Blumberg- Der Bundesgrenzschutz baut in Blumberg (Landkreis Barnim) ein
neues Werkstattgebäude für zehn Millionen Euro. In dem Haus werden die
Kraftfahrzeug‑, Waffen‑, Technik‑, ABC- und die Fernmeldewerkstatt untergebracht.
Beschäftigt werden etwa 70 zivile Arbeitskräfte.
Jahr: 2003
Fußballspielen für Toleranz
Potsdam (ddp-lbg). Die Brandenburger Sportjugend veranstaltet in diesem Jahr
zum zweiten Mal ein Straßenfußballturnier für Toleranz und Integration. Zum
Auftakt kickte am Freitag in Potsdam Sozialminister Günter Baaske (SPD) mit
den Jugendlichen. Das Turnier werde in zwei Wochen in Oranienburg und Mitte
Mai in Luckenwalde fortgesetzt, sagte Projektleiter Jörg Schneider in der
Landeshauptstadt.
Bei dem Turnier geht es Schneider zufolge nicht nur um Tore, sondern vor
allem um die Kommunikation zwischen den Jugendlichen, unter denen auch
zahlreiche junge Menschen aus dem Ausland spielten. Die Teams bestreiten ihre Spiele
ohne Schiedsrichter und müssen auf dem Feld alles selber klären. Am Ende jedes
Spiels gibt es dazu eine kurze Auswertung. Die Teams sind je fünf Personen
stark, gespielt wird vier gegen vier. Mitmachen können Jungen und Mädchen im
Alter von 12 bis 14 Jahren oder Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren. Das
Turnier besteht aus sieben Wettbewerben in sieben verschiedenen märkischen
Städten. Im August gibt es ein Finale in Cottbus. Dazu werden nach den Worten von
Schneider auch Teams aus neun €päischen Ländern erwartet.
Im vergangenen Jahr hatten sich rund 580 Teams an den Wettbewerben
beteiligt. Ein Drittel aller Tore haben dabei Mädchen geschossen, wie Schneider
betonte. Er hofft, dass auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Mixed-Teams bei den
Turnieren antreten.
Stelle für Mahnmal ungewiss
Stadt will Belaid-Baylal-Gedenkstein errichten / Konzept im Mai fertig
BELZIG Die Kur- und Kreisstadt will einen Gedenkstein für Belaid Baylal, den
Marokkaner, der vor zweieinhalb Jahren an den Spätfolgen eines
fremdenfeindlichen Angriffes gestorben ist. Dafür hat sich die
Stadtverordnetenversammlung
ausgesprochen. Ein Stein steht schon bei einem Steinmetz in Luckenwalde
bereit. Nach Angaben von Martin Kunze, Erster Beigeordneter, ist aber unklar,
welche Inschrift er tragen und an welcher Stelle er stehen soll.
Die Stadtverordneten hätten somit das Versprechen gegenüber den Initiatoren
für den Baylal-Gedenkstein von Belziger Forum und Info-Café “Der Winkel”
gehalten, eine Entscheidung für oder wider die Idee zu fällen, sagte
SPD-Fraktionschef Gerd Ulbrich. “Wir wollen den Gedenkstein auf jeden Fall noch in
diesem
Jahr aufstellen”, kündigte er an.
“Es ist eine äußerst begrüßenswerte Entscheidung”, sagte Götz Dieckmann,
Koordinator gegen Gewalt und Rechtsextremismus in Belzig. Der genaue Standort
ist für ihn nicht entscheidend. Nach Vorstellungen der Initiatoren solle die
neue Gedenkstelle “in Korrespondenz zum Antifa-Stein” an der Post stehen. Der
erste Gedenkstein Belzigs nach dem Zweiten Weltkrieg trägt die Inschrift “Die
Toten mahnen”. Für den Baylal-Stein schlagen die Initiatoren “Die Toten
mahnen immer noch” vor.
Doch wird die Standortfrage wohl noch Diskussionen auslösen.
Stadtverwaltung, Politiker und Initiatoren warten derzeit auf das
Gedenkstätten-Konzept von
Landschaftsarchitekt Gunnar Lange. “Es wird im Mai fertig”, sagte dieser auf
MAZ-Anfrage. Geplant war die Fertigstellung für Ende März. Doch zum einen
fehlen dem Belziger Planer nach eigener Aussage noch “zwei wichtige Interviews”
zu den Gedenkstätten. Zum anderen sei der Baylal-Gedenkstein ursprünglich gar
nicht im Konzept vorgesehen gewesen und müsse nachträglich aufgenommen
werden.
“Ich mache auch Vorschläge, wohin der neue Stein kommen könnte”, so Lange,
“aber es geht nicht um seine Gestaltung”. Das Konzept befasse sich
grundsätzlich damit, wie man mit den Gedenkstätten umgehen soll. Der
Landschaftsarchitekt bewerte die bestehenden fünf Gedenkstätten nach ihrem Zustand
sowie nach
städtebaulichen und historischen Gesichtspunkten — “und nicht politisch”. Dabei
stelle er auch deren Standorte in Frage. So sei gerade das Mahnmal an der
Post “immer ein Provisorium” gewesen. Außerdem beschäftige sich das Konzept mit
sechs Gedenkstätten, die verschwunden oder nicht mehr erkennbar sind.
Risse in die Festung!
Antirassistisches Pfingstcamp gegen Abschiebungen und Grenzabschottung
6. bis 9. Juni in Eisenhüttenstadt
In diesem Jahr veranstalten JungdemokratInnen/Junge Linke Brandenburg ihr
alljährliches Pfingstcamp in Eisenhüttenstadt. Dort befindet sich, einzigartig für
Deutschland, eine ZAST (Zentrale Erstaufnahmestelle für Asylbewerber) und ein
Abschiebeknast auf demselben Gelände und so nah an der Grenze. Hier funktioniert die
bundesdeutsche Flüchtlingspolitik, die nur auf eins aus ist, nämlich die Abwehr von
Flüchtlingen, besonders effektiv.
Neben verschiedensten Aktionen in der Innenstadt und vor der ZAST wird es
Arbeitsgruppen und Workshops zu staatlichem Rassismus, Abschieberegime,
Grenzabschottung, Rassistische Gegenstrategien usw. geben.
Aber: Es geht nicht nur ums arbeiten, es darf auch gefeiert werden. Abends wird es
Parties und Musik geben, mit leckeren Cocktails. Denn Politik darf auch Spaß machen.
Anmeldung und weitere Infos unter: www.jdjl-brandenburg.de.
Bundeswehr hält an Übungsplatz fest
WITTSTOCK/BERLIN Der geplante Bombenabwurfplatz bei Wittstock
(Ostprignitz-Ruppin) bleibt für die Bundeswehr trotz der stark gesunkenen
Zahl an Übungen unverzichtbar. “Es ist für bestimmte Flugübungen von der
Größe her das einzig mögliche deutsche Übungsgebiet für die Luftwaffe”,
sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Rainer
Arnold. Mit dem Betrieb des Platzes, um den seit elf Jahren gestritten wird,
wäre eine 800-Mann-Garnison für Wittstock verbunden.
Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bestätigte Arnolds Angaben.
“Nur bei der Größe des geplanten Übungsplatzes Kyritz-Ruppiner Heide können
bestimmte Einsatzverfahren regelmäßig hier geübt werden, was für moderne,
schnell verfügbare Einsatzkräfte unabdingbar ist.” Das 14000 Hektar große
Gelände, das die Sowjettruppen nach 1945 besetzten, will die Bundeswehr seit
1992 nutzen.
Laut Arnold sollen die Militärmaschinen so genannte Tiefflugkorridore
unabhängig vom Übungsgelände in einer Höhe von rund 300 Metern nutzen und
über dem Platz auf rund 100 Meter heruntergehen. Die Übungen seien auch in
Kombination mit Bodentruppen möglich. Die übenden Flieger kämen aus dem
ganzen Bundesgebiet.
Die Zahl der Anflüge werde auf 1700 pro Jahr begrenzt, was weniger als ein
Zehntel des Fluglärms vor der Wende bedeute, erläuterte der SPD-Politiker.
Der Ministeriumssprecher wollte diese Zahl weder bestätigen, noch
dementieren. Befürchtungen von Gegnern über mehr Fluglärm durch Tankstopps
in Rostock/Laage und Neubrandenburg wies Arnold zurück. Die Jagdflugzeuge
hätten eine ausreichende Reichweite.
Die Bundeswehr plant zudem in Wittstock eine 800 Mann starke Garnison
anzusiedeln, die bisher im bayrischen Bayreuth stationiert ist. Dagegen regt
sich zwar in Bayreuth Widerstand, der Standort soll aber ab Oktober 2003
aufgegeben werden, hieß es. Für die Garnison sollen in Wittstock 62
Millionen Euro investiert werden; es wird mit 160 zivilen Arbeitsplätzen
gerechnet.
Vor einer endgültigen Entscheidung will sich Verteidigungsminister Peter
Struck (SPD) im August mit Kommunalpolitikern aus der Region vor Ort
beraten.
Spitzelwerbung per Zeitungsanzeige
Die Anzeige, die der 21jährige Martin (Name geändert) in der Märkischen Allgemeinen vom 22. März entdeckte, sah vielversprechend aus: »Nebenjob! Suche politikinteressierte junge Leute ab 18!«. Der Oranienburger Student meldete sich sogleich bei der Kontakttelefonnummer des »Arbeitskreises Wissen und Fortschritt«, der die Annonce geschaltet hatte. Schnell war ein Termin für ein Vorstellungsgespräch ausgemacht. Was Martin damals noch nicht wußte: Den »Arbeitskreis Wissen und Fortschritt« gibt es nicht wirklich. Es handelt sich um eine Briefkastenfirma.
Das Vorstellungsgespräch von Martin fand Ende März in einem Café in Berlin statt. Die Frau, die er dort trifft, erklärt ihm, es gehe um Recherchen für eine Politstudie. »Wissen und Fortschritt« unterstütze Autoren und Institutionen bei ihrer Arbeit. »Wir wollen wissen, was Jugendliche dazu bewegt, Politik zu machen. Wir wollen herausfinden, warum sie in Opposition zum Staat gehen«, sagt sie. Martins Aufgabe sei es, Veranstaltungen zu besuchen und darüber Berichte anzufertigen. Mit einem Blick auf Martins Dreadlocks meint die Frau, für ihn komme »ja wohl eher die linksgerichtete Szene in Frage«. Martin stimmt zu und freut sich über die gute Bezahlung, die in Aussicht steht: Zehn Euro Stundenlohn gibt es für das Besuchen von Veranstaltungen, fünf Euro für das Schreiben der Berichte. Auch Spesen werden übernommen.
Stutzig wird Martin erst, als ihm erklärt wird, es sei nicht möglich, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, der Lohn solle bei regelmäßig stattfindenden Treffen bar ausgezahlt werden. Trotzdem soll alles seine Ordnung haben und »schon versteuert« sein. Das Arbeitsverhältnis soll längere Zeit dauern. Auf drei bis sechs Jahre sei die Studie angelegt. Später werde es allerdings keinen Pauschallohn mehr geben, sondern Bezahlung nach »Qualität der Informationen«. Um sich zu überlegen, ob er den Job haben will, kann sich Martin ein paar Tage Zeit nehmen. Dann, schlägt die Frau vor, soll es ein zweites Treffen geben, zu dem sie ihm eine Liste mit Veranstaltungen mitbringen will, die er besuchen soll.
Aus dem Treffen wurde nichts. Martin sprach mit Vertretern der linken Rechtshilfeorganisation »Rote Hilfe« über die Angelegenheit. Die bestätigten ihm, daß es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Anwerbeversuch des Verfassungsschutzes handelte. Über ähnliche Vorfälle in Berlin hatte die tageszeitung am 7. November 2002 berichtet. In der Hauptstadt wollte der Verfassungsschutz im Herbst 2002 über Anzeigen Studenten als Spitzel werben, um das Kreuzberger Alternativzentrum Mehringhof auszuspionieren. Auch damals sollten die Jobsuchenden anfangs angeblich lediglich Recherchen für eine Studie anstellen. Das Coming Out der Sicherheitsbehörde folgte später.
Obwohl die Frau von »Wissen und Fortschritt« beim ersten Treffen Martin den Job zugesagt hatte, rief sie ihn wenige Tage später an und erklärte, daß es nun doch kein Interesse an einer Zusammenarbeit mehr gebe. Es drängt sich so der Verdacht auf, daß Martins Handy abgehört wurde. Wie viele Menschen sich auf die Anzeige von »Wissen und Fortschritt« gemeldet haben, und wie viele davon nun in Brandenburg politische Gruppen bespitzeln, ist nicht bekannt.
* Der Artikel wurde jW von der Redaktion des im brandenburgischen Neuruppin ansässigen linken Internet-Informationsdienstes Inforiot (www.inforiot.de) zur Verfügung gestellt
“Waffennarr bleibt Waffennarr”
Bisher haben nur wenige Brandenburger ihre Schreckschusspistole bei der
Polizei registrieren lassen
POTSDAM. Waffennarren haben es auch in Brandenburg schwerer, seit am 1.
April das verschärfte Waffengesetz in Kraft getreten ist. Doch ob es
kurzfristig dazu führt, dass weniger gefährliche oder illegale Waffen im
Umlauf sind, ist fraglich. Wichtigste Neuerungen: Wer eine Schreckschuss-
oder Gaspistole mit sich führen will, muss nun für 50 Euro einen so
genannten Kleinen Waffenschein beantragen — sonst handelt er gesetzwidrig.
Wer eine nicht registrierte Waffe besitzt — das gilt auch für illegale
“scharfe” Jagd‑, Sport- und Verteidigungswaffen -, kann sie bis zum 30.
September abliefern, ohne bestraft zu werden.
Nur vereinzelt Waffen abgegeben
Theoretisch müssten nun Antragsteller für den Kleinen Waffenschein vor den
15 Brandenburger Polizei-Schutzbereichen Schlange stehen. Denn
Schreckschusswaffen sind frei verkäuflich und weit verbreitet — etwa bei
Taxifahrern, Kneipenwirten, Ladenbesitzern oder Jugendlichen. Doch die
Resonanz auf das Gesetz ist gering. “Nirgendwo ist es zu dem befürchteten
Massenansturm gekommen”, sagte Walter Breidenbach vom Potsdamer
Polizeipräsidium. Im Schnitt wurden rund 30 Scheine pro Kreis beantragt und
bis zu 200 Formulare abgeholt. Im Barnim wurden gar nur zwei Scheine
beantragt, 20 Formulare geholt und eine Waffe abgeliefert.
Wie viele Schreckschusswaffen es in Brandenburg insgesamt gibt, ist nicht
bekannt. “Es gibt keine Statistiken”, sagte der Sprecher des
Innenministeriums, Wolfgang Brandt.
“Problematisch ist, dass das Gesetz vor allem für die Besitzer legaler
Waffen gilt und die illegalen Waffenbesitzer kaum erreicht werden”, sagt der
Chef des Landesjagdverbandes, Wolfgang Betee.
Betroffen sind 13 000 Jäger und ebenso viele Sportschützen. Der Gesetzgeber
will vor allem Jugendlichen den Zugang zu Waffen erschweren. Das ist auch
eine Reaktion auf das Massaker von Erfurt im April 2002, bei dem ein Schüler
16 Menschen getötet hatte. Nun dürfen Jungjäger erst mit 18 statt mit 16
Jahren eine Waffe kaufen und Sportschützen erst mit 21 — wenn sie einem
staatlich anerkannten Verband angehören. Zudem müssen veraltete
Waffenschränke ersetzt werden, um den Diebstahl legaler Waffen zu
erschweren.
Das eigentliche Problem sind aus Sicht von Polizei, Sportschützen und Jägern
die nicht registrierten Waffen. In Deutschland sind etwa zehn Millionen
Schusswaffen angemeldet. Es wird geschätzt, dass weitere 20 Millionen
illegal im Umlauf sind. Laut Jäger Betee werden bei weniger als einem
Prozent aller mit Waffengewalt begangenen Straftaten registrierte Waffen
benutzt.
Pro Jahr werden in Brandenburg etwa 700 Verstöße gegen das Waffengesetz
festgestellt. “Im Jahr 2002 waren es 645”, sagt Bärbel Cotte-Weiß,
Sprecherin des Landeskriminalamtes. 94 Prozent der Fälle würden aufgeklärt.
Oft erstatteten Bekannte oder gar Kunden Anzeige gegen Waffennarren, weil
sie von deren Waffenarsenal schockiert sind. So wurden bei zwei Männern in
Ostbrandenburg im Mai 2002 mehrere Dutzend Gewehre und Pistolen gefunden.
Diese Schreckschusswaffen hatten die beiden per Katalog gekauft, um sie
scharf zu machen und zu verkaufen.
Die Brandenburger Polizei hat die Erfahrung gemacht, dass die meisten
Sammler Waffen nur horten, nicht aber benutzen. “Sie wollen so viele wie
möglich besitzen und putzen”, sagt Cotte-Weiß.
Stöbern nach Kriegsschrott
Eine weitere Tätergruppe sind Militaria-Fans, die mit Metalldetektoren auf
ehemaligen Schlachtfeldern nach Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg graben. Im
Jahr 2001 etwa fand die Polizei bei einem 70-Jährigen ein riesiges
Waffenlager, für dessen Abtransport Lastkraftwagen benötigt wurden. Der
Besitz des Kriegsschrotts verstößt gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Das
wissen natürlich auch die Täter: Als Ende März bei drei Männern im Havelland
14 scharfe Granaten, ein Maschinengewehr, Munition und Bajonette gefunden
wurden, beschlagnahmte die Polizei auch zwei gefälschte Ausweise des
Munitionsbergungsdienstes. “Jeder Munitionssucher im Wald sollte der Polizei
gemeldet werden, auch wenn er sich ausweisen kann”, sagt Polizeisprecherin
Catrin Feistauer.
Die Polizei bleibt skeptisch. “Es ist unwahrscheinlich, dass viele illegale
Waffen abgegeben werden”, so ein Beamter. “Waffennarr bleibt Waffennarr, bis
er erwischt wird.”
Schipkau (ddp-lbg). Im südbrandenburgischen Schipkau wird am Freitag (11.00 Uhr) eine jüdische Grabstätte eingeweiht. Damit gedenkt die Gemeinde 51
jüdischen Menschen, die 1945 in den letzten Kriegstagen bei dem so genannten
Verlorenen Transport ums Leben gekommen waren. Die Zeremonie werde still und
andächtig, aber dennoch öffentlich sein, sagte ein Sprecher der Gemeinde am
Donnerstag. Zu der Veranstaltung werden unter anderen Vertreter des
Zentralrats der Juden in Deutschland sowie der Jüdischen Gemeinden in Berlin
und Brandenburg erwartet.
Der «Verlorene Transport» war im April 1945 der letzte von drei Zügen, die
Häftlinge vom KZ Bergen-Belsen nach Theresienstadt bringen sollten. Auf der
Fahrt erkrankten zahlreiche Menschen an Flecktyphus. Die durch die Krankheit
oder Erschöpfung verstorbenen Menschen wurden von der SS aus den Zügen
geholt und an der Strecke notdürftig begraben. Am 18. April fuhr der
«Verlorene Transport» von Lübben über Senftenberg nach Schipkau.
Dort stand der Zug zwei Tage, bevor er in Richtung Finsterwalde weiter fuhr.
Während der Zeit in Schipkau starben 51 jüdische Häftlinge, sie wurden
unweit des Ortes beerdigt. Am 23. April wurden die überlebenden Insassen des
Zuges bei Tröbitz von Truppen der sowjetischen Armee befreit. Der Zug hatte
bis dahin sieben Mal gehalten. An jeder dieser Grabstellen gibt es
mittlerweile Gedenkstätten.
Auch Alternativen anbieten
Spricht man über Ihr Ressort, kommt man unweigerlich auf politisch
motivierte Straftaten zu sprechen. Welche aktuellen Zahlen haben Sie
darüber?
Swen Schäfer: Im Jahr 2002 hatten wir 115 Straftaten in diesem Bereich, ein
deutlicher Rückgang zum Jahr davor, als wir 162 zählten.
Nach diversen Vorfällen mit Rechtsradikalen wurde Anfang 2001 im Raum
Rathenow die Sonderkommission Tomeg eingesetzt. Bereits Mitte 2002 hieß es,
extremistische Straftaten seien zurückgegangen. Gibt es keine gewaltbereiten
Köpfe mehr im Havelland?
Swen Schäfer: Natürlich sind die nicht vom Erdball verschwunden. Aber gerade
das Einsatzkonzept der damaligen Soko Tomeg und alle Maßnahmen unseres
Kommissariats waren wirklich erfolgreich. Das haben wir nicht allein
erreicht, sondern gemeinsam mit Jugendamt, Staatsanwaltschaft, Amtsgericht
oder freien Trägern. Wir haben eine Front aufgebaut gegenüber den
Rechtsradikalen. Das macht sich bemerkbar. Die Bevölkerung ist heute viel
sensibler geworden, zeigt Straftaten an.
Es gibt keine Sonderkommission mehr, dafür Ihr Kommissariat. Auf welche
Erfahrungen aus der Soko-Zeit stützen Sie sich heute noch?
Swen Schäfer: Eineinhalb Jahre lang haben wir uns mit der Soko auf das
rechte Klientel konzentriert. Es war eine Testphase, in der mit dem neuen
täterorientierten Ansatz gearbeitet wurde. Wir haben vieles probiert und
Erfahrungen, die wir jetzt bei den jugendlichen Intensivtätern einsetzen
können. Das sind alle unter 21 Jahren, die mehr als zehn Straftaten im Jahr
begehen oder kurz gesagt die, mit denen wir ständig zu tun haben.
Durch das Konzept von Mega/Tomeg sollen rechtsextremistische
Gewaltstraftaten verhindert und der Verfolgungsdruck gegenüber
gewaltbereiten Gruppen hoch gehalten werden. Wie funktioniert das?
Swen Schäfer: Da gibt es keine Geheimnisse. Nach eineinhalb Jahren Soko
wissen die Leute auf der Straße, wer die Tomeg- und Mega-Beamten in Rathenow
sind. Genauso wissen wir, wer sie sind. Man kennt sich mit Namen. Gerade bei
Gruppendelikten spielt das eine große Rolle, die Anonymität ist aufgehoben,
die Hemmschwelle für Straftaten steigt.
Wie sehen diese “Kontakte” konkret aus?
Swen Schäfer: Wir tauchen an den Treffpunkten auf und unterhalten uns mit
den Leuten. Im Normalfall ist das Smalltalk. Bei Problemen sagen wir aber
auch: Wenn ihr das nicht lasst, passiert das und das, ein Platzverweis etwa.
Die Leute sollen wissen, dass die Polizei da ist und immer ein Auge auf sie
hat. Das ist unser Ziel.
Inzwischen sind weniger Jugendliche gewaltbereit, aber immer noch
rechtsextrem im Kopf. Geben Sie sich zufrieden?
Swen Schäfer: Das reicht uns nicht. Deshalb suchen wir bewusst die
Kommunikation auf der Straße. Da wird hart diskutiert. Über die Zeit ändert
sich bei einigen im Bewusstsein was, aber nicht von heute auf morgen.
Diskutieren Sie auch selbst mit den Jugendlichen?
Swen Schäfer: Ja.
Wie würden Sie begründen, dass es sinnlos ist, ausländerfeindlich zu sein?
Swen Schäfer: So pauschal kann man das nicht sagen. Ich muss mich auf den,
der vor mir steht, einstellen. Bei einer Person, die schon Erfahrungen mit
Ausländern gemacht hat, argumentiere ich anders als bei jemandem, der keine
Ausländer kennt.
Haben Sie und Ihre 16 Mitarbeiter sich eigentlich weiterbilden müssen, um gut argumentieren zu können?
Swen Schäfer: Ja, definitiv in den Bereichen Geschichte, Pädagogik und
Psychologie. Es ist naiv zu glauben, Jugendliche ließen sich mit
irgendwelchen Phrasen abspeisen.
Viele stellen sich Rechtsradikale als Kurzrasierte in Springerstiefeln vor,
die Ausländer schlagen. Haben Sie auch solche Bilder im Kopf?
Swen Schäfer: Den typischen Rechtsradikalen gibt es nicht. Sie kommen aus
allen Bevölkerungsteilen. Mit pauschalen Urteilen können wir nicht viel
anfangen. Für uns gilt: Auch ein Rechtsradikaler ist in erster Linie ein
Mensch, der eine Biografie, Emotionen und Alltagsprobleme hat. Wenn man das
begreift, findet man auch Zugang. Wir tolerieren natürlich ihre Taten und
Meinungen nicht, aber wir akzeptieren sie als Menschen und grenzen sie nicht
von vornherein aus. Es ist gut und schön, “Nazis raus!” zu fordern. Aber
wohin sollen sie gehen?
Der Bereich der politisch motivierten Straftaten steht natürlich besonders
im Licht der Öffentlichkeit. Ihr Arbeitsbereich ist aber viel größer …
Swen Schäfer: Wir befassen uns quer durchs Strafgesetzbuch mit allen
Straftaten, die Kinder, Jugendliche und Heranwachsende begehen. Dazu gehören
Körperverletzungen, Eigentumsdelikte und Verstöße gegen das
Betäubungsmittelgesetz. Von Juli bis Ende Dezember 2002 hatten wir etwa 400
Fälle. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Kinder- und Jugendkriminalität
gesunken.
Wie werden die Erfahrungen von Tomeg/Mega bei diesen Straftätern angewandt?
Swen Schäfer: Wenn ich verhindern will, dass ein Intensivtäter wieder
straffällig wird, muss ich mir seine Biografie angucken. Oft kommt er aus
einer problematischen Erziehungssituation, sieht keinen Sinn mehr im Leben.
Wenn niemand da ist, der sich um einen kümmert, erzeugt das auch auffälliges
Verhalten. Wir machen uns Gedanken, was man dagegen tun kann: Helfen
präventive Maßnahmen oder nur repressive?
Apropos. Manchmal hat man den Eindruck, dass sich alles nur um Prävention
dreht. Was ist mit Strafen?
Swen Schäfer: In der Vergangenheit haben Repressionen mehr gezählt. Das
konnte man auch statistisch einfacher abhaken. Aber die Polizei ist auch zur
Gefahrenabwehr da, Die Prävention wurde vernachlässigt. Mit dem
täterorientierten Ansatz sind jetzt beide Seiten gleich gewichtet. Natürlich
wird verurteilt. Aber im Jugendstrafverfahren zählt auch der pädagogische
Gedanke. Die USA und Russland verhängen die schlimmsten Strafen, aber haben
trotzdem die höchste Kriminalität. Wenn ich Menschen ändern will, gehört
Druck dazu, aber ich muss auch Alternativen anbieten, zeigen, wo es hingehen
kann. Knast macht auf Dauer niemanden besser.
Hatten Sie Fälle, wo Sie gedacht haben, da ist Hopfen und Malz verloren?
Swen Schäfer: Natürlich, aber daran orientieren wir uns nicht. Wir merken
uns eher Positives, wenn jemand kommt und sagt, ich habe mein Leben jetzt im
Griff. Da freut man sich. In unserem Bereich braucht man grundsätzlich
Optimismus. Ich habe einen Standardspruch: Kein Mensch ist von Grund auf
schlecht.
Wittstock will das “Bombodrom”
Wittstock — Der Wittstocker Bürgermeister Lutz Scheidemann (FDP) hat
Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) zu einer Entscheidung über
den Bombenabwurfplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide und über die Garnison in
der Stadt aufgefordert. Die Bundeswehr sei eine planbare Chance für die
Region, schreibt Scheidemann in einem offenen Brief an Struck und den
Verteidigungsausschuss. Die öffentliche Meinung sei nicht identisch mit dem
Protest der Gegner.
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