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Alternatives Jugendzentrum in Hennigsdorf

Hen­nigs­dorf — Im bran­den­bur­gis­chen Hen­nigs­dorf am Oder-Hav­el-Kanal (Ober­hav­el) tut sich einiges. Nun sind die Besetzer_Innen eines Gebäudes der alten “Wäscherei” in Hen­nigs­dorf schon den vierten Tag im Gebäude. Die Aussen­fas­sade wurde weiß gestrichen, das Haus wird entrüm­pelt, Toi­let­ten, Küche, Schlafräume wur­den ein­gerichtet, es wur­den schon erste Sanierungsar­beit­en ange­fan­gen. Die Stim­mung ist gut und die meis­ten Anwohn­er sind sehr sol­i­darisch, Nazis machen sich trotz ihrer Gefährlichkeit Lächer­lich. Ein kurz­er Abriss der let­zten vier Tage.
Am ersten Tag kamen erst nur mäßig Unterstützer_Innen ausser­halb von Hen­nigs­dorf und die Polizei/ Stadt duldete erst­mal die Besetzung. 

Einen bish­er andauern­den Mobil­isierungss­chub von Unterstützer_Innen löste eine Angriff­swelle abends gegen vier­tel zehn von etwa 30 Neo-Nazis, zum Großteil ver­mummt, mit Schlagstöck­en und Leucht­spur­mu­ni­tion bewaffnet aus. Diese Angriff­swelle dauerte bis zu ein­er dreivier­tel Stunde an (in der sich auch die Polizei zurück­zog und den Nazis ein rechts­freien Raum im Kampf gegen Linke bot). Die Nazis hat­ten nicht mit dem starken Wider­stand der Hennigsdorfer_Innen gerech­net und so zogen sie sich zurück, während es auf unser­er seite keine Ver­let­zten gab. 

An dem Abend kamen unendlich viele Antifaschist_Innen nach Hen­nigs­dorf um den Nazis nicht das neu-beset­zte alter­na­tive Jugendzen­trum zu über­lassen. Die Stim­mung war sehr gut, doch Nazis sah man am Mittwoch Abend nicht mehr. Das Aufge­bot der Antifas wirk­te auf die Bürg­er wohl sehr martialisch. 

Den­noch lauerten Nazis einen ver­meintlich Linken auf und prügel­ten die Per­son ins Krankenhaus. 

Nur unsere Spreegeschwad­er-Gar­ten­cen­ter-Liefer­wa­gen Frak­tion kon­nte sich nicht im Zaum hal­ten und wollte mit ihren Autos die Stadt neu vermessen. 

Die Polizei zog irgend­wann ihre Kräfte zurück und beschränk­te sich auf Streifen. 

Am Don­ner­stag waren wieder viele Untertützer_Innen da, nun bewachte die Polizei die Aus- und Eingänge, hat­te aber nach eige­nen Aus­sagen Schwierigkeit­en links und rechts Äusser­lich auseinan­der zu hal­ten. Nach­dem sie um die Mit­tagszeit herum das Gelände umstellt hat­ten und Räu­mung dro­ht­en zogen sie wieder zurück. Die Stadt ließ Sper­ren auf­stellen die sie einen Tag später wieder ent­fer­nte. Inter­es­san­ter­weise trafen sich wieder die Nazis am “On the Streets”, ange­blich sei ein Lau­ti der Nazis aus Meck­len­burg da und ange­blich auch Nazis aus Pots­dam, Oranien­burg und Neu­rup­pin. Auf die unsrige Seite des “Bah­n­dammes” kamen sie aber nicht und die Polizist_Innen sahen uns als das eigentliche Prob­lem an und verniedlicht­en die Nazis als “die Anderen”. 

Bis auf die übliche Aut­o­fahrerei der Nazis blieb aber alles ruhig, obwohl es ange­blich immer­wieder “Angriff­sankündi­gun­gen” gab. 

Am Fre­itag fan­den einige Antifas den Namen “On the Streets” nicht mehr zeit­gemäß, da trotz Dorf­busch­funk Angriff­sankündi­gun­gen wieder nicht passierte. Sie soll­ten wohl als “On the cel­lar” oder “In the House” betitelt wor­den seien. 

Als eine Gruppe von sage und schreibe Acht Antifas zum Hen­nigs­dor­fer Bahn­hof ging Bemerk­ten sie halb im Tun­nel drin eine etwa gle­ich­große Gruppe “Autonomer Nation­al­is­ten” oder auch “Anti-Antifa”-Aktivistinnen und Aktivis­ten. Bevor man über­haupt an sie rankam waren sie auch schon wieder weg. Später waren noch ein paar Jugendliche des Conne Island da, die ihren unmut ver­bal zum Aus­druck bracht­en und heute inspizierten schon ältere Besuch­er des­sel­bi­gen das Gelände… 

Die Bevölkerung ist sehr sol­i­darisch, find­et größ­ten­teils gut was getan wird, unter­stützt finanziell, materiell und moralisch diese Beset­zung. Migrantis­che Jugendliche sollen sog­ar zueinan­der gesagt haben: “Heut ver­prügeln wir zusam­men mit den Punks die Scheiß Nazis!” pöbel­ten später aber unentschlossen­er Weise (ver­mut­lich auf­grund fehlen­der Nazis) doch Linke, halb spasse­shal­ber, an. Rus­sis­che Aussiedler greifen auch nicht mehr offen Linke an. Es ist also mein­er Mei­n­ung ein sig­nifikan­ter Stim­mungswech­sel zu beobachten. 

Den­noch sind in der teil­weise tem­porär Naz­ibefre­it­en Zone Hen­nigs­dorf immer­noch die Nazis unter­wegs und pla­nen Aktio­nen gegen das Alter­na­tive Jugendzen­trum. Eine ihrer let­zten Ideen war eine Beset­zung für ein “Nationales Jugendzen­trum” usw usf. 

Der Bürg­er­meis­ter will das die Jugendlichen ohne großes Auf­se­hen ein­fach ihr Vorhaben aufgeben, damit sich ange­blich die Ver­hand­lungs­ba­sis der Jugendlichen verbessere. Die Bevölkerung spricht von uns schon als “Nach­barn” und die Stadt habe es ja sowieso 15 Jahre lang zer­fall­en lassen… 

Die Auseinan­der­set­zung mit Polizei und Ord­nungsamt ist zur Zeit so koop­er­a­tiv und deeskala­tiv wie es nur geht, es wird teil­weise polizeilich Inter­essierten der Besuch unter­sagt und Platzver­weis geah­n­det oder ver­meintlichen Antifas ihre Spielzeuge geklaut… 

Ganz so lang­weilig ist es den­noch nicht und es wird drin­gend um Unter­stützung gebeten. Also wenn ihr ein paar Stun­den nichts zu tun habt FAHRT NACH HENNIGSDORF!!! 

Gerüchte­hal­ber soll es heut gar ein Konz­ert geben. Essen und Trinken kön­nt ihr mit­brin­gen, braucht ihr aber nicht unbedingt… 

Also unter­stützt den Kampf für ein naz­ifreies Jugendzen­trum in Hennigsdorf.

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Naziterror gegen besetztes Haus

INFORIOT Seit dem Mor­gen von Mittwoch, dem 11. Juli, ist in Hen­nigs­dorf die Alte Wäscherei beset­zt. AktivistIn­nen der
Hen­nigs­dor­fer Antifaschis­tis­chen Ini­tia­tive (HAI) wollen mit der Aktion ihrer Forderung nach einem alter­na­tiv­en Jugendzen­trum Nach­druck verleihen.

Noch am Abend des Beset­zungstages wurde das beset­zte Haus von 30 bis 40
Neon­azis ange­grif­f­en
. Steine, Flaschen und Feuer­w­erk­skör­p­er flo­gen auf die Beset­zerIn­nen. Diese reagierten erst panisch auf die Attacke, vertei­digten sich dann aber — nach ein­er hal­ben Stunde zogen die Recht­en ab. Ver­let­zt wurde glück­licher­weise nie­mand. Erst nach dem Angriff tauchte die Polizei auf, obwohl sie dur­chaus informiert war. Zwei Sym­pa­thisan­tInnen des beset­zen Haus­es wur­den später am Bahn­hof von Neon­azis zusam­mengeschla­gen. Am fol­gen­den Don­ner­stag umstellte die Polizei das beset­zte Haus, und ver­suchte die am Vor­abend durch die Neon­azis verur­sacht­en Schä­den den Beset­zerIn­nen vorzuw­er­fen. So schildert die HAI das bish­erige Geschehen.

Die Alte Wäscherei ist ein seit vie­len Jahren leer ste­hen­des Gebäude. Schon seit langem weist die HAI auf den Bedarf nach einem unab­hängi­gen, selb­stver­wal­teten Jugendzen­trum in Hen­nigs­dorf hin — bish­er ohne Erfolg. “Wir haben die Sache selb­st in die Hand genom­men”, kom­men­tierte darum eine Sprecherin der Gruppe die Beset­zung. Im Con­ny Island, dem einzi­gen Jugend­klub der Stadt, sei es nicht ein­mal möglich, den Slo­gan “Gegen Nazis” auf Fly­er für Ver­anstal­tun­gen zu druck­en. Man wäre dort gezwun­gen, im Namen des hau­seige­nen “Neu­tral­is­mus” auch Neon­azis auf selb­st organ­isierte Ver­anstal­tun­gen zu lassen. Bish­erige Ver­hand­lun­gen mit der Stadt über einen Tre­ff­punkt seien bish­er gescheitert.

Wie bit­ter notwendig ein Tre­ff­punkt für alter­na­tive Jugendliche ist, wie berechtigt die Forderung danach ist, sollte schon anhand des Neon­azi-Angriffs auf das beset­zte Haus nachvol­lziehbar sei. In Hen­nigs­dorf existiert seit län­gerem der Neon­aziladen “On the Streets”, aus dem aus Sicht von AntifaschistIn­nen wieder­holt Gewalt­tat­en ange­dro­ht wur­den. Für Szeneken­ner ist angesicht dieses Poten­zials der Gewal­taus­bruch durch die Recht­en nach der Beset­zung keine Über­raschung. Auch “Stolper­steine” zur Erin­nerung Hen­nigs­d­ofer Juden, wur­den vor kurzem erst kurz nach der Ver­legung von Unbekan­nten ent­fer­nt.

Auch in der zweit­en Nacht nach der Beset­zung rot­teten sich nach Presseangaben Recht­sex­treme zusam­men — dies­mal kam es jedoch zu keinen direk­ten Kon­fronta­tio­nen. Das Demokratis­che Jugend­fo­rum Bran­den­burg begrüßte inzwis­chen die Beset­zung als große Chance für die Entwick­lung demokratis­ch­er Kul­tur in der Stadt.

Am Don­ner­stag kam es zu ersten Ver­hand­lun­gen zwis­chen Beset­zerIn­nen und dem stel­lvertre­tenden Bürg­er­meis­ter Mar­tin Witt. Laut ein­er Pressemel­dung sagte Witt, dass es von Seit­en der Antifa die falsche Strate­gie sei, “die Stadt zu Lösun­gen nöti­gen zu wollen”. Er ver­langte, dass die Beset­zung abge­brochen werde — unter dieser Bedin­gung würde sich die Stadt um “eine Lösung” bis zum Jahre­sende bemühen. Die Antifa pochte auf ein konkretes Ange­bot und will bis dahin an der Beset­zung fes­thal­ten. “Was wir bekämpfen, ist Gedankengut”, sagte Witt etwas kryp­tisch in Bezug auf die bish­erige Jugen­dar­beit im Con­ny Island. Er sehe dort kein Prob­lem mit recht­sex­tremen Jugendlichen, weil dort für alle BesucherIn­nen die gle­ichen Regeln gälten.

Die Haus­be­set­zerIn­nen freuen sich nach eigen­er Aus­sage über Besuch von Unter­stützerIn­nen: “Kommt vor­bei und unter­stützt die Leute vor Ort! Helft mit, den Freiraum zu gestal­ten.” Das Haus ist in der Park­straße 14; nur fünf Minuten Fußweg vom S‑Bahnhof Hen­nigs­dorf ent­fer­nt. Kon­takt gibt es über die Tele­fon­um­mer (0176) 265.676.79. Ein Radioin­t­er­view mit den Beset­zerIn­nen dte­ht auf der Home­page von Radio Corax zum Down­load bere­it. Ein klein­er Videobeitrag ist hier zu finden.

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Erst Hitler-Party, dann versuchter Mord

Prenzlau/Neuruppin — Gegen einen 23-jähri­gen Recht­sex­trem­is­ten ist Anklage wegen ver­sucht­en Mordes an einem Inder im bran­den­bur­gis­chen Pren­zlau erhoben wor­den. Er habe das Opfer aus frem­den­feindlichen Motiv­en am 20. April zusam­mengeschla­gen, sagte die Neu­rup­pin­er Ober­staat­san­wältin Loli­ta Lodenkäm­per. Zudem wird ihm vorge­wor­fen, zuvor einen Südamerikan­er attack­iert zu haben. 

Gegen einen 25-Jähri­gen erg­ing unter anderem Anklage wegen gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung. Die Angriffe erfol­gten laut Staat­san­waltschaft aus ein­er Gruppe her­aus, die zuvor den Jahrestag des Hitler-Geburt­stags gefeiert hatte.

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Große Chance

Am 11.07.2007 haben Jugendliche und junge Erwach­sene der
Hen­nigs­dor­fer Antifaschis­tis­chen Ini­tia­tive (HAI) das seit langem
leer­ste­hende Gebäude ein­er alten Wäscherei in der Innen­stadt besetzt.
Das Demokratis­che Jugend­FO­RUM Bran­den­burg (DJB e.V. ) begrüßt das
Vorge­hen der Ini­tia­tive aus­drück­lich. Das Engage­ment der Mitglieder
bietet der Stadt Hen­nigs­dorf nun eine große Chance, die demokratische
Kul­tur in der Stadt zu stärken. 

Die Beset­zung ist eine Reak­tion auf die seit langem bekannten,
gedulde­ten und über die Stadt­gren­zen hin­aus wahrnehm­baren Zustände in
der Stadt Hen­nigs­dorf. Ger­ade im Bere­ich des Bahn­hofs und der
Innen­stadt ist das Stadt­bild oft­mals geprägt von rechtsextremen
Jugendlichen, die unschw­er an zur Schau gestell­ten Sym­bol­en der
recht­en Szene zu erken­nen sind. Über­griffe auf Aus­län­der und
alter­na­tive Jugendliche ste­hen auf der Tage­sor­d­nung. Der seit Jahren
etablierte rechte Szeneladen “On the Streets” dient dabei auch als
Anlauf­punkt für recht­sex­treme Per­so­n­en aus Hen­nigs­dorf und Umgebung.
Das hohe Poten­tial der recht­sex­tremen Szene in Hen­nigs­dorf zeigte
sich dann auch in den spon­ta­nen und äußerst gewalt­täti­gen Angriffen
von über 30 Recht­sex­tremen auf die Jugendlichen kurz nach der Besetzung. 

„Bei diesen Zustän­den ist es klar, dass es drin­gend nötig in der
Stadt ist, einen Ort zu schaf­fen indem Antifaschismus
selb­stver­ständlich ist“, so ein Sprech­er der Ini­tia­tive. In der
Ver­gan­gen­heit wur­den seit­ens der Ini­tia­tive viele Versuche
unter­nom­men, einen geeigneten Ort in der Stadt zu find­en, in dem
demokratis­che und antifaschis­tis­che Gedanken und Aktiv­itäten ihren
berechtigten Platz haben. 

Die Bemühun­gen der Jugendlichen um einen solchen Ort, sind allerdings
vor­erst gescheit­ert. Im beste­hen­den städtis­chen Jugendzentrum
“Kon­rads­berg” wurde der Ini­tia­tive unter­sagt auf einen Fly­er “Gegen
Nazis” zu schreiben. Sie soll­ten eben­falls dazu verpflichtet werden,
bei ihrer Ver­anstal­tung Per­so­n­en mit bekan­ntem rechtsextremistischen
Hin­ter­grund einzu­lassen. Ein Mitar­beit­er des Jugendzen­trum wird
zitiert mit den Worten: “Wir haben hier im Haus Iran­er, Russen sowie
rechte und linke Jugendliche — alle sind willkom­men”. Dieser
schein­bare Plu­ral­is­mus hat in den ver­gan­genen Jahren in Brandenburg
in vie­len Fällen zur Schaf­fung von Freiräu­men für rechte Jugendliche
geführt. 

Wer die Idylle stört, fliegt raus. Wer sich auf Antifaschis­mus und
Demokratie beruft hat es schw­er. Die Akzep­tanz und Tol­er­anz von
recht­en Jugendlichen in städtis­chen Jugend­clubs ist eine Verfehlung
mit mas­siv­en Auswirkun­gen auf Sozial­räume und das Kli­ma in einer
Stadt. Die Ini­tia­tive hat die einzig richtige Kon­se­quenz gezo­gen und
ver­sucht durch die Schaf­fung von Öffentlichkeit auf dieses Problem
hinzuweisen. Die Forderung nach einem eige­nen Raum und die
koop­er­a­tive Bere­itschaft darüber mit der Stadt zu ver­han­deln sind
vorbildlich. 

Das DJB ist seit 1990 in Bran­den­burg in der Jugen­dar­beit und als
Net­zw­erk­struk­tur viel­er selb­stver­wal­teter Pro­jek­te, Ini­tia­tiv­en und
Jugend­clubs aktiv. Es hat sich gezeigt, dass in Städten, die sich
pos­i­tiv zu ihren alter­na­tiv­en Jugendlichen beken­nen, ein
gesellschaftlich­es Kli­ma der Tol­er­anz und des Miteinan­ders existiert.
Es gibt einen kon­struk­tiv­en Dia­log und damit die Ein­bindung von
Jugend­struk­turen in poli­tis­che Gremien und Entscheidungsprozesse.
Pos­i­tive Beispiele find­en sich beispiel­weise in Straus­berg, Bernau,
Pots­dam oder Neuruppin. 

Städte die ihr Prob­lem mit recht­sex­tremer Dom­i­nanz in der Jugendszene
ver­harm­losen bzw. leug­nen präsen­tieren sich als gefährliche Gebiete
für viele Men­schen unser­er Gesellschaft. Beispiele sind hier Schwedt/
Oder, Anger­münde und Frankfurt/Oder. Ein Kli­ma der Aus­gren­zung sorgt
für Abwan­derung und kul­turelle Verarmung. 

Dem Han­deln nach „Geset­zes­lage“ ste­ht die Möglichkeit eines Handeln
der Nach­haltigkeit und Ver­nun­ft gegenüber. Die Jugendlichen in der
alten Wäscherei sind keine Chaoten, son­dern Jugendliche und Bürger
der Stadt Hen­nigs­dorf, die sich für ihre Freiräume und Interessen
engagieren. Dieses Poten­tial zu nutzen und nicht zu unter­drück­en wäre
ein beispiel­hafter Umgang im demokratis­chen Miteinander. 

Die Stadt Hen­nigs­dorf sollte die Haus­be­set­zung als Chance begreifen,
in einen Diskurs mit den Jugendlichen zu treten und gemeinsam
langfristige Strate­gien zu erar­beit­en, die eine bunte Jugendkultur
fördern und das Erstarken von Ide­olo­gien der Aus­gren­zung verhindern.
Die poli­tis­chen und gesellschaftlichen Kräfte der Stadt sind nun dazu
aufgerufen und gesellschaftlich verpflichtet, die Jugendlichen ernst
zu nehmen, sie vor psy­chis­chen und psy­chis­chen Angrif­f­en durch
Recht­sex­treme zu schützen und diese Gele­gen­heit zu nutzen, den Dialog
und die kon­struk­tive Auseinan­der­set­zung mit aller Kraft zu fördern.
Beteili­gung statt Poli­tikver­drossen­heit, Dia­log statt Aus­gren­zung und
Ver­ant­wor­tung statt Pop­ulis­mus ist das Erfolgsrezept.

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NPD-Stand Frankfurt (Oder) 19.Mai

Anlässlich eines bun­desweit­en Aktion­stages der NPD zum Gipfel­tr­e­f­fen der G8 baut­en am 19. Mai 43 Neon­azis aus mehreren Städten Ost­bran­den­burgs nacheinan­der zwei Infos­tände in Frank­furt (Oder) und Eisen­hüt­ten­stadt auf. Der für die Region zuständi­ge Kreisver­band Oder­land der Partei nutzte den Tag in der Nach­bere­itung zum Abfeiern sein­er derzeit­i­gen Mit­glieder- und Aus­bre­itungs­be­mühun­gen im Vor­feld der Bran­den­burg­er Kom­mu­nal­wahlen Ende 2008.
Anlässlich eines bun­desweit­en Aktion­stages der NPD zum Gipfel­tr­e­f­fen der G8 baut­en am 19. Mai 43 Neon­azis aus mehreren Städten Ost­bran­den­burgs nacheinan­der zwei Infos­tände in Frank­furt (Oder) und Eisen­hüt­ten­stadt auf. Der für die Region zuständi­ge Kreisver­band Oder­land der Partei nutzte den Tag in der Nach­bere­itung zum Abfeiern sein­er derzeit­i­gen Mit­glieder- und Aus­bre­itungs­be­mühun­gen im Vor­feld der Bran­den­burg­er Kom­mu­nal­wahlen Ende 2008. So ver­fügt die Partei mit der mit der Durch­führung des Info­s­tands ein­herge­hen­den Grün­dung des „NPD-Stützpunk­tes Eisen­hüt­ten­stadt“ mit­tler­weile über fünf Kreisver­bände, zehn Ortsver­bände und drei NPD-Stützpunk­te. Das beab­sichtigte Bild ein­er in Bran­den­burg ras­ant an Aktiv­ität gewin­nen­den NPD muss jedoch kri­tisch hin­ter­fragt werden.
Die Infos­tände in Frank­furt (Oder) und Eisen­hüt­ten­stadt kön­nen jeden­falls kaum als Beweis für eine stärkere Ver­ankerung der neon­azis­tis­chen Partei vor Ort her­hal­ten. Zwar gelang es über 40 Neon­azis zu den Stän­den zu mobil­isieren. Aus den Städten selb­st kamen jedoch nur eine reich­liche Hand voll Per­so­n­en. Vielmehr ent­pup­pte sich der Aktion­stag als kaum beachteter Wan­derzirkus langjährig aktiv­er NPDler aus diversen Städten Bran­den­burgs. Mit dabei der Lan­desvor­sitzende Klaus Beier aus Reichen­walde, die im Lan­desvor­stand sitzende Manuela Kokott aus Storkow, der Kreistagsab­ge­ord­nete aus Oder-Spree, Lars Bey­er, der Fürsten­walder NPDler Frank Odoy neb­st diversem Anhang und der Eisen­hüt­ten­städter Jan Weiß. Offen­bar zum Schutz der Infos­tände waren leicht ver­spätet noch 15 Neon­azis der 2006 schein-aufgelösten Neon­azikam­er­ad­schaft „Lausitzer Front Guben“ (LFG) per Bahn angereist. Am Frank­furter Info­s­tand ließen sich über den Tag dann auch nur 8 Ein­heimis­che blick­en. Darunter Roland Weiß, der aus Berlin zurück­gekehrte André Wern­er, Mario Schreiber, Mar­tin Kreusch und Björn Sielaff.

Der unter antifaschis­tis­chem Protest und enormer Polizeipräsenz kom­plett aus­bleibende Besuch von Bürg­erIn­nen am Info­s­tand der NPD ließ ihn let­ztenen­des naht­los in die bish­er äußerst magere Bilanz der Aktiv­itäten des Frank­furter Ortsver­ban­des einord­nen. So lassen sich in den vier Monat­en seit sein­er Reak­tivierung lediglich nächtliche Flug­blatt-Verteilak­tio­nen in den Briefkästen der Neubauge­bi­ete Neu­beresinchen und Süd fest­stellen. Öffentliche Wahrnehmung – Fehlanzeige. Geän­dert hat sich mit dem neuen Ortsver­band dem­nach kaum etwas. Ähn­lich­es ist in Eisen­hüt­ten­stadt zu erwarten. 

Im Auge muß jedoch weit­er­hin die zunehmende Unter­stützung der NPD durch freie Kam­er­ad­schaften behal­ten wer­den, durch die sich nun auch die “Lausitzer Front Guben” (LFG) her­vor­tut. Bere­its beim ersten NPD-Stand in Frank­furt (Oder), im April 2006, waren Aktivis­ten der LFG angereist. Die Neon­azikam­er­ad­schaft hat­te sich aus Angst vor einem Ver­bot offiziell für aufgelöst erk­lärt ohne jedoch ihre Aktiv­itäten einzuschränken. Nach wieder­holten Teil­nah­men der Guben­er an Ver­anstal­tun­gen und Demon­stra­tio­nen der NPD/JN scheint es inzwis­chen ein offenes Geheim­nis, dass die LFG ihre Aktiv­itäten unter dem Dach der Bran­den­burg­er Jun­gen Nation­aldemokrat­en (JN) fort­set­zen wird. Für die derzeit in Bran­den­burg abso­lut bedeu­tungslose JN stellt das Kam­er­ad­schaftsster­ben im Land die Chance dar. Und so müht sich der junge Sebas­t­ian Sei­del aus Forst, der dem derzeit einzi­gen Bran­den­burg­er JN-Ver­band vorste­ht, redlich um die Anwer­bung freier Nation­al­is­ten. Zumin­d­est in der Lausitz scheint er damit inzwis­chen recht erfol­gre­ich zu sein. Anfang Juni verkün­dete er nach einem „Inter­essen­ten­tr­e­ff“ den Ein­tritt von 16 Per­so­n­en in die JN. Vielle­icht bekommt die NPD so zukün­ftig auch wieder in Guben einen Fuß in die Tür.

[Dieser Text ist eine Vor­ab­veröf­fentlichung und erscheint in der näch­sten Aus­gabe des Frank­furter Infor­ma­tions­blatts Recherche Output.]

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Linke Initiative von Rechten vermöbelt

Linke Jugendliche beset­zen eine leer ste­hen­den Fab­rik in Hen­nigs­dorf. Die Polizei lässt sie gewähren. Aber Nazis greifen das alter­na­tive Jugendzen­trum noch an dem­sel­ben Abend bru­tal an. Stadtver­wal­tung zeigt sich gesprächsbereit

Das bran­den­bur­gis­che Hen­nigs­dorf hat seit Mittwoch ein neues Jugendzen­trum — auch wenn das von der Stadt an den nördlichen Stadt­gren­ze Berlins so nicht geplant war. Die Hen­nigs­dor­fer Antifaschis­tis­chen Ini­tia­tive (HAI) hat mit Schülern und Jugendlichen die seit Jahren leer ste­hende Wäschefab­rik in der Nähe des Bahn­hofs beset­zt. Während die Polizei die Beset­zer gewähren ließ, grif­f­en Neon­azis noch am Mittwoch das Haus an.

“Um 21 Uhr beka­men wir einen Anruf, dass sich etwa 30 bewaffnete Neon­azis vom Bahn­hof in unsere Rich­tung bewe­gen”, erzählt Anna Koch, Sprecherin der HAI. “Die Nazis began­nen sofort mit Leucht­spur­mu­ni­tion auf uns zu schießen und Steine zu wer­fen”, so Koch. Die rund 30 verbliebe­nen Besuch­er hät­ten sich im Gebäude ver­schanzt. Erst als die Jugendlichen sich mit Flaschen und Steinen zur Wehr set­zten, hät­ten sich die Recht­sex­trem­is­ten zurück­ge­zo­gen. Ver­let­zt wur­den glück­licher­weise niemand.

Die Polizei sei schon nach dem ersten Nazialarm angerufen wor­den. Doch erst nach ein­er Stunde seien vier Beamten ohne Helme gekom­men, kri­tisiert die Sprecherin. Die Polizei bestätigte gestern den Über­fall auf das Jugendzen­trum. Die Angreifer hät­ten sich noch vor dem Ein­tr­e­f­fen der Polizei ent­fer­nt, heißt es in ein­er Mit­teilung. Beamte hät­ten 15 Per­so­n­en der recht­en Szene in der Nähe angetrof­fen, deren Per­son­alien fest­gestellt und ihnen Platzver­weise erteilt.

“Der Angriff über­rascht uns über­haupt nicht”, sagt Toni Peters vom Antifaschis­tis­chen Pressearchiv und Bil­dungszen­trum in Berlin. Das recht­sex­treme Spek­trum in Hen­nigs­dorf sei als äußerst gewalt­bere­it bekan­nt, nur habe es bish­er an möglichen Angriff­spunk­ten in der Umge­bung gefehlt. “Durch den recht­en Szeneladen On The Streets haben auch viele Neon­azis aus dem Umland einen zen­tralen Bezugspunkt in Hen­nigs­dorf”, so Peters.

Für die näch­sten Tage rech­nen die Beset­zer mit weit­eren Angrif­f­en. Trotz­dem wollen sie in dem mar­o­den Haus bleiben. Die Stadtver­wal­tung zeigt sich gesprächs­bere­it. “Wir haben den Jugendlichen vorgeschla­gen, den Besitzer des Haus­es zu kon­tak­tieren”, sagte der Hen­nigs­dor­fer Jugend­beauf­tragte Bernd-Udo Rinas. Auch bei ein­er inter­nen Sitzung mit dem stel­lvertre­tenden Bürg­er­meis­ter sei die Beset­zung The­ma gewesen.

“Wir waren schon lange auf der Suche nach einem Ort, um Par­tys und Konz­erte mit antifaschis­tis­chem Anspruch zu ver­anstal­ten”, erzählt Anna Koch. Im beste­hen­den städtis­chen Jugendzen­trum Kon­rads­berg sei antifaschis­tis­che Jugen­dar­beit nicht möglich. Als ihre Gruppe dort im let­zten Jahr eine Par­ty feiern wollte, habe ihnen das Jugend­haus aus­drück­lich unter­sagt “gegen Nazis” auf die Plakate zu schreiben, berichtet Koch. Zudem hät­ten sie auch Neon­azis zur Par­ty herein­lassen müssen. Seit Okto­ber habe die Gruppe erfol­g­los mit dem Jugend­beauf­tragten über ein eigenes Zen­trum ver­han­delt. “Die Beset­zung war für uns der let­zte Ausweg”, fügt sie hinzu.

“Alle For­men von Extrem­is­mus find­en bei uns keinen Platz”, ent­geg­net Bern­hard Witt, Mitar­beit­er des Jugendzen­trums Kon­rads­berg. Das Haus sei für alle Jugendlichen offen, nur ver­fas­sungs­feindliche Sym­bole aller Art seien ver­boten. “Wir haben hier im Haus Iran­er, Russen sowie rechte und linke Jugendliche — alle sind willkom­men”, so Witt. 

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Polizei umstellt besetztes Haus in Hennigsdorf!

Heute rück­ten gegen 13 Uhr Kräfte der Hen­nigs­dor­fer Polizei an und umstell­ten das gestern beset­zte Haus in Hennigsdorf.
Das Haus wurde gestern von Nazis ange­grif­f­en. Die Polzei wirft den, durch die NAzis, verur­sacht­en Sach­schaden den Besetzer_Innen vor. 

Am 11. Juli wurde in Hen­nigs­dorf ein lehr ste­hen­des Gebäude durch die Hen­nigs­dor­fer Antifaschis­tis­che Ini­tia­tive (HAI) und Unterstützer_innen beset­zt. Die Forderung: „Her mit einem Alter­na­tiv­en Jugend Zentrum!“. 

Heute rück­ten gegen 13 Uhr Kräfte der Hen­nigs­dor­fer Polizei an und umstell­ten mit 8 bis 10 Beamten das Gebäude. Die Insassen sind seit dem im Gebäude fest­ge­set­zt. Die Beamten wer­fen den Besetzer_Innen „Land­friedens­bruch“, „Haus­friedens­bruch“ und „Sachbeschädi­gung“ vor. Die Sachbeschädi­gun­gen am Haus wurde jedoch durch einen Angriff von rund 30 bis 40 Nazis am gestri­gen Tag verur­sacht. Zu den Hauseigentümer_Innen kon­nte die Stadt bis dato keinen Kon­takt aufnehmen und erhebt somit selb­st­gerecht den Vor­wurf des „Haus­friedens­bruchs“.

Math­ias Kell­ner, ein Sprech­er der Hen­nigs­dor­fer Antifaschis­tis­che Ini­tia­tive, erk­lärte dazu: „Wir haben es satt mit der Stadt stets um ein alter­na­tiv­en Jugend­club zu ver­han­deln und let­z­tendlich immer wieder vertröstet zu wer­den. Wir nehmen uns darum was uns zuste­ht. Wir machen dies nicht aus Ego­is­mus! Wir führen diese Beset­zung auch für all die, die nicht hier sein kön­nen und die täglich unter dem recht­en Straßen­ter­ror hier in Hen­nigs­dorf leiden.“. 

Es ist absurd dass Neon­azis ungestört in Hen­nigs­dorf alter­na­tive Jugendliche angreifen kön­nen, die Polizei nichts untern­immt und uns, die Betrof­fe­nen des Über­griffes, einen Tag später so gar noch schikaniert. Es ste­ht fest, dass dies in ein­er Analo­gie zum Agieren der Stadtver­wal­tung, den Betreiber_Innen des lokalen Jugend­clubs „Con­ny Island“ und ander­er Hen­nigs­dor­fer Akteure zu sehen ist, die lieber mit Nazis kun­geln als Jugendlichen den Platz zur Selb­stver­wal­tung einzuräu­men. Es gilt darum weit­er am Ball zu bleiben und der Stadt Hen­nigs­dorf klar zu machen ohne ein AJZ in Hen­nigs­dorf es auch keine Ruhe geben wird. 

In diesem Sinne: 

„deshalb nehmen wir uns heute was uns sowieso gehört
und es ist uns scheiss egal ob es euch da oben stört (…)
Unsre Häuser kön­nt ihr stehlen doch die Ideen bleiben frei
Da hil­ft euch eine Staats­ge­walt und keine Polizei“
[Chaoze One – Kein Tag ohne] 

Hen­nigs­dorf: Zona Antifascista! – Keine schweigen­den Provinzen! 

Pressekon­takt zu den Besetzer_Innen:

Hen­nigs­dor­fer Antifaschis­tis­che Ini­tia­tive (HAI)

Mail: h_a_i@gmx.net

Tel: 017626567679

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Bericht zur erfolgreichen Veranstaltungsreihe in Eisenhüttenstadt

Vom 20.06. bis zum 03.07.2007 fand im Eisen­hüt­ten­städter Kul­turzen­trum eine Ver­anstal­tungsrei­he zu den The­men mod­ern­er Anti­semitismus und Israel statt. Ins­ge­samt 30 Leute befassten sich mit ver­schiede­nen The­men, wie z.B. der Geschichte Israels, dem Hin­ter­grund des sog. “Pal­i­tuch” und sekundärem Anti­semitismus. Weit­er­hin sahen sie den Film „Par­adise now“, mit anschließend kri­tis­ch­er Diskus­sion zu Selb­st­mor­dat­ten­tat­en in Israel. Die unter­schiedlich­sten BesucherIn­nen erschienen zahlre­ich zu den einzel­nen Infor­ma­tion­s­aben­den, welche fast ohne Störun­gen ver­liefen. Einzig zwei Neon­azis erschienen zum zweit­en Abend, wur­den jedoch schnell­stens des Raumes ver­wiesen. Die Polzei nahm ihre Per­son­alien auf.

Dieses Pro­jekt war ein weit­er­er Schritt zur Sen­si­bil­isierung Jugendlich­er für poli­tis­che Real­itäten und Prob­leme, sowie ein Beitrag zur Aufk­lärungsar­beit in Eisen­hüt­ten­stadt und Umgebung.

Auf­grund der pos­i­tiv­en Res­o­nanz wer­den der­ar­tige Ver­anstal­tungsrei­hen in näch­ster Zeit wieder­holt stattfinden.

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Ich fühle nichts”

(Anke Schwarz­er) Der Tag rückt näher, an dem Noël Mar­tin ster­ben will. Seit ihn vor elf Jahren Branden­burger Neon­azis ange­grif­f­en haben, ist er querschnittsgelähmt. 

Als der Wagen anhielt, eil­ten Polizis­ten her­bei. »Weit­er, weit­er«, riefen sie. Doch die Rampe wurde schon aus­ge­fahren, Noël Mar­tin fuhr in seinem Roll­stuhl herunter. Die Polizis­ten drängten. »Die Kutsche der Köni­gin kommt«, schrien sie. Mar­tin trug Frack, Krawat­te und Zylin­der, an seinem Roll­stuhl weht­en die jamaikanis­chen Far­ben Schwarz, Grün, Gelb. Er schaute in die Menge, in der leuch­t­ende Klei­der und große Hüte das Bild bes­timmten. Alle warteten auf die Köni­gin. »Wis­sen sie denn nicht, dass der König angekom­men ist?« fragte Mar­tin schelmisch. 

Das war im vorigen Jahr, als sein Pferd »Bad­dam« den ersten Preis beim tra­di­tion­sre­ich­sten Pfer­deren­nen Eng­lands, dem Roy­al Ascot, gewann. Ein Traum ging in Erfül­lung, er zeigte es den Aris­tokrat­en. Cham­pag­n­er floss, und es wurde gefeiert. 

Nun möchte der König von Ascot ster­ben. Aufge­platzte Häm­or­rhoiden, eine stink­ende Druck­wunde, die mit Eis gekühlt und mit dem Föhn belüftet wird, um das Gewebe anzure­gen. Vom Pflege­di­enst im Stich gelassen, in den eige­nen Exkre­menten sitzend, die Bat­terie des Roll­stuhls leer. Nach jedem Zug an ein­er Zigarette, nach jedem Schluck Wass­er fra­gen müssen. Unver­mit­teltes Schwitzen und Krämpfe, die seine Beine in die Luft schleud­ern. Das mor­gendliche Auf­ste­hen dauert min­destens vier Stunden. 

In sein­er Biogra­phie »Nenn es: mein Leben« schildert Mar­tin nicht nur seine Kind­heit in Jamai­ka, den Ras­sis­mus in Eng­land, seine große Liebe zu Jaque­line Shields und den großen Tag in Ascot. Scho­nungs­los beschreibt er auch sein Leben nach dem 16.?Juni 1996, als ihn im bran­den­bur­gis­chen Mahlow junge Neon­azis angrif­f­en. Nach Wochen im Koma und mehreren Oper­a­tio­nen stand fest: Noël Mar­tin ist vom Hals ab gelähmt. Die damals 17 und 24 Jahre alten Täter wur­den zu fünf und sieben Jahren Haft ver­urteilt. Bei­de leben mit­tler­weile wieder in Mahlow. 

»Ich füh­le nichts. Wenn du nicht fühlen kannst, kannst du die Welt nicht berühren. Und wenn du sie nicht berühren kannst, bist du kein Teil von ihr. Du kannst nur zuse­hen, wie die Welt an dir vor­beizieht«, sagt Mar­tin. Viele Jahre habe er durch­gehalten, auch nach­dem seine Frau vor mehr als sieben Jahren gestor­ben war. Am 23.?Juli, an seinem 48.?Geburtstag, wollte er ursprünglich in der Schweiz einen Gift­cock­tail nehmen und ster­ben. Warum er das öffentlich angekündigt hat? »Man hat mich eben gefragt, was ich in der näch­sten Zeit zu tun gedenke, und ich habe geant­wortet«, sagt Mar­tin klar und bes­timmt. Den Ter­min könne er aber nicht ein­hal­ten, denn vieles, vor allem Ver­mö­gens­fra­gen rund um sein Haus und das Grund­stück, wo seine Frau begraben liegt und auch er beige­set­zt wer­den möchte, müssten noch geregelt wer­den. »Was andere in zwei Tagen erledi­gen, dauert bei mir zwei Wochen«, erk­lärt Mar­tin. »Aber meine Entschei­dung steht.« 

Was soll man noch schreiben über Mar­tin und seinen angekündigten Fre­itod? Er ist kein vergessenes Opfer – im Gegen­satz zu den vie­len namen­losen und fast unbekan­nten Arslans, Yebo­has, Gomondais, Yusu­foglus und Guen­douls. Er fuhr zur Demon­stra­tion nach Mahlow, schrieb seine Lebens­geschichte auf, grün­dete eine Stiftung für Jugend­begeg­nun­gen, trat in Talk­shows auf. »Wenn die Medi­en denken, dass das News sind, dann bericht­en sie eben darüber«, sagt Mar­tin. Er hat noch viele Ideen: »Es müsste ein großes Tre­f­fen abge­hal­ten wer­den, auf dem Opfer und Ange­hörige zusam­menkom­men und für ihr Anliegen ein­treten.« Kön­nte er noch ein­mal nach Deutsch­land fahren, würde er sich darum bemühen, obwohl es sehr schw­er sei, die Betrof­fe­nen zu so etwas zu bewe­gen. Viele seien bere­its abgeschoben, andere seien mit dem Kampf um ihre Exis­tenz aus­ge­lastet, manche kön­nten oder woll­ten sich nicht öff­nen, weil sie um ihr Leben fürchteten und Angst hätten. 

Vielle­icht kön­nte man ihn als lebendi­ges Mahn­mal für die von Nazis und Ras­sis­ten Ermorde­ten, Ver­let­zten und Gedemütigten beze­ich­nen? Vielle­icht sollte man sich darüber aus­lassen, dass er einem gefährlichen Diskurs Nahrung gibt, wenn er sein eingeschränk­tes Leben als leben­sun­wert beze­ich­net? Oder kön­nte man vielle­icht darüber schreiben, dass er mit seinem Fre­itod das vol­lzieht, was die Nazis in Mahlow woll­ten? Aber sollte er deshalb davon ablassen? 

»Jedem Men­schen ste­ht es natür­lich frei, sich das Leben zu nehmen. Auf der anderen Seite ste­hen aber die gesellschaftlichen Wider­sprüche und die Notwendigkeit, dafür zu sor­gen, dass Einzelne nicht in die Sit­u­a­tion gebracht wer­den, den Fre­itod als Ausweg zu sehen«, sagt Gesa Köb­ber­ling. Sie tue sich aber schw­er damit, die Sache zu beurteilen, zumal sie Mar­tin nicht kenne. Köb­ber­ling ist Mitar­bei­t­erin der Opfer­per­spek­tive Bran­den­burg, ein­er Beratungsstelle für Opfer rechtsex­tremer Gewalt und deren Ange­hörige, die erst einige Jahre nach dem Angriff auf Mar­tin ent­standen ist. 

Nach ihren Angaben hat es im vorigen Jahr erneut viele Angriffe in Blanken­felde-Mahlow gegeben, ger­ade auch in der Bahn­hof­s­ge­gend. »Das Prob­lem beste­ht nach wie vor und sehr mas­siv.« Die Opfer­ber­atungsstellen hät­ten aber Teile der Polizei, der Jus­tiz und der Behör­den in den ver­gan­genen Jahren sen­si­bil­isiert. Äußerun­gen wie »Was geht der Afrikan­er auch nachts allein durch den Park?« kämen nicht mehr so schnell über die Lip­pen von Bürg­er­meis­tern oder Richtern. Den­noch wür­den Opfer nach wie vor allein gelassen, und das The­ma werde klein geschwiegen, um dem Ruf der Stadt nicht zu schaden, sagt Köbberling. 

Auch um die Präven­tions- und Aufk­lärungsar­beit ist es schlecht bestellt. Zwar hat die Bun­desregierung ihre Zahlun­gen an die Opfer­ber­atungsstellen nach deren Protest doch nicht, wie beab­sichtigt, eingestellt. Aber das neue Bun­de­spro­gramm, über das die Opfer­ber­atungsstellen ab Juli 2007 zum Teil finanziert wer­den, set­zt in­halt­lich andere Akzente und beschränkt sich auf zeit­lich eng begren­zte Beratun­gen. Das Pro­gramm heißt: »Förderung von Beratungsnet­zw­erken – Mobile Kris­en­in­ter­ven­tion­steams gegen Recht­sex­trem­is­mus«. Antifaschis­tis­che Blauhelmein­sätze, um No-Go-Areas wieder bege­hbar zu machen, sind damit freilich nicht gemeint. 

Über die nach wie vor beste­hende Bedro­hung für Migranten spricht Mar­tin so ruhig und zuver­sichtlich wie über sein Ren­npferd »Bad­dam«. »Es braucht Zeit«, sagt er und hat schlechte Nach­richten für die Nazis: »Von den sechs Mil­liar­den Men­schen auf der Welt sind etwa fünf Mil­liar­den coloured. Irgend­wann wer­den sie sich alle miteinan­der vermischen.« 

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Rechtsextreme Schmiererein nach Fußballspiel

(Berlin­er Mor­gen­post vom 11.07.2007) Nach einem Fußball­spiel von Energie Cot­tbus und Union Berlin in Herzberg (Elbe-Elster) sind an ein­er Bushal­testelle recht­sex­treme Sym­bole und Parolen ent­deckt wor­den. Es sei nicht aus­geschlossen, dass abreisende Fußball­fans aus der recht­en Szene die Urhe­ber sind, teilte die Polizei am Mittwoch mit. Die Schmier­ere­in waren am Mor­gen an ein­er Bushal­testelle vor ein­er Grund­schule ent­deckt wor­den. Am Vor­abend hat­te sich Cot­tbus vor 3200 Zuschauern mit 1:0 gegen Berlin durchgesetzt.

Inforiot