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Gentechnik-Gegner wollen Felder zerstören

Min­is­ter erbost: Tief­punkt der Auseinandersetzung

Pots­dam (dpa) • Agrar- und Umwelt­min­is­ter Diet­mar Woid­ke (SPD) hat eine für Ende Juli angekündigte Zer­störung eines Feldes mit Gen­mais als Tief­punkt der Auseinan­der­set­zung um die Agro-Gen­tech­nik gew­ertet. “Wer meint, es gebe für diese Aktion eine Recht­fer­ti­gung aus ange­blich höheren Motiv­en oder wie auch immer begrün­de­ter Ein­stel­lung gegen die Gen­tech­nik in der Land­wirtschaft, liegt falsch”, sagte der Min­is­ter gestern.

Gen­tech­nikgeg­n­er, die sich an der Aktion beteili­gen, stell­ten sich selb­st ins Abseits, sagte der Min­is­ter. Im Land werde die Ein­rich­tung gen­tech­nikfreier Regio­nen unter­stützt. “Ander­er­seits wollen und müssen wir auch die Grund­la­gen für eine Koex­is­tenz mit den Nutzern der Gen­tech­nik schaf­fen”, erläuterte Woid­ke. Voraus­set­zung sei die Selb­st­bes­tim­mung und Frei­willigkeit der Land­wirte. Die Zer­störung von Anbau­flächen als “Öffentlichkeit­sar­beit” zu deklar­i­eren, lässt laut Woid­ke Zweifel am Demokratiev­er­ständ­nis der Ini­tia­toren aufkommen.

Eine Ini­tia­tive “Gen­dreck weg” hat die Zer­störung eines Feldes mit gen­tech­nisch verän­derten Mais in der Nähe von Straus­berg angekündigt.

Berlin­er Zeitung:

Die angekündigte Zerstörung

Bun­desweit erst­mals kündi­gen Geg­n­er gen­ma­nip­uliert­er Pflanzen eine “Feld­be­freiung” Wochen vorher an

HOHENSTEIN. Das Mais­feld von Jörg Piprek sieht aus wie jedes andere. Und doch sorgt es bun­desweit für erhe­bliche Aufre­gung. Die Pflanzen ste­hen auf dem 50 Hek­tar großen Ack­er etwa einen Meter hoch. Alles scheint ganz nor­mal. Doch dieses Stückchen Land in Ost­bran­den­burg soll am 30. und 31. Juli zum Schau­platz eines Stel­lvertreterkrieges wer­den. Gegenüber ste­hen sich Bauern, die gen­verän­derten Mais anpflanzen, und ihre radikalen Geg­n­er. Die pla­nen dies­mal keine der üblichen Nacht-und-Nebel-Aktio­nen, son­dern die erste angekündigte Zer­störung eines Genmaisfeldes.

Pro­voka­teur ist immer der andere

Wir wollen in der Nähe des Feldes ein gen­freies Woch­enende ver­brin­gen”, sagt Imk­er­meis­ter Jür­gen Binder aus Rot­ten­burg bei Tübin­gen. Binders Ini­tia­tive “Gen­dreck weg” ver­ste­ht sich als bun­desweite Koor­dinierungsstelle des Protestes der Gen-Geg­n­er. Die haben sich für die Aktion “Frei­willige Feld­be­freiung” bewusst das Feld in Bran­den­burg aus­ge­sucht. “Es ist bun­desweit das einzige direkt an einem Natur­park”, sagt Binder und spricht von ein­er “dreis­ten Pro­voka­tion”. Das Aufk­lärungswoch­enende mit Gottes­di­enst soll sog­ar polizeilich angemeldet wer­den. “Wenn die Ver­anstal­tung am Son­ntag been­det ist, kann sich jed­er pri­vat an der nach­fol­gen­den Aktion beteili­gen — am Betreten des Feldes und dem Raus­reißen der Genpflanzen”, sagt er. Die Aktivis­ten sehen sich als Vorkämpfer, denn in Umfra­gen lehnen 70 Prozent der Deutschen gen­verän­derte Pflanzen ab. “Wir sind keine Chaoten, son­dern ver­ant­wor­tungsvolle Bürg­er. Deshalb kündi­gen wir die Aktion auch an”, sagt er. Er rech­net mit bis zu 1 000 Teilnehmern.

Land­wirt Piprek find­et die Ankündi­gung unver­ständlich. “Die wollen nur Chaos und die mil­i­tante Aktion”, sagt er. “Die pla­nen ihren Protest, ohne vorher mit mir zu reden.” Sein Anbau werde vom Biol­o­gis­chen Bun­de­samt wis­senschaftlich begleit­et. Die Fach­leute wer­den die Insek­ten im Mais zählen. Denn deshalb hat sich der 44-Jährige für den gen­verän­derten Mais entsch­ieden: Der gilt als resisten­ter gegen Insek­ten. “Ich will keine Insek­tizide ein­set­zen, obwohl ich es auch hier am Natur­park dürfte”, sagt er. Etwa 90 Euro kostet ihn die nor­male Mais­saat pro Hek­tar. Dazu kom­men 40 Euro für Insek­tengift. Der Gen-Mais kostet nur 113 Euro. Die Ernte ist als Fut­ter­mais gedacht. “Sollte es den Leuten gelin­gen, das gesamte Feld zu zer­stören, läge der Schaden bei 50 000 Euro”, sagt Piprek. Er hofft auf mas­siv­en Polizeischutz.

Polizeis­precherin Bran­ka Agotz sagt: “Wir haben die Auf­gabe, das Eigen­tum des Bauern zu schützen, genau­so wie die Ver­anstal­tung der Geg­n­er, wenn die erlaubt wird.”

Im Bran­den­burg­er Agrarmin­is­teri­um ist der Ärg­er über die geplante Feldz­er­störung groß. “Sie stellt eine neue Qual­ität und einen Tief­punkt in der Auseinan­der­set­zung dar”, sagt Peter Rudolf, der extra für dieses The­ma einge­set­zte “Koex­is­tenz-Beauf­tragte”. Schon der Begriff frei­willige Feld­be­freiung sei heuch­lerisch, denn die Aktivis­ten wollen gegen die Lebens­grund­lage des Land­wirts vorge­hen. “Das ist krim­inell und eine Pro­voka­tion des Rechtsstaates”, sagt Rudolph. Mit der sel­ben Begrün­dung kön­nten auch Felder zer­stört wer­den, auf denen chemis­che Pflanzen­schutzmit­tel einge­set­zt wer­den. “Der Land­wirt macht etwas, das ihm das Gesetz erlaubt”, sagt er. Die Geg­n­er müssten den poli­tis­chen Stre­it suchen.

Udo Fol­gert, Chef des Bauern­ver­ban­des, fordert eine poli­tis­che Regelung, die ein Nebeneinan­der erlaubt von kon­ven­tioneller und ökol­o­gis­ch­er Land­wirten und von Bauern, die Genpflanzen als Zukun­ft­stech­nolo­gie nutzen wollen.

Umweltver­bände wie der BUND lehnen Feldz­er­störun­gen ab. “Wir wollen keine Gewalt, wir disku­tieren mit Bauern, damit sie ihre Felder nicht mit Gen­mais bestellen”, sagt Nora Mannhardt. Immer­hin hätte so die Hälfte der Bauern ihren Plan aufgeben, in Bran­den­burg Gen­mais anzubauen.

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Weg mit dem Dreck

Bürg­erini­tia­tive mobil­isiert gegen die »Nor­mal­ität« des Anbaus von gen­tech­nisch manip­ulierten Pflanzen. Feld nahe Berlin soll »gezielt zer­stört« werden

Jür­gen Binder will unver­fälscht­en, reinen Honig pro­duzieren. Sein Beruf­sethos als Imk­er lasse gar nichts anderes zu, sagt er. Doch er ist nicht sich­er, ob er diesen Anspruch über­haupt noch erfüllen kann. Wenn Anfang Juni »in der Flur son­st fast nichts mehr blüht«, suchen die Bienen Mais­felder auf. Nicht um Nek­tar zu sam­mel, son­dern sie bedi­enen sich dort am üppi­gen Pol­lenange­bot. Mais­pollen, so Binder, sei ein begehrter Eiweißspender für den Bienen­nach­wuchs und werde für die Über­win­terung im Bienen­stock ein­ge­lagert. Doch Mais ist nicht mehr gle­ich Mais.

Risiko durch Genmais

Im Mai haben nach Angaben von Umweltak­tivis­ten Bauern aus sechs Bun­deslän­dern Saatgut in die Erde gebracht, das insek­ten­re­sistente Maispflanzen ver­spricht. Diese Resistenz ist Resul­tat ein­er gen­tech­nis­chen Verän­derung, ein­er Manip­u­la­tion am Erbgut der Pflanze. Das mache aus sim­plen Maispflanzen biol­o­gis­che Zeit­bomben, sagen Umweltschützer.

Keineswegs, hal­ten die Befür­worter dage­gen. Die Pflanzen seien sta­bil­er, Ver­luste durch Schädlings­be­fall nahezu aus­geschlossen und das finanzielle Risiko der Bauern dadurch reduziert. Neg­a­tive Auswirkun­gen gen­tech­nisch verän­dert­er Pflanzen auf Natur und Men­sch seien trotz inten­siv­er Forschun­gen nicht bekan­nt. Nicht zulet­zt die Zulas­sung solchen Saatguts durch zahlre­iche nationale Regierun­gen und Par­la­mente spräche für sich. Mitte März ver­ab­schiedete der Bun­destag den zweit­en Teil des deutschen Gen­tech­nikge­set­zes. Seit­dem ist der Anbau höch­stof­fiziell sank­tion­iert. Das soll auch bedeuten, es beste­ht keine Gefahr für die Allgemeinheit.

Imk­er Binder ist da ander­er Mei­n­ung: »Hier wird etwas in Gang geset­zt, das nicht rück­gängig gemacht wer­den kann.« Deshalb hat sich Binder mit Gle­ich­gesin­nten zusam­menge­tan und will etwas gegen die ver­meintliche Nor­mal­ität des Anbaus gen­ma­nip­uliert­er Pflanzen tun. Es sind keine Glauben­skrieger, die sich für die Aktion »Gen­dreck weg« zusam­menge­tan haben, keine eso­ter­ischen Gefühlsumweltschützer, son­dern Leute vom Fach. Wie etwa Michael Grolm.

Der Agrarin­ge­nieur, wie Binder eng mit der Land­wirtschaft ver­bun­den, hofft: »Couragiertes Ein­schre­it­en kann das Blatt noch wen­den.« Nach seinen Erken­nt­nis­sen sei nicht nur die über­große Mehrzahl der Kon­sumenten gegen Gen­tech­nik. Auch ein Großteil der Land­wirte ste­he der Kul­tivierung gen­ma­nip­uliert­er Pflanzen ablehnend gegenüber. Doch für Grolm ist es keine Beruhi­gung, daß nur etwa die Hälfte der dafür vorge­se­henen Fläche in Deutsch­land tat­säch­lich entsprechend genutzt werde. Deshalb wurde er als ein­er der Erstun­terze­ich­n­er in der Kam­pagne aktiv. »Wir wollen erre­ichen, daß die Abkehr von der Gen­tech­nik und not­falls auch die aktive Gegen­wehr zum guten Ton gehören«, so Grolm.

Tag der Befreiung

Ein Sig­nal dafür soll eine »frei­willige Feld­be­freiung« sein. Zu den Flächen, die mit Gen­mais kul­tiviert wur­den, zäh­le eine im Natur­park Märkische Schweiz nahe Berlin. Am 30. und 31. Juli wollen einige hun­dert Geg­n­er der Gen­tech­nik die Öffentlichkeit vor Ort auf die Gefahren dieser Meth­ode aufmerk­sam machen. In aller öffentlichkeit wollen Grolm, Binder und ihre Mit­stre­it­er ein mit Gen­mais beplanztes Feld unbrauch­bar machen.

Auf diesem Feld wachse der gen­tech­nisch verän­derte Mais Mon 810. Dieser Mais wird vom Welt­mark­t­führer, dem US-Nahrungsmit­telkonz­ern Mon­san­to ange­boten. Der hat inzwis­chen bere­its die halbe Welt mit seinem Gen­ma­nip­ulierten Saatgut ver­sorgt. Beson­ders in den USA und zahlre­ichen Entwick­lungslän­dern wird Gen­mais seit ger­aumer Zeit ange­baut. Das müsse – und könne – in Deutsch­land ver­hin­dert wer­den, so die Ini­tia­toren von »Gen­dreck weg«. Indem man die Felder verwüstet?

Ihre »Feld­be­freiung« sei kein »Akt willkür­lich­er Aggres­sion« betont Grolm. Polizei und Presse wür­den offiziell zur Beobach­tung ein­ge­laden, der betrof­fene Land­wirt für den Ern­teaus­fall sym­bol­isch entschädigt. »Wir wollen mit unser­er Aktion nicht das schwäch­ste Glied in der Agrar­kette attack­ieren«, sagt Jür­gen Binder. Doch stelle man sich vor­sicht­shal­ber darauf ein, not­falls auch von der Polizei in Gewahrsam genom­men zu wer­den. Binder kämpferisch: »Wir wollen in aller Kon­se­quenz deut­lich machen, daß die Bürg­er in Deutsch­land sich die Gen­tech­nik nicht bieten lassen.«

* www.gendreck-weg.de

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Antitotalitäres Potsdam

(peter son­ntag, Jun­gle World) Die Recht­en sahen die bei­den aus ein­er fahren­den Straßen­bahn her­aus, zogen die Not­bremse, stiegen aus und gin­gen auf sie los. »Scheißzecke, ich mach dich alle«, soll ein­er nach Angaben der Polizei gebrüllt haben. Dann began­nen sie, die bei­den mit Flaschen zu schla­gen und dem bere­its am Boden Liegen­den gegen den Kopf zu treten. Sie prügel­ten die bei­den kranken­haus­reif. 15 Neon­azis waren in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli in Pots­dam an diesem Angriff beteiligt. 

Eines der Opfer habe eine Schnittver­let­zung am Kinn erlit­ten, das zweite habe mehrere Tage wegen eines Schädel-Hirn-Trau­mas sta­tionär im Kranken­haus behan­delt wer­den müssen, teilte die AG Antifaschis­mus der Uni­ver­sität Pots­dam mit. Der Vor­fall ereignete sich mit­ten in der Innen­stadt. Einige der mut­maßlichen Täter kon­nten kurze Zeit später festgenom­men wer­den. Gegen fünf Per­so­n­en ergin­gen Haft­be­fehle wegen »gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung«, die vom Amts­gericht zunächst gegen Aufla­gen außer Vol­lzug geset­zt wur­den. Die Staat­san­waltschaft Pots­dam legte dage­gen Beschw­erde ein, da bei einem der Täter Wieder­hol­ungs­ge­fahr bestehe. 

Gegen vier Linke hinge­gen, die zwei Wochen zuvor einen jun­gen Neon­azi zusam­mengeschla­gen haben sollen, ergin­gen Haft­be­fehle wegen »ver­sucht­en Mordes«. Der Recht­sex­treme erlitt eine Platzwunde am Kopf und Schür­fwun­den. Eine Frau sitzt seit­dem in Unter­suchung­shaft. Der Haft­be­fehl sei in ihrem Fall voll­streckt wor­den, weil sie nicht mehr dem Jugend­strafrecht unter­liege. Sie wurde zudem ange­hal­ten, eine Aus­sage zu machen, was sie jedoch ver­weigerte. Daraufhin seien die Ver­hand­lun­gen über eine mögliche Aus­set­zung des Haft­be­fehls sofort been­det wor­den, behauptet die Rote Hil­fe Pots­dam, die die Beschuldigten unter­stützt. Zwei weit­ere Haft­be­fehle seien gegen Kau­tio­nen von 10 000 bzw. 60 000 Euro und Meldeau­fla­gen aus­ge­set­zt wor­den. Die vierte Per­son wurde wegen Min­der­jährigkeit wieder nach Hause geschickt. Am Don­ner­stag voriger Woche wurde ein weit­er­er Mann dem Haftrichter vorge­führt und kam in Untersuchungshaft. 

Sven Lin­de­mann, der Anwalt eines Beschuldigten, sagt: »Der zuständi­ge Staat­san­walt hat in der Ver­gan­gen­heit in Fällen, in denen ähn­liche Schlag­w­erkzeuge ver­wen­det wor­den sein sollen und teil­weise schlim­mere Ver­let­zun­gen die Folge waren, Ankla­gen gegen Neon­azis erhoben, die nur auf ›gefährliche Kör­per­ver­let­zung‹ lauteten.« Es gebe »keinen juris­tis­chen Grund für die Härte der Anklage. Das ist reines Krim­i­nal­isierungs- und Ver­fol­gungsin­ter­esse gegen junge Antifas.«

Die Post­damer Neuesten Nachricht­en kom­men­tierten: »Warum bei den einen so und bei den anderen so? Es kann doch nicht ange­hen, dass es in Pots­dam vom Dienst haben­den Richter abhängt, unter welchem Tatvor­wurf ermit­telt wird.« 

Die Entschei­dun­gen der Richter haben für eini­gen Unmut in Pots­dam gesorgt. Jann Jakobs (SPD), der Ober­bürg­er­meis­ter der Stadt, sagte: »Es darf nicht der Ein­druck entste­hen, dass Straftat­en von recht­en und linken Jugendlichen mit zweier­lei Maß beurteilt wer­den.« Es sei nicht nachvol­lziehbar, dass die Haft­be­fehle gegen die bekan­nten Neon­azis außer Vol­lzug geset­zt wur­den. Die Staat­san­waltschaft ermit­telt mit­tler­weile wegen »ver­sucht­en Mordes« gegen sie, das Gericht geht weit­er­hin von »gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung« aus. 

Die Sit­u­a­tion in Pots­dam hat sich seit dem Gerichtsver­fahren gegen zwei Neon­azis, die an einem Über­fall auf ein linkes Wohn­pro­jekt an Sil­vester 2002 beteiligt waren und mit­tler­weile zu Haft- bzw. Bewährungsstrafen verurteilt wur­den, ver­schärft. Während der Ver­hand­lung hät­ten Neon­azis im Gerichtssaal die »Hoheit« gehabt, sagt Frauke Pos­tel vom Mobilen Beratung­steam Bran­den­burg. Offen­bar ver­sucht­en sie, mit ihrem Auftreten Zeu­gen einzuschüchtern. 

Die Pots­damer Neon­azis treten mit Unter­stützung von Mit­gliedern der Berlin­er Kam­er­ad­schaften Tor und Berlin­er Alter­na­tive Südost (Baso), die im März dieses Jahres ver­boten wur­den, aggres­siv in der Stadt auf. Antifas sagten der Jun­gle World: »In den let­zten Jahren war es kaum notwendig, Aktio­nen zu machen. Die Nazis waren isoliert, und die Innen­stadt war alter­na­tiv. Erst seit­dem die Baso und KS Tor in Pots­dam aktiv sind, knallt es.« 

Bürg­er­meis­ter Jakobs sagte den Pots­damer Neuesten Nachricht­en am Fre­itag, Pots­dam sei zum »Aktions­feld von recht­en Grup­pen« gewor­den. »Ich fürchte, hier ist eine Sit­u­a­tion ent­standen, die offen­sichtlich unter­schätzt wor­den ist.« 

Die Pots­damer CDU set­zt der­weil rechte und linke Gewalt gle­ich. So vertei­digte Sask­ia Funck, die Par­la­men­tarische Geschäfts­führerin der Land­tags­frak­tion der CDU, die Pots­damer Jus­tiz: »Unsere Jus­tizbe­hör­den dür­fen nicht falschen und unge­höri­gen Angrif­f­en aus­ge­set­zt wer­den.« Die Gerichte »leis­ten zurzeit Großar­tiges bei der Aufk­lärung poli­tisch motiviert­er Gewalt­straftat­en zwis­chen Pots­damer Rechts- und Link­sex­trem­is­ten«. Jakobs werde sein­er Rolle als Ober­bürg­er­meis­ter nicht gerecht, wenn er der Jus­tiz unter­stelle, die bei­den Täter­m­i­lieus »ange­blich mit zweier­lei Maß« zu beurteilen. Sven Petke, der Innen­poli­tis­che Sprech­er der CDU, nen­nt die Kri­tik ger­adezu »unver­ant­wortlich« und spricht den Sicher­heits­be­hör­den sein »volles Ver­trauen« aus. Zuvor warnte er die SPD in ein­er Pressemit­teilung davor, »den anti­to­tal­itären Grund­kon­sens zu ver­lassen«. Er spricht vor ein­er »Spi­rale der Gewalt« zwis­chen Linken und Rechten. 

In den ver­gan­genen zwei Monat­en ist es nach ein­er Chronik des Antifa-Archivs in Pots­dam zu 13 Über­grif­f­en von Neon­azis auf Linke gekom­men, die von Pöbeleien bis hin zu tätlichen Angrif­f­en reicht­en. Die AG Antifaschis­mus erläutert: »Dieser ganzen Kette von Gewalt­tat­en gegenüber ste­ht ein einziger Über­griff von linken Jugendlichen auf einen ein­schlägig vorbe­straften Rechtsextremen.« 

Die Polizei hat inzwis­chen ihre Präsenz in der Stadt erhöht. 30 zusät­zliche, zum Teil verdeckt arbei­t­ende Polizis­ten sind nach Angaben eines Polizeis­prech­ers im Ein­satz. Zudem wurde eine elfköp­fige Ermit­tlungs­gruppe »Pots­dam« gegründet. 

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Kreise und Land streiten um Asylkosten

Pots­dam (MOZ) Die Land­kreise fordern eine Neuregelung der Kosten­verteilung für Asyl­be­wer­ber und geduldete Aus­län­der. Das Land lehnt eine län­gere Zahlung ab. Die stets ver­sproch­ene Ver­fahrens­beschle­u­ni­gung hat bis­lang nicht grundle­gende Verän­derun­gen gezeitigt. 

“Wir haben Recht behal­ten”, sagt Paul-Peter Humpert, Geschäfts­führer des bran­den­bur­gis­chen Land­kreistages. Als 1998 das Lan­desauf­nah­mege­setz ver­ab­schiedet wurde, sind die Kreise bere­its Sturm dage­gen gelaufen. Es sieht vor, dass das Land die Kosten für Asyl­be­wer­ber für einen Zeitraum von vier Jahren übern­immt. Danach müssen die Kreise beziehungsweise kre­is­freien Städte ein­sprin­gen. Vier Jahre — so damals die Argu­men­ta­tion des Lan­des, werde das Groß der Ver­fahren abgeschlossen sein — kein Prob­lem also für die Lan­dräte und ihre Verwaltungen. 

In dieser Woche machte der Lan­drat von Märkisch-Oder­land, Jür­gen Reink­ing (SPD), darauf aufmerk­sam, dass es eben doch so gekom­men ist, wie die Kom­munen befürchteten. Obwohl sich die Zahl der Asyl­be­wer­ber in den ver­gan­genen Jahren ver­ringert hat, nimmt gle­ichzeit­ig die Zahl der­jeni­gen zu, die länger als vier Jahre hier leben. 

In Märkisch-Oder­land ist es fast die Hälfte der 420 Asyl­suchen­den. Auch die Aus­län­der­beauf­tragte Almuth Berg­er geht davon aus, dass im Land die Hälfte der 6000 Asyl­be­wer­ber inzwis­chen zu den “Alt”-Fällen gehört. Reink­ing rech­net damit, dass die entsprechen­den Kosten für seinen Kreis sich von 700000 im ver­gan­genen Jahr auf 1,2 Mil­lio­nen Euro in diesem Jahr erhöhen. 

Humpert ver­weist darauf, dass die Kreise keinen Ein­fluss auf die Aufen­thalts­dauer haben. Das Jus­tizmin­is­teri­um erk­lärt, dass in den 90er Jahren zunächst Investi­tions­fra­gen im Vorder­grund standen, jet­zt werde aber mit Hochdruck an den Asylver­fahren gear­beit­et. Außer­dem hät­ten die Kreise eine Aktie daran, dass nach abschlägi­gen Abschluss der Asylver­fahren noch ein­mal 35 Monate im Durch­schnitt verge­hen, bis die Betrof­fe­nen aus­gereist beziehungsweise abgeschoben sind. 

Aus dem zuständi­gen Sozialmin­is­teri­um hieß es am Dien­stag, dass der Zeitraum von vier Jahren nicht ver­längert wird. Mit dieser Begren­zung sollen die Kreise statt dessen motiviert wer­den die Abschiebungsver­fahren zu beschle­u­ni­gen oder einen anderen Aufen­thaltssta­tus auszus­prechen. Für bei­des seien die kom­mu­nalen Aus­län­der­be­hör­den zuständig. 

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Nach rechtem Gegröle im Polizeigewahrsam

(MAZ vom 12.07.05) Ins­ge­samt sechs Per­so­n­en nahm die Polizei am Mon­tagabend im Schlaatz in Gewahrsam. Bei den Alko­holisierten han­delte es sich um vier Män­ner (20; 33; 34; 35) und einen männlichen Jugendlichen (14) aus Pots­dam sowie eine 19-Jährige aus dem Land­kreis Ober­hav­el. Die männlichen Per­so­n­en sind der Polizei bere­its aus Ermit­tlun­gen zu ver­schiede­nen Delik­ten, darunter ein­schlägig, bekannt. 

Anwohn­er hat­ten gegen 23 Uhr im Schil­fhof das Gegröle von Fußball-Fan­liedern und aus­län­der­feindlichen Parolen gehört und die Polizei gerufen. Vor Ort bestätigte sich der Sachver­halt. Es wur­den Blut­proben ange­ord­net und Anzeige wegen des Ver­dachts der Volksver­het­zung aufgenom­men. Durch die sofort aufgenomme­nen Ermit­tlun­gen, die derzeit noch andauern, wur­den zwei der männlichen Per­so­n­en aus der Gruppe als Hauptbeschuldigte bekan­nt. Nach Beendi­gung der polizeilichen Maß­nah­men wur­den alle Per­so­n­en entlassen. 

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Schule beschmiert

(MAZ vom 12.07.05) Unbekan­nte Täter beschädigten in der Nacht zum Dien­stag die Fas­sade ein­er Schule in der Wald­stadt II. Das meldete eine Mitar­bei­t­erin der betrof­fe­nen Fontane-Schule am Dien­stag­mor­gen kurz vor 8 Uhr bei der Polizei. Die Täter hat­ten ein Hak­enkreuz und mehrere meter­große Schriftzüge in schwarz­er Farbe an die Ein­gangs­fas­sade geschmiert. 

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Rechte Parolen gegrölt

(MAZ vom 12.07.05) Am Mon­tagabend gegen 20.30 Uhr hörte eine Frau eine Gruppe Jugendlich­er Am Kleist­park in Frank­furt (Oder) herum­brüllen. Unter anderem hörte sie auch “Heil Hilter”- Rufe. Die Frau informierte die Polizei, eine Streife fuhr sofort zu dem angegebe­nen Ort. Dort hiel­ten sich vier Jun­gendliche (zwis­chen 17 und 24 Jahren) auf. Die vier gehören offen­sichtlich nicht zur recht­en Szene, ein­er von ihnen ist jedoch polizeilich bekan­nt. Die Beamten erteil­ten Platzver­weise und stell­ten Strafanzeige gegen die Jugendlichen, die Ermit­tlun­gen dauern noch an.

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Rechtlich fraglich

RATHENOW Nach der bere­its erfol­gten Ver­schär­fung des Bußgeld­kat­a­loges will die Stadt Rathenow jet­zt auch mit Videotech­nik gegen die Graf­fi­ti-Schmier­er vorge­hen. Wie Rathenows Press­esprech­er Jörg Ziete­mann bestätigte, erwäge die Stadtver­wal­tung aus­gewählte Objek­te per Video überwachen zu lassen. Bürg­er­meis­ter Ronald Seeger (CDU) habe bere­its eine Anfrage an das Bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­teri­um gerichtet, ob das Vorhaben von dort unter­stützt wer­den könnte. 

Aus­lös­er für Seegers Vorstoß waren die Schmier­ereien an der Laga-Müh­le. Unbekan­nte hat­ten dort vor weni­gen Wochen mehrere Quadrat­meter der frisch gere­inigten Fas­sade besprüht. Erwogen wird Ziete­mann zufolge die Videoüberwachung aber nicht nur für die Laga-Müh­le, son­dern auch für den Bis­mar­ck­turm auf dem Wein­berg und für das neue Sport­funk­tion­s­ge­bäude am Rathenow­er Schwe­den­damm. Während der finanzielle und logis­tis­che Aufwand beherrschbar sein dürfte, scheint allerd­ings fraglich, ob die Videoüberwachung über­haupt zuläs­sig ist. Ziete­mann räumte ein, dass es sich aus Daten­schutz­grün­den um ein “heik­les The­ma” han­dle. Im Kern gehe es um schützenswerte Inter­essen unbeteiligter Per­so­n­en und um das Recht am eige­nen Bild. Denn anders als bei Videoüberwachung in Waren­häusern oder Banken, würde bei ein­er Außenüberwachung der Müh­le öffentlich­er Raum überwacht. Rechtliche Grund­lage für eine Überwachung sei neben dem Bun­des­daten­schutzge­setz das Bran­den­bur­gis­che Daten­schutzge­setz. Vom Grund­satz her dürften laut Ziete­mann im Land Bran­den­burg “öffentliche Stellen mit optisch-elek­tro­n­is­chen Ein­rich­tun­gen öffentlich zugängliche Räume überwachen”. Ein entsprechen­des Pilot­pro­jekt läuft derzeit im Land Bran­den­burg, ist aber vom Land­tag auf fünf Jahre begren­zt wor­den. In dem Pro­jekt wer­den in Pots­dam, Bernau und Erkn­er öffentliche Plätze videoüberwacht. Auch Rathenow ist mit der Ende 2001 im Betrieb gegan­genen Videoüberwachung ein­er Großdis­co an der Berlin­er Straße an dem Pilot­pro­jekt beteiligt, das bis Ende 2006 läuft. Ziel ist es, durch den Ein­satz der Videoüberwachung Krim­i­nal­ität zurück­zu­drän­gen und schwere Straftat­en zu ver­hin­dern. Nach Ende des Pilot­pro­jek­tes wird die Videoüberwachung erneut den Land­tag beschäftigen. 

Ein Hin­weis darauf, dass möglicher­weise eine erweit­erte Videoüberwachung im öffentlichen Räu­men schwierig wird, ergibt sich aus Aus­sagen der früheren Polizeis­chutzbere­ich­slei­t­erin Silke Sielaff. Zur Hal­bzeit des Pilot­pro­jek­tes hat­te die Beamtin darauf hingewiesen, dass es sich bei den überwacht­en öffentlichen Räu­men um Bere­iche han­dle, in denen Straftat­en stattge­fun­den haben. Als Beispiele nan­nte sie Kör­per­ver­let­zun­gen, Dieb­stäh­le oder Dro­gen­de­lik­te. Wie Sielaff damals weit­er erläuterte, sei eine Häu­fung von Ord­nungswidrigkeit­en allein nicht aus­re­ichend für eine polizeiliche Videoüberwachung. 

Hil­fre­ich kön­nte allerd­ings für das Rathenow­er Vorhaben sein, dass ein Gesetz zur Graf­fi­ti-Bekämp­fung in der let­zten Woche den Bun­desrat passiert hat. Sprayer macht­en sich bis­lang nur straf­bar, wenn Gegen­stände durch das Sprayen beschädigt oder zer­stört wur­den. Da dies in aller Regel aber nicht der Fall ist, han­delte es sich auch bei den Schmier­ereien am Bis­mar­ck­turm und an der Laga-Müh­le nicht um eine Straftat, son­dern um eine Ord­nungswidrigkeit. Die Neuregelung geht jet­zt davon aus, dass schon das Auf­tra­gen der Farbe eine Sachbeschädi­gung darstellt. 

Sollte der Ein­satz von Videoüberwachung rechtlich zuläs­sig sein, werde die Stadtver­wal­tung dies aber nicht allein entschei­den. Die Stadtverord­neten wür­den in den Entschei­dung­sprozess mit einge­bun­den, ver­sicherte Ziete­mann abschließend.

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Das Buch der guten Taten

(HILTRUD MÜLLER, MAZ) FALKENSEE Da liegt es, groß und rot, doch rote Büch­er sind nicht mehr gefragt. Es ist das Ehren­buch der Stadt Falkensee. Ehren­büch­er sind offen­bar aus der Mode gekom­men. Gabriele Hel­big, die Chefin des Heimat­mu­se­ums, hütet es den­noch sorgsam. Denn es ist ein Stück Zeit­geschichte, und die muss doku­men­tiert wer­den. Auch wenn nur noch sel­ten jemand danach fragt. Dabei kön­nte man dur­chaus darüber reden, was heute eine zeit­gemäße und würdi­ge Form wäre, jene Men­schen zu ehren, die sich um diese Stadt ver­di­ent gemacht haben — jet­zt, wo sie wächst und wächst. 

Das Ehren­buch war 1986 angelegt wor­den, als Falkensee 25 Jahre Stadtrecht feierte und knapp 23 000 Ein­wohn­er zählte. Die Präam­bel zeugt vom Pathos jen­er Zeit: “In Würdi­gung ver­di­en­stvollen Wirkens zum Wohle und gedeih­lichen Nutzen unser­er sozial­is­tis­chen Garten­stadt”, ste­ht da zu lesen, “sprechen Stadtverord­neten­ver­samm­lung und Rat der Stadt ver­di­en­stvollen Bürg­ern Dank und Anerken­nung aus.” Einge­tra­gen haben sich in jenen drei Jahren bis zur Implo­sion der DDR 127 Frauen und Män­ner. Es waren keineswegs nur Falkenseer und es waren auch nicht nur Partei- und Staats­funk­tionäre. So bunt wie das Leben, so viel­far­big auch das Spek­trum der Geehrten: Schulleit­er und Lehrer, Inge­nieur und Kranken­schwest­er, Bäck­er­meis­ter und Standes­beamtin, LPG-Bauer und Feuer­wehrmann… Unter den Aus­geze­ich­neten fand sich zum Beispiel auch der Chor­leit­er Eber­hard Adelt, der Betrieb­s­di­rek­tor Klaus Wruck oder der Oberin­ge­nieur Mar­tin Baumert, welch­er für mas­sive Buswarte­hallen gesorgt hat­te — kosten­los, ver­ste­ht sich. Oder der unge­niert säch­sel­nde Enter­tain­er Man­fred Uhlig, der stel­lvertre­tend für das Team der Sendung “Alte Liebe ros­tet nicht” geehrt wurde, — eine Rund­funk-Live-Sendung von Radio DDR, deren 230. Folge am 23. Novem­ber 1984 aus der Falkenseer Stadthalle über­tra­gen wor­den war und an die man sich gerne erinnerte. 

Das Ehren­buch erhält auch Ein­träge in pol­nis­chen und franzö­sis­chen Schriftzü­gen, als Über­lebende der Außen­lager Dora und Falkensee des Konzen­tra­tionslagers Sach­sen­hausen in den späten achtziger Jahren noch ein­mal in das Land ihrer Qual zurück­gekehrt waren. 

Die Hiesi­gen tru­gen sich, wie unro­man­tisch, mit Per­so­n­enkenn­zahl und Unter­schrift ein und erhiel­ten dafür eine würdi­ge Urkunde. Im Jahre 1989, als das poli­tis­che Sys­tem schon schw­er im Koma lag, ver­merkt die Chronik, dass einige der Geehrten die Annahme der Urkunde ver­weigert hät­ten, unter ihnen Hel­ga Rieck­mann, die für die Aktion “Ret­tet die Kinder” von 1945/46 geehrt wer­den sollte und die sich um die Ein­rich­tung des Gemein­dekinder­gartens Finkenkrug ver­di­ent gemacht hat­te. Im Som­mer 1989 enden die Ein­träge. Die Ver­di­en­ste des werk­täti­gen Volkes ver­schwan­den in der Versenkung und damit auch das Wis­sen um den einzi­gen Ehren­bürg­er der Stadt Falkensee, den Kom­mu­nis­ten Karl Pioch. Der lebte als Kind in Seege­feld, absolvierte in Falkensee seine Mau­r­erlehre und schloss sich in jen­er Zeit der kom­mu­nis­tis­chen Jugend­be­we­gung an. Später kämpfte Pioch in der XI. Inter­na­tionalen Brigade im spanis­chen Bürg­erkrieg. Das Kriegsende erlebte er als KZ-Häftling in Sach­sen­hausen. In seinem Buch “Nie im Abseits” über­liefert er viele Details über das Leben vor und nach dem let­zten Krieg in Falkensee, Berlin und dem Osthavelland. 

Glaubt man dem “Havel­ländis­chen Echo” vom 21. April 1933, dann hat­te die Stadt Falkensee nicht nur diesem einen Antifaschis­ten, son­dern schon viele Jahre früher auch zwei Erzober­faschis­ten die Ehren­bürg­er­würde zuerkan­nt. Denn damals — Hitler war ger­ade zweiein­halb Monate im Amt — beschlossen die Gemein­de­verord­neten Falkensees ein­stim­mig, Her­rn Hitler und Her­rn Goebbels zu Ehren­bürg­ern ihrer Stadt zu erheben. Allerd­ings sind amtliche Doku­mente über den Vol­lzug der Beförderung nicht mehr erhal­ten. Doch Ehren­bürg­er­rechte dürften mit dem Tod des Ehren­bürg­ers enden. Insofern kann Falkensee gän­zlich unbe­lastet die Frage disku­tieren, wie man kün­ftig jene zu würdi­gen gedenkt, die diese Stadt wesentlich geprägt haben.

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Neuruppin: Bannmeile fürs Büchsenbier

(REYK GRUNOW, MAZ) NEURUPPIN Mit der Bier­flasche auf der Park­bank — das soll in Neu­rup­pin bald unter Strafe ste­hen. Die Stadt plant ein strik­tes Alko­holver­bot auf eini­gen öffentlichen Flächen, kündigte Ord­nungs­dez­er­nent Thomas Fen­gler gestern an. Schon im Herb­st kön­nte die Anti-Alko­hol-Satzung vor­liegen. “Wir prüfen ger­ade, wie sich das umset­zen lässt.” 

Das Rathaus reagiert damit auf die betrunk­e­nen Jugendlichen, die zu Dutzen­den das Boll­w­erk belagern, Pas­san­ten belästi­gen und ran­dalieren. Bis zu 80 junge Leute tre­f­fen sich dort abends; allein in der ver­gan­genen Woche sind zwei Park­bänke zu Bruch gegan­gen — eine kostet 800 Euro. 

Ord­nungsamt, Sicher­heits­di­enst und Polizei wollen gemein­sam gegen die Ran­dalier­er vorge­hen. “Nie­mand hat etwas dage­gen, dass sich die jun­gen Leute dort tre­f­fen”, betont Baudez­er­nent Arne Krohn. Dass sie sich betrinken und ran­dalieren — “das wer­den wir an keinem Ort dulden”. 

Mit dem Alko­holver­bot will die Stadt ver­hin­dern, dass sich die Jugendlichen an einen anderen Platz verziehen und sich dort aus­to­ben. Erfahrun­gen gibt es schon: Im Früh­jahr hät­ten sich die Ran­dalier­er vor der Karl-Liebknecht-Schule ver­sam­melt, sagt Neu­rup­pins Jugen­damt­slei­t­erin Gudrun Hinze. Später waren die offe­nen Schul­höfe Tre­ff­punkt, jet­zt ist es das Bollwerk. 

Ob ein generelles Alko­holver­bot möglich ist, ste­ht aber noch gar nicht fest. In Bre­men wur­den solche Pläne vor Jahren heftig disku­tiert. Für Jörg Hut­ter von den Bre­mer Grü­nen wäre das ein Ver­stoß gegen Artikel 2 des Grundge­set­zes: ” Jed­er hat das Recht auf die freie Ent­fal­tung sein­er Per­sön­lichkeit, soweit er nicht die Rechte ander­er ver­let­zt …” Die meis­ten Orte in Deutsch­land ver­bi­eten Alko­hol auf Spielplätzen und rund­herum. Als erste Stadt in Deutsch­land hat das säch­sis­che Meer­ane 2004 Alko­hol auf eini­gen Plätzen grund­sät­zlich zum Tabu erk­lärt. Das Innen­min­is­teri­um prüft noch, ob ein solch­es Ver­bot auch in Bran­den­burg möglich wäre, der Städte- und Gemein­de­bund hält es nur für zuläs­sig, wenn Betrunk­ene Straftat­en begehen. 

Touris­ten­pärchen sollen auch weit­er bei ein­er Flasche Wein von den Stufen am Seeufer den Blick übers Wass­er genießen kön­nen, ver­sichert Dez­er­nent Fen­gler. Wie das Alko­holver­bot exakt for­muliert wer­den soll, ste­ht noch nicht fest. Das “Ver­weilen in ein­er für Dritte beein­trächti­gen­den Weise zum Zwecke des Kon­sums von Alko­hol” kostet laut Stad­tord­nung schon jet­zt bis zu 1000 Euro. 

Ruhe am Bollwerk!

Stadt, Sicher­heits­fir­ma und Polizei sollen lär­mende Jugendliche vertreiben

(REYK GRUNOW, MAZ) NEURUPPIN Die Stadt will endlich durch­greifen. Seit Wochen belagern Jugendliche all­nächtlich das Neu­rup­pin­er Boll­w­erk, betrinken sich, grölen herum, zer­schla­gen Bier­flaschen und belästi­gen Pas­san­ten. Sie feiern vom Abend bis in den frühen Mor­gen und hin­ter­lassen bergeweise Müll an allen Eck­en. Andere Besuch­er ver­mei­den es inzwis­chen, das Boll­w­erk am Abend zu besuchen: Wer hat schon Lust, sich mit betrunk­e­nen Jugendlichen anzule­gen, wenn er eigentlich nur den idyl­lis­chen Blick über den Rup­pin­er See genießen will? Selb­st Ver­mi­eter beschw­eren sich inzwis­chen im Rathaus. Jet­zt will die Stadtver­wal­tung lär­mende Jugendliche vertreiben. 

Am späten Fre­itagabend waren Mitar­beit­er des Ord­nungsamtes und ein­er pri­vat­en Sicher­heits­fir­ma schon ein­mal am Boll­w­erk. Rund 60 Jugendliche waren eben­falls dort. “Wir haben angekündigt, dass es solche Kon­trollen jet­zt regelmäßig geben wird”, sagt Bürg­er­meis­ter Jens-Peter Golde. Im Zweifel sollen sich die Ord­nungskräfte die Namen der Stören­friede notieren und — wenn nichts anderes nutzt — Platzver­weise verteilen. 

Warum sich die Jugendlichen aus­gerech­net dort tre­f­fen? “Am Fre­itag haben einige gesagt, dass es ja keinen anderen Ort für Jugendliche in der Stadt gibt”, sagt Golde. “Da habe ich wirk­lich gedacht, wir müssen in dieser Rich­tung mehr tun.” Als das Ord­nungsamt am Sonnabend am Boll­w­erk unter­wegs war, saßen dort wieder 30 junge Leute und betranken sich am Schwimm­steg. Für Golde völ­lig unver­ständlich: “Da waren doch wirk­lich über­all Ver­anstal­tun­gen in der Stadt, wo man sich tre­f­fen kon­nte.” Er glaubt inzwis­chen, dass auch mehr Jugen­dan­ge­bote daran nichts ändern würden. 

Noch in dieser Woche wolle das Ord­nungsamt gemein­sam mit einem Sicher­heits­di­enst, der AG Innen­stadt und der Polizei die Kon­trollen am Boll­w­erk ausweit­en, kündigte Golde gestern an.

Inforiot