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Rathenow: „Trauermarsch“ mit Übergriff

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Nach dem gestern bere­its die evan­ge­lis­che Kirche, unter Beteili­gung von 200 Men­schen, eine Gedenkz­er­e­monie für die Opfer der heimtück­ischen Anschläge des so genan­nten „Islamis­chen Staates“ durchge­führt hat­te, zog heute das flüchtlings­feindliche „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ mit ein­er eige­nen Ver­anstal­tung nach. An diesem so genan­nten Trauer­marsch beteiligten sich unge­fähr 180 Per­so­n­en. Deut­lich weniger als bei den Ver­anstal­tun­gen an den drei voran gegan­genen Dien­sta­gen. Und klar aggres­siv­er. Nach dem bere­its bei den vor­ange­gan­genen Ver­anstal­tun­gen gegen die ver­meintliche „Lügen­presse“ gehet­zt und seit let­zter Woche konkret auch gegen einen bes­timmten Foto­jour­nal­is­ten Stim­mung gemacht wurde, eskalierte die Sit­u­a­tion heute am Rande. Mehrere Per­so­n­en umringten zunächst den Fotografen, dann griff ein­er nach dessen Tech­nik und zer­störte einen Teil sein­er Aus­rüs­tung. Der mut­maßliche Täter wurde durch die Polizei gestellt und Anzeige wegen Sachbeschädi­gung erstattet.
Gegen den Marsch des „Bürg­er­bünd­niss­es“ gab es auch heute keine Proteste. Lediglich am Märkischen Platz gab es eine Lichtin­stal­la­tion, die darauf hin­wies, dass Anschläge nicht nur in Frankre­ich stat­tfind­en, son­dern beispiel­sweise in Syrien alltäglich und somit Ursache für die Flucht nach Europa sind.
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Pritzwalk: Proteste gegen AfD-Versammlung


An ein­er von einem Kreistagsab­ge­ord­neten der recht­spop­ulis­tis­chen „Alter­na­tive für Deutsch­land“ (AfD) angemelde­ten Ver­samm­lung in Pritzwalk (Land­keis Prig­nitz) nah­men am Mon­tagabend unge­fähr 160 Men­schen teil. Die Ver­anstal­tung hat­te das Mot­to „Gegen das Poli­tikver­sagen“ und richtete sich über­wiegend gegen die weit­ere Auf­nahme von Flüchtlin­gen. Die Kundge­bung in der Mark­t­straße wurde zuvor sowohl vom AfD Kreisver­band Prig­nitz, von einem „Prig­nitzer Bürg­erzusam­men­schluss“ und der latent neon­azis­tis­chen Inter­net-Ini­tia­tive „Pritzwalk sagt NEIN zur Asylpoli­tik“ bewor­ben. Zeit­gle­ich zu der flüchtlings­feindlichen Ver­samm­lung fand zwis­chen St. Niko­laikirche und Markt eine Gegen­ver­anstal­tung statt, an der ins­ge­samt 100 Men­schen teilnahmen.
Proteste in Hör- und Sichtweite
Zen­traler Pro­tes­tort war der Platz nördlich der Mark­t­straße, zwis­chen Stadtver­wal­tung und einem Kred­itin­sti­tut. Dort hat­ten sich unge­fähr 50 Men­schen ver­sam­melt und laut­stark ver­sucht, die AfD-Kundge­bung auf der anderen Straßen­seite mit Pfif­f­en und Rufen zu stören. Die Polizei hielt jedoch die Teilnehmer_innen bei­der Ver­anstal­tun­gen weit­ge­hend auf Dis­tanz. Zwis­chen den kon­trären Ver­samm­lun­gen war ein Raum von 15 bis 20m in der Bre­ite, der mit Git­tern abge­tren­nt war. Dort hiel­ten sich auch zusät­zliche Beamt_innen der Bere­itschaft­spolizei, mit Blick­rich­tung Gegen­demon­stra­tion, auf. Der Protest in Hör- und Sichtweite blieb allerd­ings friedlich.
Eine zweite Ver­samm­lung, die eben­falls als Gegenkundge­bung zur AfD-Ver­samm­lung gew­ertet wer­den kann, fand wenige Meter weit­er in um die St. Niko­laikirche statt. Bei dieser Ver­anstal­tung han­delte es sich um ein Friedens­ge­bet. Unge­fähr 50 Men­schen beteiligten sich daran.
AfD-Kundge­bung mit flüchtlings­feindlichem Charakter
Hin­ter­grund der AfD-Ver­samm­lung soll die derzeit­ige „Asylpoli­tik” gewe­sen sein. Anmelder Thomas Schlaf­fke hat­te der Lokalzeitung „Der Prig­nitzer“ gegenüber erwäh­nt, dass sich bei so genan­nten „Bürg­er­stammtis­chen“ sein­er Partei einige Men­schen nicht aus­re­ichend über das The­ma Asyl informiert sahen. Obwohl er als Kreistagsab­ge­ord­neter Zahlen und Fak­ten kenne, sei er trotz­dem um eine Anmel­dung zu ein­er Demon­stra­tion gebeten worden.
Die Gründe hier­für scheinen auf der Hand zu liegen. Flüchtlings­feindliche Ver­samm­lun­gen sind momen­tan pop­ulär und ver­sprechen kün­ftige Wähler_innenstimmen. Momen­tan liegt die momen­tan nicht im Bun­destag vertre­tende AfD, laut For­sa-Umfrage vom 11. Novem­ber 2015, im Bun­de­strend bei stolzen 7 %, bei INSA sog­ar bei 10 % (Umfrage vom 9. Novem­ber 2015).
Bei den let­zten Kom­mu­nal­wahlen im Mai 2014 holte die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ im Land­kreis Prig­nitz allerd­ings ger­ade ein­mal 1,0 % der gülti­gen Wähler_innenstimmen und lag damit sog­ar noch unter dem Lan­des­durch­schnitt von 1,3 %. Für das Man­dat von Thomas Schlaf­fke im Land­kreis Prig­nitz reichte es also ger­ade so. Deshalb vielle­icht zur Ver­stärkung, hat­te die AfD am Mon­tagabend mit Andreas Kalb­itz und Stef­fen Königer auch zwei ihrer Land­tagsab­ge­ord­neten zur Kundge­bung nach Pritzwalk entsandt. Ihr The­ma war vor allem die derzeit­ige Flüchtlingssituation.
Kalb­itz, der eine Biografie in der extremen Recht­en hat, beklagte vor allem die, sein­er Mei­n­ung nach, „völ­lig unkon­trol­lierte Zuwan­derung“ und wandte sich gegen den Zuzug von Fam­i­lien­ange­höri­gen von Flüchtlin­gen. Weit­er­hin schürte er Über­frem­dungsäng­ste und warf den „Poli­tik­ern“ im All­ge­meinen den „Ver­rat am deutschen Volk“ vor. Speziell wurde aber auch Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel in sein­er Rede ange­grif­f­en. Weit­er­hin the­ma­tisierte Kalb­itz den demografis­chen Wan­del und präsen­tierte als ein­fach­es Rezept, statt Aus­län­der ins Land zu holen, ein­fach mehr Kinder zu machen. Ähn­lich argu­men­tiert übri­gens auch die extreme Rechte inner­halb ihrer so genan­nten „Volkstod“-Kampagne. Mit „Nazis“ wolle die AfD jedoch nichts zu tun haben. Dies­bezüglich meinte Stef­fen Königer in seinem Rede­beitrag, dass er hier, auf der Kundge­bung, keine Ver­fas­sungs­feinde sehe. Diese ver­mutete er eher im Bun­destag in Berlin. Die Schwarz-weiß-rote Reichs­flagge, die auf der AfD Kundge­bung wehte, war Königer anscheinend nicht aufge­fall­en. Er bejam­merte stattdessen, dass gegen seine Partei immer wieder die „Nazikeule“ geschwun­gen werde. Dies beklagte auch der aus Neu­rup­pin angereiste ehe­ma­lige Vor­sitzen­der des Parteiver­ban­des Ost­prig­nitz-Rup­pin, Klaus Engel­bertz, in seinem Rede­beitrag. Er kri­tisierte vor allem die Gew­erkschaften für deren ver­meintlichen „Goebbels-Jar­gon“ und set­zte die Antifa mit der „SA“ gle­ich. Zu dem deut­lichen Anstieg von Anschlä­gen auf Flüchtling­sun­terkün­fte ver­lor er hinge­gen kein Wort.
Neon­azis auf der AfD-Kundgebung
Trotz der schein­heili­gen Dis­tanzierungsver­suche, scheinen die „Alter­na­tive für Deutsch­land“ und die extreme Rechte zumin­d­est in der Beant­wor­tung der Flüchtlings­frage gemein­same Schnittstellen zu haben. Auch gestern zog es so einige Sympathisant_innen des neon­azis­tis­chen Milieus, es mögen zwis­chen 30 und 40 gewe­sen sein, zu der AfD-Kundge­bung auf den Pritzwalk­er Mark­t­platz. Auch Neon­azis aus lose organ­isierten Grup­pen, wie den „Freien Kräften Prig­nitz“ oder den „Freien Kräften Wittstock/Dosse“ waren anwe­send. Sie waren offen­bar dem Aufruf der latent neon­azis­tis­chen Inter­net-Ini­tia­tive „Pritzwalk sagt NEIN zur Asylpoli­tik“ gefol­gt. Eine deut­liche Dis­tanzierung der AfD zu dieser Seite gab es im Vor­feld nicht. Eben­so wenig erfol­gte der Auss­chluss der Neon­azis von der Ver­samm­lung. Dies wäre übri­gens ohne weit­eres möglich gewe­sen, da der Kundge­bung­sort kom­plett mit Polizeigit­tern abgezäunt war und die Zugänge von Ordner_innen der Ver­samm­lung kon­trol­liert wur­den. Stattdessen wur­den einzelne Neon­azis von den Ord­nungskräften per Hand­schlag per­sön­lich begrüßt.
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Rathenow: Fackelmarsch durch die Goethestraße

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An der nun­mehr drit­ten Ver­samm­lung des flüchtlings­feindlichen „Bürg­er­bünd­niss­es Rathenow“ haben sich wieder mehrere hun­dert Men­schen beteiligt. Schätzun­gen gehen von unge­fähr 400 Per­so­n­en aus. Die Ver­anstal­tung wurde erst­mals auch als Demon­stra­tion durch einen Teil der Stadt durchge­führt. Während des Marsches durch die Goethes­traße entzün­de­ten mehrere bekan­nte Neon­azis aus Rathenow und Prem­nitz auch Brand­fack­eln und ver­liehen dem Aufzug so den Charak­ter eines Fack­el­marsches. Allerd­ings blieb die Anzahl der Versammlungsteilnehmer_innen, die dem neon­azis­tis­chen Milieu zuge­ord­net wer­den kon­nten, rel­a­tiv kon­stant bei unge­fähr 50–60 Per­so­n­en, also inner­halb der Ver­samm­lung deut­lich in der Min­der­heit. Den­noch war wieder zu beobacht­en, dass diese Per­so­n­enkreise die Ver­anstal­tung benutzten um sich zu insze­nieren. Weit­er­hin war die Steigerung ein­er aggres­siv­en Grund­stim­mung bei einem Großteil der Versammlungsteilnehmer_innen deut­lich spür­bar. Eine Gegen­ver­anstal­tung gab es übri­gens nicht. Das Aktions­bünd­nis „Rathenow zeigt Flagge“ wollte jeglichen möglichen Kon­flikt aus dem Weg gehen. Stattdessen wur­den an Straßen­lam­p­en Schilder ange­bracht, die Vorurteile gegenüber Flüchtlin­gen entkräften soll­ten. Zudem wurde durch die Kirche ein Friedens­ge­bet als Protest zur der Ver­anstal­tung des Bürg­er­bünd­niss­es ange­boten. An diesem beteiligten sich unge­fähr 30 Men­schen. Den Ver­such eines direk­ten Protestes gab es hinge­gen nur in der Berlin­er Straße, wo sich eine kleine Gruppe von unge­fähr zehn alter­na­tiv­en bzw. antifaschis­tis­chen Jugendlichen gesam­melt hatte.
Ton wird schärfer
Deut­lich mehr Men­schen standen hinge­gen wieder auf dem Märkischen Platz, wo ab 18.30 Uhr die Auf­tak­tkundge­bung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ stat­tfand. Viele kamen auch wieder mit der Nation­alflagge oder der Fahne des Lan­des Bran­den­burg. Akzep­tiert wurde aber anscheinend auch revi­sion­is­tisch anmu­tende Beflag­gung des heute zur Repub­lik Polen gehören­den Gebi­etes „West­preußen“ sowie die seit den 2010er Jahren haupt­säch­lich von Grup­pen der extremen Recht­en genutzte, so genan­nte „Wirmer-Flagge“. Bish­er sind die Veranstalter_innen offen­bar um eine Geschlossen­heit ihres „Volkes“ bemüht. Bemerkenswert ist dies­bezüglich auch eine schle­ichende Radikalisierung in der Gestal­tung der Reden. Nicht nur Ressen­ti­ments gegen Flüchtlinge wer­den immer wieder aus­giebig artikuliert, son­dern auch Men­schen­grup­pen, die sich nicht dem kollek­tiv­en Rausch der Dem­a­gogen auf dem Märkischen Platz hingeben, als „Lügen­presse“ oder „Volksver­räter“ verunglimpft. Dabei wird zum Teil auch nicht davor zurück­geschreckt bewusst Unwahrheit­en zu ver­bre­it­en, um das „Volk“ anzus­tacheln. Die per­ma­nente Abw­er­tung dieser Feind­bilder, bei zunehmender Aggres­siv­ität wirkt, von außen betra­chtet, immer bedrohlich­er und kön­nte in Zukun­ft dur­chaus zu ein­er Senkung der Hemm­schwelle zur Ausübung physis­ch­er Gewalt führen, zumal in den Rei­hen des „Bürg­er­bünd­niss­es“ auch viele bekan­nte Gewalt­täter mitlaufen.
Wieder ein­schlägige Neonazi-Ordner
Zum Teil waren beispiel­sweise bei der zweit­en Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ in der ver­gan­genen Woche sog­ar gewalt­tätige und dies­bezüglich vorbe­strafte Neon­azis, die zudem mehrfach an NPD Ver­samm­lun­gen teil­nah­men, als Ver­anstal­tung­sor­d­ner einge­set­zt. Zwar wurde die Parteinähe der Ord­ner durch den Sprech­er des havel­ländis­chen „Bürg­er­bünd­niss­es“, Nico Tews, in einem wohlwol­len­den Inter­view mit ein­er Lokalzeitung behar­rlich bestrit­ten, diese Per­so­n­en aber ander­er­seits bei der jüng­sten Kundge­bung auch nicht mehr aufgestellt. Dafür wurde auf andere, eben­falls bekan­nte Neon­azis zurück­ge­grif­f­en. Beispiel­sweise auf Andy K., einem in den 2000er Jahren aktiv­en Sym­pa­thisan­ten des NPD Orts­bere­ich­es Rathenow, der wegen Gewalt- und Pro­pa­gan­dade­lik­ten vor­be­lastet ist. Er und eine weit­ere Per­son aus dem neon­azis­tis­chen Milieu sollen u.a. am 11. August 2005 einen 20-Jähri­gen in der Goethes­traße mit ein­er Bier­flasche gegen das Kinn geschla­gen haben. Weit­er­hin war auch der Rathenow­er Neon­azi Thomas L. als Ord­ner einge­set­zt. L. gilt eben­falls als NPD Sym­pa­thisant und nahm in der Ver­gan­gen­heit an zahlre­ichen Ver­samm­lun­gen dieser Partei teil. Zu ein­er Kundge­bung der NPD im Jahr 2008 in Prem­nitz erschien er sog­ar ein­deutig in Parteik­luft. Auf alten, damals öffentlich ein­se­hbaren Bildern in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk posierte er zu dem vor ein­er Fahne der „Jun­gen Nation­aldemokrat­en“ (JN). Heute tritt L. vor allem als „nationaler“ Lie­der­ma­ch­er unter dem Pseu­do­nym „TOiton­i­cus“ auf.
Neon­azis insze­nierten Fackelmarsch
Neben den ein­schlägig bekan­nten Ord­nern war auch wieder eine Gruppe von 50–60 weit­eren Neon­azis Teil der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“. Dabei han­delte es sich vor allem um bekan­nte Akteure aus Rathenow, Prem­nitz, Nauen und Ketzin/Havel. Diese sucht­en auch heute wieder die Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es“ für sich zu vere­in­nah­men. Nach Beendi­gung der Kundge­bung auf dem Märkischen Platz, mit Beginn des vom Ver­anstal­ter Chris­t­ian Kaiser als „Abendspazier­gang“ beze­ich­neten Demon­stra­tionszuges durch die Goethes­traße, die Nauen­er Straße, die Frie­sack­er Straße sowie der Forststraße, entzün­de­ten mehrere bekan­nte Neon­azis aus Rathenow und Prem­nitz Brand­fack­eln und ver­liehen dem gesamten Aufzug so den Charak­ter eines „Fack­el­marsches“.
NPD sucht Anschluss
Auch die NPD, ins­beson­dere in Per­son des Rathenow­er Stadtverord­neten und Kreistagsab­ge­ord­neten Michel Müller, war eben­falls wieder auf der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ vertreten. Die Partei sucht offen­bar nach wie vor eine Brücke zu den bürg­er­lichen Versammlungsteilnehmer_innen zu schla­gen. In der Nacht von Mon­tag zu Dien­stag verteil­ten mehrere Sympathisant_innen der Partei auch Fly­er im Stadt­ge­bi­et von Rathenow, auf denen u.a. das Kon­ter­fei Müllers und sowie flüchtlings­feindliche bzw. ras­sis­tis­che Parolen abge­druckt waren.
Aktions­bünd­nis zog sich zurück
Nach dem bekan­nt wurde, dass sich das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ am Dien­stagabend erneut auf dem Märkischen Platz sam­meln und anschließend sog­ar als Demon­stra­tions­block durch die Stadt laufen würde, nahm das Aktions­bünd­nis „Rathenow zeigt Flagge“ Abstand von der Aus­rich­tung ein­er eige­nen Kundge­bung mit „Herz statt Het­ze“. Als Begrün­dung wurde die Ver­mei­dung ein­er „weitere(n) Polar­isierung“ der Lager angegeben. Ein „Auf­bau von Fron­ten“ sei „mit Sicher­heit nicht der Weg zu Lösun­gen im Sinne eines Miteinan­ders in der Stadt Rathenow“, so das Aktions­bünd­nis weit­er. Um sich den­noch zu posi­tion­ieren ver­suchte „Rathenow zeigt Flagge“ das bürg­er­liche Pub­likum des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ mit Fak­ten und Argu­menten zu überzeu­gen. So wur­den beispiel­sweise bere­its am Nach­mit­tag Papp­schilder aufge­hängt, auf dem jew­eils ein Vorurteil und eine entsprechend sach­liche Entkräf­tung abge­druckt waren. Nico Tews vom „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ ging in sein­er Het­zrede tat­säch­lich auch auf diese Plakate ein, tat sie jedoch als „Wisch“ und „Steuergeld­ver­schwen­dung“ ab. Ähn­lich frucht­los blieb das Friedens­ge­bet in der Lutherkirche, dass eben­falls auch als Dia­log ange­boten wurde. Die „besorgten Bürger_innen“ zogen im Schein der Brand­fack­eln ohne Gesprächsin­ter­esse an der Kirche vor­bei. Immer­hin wurde drin­nen zumin­d­est über eine kün­ftige Ver­fahrensweise mit der­ar­ti­gen Ver­anstal­tun­gen berat­en und mögliche Optio­nen erörtert. Konkrete Gege­nak­tio­nen ste­hen aber momen­tan offen­bar immer noch nicht zur Diskus­sion, obwohl die Auf­gabe eines Stan­dortes für direk­te Gegen­proteste indes von eini­gen Men­schen als „Rück­zug“ vor den Het­zern und ihren teil­weise extrem recht­en Anhang kri­tisiert wurde. Die Moti­va­tion für eventuelle Gegen­ver­anstal­tun­gen scheint in der Zivilge­sellschaft momen­tan jedoch auch an dem Missver­hält­nis der Zahlen zu liegen. Zweimal wurde zu Gegenkundge­bun­gen aufgerufen, zweimal war „Rathenow zeigt Flagge“, trotz für Rathenow­er Ver­hält­nisse erhe­blichen Inter­ess­es, in der Min­der­heit. Am Dien­stagabend sam­melten sich zu dem auch nur unge­fähr zehn alter­na­tive bzw. antifaschis­tis­che Jugendlichen für spon­ta­nen Protest in der Berlin­er Straße.
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Rheinsberg: Protestaktionen gegen asylfeindlichen „Abendspaziergang“

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An einem „Abendspazier­gang“ in Rheins­berg (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin) nah­men am gestri­gen Abend unge­fähr 130 Per­so­n­en teil. Der deut­lich von NPD und „freien Kräften“ aus den Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin, Ober­hav­el und Havel­land geprägte Aufzug richtete sich gegen die Auf­nahme von Flüchtlin­gen. An der Demon­stra­tion nah­men vere­inzelt auch so genan­nte „besorgte“ Bürger_innen teil. An ein­er Gegen­ver­anstal­tung nah­men eben­falls über 100 Men­schen teil. Am Rande des Abendspazier­gangs kam es zu einzel­nen Störak­tio­nen durch Gegendemonstrant_innen. Zu größeren Zwis­chen­fällen kam es jedoch nicht. Die Polizei hielt bei­de Lager auf Abstand.
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Wittstock/Dosse: Neonazikundgebung von Protesten begleitet

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Am Sam­stagvor­mit­tag ver­anstal­teten Neon­azis eine Kundge­bung auf dem Mark­t­platz in Wittstock/Dosse. Die Ver­samm­lung stand in Zusam­men­hang mit der Unter­bringung weit­er­er Flüchtlinge im Stadt­ge­bi­et. The­ma­tisch dazu pla­nen Neon­azis auch am 6. Dezem­ber 2015 einen Fack­el­marsch durch Wittstock/Dosse. An der heuti­gen neon­azis­tis­chen Ver­anstal­tung nah­men unge­fähr 50 Per­so­n­en aus den Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin, Prig­nitz und Havel­land teil. An ein­er Protestver­anstal­tung des zivilge­sellschaftlichen Bünd­niss­es „Witt­stock beken­nt Farbe“ in Hör- und Sichtweite beteiligten sich unge­fähr 60 Menschen.
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Velten: „Abendspaziergang“ knüpft an NPD-nahe Aufzüge in Oranienburg an

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Impres­sio­nen aus Velten

An öffentlichen Ver­samm­lun­gen im Stadt­ge­bi­et von Vel­ten (Land­kreis Ober­hav­el) haben sich am frühen Abend ins­ge­samt 300 Men­schen beteiligt. Die Ver­anstal­tun­gen bewegten sich im Kon­text der bun­desweit debat­tierten Kon­tro­verse um die Auf­nahme von Asyl­suchen­den. Am so genan­nten „1. Abendspazier­gang für eine angemessene Asylpoli­tik“, der sich gegen die Unter­bringung von Flüchtlin­gen in Vel­ten richtete, beteiligten sich unge­fähr 200 Per­so­n­en. Diese Ver­anstal­tung wurde im Vor­feld haupt­säch­lich durch die NPD-nahe Inter­ne­tini­tia­tive „Nein zum Heim in Oranien­burg“, bewor­ben und durch nation­aldemokratis­che Partei­funk­tionäre pro­te­giert. Das Design des Inter­ne­taufrufs für den Abendspazier­gang sowie Konzept und Ablauf knüpften zudem sehr deut­lich an ähn­liche Ver­samm­lun­gen in Oranien­burg und Zehdenick (eben­falls Land­kreis Ober­hav­el) an. Unter dem Mot­to: „ Herz statt Het­ze! Vel­ten ist anders, weltof­fen, bunt!“ protestierte die „Ini­tia­tiv­gruppe gegen Ras­sis­mus und Gewalt Vel­ten“ mit unge­fähr 100 Men­schen gegen die flüchtlings­feindliche Demonstration.
Abendspazier­gang nach NPD Konzept
Der so genan­nte „Abendspazier­gang“ begann indes auf dem Vel­tener Mark­t­platz mit ein­er Auf­tak­tkundge­bung. Dabei wurde recht schnell klar, dass die gesamte Ver­samm­lung auf einem kom­plett aus Oranien­burg importierten Konzept basierte. In der Kreis­stadt des Land­kreis­es Ober­hav­el hat­ten so genan­nte „besorgte Bürger_innen“ bere­its seit Dezem­ber 2014 ähn­liche Aufzüge durchge­führt. Die regionalen NPD und JN Struk­turen hat­ten dabei stets entschei­den­den organ­isatorischen Anteil, ver­mieden es jedoch offen für die nation­aldemokratis­che Partei zu wer­ben. Die Mobil­isierung lief stattdessen über deren virtuelle Tarn­seite „Nein zum Heim in Oranien­burg“, auf der auch für Vel­ten mobil­isiert wurde. Entsprechend deut­lich war der Ein­fluss der von NPD und JN auch dort zu spüren. Zwar mögen auf dem „1. Abendspazier­gang“ in Vel­ten mehrheitlich tat­säch­lich so genan­nte „besorgte“ und „verängstigte“ Bürger_innen gewe­sen sein, viele Aus­drucksmit­tel, wie Schilder und Ban­ner, verdeut­licht­en jedoch einen ganz offen­sichtlichen Bezug zur Ide­olo­gie der extremen Recht­en. „Über­frem­dung ist auch eine Form von Völk­er­mord“ stand beispiel­sweise auf einem Papp­schild geschrieben. Ein mit­ge­führtes großes Ban­ner mit der Auf­schrift „Asyl­be­trug macht uns arm“ entsprach nahezu exakt dem Werbe­ma­te­r­i­al der NPD, bis auf das deren drei Buch­staben nicht enthal­ten waren. Des Weit­eren beteiligten sich auch wieder mehrere Kom­mu­nalpoli­tik­er der Partei, allen voran deren örtlich­er Stadtverord­neter Robert Wolin­s­ki an der Demonstration.
Darüber hin­aus wurde der Abendspazier­gang auch von ein­er Gruppe Neon­azis aus dem Land­kreis Havel­land, um den verurteil­ten Ter­ror­is­ten Christo­pher H., unter­stützt. H. wurde Anfang März 2005 zu ein­er mehrjähri­gen Haft­strafe verurteilt, weil er eine Organ­i­sa­tion namens „Freiko­rps Havel­land“ aufge­baut, geleit­et und in diesen Rah­men Bran­dan­schläge auf Dön­er­stände und Asia-Imbisse durchge­führt haben soll.
Aus Berlin waren heute eben­falls viele Per­so­n­en nach Vel­ten gereist. Ein „besorgter Bürg­er“ aus Marzahn-Hellers­dorf ergriff bei der Abschlusskundge­bung beispiel­sweise das Mikro und klagte sein Leid über die ver­meintliche Über­frem­dung durch die Auf­nahme von Flüchtlin­gen. Beson­ders übel stieß ihm dabei u.a. auf, dass „man heute nicht ein­mal mehr ‚Neger‘ sagen dürfe“.
Stadt beken­nt sich gegen Rassismus
Für ein buntes und weltof­fenes Vel­ten trat­en hinge­gen heute die Bürger_innen ein, die sich am Abend an der evan­ge­lis­chen Kirche in der Vik­to­ri­as­traße ver­sam­melt hat­ten. Diese Ver­anstal­tung begann bere­its eine Stunde vor dem „Abendspazier­gang“ mit einem Friedens­ge­bet. Später sprach dort auch Vel­tens Bürg­er­meis­terin Ines Hüb­n­er. Sie begrüßte die Gegen­ver­anstal­tung und betonte das Vel­ten „eine weltof­fene Stadt ohne Ras­sis­mus“ sei.
Auf der Ver­samm­lung „Ini­tia­tiv­gruppe gegen Ras­sis­mus und Gewalt Vel­ten“ war heute weit­er­hin u.a. auch vom Kreis­brand­meis­ter der Feuer­wehr unter­stützt, der heute demon­stra­tiv Präsenz zeigte. Im Vor­feld war näm­lich bekan­nt gewor­den das ein­er sein­er Feuer­wehrmän­ner nicht nur Fly­er für die NPD verteilt, son­dern auch den „Abendspazier­gang“ angemeldet haben soll.
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Rathenow: „Bürgerbündnis“ plant Marsch durch die Stadt

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An Ver­samm­lun­gen im Stadt­ge­bi­et von Rathenow nah­men heute mehrere hun­dert Men­schen teil. Die Kundge­bung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ zog unge­fähr 450 Versammlungsteilnehmer_innen, etwas weniger als let­zte Woche. Die zivilge­sellschaftliche Ini­tia­tive „Rathenow zeigt Flagge“ zog mit ihrem Ver­anstal­tungskonzept unge­fähr 250 Men­schen an, eben­falls weniger als am ver­gan­genen Dien­stag. Zu nen­nenswerten Zwis­chen­fällen kam es nicht. Für den näch­sten Dien­stag wurde seit­ens des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ eine weit­ere Kundge­bung mit Demon­stra­tion durch die Stadt angekündigt. „Rathenow zeigt Flagge“ wird wahrschein­lich eben­falls wieder präsent sein. Eine genaue Aktions­form ste­ht zur Stunde aber noch nicht fest.
Bürg­er­bünd­nis polar­isiert weiter
Die 450 Sym­pa­thisan­ten des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, darunter wieder unge­fähr 50 Neon­azis, hat­ten sich, wie in der ver­gan­genen Woche, wieder ab 18.30 Uhr auf dem Märkischen Platz ver­sam­melt. Sich dort einzufind­en wurde zuvor u.a. wie Ver­anstal­tungs­seite in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk sowie gedruck­ten und als Post­wurf­sendung verteil­ten Fly­ern kom­mu­niziert. Gemäß State­ment des „Bürg­er­bünd­niss­es“ ging es bei der mas­siv­en Wer­beak­tion vor allem darum, mehr Versammlungsteilnehmer_innen anzu­lock­en als in der Vor­woche. Die Zahl von 500, wie in der ver­gan­genen Woche, wurde jedoch heute nicht erre­icht. Auch die Stim­mung war deut­lich weniger eupho­risch. Lediglich wenn die Redner_innen Begriffe, wie „Lügen­presse“, „Volksver­räter“, „Merkel muss weg“ und „Wir sind das Volk“, in ihren Beiträ­gen nutzten, war eine mitreißende Atmo­sphäre erleb­bar. Als Redner_innen trat­en heute haupt­säch­lich Chris­t­ian Kaiser und Nico Tews auf. Des Weit­eren wen­de­ten sich eine Frau namens Susanne sowie ein älter­er Herr an das ver­sam­melte Volk. Erst­mals wur­den vom „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ auch Forderun­gen an die Poli­tik gerichtet. Diese hat­ten haupt­säch­lich mit dem The­ma Asyl zu tun. Unter anderem wurde ein Lim­it bzw. eine Höch­stzahl für die Auf­nahme von Flüchtlin­gen gefordert. Anson­sten wurde sich auch wieder von Nazis dis­tanziert, ohne dass sich die Veranstalter_innen aber tat­säch­lich an ihre Worte gebun­den sahen.
Neon­azis verteil­ten Fly­er für Demo des „Bürg­er­bünd­niss­es“
Für die heutige Ver­samm­lung hat­ten näm­lich auch wieder bekan­nte Neon­azis mobil­isiert. Der Nauen­er Kom­mu­nalpoli­tik­er Maik Schnei­der (NPD) hat­te beispiel­sweise im Vor­feld auf sein­er öffentlich ein­se­hbaren Seite in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk verkün­det „die Rathenow­er“ wieder „unter­stützen“ zu wollen. Bere­its in der ver­gan­genen Woche sei, seinen Angaben zu Folge, „ein klein­er Trupp der Nauner NPD“ vor Ort gewe­sen. Dieser hat­te dort mehrere Ban­ner mit ras­sis­tisch motivierten Parolen gezeigt. Die Aktion sollte nun offen­bar nicht nur plan­mäßig wieder­holt wer­den, son­dern auch noch mehr Gesinnungsgenoss_innen anlock­en. Schnei­der dazu auf sein­er Seite: „Dass es dies­mal noch mehr Bürg­er wer­den die gegen dieses asoziale Sys­tem demon­stri­eren, haben wir im Vor­feld hun­dert von Briefkästen in Nauen mit Info­ma­te­r­i­al verse­hen.“ Als Foto­be­weis für die Verteilak­tion präsen­tierte Maik Schnei­der mit Infofly­ern des „Bürg­er­bünd­niss­es“ bestück­te Briefkästen. Soll­ten die Fotos und seine Angaben dazu authen­tisch sein, sind dies klare Indizien für eine Zusam­me­nar­beit zwis­chen dem „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ und der NPD.Tatsächlich nahm heute auch wieder eine Del­e­ga­tion Neon­azis aus Nauen an der Kundge­bung des „Bürg­er­bünd­niss­es“ teil. Diese hat­ten sich vor den Redner_innen mit Ban­nern präsen­tiert, schwenk­ten Fah­nen oder waren als Ord­ner eingesetzt.
Neon­azis als Ordner 
Rathenow­er Neon­azis waren übri­gens eben­falls auf der Kundge­bung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ als Ord­ner erken­ntlich, darunter der mehrfach wegen Gewalt­de­lik­ten vorbe­strafte Peer D. Er saß mehrere Jahre in ein­er JVA ein, weil er sich u.a. mit weit­eren Gesin­nungsgenossen im Juni 2005 dazu verabre­dete, den Jugend­club in Prem­nitz anzuzün­den. Des Weit­eren hat­te er 2008 einen Prem­nitzer Stadtverord­neten der Linkspartei mit Reiz­gas ange­grif­f­en. Als Ord­ner wird D. offen­bar trotz­dem gerne genom­men, nicht nur vom „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“. Auch bei Kundge­bun­gen der NPD ist er öfter mit ein­er Ord­nerbinde zu sehen.
„Rathenow zeigt Flagge“ sucht Dialog
Trotz des weit­er­hin sehr polar­isieren­den Charak­ters der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ sucht das zivilge­sellschaftliche Aktions­bünd­nis „Rathenow zeigt Flagge“ weit­er die Ver­ständi­gung. Bewusst sei die Gestal­tung der Kundge­bung auf dem August-Bebel-Platz nicht als „Gegen­ver­anstal­tung“ bewor­ben wor­den. Es würde weit­er der Dia­log gesucht. Vorurteile, Sor­gen und Äng­ste, soll­ten, so die Veranstalter_innen, dadurch aus­geräumt wer­den. Es gab auf der Kundge­bung auch die Möglichkeit, entsprechende Fra­gen oder Anre­gun­gen schriftlich und anonym zu stellen. An dem Mot­to: „Mein Rathenow, mit Herz statt Het­ze“ hielt das Aktions­bünd­nis jedoch weit­er­hin fest, frei nach dem von Bürg­er­meis­ter Ronald Seeger am heuti­gen Abend ver­wen­de­ten Reim: „Mein Rathenow mit Herz und Ver­stand: bunt und tol­er­ant“. Ein­fach über die andere Ver­anstal­tung hin­wegse­hen und warten was da komme, woll­ten aber viele Men­schen auch nicht. Vor allem junge Leute zeigten sich noch immer schock­iert von der Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ am vorherge­hen­den Dien­stag. Eine junge Frau, die sich als Maria vom „Laut und bunt“-Jugendiniative vorstellte, meinte: „Was ich da gese­hen habe, erin­nerte mich an Szenen die ich nur aus Doku­men­ta­tio­nen und Geschichts­büch­ern kenne.“ Und für sie noch schlim­mer: „…dass da drüben Men­schen ste­hen, die ein­mal Fre­unde waren, meine Ansicht­en teil­ten und jet­zt diesem Blödsinn zujubeln“.Der Ohn­macht ergeben wollte sich die junge Frau jedoch nicht, vielmehr sei es sehe jet­zt an der Zeit „zu han­deln“ und „ein Zeichen für Tol­er­anz und Weltof­fen­heit sowie gegen Ras­sis­mus und Frem­den­hass zu setzen“.
Klare Trennlin­ie zwis­chen Versammlungen
Nach dem es in der ver­gan­genen Woche zu ver­balen Auseinan­der­set­zun­gen zwis­chen Neon­azis und Antifaschist_innen am Rande bei­der Ver­anstal­tun­gen gekom­men war, zeigte die Polizei heute mas­sive Präsenz. Zwis­chen bei­den Lager wurde nicht nur eine Polizeikette aufgestellt, son­dern auch eine Sperre aus Fahrzeu­gen errichtet. Zu nen­nenswerten Zwis­chen­fällen kam es nicht. Auch die ver­bale Auseinan­der­set­zung war deut­lich abgeschwächter als in der ver­gan­genen Woche.
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Rathenow: Demo-Neuauflage am morgigen Dienstag

2015.10.31 Rathenow Rathaus
In Rathenow wird es am kom­menden Dien­stag eine Neuau­flage der Kundge­bun­gen des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ und des Aktions­bünd­niss­es „Rathenow zeigt Flagge“ geben. Hin­ter­grund ist die auch bun­desweit kon­tro­vers disku­tierte Flüchtlingspoli­tik. Für die Geg­n­er von pauschal­isieren­der Het­ze gegen Flüchtlinge sei es zudem wichtig, am Dien­stag wieder ein klares Zeichen gegen Ressen­ti­ments zu setzen.
Bürg­er­bünd­nis läutet zur zweit­en Runde
Nach dem das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ am ver­gan­genen Dien­stag, aus dessen Sicht, erfol­gre­ich gegen „die Islamisierung des Abend­lan­des“ und „unkon­trol­liert­er ´Zuwan­derung“ sowie für die kon­se­quente Abschiebung abgelehn­ter Asyl­be­wer­ber“ protestiert hat­te und dabei unge­fähr 500 Sympathisant_innen auf dem Märkischen Platz ver­sam­melte, hat­te Ver­anstal­ter Chris­t­ian Kaiser noch am sel­ben Abend die Fort­set­zung der Ver­anstal­tung angekündigt. Diese erneute Ver­samm­lung soll nun wieder an einem Dien­stag, genauer gesagt am 3. Novem­ber 2015, zur gle­ichen Zeit und am gle­ichen Ort stat­tfind­en. In einem sozialen Inter­net­net­zw­erk wird bere­its dafür aus­führlich gewor­ben. Des Weit­eren ließ das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ auch heute wieder bedruck­te, in schwarz-rot-gold­e­nen Far­ben gehal­tene Fly­er als Ver­anstal­tung­sh­in­weis in Briefkästen pri­vater Haushalte einwerfen.
Vom Immo­bilien­mak­ler zum Volkstribun
Auf­grund seines Engage­ments für das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ weit­er in den Fokus des öffentlichen Inter­ess­es gerutscht ist, neben Ver­samm­lungsleit­er Chris­t­ian Kaiser, inzwis­chen auch der aus dem osthavel­ländis­chen Sen­zke stam­menden Immo­bilien­mak­ler Nico Tews. Er ist geset­zlich­er Vertreter der Lat­inum Hausver­wal­tungs GmbH und in einem Mak­ler­haus in der Fontanes­tadt Neu­rup­pin inte­gri­ert. Als Hausver­wal­ter set­zte er in der Kreis­stadt des Land­kreis­es Ost­prig­nitz-Rup­pin im Jahr 2011 u.a. die Räu­mung ein­er insol­ven­ten Kindertagesstätte durch. Auf der let­zten Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ auf dem Märkischen Platz soll er dage­gen bekräftigt haben, sich ange­blich für die Zukun­ft „unser­er Kinder“ einzuset­zen. Darüber gefiel er sich offen­bar in der Rolle des Tri­buns, der im Sinne des ein­fachen Volkes die ver­meintliche „Lügen­presse“ und die Regierung Merkel anklagte. Auch die weit­er­hin in der Bun­desre­pub­lik angekomme­nen Flüchtlinge wur­den the­ma­tisiert. Tews Mei­n­ung nach seien es zu viele, die in „unser Land“ kom­men. Der­ar­tige Ansicht­en wider­sprechen allerd­ings der von der Bun­desre­pub­lik rat­i­fizierten UN Men­schen­recht­serk­lärung, dem­nach Flüchtlinge, egal wie viele es sind, ein Recht auf Schutz vor Krieg und Ver­fol­gung haben, und somit nicht nur demokratis­che, son­dern übri­gens auch auf christliche Werte. Bei seinem Pub­likum, das freilich nicht nur aus bekan­nten Neon­azis bestand, kam Tews trotz­dem gut an. Dies heißt allerd­ings nicht, dass sein Rede­beitrag unbe­den­klich ist. Tat­säch­lich hat­te Tews Rede zum Teil recht dem­a­gogis­che Züge.
Die Scham des Erkannten
Im Gegen­satz zu seinem selb­st­be­wussten Auftreten und sein­er recht freizügi­gen Rede vor seinem „Volk“ im Dunkel des Märkischen Platzes gab sich Tews, im Nach­gang zu der Ver­samm­lung auf dem Märkischen Platz, ein­er­seits getrof­fen und ander­er­seits recht angriff­s­lustig gegenüber Medi­en, die über ihn auch im Lichte der Öffentlichkeit berichteten. So ver­langte er u.a. die Anonymisierung seines Namens und die Löschung von Bildern, auf dem sein Kon­ter­fei abge­bildet sei. Als Unternehmer bzw. Hausver­wal­ter hat­te er allerd­ings bish­er keine Prob­leme damit im Licht der Öffentlichkeit zu ste­hen. Im Impres­sum sein­er Fir­ma ste­ht er mit vollem Name und Adresse, eben­so bei sein­er Landin­er Ferien­woh­nungver­mi­etung. Und im Team des Mak­ler­haus­es Neu­rup­pin ist er sog­ar mit Porträt­fo­to zu sehen. Nicht ein­mal als er die besagte Kindertagesstätte in der Fontanes­tadt zwangsräu­men ließ und daraufhin in ein­er Lokalzeitung mit vollen Namen über ihn berichtet wurde, störte ihm das offen­bar. Anders hinge­gen bei Bericht­en über die flüchtlings­feindliche Kundge­bung auf dem Märkischen Platz. Anscheinend sind ihm einige sein­er dort vertrete­nen Posi­tio­nen, möglicher­weise im Zusam­men­hang sein­er beru­flichen Stel­lung, inzwis­chen pein­lich. Für die näch­ste Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, am 3. Novem­ber 2015, wirbt er, im Gegen­satz zu ersten Ver­samm­lung am 27. Okto­ber 2015 auch nicht mehr unter seinem eigen­em Namen. Denkbar ist aber, dass die Fly­er mit Hil­fe von Tews Kap­i­tal finanziert wer­den. Das „Bürg­eründ­nis“ hat sich übri­gens mit­tler­weile auch eine eigene Seite in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk zugelegt, mit der Anonym für die näch­ste Kundge­bung gewor­ben und Het­ze gegen Flüchtlinge geschürt wird. Die dort veröf­fentlicht­en, aus­nahm­s­los in ein­seit­igem Kon­text veröf­fentlicht­en Zeitungsar­tikel erin­nern übri­gens an die so genan­nten „Nein zum Heim“-Seiten der NPD.
Die Rolle der NPD
Die nation­aldemokratis­che Partei sel­ber scheint somit zwar einen gewis­sen Ein­fluss auf die Gestal­tung der „Bürg­er­proteste“ zu haben, Ver­anstal­ter Chris­t­ian Kaiser sym­pa­thisiert in einem sozialen Inter­net­net­zw­erk ja auch recht deut­lich mit dieser Organ­i­sa­tion, den Ton geben ihre Funk­tionäre jedoch bish­er nicht an. Tews ist als Immo­bilien­mak­ler schon beru­flich höhergestellt als der ranghöch­ste regionale NPD Funk­tionär Michel Müller. Außer­dem ist in Rathenow auf­fäl­lig, dass an der Ver­anstal­tung des Bürg­er­bünd­niss­es ver­stärkt eher klein­bürg­er­lich­es Klien­tel, also kleinere Lädenbesitzer_innen oder Dienstleistungsunternehmer_innen, teil­nah­men. Prekari­at, prekarisiertes Pro­le­tari­at oder Alko­ho­lab­hängige, wie beispiel­weise bei den klar von der NPD dominierten ras­sis­tis­chen Aufmärschen in Nauen, war in Rathenow anteilsmäßiger deut­lich weniger vertreten. Auch wurde in der havel­ländis­chen Kreis­stadt offen­sichtlich, dass die nation­aldemokratis­che Partei bish­er nur auf die Proteste aufge­sprun­gen ist und möglicher­weise nur aus tak­tis­chen Grün­den mit dem „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ sym­pa­thisiert. Die NPD ist näm­lich momen­tan in der Region die einzige poli­tis­che Partei der extremen Recht­en die bei poli­tis­chen Wahlen antritt und offen­siv gegen Flüchtlinge het­zt. Das „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ ist dage­gen bish­er nur eine lose Vere­ini­gung, ohne konkreten poli­tis­chen Ein­fluss oder entsprechen­den Ambi­tio­nen. Die Option, dass die NPD, diese Organ­i­sa­tion­ss­chwäche aus­nutzt, um zum einen in die so genan­nte gesellschaftliche „Mitte“ vorzus­toßen und zum andern sel­ber poli­tis­ches Kap­i­tal daraus zu schla­gen ist zumin­d­est vorstellbar.
Einzelne Antifas machen mobil
In jedem Fall hat die Ver­samm­lung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ auch zu ein­er extremen Polar­isierung der Lager geführt. Eine in Rathenow nicht näher bekan­nte Gruppe namens „Writer Antifas Rathenow“ mobil­isiert beispiel­sweise seit let­ztem Fre­itag im Inter­net unter dem Mot­to „dem deutschen Volksmob ent­ge­gen­treten“ für direk­te Proteste gegen die flüchtlings­feindliche Kundge­bung. Als Vor­ab­tr­e­ff­punk­te wer­den u.a. Bahn­höfe in Berlin und Pots­dam angegeben.
Rathenow will wieder Flagge zeigen
Auch das zivilge­sellschaftliche Rathenow­er Aktions­bünd­nis für Demokratie und Tol­er­anz will am kom­menden Dien­stag wieder Flagge zeigen. Mit „Zivil­courage und Entschlossen­heit“ wollen die Akteure „den vie­len Gerücht­en, den Ressen­ti­ments und der Igno­ranz“ ent­ge­gen­treten. Die Ver­samm­lung des Aktions­bünd­niss­es soll wieder um 18.00 Uhr auf dem August-Bebel-Platz (Post­platz) stat­tfind­en. Neben dem Beken­nt­nis für ein Rathenow „mit Herz statt Het­ze“ wird aber auch Gesprächs­bere­itschaft gegen über allen Inter­essierten sig­nal­isiert. Es sei, so das Aktions­bünd­nis in ein­er Pressemit­teilung, „wichtiger, miteinan­der in Gespräch zu kom­men, als nebeneinan­der Parolen nachzu­rufen“. „Äng­ste“ soll­ten so „besprochen und möglichst aufgelöst wer­den“ und so beste­hende Ressen­ti­ments abge­baut werden.
 

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Brandenburg an der Havel: NPD floppt mit Hetze gegen Asylsuchende

Impres­sio­nen aus Bran­den­burg an der Havel

An ein­er Kundge­bung der NPD auf dem Neustädtis­chen Markt in Bran­den­burg an der Hav­el, die sich gegen ver­meintlichen „Asyl­be­trug” richtete, beteiligten sich heute Mit­tag unge­fähr 50 Per­so­n­en. Deut­lich weniger als wenn ver­meintlich „besorgte“ Bürger_innen oder PEGI­DA-Sym­pa­thisan­t_in­nen auf die Straße gehen. Zum Ver­gle­ich: An der ersten BraMM Ver­samm­lung in Bran­den­burg an der Hav­el im Jan­u­ar 2015 nah­men unge­fähr 150 Per­so­n­en teil, bei so genan­nten „Bürg­er­protesten“ am ver­gan­genen Dien­stag in Rathenow ca. 500. Die Anhänger_innen der heuti­gen NPD Ver­anstal­tung waren zudem haupt­säch­lich aus den Land­kreisen Havel­land und Pots­dam-Mit­tel­mark zugereist. Es han­delte sich dabei über­wiegend um bekan­nte Neon­azis, darunter auch Parteigänger_innen des III. Weges und „freier Kräfte“. Gegen die Ver­anstal­tung protestierten unge­fähr 200 Men­schen. Zu den Protesten hat­te u.a. FHB-Präsi­dentin Prof. Burghilde Wieneke-Toutaoui im Namen der Koor­dinierungs­gruppe für Demokratie und Tol­er­anz sowie die Linksju­gend [‘SOLID] aufgerufen.
NPD suchte verge­blich Anschluss an „Bürg­er­proteste“
Nach­dem Ableger und Imi­tate der flüchtlings­feindlichen PEGI­DA-Bewe­gung auch immer wieder im Land Bran­den­burg auf­marschiert waren und, wie beispiel­weise zulet­zt im benach­barten Rathenow, auch bürg­er­liche Kreise in ihre Ver­anstal­tun­gen ein­bet­ten kon­nten, ist auch die NPD wieder ver­mehrt um Anknüp­fung in die Mitte der Gesellschaft bemüht. Ihre poli­tis­chen Ange­bote, die sie auch heute wieder durch ihre Red­ner bzw. Parteipro­pa­gan­da an die Bran­den­burg­er Bevölkerung richtete, wur­den allerd­ings nur wenig beachtet. Als zu radikal gel­ten offen­bar deren Posi­tio­nen bzw. die han­del­nden Funk­tionäre. Red­ner Michel Müller aus Rathenow, der seit ger­aumer Zeit wieder regelmäßig sowohl bei Ver­anstal­tun­gen der extremen Recht­en als auch bei so genan­nten „Bürg­er­protesten“ zu sehen ist, haftet beispiel­sweise noch immer der Ruf des bru­tal­en Gewalt­täters an. Grund: Er saß drei wegen Bei­hil­fe zum ver­sucht­en Mord in Tatein­heit mit gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung u.A. in der JVA Bran­den­burg ein. Müller war u.a. am Neu­jahrsmor­gen 2000 an ein­er Het­z­jagd auf pak­istanis­che Flüchtlinge in Rathenow beteiligt. Dies hin­derte den mit­teilungs­bedürfti­gen NPD Funk­tionär aber heute nicht daran die Ober­bürg­er­meis­terin der Stadt Bran­den­burg wegen, aus sein­er Sicht, „gewaltver­her­rlichen­der“ Trans­par­ente auf der Gegen­demon­stra­tion ver­bal anzu­greifen. Auch der zweite Red­ner, André Schär aus Bad Belzig, ist bere­its strafrechtlich in Erschei­n­ung getreten. Er soll am 22. März 2012 einen Flüchtling aus Kamerun bedro­ht und belei­digt haben. Heute fühlte sich Schär allerd­ings sel­ber durch Anti-Nazi-Slo­gans auf den Trans­par­enten der Gegendemonstrant_innen per­sön­lich ange­grif­f­en. Er sei erst 1981 geboren und könne somit kein „Nazi“ sein. Allerd­ings wurde auf der Ver­samm­lung der NPD auch min­destens eine Per­son geduldet, die auf ihrem Pullover die Parole „Rache für 45“ abge­druckt hat­te. Zudem wurde die schwarz-weiß-rote „Reichs­flagge“ gezeigt. Sowohl Michel Müller als auch André Schär sitzen für die nation­aldemokratis­che Partei in Kom­mu­nal­par­la­menten und nutzen ihre Abge­ord­ne­ten­tätigkeit für Het­ze gegen Flüchtlinge.
Bre­ites Bünd­nis protestierte gegen NPD
In Bran­den­burg an der Hav­el mag jedoch die ras­sis­tisch motivierte Dauer­pro­pa­gan­da der NPD nicht zün­den. Im Gegen­teil, eine Vielzahl von Men­schen arbeit­et mit­tler­weile in ehre­namtlich helfend­en Flüchtlung­sun­ter­stützungs­grup­pen bzw. Willkom­mensini­tia­tiv­en. Einige Helfer_innen und Flüchtlinge waren heute Mit­tag eben­falls am Neustädtis­chen Markt präsent um gegen die Forderun­gen der NPD zu demon­stri­eren. Weit­er­hin waren die Vertreter_innen der Parteien und auch die Ober­bürg­er­meis­terin vor Ort. Gemein­sam wurde für ein „buntes weltof­feneres Bran­den­burg an der Hav­el“ demon­stri­ert. Als Red­ner trat­en u.a. René Kret­zschmer (DIE.LINKE) und Pfar­rer Jonas Börsel von der St. Kathari­nen Gemeinde auf. Die Ver­anstal­tung endete friedlich und ohne die, vom offen­bar total verängstigten NPD Red­ner Michel Müller, befürchteten, gewalt­täti­gen Angriffe auf „nation­al denk­ende Men­schen“. Bei­d­seit­ige Kon­fronta­tio­nen von einzel­nen Anhänger_innen bei­der Lager blieben auf ver­balem Niveau.
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Rathenow: Kundgebungen spalten Stadt – 500 gegen „Asylmissbrauch“, 300 für „Herz statt Hetze“

Titelbild
Am frühen Abend haben gestern unge­fähr 500 Per­so­n­en auf dem Märkischen Platz in Rathenow gegen ver­meintlichen „Asylmiss­brauch“ und für die Abset­zung von Bun­deskan­z­lerin Angela Merkel demon­stri­ert. Es han­delte sich um eine der zahlen­mäßig am stärk­sten fre­quen­tierten Ver­samm­lun­gen nach dem Vor­bild der PEGI­DA-Bewe­gung im Land Bran­den­burg. Die Ver­anstal­tungsleitung gab sich betont „bürg­er­lich“. Einige Rede­beiträge waren jedoch deut­lich von Nation­al­is­mus und ein­er klar geäußerten Abnei­gung gegenüber Men­schen, die in der Bun­desre­pub­lik nach Asyl suchen, geprägt. Unge­fähr zehn Prozent der anwe­senden Ver­anstal­tungs­gäste des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ waren bekan­nte Neon­azis. Entsprechend gezeigte Plakate, Fah­nen und Ban­ner macht­en dies auch offen­sichtlich. Die Ver­anstal­tungsleitung ver­leugnete ihrer­seits jedoch die Teil­nahme der­ar­tiger Per­so­n­enkreise und dif­famierte Medi­en, welche die Ver­samm­lung im Vor­feld kri­tisch betra­chteten, als „Lügen­presse“. Gegen die Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“ demon­stri­erten unge­fähr 300 Men­schen am August-Bebel-Platz für eine Stadt „mit Herz statt Het­ze“. Auf dieser Kundge­bung sprachen u.a. auch Bürg­er­meis­ter Ronald Seeger sowie Vertreter_innn der Zivilge­sellschaft. Sym­bol­isch, zur Beto­nung des Mot­tos „Mein Rathenow – mit Herz statt Het­ze“ wurde Kerzen angezün­det. Unge­fähr 50 Antifaschist_innen begaben sich anschließend in die Nähe des Märkischen Platzes und protestierten dort unmit­tel­bar gegen die Ver­anstal­tung des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“. Dabei kam es auch zu ver­balen Auseinan­der­set­zun­gen mit Neon­azis und aufgeputscht­en Sympathisant_innen des „Bürg­er­bünd­niss­es“.
Die Stunde der Populisten
Eine gewisse Genug­tu­ung klang schon aus den Stim­men von Chris­t­ian Kaiser und Nico Tews, bei­de Wort­führer des „Bürg­er­bünd­niss­es Havel­land“, als sie vor dem von ihnen zusam­mengetrom­melten „Volk“ sprachen. Mit der­art vie­len Sympathisant_innen hat­ten selb­st die Bei­den offen­bar nicht gerech­net. Viel Neues hat­ten Kaiser und Tews allerd­ings nicht zu bericht­en. Kaiser wieder­holte die bere­its im Aufruf ver­fassten Forderun­gen und ergänzte sie mit eini­gen State­ments zur aktuellen Flüchtlingssi­t­u­a­tion. Tews ging eben­falls auf die Sit­u­a­tion der Flüchtlings­be­we­gung ein, verurteilte die Medi­en und erläuterte seine Abkehr von der CDU unter Angela Merkel. Aufge­lock­ert wur­den die Rede­beiträge lediglich durch das skandieren ein­fach­er Schlag­wörtern und Parolen wie „Lügen­presse“ oder „Merkel muss weg“, die eifrig vom Pub­likum mit­ge­grölt wur­den. Konkrete und vor allem prax­is­taugliche Lösungskonzepte ins­beson­dere für den Umgang mit hier ank­om­menden Flüchtlin­gen kamen jedoch wed­er von Kaiser noch von Tews. Offen­bar war dies auch gar nicht die Absicht dieser Ver­anstal­tung. Ähn­lich gab sich der in Ital­ien behei­matete Gas­tred­ner Sebas­tiano Graziani, dem Kon­tak­te zum neo­faschis­tis­chen Cas­a­Pound Italia nachge­sagt wer­den, schon öfters bei PEGI­DA-ähn­lichen Ver­samm­lun­gen im gesamten Bun­des­ge­bi­et auf­trat und betont kämpferisch­er Auf­trat. Er deutete, im Zusam­men­hang mit seinem als Auf­gabe gese­henen Kampf gegen die ver­meintliche Islamisierung Europas, an, not­falls mit ein­er AK47 beispiel­sweise durch Berlin rumzuren­nen, wenn er seine Fam­i­lie gefährdet sehe.
Vere­in­nah­mungsver­suche durch die NPD 
Das neon­azis­tis­che Milieu war übri­gens gestern mit unge­fähr 50 Per­so­n­en aus dem gesamten Land­kreis Havel­land, der kre­is­freien Stadt Bran­den­burg an der Hav­el sowie dem sach­sen-anhal­tinis­chen Land­kreis Sten­dal vertreten. Die zahlen­mäßig stärk­ste Frak­tion bilde­ten dabei Funk­tionäre und Sympathisant_innen der lokalen NPD aus Rathenow und Prem­nitz, darunter auch der Rathenow­er Stad­trat Michel Müller. Aus deren Rei­hen stammten mut­maßlich auch die am Kundge­bung­sort ange­bracht­en Wahlplakate der Partei. Eine weit­ere NPD Del­e­ga­tion aus dem osthavel­ländis­chen Nauen, um den dor­ti­gen Abge­ord­neten Maik Schnei­der, hat­te sich zu dem an der Ecke Berlin­er Straße / Goethes­traße ver­sam­melt und dort zwei Ban­ner mit dif­famieren­den Parolen entrollt. Konkrete Ver­suche der Worter­grei­fung auf dem Podi­um der Ver­samm­lung gab es hinge­gen nicht. Die lokal als Platzhirsch unter den Parteien der extremen Recht­en gel­tende Organ­i­sa­tion set­zte offen­bar eher auf sub­tile Bee­in­flus­sung durch die mit­ge­brachte Propaganda.
„Bürg­er­bünd­nis“ will kün­ftig jeden Dien­stag demonstrieren
Nach der aus ihrer Sicht erfol­gre­ichen Kundge­bung hat­te Chris­t­ian Kaiser vom „Bürg­er­bünd­nis Havel­land“ bere­its am gestri­gen Abend angekündigt kün­ftig jeden Dien­stag Kundge­bun­gen durchzuführen.
Fotos: hier

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