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Kriegsgräberdenkmal beschmiert — Zeugen gesucht!

(18.06.07)

Unbekan­nte Täter beschmierten am ver­gan­genen Woch­enende das Kriegs­gräber­denkmal im Treb­bin­er Ort­steil Wiesen­hagen mit schwarz­er und die dor­ti­gen Ehrentafeln mit gel­ber Farbe. Unter anderem kon­nte der Schriftzug „Deutsche Täter sind keine Opfer” abge­le­sen werden.

Hin­weise nimmt die Krim­i­nalpolizei in Lud­wigs­felde unter der Rufnum­mer (0 33 78) 8070 entgegen. 

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Studentengruppe beleidigt

(18.06.07)

Unge­beten Besuch bekam eine Stu­den­ten­gruppe aus Gelsenkirchen, die zu Gast im Schloss Treb­nitz war, am Sam­stag gegen 3.10 Uhr. Die Gruppe saß gegen 3.10 Uhr vor dem Schloss, als sieben bis zehn Jugendliche (etwa 16 bis 20 Jahre alt) hinzuka­men und von den Gästen Bier ver­langten. Als dieses ver­weigert wurde, fin­gen die Jugendlichen an, die Stu­den­ten zu belei­di­gen, worauf diese zurück ins Schloss gingen.

Nun war­fen die unbekan­nten Täter mit einem Garten­stuhl die Scheiben der Ein­gangstüren und mit Steinen ein Fen­ster neben der Tür ein. Während der Stre­it­igkeit­en sollen die Täter zudem mehrfach den Hilter­gruß skandiert haben.

Die Polizei führte eine Nah­bere­ichs­fah­n­dung durch, kon­nte die Täter jedoch nicht mehr stellen. Die Ermit­tlun­gen wegen Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen und Sachbeschädi­gung dauern an. 

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Hakenkreuz auf dem Spielfeld

(18.06.07)

Unbekan­nte drangen am Woch­enende auf das Gelände des Sport­platzes in Grün­tal ein und ver­sucht­en zunächst, in das Vere­in­shaus einzubrechen. Als dieser Ver­such scheit­erte, nah­men sie sich einen Markierungswa­gen aus einem Lager, um ein 13 m x 13 m großes Hak­enkreuz auf das Spielfeld aufzubrin­gen. Das Hak­enkreuz wurde beseit­igt, der angerichtete Sach­schaden beträgt 900 Euro.

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Ein Jahr nach der Diskussion über No-Go-Areas

Wenige Tage vor dem Anpfiff der Fußball­welt­meis­ter­schaft 2006 warnte Karsten-Uwe Heye far­bige Fußball­fre­unde vor lebens­ge­fährlichen Orten in Bran­den­burg. Daraufhin ent­bran­nte eine heftige Debat­te über “No-Go-Areas”, die seit dem Som­mer­märchen aber wieder eingeschlafen ist. Was ist heute, ein Jahr danach, von der ganzen Aufre­gung zu hal­ten? Ulrich Crüwell hat mit Karin Weiss, der Inte­gra­tions­beauf­tragten des Lan­des Bran­den­burg, der Schweiz­er Stu­dentin Saman­tha Taha, Ali­da Babel, der Grün­derin des Inte­gra­tionsvere­ins “Black Flow­ers”, dem Kraft­fahrer David Mura­ga und dem Schüler Edwin Kinani gesprochen.

MAZvideo hier.

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200 Nazis forderten „Nationalen Sozialismus“

Rathenow­er Bürg­erIn­nen protestierten gegen den NPD-Aufzug

Antifas bei der Gegenaktion

Die Spitze des NPD-Demozugs

INFORIOT In Rathenow haben am Sonnabend etwa 200 Neon­azis demon­stri­ert. Unter dem Mot­to „G8 — Gipfel der Acht­losigkeit — Glob­al­isierung stop­pen“ hat­te die Rathenow­er NPD um Mar­cell Hor­lebeck den Aufzug organ­isiert. Es nah­men auch viele Mit­glieder freier Kam­er­ad­schaften teil. Räum­lich fernab von den Neon­azis fand eine Gegenkundge­bung statt, auf der Redner
forderten, dem 
„braunen Spuk keine Chance“
zu geben. An dieser Ver­anstal­tung nah­men rund 150 bis 200 Men­schen teil, unter ihnen auch viele Antifas. Auf­grufen hat­te unter anderem das Aktions­bünd­nis
„Rathenow zeigt Flagge“
, unter­stützt von der Bran­den­burg­er Lan­desregierung. Antifas berichteten von „schikanösen“ Vorkon­trollen durch die Polizei. Es waren ins­ge­samt mehrere hun­dert PolizistIn­nen im Ein­satz. Aus Sicht der Polizei gab es keine Zwis­chen­fälle, heißt es in ersten Pressemeldungen.

Rechts im Anzug: Detlef Appel, Vizechef der NPD Bran­den­burg

Die Neon­azis liefen vom Haupt­bahn­hof einen großen Bogen durch das Stadt­ge­bi­et, hiel­ten am Märkischen Platz eine Zwis­chenkundge­bung ab um dann wieder am Bahn­hof zu enden. Sie riefen Parolen wie „Glob­al­isier­er — Volk­sru­inier­er“. Der Slo­gan der mil­i­tan­ten Kam­er­ad­schaften „Frei Sozial und Nation­al“ wurde auch von den Demon­stran­tInnen im
NPD-Block der Demon­stra­tion mit­gerufen. Der Rathenow­er NPD-Ver­band ist als Sam­mel­beck­en für Mit­glieder der im Jahr 2005 ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft „Hauptvolk“ bekannt.

Auf der Zwis­chenkundge­bung sprach Udo Pastörs, Frak­tion­schef der NPD im Land­tag von Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Pastörs forderte frank und frei die Schaf­fung eines „nationalen Sozial­is­mus“, het­zte gegen „irgendwelche Negermen­schen“ sowie gegen Abtrei­bun­gen und proklamierte ein „Europa der Vaterländer“.

Zwis­chenkundge­bung vor dem Kul­turzen­trum am Märkischen Platz — rechts im blauen Hemd Udo Pastörs

Ursprünglich war die NPD-Demon­stra­tion in Rathenow bere­its für den April angekündigt, wurde aber kurzfristig auf den Pfin­gst­sam­stag ver­schoben. Auch dieser Ter­min fiel ins Wass­er und wurde wenig später auf den 16. Juni ein weit­eres Mal verschoben.

Infor­ma­tio­nen zur recht­sex­tremen Szene in Rathenow und Umge­bung sind auf den Inter­net­seit­en der Antifa West­havel­land zu finden.

Auch Pots­damer Neon­azis waren angereist

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Afrikaner und Jugendclub überfallen

Im Zusam­men­hang ein­er Gefährlichen Kör­per­ver­let­zung am Sonnabend (9. Juni 2007) gegen 23:50 Uhr gegenüber zweier afrikanis­chen Asyl­be­wer­bern auf dem Stadt­teil­fest in Sach­sendorf, sucht die Polizei Zeu­gen. Die bei­den Afrikan­er wur­den aus ein­er Gruppe von zir­ka 20 Jugendlichen, die äußer­lich dem recht­en Spek­trum zuzuord­nen sind, zunächst belei­digt und danach geschla­gen und getreten. 

Wenige Zeit später wurde der Jugend­club “Frageze­ichen” in der Thier­bach­er Straße durch zir­ka 20 Per­so­n­en über­fall­en, Reiz­gas gesprüht und mehrere Per­so­n­en geschla­gen. Nach dem Vor­fall kon­nte die Polizei sechs Tatverdächtige in der Nähe des Clubs fest­stellen und in Gewahrsam nehmen. Auch hier sucht die Polizei weit­ere Zeugen. 

Hin­weise zu bei­den Fällen bitte an die Polizei­wache, Tel. (0355) 477 82 27. 

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Hakenkreuze im Strandbad

Dien­sta­gnach­mit­tag wurde fest­gestellt, dass Unbekan­nte an einem Holzp­fos­ten im Durch­gangs­ge­bäude des Strand­bades Zech­lin­er­hütte mehrere Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen, unter anderem Hak­enkreuze, mit blauer Farbe geschmiert wur­den. Zur Höhe des Sach­schadens lagen keine Angaben vor.

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Polizei verletzte Brandenburger bei G8-Protesten schwer

Beim Block­ade­v­er­such vor genau ein­er Woche in Hin­ter Boltenhagen im Zusam­men­hang mit dem G8-Gipfel ist eine Per­son durch Wasser­w­er­fer schw­er ver­let­zt wor­den. Er hat­te mit mehreren Tausend anderen Leuten die Wiese neben der Hauptz­u­fahrtsstraße beset­zt und damit ein passieren der einzi­gen freien Route nach Heili­gen­damm für Stun­den be- bzw. ver­hin­dert. Dementsprechend hart ging die Polizei gegen die Demon­stran­tInnen vor. Während am Ost­tor nach kurz­er Zeit und eini­gen Räu­mungsver­suchen am Mittwoch Ruhe eingekehrt war, set­zte die Polizei am West­gate alles daran die Straße freizuhal­ten. Was wir dort sehen kon­nten waren keine oder wenige offen gewalt­tätige Über­griffe mit Knüp­peln, son­dern gezielte Schüsse mit dem Wasser­w­er­fer auf Köpfe und Oberkör­p­er der Block­ieren­den, sowie unbe­grün­dete Angriffe mit Pfef­fer­gas, das den Demon­stran­tInnen direkt ins Gesicht gesprüht wurde. 

Der Angriff mit dem Wasser­w­er­fer durch den unser Fre­und am linken Auge ver­let­zt wurde, ereignete sich im Zeitraum zwis­chen 12.30 und 13.00 Uhr, also ziem­lich am Anfang der Block­ade und Stun­den vor der eigentlichen Räu­mung der Wiese. Die Sit­u­a­tion hat­te sich ger­ade beruhigt, als die Polizei unver­mit­telt damit begann den Leuten die Plas­tik­pla­nen abzunehmen, die bis dahin zum Schutz vor dem Wass­er über die Köpfe gezo­gen wur­den. Unter­stützt wurde diese Maß­nahme durch gezielte, einzelne Wasser­stöße schein­bar um Leute aus Grup­pen zu ent­fer­nen und/oder die Block­ieren­den zu zerstreuen.

Uns wurde berichtet, daß ein Bulle direkt vorm Wasser­w­er­fer mit seinem Knüp­pel auf Leute gezeigt hat, um die „Mannschaft“ des Wasser­w­er­fers zu dirigieren. Was dort stat­tfand war dem­nach nichts weit­er als ein Zielschießen durch die Polizei, auf eine große Gruppe, die bis dahin durch­weg friedlich die Wiese beset­zt hielt.
Unser Fre­und ist inzwis­chen seit ein­er Woche ohne Unter­brechun­gen im Kranken­haus, wurde bish­er zwei Mal operiert und wird unter Umstän­den seine volle Sehfähigkeit nie wieder erlan­gen, bzw. sog­ar auf einem Auge blind bleiben.Wir suchen Leute, die eben­falls ver­let­zt wor­den sind, bzw. gese­hen haben, wie unser Fre­und ver­let­zt wurde. Gedächt­nis­pro­tokolle, Fotos oder Fil­mauss­chnitte der betr­e­f­fend­en Sit­u­a­tion kön­nten helfen diese zu rekon­stru­ieren. Außer­dem suchen wir Hin­weise auf die Iden­tität der Wasser­w­er­fer­mannschaft (Bun­des­land, Num­mern­schild, Zahlen­code auf der Seite des Wer­fers, usw.), es han­delte sich dabei um den mit­tleren von drei in der Sit­u­a­tion einge­set­zten Fahrzeugen. 

Die Soli­gruppe hat eine e‑mail Adresse ein­gerichtet an die ihr schreiben kön­nt: w.werfer(at)yahoo.de.

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Alle Klarheiten beseitigt

Im Prozess um den Über­griff auf den dunkel­häuti­gen Pots­damer Ermyas M. wer­den heute die Plä­doy­ers gehalten -
— und es läuft auf einen Freis­pruch für die Angeklagten hinaus

POTSDAM. Am Anfang war alles so klar — weil viele Poli­tik­er, manche Medi­en und auch die Bun­de­san­waltschaft bald nach dem Über­griff auf den dunkel­häuti­gen Pots­damer Ermyas M. schon zu wis­sen glaubten, wer die Täter waren und dass es sich wohl um Neon­azis han­deln müsse.

Doch nun wer­den die Angeklagten, die Ermyas M. in der Nacht zum Oster­son­ntag 2006 attack­iert haben sollen, aller Wahrschein­lichkeit nach freige­sprochen. Selb­st die Staat­san­waltschaft kön­nte heute am 19. Ver­hand­lungstag, wenn im Saal 009 des Pots­damer Landgericht­es die Plä­doy­ers gehal­ten wer­den, auf Freis­pruch plädieren. Und dies hält inzwis­chen selb­st Recht­san­walt Thomas Zip­pel, der Ermyas M. als Neben­kläger ver­tritt, für angemessen. Im Zweifel für die Angeklagten, dürfte es dann nach 18 Ver­hand­lungsta­gen und der Vernehmung von mehr als 60 Zeu­gen heißen.

Denn in diesem aufwändi­gen Indizien­prozess kon­nte die Staat­san­waltschaft kaum Beweise vor­legen, die für eine Täter­schaft von Björn L., einen 30-jähri­gen Gebäud­ere­iniger und Gele­gen­heit­stürste­her, oder Thomas M., einen 31-jähri­gen Behin­derten­bus-Fahrer, sprechen.

Was bleibt, ist eine Straßen­schlägerei, deren Hin­ter­gründe wohl nie aufgek­lärt wer­den: In der Nacht zum 16. April trifft Ermyas M. kurz vor vier Uhr mor­gens an der Hal­testelle Pots­dam-Char­lot­ten­hof auf zwei Män­ner. Der angetrunk­ene Deutsch-Äthiopi­er ver­sucht ger­ade, seine Frau über Handy zu erre­ichen. Ihre Mail­box zeich­net nun auf, wie Ermyas M. eine Per­son als “Schweine­sau” beze­ich­net. Dann hört man, wie sich zwei Per­so­n­en näh­ern, ein­er sagt: “Scheiß Nig­ger”. Laut Anklage sollen sich die bei­den Män­ner dann abge­wandt haben, worauf Ermyas M. ver­sucht habe, einen der Män­ner von hin­ten zu treten. Der Mann dreht sich um und ver­let­zt den Agrarin­ge­nieur mit einem Faustschlag lebensbedrohlich.

Innere Sicher­heit” in Gefahr

Glatzköpfe prügel­ten Fam­i­lien­vater ins Koma!”, titelt die Bild-Zeitung. Der Gen­er­al­bun­de­san­waltschaft sieht die “innere Sicher­heit” in Gefahr und ermit­telt wegen Mord­ver­suchs. Wichtig­stes Beweis­mit­tel ist der Mail­box-Mitschnitt, auf dem die markant hohe Stimme eines Tat­beteiligten zu hören ist.

Fünf Tage nach dem Über­griff wer­den die bei­den Angeklagten auf Grund eines einzi­gen Hin­weis­es von einem Spezialkom­man­do festgenom­men — Thomas M. wird mit einem Elek­troschock­gerät ruhig gestellt, Björn L. aus seinem Auto gez­er­rt. Mit ver­bun­de­nen Augen wer­den sie per Hub­schrauber zur Bun­de­san­waltschaft geflogen.

In andere Rich­tun­gen wird for­t­an nicht mehr ermit­telt, stattdessen sollen Stimm­proben, Ver­höre und Gegenüber­stel­lun­gen die Schuld der bei­den Män­ner beweisen.

Nach fünf Wochen aber gibt Deutsch­lands ober­ster Ankläger die Ermit­tlun­gen wieder ab — weil keine Mord­ab­sicht mehr unter­stellt wird. Inzwis­chen ist Ermyas M. aus dem Koma erwacht und zu ein­er öffentlichen Fig­ur geworden.

Als die Pots­damer Staat­san­waltschaft schließlich Anklage gegen die bei­den Män­ner erhebt, ist von ras­sis­tis­chen Motiv­en nicht mehr die Rede. Björn L., wegen sein­er hohen Stimme “Pieps” genan­nt, wird nun gefährliche Kör­per­ver­let­zung vorge­wor­fen, Thomas M. Belei­di­gung und unter­lassene Hil­feleis­tung. Organ­isierte Neon­azis sind sie nicht. Wegen der umfan­gre­ichen Ermit­tlungsak­ten entschließen sich die Richter, die Anklage vor dem Landgericht zu ver­han­deln. Ähn­liche Fälle gehen son­st ans Amtsgericht.

Doch die Anklage fällt an jedem Ver­hand­lungstag des Prozess­es Stück für Stück in sich zusam­men: Augen­zeu­gen wider­sprechen sich. Das Opfer selb­st kann sich “im Großen und Ganzen an gar nix” erin­nern. Die Handy-Ortung beweist nicht, dass Björn L. am Tatort war, und dieser bestre­it­et es weit­er­hin. Ein Belas­tungszeuge, dem Björn L. die Tat in der U‑Haft ges­tanden haben soll, ver­weigert die Aus­sage. Eine andere Zeu­g­in, eine Arbeit­skol­le­gin, will sich vor Gericht nicht mehr daran erin­nern, die Stimme des Haup­tangeklagten erkan­nt zu haben. Schließlich räumt sie ein, bedro­ht wor­den zu sein. Im Gerichtssaal sitzen immer wieder kräftige Bekan­nte von Björn L., Mit­glieder eines Rockerklubs.

Das Haupt­be­weis­mit­tel

Die Anklage bricht schließlich völ­lig in sich zusam­men, als es um das Haupt­be­weis­mit­tel, den Mail­box-Mitschnitt, geht: Denn das Stim­mgutacht­en ein­er LKA-Exper­tin stellt fest, dass die Stimme von Björn L. nur “wahrschein­lich” iden­tisch mit der auf dem Mail­box-Mitschnitt ist. Ober­staat­san­walt Rüdi­ger Falch ver­an­lasst daraufhin ein weit­eres Stim­mgutacht­en, das Björn L. erneut entlastet.

Der Ober­staat­san­walt sitzt an allen Ver­hand­lungsta­gen neben sein­er Kol­le­gin Juliane Heil, die die Anklageschrift ver­fasst hat. Wohl als Auf­pass­er. Falch macht die Ankläger in Pots­dam zuweilen fast lächer­lich, in seinem Drang endlich etwas Belast­bares vorzule­gen. So fle­ht er eine DNA-Exper­tin an, ob es nicht wenig­stens “pop­ulär­wis­senschaftlich” möglich sei, Beweise zu liefern, wo sie nach allen Regeln ihres Fachs keinen Beweis find­en kann. Die Exper­tin verneint fas­sungs­los. Die Vertei­di­ger von Björn L., Matthias Schöneb­urg und Karsten Beck­mann, schüt­teln in diesem Moment nur ihre Köpfe.

Trotz aller Verge­blichkeit, Licht in das Dunkel jen­er Nacht zu brin­gen, hat der ungewöhn­liche Prozess am Ende auch ein pos­i­tives Resul­tat: Denn die Jus­tiz hat die Möglichkeit ein­er ras­sis­tis­chen Attacke ernst genom­men, geprüft und kommt angesichts der vorgelegten Beweis­mit­tel wohl zu ein­er deut­lich anderen Einschätzung.

Auch wenn am Anfang alles so klar schien.

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Alte Ziele und neue Strategien der NPD

Mitschrift eines Vor­trags von Michael Kohlstruck in Hohen Neuen­dorf am 28. März 2007. Der Vor­tragsstil wurde beibehal­ten. Dr. Michael Kohlstruck, Poli­tik­wis­senschaftler, ist an der „Arbeitsstelle Jugendge­walt und Recht­sex­trem­isms“ des Zen­trums für Anti­semitismus­forschung (TU Berlin) beschäftigt. Der Text liegt hier im PDF-For­mat zum Down­load bere­it, inklu­sive ergänzen­der Fussnoten.

Recht­sex­treme arbeit­en seit einiger Zeit mit neuen Meth­o­d­en. Die inhaltliche Sub­stanz ihres Denkens und die Ziele ihres poli­tis­chen Han­delns haben sich jedoch nicht verän­dert. Wenn ich im fol­gen­den von Recht­sex­trem­is­mus spreche, so meine ich damit die NPD, die heute eine aggres­sive Führungsrolle im recht­sex­tremen Spek­trum innehat. Zu ihren Unter- und Nebenor­gan­i­sa­tio­nen gehören die „Jun­gen Nation­aldemokrat­en“ oder der „Ring Nationaler Frauen“.

Die Aktiv­itäten der NPD spie­len sich — bildlich gesprochen — in einem Haus mit mehreren Eta­gen ab: Wir haben zunächst als sta­biles Fun­da­ment eine bes­timmte Weltan­schau­ung, näm­lich die völkische Weltan­schau­ung. Über diesem — nur teil­weise sicht baren — Fun­da­ment erheben sich drei Eta­gen: die Aktiv­itäten in Bund, Län­dern und — unser The­ma — in den Gemein­den. Ver­bun­den wer­den sie durch vier Säulen, die den ganzen Bau zu sam­men­hal­ten und mit dem Fun­da­ment verbinden. Auch darauf komme ich noch zu sprechen. 

Zunächst zum Fun­da­ment. Was bedeutet völkische Weltan­schau­ung? „Völkisches Denken“ nen­nt man die gesellschafts- und geschichts­be­zo­ge­nen Konzepte, für die ein ganzheitlich ver­standenes, kul­turell homo­genes Volk (und nicht das Indi­vi duum) die Grun­dein­heit des sozialen Lebens darstellt. Dieses Denken ist in Deutsch­land an der Wende des 18. zum 19. Jahr hun­derts ent­standen und seit­dem kon­tinuier­lich, allerd­ings in unter­schiedlichen starken Aus­prä­gun­gen ver­bre­it­et. Die „Völkische Bewe­gung“ des Kaiser­re­ich­es bildete einen ersten Höhep­unkt. Zwis­chen den Weltkriegen erfuhr die völkische Weltan­schau­ung einen zweit­en Auf­schwung. Für den Nation­al­so zial­is­mus war sie fes­ter Bestandteil sein­er Ide­olo­gie. Die völkische Weltan­schau­ung geht davon aus, daß „Völk­er“ als kollek­tive Ganzheit­en die eigentlichen und maßge­blichen Sub­jek­te des sozialen und geschichtlichen Lebens darstellen. Die einzelne Per­son kommt nur in Betra­cht soweit sie Teil eines Volkes ist und sich zu ihrem Volk beken­nt. Völk­er sind fest mit ihrem Ter­ri­to­ri­um als ihrem legit­i­men „Leben­sraum“ ver­bun­den. Ein Rechtsvertreter der NPD hat diese geschichtsmeta­ph­ysis­che Auf­fas­sung vom Volk als Grun­dein­heit fol­gen­der­maßen ver­sucht zu erk­lären: “Jedem Volk liegt ein inner­er Dasein­sauf­trag, ein Urwort, ein Mythos zugrunde, der Wesen und Lebensweg des Volkes vorgibt und dem das Volk fol­gt (der Begriff Volk kommt vom Tätigkeitswort fol­gen). Von daher hat ein Volk, auch wenn es deut­lich als Ein­heit erkennbar erscheint, let­ztlich etwas nicht genau in Worte Faßbares. Wenn Herder sagte ‘Völk­er sind Ge danken Gottes’ so wird ger­ade dies damit angedeutet. Volk­s­tum bedeutet eine überindi­vidu­elle Iden­tität, die die Ange­höri­gen des Volkes prägt. Durch die Tat­sache, Abstam­mungs- und Schick­sals­ge­mein­schaft zu sein, ist eine Ein­heit, eine Gemein­schaft auf kul­turell-geistiger Ebene vorgegeben. Wenn sich der einzelne seines Volk­s­tums und der inneren Ein­heit des Volk­s­tums bewußt ist, sich als Glied seines Volkes begreift, begreift er das Volk als Gemein­schaft. (…)“ Etwas vere­in­facht kann man sagen, daß in der völkischen Lehre das Volk wie eine einzelne Per­son gedacht wird. Obwohl jedes Volk aus Mil­lio­nen einzel­ner Per­so­n­en beste­ht, wird es als ein ein­heitlich­es Wesen gedacht: Es hat eine Seele, eine Ge schichte, ein „Schick­sal“ und für manche Denker dieser Tra­di­tion hat es auch eine „geschichtliche Bes­tim­mung“ oder eine his­torische Mis­sion. Seinen Charak­ter — so die völkischen The­o­retik­er — hat es in Geschichte und Kul­tur erwor­ben und vererbt ihn über geneal­o­gis­che Abstam­mung und Tra­di­tion weit­er. Für das völkische Denken hat das Volk das Recht und Pflicht, seine ihm wesen­seige­nen Charak­terzüge auszuleben und seinen Charak­ter rein zu erhal­ten. Es gibt keine moralis­chen und rechtlichen Nor­men, die über dem Gebot ein­er solchen Art pflege ste­hen. Logis­cher­weise wer­den deshalb die Men­schen rechte als höch­ste Rechte indi­vidu­eller Per­so­n­en abgelehnt. Nun gut, wird man sagen, auch in nichtvölkischen Konzepten spricht man von Völk­ern, Demokratie heißt — in ein­er ein­fachen Über­set­zung — „Herrschaft des Volkes“ und bekan­ntlich wird jed­er Bun­deskan­zler auf das Wohl des deutschen Volkes verei­digt. Wo also liegt der Unter­schied, was soll das Prob­lem sein? Der Unter­schied wird sicht­bar, wenn wir danach fra­gen, was dieses völkische Konzept von Volk in poli­tis­ch­er Hin­sicht für uns heute bedeutet. Unsere Gesellschaft war und ist alles andere als ein­heitlich und gle­ichar­tig. Jed­er weiß, daß sich nicht nur in Großstädten viele ver­schiedene Lebenswel­ten und eigene Kul­turen aus­ge­bildet haben. Wir leben in und mit region­al ver­schiede­nen Kul­turen sowie mit schicht- und bil­dungs­be­zo­gen aus­d­if­feren­zierten Lebenswel­ten. Kurz: Wir ori­en­tieren uns in unser­er Lebens­führung und unseren Inter­essen nicht an ein­heitlichen gle­ichen Werten und Zie­len, son dern wir leben in ver­schiede­nen Milieus und wir prak­tizieren ver­schiedene Lebensstile. Sozi­ol­o­gisch spricht man im Hin­blick auf diese Vielzahl von sozialen Grup­pen in ein­er Bevölkerung von „Gesellschaft“, also einem Zusam­men­hang, der wesentlich durch das staatliche Recht zusam­menge­hal­ten wird. Dem gegenüber ste­ht der Begriff der „Gemein­schaft“, der v.a. für solche sozialen Zusam­men­hänge ver­wen­det wird, inner­halb der­er sich die einzel­nen Ange­höri­gen per­sön­lich ken­nen und durch Ver­wandtschaft, gle­iche Inter­essen und Aktiv­itäten oder durch Gefüh­le miteinan­der ver­bun­den sind. 

Kennze­ich­nend für die poli­tis­che Weltan­schau­ung der NPD ist die Tat­sache, daß sie den großen und notwendi­ger­weise ab strak­ten Zusam­men­hang der Gesellschaft als Gemein­schaft, genauer: als „Volks­ge­mein­schaft“ konzip­iert. Damit wird die Zielvorstel­lung eines ein­heitlichen sozialen Lebens umris­sen, das let­ztlich nur funk­tion­ieren kann, wenn alle Men­schen gle­ichar­tig wären und gle­ichar­tig leben wür­den. Diese Vorstel­lung eines in sich kul­turell homo­ge­nen Volkes ist besten­falls eine naive Fik­tion, genauer betra­chtet aber eine Vorstel­lung, die für alle Gesellschaftsmit­glieder einen erhe­blichen Vere­in­heitlichungszwang bedeutet. Soweit die Aus­führun­gen zur völkischen Weltan­schau­ung als Fun­da­ment recht­sex­tremer Poli­tik. Was ich skizziert habe, war ein kri­tis­ch­er Kom­men­tar zu den ersten Sätzen des NPD-Parteiprogramms.

Sie laut­en: „Volk­s­tum und Kul­tur sind die Grund lagen für die Würde des Men­schen. Deswe­gen trägt der Staat, desen Auf­gabe der Schutz der Men­schen­würde ist, Ver­ant­wor­tung für das Volk.“ Wenn man das lib­erale Men­schen­bild vom völkischen Men­schen bild präg­nant abset­zen möchte, kann man pointiert sagen: Für das lib­erale Men­schen­bild hat die indi­vidu­elle Per­son die höch­ste Würde oder wie es in Artikel 1 GG heißt „Die Würde des Men­schen ist unan­tast­bar“. Demge­genüber ist für das völkische Men­schen­bild das ver­meintlich kul­turell ein­heitliche Volk den Indi­viduen vor­ge­ord­net und Träger der höch­sten Würde. 

Ich komme zurück auf die drei Eta­gen und die vier tra­gen­den Säulen der NPD-Aktiv­itäten: Die NPD hat selb­st vier Bere­iche ihrer Parteiar­beit definiert. In ihrem Hang zu einem kämpfer
ischen, hero­is­chen Selb­st­bild spricht sie vom „Kampf um die Par­la­mente“, dem „Kampf um die Köpfe“, dem „Kampf um die Straße“ und schließ lich noch vom „Kampf um den organ­isierten Willen“. Schauen wir uns diese mar­tialis­chen, geschichts­großen Vok­a­beln etwas genauer an: „Kampf um die Par­la­mente“ heißt: Wahlkampf mit dem Ziel von Par­la­mentssitzen; „Kampf um die Köpfe“ meint den Ver­such, für das eigene weltan­schaulich­es Fun­da­ment und daraus abgeleit­ete tage­spoli­tis­che Posi­tio­nen Anhänger zu find­en; „Kampf um die Straße“ bein­hal­tet die Öff­nung zum aktion­sori­en­tierten Teil der recht­sex­tremen Bewe­gung, zu den neon­azis­tis­chen Demon­stran­ten und Auf­marschteil­nehmern, die jährlich im August das Grab des früheren Hitler-Stel­lvertreters Heß besuchen und ver­suchen, in Halbe hal­b­jährlich am Sol­daten­fried­hof Kränze niederzule­gen und das sog. „Treuelied“ zu intonieren. „Kampf um den organ­isierten Willen“ besagt — bei Licht betra­chtet — schließlich, daß man um Bünd­nisse inner­halb der recht­sex­tremen Parteien unter der Führung der NPD bemüht ist. Ein Ergeb­nis war der sog. Deutsch­land­pakt, der 2004 mit der DVU geschlossen wurde und Absprachen bei Wahlen bein­hal­tet. Damit sollen die Wäh­ler stim­men jew­eils auf eine recht­sex­treme Partei konzen­tri­ert wer­den. In der zweit­en Hälfte der 1990er Jahre hat sich die NPD auch zu den sog. „Freien Kräften“, den Recht­sex­tremen außer­halb der Partein geöffnet. Vertreter solch­er Strö­mungen und Grup­pierun­gen wur­den bewußt in den NPD-Bun­desvor­stand aufgenommen.

Diese vier Säulen ziehen sich durch die drei Eta­gen von Bund, Län­dern und Gemein­den. Eigentlich hätte man also zwölf Aktiu ons­felder, über die genauer zu bericht­en wäre. Ich will mich im fol­gen­den auf die Ver­suche der NPD kon zen­tri­eren, auf lokaler Ebene die Mei­n­ungs­bil­dung zu be ein­flußen und neue Anhänger unter jun­gen Leuten zu gewinnen.

Im wesentlichen sind diese bei­den Strate­gien durch vier Merk­male gekennze­ich­net. Erstens set­zt man auf ein mod­er­ates, kon­ven­tionelles Auftre ten, das mein Kol­lege Andreas Klärn­er tre­f­fend als „tak­tis­che Zivil­isierung“ beze­ich­net hat. In der Form gibt man sich bürg­er- und jugend­nah, hält sich äußer­lich an die Kon ven­tio­nen der Nach­barschaft, des Dor­fes oder der Kle­in­stadt ohne allerd­ings in der Sache und langfristig von seinen Posi tio­nen abzurück­en. Zweit­ens hat man bewußt einen erweit­erten Zeitrah­men gewählt und denkt nun nicht mehr aktion­is­tisch von heute auf mor­gen oder von heute bis zum näch­sten Wahlter­min, son­dern stellt sich auf Zeiträume ein, in denen sich Nach­barschaften bilden und per­sön­liche Bekan­ntschaften entstehen.

Damit bin ich beim drit­ten Aspekt: Recht­sex­treme set­zen zu nächst auf soziale Kon­tak­te, auf die Bil­dung von sozialen Net­zw­erken, auf das Entste­hen eines per­sön­lichen Image als Nach­bar, als Sozial­ber­ater oder als unab­hängigem Kom­mu­nalpo litik­er. Auch gegenüber Jugendlichen fall­en sie nicht mit der Ide­olo­gie ins Haus, son­dern laden zur gemein­samen Freizeitge stal­tung ein, die je nach Alter der Adres­sat­en auch in Nacht­wan­derun­gen und Zelt­lager beste­hen kann. Die NPD in Sach­sen bietet, ein weit­eres Beispiel, kosten­losen Nach­hil­fe­un­ter­richt für Kinder an.

Im Vorder­grund ste­ht damit der Ver­such, so etwas wie „soziales Kap­i­tal“ (Pierre Bour­dieu) zu bilden, also per­sön­liche Verbindun­gen zu knüpfen, einen guten Ruf als rechtschaf­fen­er Bürg­er zu erwer­ben oder als engagiert­er Kom­mu­nalpoli­tik­er aufzutreten, der die lokalen Belange ken­nt und sie als Anwalt der Bürg­er — auch gegen Ver­sorgung­sun­ternehmen und die Allianzen der etablierten Parteien — ver­tritt. Soweit der erste Schritt in dieser Samtpfötchen-Strate­gie. Den zweit­en Teil hat der NPD-Vor­sitzende Udo Voigt in aller wün­schenswert­er Klarheit aus­ge­sprochen: “Ich muß also immer erst durch meine Per­son und meine Argu men­ta­tion überzeu­gen und dann als ‘Aha-Erleb­nis’ die Katze aus dem Sack lassen und mich zur NPD beken­nen.” Die neue Strate­gie bein­hal­tet also eine zeitliche Staffelung: Nach der ersten Phase der sozialen Anerken­nung als Per­son soll die zweite Phase fol­gen, in der die Sym­pa­thi­eträger dann auch als Ide­olo­gi­eträger auftreten. Gegenüber den jun­gen Leuten beste­ht die zweite Phase in dem Ver­such, auf Basis der gemein­samen Erleb­nisse und pos­i­tiv­en Erfahrun­gen ein Inter­esse für die weltan­schaulichen und poli tis­chen Inhalte zu weck­en und sie etwa mit rebel­lis­ch­er Musik bekan­ntzu­machen, denken Sie an die diversen Schul­hof-CDs oder sie — noch später — poli­tisch im Sinne der NPD zu informieren oder zu Schu­lun­gen einzu­laden. Die Päd­a­gogen unter Ihnen wer­den sich längst das gedacht haben, was ich nun als erste Zusam­men­fas­sung dieser Strate­gien präsen­tiere: Die neue NPD-Strate­gie beste­ht darin, zu nächst den Akzent auf die Beziehungsar­beit zu leg­en, um auf dieser Basis dann um so erfol­gre­ich­er eine Sach- oder Inhalt­sar­beit aufzubauen. Diese Strate­gie ein­er inten­siv­en Bürg­ernähe mit den drei Ele­menten tak­tis­che Zivil­isierung, länger­fristiger Zeitrah­men und Akzent auf ein­er Glaub­würdigkeit im Nah­bere­ich umfaßt noch ein viertes, wesentlich­es Ele­ment, auf das ich im fol­gen­den einge­he. Ich hat­te ein­gangs das Bild eines Haus­es der NPD-Aktiv­itäten gebraucht, das auf einem — nicht immer und nicht ohne wei teres sicht­baren — weltan­schaulichen Fun­da­ment ste­ht. Ich bleibe in diesem Bild. Charak­ter­is­tisch für die tak­tis­che Zi vil­isierung von recht­sex­tremen Poli­tik­ern ist die Tat­sache, daß sie Kom­mu­nalpoli­tik betreiben, ohne ständig ihre völkische Fahne vor sich her zu tra­gen. Denn in der Tat trifft man ja heute in den meis­ten Kom­munen auf soziale und poli­tis­che Prob­leme, um die sich nie­mand angemessen küm­mert und — das ist entschei­dend — für deren Be arbeitung es zunächst nicht auf prinzip­ielle Beken­nt­nisse zum „Deutsch­tum“ oder ähn­lichen geheiligten Konzepten der NPD an kommt. Um die fehlende Jugen­dar­beit, die Erschließungskosten von Bauland und den Rechtss­chutz von Hartz-IV-Empfängern kann man sich auch küm­mern ohne ständig ein weltan­schaulich­es Cre­do zu singen. 

Das vierte Merk­mal der aktuellen Strate­gie beste­ht also im zeitweisen Ein­klam­mern der weltan­schaulichen Begrün­dung der eige­nen Poli­tik und damit dem Abse­hen von Stel­lung­nah­men zu den großen The­men Nation und Europa oder der Wel­tord­nung im ganzen. Genau dieser let­zte Aspekt aber ist hochgr­a­dig ambiva­lent und von zen­traler Bedeu­tung für die demokratis­chen Kräfte: Auf der einen Seite ermöglicht das zeitweise Ausklam­mern der weltan­schaulichen Grund­la­gen und Ziele eine Anerken­nung von Recht­sex­tremen als Per­so­n­en und als engagierte Kom­mu­nalpoli­tik­er und damit das Erre­ichen des ersten Teilziels. Auf der anderen Seite geschieht dies aber um den Preis eines weitge hen­den Verzichts auf die Essen­tials der recht­sex­tremen Ide­olo­gie. Es kommt deshalb zu einem para­dox­en Ergeb­nis, daß recht­sex­treme Poli­tik­er ger­ade nicht in ihren recht­sex­tremen Posi­tio­nen, son­dern in ihrem kom­mu­nalpoli­tis­chen Sachver­stand anerkan­nt wer­den. Und natür­lich kann auch ein recht­sex­tremer Poli­tik­er schlichtweg richtig liegen in der konkreten Unter stützung von Bürg­er­in­ter­essen gegen Behör­denig­no­ranz und verkrustete Struk­turen der etablierten Parteien.

Der erste Teil der Strate­gie mag also für die NPD aufge­hen. Man sollte aber nicht überse­hen, daß die NPD über wenig Per son­al ver­fügt, das im Stande ist, in der beschriebe­nen Weise bürg­er­lich-kon­ven­tionell aufzutreten. Etliche ihrer Repräsen­tan­ten entstam­men einem Milieu, in dem man wegen Kör­per­ver­let­zung oder Betrügereien vorbe­straft ist, anderen muß man erst erk­lären, was ein seriöses
Erschei­n­ungs­bild ist. Die Zeitschrift „Blick nach rechts“ hat vor kurzem über ein in ternes Strate­giepa­pi­er der NPD berichtet, in dem die recht­sex­tremen Aktivis­ten aus­drück­lich ermah­nt wur­den, an Info stän­den in Fußgänger­zo­nen nicht alko­holisiert aufzutreten. „‘Anzüge (…) ver­mit­teln dem Bürg­er ein pos­i­tives Erschei nungs­bild“. Die Tat­sache, daß solche Anweisun­gen nötig sind, läßt Rückschlüsse auf den Habi­tus der NPD-Repräsen­tan­ten zu. Doch selb­st wenn die NPD genü­gend glaub­würdig erscheinende Schlip­sträger aufzu­bi­eten hätte, muß der zweite Teil ihrer Strate­gie scheit­ern: Denn sobald recht­sex­treme Posi­tio­nen ins Spiel kom­men und sich ein als rechtschaf­fen gel­tender Kom­mu­nalpoli­tik­er über­raschend zur NPD beken­nt oder eine Nach­barin als recht­sex­treme Partei­funk­tionärin von der Presse geoutet wird, ist es mit der ide­ol­o­gis­chen Harm­losigkeit vor­bei. Dann ist jedem klar, daß hier Leute agieren, die aktiv an der Besei­t­i­gung der beste­hen­den sozialen und poli­tis­chen Ord­nung arbeit­en: Forderun­gen nach Unter­stützung der „deutschen Jugen­dar­beit“ oder eines Haus­es „für die deutsche Jugend“ sind als Chiffren ein­er völkisch-nation­al­is­tis­chen Moti­va­tion eben­so erkennbar wie andere Posi­tio­nen, bei denen die Förderung eines völkisch ver­stande­nen „Deutsch­tums“ mit der Zurück­weisung der Recht­sansprüche ander­er Bevölkerung­steile ein­herge­ht. Wer mit Slo­gans operiert wie „Du bist nicht Deutsch­land, Du bist BRD!“ doku­men­tiert ein völkisch- kul­turelles Ver­ständ­nis von Volk und lehnt damit ein recht lich-poli­tis­ches Volk­skonzept ab. Es ist — und damit komme ich zum Ende — also keineswegs so, daß man auf der Ebene lokaler Poli­tik und Nach­barschaftsver hält­nisse ein­er Unter­wan­derung von recht­sex­tremer Seite hil­f­los aus­ge­set­zt wäre: Völkisch-nation­al­is­tis­che, also rechts extreme Posi­tio­nen sind als solche iden­ti­fizier­bar — wären sie dies nicht, kön­nte man sie auch nicht als recht­sex­trem bew­erten. Die Infra­struk­tur von Infor­ma­tions- und Beratungs möglichkeit­en hat heutzu­tage einen Umfang und eine Qual­ität erre­icht, die es jedem inter­essierten Bürg­er erlauben, sich inner­halb kurz­er Zeit über Per­so­n­en und Net­zw­erke ein Bild zu machen. Das Land Bran­den­burg, das möchte ich aus­drück­lich anerken­nend beto­nen, zahlt seit Jahren aus dem Lan­dese­tat ein 14-köp­figes Mobiles Beratung­steam, um in allen Land­kreisen kon­tinuier­lich kom­pe­tente Berater vor Ort zu haben. Solange aber recht­sex­treme Posi­tio­nen nicht ins Spiel kom­men, kann man auch im stren­gen Sinn nicht von „Unter­wan­derung“, also ein­er Gestal­tung im recht­sex­tremen Sinne sprechen. Pointiert gesagt: Recht­sex­treme Poli­tik­er kön­nen möglicher­weise unerkan­nt bleiben — recht­sex­treme Posi­tio­nen aber sind erkennbar. kennbar. Das ist die Chance der Zivilge­sellschaft. Sie sollte genutzt werden.

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