Am 06.06.2015 wollen Neonazis den „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) in Neuruppin begehen. In Hinblick auf die letzten TDDZs ist eine Anzahl von bis zu 500 Neonazis zu erwarten. Einem Aufmarsch mit derartigen Größe müssen sich Antifaschist*innen entschlossen in den Weg stellen. Daher ruft das Bündnis „NOTDDZ2015“ neben den bürgerlichen Protesten des zivilgesellschaftlichen Bündnises „Neuruppin bleibt bunt“ dazu auf den Aufmarsch zu blockieren. Damit soll verhindert werden, dass die rassistische Hetze auf die Straßen und in die Stadt Neuruppin getragen werden kann.
Die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ mobilisieren mit etlichen Flyer- und Transpiaktionen und kleineren Demonstrationen seit dem letzten TDDZ 2014 in Dresden für den Aufmarsch in Neuruppin. Das Bündnis „NOTDDZ2015“ rechnet mit vielen militanten und gewaltbereiten Neonazis. Insbesondere in Neuruppin und Umgebung sind gewaltbereite Neonazis aktiv, die nicht vor Übergriffen oder Hausangriffen zurückschrecken. Am 01. Mai dieses Jahres griffen militanten Neonazis in Saalfeld (Thüringen) eine Gegenkundgebung und eine Hausprojekt aus der Demonstration heraus an. Auch die Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland hatten sich an diesem Aufmarsch beteiligt. In der Vergangenheit sind Neonazis nach erfolgreichen antifaschistischen Blockaden oft auf andere Städte in der Umgebung ausgewichen und haben dort ohne großen Gegenprotest die Straßen für ihre menschenverachtende Propaganda genutzt, so auch in Neuruppin.
Blockaden sind das Mittel der Wahl, um den Neonazis keinen Fußbreit der Straße zu gewähren. „Es gibt kein Recht auf rechte Propaganda. Mittels erfolgreicher Blockaden können wir den Tag für uns entscheiden und den Nazis damit in die Suppe spucken. Wir sind entschlossen den sogenannten ‘Tag der deutschen Zukunft’ erstmals zu verhindern. Mut machen uns die zahlreichen Antifaschist*innen aus dem ganzen Bundesgebiet die ihr Kommen angekündigt haben.“, so eine Sprecherin des Bündnisses. Die bundesweite Solidarität mit den Neuruppiner Antifaschist*innen wird ausschlaggebend für den Erfolg am 06.06.2015 sein.
„Daher rufen wir alle Antifaschist*innen auf uns am 06.06.2015 in Neuruppin zu unterstützen. Wir sind viele!“ so weiter eine Sprecherin vom Bündnis „NOTDDZ2015“.
Neben den antifaschistischen Blockaden wird es am Tag seitens des bürgerlichen Bündnis „Neuruppin bleibt bunt“ ein Fest sowie eine Demonstration unter dem Motto „Vielfalt ist unsere Zukunft“ geben.
Jahr: 2015
An einer antirassistischen Demonstration in Neuruppin nahmen am frühen Montagabend ungefähr 120 Menschen teil. Es war bereits die fünfte Veranstaltung dieser Art und wurde dieses mal vom alternativen Jugendwohnprojekt Mittendrin organisiert. Die Demonstration führte vom Schulplatz in der Innenstadt, am Brasch- und am Fontaneplatz vorbei bis zu einem Plattenbauviertel am Rande der Stadt. In diesem Bereich Neuruppins soll am 6. Juni 2015 eine der größten Neonaziversammlungen der letzte Jahre in Brandenburg stattfinden. Zu der rassistisch motivierten Veranstaltung, die als „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) beworben wird, werden bis zu 500 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet.
Kundgebung gegen den TDDZ
Eine derartige Versammlung in der Stadt, ist jedoch weder im Interesse der Stadt Neuruppin, noch des Aktionsbündnisses „Neuruppin bleibt bunt“ und schon gar nicht der Antifa-Vernetzung „NoTDDZ 2015“. „Wir wollen dies nicht hinnehmen und rufen alle engagierten Antifaschist_innen dazu auf, gemeinsam den Neonazis entgegen zu treten und den TDDZ durch Menschenblockaden scheitern zu lassen“, so zwei Sprecher_innen der Antifa während einer Zwischenkundgebung in der Otto-Grotewohl Ecke Otto-Winzer-Straße.
In einem weiteren Redebeitrag betonte Martin Osinski von „Neuruppin bleibt bunt“, dass nicht Flüchtlinge und Asylsuchende das Problem seien, sondern „Rechtsextremisten, die einem sehr schlichten Weltbild anhängen“. Diese würden „Ängste und Unsicherheiten in der Bevölkerung“ nur „schüren“, um sie dann „für ihre Zwecke auszunutzen“. Abschließend rief Osinski ebenfalls dazu auf am 6. Juni „gegen den braunen Spuk zu protestieren“.
Eine erste Veranstaltung wird an diesem Tag ab 10.00 Uhr in der Bruno-Salvat-Straße beginnen. Von dort aus will „Neuruppin bleibt bunt“ in einem „bunten Demonstrationszug bis zum Schulplatz gehen.“ Hier ist eine weitere zivilgesellschaftliche Veranstaltung für Vielfalt und Weltoffenheit geplant.
Bekenntnis zu Vielfalt und zur Aufnahme von Migrant_innen
Die Betonung von Vielfalt war auch ein zentraler Aspekt des Jugendwohnprojektes Mittendrin, als Orga der Montagsdemonstration. Insbesondere die Stärkung junger Frauen und die Auflösung von Geschlechterrollen war ein erkennbares Leitmotiv. Der bunte und queere Block aus dem Mittendrin bildete mit seinen antirassistischen, antifaschistischen und feministischen Transparenten so dann auch die erste Reihe der Demonstration.
Weitere Banner riefen zur Solidarität mit Flüchtlingen auf. Hier bewegt sich Neuruppin immerhin in bewährter Tradition. Immer wieder wurden politisch, ethnisch oder religiös Verfolgte im Lauf der Jahrhunderte aufgenommen. Selbst Theodor Fontane, überregional bekannter Schriftsteller des 19. Jahrhunderts und einer der bedeutendsten Söhne der Stadt, hatte migrantische Wurzeln. Er war Nachfahre aus Frankreich vertriebener Hugenotten. Er taugt, laut „Neuruppin bleibt bunt“,also nicht „als Kronzeuge für rassistische Intoleranz“, wie ihn etwa die „Freien Kräfte Neuruppin /Osthavelland“ gerne sehen.
Die erste Zwischenkundgebung der Montagsdemonstration fand deshalb auf dem Fontaneplatz, vor dem Denkmal des großen Schriftstellers statt. In einem Redebeitrag wurde auch noch einmal die lange Tradition Brandenburgs als Zufluchtsstätte für Verfolgte positiv hervorgehoben.
Martin Osinski betonte fernher, dass sich niemand in der Stadt vor „Überfremdung“ fürchten müsse. „Ob nun 300 oder 500Asylsuchende und Flüchtlinge in unseren Landkreis kommen, das wird an dem verschwindend kleinen Ausländeranteil etwas ändern“, so Osinski weiter.
Fotos: hier
Wir begrüßen die Aufnahme Schutz suchender Menschen im Barnim.
Wir fordern eine solidarische und an den Bedürfnissen der Geflüchteten orientierte Aufnahme, Unterbringung und Begleitung im Landkreis Barnim.
• DEZENTRALES WOHNEN IN EIGENSTÄNDIGEN WOHNUNGEN
• KEINE UNTERBRINGUNG IN MASSENUNTERKÜNFTEN
• KEINE MASSENUNTERKUNFT IN DER KASERNE LADEBURG
• ENDGÜLTIGE SCHLIESSUNG DER MASSENUNTERKUNFT IN ALTHÜTTENDORF IM JULI 2015
• FINANZIERUNG VON PROFESSIONELLER BERATUNG UND BEGLEITUNG
Wir unterstützen die Erklärung der Barnimer Willkommensinitiativen vom 19.04.2015
Video über die Unterbringung von Flüchtlingen im Landkreis Barnim
http://youtu.be/CN9Q97ABXBU
Erklärung Barnimer Willkommensinitiativen vom 19.04.2015
Flüchtlinge Willkommen ‑Keine Massenunterkünfte im Barnim!
Wir fordern eine solidarische und an den Bedürfnissen der Flüchtlinge orientierte Aufnahme, Unterbringung und Begleitung im Landkreis Barnim.
Nach der aktuellen Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge muss das Land Brandenburg im Jahr 2015 über 9.200 Flüchtlinge aufnehmen (Stand: Februar 2015) – im Landkreis Barnim werden daher mindestens 800 Menschen aus unterschiedlichen Krisenregionen erwartet. Die Barnimer Willkommensinitiativen begrüßen die Aufnahme Schutz suchender Menschen im Barnim. Wir freuen uns, dass es dabei zunehmend praktische Unterstützung gibt: viele Menschen im Barnim sorgen für eine vielfältige Willkommenskultur. So haben sich mittlerweile in vielen Städten und Gemeinden Initiativen gebildet, die sich für die im Barnim lebenden Flüchtlinge einsetzen und untereinander austauschen.
Seit 2014 wird im gesamten Landkreis verstärkt nach Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Die Suche nach kurzatmigen Lösungen mit der Fokussierung auf Massenunterkünfte kritisieren wir und fordern ein Konzept für den Landkreis, um eine dauerhafte Integration und Perspektiven für die Zukunft zu ermöglichen. Folgende Grundvoraussetzungen sollten in den kommenden Jahren geschaffen werden und den Tenor der Flüchtlingspolitik im Barnim bestimmen:
• DEZENTRALES WOHNEN IN EIGENSTÄNDIGEN WOHNUNGEN
in Orten mit regelmäßiger Bus- und Bahnanbindung, psychologischer und juristischer Beratungsmöglichkeit, Schule, Kita, medizinischer Versorgung, Einkaufsstätten, Beschäftigungsmöglichkeiten, Begegnungsorten und Kontakt zu einheimischen Unterstützer*innen
• KEINE UNTERBRINGUNG IN MASSENUNTERKÜNFTEN
Übergangswohnheime (ÜWH) mit abgetrennten Wohneinheiten nur auf Kreis eigenen Grundstücken (nicht zur Gewinnmaximierung von Privatinvestor*innen), durch gemeinnützigen Träger oder Landkreisbetrieben, Belegungskapazität max. 50 Personen, max. 3km vom Bahnhof entfernt
• ENDGÜLTIGE SCHLIEßUNG DER MASSENUNTERKUNFT IN ALTHÜTTENDORF im Juli 2015
• FINANZIERUNG VON PROFESSIONELLER BERATUNG UND BEGLEITUNG
Die Integration von Schutzsuchenden sollte auch zukünftig in partizipativen Prozessen voran gebracht werden. In diesen Auseinandersetzungen werden wir uns für die Bedürfnisse der Flüchtlinge und deren menschenwürdige Wohn- und Betreuungssituationen auf allen Ebenen einsetzen. Wir lehnen Vorschläge von Sammelunterkünften (z.B. ehemalige Kasernen in Ladeburg und Blumberg) mit ungünstigen Rahmenbedingungen grundsätzlich ab und suchen nach zukunftsweisenden Konzepten und Modellen, die sich an sozialen Kriterien orientieren. An die Frage der Unterbringung schließen sich viele andere Fragen der Betreuung und Begleitung an. Hier kann ehrenamtliches Engagement unterstützen, aber keine qualifizierte, fachkompetente und aufsuchende Beratungersetzen. Übersetzungsleistung en
wie auch sozialarbeiterische Tätigkeiten müssen professionell geleistet und finanziell gestützt werden. Die Möglichkeiten und Perspektiven, die sich aus den Herausforderungen ergeben sind eine Chance für die gesamte
Region und sollten dementsprechend professionell gesteuert und finanziell unterlegt werden.
Unterzeichnende der Erklärung:
Achim Richter, Biesenthal
Adrian Zmelty, Eberswalde
Andrea Honsberg, Eberswalde
Anna Claßen, Biesenthal
Anna Hilfenhaus, Berlin
Anna Meier, Eberswalde
Anne Rauhut, Biesenthal
Annette Flade, Willkommensteam Groß Schönebeck
Antifaschistische Aktion Bernau
Antifaschistische Initative Eberswalde (Afie)
Armin Meyer, Niederfinow
Barnimer Kampagne „Light me Amadeu“, Eberswalde
Beate Gollnast, Biesenthal
Beatrix Spreng, Willkommensinitiative Joachimsthal
Beratungsstelle Experience, Eberswalde
Bernd Micka, Biesenthal
Bürgerforum Biesenthal, Biesenthal
Christina Tings, Eberswalde
Christoph Nieter, Eberswalde
Claudia Trouillier, Eberswalde
Clemens Schneider, Eberswalde
Daniel Hausmann, Eberswalde
Dieter Gadischke, Bernau
Dominik Berg, Stuttgart/ Berlin
Eduard Mader, Bernau
Emily C. Carrell, Berlin
Eric Wörner, Eberswalde
Felix Gähler, Eberswalde
Florian Stahl, Eberswalde
Flüchtlingsrat Brandenburg
Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen, Biesenthal
Freiraum-Initiative Eberswalde
Friedrich Birr, Eberswalde
Grit Landerbarthold, Berlin
Ina Krahl, Eberswalde
Jana Neick, Oderberg
Janko Egeling, Eberswalde
Janna Wichern, Eberswalde
Jennifer Nitzschke, Eberswalde
Jonas Torka, Eberswalde
Jonathan Rauhut, Biesenthal
Judith Bahlig, Berlin
Juliane Lang, Bernau
Juliane Steinigen, Biesenthal
Julius Becker, Berlin
Helen Münnich, Eberswalde
Helma Nastali, Berlin
Ka Huber, Brodowin
Kontakt- und Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt, Bernau
Kristian Zunke, Willkommensteam Groß Schönebeck
Kristina Sievers, Groß Schönebeck
KuBiB e.V., Cöthen
Kultur im Bahnhof e.V., Biesenthal
Lea Kluge, Eberswalde
Lena Assmann, Eberswalde
Liane Kilinc, Wandlitz
Lisa Birkigt, Eberswalde
Lisa Onnertz, Berlin
Lokale Agenda 21 Biesenthal e.V.
Lukas Theune, Berlin
Mathilde Melois, Biesenthal
Maria Lukumay, Biesenthal
Michael Ahlers, Eberswalde
Netzwerk für Weltoffenheit, Bernau
Palanca e.V., Eberswalde
Peter Harbach, Groß Schönebeck
Rainer E. Klemke, Willkommensteam Groß Schönebeck
Ria Müller, Bernau
Sabine Gohlke, Biesenthal
Seanna Dolittle, Brodowin
Silke Hoffmann, Klein Jasedow
Simone Deiringer, Berlin
Solidarität für Asylbewerber/innen (Sofa), studentische Initiative der
HNESteffen Ehlert, Eberswalde
Stephan Flade, Groß Schönebeck
Stephan Graupner, Eberswalde
Teresa Körner, Eberswalde
Thomas Janoschka, Biesenthal
Tina Richter, Biesenthal
Timon Koths, Eberswalde
Uta Mader, Bernau
wandelBar – Energie- und Kulturwendebewegung im Barnim
Wilfried Schwarz, Klein Machnow
Willkommensinitiative Biesenthal
Willkommensinitiative Oderberg
Willkommensteam des Bürgervereins Groß Schönebeck
Women in Exile and Friends
Wukania Projektehof, Biesenthal
Frankfurt (Oder) — Am 06.06.2015 wollen Neonazis den „Tag der Deutschen Zukunft“ (TDDZ) in Neuruppin veranstalten. Dieses Event avancierte innerhalb der bundesrepublikanischen Neonaziszene in den vergangenen Jahren zu einem Höhepunkt, vor allem was Mobilisierung und Größe des Aufmarsches angeht. Nachdem der “Tag der Deutschen Zukunft” mit bis zu 750 Teilnehmer*innen
in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Sachsen Halt machte, soll die siebente Auflage erstmals in Brandenburg stattfinden. Das Weltbild der neonazistischen Kameradschaften steht fest: Geflu?chtete werden als Bedrohung gesehen und fu?r eine herbei halluzinierte “Überfremdung“ verantwortlich gemacht.
Engagierte Antifaschist_innen wollen dieser Neonaziveranstaltung etwas entgegensetzen. Mit verschiedenen Protesten soll sich der rassistischen Stimmungmache der Neonazis in den Weg gestellt werden. Das Bu?ndnis “Kein Ort fu?r Nazis in Frankfurt (Oder)” ruft dazu auf, sich an den
u?berregionalen Protesten in Neuruppin zu beteiligen.
Am 19.05.2015 wird in Form einer Informationsveranstaltung u?ber den “Tag der Deutschen Zukunft”, die Neuruppiner Neonaziszene und den antifaschistischen Gegenprotest informiert. Die Veranstaltung findet um 18:30 Uhr in der Europa-Universität Viadrina, Audimax AM03 statt.
Aus Frankfurt wird ein Bus zu den antifaschistischen Protesten nach Neuruppin fahren. Interessierte melden sich bitte unter
keinortfuernazisffo@riseup.net. Der Unkostenbeitrag beträgt 10 Euro (empfohlen).
An einer Versammlung von Neonazis in Königs Wusterhausen (Landkreis Dahme-Spreewald) nahmen heute ungefähr 50 Neonazis teil. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) und diente offenbar der szeneinternen Werbung für einen Aufmarsch in Neuruppin. Eine Gegenveranstaltung kam nicht zustande. Die Stadt soll mit weniger Neonazis gerechnet haben und wollte der Versammlung keine unnötige Aufmerksamkeit widmen. Die Polizei war trotzdem mit ungefähr 50 Beamt_innen im Einsatz. Ein übermütiger, möglicherweise betrunkener Sympathisant der neonazistischen Veranstaltung wurde kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Weitere Zwischenfälle wurden nicht bekannt.
Kundgebung an markantem Ort
Als Versammlungsort hatten sich die Neonazis offenbar bewusst den Fontaneplatz in Königs Wusterhausen ausgewählt. Fontane gehört neben Karl Friedrich Schinkel zu den bekanntesten Söhnen Neuruppins. Durch seine schriftstellerisch verarbeiteten Wanderungen durch Brandenburg setzte er der Mark ein literarisches Denkmal und gilt als einer der bedeutendsten Dichter des Landes. Auch deshalb nutzen die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“, als Organisatoren des diesjährigen „Tages der deutschen Zukunft“, möglicherweise sein Konterfei als Logo der aktuellen Kampagne für den geplanten ausländerfeindlichen Großaufmarsch am 6. Juni. Allerdings ist dem Organisationskomitee dabei entgangen das Fontane selber migrantische Wurzeln hatte und somit eigentlich ein Paradebeispiel für eine gelungene Integration ist. Der TDDZ 2015 also schon im Ansatz gescheitert? Möglicherweise. Doch wie üblich lässt sich die Szene auch nicht durch solch grobe Fehler von ihrem einmal eingeschlagenen Weg abbringen. Aus dem gesamten Land Brandenburg sowie aus dem Nachbarbundesland Berlin waren die Aktivist_innen heute angereist, um in einem Wohngebiet am Rande Königs Wusterhausen, mögliche Veranstaltungsteilnehmer_innen zu werben. Die Neonazis blieben jedoch, bis auf wenige Passanten und vereinzelte Trinker_innen, unter sich. Die Versammlung blieb also eine szeneinterne Mobilisierungsveranstaltung für die anwesenden Funktionäre und Sympathisant_innen aus den Parteien NPD, JN, DIE.RECHTE und III. Weg sowie „freien Kräften“ aus Neuruppin, Königs Wusterhausen und der Uckermark.
NPD Funktionäre rufen zur Teilnahme am TDDZ auf
Als Redner traten zunächst Pierre Dornbrach, Sebastian Schmidtke und Aileen Rokohl auf. Alle drei, bekannte Funktionäre der NPD bzw. ihrer Jugendorganisation JN, sprachen sich für eine Teilnahme am TDDZ in Neuruppin aus. Es ist davon auszugehen, dass sie auch im Namen ihrer jeweiligen Landesverbände in Berlin und Brandenburg gesprochen haben.
Anschließend übernahm Beatrice Koch, Sympathisantin der „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“, das Mikrophon und ging noch einmal näher auf den geplanten Großaufmarsch in Neuruppin ein. „Der 6.6.“ sei „der Höhepunkt einer Kampagne, welche ein Jahr lang von meinen Freunde und mir geführt wurde“, so Koch. Im Rahmen dieser Kampagne habe die Gruppe in „nahezu jedem Landkreis Mahnwachen, Infotische oder Demos angemeldet oder aktiv unterstützt“. Ihr gesamtes Umland zu erreichen gelang Koch und ihren Gesinnungsgenoss_innen jedoch, gemäß weiterer Ausführungen, nicht.
Eigentlich bemerkenswert während der Redebeiträge war jedoch die Verschärfung des Tones gegen Asylsuchende bzw. wenn über Menschen, die in der Bundesrepublik Asyl suchen, gesprochen wird. Sebastian Schmidtke nannte sie heute diffamierend „illegale Asylanten“ oder „hergereiste Sozialschmarotzer“ und unterstellte ihnen „Asylbetrug“ und „Kriminalität“. Beatrice Koch hält sich hingegen eher an die klassischen völkischen Ideologien und moniert in der Flüchtlingsfrage die Überschüttung der „ländlichen Gegenden“ mit „Menschen, die nicht deutschen Blutes“ sind. Dabei schweift sie leicht ab und diffamiert auch gleich einige Fußballspieler der deutschen Fußballnationalmannschaft „als eingekaufte, Möchtegerndeutsche“. Letztendlich kommt Koch zu dem Schluss, dass sowohl sie, als auch ihre Gruppe sich nicht damit abfinden wollen. Deutschland bliebe ihr Land und Neuruppin ihre Stadt. „Dafür kämpfen wir, wenn es sein muss, bis zum letzten Blutstropfen“, so Beatrice Koch.
Mehrere Veranstaltungen gegen den TDDZ bereits in Planung
Trotz ausbleibender Gegenveranstaltungen am heutigen Tage sollen die Gegner_innen des „Tages der deutschen Zukunft“ bereits seit einiger Protestaktionen für den 6. Juni planen. Sowohl das Antifa-Bündnis „No TDDZ!“ als auch die zivilgesellschaftliche Initiative „Neuruppin bleibt bunt“ rufen u.a. zu den Protesten auf. Am kommenden Montag wird es diesbezüglich auch eine so genannte Montagsdemonstration in Neuruppin geben. Startpunkt soll um 18 Uhr der Neuruppiner Fontaneplatz sein.
Fotos: hier
Ungefähr 70 Menschen haben am gestrigen frühen Abend gegen einen erneuten Aufmarsch von Neonazis und Rassist_innen protestiert. Schwerpunkte der Proteste war erneut der Platz vor dem Rathaus. Dort fand eine angemeldete Kundgebung statt an der sich u.a. auch der Bürgermeister von Nauen, der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung sowie Abgeordnete und Vertreter_innen von vielen Parteien und Initiativen beteiligten. Den in Hör- und Sichtweite vorbeiziehenden Neonazis wurden Schilder mit Aufschriften wie „Refuges are welcome here“ oder „Flucht ist kein Verbrechen“ entgegengehalten und die Marschierer ausgepfiffen. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. Die Polizei war mit ungefähr 200 Beamt_innen im Einsatz.
70 bei Rassist_innenaufmarsch
Die Neonazis und Rassist_innen hatten sich gegen 19.00 Uhr am Nauener Bahnhof versammelt. Insgesamt nahmen ca. 70 Personen an dieser Veranstaltung teil. Ungefähr 50 Personen sind als Sympathisant_innen und Funktionäre von NPD, den „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ und „Freien Kräfte Prignitz“ bekannt. Ein Großteil dieser Personen war aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und Oberhavelsowie dem sachsen-anhaltinischen Landkreis Stendal zugereist. Der Rest stammte aus dem Landkreis Havel, insbesondere aus Nauen und Ketzin/Havel. Vom Bahnhof zog der Aufmarsch unter dem Motto: „Nauen schlägt zurück! Ausländergewalt stoppen!“ durch das gesamte Stadtgebiet. Ein NPD Funktionär aus Neuruppin und ein autonomer Nationalist aus Ketzin/Havel verkündeten dabei via Mikro- oder Megafon, dass das Nauen kein Asylheim wolle. Bei einer Zwischenkundgebung kamen weitere Neonazis zu Wort. Sowohl Pierre Boddin, als auch Marvin Koch, beide von den „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“, sprachen sich gegen vermeintlich „kriminelle Ausländer“ und „Ausländergewalt“ aus. Koch sprach diesbezüglich auch davon, dass die Devise künftig: „Auge um Auge und Zahn um Zahn“ lauten werde. Eine durchaus ernst zunehmende Drohung. Koch wurde erst vor wenigen Tagen vom Amtsgericht Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) wegen Landfriedensbruches zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er soll im Herbst 2013 ungefähr 100 Neonazis dazu angestiftet haben Polizeiketten zu durchbrechen und die Beamt_innen mit Flaschen und Steinen zu bewerfen.
Kneipenschlägerei als Anlass
Hintergrund des gestrigen Aufmarsches soll übrigens eine Schlägerei am 3. Mai 2015, gegen 00.30 Uhr, in einem berüchtigten Trinker_innentreff in der Nauener Gartenstraße gewesen sein. Nach Informationen einer neonazistischen Mobilisierungsseite für eine Großveranstaltung in Neuruppin soll es in der Lokalität zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sein. Zwei Männer sollen dann eine Frau, die sich übrigens gestern auch unter den Marschierern befand, nach draußen gezerrt und anschließend verprügelt haben. Bei den Tätern soll es sich, laut Anschuldigungen der Neonazis, um „polizeibekannte Ausländer“ gehandelt haben. Die Polizei bestätigte zwar in einer Pressemitteilung vom 4. Mai 2015 die gewalttätige Auseinandersetzung vor der Lokalität, stellte jedoch als mutmaßliche Schläger lediglich zwei angetrunkene „Havelländer“, 20 und 23, fest. Warum die Neonazis in ihrer Schilderung von „Ausländern“ sprechen ist bisher unklar. Möglicherweise ist Rassismus hierfür der Hintergrund. Der Fall scheint jedenfalls ein willkommener Anlass zu sein, um den Protest gegen den geplanten Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende noch einmal zu forcieren. Auch die Rolle der Frau, als mutmaßliche Betroffene der Gewalttat ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Sie soll mit Nauens Neonaziszene sympathisieren und beteiligte sich bereits vor dem Übergriff an mehreren Versammlungen mit rassistischen und geschichtsrevisionistischen Inhalten im Ort. Während eines Aufmarsches im April trug die Frau beispielsweise auch ein Kleidungsstück mit der Aufschrift: „Asylbetrüger sind nicht willkommen“. Auf ihrem öffentlich einsehbaren Socialmedia-Profil befinden sich zudem zahlreiche Bekenntnisse zu neonazistischen Parteien und Vereinigungen sowie verherrlichende Bildnisse oder Symbole des Nationalsozialismus.
Fotos: hier
fabb – f_antifa brandenburg unterstützt das NOTDDZ2015 Bündnis: Keine Zukunft für Nazis! TDDZ in Neuruppin verhindern!
Wie die Jahre zuvor planen Neonazis auch dieses Jahr ihren „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ). Am 6. Juni 2015 soll der TDDZ in Neuruppin ausgetragen werden. Sie wollen dort aufmarschieren und ihre rassistische, rechtsradikale und antifeministischen Ressentiments vortragen und hoffen auf Anschluss an die rassistische Stimmung in Teilen der Gesellschaft. Der TDDZ gilt als ein Großevent bei dem in der Vergangenheit bis zu 700 Neonazis mobilisiert werden konnten. Auch in Neuruppin ist mit ungefähr 500 Neonazis zu rechnen, womit dies der größte neonazistische Aufmarsch in Brandenburg seit den Aufmärschen von Halbe werden könnte.
Wir als frisch gegründete f_antifa brandenburg stellen uns entschieden dagegen. Wir wollen nicht zulassen, dass die Neonazis ihre Hetze ungestört verbreiten können. Wir wollen nicht zulassen, dass sie in Neuruppin oder anderswo eine Drohkulisse gegenüber POC, Migrant_innen, Geflüchteten oder Menschen, die ihren heterosexistischen Normvorstellungen nicht entsprechen, aufbauen. Wir werden uns ihnen entgegenstellen und an Blockadeerfolge, gerade auch in Neuruppin und Brandenburg, anknüpfen und ihnen zeigen: Nazis haben keine Zukunft!
Alles Infos zu den Protesten gegen den TDDZ: neuruppin.no-tddz.org
Wir sind alle kriminell…
Neuruppin — Am Samstag, dem 09. Mai 2015 fanden sich ca. 20 Jugendliche zusammen, um den Tag für künstlerische Aktionen zu nutzen. Hierbei lag der Fokus auf dem am 06.06.2015 geplanten Neonaziaufmarsch zum sogenannten “Tag der deutschen Zukunft”, welcher in Neuruppin stattfinden soll. Die Idee war, durch verschiedene, künstlerische Elemente auf den Tag und die damit verbundenen Gegenproteste aufmerksam zu machen und dadurch ein Zeichen gegen Neonazis und Rassismus zu setzen.
So wurde z.B. das Soziale Zentrum in der Bahnhofsstraße mit einem Transparent verschönert und eine Fotomontage erstellt. Zum Abschluss des Tages sollte am Bahnhof ein selbst gedrehtes Video erstellt werden, welches sich mit den geplanten Gegenprotesten am 06.06.2015 solidarisiert. Auch hier für war Kreativität vorausgesetzt. So kamen die Jugendlichen mit verschiedenen, bunten Verkleidungen, mit kreativen Masken und geschminkten Gesichtern und stellten ein buntes Bild dar.
Nach einem produktiven und spaßigen Tag wollten diese dann ins JWP-Mittendrin gehen, wo noch eine Infoveranstaltung geplant war. Mit lustiger Verkleidung ging es also in Richtung des Hauses. Die wenigen vorbeifahrende Autos und Radfahrer*innen waren sichtlich belustigt von dem Umzug und machten nicht den Eindruck als würde sie sich von der Gruppe gestört fühlen.
Kaum 20 Meter später wurde die Gruppe dann von einem aufgeheizten „Typen“, der anscheint vom polizeilichen Staatsschutz war, gestoppt. Er zeigte uns eine „Marke“, welche durch das sofortige Wegstecken nicht erkennbar war. Ohne Vorwarnung begann er, die Gruppe von der Straße zu schubsen. Mehrere Versuche, die Situation zu beruhigen, z.B. durch die Anmeldung einer Eilversammlung, die er verwehrte, wurde durch das aggressive und gewaltvolle Auftreten des Beamten unmöglich gemacht. Er wendete mehrfach einen Hebelgriff an, aus von uns nicht ersichtlichen Gründen und provozierte damit eine aufgeheizte Stimmung. Hierbei kam es zu kleineren Verletzungen unserer Leute.Dann wurden unsere Personalien festgestellt und mehrere Anzeigen gefertigt.
Wir verurteilen dieses aggressive Auftreten, das Verwehren unserer Rechte und lassen uns von dieser Provokation nicht einschüchtern!
Wir setzen aus einer Notwenigkeit heraus Zeichen gegen Rassismus, Sozialdarwinismus und eine menschenverachtende Asylpolitik! Solange monatliche hunderte Flüchtende an den Außengrenzen der EU ermordet werden und diejenigen, welche die gefährliche Flucht überleben in Asylheime gesteckt und später abgeschoben werden; solange Neonazis ihre menschenverachtende Scheiße verbreiten und gegen Flüchtlinge hetzen und solange wir keine Welt haben, die für alle einen Platz bereithält, werden wir Zeichen dagegen setzen und uns Raum für unsere Utopien schaffen!
Wir setzen uns weiter für ein solidarisches Miteinander, Chancengleichheit und freie Entfaltungsmöglichkeit für alle Menschen ein! Wir stellen uns gegen eine sogenannte “Zukunft” voller Ausgrenzung und Unterdrückung!
Gegen eine menschenverachtende Asylpolitik und für eine Welt in der viele Welten Platz haben! Gegen die rassistische Hetze und Morde der Neonazis!
Für eine Zukunft voller Vielfalt!
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P.S.: Mit der Berichterstattung zu diesem Vorfall waren wir sehr unzufrieden (siehe: http://www.maz-online.de/). Wieder einmal wurde eine Polizeimeldung unkritisch übernommen, obwohl schon in der Vergangenheit eine tendenziöse und verzerrte Darstellung der Polizeimitteilungen offensichtlich war (etwa der Vorfall an Silvester).
P.P.S.: Liebe Redaktion der MAZ, wenn Ihr Eure Artikel bebildern wollt, aber kein passendes Bild habt, dann fragt doch einfach bei uns an, ob wir aushelfen können. Reisserische Bilder von der Walpurgisnacht in Berlin mit Rauch und Pyrotechnik sehen zwar schön aus, suggerieren aber, dass sie irgendetwas mit Neuruppin zu tun hätten – was nicht der Fall ist. Diese Art von Journalismus sind wir von Euch eigentlich nicht gewohnt. Das vielleicht als solidarisch-gemeinte Kritik. Liebe Grüße Eure MittenDrin-Crew
Eine Handvoll Montagsdemos
Neuruppin — Was im Januar bei Schneeregen und Sturm begonnen wurde, findet im Frühlingsmonat Mai seinen Abschluss. Die fünfte Montagsdemonstration „Für Vielfalt gegen Einfalt“ beginnt am 18.05.2015 um 18 Uhr. Sie soll vorläufig die letzte in der Veranstaltungsreihe sein.
Auch diesmal haben sich die Veranstalter etwas Neues einfallen lassen: während es bisher Kundgebungen und Bühnenprogramm auf dem Neuruppiner Schulplatz gab, „kommt jetzt Bewegung in die Sache“. Das jedenfalls versprechen die Veranstalter, das Jugendwohnprojekt Mittendrin e.V. in Zusammenarbeit mit dem Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt. „Diesmal starten wir auf dem Schulplatz, bleiben aber nicht dort, sondern laufen quer durch die Stadt zu den Wohnkomplexen“, erläutert Martin Osinski, Sprecher bei Neuruppin bleibt bunt.
Bei einer Zwischenkundgebung am Fontanedenkmal soll der berühmte Sohn der Stadt Theodor Fontane gewürdigt werden. „Fontane war viel mehr als ein Heimatdichter. Es ist ein Unding, dass Neonazis sich auf Fontane berufen.“ erläutern die Veranstalter. „Er taugt nicht als Kronzeuge für rassistische Intoleranz.“ Damit wird auf die rechtsextremistische Kampagne „gegen Überfremdung“ angespielt, die der Fontanestadt am 6. Juni einen Aufmarsch von hunderten bundesweit anreisenden Neonazis bescheren soll.
Vom Fontaneplatz zieht die Montagsdemo weiter über Junckerstraße, Heinrich-Rau- und Artur-Becker- bis zur Otto-Grotewohl-Straße. „Wir wollen den vielen Neuruppinern im Wohngebiet unsere Einladung zum 6. Juni bringen“, heißt es dazu. Außerdem will man zum Asylrecht und über die europäische Flüchtlingspolitik informieren.
Am 6. Juni wird dort im Wohnkomplex III eine der Protestdemonstrationen gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten starten. Ein breites Bündnis von zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Initiativen bereitet seit Monaten die Proteste vor. Beteiligt ist auch das landesweite Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Der Aufruf „Schöner leben ohne Nazis — Vielfalt ist unsere Zukunft“ wurde bisher von 180 Einzelpersonen und 70 Organisationen unterzeichnet. Die Liste ist abrufbar unter
http://www.neuruppin-bleibt-bunt.de/unterstutzerinnen/
www.neuruppin-bleibt-bunt.de
Martin Osinski
Zu den Gärten 18
16816 Neuruppin
0174 7252197
Gegen zwei Kundgebungen der NPD im Landkreis Potsdam-Mittelmark hat sich gestern Vormittag und am frühen Nachmittag breiter Bürgerprotest formiert. In der Gemeinde Kloster Lehnin hatten sich ungefähr 50 Menschen versammelt, in der Stadt Brück sogar 150. Mit Schildern, Transparenten, Pfiffen und lautstarken Unmutsbekundungen protestierten sie gegen die neonazistischen Versammlungen, die jeweils 25 Personen anzogen.
Bürger_innenproteste gegen Rassismus
Sowohl in Kloster Lehnin als auch in Brück hatten zuvor die Gemeindeverwaltungen, mit dem Bürgermeister an der Spitze, zu den Protesten gegen die offensichtlich rassistisch motivierten Veranstaltungen der NPD aufgerufen. Entsprechende Bekenntnisse waren an diesem Tag auch im Ortsbild erkennbar. Kloster Lehnin hatte u.a. einen Aufruf anbringen lassen, in dem die Verwaltung als Repräsentant des Ortes bekannte, dass die Gemeinde „Familien- und Ausländerfreundlich“ sei. In Brück war an einem Verwaltungsgebäude ein großes Transparent mit der Aufschrift „solidarisch statt rassistisch“ angebracht. Zu dem hingen an den Straßenleuchten dutzende Plakate der Kampagne „Schöner leben ohne Nazis“. Weiterhin wurden die Brücker_innen durch A4-große Aufrufe der Gemeinde dazu aufgefordert, durch direkte Proteste gegen die NPD-Versammlung ein Zeichen für „Toleranz und Menschlichkeit“ zu setzen. Mit Erfolg. Sowohl in Brück, als auch in Lehnin fanden sich dann tatsächlich dutzende Menschen ein, um in Hör- und Sichtweite gegen die Neonazis zu protestieren. In Brück waren die NPDler von den Protesten sogar so überwältigt, dass sie ihren Kundgebungsort ungefähr 100m weiter weg von den Gegendemonstrant_innen legen ließen. Mehr Bürger_innen erreichen konnten sie dadurch jedoch auch nicht. Die Beiträge der Redner verpufften ohne nennenswerte Wirkung auf die Anwohner_innen.
Ebenfalls als sinnlos entpuppte sich offenbar der Versuch der NPD noch in einer anderen Ortschaft spontan eine weitere Kundgebung anzumelden. Nachdem die Protestier_innen ihnen gefolgt waren und ebenfalls eine Versammlung anmeldeten, soll die Partei aufgegeben haben.
NPD auf Profilierungskurs
Ursprünglich hatte die NPD zwei Kundgebungen, zum einen in Kloster Lehnin ab 10.00 Uhr am Marktplatz Ecke Bahnhofsstraße und zum anderen in Brück ab 11.45 Uhr am Bahnhof, unter dem Motto: „Nein zum Heim!“ angemeldet. Die Veranstaltungen wurden im Socialmedia u.a. bei der „NPD Potsdam-Mittelmark“, der „NPD Prignitz-Ruppin“ und den „Freien Kräften Prignitz“ beworben. Beim Prignitzer Parteiverband hieß es aber schon vorab einschränkend: „Wenn ihr euch zufällig in der Nähe befindet, dann schaut doch mal vorbei und unterstützt die Damen und Herren auf der Straße“. Offenbar war jedoch niemand aus dem Nordwesten Brandenburgs in der Nähe. Die Teilnehmer_innen der NPD Versammlung stammten hauptsächlich aus den Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Havelland, Oberhavel, Teltow-Fläming und Oder-Spree. Die meisten dieser Personen sind als langjährige Funktionäre der Partei bzw. ihrer Jugendorganisation bekannt. Redebeiträge hielten so u.a. der Landesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten, Pierre Dornbrach, und der Vorsitzende des Kreisverbandes Havel-Nuthe, Michel Müller. Letzterer versuchte seine Ablehnung gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden durch vermeintliche Erkenntnisse aus Artikeln in meinungsbildenden Tageszeitungen, Zitaten von umstrittenen Politiker_innen und Antworten auf Anfragen im havelländischen Kreistag zu begründen. Das diese aus dem Zusammenhang gerissen und so aneinandergereiht ein ganz anderes Bild ergeben, als in der Realität erlebbar, scheint dabei offenbar beabsichtigt. Auch das mit vermeintlichen „Fakten“ aus einem anderen Landkreis argumentiert wurde ist bezeichnend. Denn die NPD ist mit ihrem Abgeordneten André Schär eigentlich auch im Kreistag Potsdam-Mittelmark vertreten. Der hiesige Kreisrat scheint dort aber, anders als Müller im Havelland, nur wenig im Sinne der Partei zu bewegen. Ein Redebeitrag von André Schär war gestern ebenfalls nicht vorgesehen. Ihm blieb nur die Rolle des Versammlungsleiters.
Überhaupt scheint die Position der NPD im Landkreis Potsdam-Mittelmark desolat. Die neue neonazistische Kleinpartei „Der dritte Weg“ hat den „Nationaldemokraten“ im szeneinternen Machtkampf hier offenbar weitgehend das Wasser abgegraben. Der ehemalige Bad Belziger Abgeordnete Pascal Stolle, der erst im vergangenen Jahr für die NPD in die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt eingezogen war, hatte beispielsweise bereits im Januar die szeneinternen Fronten gewechselt. Er tritt momentan bei diversen Veranstaltungen als „Missionar“ des „dritten Weges“ auf. Und auch die „freien Kräfte“ der Region scheinen momentan mehr mit der neuen militanten Bewegungspartei zu sympathisieren und blieben den gestrigen Kundgebungen, trotz vollmundiger Ankündigung der „NPD Potsdam-Mittelmark“, dass die „viele“ Personen aus diesem Spektrum „vor Ort“ sein werden, fern.
Insofern sind die Parteiveranstaltungen in Lehnin und Brück als verzweifelter Versuch der „Nationaldemokraten“ interpretierbar, in dieser Region wieder Fuß fassen zu wollen.
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