Karlsruhe/Potsdam. Im Fall des Angriffs auf einen Deutsch-Äthiopier in Potsdam wird am Mittwoch auch der zweite Tatverdächtige zur Haftprüfung im Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt. Der Ermittlungsrichter des BGH entscheidet darüber, ob der Haftbefehl gegen den 30jährigen Thomas M. aus Potsdam aufrechterhalten bleibt. Er sitzt ebenso wie der Mitbeschuldigte Björn L. seit 21. April in Untersuchungshaft. Der Richter hatte am vergangenen Freitag den Haftbefehl für den 29jährigen Björn L. aus der Gemeinde Bergholz-Rehbrücke bei Potsdam bestätigt.
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»Stoppt das Treiben der Stasi-Kader« titelte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Da hat Brandenburg nicht lange gefackelt und den ersten Schritt gemacht. Es traf Hans Rentmeister, den Generalsekretär des Internationalen Sachsenhausen-Komitees. Der war nicht unbedingt Kader der Staatssicherheit der DDR (MfS), aber er hat dort gearbeitet. Erst in der Kreisdienststelle Berlin-Lichtenberg, später als Jurist an der Hochschule des MfS in Potsdam und dann bis zur Auflösung in der Zentrale.
Die auslösende Meldung im Spiegel kann nur als Retourkutsche für Rentmeisters Auftritt bei einer Gedenkveranstaltung im KZ Sachsenhausen verstanden werden. Dort hatte der Antifaschist Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm öffentlich zurechtgewiesen. Der wollte am Ort des faschistischen Terrors partout und »ausdrücklich« jenen gedenken, die dort nach 1945 von der sowjetischen Armee als Kriegsverbrecher interniert waren. Rentmeister nannte das Gedenken an die »Mörder, Peiniger und Quäler unserer Kameraden« zuviel verlangt.
Während selbst in der SPD-Landtagsfraktion Rücktrittsforderungen gegen Schönbohm aufkamen, tat sich die die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten schwer mit der Kritik. Anders im Fall Rentmeister. Am Samstag kündigte sie per Fax die Zusammenarbeit mit dem Antifaschisten, dessen Vater im KZ Sachsenhausen saß, auf. Die Mitteilung über seine Arbeit für das MfS war ihnen zuviel. Prompt setzte das antikommunistische Trommelfeuer nach: Der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin, Hubertus Knabe, fand, Rentmeister habe sich disqualifiziert, weiter für die Häftlinge des KZ Sachsenhausen zu sprechen. Die brandenburgische CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche verstieg sich zu dem Satz: »Jeden Demokraten macht es fassungslos, das Vermächtnis der NS-Opfer in solchen Händen zu sehen.« Und CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek meinte, für die Opfer der Konzentrationslager müsse es unerträglich sein, von einem früheren Stasi-Mitarbeiter repräsentiert zu werden. Wirklich unerträglich ist hingegen, daß sich Knabe, Lunacek, Reiche & Co anmaßen, im Namen ehemaliger Häftlinge zu sprechen, und Jörg Schönbohm als spätes Opfer der Stasi in Schutz genommen wird.
Unter dem Motto “BOMBEN NEIN — WIR GEHEN REIN” finden am Dranser See / Schweinrich (Brandenburg) vom 9. bis 13. August, zum wiederholten mal die Sommeraktionstage 2006 statt.
Neben Veranstaltungen und Workshops sind eine Reihe kleinerer und größerer Aktionen des direkten zivilen Ungehorsams geplant.
Organisiert wir das Camp, wie jedes Jahr, von AktivistInnen aus Neuruppin und Berlin.
Weitere Info´s zum Camp unter:
Blühende Landschaften
Das Land Brandenburg träumt vom wirtschaftlichen Aufschwung. Doch selbst in den »Wachstumskernen« ist davon wenig zu spüren. Teil eins.
(Rainer Balcerowiak) Folgt man den Erklärungen führender Landespolitiker und Wirtschaftsverbandsvertreter, geht es in Brandenburg – wenigstens perspektivisch – wirtschaftlich aufwärts. Von »Wachstumskernen« und »Kompetenzzentren« ist ebenso oft die Rede wie von »innovativen Konzepten«. Kritiker dieser gelinde gesagt geschönten Darstellungen verweisen auf den ungebremsten Exodus gerade junger und qualifizierter Brandenburger, die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und die beeindruckend lange Liste von Subventionsruinen, die die Wirtschaftspolitiker des Landes auf dem Kerbholz haben. Projekte wie die Chipfabrik, die Cargolifterhalle, der Lausitzring und der Schwedter Oderhafen sind geradezu Synonyme für eine Wirtschaftspolitik geworden, deren herausragende Merkmale Größenwahn und Unfähigkeit zu sein scheinen.
Angesichts dieser weitverbreiteten Bilder tut Imagepflege not. In diesem Sinne veranstalteten die Industrie- und Handelskammer(IHK) und die Handwerkskammer (HK) Cottbus in der vergangenen Woche eine Pressereise, bei welcher der Besuch besagter »Wachstumskerne« und »Kompetenzzentren« im Mittelpunkt stand. IHK und HK bringen es zusammen auf über 50000 Mitgliedsbetriebe. Ihr Organisationsbereich umfaßt die Landkreise Dahme-Spreewald, Elbe-Elster, Spree-Neiße und Oberspreewald-Lausitz.
Exodus hält an
Früher befanden sich dort überregional bedeutende industrielle Zentren. Besonders die großen Braunkohlevorkommen boten optimale Voraussetzungen für die Ansiedlung großer, energieintensiver Fabrikationsstätten. In der DDR war die Region Cottbus der wichtigste Energieproduzent. So wurden im Kombinat Schwarze Pumpe über 80 Prozent des in der DDR benötigtes Stadtgases hergestellt. Im Umfeld gab es große Chemie- und Textilstandorte wie Schwarzheide, Schwedt und Guben. Doch nach 1990 brachen den alten DDR-Kombinaten aufgrund der Währungsangleichung schlagartig die Exportmärkte weg. Zudem waren sowohl die Energieproduzenten als auch die Industriebetriebe zu unproduktiv und entsprachen nicht den in der BRD inzwischen gültigen ökologischen Mindeststandards. Es begann die Entvökerung der alten Industriezentren. Manche Städte wie Lauchhammer oder Spremberg haben nur noch 60–70 Prozent ihrer vormaligen Einwohnerzahl und verzeichnen dennoch Erwerbslosenquoten von deutlich über 20 Prozent.
IHK und HK setzen wie auch die Landesregierung auf das Konzept der »Wachstumskerne«, in deren Umfeld sich sozusagen zwangsläufig kleine und mittelständische Betriebe entwickeln würden. Denn die bisher praktizierte Flächenförderung hat sich trotz enormer Transferzahlungen als weitgehend wirkungslos erwiesen. Als weiteres Standbein des ersehnten Aufschwungs sollen Konzepte für die touristische Aufwertung der Region realisiert werden. Als Modell für die Verbindung beider Ansätze wurde uns der Traditionsbetrieb Kunstgießerei Lauchhammer präsentiert. Seit über 270 Jahren werden hier aus Eisen und Bronze unter anderem Glocken, Denkmäler und Statuen, großflächige Ornamente und Gebrauchsgegenstände hergestellt. Doch als herausragendes Beispiel für den Aufschwung in der Lausitz taugt der Betrieb kaum, 75 Beschäftigte gab es hier zu DDR-Zeiten, heute sind es noch 18. Der Firma machen sowohl die Investitionszurückhaltung der verarmten Kommunen als auch die Konkurrenz – besonders aus Polen und Tschechien, aber aber auch aus Bayern – zu schaffen. Die Ausbildungsplätze in dem Betrieb sind heiß begehrt, doch in den letzten Jahren hätten die Jungfacharbeiter den Betrieb alle schnell verlassen, berichtet Geschäftsführer Ulrich Kühne nicht ohne Bitterkeit. Verwundern kann das allerdings kaum: In der Kunstgießerei Lauchhamer liegt der Stundenlohn bei acht Euro, die bayrische Konkurrenz zahlt fast das Doppelte. Entsprechend ist der Altersdurchschnitt im Betrieb, der bei über 50 Jahren liegt.
Betriebe suchen Nischen
Perspektiven sehen Kühne und die von ihm mitgetragene Stiftung Kunstguß denn auch eher in »kultureller Wertschöpfung«. Der Betrieb soll in eine »Kette von Industriedenkmälern« in der Lausitz eingereiht werden, deren berühmtestes die Förderbrücke »F60« in Schacksdorf ist. Unmittelbar neben der Produktionsstätte ist ein Kunstgußmuseum geplant, in der Werkshalle sollen die Besucher den Beschäftigten von einer Gangway bei der Arbeit zuschauen können. Doch wie bei so vielen Projekten nicht nur in Brandenburg sind Finanzierung und somit Realisierung noch lange nicht in trockenen Tüchern.
Auf Nischensuche sind auch andere Betriebe in Lauchhammer, wie beispielsweise Schmidt Schweisstechnik. Die Angebotspalette reicht von Schweiß- und Wartungsarbeiten über Zwischenhandel bis hin zum Mietservice rund um die Schweißtechnik. Doch auch hier gilt: angespannte Auftragslage, harte Konkurrenz aus Ost€pa, niedrige Löhne zwischen sieben und neun Euro. Hoffnungsschimmer ist ein Auftrag in Kasachstan, der sowohl die Wartung und Instandsetzung von Tagebautechnik als auch die Ausbildung von Schweißern vor Ort umfaßt und gemeinsam mit der Firma MAN Takraf bewerkstelligt wird.
Für den ehemaligen Industriestandort Lauchhammer ist das alles nur ein Tropfen auf den heißen Stein. So beschäftigt MAN Takraf in seinem Werk für schwere Tagebautechnik gerademal 150 Menschen. Der Vorgänger VEB Schwermaschinenbau Lauchhammerwerk BFG hatte 3500 Mitarbeiter. Das aufgrund diverser Neuansiedlungen gern als »Leuchtturm« bezeichnete Lauchhammer mit seinen neuen Gewerbeparks und den sanierten Wohnungen hat seit 1990 9000 der vormals 27000 Einwohner verloren, die Erwerbslosenquote liegt bei über 24 Prozent.
In Stahnsdorf OT Kienwerder wurden am Wochenende das Ehrenmal zum Gedenken an gefallene sowjetische Soldaten und drei umliegende Parkbänke beschmiert. Die Tatzeit liegt zwischen Sonnabend und Montag 6.30 Uhr. Die blaufarbigen Schriftzüge mit volksverhetzendem Inhalt haben eine Größe bis zu 1 mal 1,2 Metern. Die Inschrift des Denkmals wurde durch die Schmierereien unleserlich gemacht.
Der 8.Mai gilt als offizieller “Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus”. Zu diesem Anlass versammelten sich etwa 120 Menschen am Denkmal für die Gefallenden der Roten Armee, um zum einen den Opfern des Faschismus zu gedenken und den Befreiern und danken.
Untermalt von den Klängen des deutsch-russischen Chors “KALINKA”, legten die BesucherInnen Blumen am Denkmal nieder.
Heute , 61 Jahre später erhalten Neonazis und alte Verfechter des NS- Regimes wieder einen starken Zulauf. Sie ziehen fast jedes Wochenenden irgendwo in Deutschland durch die Straßen, geschützt von der Polizei. Jeglicher Widerstand wird meist kriminalisiert. Allein in Brandenburg gibt es fast täglich Übergriffe durch Neonazis gegenüber “Andersdenkenden”, bei denen die Betroffenen nicht selten krankenhausreif geschlagen werden.
Deshalb gilt es aktiv zu werden, offensiv gegen Nazis, Rassisten und Antisemiten vorzugehen und sich nicht zu verstecken.
In diesem Sinne:
Kein Vergeben — Kein Vergessen!
Danke an die Rote Armee und den Alliierten Streitkräfte.
Extremismus
Rechte Gewalt: Touristen meiden Rheinsberg
Nach Überfällen auf ausländische Gewerbetreibende in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) buchen Touristen dort weniger Übernachtungen.
Die Zahlen für den Sommer seien “drastisch eingebrochen”, sagte Bürgermeister Manfred Richter (SPD). “Eine Touristenstadt lebt vom guten Ruf. Wenn der beschädigt ist, wird es ganz schwer.”
Rechte Gruppierungen hatten Imbisse und Restaurants in der Stadt mehrfach in Brand gesetzt und systematisch versucht, ausländische Mitbürger finanziell zu ruinieren.
Richter kündigte eine Imagekampagne an. “Wir dulden keine Neonazis mehr in Rheinsberg. Wir schauen nicht mehr weg. Damit wollen wir in Deutschland ein klares Zeichen setzen”, hob der Kommunalpolitiker hervor.
Kollektives Schwarzfahren geplant
Eberswalde — Die Montagsdemonstranten wollen heute gemeinsam schwarzfahren. “Auf die Ablehnung des Sozialtickets durch den Kreistag antworten wir: ‚Wir fahren schwarz‘”, kündigt Organisator Albrecht Triller an. Die Demonstranten treffen sich wieder um 16.30 Uhr an der Stein-/Ecke Breitestraße. Nach kurzer Kundgebung wollen sie die erste gemeinsame “Schwarzfahrt” starten.
Die Erinnerung an deutsche Kriege, die Warnung vor neuen deutschen Kriegen, die Ehrung derjenigen, die, aus aller Herren Länder kommend, gekämpft haben, den deutschen Faschismus und Militarismus niederzuringen, kurz: die internationale Antikriegsaktion „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ soll, wie die Behörden es wollen, nach dem Verbot von 2005 auch am 61. Jahrestag des Sieges über den Faschismus nur in solcher Form stattfinden, daß der brave Berliner und Potsdamer Spießer nicht irritiert wird und das Volk so wenig wie möglich davon erfährt.
Das Krokodil der HIMMLISCHEN VIER dürfte, ginge es nach der Reichstagsverwaltung, am Reichstagufer nicht aus dem Wasser kriechen. Der Soldat aus Brechts Gedicht „Legende vom toten Soldaten“ darf, geht es nach der Berliner Polizei und dem Bundestagspräsidenten, im und am Reichstag nicht auftauchen. Überhaupt niemand darf auftauchen, der mit der Antikriegsaktion zu tun hat und schon gar kein toter Soldat. All das sei, so Herr Klos vom Referat Sonderprojekte der Reichstagsverwaltung zum Aktionsbüro „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ mit der Würde des Hohen Hauses (gemeint ist ein Bundestag, der seit Monaten keine ernsthafte Debatte mehr führt) nicht vereinbar.
Diese Würde erweist sich nun bei anderer Gelegenheit als durchaus strapazierfähig. Mit dieser Würde ist vereinbar eine riesige Aspirin-Tablette am Reichstagufer, wo DIE HIMMLISCHEN VIER nicht erwünscht sind. Mag das noch angehen, weist es doch neben der Firma Bayer auf die Menge an Schmerzmitteln hin, die nötig sind, damit dies Land und sein Staatsapparat noch einigermaßen erträglich erscheinen. Aber mit der Würde des Hohen Hauses (gemeint ist immer noch der Bundestag) ist es offenbar ebenso vereinbar, vor dem Reichstagsgebäude, wo, wie gesagt, eine Antikriegsaktion nichts zu suchen haben soll, ein Freizeitgelände zur kollektiven Begutachtung der Fußballweltmeisterschaft incl. obligatorischem Bierzelt einzurichten und drei Meter neben dem Mahnmal für die vom Faschismus ermordeten Reichstagsabgeordneten die Firma adidas werben zu lassen. Das alles darf dort sein.
Die HIMMLISCHEN VIER dürfen dort nicht sein.
Kein Ende der Provinzpossen! Die Präsidentin des Kammergerichts, ehemals Gebäude eines Alliierten Kontrollrats, der sich ab 1945 nach Kräften bemüht hatte, diesem Land wenigstens soviel Demokratie aufzuzwingen, daß die Obrigkeit sich nicht mehr ungestraft herausnehmen dürfe, was sie sich heute längst wieder herausnimmt – die Präsidentin des Kammergerichts also gewährt eine Drehgenehmigung zur Dokumentation einer Kundgebung der HIMMLISCHEN VIER an ihrer alten Wirkungsstätte. Sechs Tage darauf widerruft sie – sie habe einfach vergessen, daß das Gebäude ja inzwischen einer Berliner Immobilienverwaltung gehöre. Was nicht das Geringste zur Sache tut, aber den Zweck erfüllen soll, den Kampf gegen den Krieg von einem weiteren Meilenstein seiner eigenen Geschichte in diesem Land fernzuhalten. In deutsch-nacheilendem Gehorsam zieht darauf das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin seine für den angrenzenden Kleistpark bereits gewährte Drehgenehmigung ebenfalls zurück und begründet dies damit, die Kammergerichtspräsidentin sei das, was zu sein sie gerade selbst vehement bestritten hat, nämlich: Hausherrin des Gebäudes des Kammergerichts.
Wen wundert’s ob dieses Verhaltens der Hauptstadt, daß die brandenburgischen Behörden und die Stadt Potsdam da nicht zurückstehen wollen. Was über Provinzstädtchen wie London und Paris möglich war, nämlich daß ein historischer Bomber aus dem 2. Weltkrieg zur Erinnerung des Sieges über Hitler im Tiefflug über die Stadt zog, ist in Potsdam nicht möglich. Potsdam sei, wie dem Aktionsbüro „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ vom brandenburgischen Landesamt für Bauen und Verkehr mitgeteilt wurde, nicht nur eine Großstadt, sondern eine „sehr sensible Großstadt“. Mit dieser Sensibilität kann es nicht allzuweit her sein. Die Erinnerung an das, was zu tun war, weil das deutsche Volk es nicht tat, die Erinnerung an rassistischen und antisemitischen Mord an Millionen, die Erinnerung an die Bombennacht vom 14. April 1945, der Tiefflug der „Fliegenden Festung“ über der Stadt am 13. Mai – das hieße die Sensibilität der braven Potsdamer, in deren Stadt gerade ein deutscher Bürger ausländischer Herkunft halb tot geschlagen wurde, nun wahrlich überstrapazieren. Was in ruhiger Vorstadtlage wie der Innenstadt von London am Siegestag machbar ist, nämlich 1 Million Papierblumen aus einem Bomber abzuwerfen, geht im weltstädtisch-pulsierenden Getriebe von Potsdam natürlich ebenfalls nicht: 1000 Flugblätter abzuwerfen mit einem Text der Geschwister Scholl, wie sie die Royal Air Force im zweiten Weltkrieg millionenfach abwarf im Bemühen, das deutsche Volk zum Widerstand gegen Hitler aufzustören – so etwas ist verboten, läuft in Potsdam unter „Müllvermeidung“, die „Weiße Rose“ unter Dreck. Nur keine Erinnerung an das, was man zu tun nicht wagte gegen etwas, das, wir müssen es so deutlich sagen, in dieser Mischung aus obrigkeitsstaatlichem Größenwahn und knechtseligem Gehorsam schon wieder vorbereitet wird!
Das nächste: Sirenenalarm über UKW-Sender darf nicht gegeben werden. Halt! Er darf unter Umständen gegeben werden, aber so, daß man ihn nicht hört. An die Tatsache, daß dieses Land in Schutt und Asche gelegt werden mußte, weil seine herrschende Clique vorher ihrerseits Europa in Schutt und Asche gelegt hatte, darf erinnert werden, vorausgesetzt, der brave Bürger bekommt es nicht mit. 65 Dezibel sind das Äußerste, was dem Potsdamer angesichts drohender deutscher Kriege an einem Samstagabend zugemutet werden kann. Das ist: das Geräusch zweier Menschen in Konversation. So manche Stadtratssitzung in Potsdam dürfte lauter sein als so eine „Warnung“ vor dem Krieg.
Und kein Transparent am Nauener Tor! Das Tor dürfe, so der „Kommunale Immobilienservice der Landeshauptstadt Potsdam“ durch den Mund von Frau Ungemach (nomen est wirklich omen), aus historischen Gründen in keiner Weise verändert werden. Nun wußten wir nicht, daß seit Hunderten von Jahren im Nauener Tor eine Pizzeria bewirtschaftet wird. Jetzt wissen wir es. Die Geschichtswissenschaft ist reicher seit Frau Ungemach.
Eine Dummheit, eine Frechheit, eine Unverschämtheit nach der anderen. Wäre es nicht so hundsgefährlich, wäre es Schilda. Kaum noch verhüllt, kaum noch mit Ausreden verbrämt die behördliche Willkür, die ad oculos demonstriert, wie die Chance von Potsdam bis heute ausgeschlagen wurde und immer noch mehr mit Füßen getreten wird. Ein Beweis nach dem anderen, daß, und wenn es Asche in unserem Munde wird, die Antikriegsaktion „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ stattzufinden hat.
POTSDAM. Der wegen des Überfalls auf einen Deutsch-Äthiopier in Potsdam inhaftierte Björn L. aus Wilhelmshorst (Potsdam-Mittelmark) bleibt weiter in Untersuchungshaft. Das entschied am Freitagnachmittag ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, nachdem ihm der 29-jährige Türsteher bereits einen Tag zuvor zur Haftprüfung vorgeführt worden war. Allerdings bestehe gegen den Mann nicht mehr der dringende Tatverdacht des versuchten Mordes, sondern der der gefährlichen Körperverletzung. Es sei kein Tötungsvorsatz erkennbar, hieß es. Es bestehe aber Fluchtgefahr.
Der Richter entschied zudem, dass Generalbundesanwalt Kay Nehm den Fall fortzuführen habe. Gegen den zweiten Tatverdächtigen Thomas M. wird weiter wegen versuchten Mordes ermittelt. Er hat am nächsten Mittwoch Haftprüfungstermin. Wenn sich auch gegen ihn der Vorwurf des versuchten Mordes nicht erhärten lässt, dann könnte Nehm die Ermittlungen wieder nach Brandenburg abgeben. Nehm wirft beiden Männern vor, am Ostersonntag den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. zusammengeschlagen zu haben. Der oberste deutsche Ankläger wertete dies nach der Tat sofort als rechtsextremistisch motivierten Mordversuch. Er sah die innere Sicherheit gefährdet.
“Meine Stimme ist einzigartig”
Klar scheint, dass nicht die mutmaßlichen Täter den Streit begannen, sondern das 37-jährige Opfer. Ermyas M. war betrunken, als er das Wort “Schweinesau” zuerst in Richtung Björn L. und Thomas M. sagte und auch mit den Tätlichkeiten begann. Drei Zeugen bestätigen dies.
Björn L. und Thomas M. sollen Ermyas M. bei der Auseinandersetzung als “Nigger” beschimpft und ihm mit einem einzigen Schlag ins Gesicht ein lebensgefährliches Schädel-Hirn-Trauma zugefügt haben. Der Wortwechsel zwischen den drei Männern war zufällig auf einer Mailbox mitgeschnitten worden. Zu hören ist darauf die Fistelstimme eines der Täter. Die Ermittler sind sich sicher: es ist die Stimme von Björn L., der wegen seiner hohen Stimme auch “Piepsi” genannt wird. Dies hätte die Auswertung einer mehr als siebenminütigen Stimmprobe von Björn L. ergeben. Diese war von Spezialisten des Brandenburger Landeskriminalamtes ausgewertet worden. “Artikulatorische Merkmale, Sprechrhythmus und Akzentuierung” sprächen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür, dass Björn L. zur Tatzeit am Tatort gewesen sei, hieß es aus Ermittlerkreisen. Es gebe auffällige Übereinstimmungen mit der Täterstimme von der Mailbox. Björn L. selbst hatte in der ersten Vernehmung gesagt: “Meine Stimme ist einzigartig.”
Anwalt erwägt Haftbeschwerde
Ungewöhnlich ist, dass ein Bundesrichter mehr als einen Tag für die Haftprüfung benötigte. Schon machten Gerüchte die Runde, dass Generalbundesanwalt Nehm den Fall gleich nach Brandenburg abgeben würde. Doch offenbar irritierte den Richter nicht nur die Frage, ob es sich wirklich um einen Mordversuch gehandelt hat. Neue Zeugen waren aufgetaucht, die die Stimme von der Mailbox zwei anderen Männer aus Potsdam zugeordnet hatten. Zunächst fiel ein Verdacht auf den Sänger einer Neonazi-Band, der sich aber zerschlug. Der Verdacht gegen einen anderen Mann wurde ernster genommen: Marko S. musste am Mittwoch eine Stimmprobe abgeben. Erst am Freitagmorgen stand fest, dass er als Täter nicht in Frage kommt.
Björn L. bestreitet die Tat. Er will zur Tatzeit mit einer Kehlkopfentzündung im Bett gelegen haben. “Sein Arzt hat bestätigt, dass er nur noch krächzend und mit rauer Stimme reden konnte”, sagte sein Anwalt Veikko Bartel am Freitag. Die Aussage des Mediziners sei aber in der 20-seitigen Begründung für die weitere Inhaftierung nicht erwähnt worden. “Nur die Zeugen, die meinen Mandanten belasten, sind angeblich glaubwürdig”, sagte Bartel. Er erwägt Haftbeschwerde.
Bis zur Haftprüfung von Thomas M. soll auch Ermyas M., der erst kürzlich aus dem Koma erwachte, befragt werden. Das Unfallkrankenhaus Berlin äußert sich auf Wunsch der Bundesanwaltschaft nicht mehr zu seinem Gesundheitszustand.