Nach einer Zeit der relativen Ruhephase sind in der Region Berlin-Brandenburg wieder vermehrte Aktivitäten der neonazistischen NPD wahrnehmbar. Hintergrund könnte die am 24. September 2017 anstehende Bundestagswahl sein. Hierfür zeigte die NPD, gemeinsam mit 62 anderen Parteien und politischen Vereinigungen, unlängst ihre Teilnahme beim Bundeswahlleiter an.
Da die neonazistische Partei aber weder im Bundestag vertreten ist, noch eine Fraktion in einem Parlament der Länder bildet, hat sie die Auflage Unterschriften für die Bestätigung ihrer Landesliste zu sammeln. Allein in Brandenburg müsste die NPD, nach Auskunft des Bundeswahlleiters, ungefähr 2.000 Unterstützungsunterschriften sammeln. In Berlin übrigens ebenso. Möchte die Partei flächendeckend bundesweit antreten, würde sie insgesamt 27.678 gültige Unterschriften benötigen.
Die Lage der NPD ist allerdings derzeit desolat. Das Verbotsverfahren, Missmanagement und die Diskussion um die künftige strategische Ausrichtung führten zu Parteiaustritten und einem Ausdünnen der unterstützenden Strukturen. Zudem hat die Partei zurzeit starke Konkurrenz vor allem am gemäßigten rechten Rand der Gesellschaft. Gleichfalls hat die NPD auch im Bereich der extremen Rechten wichtige Unterstützende verloren.
Andererseits verfügt die Partei allerdings insbesondere in einigen Regionen in Brandenburg noch über ein gewisses Aktivenreservoir, das durchaus fähig sein könnte, die notwendigen Unterstützungsunterschriften zu akquirieren.
Für die nächsten Wochen sind deshalb im Land vermehrt Infotische oder Versammlungen der NPD erwartbar.
Aktionismus gegen die politische Bedeutungslosigkeit
Bereits am vergangenen Wochenende sollen die „Nationaldemokraten“, gemäß eigener Auskunft, in mehreren Orten in Brandenburg Präsenz gezeigt haben. Der Ortsbereich Cottbus habe in Schmellwitz und Sandow Infotische abgehalten, der Kreisverband Oberhavel in Velten und Hennigsdorf. Weiterhin zeigte die NPD Barnim bereits in der vergangenen Woche bei einer Demonstration gegen eine Moschee in Bernau Präsenz.
Am Dienstagnachmittag setzte die NPD nun im Landkreis Potsdam-Mittelmark ihre Aktivitäten fort. In der Kreisstadt Bad Belzig führten der örtliche Stadtverordnete der Partei sowie eine langjährige Aktivistin u.a. einen Infotisch im Wohngebiet Klinkengrund fort. Zuvor hatte die Parteisektion „NPD Potsdam-Mittelmark“ im Internet alle Interessierten um Unterstützungsunterschriften für den Antritt der Mutterpartei zur Bundestagswahl gebeten.
Auslotung neuer Ressourcen
Neben den Bemühungen sich aus eigener Kraft der politischen Bedeutungslosigkeit zu entziehen, scheinen Parteifunktionäre auch vermehrt in Mischszenen präsent zu sein. Mehrfach wurde Kader der Partei beispielsweise bei PEGIDA-ähnlichen Versammlungen in Berlin und Brandenburg beobachtet. Doch auch hier ist die Konkurrenz gegenüber anderen extrem rechten Vereinigungen groß und die Klientel entspricht nicht immer den völkischen Idealvorstellungen der „Nationaldemokraten“.
Ein deutliches Interesse scheint aber mittlerweile an der so genannten „Identitären Bewegung“ zu bestehen. Insbesondere die inhaltliche Ausrichtung, die sich sehr an die Programmatik der „Neuen Rechten“ sowie völkischen Weltanschauungen orientiert, dürften der NPD Schnittstellen bieten. Gleiches könnte für den Aktionismus der IB, der doch stark an frühere Kampagnen aus dem Spektrum der nationaldemokratischen Jugendorganisation JN erinnert, gelten. Zudem ist es kein Geheimnis, dass Akteure der „Identitären Bewegung“ einstmals in der NPD Jugend aktiv waren.
Insofern erscheint es nachvollziehbar, dass einzelne Verbände der „Nationaldemokraten“ zur Beteiligung am zentralen Aufmarsch der IB am 17. Juni 2017 in Berlin aufriefen. „Da die Erhaltung der europäischen Völker“ ein „gemeinsames Ziel“ sei „und für Abgrenzungen und Spaltereien keine Zeit mehr“ wäre, würde die Veranstaltung „trotz einiger merkwürdiger Formulierungen“ unterstützt werden, so beispielsweise der NPD Kreisverband Marzahn-Hellersdorf im Vorfeld des „Identitären“-Aufzuges.
Tatsächlich nahmen am vergangenen Samstag mehrere bekannte Akteure aus NPD, JN und Parteinahen Strukturen an der IB-Versammlung in Berlin Teil. Eine Abordnung des Kreisverbandes Oberhavel um den Brandenburger Landesorganisationsbeauftragten Robert Wolinksi aus Velten erschien beispielsweise mit dem Magdeburger Andy Knape, der zeitweise im Bundesvorstand der „Nationaldemokraten“ saß.
Im Nachhinein bewertete der NPD Landesverband Berlin den Marsch der „Identitären Bewegung“ trotz „nicht geräumter linker Blockaden“ sowie vereinzelten inhaltlichen Differenzen als Erfolg. Die Parteisektion sah sich u.a. in einigen Forderungen der Sprechchöre bestätigt und begrüßte das Flagge-zeigen in einem vermeintlich „überfremdeten Berliner Stadtbezirk“.