KNA Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat Jugendliche aus Rathenow für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus geehrt. Thierse überreichte am Dienstag in Berlin 15 Schülerinnen und Schülern der Bruno‑H.-Bürgel-Schule Urkunden, die mit einem “Stadtplan gegen das Vergessen — Auf den Spuren jüdischer Vergangenheit in Rathenow” den ersten Preis des Jugendwettbewerbs “Du gegen Rechts” gewonnen hatten.
Autor: redax
Antifademo: Wegsehen war schon immer Scheiße -
Gegen den rassistischen Konsens vorgehen! Nazistrukturen zerschlagen!
15. Juni 2002
14:00 Uhr
Dunckerplatz (am Hauptbahnhof)
Rathenow
Treffpunkt für Berlin:
12:00 Uhr, Alexanderplatz, Bahnsteig (RE 38170, Abfahrt 12:13 Uhr)
Presse: Die MAZ titelt Antifagruppen planen Großdemo in Rathenow und warnt vor gewaltbereiten Demonstranten.
Aufruf (english) (francais)
Nach einem gesamt€päischen Rechtsruck, bei dem in vielen Ländern
sozialdemokratische Regierungen von Mitte/Rechts-Koalitionen abgelöst
wurden, stehen in Deutschland die Bundestagswahlen vor der Tür. Regierung
und Opposition führen nur noch Scheingefechte, die politische Mitte ist
rechts angekommen. Forderungen und Parolen von Rechtsextremen wurden von
den etablierten Parteien aufgegriffen und haben dabei in erheblichem Maß
zum Legitimationsgewinn rechtsextremer Orientierungen beigetragen. Die
Beispiele eines rechten Populismus in der Politik und einer gegenüber
MigrantInnen abwertenden Rhetorik sind nach den Debatten um ein NPD-Verbot
nicht weniger geworden. Erinnert sei hier z.B. nur an die rassistische
Kampagne der CDU/CSU gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die vom CDU-
Fraktionschef Merz initiierte Debatte um die Notwendigkeit einer “deutschen
Leitkultur”, den Wahlkampf des nordrhein-westfälischen Spitzenkandidaten
der CDU Rüttgers, der mit der Parole “Kinder statt Inder” gegen
hochqualifizierte Immigranten Stimmung machte und nicht zuletzt an den
unbefangenen Umgang der rot-grünen Regierung mit der
nationalsozialistischen Vergangenheit.
Es ist abzusehen, dass PolitikerInnen aller Couleur rassistische
Ressentiments in der Bevölkerung aktivieren und ihren Wahlkampf im Zuge der
Debatte um innere Sicherheit auf Kosten von ohnehin schon entrechteten
Gruppen, wie z.B. Flüchtlingen, führen werden. Das
“Einwanderungsbegrenzungsgesetz” und Schilys “Antiterrorgesetze” dürften
nicht die letzten Maßnahmen bleiben, mit denen Nichtdeutsche diskriminiert
werden. Durch diese Gesetzespakete wird es für Flüchtlinge noch
schwieriger, in Deutschland Asyl zu erhalten; Familienzusammenführungen
z.B. sind inzwischen fast unmöglich. Wer rein darf bestimmen ökonomische
Kriterien: Nur “nützliche” AusländerInnen sind willkommen, für alle anderen
soll die Festung Europa unerreichbar bleiben. Die sogenannten
Antiterrorgesetze, die schon seit Jahren in den Schubladen deutscher
Sicherheitspolitiker schlummerten und nach dem 11. September endlich
hervorgezaubert werden konnten, machen den Weg frei für Hetze und staatlich
geförderten Rassismus: Mit der bundesweit praktizierten Rasterfahndung
wurden per se alle arabischen Männer zwischen 15 und 35 zu potentiellen
Terroristen gemacht.
Und was hat das alles mit Rathenow zu tun ???
Lokalpolitisch sieht die Lage noch schlimmer aus als landes- oder
bundespolitisch. Rassistische Denkweisen, Ausländerfeindlichkeit und
Gleichgültigkeit gegenüber rechtsextremen Strukturen sind die Regel.
Beispielhaft dafür steht die Kreisstadt Rathenow in Brandenburg.
Nicht genug damit, dass Flüchtlinge kaum Hoffnung darauf haben dürfen,
legal in Deutschland zu bleiben, und ihnen täglich Abschiebung in Mord und
Folter droht — weit außerhalb des Stadtzentrums untergebracht, ist es für
sie kaum möglich, am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen.
Potentielle BesucherInnen des Wohnheims werden vom Wachschutz abgeschreckt,
bei dem auch Mitglieder der Rathenower Kameradschaft arbeiten: Diese
selbsternannten Ordnungshüter kontrollieren jeden Personalausweis und
führen genau Buch, wer besucht wird. Auch hier gelten diskriminierende
Sondergesetze wie die Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch die
“Residenzpflicht”, die es verbietet, den Landkreis zu verlassen.
Flüchtlinge erhalten keine Arbeitserlaubnis und gerade mal 40 Euro Bargeld
pro Monat; einkaufen können sie nur mit Gutscheinen (im Wert von 70% des
normalen Sozialhilfesatzes) in bestimmten Läden.
Die Bevölkerung Rathenows reagiert ablehnend bis offen rassistisch;
rechtsextreme Gewalttaten werden in der Öffentlichkeit ignoriert und
Widerstand dagegen diffamiert. Als die Flüchtlingsinitiative im Februar
2000 ein Memorandum veröffentlichte, in dem sie die Verlegung in eine
andere Stadt forderte und PolitikerInnen anklagte wegen ihrer Unfähigkeit,
an der unerträglichen Situation etwas zu verändern, war man sich schnell
klar, wo der Feind steht: Der Vorsitzende der Flüchtlingsinitiative
Brandenburg, Christopher Nsoh, wurde massiv angegriffen und als
Drogendealer und Krimineller hingestellt.
Seit dem Mauerfall ist eine gewaltbereite Neonaziszene in Rathenow aktiv.
Mehrfach im Jahr werden Nichtdeutsche, Linke oder unangepasste Menschen
angegriffen. Für die Opfer enden diese Zusammentreffen meist im
Krankenhaus; die wenigsten davon kommen jedoch zur Anzeige. Einer der
schwersten Übergriffe der letzten Zeit ereignete sich am 08.08.2001:
Mehrere Neonazis fuhren mit ihren PKWs gezielt auf den Gehweg in der
Berliner Straße, um zwei Linken den Weg abzuschneiden. Als die beiden
Männer daraufhin flüchten wollten, wurden sie verfolgt und angegriffen.
Eines der Opfer wurde getreten und mit einem Fahrradständer beworfen, so
dass es schwere Schädelverletzungen erlitt.
Ab 2000 ist eine zunehmende Politisierung und Organisierung der
Neonaziszene in Rathenow zu beobachten: Die ursprünglichen Gruppen
“Kameradschaft Rathenow” und “Arische Kämpfer” sowie die Kameradschaft aus
der Nachbarstadt Premnitz schlossen sich zusammen und nannten sich
“Hauptvolk”. Ihr Lieblingstreffpunkt ist die Nazikneipe “Don Promillos Pony
Bar” in der Großen Milower Straße. Es werden ideologische Schulungen
abgehalten, ein Kameradschaftsrundbrief herausgegeben und Aktionen zu
rechtsextremen Kampagnen wie dem “Rudolf-Hess-Gedenktag” oder dem
“Heldengedenktag” durchgeführt. Auch am NPD-Aufmarsch am 01.12.2001 in
Berlin nahmen 30 Rathenower Kameraden teil. Verstärkt setzen die Neonazis
nun auf die Verbreitung ihrer Propaganda und Agitation unter Jugendlichen;
ihre Öffentlichkeitsarbeit zielt zudem darauf ab, Sympathien in der
Bevölkerung zu wecken.
Die regionale Presse spielt seit über 10 Jahren die Situation herunter.
Rassistisch und faschistisch motivierte Taten wurden und werden als von
frustrierten, gelangweilten Jugendlichen verübte Einzeltaten
bagatellisiert. Als aber im Jahr 2000 das ARD-Magazin “Kontraste” einen
Report über Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Rathenow
drehte, in dem unter anderem ein Schuldirektor und mehrere Jungnazis
interviewt wurden, kam es zum Eklat: Der Direktor leugnete hartnäckig die
Existenz von Rechtsextremismus an seiner Schule, obwohl ein großer Teil der
Kameradschaft “Hauptvolk” offensichtlich Schüler seiner Schule war oder
noch ist. Einer der Kameradschaftsangehörigen agierte z.B. im Schülerrat,
ein anderer war Redakteur der Schülerzeitung und trainierte zudem eine
Schülervolleyballmannschaft. Unter den LehrerInnen waren sie trotz ihrer
rassistisch-faschistischen Gesinnung sehr beliebt. Hier wurde die
fremdenfeindliche Einstellung vieler Jugendlichen genauso deutlich wie
die
Ignoranz und stillschweigende Sympathie der Erwachsenen. Die Bevölkerung
reagierte prompt: Die ARD-JournalistInnen wurden massiv angegriffen, ihre
Recherchen als unwahr dargestellt. Rathenow gegen den Rest der Welt… Eine
reflexartig organisierte Kundgebung gegen rechte Gewalt und für Toleranz
mutierte schnell in eine Anti-Kontraste-Demo, bei der sich die
Volksgemeinschaft mal wieder auf die Schultern klopfte.
Dass die Stadt, allen voran der ehemalige Bürgermeister Lünser (Pro
Rathenow) sowie sein damaliger Stellvertreter und jetzige Bürgermeister
Seeger (CDU) zuerst gar nicht und danach nur sehr halbherzig reagierten,
ist symptomatisch für die neuen Bundesländer. Die schließlich von der Stadt
initiierte Kampagne “Tolerantes Rathenow — miteinander füreinander” sowie
das parallel dazu von ortsansässigen Betrieben organisierte Bündnis gegen
Fremdenfeindlichkeit stellen Projekte dar, die in erster Linie dazu dienen
die Beteiligten gut schlafen zu lassen und so gut wie keine Ergebnisse
vorzuweisen haben. Kein Wunder — wer sollte sich auch daran beteiligen?
Durch Schweigen und Verharmlosen hat kommunale Politik Rechtsextremisten
jahrelang ermutigt, nicht selten erfolgte der Aufbau ihrer Strukturen mit
staatlicher Unterstützung. Die Opfer wurden vertrieben und ausgegrenzt, die
wenigen engagierten Antifas kriminalisiert; als angebliche
“Nestbeschmutzer” müssen sich Linke anhören, dass sie den Ruf der Stadt in
den Dreck ziehen.
Bis dato hat sich an der Situation wenig geändert. Zu der bereits seit
längerem eingesetzten Polizeisondereinheit “Mega” (Mobile Einsatzeinheit
gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit) kam die experimentelle
Sondereinheit “Tomeg” (Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische
Gewalt), die sich auch im Kampf gegen Links hervortut. Im Rahmen der
Bürgermeisterwahlen im Februar 2002 wollten LokalpolitikerInnen die braune
Stadt zum Toleranzzentrum verklären. Offensichtlich kann aber die
Bevölkerung Toleranz nur in eine bestimmte Richtung aufbringen: Rathenow
ist nach wie vor eine Nazihochburg.
Organisiert den antifaschistischen Widerstand!
Durch verschiedene Aktionen, wie z.B. antirassistisches Einkaufen (also
Tausch von Wertgutscheinen gegen Bargeld) und eine Spontankundgebung nach
dem Angriff auf zwei Sudanesen im November 2001, versuchen linke
Jugendliche, auf die rechte Dominanz in Rathenow und den rassistischen
Konsens zwischen Neonazis, PolitikerInnen und Bevölkerung aufmerksam zu
machen.
Mit unserer Demonstration wollen wir zeigen, dass wir nicht bereit sind,
diesen Normalzustand länger zu ertragen und hinzunehmen. Kommt alle!
Für eine emanzipierte und antifaschistische Jugendkultur in Rathenow und
anderswo!
Lesetipp — falls ihr mehr über die Neonaziszene in Rathenow wissen wollt:
Hier
könnt ihr euch die Recherchebroschüre “HavelländerJungs — Rechtsextremismus im
Westhavelland 2001 — Analysen, Berichte,
Bilder” herunterladen.
Es rufen auf: Jungdemokraten /
Junge Linke Rathenow, AntifaoffensiveWesthavelland,
Flüchtlingsinitiative, Antifaschistische Aktion Berlin, Antifa Havelland / Falkensee
Unterstützt von: Antifaschistische Aktion
Potsdam, Jugendantifa Neuruppin, antifanews, Antifa Aktion Neuruppin, Antifa Aktion Eberswalde, Autonome Antifa Nordost (Berlin)
, Autonome Antifa Schwerin, Jugendantifa Marzahn (Berlin), Jusos Berlin-Steglitz / Zehlendorf, PDS Rathenow, Rote Antifa Reinickendorf (Berlin)
Widerstand in der Normierungsgesellschaft
Macht und Widerstand bei Michel Foucault
21. 06. — 23. 06. 2002
In linken Diskussionen wird immer wieder betont, dass “Diskurse analysiert”
und in Diskurse interveniert” werden soll. Doch was ist damit gemeint? Und
wogegen agiert man da eigentlich? Foucaults Machttheorie und sein
Verständnis von Widerstand sensibilisieren für Rhetorik, Argumentationen und
bestimmte “Wahrheiten”, die uns tag-täglich verkauft werden. Wie kann ein
Widerstand aussehen, dessen Aufgabe es ist, Bewegungen anzustoßen, Mythen
aufzuzeigen, Fragen zu stellen sowie Debatten und Institutionen zu
kritisieren? Wir werden die Theorie anhand aktueller politischer Debatten
und Konflikte erarbeiten.
Seminar zu antifaschistischen Strategien
28. 06. — 30. 06. 2002
Antifa heisst.…Angriff? Marke tragen? Nazis schlagen? Unser Begriff von
Antifaschismus unterscheidet sich von dem Klischee des im
Verfassungsschutzbericht abgebildeten Strassenkämpfers, dem man unterstellt
Antifaschismus nur als Formel zu benutzen um die eigene Zerstörungswut
moralisch aufzuwerten.Wir werden uns mit verschiedenen Ansätzen
antifaschistischer Arbeit auseinandersetzen und darüber diskutieren welche
sinnvollen Strategien es gibt gegen die no-go areas für Nichtdeutsche,
Linke, Schwule und Behinderte in Berlin, Brandenburg und anderswo anzugehen.
Wir werden über Militanz diskutieren und verschiedene Ansätze von
Faschismustheorie, sowie Zusammenhänge mit Rassismus und Nationalismus
besprechen.
Ort für beide Seminare: eine Jugendherberge in Brandenburg
Anmeldung:
JD/JL Brandenburg
R. Luxemburg Str. 19
10178 Berlin
(tel) 030–247 29 747
Illegal über die Grenze gekommen
BAD MUSKAU Nach einem Bürgerhinweis konnten am Samstagmorgen fünf Vietnamesen durch eine Streife der BGSI Bad Muskau festgestellt werden. Die vier Männer und eine Frau waren nicht im Besitz von Ausweispapieren. Eine Aufenthaltsgenehmigung für Deutschland konnten sie nicht vorweisen. Wie die Ermittlungen ergaben, waren sie von Polen kommend unerlaubt über die grüne Grenze nach Deutschland eingereist.
COTTBUS/LEIPZIG. Vermutlich im Oktober wird sich der Bundesgerichtshof (BGH) in einer mündlichen Verhandlung mit dem Urteil zum Tod des algerischen Asylbewerbers Farid Guendoul beschäftigen. Der 28-jährige Guendoul, der in Deutschland unter dem Namen Omar ben Noui Zuflucht gesucht hatte, war im Frühjahr 1999 auf der Flucht vor rechten Jugendlichen in Guben durch eine Glastür gesprungen und hatte sich dabei so schwer verletzt, dass er verblutete. Das Landgericht Cottbus hatte im November 2000 acht der elf Angeklagten der fahrlässigen Tötung für schuldig befunden. Drei der Angeklagten wurden zu Haftstrafen zwischen zwei und drei Jahren verurteilt — zwei von ihnen aber auch wegen anderer Taten. Sechs wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt, zwei kamen mit einer Verwarnung davon.
Revision eingelegt gegen das Urteil hatten sowohl der Großteil der Verteidiger als auch die Anwältinnen der Nebenklage, die Angehörige Guendouls und Überlebende jener Nacht vertreten. Nur die Cottbusser Staatsanwaltschaft akzeptierte das Urteil. Doch die Generalbundesanwaltschaft, die oberste deutsche Staatsanwaltschaft, hielt es für sinnvoll, dass der Fall mündlich vor dem Leipziger BGH verhandelt wird. “Wir haben einen Terminsantrag gestellt”, bestätigte die Pressesprecherin der Karlsruher Behörde. Wie dieser begründet sei, wollte sie aber nicht sagen. So bleibt offen, ob der Generalbundesanwalt eher der Argumentation der Nebenkläger folgt, die das Urteil für zu milde hielten, oder eher den Verteidigern, die es als zu hart ablehnten. Sollte der BGH die Revisionsanträge für begründet halten, könnte es zu einer kompletten oder teilweisen Neuauflage des Prozesses kommen, der in der ersten Instanz 17 Monate gedauert hatte.
Zufrieden mit der neuesten Entwicklung ist Christina Clemm, eine der Nebenklagevertreterinnen. “Das ist schon mal ganz gut”, sagte die Berliner Anwältin. Ende vergangener Woche habe sie der BGH darüber informiert, dass es zu einer mündlichen Verhandlung kommen soll. Der BGH habe einen Termin im Oktober avisiert.
Um den Nebenklägern die Revision zu finanzieren, hatte der Verein “Opferperspektive” zu Spenden aufgerufen. Knapp 45 000 Euro kamen dabei zusammen.
WITTSTOCK/ORANIENBURG. Die Stadt Wittstock (Ostprignitz-Ruppin) ist in den vergangenen Wochen zum Austragungsort von Konflikten zischen meist jungen Einheimischen und Zuzüglern geworden. Erst verlor ein Russlanddeutscher auf brutale Weise sein Leben. Vermutlich aus Rache verprügelten nun Spätaussiedler am vergangenen Wochenende zwei mutmaßliche Rechte — zwei Russlanddeutsche, 17 und 18 Jahre alt, erhielten daraufhin Haftbefehle, kamen aber gegen Auflagen auf freien Fuß. Nun ereignete sich auch noch ein Anschlag auf ein türkisches Restaurant in der Stadt.
“Die Aggressionen haben sich leider hochgeschaukelt und wir werden alles dafür tun, um die Situation zu entschärfen”, sagte Bürgermeister Lutz Scheidemann (FDP) am Montag. “Wittstock darf aber nicht in die rechte Ecke gestellt werden”, warnte er.
Kaum hatte das zuständige Polizeipräsidium in Oranienburg am Montag die zwei Haftbefehle gegen zwei Russlanddeutsche vermeldet — sie sollen mit drei weiteren Aussiedlern in der Nacht zum Sonnabend an einer Tankstelle zwei einheimische Jugendliche geschlagen und getreten haben -, kam die nächste Hiobsbotschaft: Unbekannte hatten in der Nacht zum Sonntag mit faustgroßen Feldsteinen zwei Fensterscheiben eines türkischen Restaurants eingeschlagen und mit einer Bierflasche eine Wand beschädigt. “Ein ausländerfeindlicher Hintergrund ist nicht auszuschließen”, musste Polizeisprecher Rudi Sonntag einräumen.
Dem, der sich erinnerte, standen sofort wieder die Bilder vom Februar 1999 vor Augen: Damals schleuderte ein Schüler “aus blindwütigem Ausländerhass” — so später die Richter — wegen einer 50-Mark-Wette einen Brandsatz in ein Döner-Restaurant. Diese Verkaufsstelle ist laut Scheidemann jetzt nicht betroffen.
Der Haupttäter von damals erhielt unter anderem wegen versuchten Mordes sechs Jahre Haft. Bei dem Anschlag wurde das Haus zerstört; ein Feuerwehrmann und ein türkischer Beschäftigter erlitten leichte Verletzungen.
Mord nicht ausgeschlossen
Die aktuelle Serie von gewalttätigen Vorfällen in der 12 500-Einwohner-Stadt begann am 4. Mai. Damals griffen drei inzwischen inhaftierte junge Männer zwei Russlanddeutsche an, einer von ihnen warf dabei einen 15 Kilo schweren Feldstein auf eines der Opfer. Der 24- Jährige starb knapp drei Wochen später an den Folgen seiner schweren Verletzungen. “Sollte es sich bestätigen, dass Fremdenfeindlichkeit das Motiv war, werden wir Anklage wegen Mordes erheben”, sagt dazu Lolita Lodenkämper von der Staatsanwaltschaft Neuruppin. Nach ihren Angaben sind die Verdächtigen bislang nicht als Anhänger der rechten Szene auffällig gewesen.
“In Wittstock kommt es leider immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen überwiegend rechten Jugendlichen und Spätaussiedlern”, erläutert Polizeisprecher Sonntag. Ganz bewusst sei deshalb dort im Januar die Polizei-Sonderkommission Tomeg Nord zur “täterorientierten” Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt ins Leben gerufen worden. Gemeinsam mit der Tomeg sowie der Kirche will Scheidemann durch Gespräche mit den Konfliktparteien deeskalierend eingreifen. “Ein runder Tisch mit allen Beteiligten wäre wünschenswert, aber dafür ist die Lage derzeit noch zu brisant.”
Nach Einschätzung des Bürgermeisters gibt es in Wittstock etwa 50 bis 60 Anhänger und Sympathisanten der rechten Szene. Die Tomeg geht von 25 Rechten, darunter 17 gewaltbereiten aus. “Die Mehrheit der Wittstocker steht aber entschieden gegen rechts auf”, sagt der Bürgermeister. So engagiert sich seit Monaten die Initiative “Für ein tolerantes Wittstock — Couragiert gegen rechts”. Am vergangenen Freitag organisierte sie einen Schweigemarsch zum Gedenken an den toten Russlanddeutschen, an dem sich rund 200 Menschen beteiligten.
Obdachloser überfallen
vok Angermünde — Drei Männer haben am Sonntag in Angermünde (Uckermark) einen 63-jährigen Obdachlosen angegriffen und schwer verletzt. Die Polizei konnte unmittelbar nach dem Übergriff einen 17‑, einen 20- und einen 24-Jährigen als Tatverdächtige festnehmen.
WITTSTOCK — Wittstock kommt nicht aus den Schlagzeilen heraus: Erst verlor ein Russlanddeutscher auf brutale Weise sein Leben, und jetzt wurde ein Anschlag auf ein türkisches Restaurant verübt. Vermutlich aus Rache verprügelten außerdem Spätaussiedler am vergangenen Wochenende zwei mutmaßliche Rechte. Zwei 17- und 18-Jährige erhielten daraufhin Haftbefehle, kamen aber gegen Auflagen auf freien Fuß.
Angst vor der “rechten Ecke”
“Die Aggressionen haben sich leider hochgeschaukelt und wir werden alles dafür tun, um die Situation zu entschärfen”, sagte Bürgermeister Lutz Scheidemann (FDP) gestern. “Wittstock darf aber nicht in die rechte Ecke gestellt werden”, warnte er.
Kaum hatte die Oranienburger Polizei am Montag die zwei Haftbefehle gegen zwei Russlanddeutsche vermeldet — sie sollen mit drei weiteren Aussiedlern in der Nacht zum Samstag an einer Tankstelle zwei einheimische Jugendliche geschlagen und getreten haben -, kam die nächste Hiobsbotschaft: Unbekannte hatten in der Nacht zum Sonntag mit faustgroßen Feldsteinen zwei Fensterscheiben eines türkischen Restaurants eingeschlagen und mit einer Bierflasche eine Wand beschädigt. “Ein ausländerfeindlicher Hintergrund ist nicht auszuschließen”, so Polizeisprecher Rudi Sonntag. Dem, der sich erinnerte, standen sofort wieder die Bilder vom Februar 1999 vor Augen: Damals schleuderte ein Schüler “aus blindwütigem Ausländerhass” — so später die Richter — wegen einer 50-Mark-Wette einen Brandsatz in einen Döner-Imbiss. Diese Verkaufsstelle ist laut Scheidemann jetzt nicht betroffen. Der Haupttäter von damals erhielt unter anderem wegen versuchten Mordes sechs Jahre Haft. Bei dem Anschlag wurde das Haus zerstört; ein Feuerwehrmann und ein türkischer Beschäftigter erlitten leichte Verletzungen.
Die aktuelle Serie von Vorfällen in der 12 500-Einwohner-Stadt begann am 4. Mai. Damals griffen drei inzwischen inhaftierte Jugendliche zwei Russlanddeutsche an und warfen unter anderem einen 15 Kilo schweren Feldstein auf eines der Opfer. Der 24-Jährige starb knapp drei Wochen später. “Sollte sich bestätigen, dass Fremdenfeindlichkeit das Motiv war, werden wir Anklage wegen Mordes erheben”, sagte Lolita Lodenkämper von der Staatsanwaltschaft Neuruppin. Wie sie sagt, sind die Verdächtigen nicht als Rechtsextremisten bekannt.
“In Wittstock kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen überwiegend rechten Jugendlichen und Spätaussiedlern”, erläutert Polizeisprecher Sonntag. Ganz bewusst sei deshalb dort im Januar die Polizei-Sonderkommission “Tomeg Nord” zur “täterorientierten” Bekämpfung von Rechtsextremismus und Gewalt ins Leben gerufen worden. Gemeinsam mit der “Tomeg” und der Kirche will Scheidemann durch Gespräche mit den Konfliktparteien deeskalierend eingreifen. “Ein runder Tisch mit allen Beteiligten wäre wünschenswert, aber dafür ist die Lage derzeit noch zu brisant.”
Initiative gegen Rechtsextremisten
Laut Bürgermeister gibt es in Wittstock etwa 50 bis 60 Anhänger und Sympathisanten der rechten Szene; die “Tomeg” geht von 25 Rechten, darunter 17 gewaltbereiten aus. “Die Mehrheit der Wittstocker steht aber entschieden gegen rechts auf”, sagt der Bürgermeister. So engagiert sich die Initiative “Für ein tolerantes Wittstock — Couragiert gegen rechts”. Am vergangenen Freitag organisierte sie einen Schweigemarsch zum Gedenken an den toten Russlanddeutschen.
Zusammen nach Strasbourg
Vom 19. bis zum 28. Juli findet in Strasbourg (Frankreich) ein internationales Grenzcamp statt. Unter anderem sind dort Diskussionen und Aktionen gegen das SIS — das Schengener Informationssystem — geplant. Genaueres zur Ausrichtung des Camps und zu den Technix findest du hier.
AktivistInnen aus verschiedenen Brandenburger Städten haben vor, gemeinsam nach Strasbourg zu fahren. Macht mehr Spaß, kostet weniger und so ist es leichter, sich vor Ort zu organisieren und zurecht zu finden.
Und das beste daran: Es sind noch Plätze frei! Solltest du Lust haben, mitzukommen, melde dich unter dieser E‑Mailadresse: strasbourg@djb-ev.de. Alles wichtige wird dir dann zugemailt.
DPA Die Spitze der Brandenburger FDP steht hinter dem umstrittenen Vize-Bundesvorsitzenden Jürgen Möllemann. “Er hat ein Problem angesprochen, das angesprochen werden musste — dass der Nahostkonflikt sowohl Israel als auch den Palästinensern schadet”, sagte Parteichef Jürgen Türk am Sonnabend in Brandenburg/Havel. Dort hatte der Landesvorstand auf einer Klausurtagung mit den FDP-Kandidaten für die Bundestagswahl beraten. Möllemann, zugleich Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, sei für die FDP unverzichtbar, sagte Türk. Er sei inhaltlich kompetent und könne Wähler überzeugen. Nordrhein-Westfalens FDP ist Partnerverband der Brandenburger Liberalen.