Ausländerbeirates der Stadt Potsdam konnte Petke diese Diffamierungen ebensowenig belegen wie gegenüber der Presse. Mal berief er sich auf Quellen aus dem Verfassungsschutz, mal auf Hinweise aus der Glaubensgemeinschaft.
Die Anwältin des Imam leitete rechtliche Schritte ein. Das Amtsgericht Potsdam erließ daraufhin eine Einstweilige Verfügung, die es Sven Petke verbietet, die haltlosen Behauptungen zu wiederholen und für jeden Verstoß ein Ordnungsgeld androht. Diese Entscheidung ist inzwischen rechtskräftig. Nach Strafanzeige wurde das Verfahren klammheimlich — und ohne überhaupt alle Zeugen befragt zu haben – eingestellt. Immerhin mußte Sven Petke für diese gnädige Behandlung aber eine Geldbuße zu zahlen.
Mit großer Verwunderung habe ich angesichts dieser Fakten den jüngsten Verfassungsschutzbericht zur Kenntnis genommen. In diesem Bericht werden nämlich die vom Gericht untersagten und sogar strafrechtlich relevanten Beleidigungen Sven Petkes im Kapitel „Islamismus“ (S.121) unter voller Namensnennung des Opfers wiederholt und erneut verbreitet. Dabei wird sogar ein Kontext bis hin zur „Hamburger Zelle um Mohammed Atta“ hergestellt. Auch gegen diese Veröffentlichung wurden inzwischen rechtliche Schritte beim Verwaltungsgericht Potsdam eingelegt.
Offenbar fühlt sich das durch Petkes Parteifreund Schönbohm geleitete Innenministerium, das auch für den Verfassungsschutz zuständig ist, nicht an Gerichtsurteile gebunden. Im Gegensatz zu dem sonst stets propagierten „Verfassungsschutz durch Aufklärung“ werden Gerüchte weiterverbreitet. Statt einer seriösen Information serviert der VS die wahlkampfmotivierten Hirngespinste der CDU-Hardliner, obwohl diese bislang jeden überprüfbaren Beleg schuldig geblieben sind.
Die Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Miltär kritisiert die parteipolitische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes und das Anheizen der Stimmung gegen in Potsdam lebende Muslime auf der Basis von Gerüchten und persönlichen Diffamierungen.
Wir werden gegen diese Arbeitsweise der Verfassungsschutzbehörde eine Petition an den Landtag richten und beantragen, den Verfassungsschutzbericht auf der nächsten Sitzung des Ausländerbeirates zu besprechen.
Lutz Boede, Kampagne Potsdam
“Sieg Heil”-Rufe und Drogen
FÜRSTENWALDE. Die Polizei hat in Fürstenwalde (Oder-Spree)einen 38-Jährigen wegen rechter Straftaten und Drogenmissbrauchs vorläufig festgenommen. Bei der Wohnungsdurchsuchung habe der polizeibekannte Mann versucht, die Beamten anzugreifen, teilte die Polizei am Dienstag mit. Anwohner hatten am Montagnachmittag wegen lauter Musik sowie “Sieg Heil”- und “Heil Hitler”-Rufen die Polizei alarmiert. Als der Beschuldigte den Beamten die Wohnungstür öffnete, befanden sich im Treppenhaus zufällig ausländische Bürger. Sie wurden von dem 38-Jährigen mit volksverhetzenden Sprüchen beleidigt. Da der Mann auch nach Aufforderung keine Ruhe gab und sich den Anweisungen der Beamten widersetzte, wurden ihm Handschellen angelegt. In der Wohnung wurden Tonträger mit rechter Musik sowie geringe Menge Drogen und eine Wasserpfeife gefunden. Gegen den Mann wurde Strafanzeige wegen Drogenbesitzes, Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Widerstands gegen Polizisten erstattet.
Eine Initiative aus dem Freundeskreis Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals führt
seit einiger Zeit eine Unterschriftensammlung gegen den drohenden Abriss der
Gedenkstätte durch. Anbei der dazugehörige Text. Interessierte sind aufgerufen, diesen auszudrucken und UnterstützerInnen darunter unter Angabe von Namen, voller Adresse und ihrer Unterschrift eintragen zu lassen. Fertige Formulare zum Unterschriftensammeln können auch angefordert werden unter der Adresse Fuer_Ziegenhals(at)gmx.de.
Unterschriftensammlung
Die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte Ziegenhals darf weder abgerissen noch verlegt werden!
Der Abriss dieser Gedenkstätte würde sich in die Bilder aus diesem Land einreihen, die bereits die Menschen in Europa in Angst und Sorge versetzen. Er würde nur denen nützen, die den Krieg Hitlerdeutschlands doch noch gewinnen wollen, er würde Naziorganisationen neuen Auftrieb geben. Dieser Abriss wäre ein Bruch geltenden internationalen Rechts, da er dem Zwei-Plus-Vier-Vertrag widerspricht: „Die auf deutschem Boden errichteten Denkmäler, die den Opfern des Krieges und der Gewaltherrschaft gewidmet sind, werden geachtet und stehen unter dem Schutz deutscher Gesetze.“ (Gemeinsamer Brief von Genscher und de Maiziere an die Außenminister der UdSSR, Frankreichs, Großbritanniens und der USA vom 12.9.90 in Ergänzung zum Zwei-Plus-Vier-Vertrag)
Die Ernst-Thälmann-Gedenkstätte zu verlegen, würde ihre Zerstörung bedeuten. Es handelt sich um den authentischen Ort der illegalen Tagung des ZK der KPD mit dem original erhaltenen Zimmer, in dem die Tagung mit Ernst Thälmann stattfand. Er dient zur antifaschistischen und demokratischen Mahnung und Erziehung wie andere Gedenkstätten an historischen Orten, z.B. an der früheren Hinrichtungsstätte Plötzensee oder in den früheren Konzentrationslagern. Die Gedenkstätte wegen des Geschäftsinteresses des Eigentümers des Grundstücks zu verlegen hieße auch, das Andenken ermordeter antifaschistischer Widerstandskämpfer, die dort seit Jahrzehnten geehrt werden, zu schänden.
Das Landratsamt Dahme-Spreewald behauptet, dass nach dem neuen Denkmalschutzgesetz von 2004 dem Eigentümer des Grundstückes die Erhaltung des Denkmals nicht zumutbar sei. Das entspricht nicht den Tatsachen. Der Erwerb des Grundstückes im Jahr 2002 war mit klaren Auflagen zum Erhalt der Gedenkstätte verbunden. Der hohe Ministerialbeamte, der im Land Brandenburg für die Oberste Bauaufsicht verantwortlich ist und „in dessen Abteilung das neue Gesetz erarbeitet worden ist“ (Berliner Zeitung, 21.4.05), hätte leicht erkennen können, dass mit dem extrem niedrigen Preis für das Grundstück die Verpflichtung verbunden war, die Gedenkstätte zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wenn der Eigentümer diese von ihm zugesagte Verpflichtung gar nicht erfüllen kann, muss er selbst die Konsequenzen tragen. Das Landratsamt darf die Folgen seines Handelns nicht den Teilen der Gesellschaft aufbürden, die an Demokratie und Antifaschismus interessiert sind.
Infos
Bitte die Unterschriftenlisten bis zum 1.September 2005 zurückschicken an
Erika Wehling-Pangerl
Lilli-Henoch-Str. 17
10405 Berlin
Die Unterschriften werden an den Petitionsausschuss des Landtages Brandenburg weitergeleitet. Kopien der Listen werden geschickt an: den Petitionsausschuss des Bundestages, den Präsidenten des Europäischen Parlaments, den UNO-Hochkommissar für Menschenrechte, die Regierungen der Unterzeichnerstaaten (bzw. deren Nachfolgestaaten) des Potsdamer Abkommens.
Vorsicht, Versammlung!
Bernau (thu/MOZ) Die Rechtslage bei Versammlungen im öffentlichen Raum scheint in diesem Sommer zu einem besonders sensiblen Thema zu werden. Die Landtagsabgeordneten Dagmar Enkelmann und Margitta Mächtig erlebten es gerade bei ihrer “Sprechstunde unter freiem Himmel”.
Schon das dritte Jahr ziehen die beiden Frauen von der Linkspartei mit Klapptisch und ein paar Stühlen durch den Barnim, um Bürgern an Straßen und Plätzen Rede und Antwort zu stehen. Diese nutzen die Gelegenheit gern zu einem meist kurzen Gespräch.
Das Problem: Gesellen sich zwei Bürger gleichzeitig zu den beiden Abgeordneten, gilt das streng rechtlich bereits als Versammlung. Und die muss dann angemeldet sein.
“Zwei Jahre lief alles problemlos, diesmal bestand die Polizei darauf, dass wir jede Sprechstunde anmelden. Und zwar richtig: mit Ort, Zeit, Versammlungsziel und ‑leiter”, sagt Dagmar Enkelmann. “Das hieß konkret, 60 Sprechstunden an 54 Orten anzumelden.” In Friedrichswalde sei dann auch noch das Ordnungsamt gekommen und habe nach einer Genehmigung gefragt. “So viel zum Thema Bürokratieabbau”, meint die Abgeordnete.
Als Folge der Anmeldungen nahm die Polizei dann auch ihre Pflicht wahr, die Versammlungsfreiheit bei der Sprechstunde zu schützen. “Wir wurden stets von der Polizei begleitet, allerdings sehr freundlich”, berichtet Enkelmann. Viele Bürger hätten trotzdem nur den Kopf geschüttelt. Hielt die Polizei die beiden Frauen, die stets viel Rotes tragen, denn für brandgefährlich?
“Nein, damit hat das nichts zu tun”, sagt Polizeisprecherin Martina Schaub. “Wir müssen aber unsere Aufgabe erfüllen.” Worin besteht die? “Darin, das Recht auf Versammlungsfreiheit zu schützen, die öffentliche Sicherheit zu wahren und Störungen aus der Versammlung heraus zu verhindern.”
Ob ein “Kaffee-Plausch” zu viert wirklich eine Versammlung ist — darüber sollte der Gesetzgeber aber vielleicht noch einmal nachdenken.
Cottbus (dpa) Die Wendische Volkspartei (Serbska Ludowo Strona — SLS) hat ihre brandenburgische Landesliste für die Bundestagswahl aufgestellt. Bei einem Parteitag am Montagabend in Cottbus wählten die elf Teilnehmer den Generalsekretär Henry Matusch aus Bohsdorf (Spree-Neiße) auf den ersten Listenplatz. Der Parteivorsitzende Hannes Kell aus Striesow (Spree-Neiße) kam auf Platz zwei. Wie Kell am Dienstag sagte, sei die Wahl der sächsischen Landesliste mangels Teilnehmer verschoben worden. Sie solle nun an diesem Mittwoch in Kamenz nachgeholt werden.
Der Parteitag beschloss außerdem den Zusatz “Lausitzer Volkspartei” für den Parteinamen. “Auf diese Weise wollen wir den regionalen Charakter unserer Partei stärker betonen,” erläuterte Kell. Eine Wendische Volkspartei existierte bereits seit den 1920er Jahren, bis sie 1933 von den Nationalsozialisten verboten wurde. Mit ihrer Neugründung im März 2005 in Cottbus wollen die Sorben/Wenden ihren politischen Einfluss neben dem Sorbenverband Domowina erhöhen.
Die Wendische Volkspartei — Lausitzer Volkspartei kann nur zur vorgezogenen Bundestagswahl antreten, wenn der Bundeswahlausschuss ihr am 12. August den Minderheitenstatus zuerkennt. Dann entfielen die Fünf-Prozent-Hürde und das Sammeln von je 2000 Unterschriften für die beiden Landeslisten. Die Partei hat den Angaben zufolge jetzt 38 Mitglieder. Sie will sich im Wahlkampf vor allem mit Themen wie Bildung, Infrastruktur und Umwelt bei den Wählern bekannt machen.
Die Fänger im Mais
In der Mitte jedes Wirbelsturms gibt es eine Zone, in der absolute Windstille herrscht. Die beiden Polizisten auf dem Einsatzlaster mit Flutscheinwerfern halten die Gesichter in die Sonne, ihre Hebebühne haben sie runtergefahren, kein Feind in Sicht. Entspannt winkt ein anderer rüber zum Corpus Delicti, ab und zu bellt ein Polizeihund, sonst zirpen die Grillen. “Gucken Sie sich ruhig um, ist ebent n janz normalet Feld.” Der Mais, um den es hier gehen soll, steht übermannshoch.
Das Wort “normal” entbehrt an einem Sonntagnachmittag wie diesem nicht einer gewissen Ironie. Denn jenes Feld veranlasste die Polizei am Wochenende zu einer Materialschlacht, es war Gegenstand einer bundespolitischen Debatte, es lockte Naturschützer aus ganz Deutschland in die brandenburgische Provinz. Die Initiative “Gendreck weg!” (www.gendreck-weg.de) hatte dazu aufgerufen, den Genmais zu zerstören — “Feldbefreiung” hat sie das Platttrampeln mit Ansagen genannt. Das Dorf Hohenstein am Rande des Naturparks Märkische Schweiz — 30 Kilometer östlich von Berlin — sollte zum Fanal zivilen Ungehorsams werden (taz berichtete).
Michael Grolm kneift die Augen zusammen. Schon fast drei Uhr ist es, und der 33-jährige Berufsimker ist noch nicht mal in der Nähe dessen, was er kaputtmachen will, “um etwas zu bewahren”, wie er sagt. Über das blonde Haar hat er seinen Imkerhut gestülpt, der helle Leinenanzug kontrastiert schön mit dem roten “Gendreck weg”-Logo. Eine Stunde später als geplant durften die DemonstrantInnen ihr Camp auf dem Biohof im Nachbarort verlassen, endlich kommt Hohenstein in Sicht. Das Zeug rückt näher. Das Zeug, das ist manipulierter Mais der Sorte MON 810 vom US-Konzern Monsanto (siehe Kasten).
“Die Koexistenz mit normalen Pflanzen ist nicht möglich. Meine Bienen halten sich nicht an Gesetze der Menschen, wenn sie Pollen sammeln.” Grolm hebt die Stimme, wenn er über das Zeug redet, auch dann, wenn die aus Berlin angereiste Trommelgruppe mal Pause macht. Kalkulierte Erregung gehört zum Demo-Geschäft, ebenso die stählernen Mienen der Jungpolizisten. Für sie sind Grolm und seine Mitstreiter Straftäter in spe.
Es sind rund 300 DemonstrantInnen, die am Ortsschild vorbeiziehen. Sehr viele junge Leute sind dabei, mit Rastalocken oder hennagefärbtem Haar. Ein Alt-Kreuzberger schiebt sein Damenrad neben der Familie aus Hohenstein, der Biobauer aus dem Umland läuft neben französischen Gentechnik-Gegnern und die aus Dresden angereiste Familie wird später beklagen, dass die Polizeikette den Weg zu ihrem geparkten Auto dicht macht.
Michael Grolm, der dies alles mit einem anderen Imker organisiert hat, stammt aus Baden-Württemberg. Ist schon der Genmais durch den global agierenden Multi Monsanto unverhofft ins Dorf eingefallen, ist auch der Protest eine Nummer zu groß für Hohenstein. Sie tragen Plakate (“Macht euch die Erde untertan. Monsanto.”) und rufen den Sprechchor “Gen-dreck-weg!”. Manche ändern dies spontan in “Pip-rek-weg!”, was leicht ist, weil man nicht aus dem Rhythmus kommt. Jörg Piprek ist der Landwirt, der das manipulierte Saatgut ausgebracht hat.
Angenommen, 300 Flamingos würden im Gänsemarsch an der Feldsteinkirche vorbeidefilieren, sie könnten kein größeres Staunen hervorrufen. Die Dörfler stehen mit nacktem Oberkörper in ihren Vorgärten, das Flaschenbier in der Rechten. Zwei pubertierende Jungs kauern auf Kisten mit Mineralwasser, 1,50 Euro die Flasche. Eine alte Frau blickt verständnislos auf den Auftrieb: “Das kostet ja alles Geld …” Ihr Begleiter konkretisiert: “Ansonsten sagen wa aba janüscht.” Dem Örtchen ist das Ganze unheimlich. In jeder Hofeinfahrt parkt ein Polizeibus, wer weiß, was die alles mithören, bloß nichts Falsches sagen jetzt.
Neben der Dorfwiese blockiert die Polizei mit Bussen die Hauptstraße, Beamte in Kampfanzügen drängen die DemonstrantInnen aufs Gras ab, es gibt erste kleine Rangeleien. Es ist halb vier und Michael Grolm baut sich für eine Pressekonferenz vor einem Haufen Maispflanzen auf, die die Aktivisten in den Tagen vorher ausgerupft haben. “Alle Parteien müssen sich klar äußern, ob sie Gentechnik in der Landwirtschaft wollen oder nicht — damit die Leute wählen können.” Man kann davon ausgehen, dass beim Genmais-Feld immer noch nur das Grillenzirpen zu hören ist. Aber dies soll sich ändern.
Denn als die Menge auf der Wiese innerhalb weniger Minuten seltsam schrumpft, wird es ernst für den Genmais und damit auch für Herrn Wilde. Thomas Wilde ist ein nicht unsympathischer Polizeisprecher mit Schnauzbart und Doppelkinnansatz, leider haben ihn dutzende Journalistenfragen in einen Floskelautomaten verwandelt. “Ich empfinde die Situation so, dass die angeblich so friedlichen Demonstranten versuchen, in Kleingruppentaktik einzusickern.” Zu Deutsch: Jetzt probieren viele DemonstrantInnen über Nebenstraßen und Trampelpfade, in Richtung Genmais weiter zu gehen — schließlich ist die verbotene Zone 250 Meter um das Feld noch weit weg.
Um sie zu schützen, werde pro Demonstrant ein Polizist in die Provinz entsandt, hatte Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) zuvor angekündigt. Tatsächlich sind es 280 Beamte aus Brandenburg, Berlin und von der Bundespolizei, die sich in mehreren Ringen rund um den Streitacker postiert haben. Ein Räumpanzer (Wilde: “Sonderfahrzeug mit Schiebeschild-Vorrichtung”) steht bereit, ein Hubschrauber kreist den ganzen Tag, zwölf Beamte patrouillieren auf Pferden (Wilde: “Der rückwärtige Raum wurde mit geeigneten Mitteln gesichert”). Zu den Kosten des Aufmarsches schweigt die Behörde. Sie werden den Ernteertrag des Feldes um ein Mehrfaches übersteigen.
Der Strategie der UmweltschützerInnen kommt der Schönbohmsche Sicherungswahn gelegen. Die Anti-AKW-Bewegung folgte beim Protest gegen Castor-Transporte immer der Ägide: Wenn es richtig teuer wird, denkt die Politik über ihren Unsinn neu nach. Gentechnik-Gegner Grolm argumentiert ähnlich: “Nach diesem Polizeieinsatz werden sich Bauern und Politiker in Zukunft genau überlegen, ob der Anbau von manipulierten Pflanzen Sinn macht.”
Fernab vom Dorfwiesentrubel, auf der Landstraße, an der das Feld liegt, ist es unheimlich leer, nur der Helikopter knattert. Dann braust ein Rettungswagen vorbei. Susanne Mähne gehörte zu einer kleinen Gruppe, die versucht hat, sich durch ein Getreidefeld heranzuschleichen. Einsatzwagen der Polizei seien herangerast und teils im Feld stehen geblieben, berichtet sie. “Die Beamten gingen aggressiv vor, schubsten uns und drückten Leute zu Boden.” Eine Polizistin verlor die Kontrolle über ihren Polizeihund, er verbiss sich in den linken Unterarm einer 62-jährigen Frau. Sie musste im Krankenhaus Strausberg behandelt werden, bestätigt Polizeisprecher Wilde.
In umliegenden Roggen- und Haferfeldern bläst die Polizei zur Treibjagd. Drei Mädchen, alle Anfang 20, sind bereits in einen Polizeibus verfrachtet. Zwei tragen Handschellen, der Dritten haben Polizisten die Hände mit Kabelbindern auf den Rücken geschnürt. Ist das verhältnismäßig, Herr Wilde? “Fragen nach der Verhältnismäßigkeit beantworten wir nicht im Einsatz.” 78 Menschen nahm die Polizei in Gewahrsam, manche wurden bis in die Nacht festgehalten. Am späten Nachmittag wird es ruhig. Auf der Dorfwiese erteilt die Polizei jetzt Platzverweise, zwei Beamte heben einen grauhaarigen Mann in einen Mannschaftswagen, als einen der Letzten. “Wenn Sie jetzt die schmutzigen Füße auf den Sitz packen, können wir Ihnen das berechnen”, unkt einer.
Der Bauer Jörg Piprek hat seinen Hof am anderen Ende Hohensteins. Die Luft flimmert über den Flachbauten der ehemaligen LPG, die Polizei nutzt sie als Zen
trale, Einsatzwagen parkt hier an Einsatzwagen. Piprek, ein ruhiger, kräftiger Mann, bittet ins Büro neben dem Geräteschuppen. “Mit solchen Aktionen schaden die doch ihrem eigenen Anliegen, durch Gewalt löst man keinen Konflikt”, sagt er. “Die”, das sind für ihn “Chaoten”, die sein Eigentum bedrohen. Am Samstag hat er sich mit aufs Podium gesetzt, um vor 250 Leuten mit den Gentech-Kritikern zu diskutieren. Er sei ausgelacht worden und auf dem Heimweg in der Dunkelheit sei ihm mulmig geworden. “Da war ich schon froh, dass ein paar Nachbarn und meine Söhne dabei waren.” Pipreks Handy klingelt, die polizeilichen Feldbeobachter sind dran. Ein Demonstrant ist im Mais. 20 Quadratmeter seien zertreten worden, so das Behördenfazit. Veranstalter Grolm berichtet von mehreren Durchgekommenen, die auf 600 Quadratmetern Stauden herausrissen.
Draußen sitzen drei Dutzend in Gewahrsam genommene Naturschützer auf den alten Betonplatten des Hofes — die Gefangenensammelstelle. Es ist 18 Uhr, viele hocken seit einer Stunde in der prallen Sonne. “Das Schlimmste war, dass nie jemand wusste, warum was passiert”, sagt Martin, der spontan aus Strausberg zur Demo rausfuhr. Seine Truppe sei bereits auf dem Rückzug vom Feld gewesen, dennoch habe die Polizei sie eingekesselt. Den Vorwurf zu harter Methoden kann man den Beamten hier jedenfalls nicht machen — eine blonde Polizistin schleppt Wasser in Einwegflaschen heran. “Ey, wir sind Ökos!”, protestiert eine Frau. Die Letzten durften gegen Mitternacht gehen.
Streit im Kornfeld (Heise online)
Die geplante “Feldbefreiung” gelang den Gentech-Ablehnern nur teilweise, trotzdem betrachten sie ihre Aktion als Erfolg
Hubschrauber dröhnen über den Köpfen. Polizisten auf Pferden und mit Hunden sind an jeder Ecke zu finden. Am Sonntagnachmittag herrscht Ausnahmezustand in den Strausberger Stadteilen Hohenstein und Ruhlsdorf bei Berlin. Anlass waren ca. 400 Demonstranten, die sich zur lange angekündigten sogenannten Feldbefreiung eingefunden haben. Sie wollten die Pflanzen eines rund 50 Hektar großen Maisfeldes mit gentechnisch veränderten Feldes ausreißen .
Doch die Polizei stoppte die Demonstranten kurz vor dem Acker. Die Stimmung bei den Demonstranten war trotzdem gut, denn ihnen war es doch gelungen, etliche Gen-Mais-Pflanzen des Ackers auszureißen. Die Beute wurde auf dem Platz wie die Ankommenden mit Jubel empfangen. Nach der Auflösung der Demonstration bahnten sich die Protestierenden in kleinen Gruppen einen Weg zum Acker und wurden dabei ständig von der Polizei verfolgt. 70 Demonstranten wurden kurzzeitig festgenommen und im Strausberger Polizeipräsidium erkennungsdienstlich behandelt Eine 62jährige Demonstrantin wurde von einem Polizeihund in den Arm gebissen und muss für einige Tage stationär im Strausberger Krankenhaus behandelt werden. Trotzdem bezeichnen die Organisatoren ihre Aktion als einen ersten Erfolg.
“Es gibt kein Jein zur Gentechnik. Entweder die Gen-Pflanzen breiten sich unkontrolliert aus und zerstören die ökologische und konventionelle Landwirtschaft. Oder wir verbannen alle Gen-Pflanzen von unseren Feldern. Ein Zwischending ist unmöglich. Koexistenz ist ein Mythos”, sagt Michael Grolm. “Gesetze ändern sich, Naturgesetze nicht: Bienen halten sich nicht an Ackergrenzen”, so das Credo des Tübinger Imkers und Mitorganisators der “Feldbefreiung”.
Schon am Samstagabend hat Grolm auf einer Podiumsdiskussion in Strausberg-Ruhlsdorf diese kompromisslose fundamentalökologische Position vertreten. Es gibt keine Koexistenz mit der Gentechnologie bekräftigte er. Demgegenüber verteidigte Jörg Piprek ebenso selbstbewusst seine Position. Der Landwirt hat den Genmais des US-Konzerns Monsanto angebaut. Sein Feld sollte zerstört werden. Bei seinen Kontrahenten diagnostizierte Piprek eine “rückwärtsgewandte Bauernromantik”. Für ihn hat moderne Technik den Alltag der bäuerlichen Bevölkerung erleichtert. Auch die Verbraucher würden die Produkte verlangen.
Trotz dem Dissens bekam Piprek Applaus für die Bereitschaft zur Diskussion. Auch der Strausberger Bürgermeister Hans-Peter Thierfeld wurde wegen seiner Bereitschaft, sich an der Diskussion zu beteiligen, gelobt. Dabei hat er in seiner kurzen Ansprache vor allem vor der Zerstörung der Pflanzen gewarnt und erklärt, er und die Brandenburger würden keine Gewalt und keinen Gesetzesbruch zu lassen.
Auch zwei Wissenschaftler lieferten sich auf dem Podium einen Schlagabtausch. Während der emeritierte Professor Grünewald vehement vor der Gentechnik warnte, wurde sie von Professor Leuthold als “sanfte Option in die Zukunft” beschrieben. Die Diskussion wird auch in Zukunft ebenso weitergehen wie der bisher eher regional beachtete Protest gegen Gengetreide . Mit der Aktion in Strausberg wurde er erstmals bundesweit wahrgenommen.