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Antifaschismus

Elf “Hausbesuche” durch Neonazis in drei Jahren

Seit dem Bericht „Zeuthen – Neue idyl­lis­che Brown­town am Rande von Berlin“ (nachzule­sen hier) hat sich nicht viel geän­dert. Es ist aber für uns spür­bar, das auch soge­nan­nte „autonome Nation­al­is­ten“ hier ver­suchen sich zu etablieren. Seit Anfang des Jahres 2010 nehmen wir ver­stärkt ihre Präsenz unter diesem Label im öffentlichen Raum wahr. Sie ver­suchen anhand von verkleben rechter Plakate ( So am 10.08.2010 für den Nazi­auf­marsch in Bad Nen­ndorf ), Aufk­le­ber, schmieren von recht­en Parolen bis hin zu nächtlichen Haus­be­suchen bei alter­na­tiv­en bzw ver­meintlichen Antifa-Aktivis­ten_in­nen, auf sich aufmerk­sam zu machen.

 

Zudem lassen sich ger­ade im schö­nen Berlin­er Umland gern Mit­glieder ver­schieden­er Kam­er­ad­schaften häus­lich nieder, so auch die 39 Jährige Sab­ri­na Sch. aus Zeuthen.

Sie ist Mit­glied der recht­sex­tremen Kam­er­ad­schaft Spreewacht, dessen Aktions­feld eher in Berlin-Licht­en­berg zu find­en ist. Bei dieser Per­son gab es deswe­gen am 02.09.2009 eine Haus­durch­suchung (Medi­en berichteten).
Neon­azis lassen sich gern am Rande von Berlin nieder, weil sie denken dass sie dort ungestört weit­er­hin agieren können.

 

Let­z­tendlich ist es deren Ziel, einen Angstraum zu schaf­fen indem Men­schen „ander­er“ Herkun­ft, Reli­gion, Haut­farbe oder ein­fach nur wegen ihrer antifaschis­tis­chen Ein­stel­lung, Gefahr laufen Betroffene_r ein­er Gewalt­tat zu wer­den. Unser Haup­tau­gen­merk für diese recht­en Umtrieben liegen unser­er mei­n­ung nach am S‑Bahnhof Zeuthen als sowohl im Zen­trum.
Das Trau­rige an der Sache ist, das genau das couragierte Han­deln bzw Ein­greifen von örtlichen Antifaschisten_innen krim­i­nal­isiert und mit Repres­sio­nen abges­traft wird.

 

Auf der einen Seite wer­den Notrufe von hil­fe­suchen­den Men­schen im Ort, die Betrof­fene von rechter Gewalt gewor­den sind, von der örtlichen Polizei­di­en­st­stelle nicht bear­beit­et, wie z.B. zahlre­iche Haus­be­suche von örtlichen Neon­azis, darunter auch Mit­glieder der Freien-Kräfte-Königs-Wuster­hausen. Auf der anderen Seite wird antifaschis­tis­ches Engage­ment ver­fol­gt bzw. ver­sucht zu krim­i­nal­isieren um dies im Keim erstick­en zu können.

 

So zählten wir im Raum KW und Zeuthen seit dem Jahr 2007 bis zu 11 Haus­be­suchen durch Neon­azis. Unter anderem in der Nacht vom 12–13.03.2010, wurde eine Sachbeschädi­gung an ein­er Haustür eines örtlichen Antifaschis­ten in KW in Form von recht­en Aufk­le­bern und Sprühereien (Dro­hun­gen) getätigt. Höhep­unkt aber war, die Beschädi­gung dessen PKWs an der Frontscheibe und den Seitenscheiben.

 

Einige Genossen_innen hat­ten am 23.10.2009 eine Spon­tandemon­stra­tion abge­hal­ten um genau auf diese Missstände in und um Zeuthen aufmerk­sam zu machen.

Und auch hier wur­den und wer­den Sie immer noch mit Repres­sio­nen kon­fron­tiert bis hin zu ein­er Gerichtsvor­ladung und das alles nur weil sich couragierte Antifaschisten_innen es sich nicht nehmen ließen ihren Unmut auf die Straße zu tra­gen. Dazu sagen wir nur, würde Men­sch die Prob­leme der erstark­enden Neon­aziszene und deren Auswirkun­gen hier im Ort ernst nehmen, so wäre diese Demon­stra­tion nicht notwendig gewesen.

 

Aber wenn wir uns die Wahlergeb­nisse zur Bürg­er­meis­ter_in­nen-Wahl 2009 in Zeuthen vor Augen hal­ten, wird einem klar wie recht­sex­tremes Gedankengut in der Mitte der Gesellschaft wieder angekom­men ist.

Denn der in Zeuthen zur Wahl gestellte NPD-Kan­di­dat Michael Grabow erlang immer­hin 3,2% der Wäh­ler­stim­men, dass bedeutet das 218 Bürger_innen Zeuthens ihn wählten. Manch ein­er wird wegen der Zahl schmun­zeln aber wenn man die gesamte Ein­wohn­erzahl von Zeuthen betra­chtet, so ist diese Zahl doch sehr Angst einflößend.

Solange dies nicht in den Köpfen der Bürger_innen von Zeuthen klar wird, welche rechte Hege­monie sich hier entwick­elt bzw. zu etablieren ver­sucht, solange sehen wir uns in der Auf­gabe verpflichtet den recht­en Spuk in und um Zeuthen weit­er­hin vielfältig, laut und Bunt die Stirn zu bieten.

 

Dies ist zeit­gle­ich ein Appell an alle Zeuthen­er Bürger_innen und seine Gäste, bei recht­sex­tremen Über­grif­f­en sowie Pro­pa­gan­dade­lik­ten nicht wegzuschauen son­dern couragiert dem entgegenzutreten.

 

Zusam­men für eine sol­i­darische Gesellschaft jen­seits von Aus­gren­zung, Aus­beu­tung und Unterdrückung.

Gemein­sam gegen Alt- und Neon­azis aktiv werden !!!

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Naziangriff auf Hausprojekt Zelle79

Cot­tbus- Am Don­ner­stag, den 11. Novem­ber 2010 um 22.05 Uhr kam es zu einem recht­en Über­griff auf das Haus­pro­jekt Zelle79 (Parzel­len­straße 79) in Cot­tbus. Es wurde ein Dop­pelfen­ster unten im Erdgeschoss vom Jugend­begeg­nungszen­trum (JBZ) mit zwei großen Steinen einge­wor­fen.
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Die „Zelle79“ ist seit vie­len Jahren ein Pro­jekt des Vere­ins für ein mul­ti­kul­turelles Europa e.V. und offen für linke und alter­na­tive Poli­tik im Raum Cot­tbus. Weit­er­hin wer­den die Räume von der Roten Hil­fe, für den Info­laden und als Bib­lio­thek genutzt. Jeden Don­ner­stag find­et im JBZ ein Soli-Tre­sen statt. Es war Zufall, dass noch nie­mand beim Tre­sen anwe­send war, da zur sel­ben Zeit eine Filmver­anstal­tung zum The­ma Res­i­den­zpflicht lief.

Im JBZ war zur Tatzeit nur eine Per­son anwe­send. Diese hat bere­its eine vier­tel Stunde vor dem Vor­fall beobachtet, wie eine schwarz gek­lei­dete Per­son vor dem Haus mit dem Handy tele­fonierte. Da das Ver­hal­ten der Per­son sehr auf­fäl­lig war, wur­den die Fen­ster­lä­den geschlossen. Gegen 22.05 Uhr hörte der Anwe­sende im JBZ, dass mehrere Per­so­n­en die Fen­ster­lä­den auf­drück­ten und mit zer­broch­enen Gehweg­plat­ten die Scheiben ein­war­fen. Es kon­nten ca. 3–4 Flüch­t­ende aus­gemacht werden.

Daraufhin riefen Anwohn­er die Polizei, die nach ca. 90 Min. ein­traf. Es wurde Anzeige gegen Unbekan­nt aufgenom­men. Bish­er wird nur von einem Sach­schaden aus­ge­gan­gen. Ein poli­tis­ch­er Hin­ter­grund wird von der Polizei nicht ausgeschlossen.

Der Nazian­griff rei­ht sich in eine Folge von Über­grif­f­en auf linke und alter­na­tive Jugend- und Haus­pro­jek­te in Dres­den und Berlin sowie Angriffe auf Per­so­n­en in Cot­tbus und Umge­bung in den let­zten Wochen ein.

Es ist immer ein Angriff auf uns Alle! Nazige­walt aktiv entgegentreten!

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Bericht zur Gedenkveranstaltung

Dabei berichtete die Zeitzeu­g­in Dr. Han­nelore Lehmann über Erleb­nisse ihrer Jugend, in der sie wahrnahm wie in Pots­dam jüdis­che Geschäft zer­stört wur­den und sicht­bar keine Men­schen gegen den aufk­om­menden Anti­semitismus ein­trat­en. Betrof­fen waren unter anderem ein Bek­lei­dungs­geschäft am Kanal sowie ein Waren­haus in der heuti­gen Bran­den­burg­er Straße. Die Läden wur­den von Nazis geplün­dert und ihre jüdis­chen Inhab­er gedemütigt. Die mit­tler­weile 87-jährige His­torik­erin sprach sich für eine bessere Aufar­beitung der NS-Geschichte in Pots­dam aus.

Danach wurde ein Rede­beitrag der [Autonomen] Antifaschis­tis­chen Linken Pots­dam ver­lesen, in dem der Bogen von der Geschichte zur Gegen­wart ges­pan­nt wurde und in dem aufgerufen wurde, sich nicht nur an den Ter­ror von damals zu erin­nern und sich wieder und wieder das Aus­maß der Ver­nich­tung von Men­schen aus dieser Zeit zu verge­gen­wär­ti­gen, son­dern auch heute gegen Anti­semitismus, Ras­sis­mus und andere Unter­drück­ungsmech­a­nis­men einzutreten und eben­so die Gesellschaft, die diese Mech­a­nis­men her­vor­bringt zu bekämpfen. Erwäh­nt wur­den die lebens­ge­fährliche Ver­let­zung von Ermyas Muluge­ta in Pots­dam 2006, die Het­z­jagd auf acht Flüchtlinge in Mügeln 2007 und der Bran­dan­schlag auf die türkische Gemeinde in Lübeck 2010.

Weit­er hieß es: “Es ist unsere Auf­gabe die gesellschaftlichen Bedin­gun­gen, die rechte Ide­olo­gien und Ras­sis­mus ermöglichen zu bekämpfen, Rassist_innen den Raum zu nehmen sowie ein größeres Bewusst­sein in der Öffentlichkeit für Aus­gren­zung und Diskri­m­inierung zu schaf­fen. Dazu gehört auch eine ver­ant­wor­tungs­be­wusste Gedenkkultur.”

Nach der Schweigeminute wur­den Blu­men und Kerzen am Denkmal für die Opfer des Faschis­mus niedergelegt.

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(Anti-)Rassismus Bildung & Kultur

Ausstellung “Residenzpflicht — Invisible Borders” in Cottbus

Sie set­zt sich auf anschauliche Weise mit den unsicht­baren Gren­zen, die für Flüchtlinge gezo­gen wer­den und mit ihrer Lebenssi­t­u­a­tion im Kon­text der deutschen Asylge­set­zge­bung auseinan­der. Im Rah­men der Ausstel­lung wird zu zwei Abend­ver­anstal­tun­gen ein­ge­laden, die sich mit den The­men Flucht und Asyl (Filmabend — Do., 11.11.) und der europäis­chen Migra­tionspoli­tik beschäfti­gen (Vor­trag – Mo., 15.11., bei­de 20 Uhr im quasiMONO).

Dieser Tage wird in der poli­tis­chen Öffentlichkeit wieder ver­mehrt über das Ver­hält­nis der Deutschen zu den Zuwan­der­ern räsoniert. Da erk­lärt uns Thi­lo Sar­razin, warum Mus­lime genetisch bed­ingt ein­fach düm­mer sind als die Deutschen, Bun­des­fam­i­lien­min­is­terin Kristi­na Schröder ent­deckt ihr Herz für gemobbte deutsche Schüler auf Berlin­er Schul­höfen und warnt vor Deutschen­feindlichkeit und CSU-Chef Horst See­hofer fordert einen Zuwan­derungsstopp für türkisch- und ara­bis­chstäm­mige Men­schen, als ob es einen Anwer­ber­stopp 1973 nicht gegeben hätte.

Man fühlt sich zeitweise zurück­ver­set­zt in die über­wun­den geglaubte Zuwan­derungs­de­bat­te der 90er Jahre, die nicht sel­ten geprägt war von einem per­fi­den Ras­sis­mus und ein­er „Das Boot ist voll“-Rhetorik. Das poli­tis­che Kalkül hin­ter den getätigten Aus­sagen der genan­nten Pro­tag­o­nis­ten scheint offen­sichtlich, beson­ders vor dem Hin­ter­grund der jüngst veröf­fentlicht­en Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „DIE MITTE IN DER KRISE — Recht­sex­treme Ein­stel­lun­gen in Deutsch­land 2010“. Darin wird ein beun­ruhi­gen­der Anstieg anti­demokratis­ch­er, chau­vin­is­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Ein­stel­lun­gen fest­gestellt und eine Aus­län­der­feindlichkeit bei 34,4 % der Befragten kon­sta­tiert. Solch­es Denken wird also nicht bekämpft, son­dern gezielt aufge­grif­f­en, um Wäh­ler­stim­men zu binden.

Schon im Diskurs vor dem Jahrtausendwech­sel stil­isierten sich die Deutschen gern als Opfer, um ihre Pogrom­stim­mung und Forderun­gen nach härteren Geset­zen zu recht­fer­ti­gen. Eine Gruppe, die in der Debat­te der 90er im Mit­telpunkt stand, war die der Flüchtlinge und Asyl­suchen­den. Und sie ist es, die heute, weit­ge­hend vergessen von der bre­it­en Öffentlichkeit, am mas­sivsten unter den damals beschlosse­nen Restrik­tio­nen lei­det. An Inte­gra­tion kön­nen diese Men­schen gar nicht denken, obwohl unter Flüchtlin­gen und Gedulde­ten nicht sel­ten hochqual­i­fizierte Men­schen zu find­en sind, die den beschw­er­lichen Weg nach Europa mit der Hoff­nung auf ein besseres Leben in Frei­heit und Würde ver­ban­den. Mit jahre­lang dauern­den Asylver­fahren und Ket­ten­dul­dun­gen wer­den sie in einem Zus­tand der Unsicher­heit und Per­spek­tivlosigkeit gehal­ten, der nur schw­er zu ertra­gen ist. So sind Asyl­suchende verpflichtet in Flüchtling­sheimen und lagern oft am Rande oder außer­halb von Sied­lungs­ge­bi­eten zu wohnen. Die soge­nan­nte Res­i­den­zpflicht ver­bi­etet es ihnen, ohne behördliche Erlaub­nis den ihnen zugewiese­nen Land­kreis bzw. das Bun­des­land zu ver­lassen. Gutschein­sys­teme statt Bargeldleis­tun­gen, aber auch Per­so­n­enkon­trollen von als „fremd“ wahrgenomme­nen Men­schen an Bahn­höfen und in Zügen führen zur Markierung von Flüchtlin­gen und tra­gen so zur gesellschaftlichen Iso­la­tion bei.

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(Anti-)Rassismus

Wo fängt Menschenwürde an?”

INFORIOT — Zwei Wochen lang wurde in der Europa-Uni­ver­sität Viad­ri­na in Frank­furt (Oder) die Ausstel­lung “Invis­i­ble Bor­ders” gezeigt, welche sich mit der gel­tenden Res­i­den­zpflicht für Flüchtlinge befasst. Die Abschlussver­anstal­tung des Begleit­pro­gramms am ver­gan­genen Mon­tag war eine Podi­ums­diskus­sion zu den The­men Res­i­den­zpflicht, Unter­bringung von Asyl­suchen­den sowie zum All­t­agsras­sis­mus in Frank­furt (Oder). Ein­ge­laden, gemein­sam und mit dem Pub­likum darüber zu sprechen, waren Paul Njoroge (Mit­glied des Migra­tions- und Inte­gra­tionsrates Bran­den­burg), Michel Garand(Ausländerbeauftragter der Stadt), Har­ald Glöde (Flüchtlingsrat Bran­den­burg,) Bet­ti­na For­tu­na­to (Mit­glied des Land­tages Bran­den­burg der Linken) sowie Janek Las­sau, ein Vertreter des Utopia e.V. Mod­eriert wurde die Abend­ver­anstal­tung, die etwa 30 Inter­essierte besucht­en, von Jörg Gleisen­stein, einem Stadtverord­neten der Grünen.

Auch wenn die ver­schiede­nen Vertreter_innen unter­schiedliche Aspek­te der bun­des­deutschen Asylge­set­zge­bung kri­tisch ansprachen, kamen sie immer wieder auf The­men zurück, die im Land­tag oder in der Stadt aktuell sind; so kreiste die Diskus­sion oft um die momen­tane Unter­bringung der Mehrheit der in Frank­furt leben­den Asyl­suchen­den im Flüchtling­sheim Seefichten.

Paul Njoroge, selb­st Bewohn­er des Heims, schilderte die Sit­u­a­tion vor Ort als nahezu unerträglich. Neben der fehlen­den Pri­vat­sphäre käme es immer wieder, auf Grund unter­schiedlich­er Herkun­ft der Bewohner_innen und der räum­lichen Nähe, zu Kon­flik­ten; eben­so sähen sich die Asyl­suchen­den ein­er ständi­gen Kon­trolle durch den ansäs­si­gen Sicher­heits­di­enst aus­ge­set­zt. Dazu biete das Leben im Heim und die damit ein­herge­hende Iso­la­tion keine Lebensper­spek­tive. Neben diesen Aspek­ten werde ihm das Leben in Frank­furt durch die Arbeit der Aus­län­der­be­hörde sowie alltägliche Anfein­dun­gen schw­er gemacht: “Diskri­m­inierung und Ras­sis­mus sind für mich und andere Asyl­be­wer­ber All­t­agser­fahrun­gen”, so Njoroge.

Der Aus­län­der­beauf­tragte Michel Garand sieht die Stadt in der Pflicht, die Spiel­räume, welche die Asylge­set­zge­bung der BRD hin­sichtlich der Unter­bringung von Asyl­suchen­den bietet, auszunutzen. Eine Unter­bringung im Heim sei keine Notwendigkeit, son­dern es fehle in der Stadt an einem entsprechen­den Kli­ma und am poli­tis­chen Willen, an dieser Lage etwas zu ändern. Dies erk­lärt auch, weshalb es bis jet­zt mehrmals miss­lang, einen Antrag zur Dezen­tral­isierung in der Stadtverord­neten­ver­samm­lung zu stellen und ein pos­i­tives Votum für diesen zu erhal­ten. Hier kam auch noch ein­mal der von Garand gegenüber der Stadtver­wal­tung erhobene Vor­wurf des “insti­tu­tionellen Ras­sis­mus” zur Sprache. Dieser hat­te ihm ein­er­seits eine Ermah­nung seit­ens der Dez­er­nen­ten­ber­atung einge­bracht, ander­er­seits sahen sich Frank­furter Bürger_innen per­sön­lich ange­grif­f­en. Garand stellte in der Diskus­sion erneut klar, dass mit insti­tu­tionellem Ras­sis­mus Vorgänge in Frank­furter Insti­tu­tio­nen, etwa der Stadtver­wal­tung, beze­ich­net wer­den, die der Benachteili­gung Asyl­suchen­der dienen, und es sich dabei nicht um per­sön­liche Vor­würfe des Ras­sis­mus handelt.

Auf Lan­desebene seien bezüglich der Res­i­den­zpflicht einige Fortschritte erzielt wor­den, resümierte die Land­tagsab­ge­ord­nete Bet­ti­na For­tu­na­to. Dass in weit­en Teilen Bran­den­burgs eine diskri­m­inierende Prax­is im Umgang mit Flüchtlin­gen an den Tag gelegt werde — etwa zu bemerken am noch beste­hen­den Gutschein­sys­tem, welch­es Asyl­suchen­den den Zugang zu Bargeld verun­möglicht, oder an des­o­lat­en Zustän­den von Unter­bringun­gen — sei ein Miss­stand, den es zu beseit­i­gen gelte. Dass es dazu an der konkreten Verän­derung selb­st inner­halb der rot-roten Regierung jedoch oft­mals fehlt, habe den Grund darin, dass — da äußert sich For­tu­na­to ganz realpoli­tisch — Asylpoli­tik nun ein­mal keine Wäh­ler­poli­tik sei.

Har­ald Glöde vom Bran­den­burg­er Flüchtlingsrat machte hin­ter vie­len Prob­le­men, mit welch­er sich die kom­mu­nale Flüchtlingspoli­tik kon­fron­tiert sieht, ein bun­desweit gel­tendes Sys­tem von Geset­zen und Maß­nah­men aus, die spätestens seit den 1980er Jahren der Bestre­bung dienen soll­ten, Nicht­deutsche gezielt zu diskri­m­inieren. Lan­desregierun­gen und kom­mu­nale Ver­wal­tun­gen hät­ten jedoch ver­schiedene Möglichkeit­en, Lück­en in diesem Sys­tem zu nutzen oder bes­timmte Regelun­gen zu Gun­sten der Asyl­suchen­den auszule­gen. Dass dies in den sel­tensten Fällen passiere — etwa bei der Unter­bringung -, hänge mit willkür­lichen Entschei­dung­sprozessen eben­so zusam­men wie mit einem Willen zur bewussten Diskriminierung.

An diese Stelle knüpfte auch der Vertreter des antifaschis­tis­chen und anti­ras­sis­tis­chen Vere­ins Utopia an: ein tief in der Gesellschaft ver­wurzel­ter Ras­sis­mus fände seinen Nieder­schlag natür­licher­weise in entsprechen­den Entschei­dung­sprozessen sowie Geset­zge­bun­gen. Dass Ent­fal­tungsmöglichkeit­en für Men­schen, die aus der Not her­aus nach Deutsch­land kom­men, kaum vorhan­den seien, wurde eben­so angeprangert wie man­gel­ndes Empathiev­er­mö­gen für deren Lebenssi­t­u­a­tion. “Wo fängt Men­schen­würde an?”, fragte er, wenn es um die Unter­bringung und soziale Betreu­ung von Men­schen gehe, deren Leben meist von Ver­fol­gung und Elend geprägt war, und deren Hoff­nun­gen auf eine Per­spek­tive in Deutsch­land ent­täuscht wur­den. Hier man­i­festiere sich auch ein Men­schen­bild, das Inte­gra­tion und Teil­habe nur jenen ermögliche, die der bun­des­deutschen Leitkul­tur zuträglich seien.
Was aus der Debat­te bleibt ist eine klare Forderung, die 79 noch in Seeficht­en wohnen­den Asybewerber_innen in Woh­nun­gen unterzubrin­gen und eine entsprechende Betreu­ung in Aus­sicht zu stellen. Aus rechtlich­er Sicht ste­ht ein­er Dezen­tral­isierung nichts im Wege — es fehlt allein am Willen. Eben­so trat immer wieder die Forderung zutage, alltägliche Diskri­m­inierung — in Form von ras­sis­tis­chen Belei­di­gun­gen und Tätlichkeit­en eben­so wie in der Ver­währung von Zugang zu Bildungs‑, Arbeits- und Kul­tur­ange­boten — stärk­er zu bekämpfen.

Vertreter_innen der Stadt waren nicht erschienen. Der zu der Podi­ums­diskus­sion ein­ge­ladene Ober­bürg­er­meis­ter Mar­tin Wilke hat­te sein Kom­men vorzeit­ig abge­sagt, jedoch seinen Beige­ord­neten Frank Dah­men abbestellt. Dieser war in der let­zten Woche nicht mehr zu erre­ichen gewe­sen. Es entste­ht bedauer­licher­weise der Ein­druck, dass maßge­bliche Verantwortungsträger_innen Frank­furts sich ein­er Diskus­sion der Flüchtling­sprob­lematik entziehen wollen.

Inforiot