INFORIOT Sicherheitshalber hier eine Klarstellung: Der Artikel „Der Führer“ macht auf Hiphop, der am 1. April auf unserer Seite erschien, beruht nicht auf Tatsachen und Recherchen. Es handelt sich vielmehr um einen Aprilscherz.
Autor: redax
„Der Führer“ macht auf Hiphop
INFORIOT Ein Musikvideo, das im Internet kursiert, sorgt derzeit im Land Brandenburg
für einige Aufregung. Im Hiphop-Song kurvt „MC A“ in einem Cabriolet durch die
Hauptstraße seines Heimatortes Linum (Ostprignitz-Ruppin) und flirtet mit den leicht
bekleideten Mitfahrerinnen an seiner Seite. Die englischen Reime sind mit
eingängigen Beats unterlegt — für das ungeübte Auge ein Rap-Video wie es zu
Dutzenden auf Musikkanälen im Fernsehen gespielt wird. Nur: Der erst 19-jährige
Künstler trägt kein Basecap und keine Schlabberhosen sondern eine braune Uniform mit
Hakenkreuzaufkleber am Ärmel. Das Video ist rechter Rap, es macht Propaganda für
„die Sache“ der Neonazis.
„Tatsächlich beobachten wir, dass die rechte Szene in Brandenburg auf immer moderne
Methoden setzt, um Jugendliche anzuwerben“, sagt Dietmar Sturzbecher,
Sozialwissenschaftler an der Universität in Potsdam. Eine Studie, die sein Institut
gemeinsam mit dem Berliner „Archiv der Jugendkulturen“ durchgeführt hat, habe
ergeben, dass Hiphop unter den Jugendlichen in Brandenburg äußerst populär sei -
„und das machen sich jetzt auch die Rechten zu nutze.“ Dumpfer Rechtsrock für den
ideologischen Zusammenhalt in der Szene würde so Stück für Stück um Ausdrucksformen
anderer Jugendkulturen ergänzt. Anstatt „Landser“ und Volksmusik kann der moderne
Rechte inzwischen auch andere Musik hören.
Storchendorf wehrt sich gegen Kritik
Linum ist ein idyllisches Örtchen an der Autobahn von Berlin nach Hamburg, dass
normalerweise bei Vogelfreunden und Touristen als „Storchendorf“ bekannt und beliebt
ist. Die dortige Bürgermeisterin Wilma Nickl ist dementsprechend wenig begeistert,
dass Linum wegen „MC A“ nun mit Rechtsextremismus in Verbindung gebracht wird. „Der
junge Mann der dahinter steckt wurde nicht bei uns geboren sondern ist zugezogen.
Bei uns achten die Leute aufeinander. Es gibt darum keine wirkliche rechte Szene bei
uns“, betont die sichtlich besorgte Bürgermeisterin, die die Medienaufmerksamkeit
für übertrieben hält.
„H‑I-T-L-E‑R, driving down the streets in a fancy car” (‚Hitler fährt mit einem
schicken Auto die Straße entlang’), ist nur eine der Zeilen im umstrittenen
Rapvideo. Gezeigt wird dazu ein Panzer. Gemeint ist das als ein Aufruf zum „World
War Three“. Viele tausend Male wurde der Film nach Auskunft seines Machers bereits
heruntergeladen und verbreite sich „rasend schnell“. Das „A“ im Künstlernamen steht
für „Adolf“ — der Rapper fühlt sich als „Führer des nationalen Hiphops“. Insgeheim
hofft „MC A“, der seinen richtigen Namen geheim hält, auf einen Plattenvertrag — mit
dem Label „Aggro Berlin“ habe es bereits Vorgespräche gegeben. In rechten
Diskussionforen im Internet ist man begeistert. „Deutscher Hiphop vom feinsten. So
geht es voran mit der Bewegung“, schreibt ein Neonazi unter dem Pseudonym „88 BPM“.
SPD-Fraktionschef Günter Baaske zeigte sich in einer ersten Reaktion über das
provokante Video „empört und erschüttert zugleich.“ Das demokratische Brandenburg
müsse „aufstehen und zeigen, dass es nicht hingenommen werden darf, dass die
Neonazis nun auch mit Hiphop unsere Jugendlichen ködern. Notfalls muss ein Verbot
her.“ Bertha Sätzer, Sprecherin der „Antifa Koordination Brandenburg“ hingegen kann
die aktuelle Aufregung um das Video nicht nachvollziehen. „Auf diese Entwicklungen
weisen wir seit Jahren hin, ohne dass uns zugehört wurde. Es brauchte wohl diesen
Tropfen, um das Fass zum Überlaufen zu bringen.“ Von einem Verbot des rechten
Hiphops hält Setzer nichts: „Das einzig wirksame Mittel, um den Hass-Sound
abzudrehen, ist antifaschistische Gegenkultur und ein grundlegender
gesellschaftlicher Wandel.“
Verfassungsschutz ist „nicht beteiligt“
Brigitte Müller von der DKP Brandenburg weist unterdessen darauf hin, dass hinter
dem rechten Video finanzstarke Sponsoren stecken könnten: „Möglicherweise erhält die
faschistische Bewegung Unterstützung durch das Großkapital oder den
Verfassungsschutz.“ Ein Sprecher des Innenministeriums wies diesen Vorwurf zurück:
„Das Landesamt in Verfassungsschutz in Brandenburg hat mit diesem Video nichts zu
tun. Unsere Mitarbeiter produzieren keinen Hiphop sondern ausschließlich Rechtsrock
und Neonazi-Hatecore.“
Petke nimmt eigenen Song auf
CDU-Generalsekretär Sven Petke hat derweil als Gegenmaßnahme angekündigt, ein
eigenes Lied aufzunehmen — Die deutsche Nationalhymne will er im Hiphop-Stil neu
interpretieren. „Man darf den Extremisten von Links und Rechts das Thema
Patriotismus nicht überlassen sondern muss ihnen den Raum streitig machen“, so der
Jungpolitiker. Petkes dreistrophige Debut-Single „Deutschland, Deutschland über
alles“ soll um den 20. April erscheinen.
Im Internetportal „Störtebeker“ wird indes angezweifelt, dass das „MC A“-Video
neonazistisch sei. „Wieder mal typisch. Sobald sich ein junger Deutscher öffentlich
äußert und sich zu den guten Seiten der Zeit von 1933 bis 1945 bekennt und für den
Erhalt seiner Rasse eintritt, wird er als ‚rechtslastig’ geschmäht.“ Die Kritik an
dem Song komme einer Vorverurteilung gleich und verletze das Recht auf freie
Meinungsäußerung: „Die etablierte Einheitsfront von Antifa bis SPD sollte sich erst
einmal an die eigene Nase fassen, bevor sie wieder einmal auf Kosten der
Steuerzahler Werbung für ‚Toleranz’ macht.“ Das Portal Störtebeker gilt unter
Kennern selbst als rechtsoffen.
Das beschriebene Video kann hier angesehen werden.
Die Fakten für diesen Artikel wurden uns freundlicherweise vom Webportal turnitdown.de zur Verfügung gestellt.
Rechter Schick
Innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich Thor Steinar zum wohl bedeutendsten
Modenamen in rechtsextremen Kreisen. Die Marke mit dem Runensymbol wurde im
Oktober 2002 international registriert. Im Frühjahr 2003 wurde in
Brandenburg die MediaTex GmbH mit einem Stammkapital von 25 000 Euro
gegründet. Sie war rechtlich für die Thor Steinar-Website verantwortlich,
die seit Frühjahr 2003 online ist.
Der schnelle Aufstieg zur rechten Lieblingsmarke konnte auch nicht gebremst
werden, als das Thor-Steinar-Logo wegen der Ähnlichkeit mit NS-Symbolen zum
Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungen wurde. Jetzt hat das schwedische
Magazin EXPO gemeinsam mit dem in Deutschland erscheinenden
„Antifaschistischen Info Blatt“ (AIB) belegt, dass die rechte Affinität zu
Thor-Steinar nicht nur der Modeästhetik geschuldet ist. Nach Recherchen der
beiden Publikationen hat der ehemalige Thor-Steinar-Mitarbeiter Udo Siegmund
nicht nur geschäftliche Kontakte zu Rechtsextremisten. So soll er am 30.
Juli 2005 im schwedischen Tråvad ein von der Nationalsocialistisk Front
(NSF) veranstaltetes Konzert besucht haben, dabei waren auch deutsche
Neonazis. Dort spielten die Rechtsrock-Bands „Angriff“, „Titania“, White
Valkyria aus Göteborg sowie die deutschen Gruppen„Kraftschlag“ aus Nürnberg
und „Skalinger“ aus Wolgast.
Siegmund ist nun stellvertretender Geschäftsführer der Firma Ronnytex AB,
die in der schwedischen Gemeinde Klippan sitzt und laut
Handelsregisterauszug Textilien vermarktet. Unter der gleichen Adresse
firmiert das Unternehmen Sinotexes AB, das nach Einschätzung von
Szenekennern vor allem als Briefkastenfirma fungiert. So ist Sinotexes laut
einer Domainabfrage am 2. März für die Internetseite
www.thorsteinar-outlet.de verantwortlich, über die Thor Steinar-Produkte zu
Sonderpreisen vertrieben werden. Eine Skytec Outlets GmbH mit Sitz in Berlin
zeichnet für diese Seite verantwortlich. Deren Leiter, Michael Meißner aus
Bestensee, soll nach Angaben von Expo und AIB Geschäftsführer der
schwedischen Ronnytex AB sein.
Potsdam — Der Rechtsextremist Horst Mahler ist mit seinem Widerspruch gegen den Einzug des Passes beim Ordnungsamt Kleinmachnow (Potsdam-Mittelmark) gescheitert. “Nach eingehender Prüfung des von Mahler an uns übergebenen Materials sehen wir keinen Anlaß, den Beschluß zurückzunehmen”, sagte Ordnungsamtsleiter Ekkard Dehne. Mahler war im Januar der Paß für ein halbes Jahr entzogen worden, um ihn an der Teilnahme an einer Revisionismus-Konferenz im Iran zu hindern. Dagegen hatte Mahler Widerspruch eingelegt und laut Dehne einen Aktenordner übergeben, in dem er “seine Auffassung und Weltanschauung” darlegt. Der Paß-Entzug erfolgte, weil Mahler nach Überzeugung des Potsdamer Innenministeriums im Iran voraussichtlich erneut den Holocaust leugnen würde.
Heute am 30.03.06 besetzten die ÜBEFLÜSSIGEN das Wahlkreisbüro der SPD-Landtagsabgeordneten Dr. Esther Schröder. Ziel der Aktion war es, die schier unerträgliche Heuchelei einer Vertreterin der Sozialkahlschlagspartei an den Pranger zu stellen. Frau Dr. Schröder möchte sich bei uns profilieren indem sie Beratungen für “Hartz IV-Empfänger” anbietet. Es wird hier geradezu der “Bock zum Gärtner” gemacht.
Man stelle sich vor, zunächst stürzt man Millionen Menschen in Armut und Elend, und anschliessend baut man quasi auf dem Rücken der Betroffenen die eigne Parteikarriere auf. Zugleich bereitet man in Berlin den nächsten Schlag (Gesundheitsreform) gegen millionen kranke Menschen vor.
Es scheint als könne niemand diesen Wahnsinn stoppen.
Der Wahnsinn wird überdeutlich wenn man zum Beispiel eine Bundestagsdebatte verfolgt, und als Vertreter der “Opposition” Redner von der FDP und den GRÜNEN vorgesetzt bekommt. Dabei wäre es doch ein leichtes die beiden Parteien mit in die Regierung aufzunehmen und die “Ganz große Koalition” zu bilden, das wäre wenigstens ehrlich. Doch der Anschein von Demokratie muss gewahrt bleiben.
Die ÜBERLÜSSIGEN aus Jüterbog sind bereit gegen diesen Wahnsinn anzukämpfen, sie sind zuversichtlich, denn wir werden immer mehr.
Bilder von der Aktion sind hier zu finden. Das Video dazu findet ihr an dieser Stelle zum runterladen.
Im Anhang befindet sich ein offener Brief zu dem “Vorfall” letzte Woche in der
Ausländerbehörde.
Mit großer Betroffenheit haben wir von den schweren Verletzungen des
kenianischen Flüchtlings, Joseph M. gehört. Aus Panik und Angst vor der
Abschiebung ist er letzten Donnerstag aus dem Fenster der Frankfurter
Ausländerbehörde gesprungen. Querschnittsgelähmt wird er sein Leben lang
die Folgen davon tragen.
Herr M. ist mit einer Frankfurterin verlobt, nur bürokratische Hürden hatten
eine Terminsetzung für die Hochzeit verhindert. Für das Standesamt fehlte
eine schriftliche Bestätigung der Gültigkeit seines Reisepasses, obwohl die
Ausländerbehörde diesen bereits als gültig anerkannt hatte.
Die
Ausländerbehörde wiederum wusste von der Verlobung, trieb aber die
Abschiebung weiter voran. Herr M. wurde zur Behörde bestellt, dort erhielt er
die Abschiebeverfügung, die Polizei sollte ihn mitnehmen.
Es ist für Nichtbetroffene nicht nachvollziehbar, welche Verzweiflung die
Angst vor einer Abschiebung hervorrufen kann. Das plötzliche Erscheinen der
Polizei – wie letzten Donnerstag in der Frankfurter Ausländerbehörde – löst
Panik aus. Nicht zum ersten Mal im wiedervereinigten Deutschland sprang
deshalb ein Mann aus dem Fenster. Wieder ein Menschenleben zerstört.
Das ganze muss im Kontext des bundesdeut schen Asyl- und Ausländerrechtes
und deren Umsetzung gesehen werden.. Fakt ist, in solchen Fällen hat die
Ausländerbehörde einen im Gesetz festgelegten Ermessenspielraum, die
Abschiebung so lange nicht zu vollziehen, bis andere Fragen geklärt sind.
Warum die Ausländerbehörde in Frankfurt (Oder) dies nicht getan hat, wird
noch zu klären sein.
In anderen Ländern wird der Begriff „institutioneller Rassismus“ verwendet für
die Fälle, wo institutionelles Handeln zur rassistischen Ausgrenzung führt,
ohne dass einer konkreten Person Rassismus vorgeworfen werden kann. Da
aber Institutionen nur aus Menschen bestehen, liegt es an Menschen,
Verantwortung zu übernehmen und die Praxis zu verändern.
Wir fordern die Verantwortlichen der Stadtverwaltung auf, lückenlos
aufzuklären, wie es zu diesem tragischen Unglück kommen konnte, und
entsprechend Veränderungen in der Praxis im Umgang mit Ausländern
einzuleiten, die einen solchen Akt der Verzweiflung künftig vermeiden lassen.
Dabei meinen wir ausdrücklich nicht das Anbringen weiterer Gitter an die
Fenster der Behörde! Es würde ein schlechtes Licht auf Frankfurt (Oder)
werfen, wenn es nicht gelingt, aus diesem tragischen Vorfall mindestens ein
Bisschen positive Veränderung zu erreichen.
Außerdem fordern wir, dass Herr M. aus humanitären Gründen und
unabhängig von der Eheschließung eine Aufenthalterlaubnis erhält, sowie jede für
seine Genesung notwendige Unterstützung – als Zeichen dafür, dass Frankfurt (Oder) sich wirklich als freundlich bezeichnen kann.
(Blankenfelde)Am 25.03.2006 wurde in Blankenfelde (Teltow-Fläming) ein 17-Jähriger Jugendlicher von mehreren Neonazis angegriffen. Dabei wurde das Opfer u.a. auf die Bahnhofsgleise geworfen, geschlagen und getreten
sowie von den Vermummten auch Fotografiert. Nach bekannt werden dieses Vorfalls veröffentlichte die Autonome Antifa Teltow Fläming eine Pressemitteilung, in der diese Tat thematisiert wurde, sowie darauf eingegangen wurde, das in zunehmender Zahl solche Vorfälle in der Region
registriert werden. Diese Meldung fand in der Presse eine positive Resonanz.
Nun könnte mensch davon ausgehen, das die Strafverfolgungsbehörden dieser Tat vielleicht etwas mehr Zuwendung schenken würden als das vielleicht sonst der Fall gewesen wäre. Allerdings wurden diese Hoffnungen von der MEGA in Teltow-Fläming schnell zerstört. Statt nun
endlich einmal gegen die rechten Schläger vorzugehen, nutzt diese den Fall um linke Strukturen vor Ort auszuleuchten bzw. alternative Jugendliche unter Druck zu setzen. So wurde der Betroffene sowie ein Mitschüler am darauffolgenden Tag von zwei Beamten der MEGA zu Hause aufgesucht und befragt. Allerdings weniger in Hinsicht auf die Vorkommnisse am Bahnhof Blankenfelde sondern mehr mit dem Fokus auf die
Autonome Antifa Teltow Fläming. So wurden beide nach der Mitgliedschaft in dieser befragt, einem sogar Fotos von Transparenten sowie einzelne Ausdrucke von der Internetseite www.aatf.tk vorgelegt und sich nach der Kenntnis über den Aufenthalt der Pressesprecherin Tamara Levy erkundigt.
Aufgrund der Öffentlichkeitsarbeit der AATF werden nun die Betroffenen der rechten Gewalt von der MEGA unter Druck gesetzt. Hier sehen sich Jugendliche dafür, das eine antifaschistische Gruppe vor Ort das richtige gemacht hat, dem Druck der Polizei ausgesetzt. Es ist schockierend, das die Polizei gegen Menschen vorgeht die sich gegen
Rechts positionieren, oder schlimmer noch, deswegen Opfer eben jener Gewalt wurden und den rechten Strukturen, die sich hier in Brandenburg nachweislich schon längst gebildet haben, dabei derart in die Hände spielt. Bei dieser, von rechts ausgehenden, Gewaltsituation nun Druck
auf linke Jungendliche und antifaschistische Strukturen auszuüben ist nicht nur ein gänzlich falsches Signal sondern ein nicht hinnehmbarer Skandal.
Homepage der AATF: www.aatf.tk
Fast gleich vor dem Gesetz
Das Landgericht Potsdam behandelt derzeit die Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Jugendlichen vom vorigen Sommer. Einige Neonazis erwarten hohe Haftstrafen, aber auch eine Antifaschistin muss vielleicht ins Gefängnis.
Die minderjährigen Angeklagten kamen relativ glimpflich davon. Am Montag der vorigen Woche fällte das Potsdamer Landgericht die ersten Urteile im Prozess um den so genannten Tram-Überfall. Es geht um einen Angriff von elf Neonazis auf die zwei Potsdamer Studenten Tamás B. und Christoph B. im Juli vorigen Jahres. (Jungle World, 28/05) Die Gruppe hielt damals eigens eine Trambahn an, um ihre Opfer brutal anzugreifen, beide mussten mit schweren Verletzungen im Krankenhaus behandelt werden. Nur eine der Angeklagten, die 18jährige Sandra C., muss vorerst eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren antreten. Neun Monate davon hat sie bereits in Untersuchungshaft verbracht. Die Potsdamerin hat zugegeben, eine Flasche auf dem Kopf von Tamás B. zerschlagen zu haben. »Hass auf politisch Andersdenkende« sei ihr Tatmotiv gewesen, hieß es im Urteilsspruch. Eine Tötungsabsicht konnte im ersten Teil der Verhandlung niemandem nachgewiesen werden.
Drei andere Angeklagte, die zum Zeitpunkt der Tat jünger als 21 Jahre waren, wurden zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Sie müssen Sozialstunden leisten, an einem Anti-Aggressionstraining teilnehmen und Entschuldigungsbriefe an die Opfer schreiben. Außerdem sind sie verpflichtet, das Konzentrationslager Sachsenhausen zu besuchen. Einer der Beschuldigten wurde nur wegen unterlassener Hilfeleistung verwarnt.
Am 30. März beginnt der zweite Teil des Prozesses, in dem es um die sechs strafmündigen Angeklagten gehen wird. Die Staatsanwaltschaft fordert hohe Haftstrafen für sie, keiner soll für weniger als drei Jahre ins Gefängnis. Ob es sich bei dem Angriff der elf Neonazis um versuchten Mord handelt, muss die Staatsanwaltschaft noch klären.
Die Auseinandersetzungen zwischen linken und rechten Jugendlichen in Potsdam haben seit dem Überfall einer Gruppe Neonazis auf den linksalternativen Chamäleon e.V. zum Jahreswechsel 2003/04 zugenommen. In der Folge kam es immer wieder zu Schlägereien. Die rechte Szene erhielt zudem Unterstützung von den verbotenen Berliner Gruppen »KS Tor« und »Berliner Alternative Südost«. Der Verein »Jugend engagiert in Potsdam« verzeichnet einen enormen Anstieg von rechtsextremen Straftaten, der vor allem mit der gezielten »Anti-Antifa-Arbeit« des rechtsextremen Milieus zu tun habe.
Wegen der juristischen Verfolgung der Gewalttätigkeiten geriet insbesondere der Staatsanwalt Peter Petersen in die öffentliche Kritik. Bürgermeister Jann Jakobs (SPD) etwa befürchtete, dass der Eindruck erweckt werden könnte, in Potsdam werde mit »zweierlei Maß« gemessen.
Der Eindruck drängt sich in der Tat auf. Die 22jährige Antifaschistin Julia S., die Vorsitzende des Vereins Chamäleon, wurde im Sommer nach einer Schlägerei mit Neonazis sofort in Untersuchungshaft genommen. Obwohl der Angegriffene dabei nur leicht verletzt worden war, ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen versuchten Mordes. Julia S. soll in der Nacht vom 19. Juni 2005 den Neonazi Benjamin Ö. mit einem Teleskopschlagstock verletzt und zuvor mit drei anderen Jugendlichen durch die Stadt verfolgt haben.
Erst seit November befindet sie sich wieder auf freiem Fuß. Vor zwei Wochen wurde sie von der Staatsanwaltschaft Potsdam darüber informiert, dass es »unverhältnismäßig« sei, »die Anklage wegen versuchten Mordes in ihrem Fall aufrechtzuerhalten«. Seither lautet die Anklage gegen sie und die drei Mitangeklagten auf gefährliche Körperverletzung. Ein unabhängiges Gutachten hatte ergeben, dass ein Schlag mit einem Teleskopschlagstock nicht unbedingt aus einer Tötungsabsicht erfolgen müsse.
Petersen bewog vor allem der politische Hintergrund der Auseinandersetzung dazu, zunächst wegen versuchten Mordes zu ermitteln. Den Hass auf politisch Andersdenkende bewertete er als niederen Beweggrund. Zudem war Julia S. nicht bereit, mit der Staatsanwaltschaft zu kooperieren; sie verweigerte die Aussage.
Das war im im Tram-Prozess anders. Der 32jährige Marcel S. belastete unmittelbar nach seiner Verhaftung seine Mitangeklagten. Vor allem beschuldigte er Oliver O. schwer, der mehrmals eines der Opfer getreten haben soll, als es bereits am Boden lag. Wegen dieser Aussage ging die Staatsanwaltschaft kurzzeitig von versuchtem Mord aus, ehe sie die Anklage auf gefährliche Körperverletzung herabsetzte. Vielleicht wird Marcel S. für seine Aussagen belohnt. Nach dem Plädoyer vom Dienstag der vorigen Woche könnten die zweieinhalb Jahre Haft, die ihm wegen gemeinschaftlich begangener Körperverletzung drohen, auf Bewährung ausgesetzt werden.
Für den zweiten Teil des Prozesses gegen die erwachsenen Angeklagten ist zu hoffen, dass der Ablauf des besagten Abends vollständig rekonstruiert und derjenige ermittelt wird, der einem der Opfer mit einer Bierflasche schwere Schnittverletzungen im Gesicht zugefügt hat. Denn außer Marcel S. behaupten die übrigen Angeklagten weiterhin, an der Tat nicht beteiligt gewesen zu sein. Zwei von ihnen sollen nach einem Bericht der Potsdsamer Neuen Nachrichten auf der Liste der Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene (HNG) stehen. Sie alle sind polizeilich bekannt und zum Teil wegen Körperverletzung, Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole oder Hausfriedensbruchs vorbestraft. Sie gehören zum Kern der rechtsextremen Szene in Potsdam. Auch darüber soll Marcel S. der Staatsanwaltschaft diverse Auskünfte erteilt haben.
Wann es zu dem Verfahren gegen Julia S. kommen wird, weiß sie auch nach mehr als einem halben Jahr noch nicht. Der Fall wird ebenfalls vor dem Landgericht verhandelt, sie und ihr Anwalt rechnen deshalb mit einer hohen Haftstrafe. »Drei Jahre Gefängnisaufenthalt könnten mich erwarten«, befürchtet sie. Seit sie wieder frei ist, ist sie ständig unterwegs, von einer Informationsveranstaltung zur nächsten. »Nach dem Knast geht der Stress erst richtig los«, sagt sie. Ihr Gesicht sei den Neonazis jetzt bekannt, sie begrüßten sie mit ihrem Namen, wenn es mal zu einer Begegnung komme, erzählt sie. Die fünf Monate in Untersuchungshaft hätten sie sehr verändert. Dennoch habe sie es bisher nicht bereut, die Aussage verweigert zu haben.
(Inforiot) Im Folgenden findet Ihr zur besseren Übersichtlichkeit eine Liste mit allen auf Inforiot geposteten Artikeln zum Prozess in Potsdam. Sechs Neonazis mussten sich seit dem 20.12.2005 vor dem Landgericht verantworten. Sie hatten in der Nacht zum 03. Juli aus einer Straßenbahn heraus zwei Personen, die sie der linken Szene zuordneten, angegriffen.
Hohe Haftstrafen für rechte Schläger
(29.03., MAZ)
(29.03., MAZ)
Zeichen gesetzt: Bis zu fünf Jahre Haft
(29.03., PNN)
Verteidigung will Freisprüche und Bewährung
(24.03., MAZ)
Verteidigung will Freispruch nach Potsdamer Überfall
(24.03., PNN)
(22.03., Junge Welt)
Rechte Schlägerin muss ins Gefängnis
(21.03., Berliner Zeitung)
Opfer-Anwälte: Strafmaß für Täter zu niedrig
(21.03., PNN)
Haftstrafen nach Überfall von 15 Rechten
(21.03., Tagesspiegel)
Potsdamer Urteile im Neonazisprozess
(21.03., Bündnis 90 / Die Grünen)
(21.03., TAZ)
(21.03., TAZ)
Erste Urteile gegen Nazi-Gruppe
(21.03., TAZ)
Urteil im Prozess gegen Rechte erwartet
(20.03., RBB Online)
(18.03., PNN)
(18.03., PNN)
(18.03., PNN)
(18.03., PNN)
(18.03., PNN)
(15.03., PNN)
“Auf einmal zog jemand die Notbremse!”
(08.03., PNN)
Weitere Vorwürfe gegen Sandra C.
(10.02., MAZ)
Geständnis im Prozess gegen rechte Schläger
(09.02., Tagesspiegel)
(09.02., PNN)
Prozess um Mordversuch gestern fortgesetzt
(1.02., PNN)
Polizei schaut Rechten auf die Finger
(1.02., MAZ)
Angeklagte erweitert Geständnis
(11.01., MAZ)
Prozess wegen versuchten Mordes
(11.01., PNN)
Neonazis verweigern vor Gericht Aussage
(11.01., BM)
“Die sind ideologisch besessen”
(10.01., TAZ)
Angeklagte erweitert Geständnis
(10.01., MAZ)
Junge Frau gibt Attacke mit Bierflasche zu
(10.01., Tagesspiegel)
Prozesse gegen Neonazis in Potsdam
(10.01., TAZ)
Rechtsextreme Schläger vor Gericht
(05.01., TAZ)
Rechten droht “lebenslänglich”
(05.01., MAZ)
Fünf Jugendliche aus rechter Szene wegen Mordversuchs in Potsdam vor Gericht
(04.01., MAZ)
Mordversuch: Rechtsradikale Frau vor Gericht
(04.01., Berliner Zeitung)
Prozess um rechtsradikalen Überfall in Potsdam
(04.01., RBB online)
Von Nazis fürs Leben gezeichnet
(22.12., ND)
Prozessauftakt nach “Tram-Überfall”
(21.12., MAZ)
(21.12., BM)
Staatsanwalt: Doppelter Angriff war versuchter Mord
(21.12., PNN)
Prozess gegen Neonazis vertagt
(21.12., RBB online)
(20.12., Junge Welt)
(20.12., Berliner Zeitung)
Bedrohliche Kulisse bei Prozessbeginn gegen Neonazis
(20.12., Tagesspiegel)
Rechte wegen versuchten Mordes vor Gericht
(20.12., RBB online)
Neonazis wegen Mordversuchs angeklagt
(20.12., Berliner Zeitung)
Prozessbeginn gegen sechs Rechte wegen versuchten Mordes
(19.12., Berliner Zeitung)
Prozess wegen versuchten Mordes
(15.12., PNN)
Potsdam: Prozess gegen rechte Jugendliche
(08.12., PNN)
Potsdam (ddp) Wegen eines Überfalls auf zwei junge Männer im Juli 2005 hat das Potsdamer Landgericht am Dienstag fünf zur rechtsextremen Szene gehörende Täter zu Haftstrafen von drei Jahren und neun Monaten bis fünf Jahren verurteilt. Ein 23 Jahre alter Mitangeklagter erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Die sechs Angeklagten hätten “stillschweigend und übereinstimmend den Entschluss für den Überfall gefasst” und in zwei Fällen gemeinschaftlich gefährliche Körperverletzung begangen, begründete der Vorsitzende Richter Frank Tiemann das Urteil. Ein als Nebenkläger anwesendes Opfer zeigte sich zufrieden mit der Höhe der Haftstrafen.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten im Alter zwischen 22 und 32 Jahren in der Nacht zum 3. Juli 2005 zusammen mit sieben weiteren Jugendlichen in der Potsdamer Innenstadt zwei junge Männer aus der linken Szene überfallen hatten. Dabei schlugen und traten sie auf die Körper und Köpfe der Studenten ein und verletzten einen von ihnen mit einer Bierflasche. Eines der Opfer erlitt eine Gehirnerschütterung und mehrere Hämatome, dem anderen wurden mehrere Schnittverletzungen im Gesicht zugefügt. Den Angaben Tiemanns zufolge leidet eines der Opfer noch immer unter den Folgen der Tat.
Einzelne Tatbeiträge konnten den Angeklagten nicht klar zugeordnet werden. Als Tatmotiv bescheinigte das Gericht den Männern niedere Beweggründe. Die Täter seien gewaltbereit gewesen, hätten beide Opfer als Linke identifiziert und spontan angegriffen. Das Gericht erklärte die Tat mit der aufgeheizten Stimmung zwischen Linken und Rechten in der Landeshauptstadt. 2005 habe es häufig Übergriffe zwischen beiden Seiten gegeben. Daher war die Tat “eine gute Gelegenheit für die Männer, es den Linken heimzuzahlen”, fügte Tiemann hinzu.
Die fünfjährige Haftstrafe für einen 32-jährigen Täter begründete der Richter unter anderem damit, dass er während einer laufenden Bewährungszeit straffällig geworden war. Zudem habe er mehr als 20 Strafeintragungen, einige wegen Körperverletzung. Der 23-jährige Mittäter erhielt eine Bewährungsstrafe, da er bereits frühzeitig ein Geständnis abgelegt und eine Tatbeteiligung eingeräumt hatte. Er habe “Reue gezeigt und sich glaubhaft bei den Opfern entschuldigt”, erklärte Tiemann. Zudem habe er sich aus eigener Kraft aus dem rechtsextremen Milieu losgelöst.
Mit dem Urteil wollte das Gericht den Angaben des Richters zufolge ein Zeichen setzten. Es solle abschrecken. Die fünf Angeklagten müssten die Haftzeit nutzen, “um zu reflektieren, was sie vom Leben haben wollen”, sagte er weiter. Bereits in der vergangenen Wochen war in einem Parallelverfahren zum selben Fall eine 18-Jährige zu drei Jahren und drei Monaten Freiheitsentzug verurteilt worden. Drei junge Mitangeklagte erhielten jeweils zwei Jahre Haft auf Bewährung, die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Ein fünfter Angeklagter erhielt wegen unterlassener Hilfeleistung eine Verwarnung.