POTSDAM Die SPD im Landtag will den von der CDU vorgelegten Entwurf für ein Vandalismusbekämpfungsgesetz “prüfen”. Das erklärte am Wochenende der SPD-Innenpolitiker Werner Siegwart-Schippel. Der Entwurf sieht vor, Graffiti-Sprayer, Raucher an Schulen und Falschparker auf Privatgrundstücken mit drastischen Bußgeldern zu bestrafen. Farbschmierereien an Hauswänden sollen demnach mit 2500 Euro bestraft werden. An Schulen soll generell Rauchverbot herrschen. Schippel sagte, er favorisiere statt eines eigenen Landesgesetzes allerdings eine bundeseinheitliche Lösung. Denkbar sei, dass das Sprayen künftig als Straftat eingeordnet wird. Der innenpolitische Sprecher der CDU, Sven Petke sagte, er hoffe auf eine Einigung mit der SPD. Sollte die SPD zustimmen, könnte das Gesetz noch vor der Sommerpause vom Landtag verabschiedet werden. Die oppositionelle PDS lehnt den Entwurf ab. Die derzeitigen Regelungen reichten aus, erklärte PDS-Innenpolitiker Hans-Jürgen Scharfenberg, der der CDU “Aktionismus” vorhielt.
Autor: redax
Anschlag auf Grüne
RÜDERSDORF Unbekannte haben in der Nacht zum Sonntag einen Anschlag auf ein Tagungs- und Atelierhaus in Rüdersdorf (Märkisch-Oderland) verübt, in dem Mitglieder der Grünen Jugend Brandenburgs übernachteten. Nach Polizeiangaben fielen mehrere Schüsse. Niemand sei verletzt worden. Bei der Tatwaffe handele es sich offenbar um ein Luftdruckgewehr. In der ehemaligen Schule seien sieben Fensterscheiben zerstört worden.
Grünen-Landeschef Joachim Gessinger sagte, die nächtliche Schießerei habe nahezu anderthalb Stunden gedauert. Vermutlich seien gut 100 Schüsse auf das am Waldrand gelegene Haus “Grüne Kehle” abgefeuert worden. Hinweise auf die Täter und einen möglichen politischen Hintergrund des Geschehens gebe es bislang nicht. Laut Polizei wurden am Tatort mehrere so genannte Diabolo-Projektile entdeckt.
Anschlag auf Grünen-Unterkunft in Rüdersdorf
Rüdersdorf — Unbekannte haben in der Nacht zum Sonntag einen Anschlag auf ein Tagungs- und Atelierhaus in Rüdersdorf (Märkisch-Oderland) verübt. Dort übernachteten 20 Mitglieder der Grünen Jugend Brandenburgs und mehrere Künstler. “Wir sind länger als eine Stunde beschossen worden”, sagt Arne Schaller, Sprecher der Grünen Jugend Brandenburg. Verletzt wurde niemand. Bei der Tatwaffe handele es sich offenbar um ein Luftdruckgewehr. In der ehemaligen Grundschule sind sieben Fensterscheiben zerstört worden. Die Kriminalpolizei Strausberg ermittelt wegen Sachbeschädigung.
Nach Darstellung Schallers waren an den Fenstern eines Gruppenraumes im zweiten Stock gegen 0.30 Uhr die ersten “seltsamen Geräusche” zu hören gewesen. “Wir dachten, da wirft jemand Steinchen. Aber dann ging die erste Scheibe zu Bruch.” Daraufhin schaltete einer der Gäste sofort das Licht aus — doch der Beschuß dauerte bis 1.50 Uhr an. “Wir haben zwar rausgeguckt, aber keinen Schützen entdeckt”, so Schaller.
Gegen zwei Uhr sei die Polizei eingetroffen. “Wir haben zweimal beim Notruf angerufen — uns kam es wie eine Ewigkeit vor”, sagt Schaller. Doch immerhin sei die Polizei “geradezu in Massen” angerückt. “Erst eine Einheit, die auf dem Weg nach Cottbus war, dann eine Funkstreife, dann Kriminalbeamte und am Morgen um 5.30 Uhr der kriminaltechnische Dienst.”
Kritischer vermerkt wird bei dem Parteinachwuchs, daß die Kriminalpolizei nicht wegen versuchter schwerer Körperverletzung ermittelt. “Davon war vor Ort nämlich noch die Rede”, sagt Schaller. Doch Polizeihauptkommissar Jörg Grune aus Strausberg bestätigt: “Wir ermitteln derzeit nur wegen Sachbeschädigung.” Politische Motive sind nicht zu erkennen. “Es gab weder Drohungen im Vorfeld noch Flugblätter oder an die Wände gesprühte Parolen am Tatort”, sagt Schaller.
Mutmaßlich 100 Schüsse sollen auf das am Waldrand gelegene Haus “Grüne Kehle” abgefeuert worden sein. Ermittler entdeckten am Tatort mehrere sogenannte Diabolo-Projektile. In dem Gebäude traf sich der politische Nachwuchs der Grünen Brandenburgs von Freitag bis gestern zur Jahresmitgliederversammlung.
Aktion der Jüterboger
(Michael Maurer auf Indymedia) Am gestrigen Freitag den 14.01.2005 fand um 19:00 Uhr der traditionelle Neujahrsempfang des Kreistags Teltow-Fläming in Luckenwalde statt. Diesen Anlass nutzten ca. 150 Jüterboger Montagsdemonstranten um auf sich und ihr Anliegen aufmerksam zu machen.
Wenn ich schreibe “Jüterboger” so sind damit auch immer all die Menschen aus den umliegenden Dörfern und Städten gemeint.
Als da wären Luckenwalde, Zossen, Altes Lager, Kloster Zinna, Rohrbeck, Kaltenborn, Hohenalsdorf usw.
Weil der “noch” amtierende Landrat Peer Giesecke sein Hausrecht wahrnahm und die Demonstranten vom Vorplatz des Kreishauses verbannte, mussten die Demonstranten auf dem gegenüberliegenden Gehsteig Aufstellung nehmen.
Unter ohrenbetäubendem Trillerpfeifkonzert und per Megaphon zu Spechchören, wie z.B. “Weg mit Hartz IV, Arbeit wollen wir!” animiert, mussten die geladenen Gäste das Kreishaus betreten.
Ein Flugblatt wurde an die Besucher des Neujahrsempfangs verteilt, welches diese zum größten Teil interessiert entgegennahmen. Kein Wunder, die Besucher, welche aus dem ganzen Landkreis kamen, kannten die Jüterboger Montagsdemonstranten bisher nur aus den eher spärlichen Zeitungsberichten und waren mit diesen tapferen und ausdauerden Menschen zum ersten Mal persönlich konfrontiert. Ausserdem war es ein hervorragendes Flugblatt welches, im Gegensatz zur Propaganda der Berliner “Junta” des VW-Kanzlers, die Auswirkungen und Zielrichtung der “Hartz-Gesetze” auf den Punkt brachte.
Die Stimmung unter den Demonstranten war, wegen des Platzverweises des Hausherrn Peer Giesecke, recht aufgeheizt und es wurden vereinzelt Stimmen laut welche in das Kreitagsgebäude reingehen wollten. In Anlehnung an die hervorragenden Aktion der “Überflüssigen” im Berliner “Borchardts”, machte das Wort “Wir gründen mit denen eine Bedarfsgemeinschaft” die Runde.
Doch letztlich war es der überaus freundlichen Luckenwalder Polizei zu verdanken, welche mit ca. 10 Beamtinnen und Beamten vertreten war, das der herrschende Landrat vor dieser “Peinlichkeit” bewahrt wurde. Aber was noch nicht ist kann ja noch werden. Denn wie es scheint, ist das Berliner “Machtkartell”, der auf den Lohnlisten der Industrie stehenden Parlamentarier, fest entschlossen die sozialen Proteste zu ignorieren, und schlimmer noch, zu bekämpfen.
Dies kann die Spaltung unserer Gesellschaft nur noch vertiefen.
Wie weit diese Spaltung schon reicht, illustriert ein Zitat aus einem Leserbrief welches am Tag unserer Demonstration veröffentlicht wurde: “Nicht der Staat, sondern die Unternehmen schaffen Arbeitsplätze. Und alles was Arbeit schafft, ist sozial und christlich”. Dies schrieb der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Luckenwalder Kreistag. Ich meine es ist an Blödheit kaum noch zu unterbieten, und zeigt gleichzeitig wie weit die Gehirnwäsche, mit welcher die Parteizentralen ihre Mitglieder unterzogen haben, schon fortgeschritten ist.
Das Pfeifkonzert und die Spechchöre vor dem Luckenwalder Kreistag dauerten ca. 1 Stunde, und kann von uns als Erfolg verbucht werden, weil wir gestern Menschen erreichten die wir die wir sonst nicht erreichen. Dies beflügelt uns und wir, die Jüterboger Montagsdemonstranten werden weitere Aktionen, zusätzlich zu den selbstverständlichen Montagsdemos, planen und ausführen.
Antifaschistische Demonstration zum Gedenken an den von Neonazis zu Tode gehetzten Farid Guendoul
Demonstration am 12.2.2005 in Guben
Treffpunkt Busbahnhof, 11 Uhr (Uhrzeit hat sich geändert!)
Wut und Trauer zu Widerstand!
Gemeinsam gegen Nazi-Gewalt und staatlichen Rassismus!
In der Nacht vom 12. zum 13.2.1999 wurde der algerische Asylbewerber Farid Guendoul in Guben, von einer Gruppe jugendlicher Neonazis zu Tode gehetzt. Sie bedrohten, beleidigten, schlugen und jagten ihn sowie seine zwei Begleiter durch die Stadt. In Todesangst versuchte er sich in den Hauseingang Hugo-Jentsch-Straße 14 zu retten. Beim Eintreten der Glastür schnitt er sich eine Arterie am Bein auf und verblutete wenige Minuten später. Unterdessen verprügelten die Angreifer einen Begleiter Guendouls, später warfen sie die Scheiben eines vietnamesischen Restaurants ein und fuhren „Sieg Heil“ grölend weiter durch die Stadt.
Guben — eine normale Stadt in Deutschland. Die Reaktionen der Bevölkerung nach dem Tod von Farid Guendoul fanden ihren prominentesten Fürsprecher in dem damaligen Spremberger Bürgermeister Egon Wochatz, der in einem Interview fragte: „Was hatte der denn nachts auf der Strasse zu suchen?“
Den Umgang mit der Erinnerung an Farid Guendoul in der Stadt Guben zeigen nicht zuletzt Zustand und Lage des Gedenksteins; 1999 auf Initiative der Antifa Guben in der Nähe zum Tatort eingeweiht, verschwand mit dem Abriss umliegender Wohnblöcke – u.a. der Hugo-Jentsch-Straße 14 – jeder räumliche Bezug.
An der Situation und dem Klima in der Stadt hat sich nichts geändert. Auch heute werden Asylbewerber, Linke und Menschen, die nicht ein rechtes Bild passen, angepöbelt, angegriffen, geschlagen oder bedroht. Wer kann, versucht den Neonazis aus dem Weg zu gehen. Für nicht-rechte Jugendliche ist es schwer, spontan öffentliche Plätze oder Kneipen aufzusuchen. Wie überall können Neonazis hier auf Akzeptanz und Toleranz einer rassistisch geprägten deutschen Mehrheitsgesellschaft zählen. Es finden Treffen statt, die Kneipe „Junge Welt“ ist wieder zu einem Treffpunkt der Rechten geworden. Organisierte Gubener Neonazis nehmen regelmäßig an Aufmärschen teil, so z.B in Wunsiedel oder in Halbe. In Guben selbst sind sie Teil einer rechten Straßenszene, die das Klima in der Stadt prägt.
Farid Guendoul ist eines von mindestens 131 Opfer in Deutschland, die seit 1990 von Neonazis ermordet wurden.
Es gilt dem braunen Treiben nicht schweigend, ohnmächtig und tatenlos zuzusehen, sondern sich direkt und offen entgegenzustellen!
Es gilt, die Betroffenen rassistischer, rechter oder antisemitischer Gewalt zu unterstützen!
Es gilt, dem Vergessen der Opfer entgegenzuwirken.
Gegen ein Vergessen der Ereignisse und gegen die fortbestehenden Zustände!
Bündnis gegen Rassismus und Antisemitismus Südbrandenburg
Der Knast schreckt nicht ab
NEURUPPIN/WUSTRAU Wachsamkeit, null Toleranz und eine strenge Bestrafung — diesen Kurs will
die Neuruppiner Staatsanwaltschaft beibehalten, wenn es um die Verfolgung
von politisch motivierten Straftätern geht. Das betonte der Leitende
Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher am Mittwochabend, als er im “Märkischen
Keller” der Richterakademie in Wustrau den Bericht seiner Behörde für das
Jahr 2004 vorlegte.
Die gute Nachricht: 2004 gab es keine besonders schweren Gewalttaten. Die
schlechte Nachricht: Die Zahl politisch motivierter Straftaten im Bereich
der Staatsanwaltschaft Neuruppin (Kreise Ostprignitz-Ruppin, Oberhavel,
Prignitz und ein Großteil des Kreises Uckermark) ist im Vergleich zum Jahr
2003 um 40 Fälle auf 472 gestiegen. Speziell die Zahl der Gewaltdelikte
stieg um 10 Prozent.
An mangelnder Strafverfolgung liege das nicht, versicherte Gerd Schnittcher.
Er verwies auf die hohe Aufklärungsquote (81 Prozent bei den
Gewaltdelikten), die strenge Bestrafung (in 40 Prozent der Fälle wurden die
Täter zu Jugend- oder Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt), die relativ
schnelle Bestrafung, häufig in so genannten beschleunigten Verfahren, und
die enge Zusammenarbeit mit der Polizei. “Die Strafverfolgung ist nicht mehr
zu optimieren”, so Schnittcher. Das Problem: Wer aus politischen Gründen
straffällig wird, lässt sich von der Aussicht auf Knast nicht abschrecken.
“Der Wittstocker, der gerade drei Jahre wegen Mordes abgebrummt hat, steht
am nächsten Abend wieder mit seinen Kumpels an der Tankstelle.” Gerade
Rechtsextreme gingen nach der Haft “in Sekundenschnelle wieder in ihre Szene
zurück”.
Aufgefallen ist den Ermittlern der “bürgerliche Touch” der Rechtsextremen.
Die verzichten auf Springerstiefel und lassen sich die Haare wachsen — für
die Staatsanwälte ein “Wolf im Schafspelz”.
Gerade bei den politisch motivierten Straftaten ist fast immer Alkohol im
Spiel. Die Neuruppiner Staatsanwälte dringen deshalb vor Gericht darauf,
dass Alkoholkonsum vor der Tat nicht mehr strafmildernd wirkt. Laut
Schnittcher beginnen die Gerichte, den Appellen zu folgen.
Am 27. Januar 1945 ‑also vor 60 Jahren — wurde das Konzentrationslager
“Auschwitz” durch die sowjetische Rote Armee befreit. Dieses Datum ist
Anlass für den Tag des Gedenkens! Im Jahre 1945 endete der II. Weltkrieg,
der Faschismus wurde in Europa besiegt. Dutzende von Millionen Toten
hatten Faschismus und Krieg gekostet. Deutsche hatten in den Uniformen
ihres Landes für das Kapital, die Monopole und die faschistische Idee in
ganz Europa gemordet.
Wer anders dachte, anders sprach, anders aussah als es die NS-Doktrin,
ihre Auftraggeber und Helfer vorsahen, verlor im 3. Reich seine Freiheit
und mit großer Sicherheit auch sein Leben.
Eine zeitlang schien es so, als seien faschistische Ideen wegen ihres
verbrecherischen Gehaltes für immer diskreditiert. Das war ein Irrtum.
Einige haben nie von ihnen gelassen und neuerdings werden sie in stärkerem
Maße wieder gedacht. 60 Jahre nach Auschwitz sitzen Faschisten und
Neonazis in Länderparlamenten der Bundesrepublik. 60 Jahre nach Auschwitz
hat faschistisches Gedankengut einen Aufschwung genommen. 60 Jahre nach
Auschwitz grassiert die Ausländerfeindlichkeit in Deutschland, feiert der
Antisemitismus Auferstehung.
Dem entgegenzuwirken und deutliche Zeichen zusetzen, fordern wir alle
Menschen auf! Kommt am 30. 01. 2005 zu den Veranstaltungen, die in Königs
Wusterhausen von der “Interessengemeinschaft der ehemaligen Kämpfer gegen
den Faschismus und deren Hinterbliebenen” sowie von der “Antifa Königs
Wusterhausen” organisiert werden.
» Also! Am 30. Januar 10.00 Uhr am Stadt-Brunnen in der Bahnhofstraße!
» 10.30 Uhr am VdN-Denkmal neben dem Schloß!
Klassenjustiz reloaded
(Frank N. Furter) Einem Bericht der Potsdamer Lokalzeitung “Potsdamer Neueste Nachrichten” zufolge verurteilte am 9.Januar 2005 der Richter am Potsdamer Landgericht Wolfgang Peters in einem Schnellverfahren einen Obdachlosen zu sechs Monaten Gefängnis ohne Bewährung, weil dieser eine Flasche Alkohol im Wert von fünf Euro gestohlen hatte. Das hohe
Strafmaß wurde damit gerechtfertigt, dass der Obdachlose drei Küchenmesser (Waffen!) bei sich führte und die Tat deshalb als “gefährlicher Diebstahl” zu bewerten sei.
Hier soll nicht aufgeregt über das Missverhältnis zwischen dem Wert der gestohlenen Flasche und der Härte der Strafe lamentiert werden. Wer sich von den Propagandisten
der “inneren Sicherheit” noch nicht völlig das Hirn hat vernebeln lassen braucht keinen Anstoß zur Empörung über diesen krassen Fall von Klassenjustiz. Die
Inhumanität der derzeitigen Form menschlichen Daseins ist ausreichend dadurch
belegt, dass genug Leute die halbjährige Einkerkerung eines Menschen mit den Worten
kommentieren: “Da hat er es wenigstens warm im Winter”. Auch die Tatsache, dass es
sich bei den Schnellverfahren um eine Technik handelt, Angeklagte ihrer Rechte zu
berauben, setze ich als bekannt voraus. Hier soll nur auf einen Fakt aufmerksam
gemacht werden: das zeitliche Zusammentreffen dieses harten Urteils mit dem
Inkrafttreten der “Hartz IV”-Gesetze. Urteile dieser Art gab es schon früher, es ist
beileibe nicht das erste seiner Art. Aber die zeitliche Koinzidenz, das Urteil
gefällt am 9. Tag nach Inkraftreten von “Hartz IV”, verweist auf einen viel zu wenig
beachteten Zusammenhang von aktueller Sozial- und Kriminalpolitik. Die Ausweitung
prekärer Artbeitsverhältnisse, das Entstehen einer breiten Schicht von “working
poor” bei struktureller Massenarbeitslosigkeit und die Radikalisierung des
Strafsystems — die sich in Urteilen wie diesem, aber auch in den Versuchen der
Legalisierung von Folter zeigt — gehören zusammen, sind zwei Seiten einer Medaille.
Die “unsichtbare Hand” des prekarisierten Arbeitsmarktes findet ihre Entsprechung in
der “eisernen Faust” des Staates, der dahin entwickelt wird, die durch die
Ausbreitung von sozialer Unsicherheit hervorgerufene Unordnung auch gewaltsam
unterbinden zu können.
In dem Buch “Prisons de la misère” schreibt der us-amerikanische Jura-Professor Loic
Wacquant: “Im Gegensatz zum herrschenden Diskurs der Politik und der Medien sind die
amerikanischen Gefängnisse nicht von gefährlichen und hartgesottenen Kriminellen,
sondern von vulgären Verurteilten der gewöhnlichen Rechtssprechung bevölkert, die
aufgrund von Rauschdelikten, Einbrüchen und Diebstählen oder einfach wegen Störung
der öffentlichen Ordnung bestraft wurden. Das aber sind die entscheidenden
Auswegsversuche der prekarisierten Schichten der Arbeiterklasse, die voll von der
Peitsche der Flexibilisierung der Lohnarbeit und des Sozialabbaus getroffen worden
sind.” Er stellt fest, dass die Gefängnisse von heute vor allem den Abfall des
Arbeitsmarktes, den subproletarisierten und überzähligen Teil der Arbeiterklasse
einlagern. Urteile wie das vom 9. Januar, aber auch die Potsdamer Stadtordnung — die
u.a. das Nächtigen auf Parkbänken und das Mitnehmen von Gegenständen vom Sperrmüll
verbietet — zeigen deutlich, dass die Entwicklung in Deutscland in eine ähnliche
(nicht in die gleiche!) Richtung geht.
Der Begriff “Klassenjustiz” ist in den letzten Jahren aus der Mode gekommen, bzw.
wird nur noch — oft halbironisch — zur Kennzeichnung politischer Justiz gegen Linke
verwandt. Die dringend notwendige theoretische Auseinandersetzung mit den aktuellen
Klassenkämpfen darf den staatlichen Repressionsapparat nicht außer Acht lassen und
vor der Gewaltsamkeit der Durchsetzung neuer Ausbeutungsbedingungen nicht die Augen
verschließen. Ziel dieser theoretischen Auseinandersetzung muss es sein, einen
Beitrag zur praktischen Überwindung dieser Gesellschaft der Ausbeutung und der
Knäste sein.
Mit Brandanschlag gedroht
(MAZ, Dagmar Simons) NEURUPPIN Er mache nichts Strafbares und werde trotzdem immer wieder von Familie S.
angezeigt, beschwerte sich Mike K. gestern vor dem Neuruppiner Amtsgericht.
Und er glaubt auch, den Grund dafür zu wissen: weil die Familie Leute wie
ihn auf dem Kieker hätten. Der Ausbaufacharbeiter Mike K. (19) ist
bekennender Rechter.
Er bekennt sich aber nicht dazu, am 29. Dezember um 0.30 Uhr vor dem
Wohnhaus der Familie S. in Walsleben den Hitlergruß gezeigt und den
20-jährigen Konrad S. beleidigt und bedroht zu haben.
Genau dafür wurde er gestern vor dem Neuruppiner Amtsgericht zu einer
Freiheitsstrafe von drei Monaten auf Bewährung sowie 60 Stunden
gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Für Staatsanwaltschaft und Gericht war die
Aussage von Konrad S. überzeugend. Dieser sei zwar ein erklärter Gegner der
rechten Szene, so Staatsanwalt Clement. Aber warum sollte S. ausgerechnet
Mike K., der sicherlich nicht der einzige Rechte in Walsleben sei, mit
unberechtigten Anzeigen überhäufen?
Wenn das nächtliche Gespräch vor dem Wohnhaus der Familie S. so harmlos
gewesen sei, wie vom Angeklagten geschildert, könne er ja den Namen seines
bisher unbekannten Begleiters nennen, meinte Clement. Konrad S. war in jener
Nacht ans Fenster gegangen, weil er lautes Gegröle auf der Straße hörte. Er
sprach den Ruhestörer an. Daraufhin habe Mike K. sich umgedreht und den
Hitlergruß gezeigt. Später habe Mike K. ihn als Juden beschimpft und seine
Familie beleidigt und gedroht: “Silvester erwischen wir euch.” Und: Es sei
schade, dass Familie S. nicht in Wittstock wohne. Dann würde ihr Haus “schon
lange brennen”. Aber bald werde das auch hier sein. Diese Drohung habe er
ernst genommen, sagte Konrad S. gestern vor Gericht.
Mike K. hatte in der Tatnacht gefeiert. Drei Liter Bier will er getrunken
haben. Das sei keine Menge, die einen kräftigen, jungen Mann umhauen würde,
so der Staatsanwalt. Das fand das Gericht auch. Es ging nicht von einer
verminderten Schuldfähigkeit des Angeklagten aus.
Gegen Mike K. sprachen zwei andere Verurteilungen wegen des Verwendens von
Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die haben ihn offenbar nicht
beeindruckt, sagte der Staatsanwalt. Wer anderen drohe, ihnen das Haus überm
Kopf anzuzünden, befinde sich auf einem gefährlichen Weg. Nun sei Schluss,
so der Richter. Es gehe nicht um Mike K.s. politische Einstellung, sondern
darum, dass er aus dieser Gesinnung heraus straffällig werde. Mike K. wirkte
die ganze Zeit eher amüsiert als reuig.
Potsdam — Die Zahl rechtsextremer Gewalttaten im Land Brandenburg ist nach
Recherchen des Vereins Opferperspektive erneut deutlich gestiegen. Nach
einer gestern in Potsdam veröffentlichten Statistik registrierte die
Initiative 2004 mit 134 Gewalttaten gegen 174 Menschen 15 Angriffe mehr als
im Vorjahr. Die fremdenfeindlichen Übergriffe darunter seien sogar um 25
Prozent auf 76 gestiegen. 2003 hatte der Verein 154 Opfer rechtsextremer
Gewalt gezählt.
Noch nie seien in Brandenburg so viele Menschen Opfer rechtsextremistischer
Gewalt geworden, heißt es in der Erklärung. In der Szene sei in einigen
Regionen ein offensiveres und feindseligeres Auftreten zu beobachten.
Zugleich werde der Rassismus in der Mitte der Gesellschaft gewalttätiger,
die Grenze vom Anpöbeln zur Gewalt werde auch von “scheinbar normalen
Bürgern” immer öfter überschritten.
Unter den 134 Gewalttaten waren den Angaben zufolge 107 Körperverletzungen,
6 Nötigungen und Bedrohungen, 10 Sachbeschädigungen und 11 Brandstiftungen.
55 der Übergriffe hätten sich gegen Jugendliche gerichtet, die nicht der
rechtsextremistischen Szene angehören. In zwei Fällen seien Behinderte und
in einem Fall ein Obdachloser angegriffen worden.
Nach Beobachtungen der Initiative ist in einigen Regionen eine besonders
markante Zunahme rechtsextremer Gewalt zu beobachten, etwa im Landkreis
Havelland.
Rechte Gewalt erreicht Höchststand
(Opferperspektive) Das
Ausmaß rechtsextremer und rassistischer Gewalt in Brandenburg hat einen Höchststand
gegenüber den Vorjahren erreicht. Der Verein Operperspektive, der Opfer rechter
Gewalt betreut, zählte für das Jahr 2004 insgesamt 134 rechtsmotivierte Gewalttaten.
Das entspricht einem Anstieg um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr, in dem 119 Taten
bekannt wurden. Noch nie wurden so viele Menschen Opfer rechter Gewalt: insgesamt
174 Geschädigte gegenüber 154 im Vorjahr. Zu diesen müssen noch 60 weitere von
Angriffen indirekt Betroffene gezählt werden, die bei Angriffen unverletzt blieben.
In
seiner Jahresstatistik zählte der Verein für das Jahr 2004 insgesamt 107
Körperverletzungen, 6 Nötigungen und Bedrohungen, 10 Sachbeschädigungen, die sich
gegen bestimmte Opfergruppen richteten, und 11 Brandstiftungen. 76 Gewalttaten waren
rassistisch motiviert, 55 gegen nicht-rechte Jugendliche und Bürger gerichtet, ein
Brandanschlag wurde auf einen Obdachlosen verübt, zwei Behinderte wurden
angegriffen. Den signifikantesten Anstieg gab es bei rassistisch motivierten
Körperverletzungen, die von 40 auf 55 zunahmen, was einer Steigerung um 37,5 Prozent
entspricht.
In
einigen Regionen gab es eine markante Zunahme der Gewalt. An der traurigen Spitze
liegt wie im Vorjahr der Landkreis Havelland, wo Rechtsradikale 24 Mal zuschlugen.
Davon sind vor allem nicht-rechte Jugendliche betroffen, die Steigerung geht aber
auch auf das Konto der Gruppe “Freikorps”, die mehrere Brandstiftungen gegen
ausländische Imbisse verübte. Im Landkreis Märkisch-Oderland waren 14 Angriffe zu
verzeichnen, die zum Großteil auf eine Serie von tätlichen Angriffen auf alternative
Jugendliche in Strausberg zurückgehen. 14 Angriffe konnten auch in Potsdam
beobachtet werden, wo sich die Zahl der Angriffe auf Flüchtlinge und Migranten auf 9
erhöht hat, gegenüber 6 im Vorjahr. Die stärkste Steigerung der Gewalt gab es im
Landkreis Oder-Spree, wo Rechtsradikale 12 Mal zuschlugen, davon allein 9 Mal in
Fürstenwalde. Auch in Teltow-Fläming nahm die Gewalt zu, dort kam es zu 11
Angriffen.
Mehrere
Gewalttaten zeugen von einer außerordentlichen Brutalität und waren
lebensbedrohlich; so der Brandanschlag auf einen türkischen Imbiss in Brück, in dem
ein Mitarbeiter schlief; die zweistündige Folter an einem 33-Jährigen in Frankfurt
(Oder) und der Angriff mit einer abgebrochenen Bierflasche gegen den Hals eines
Afrikaners in Brandenburg an der Havel. Auch in Burg wurde ein 27-Jähriger von einem
Soldaten derart ins Gesicht getreten, dass sein Gesicht mit Titanplatten wieder
aufgebaut werden musste.
Unter
Vorbehalt lassen sich bestimmte Tendenzen erkennen: Die rechte Szene Brandenburgs
wird an einigen Orten offensiver, ihr Rassismus und ihre Feindbilder von Menschen,
die nicht rechts sind, werden offener ausgelebt. Parallel dazu wird der Rassismus in
der Mitte der Gesellschaft gewalttätiger: Die Grenze vom Anpöbeln zur Gewalt wird
selbst bei scheinbar normalen Bürgern leichter durchbrochen.
“Im Sommer 2000”, so Kay Wendel vom Verein Opferperspektive, “erschrak
die deutsche Gesellschaft über das Ausmaß des Rechtsextremismus und verfiel in einen
kurzatmigen Aktionismus. Heute, vier Jahre später, hat die Gewalt zugenommen, doch
das Thema ist weitgehend zum ‚Abschalter geworden, mit wenigen Ausnahmen. Dieses
Desinteresse stärkt ein gesellschaftliches Klima, in dem menschenverachtende und
rassistische Einstellungen immer offener zu Tage treten.”
Die ausführliche Chronologie ist im Internet unter www.opferperspektive.de zu
finden.
174 Opfer von Neonazi-Gewalt
“Opferperspektive” beklagt Höchststand
(MAZ, Frank Schauka) POTSDAM Die rechtsextrem und rassistisch motivierte Gewalt in Brandenburg hat einen
Höchststand seit Jahren erreicht. Die private Hilfsorganisation
“Opferperspektive” registrierte für 2004 insgesamt 134 rechtsmotivierte
Gewalttaten, teilte der Vereinsvorsitzende Kay Wendel gestern auf Anfrage
mit. Das seien 13 Prozent mehr als die 2003 gelisteten 119 Taten. Unter den
134 Gewalttaten waren 107 Körperverletzungen, sechs Nötigungen und
Bedrohungen, zehn gegen Personen gerichtete Sachbeschädigungen sowie elf
Brandstiftungen.
Die Zahl der Opfer rechtsmotivierter Gewalt liegt noch weit höher als die
Anzahl der Gewalttaten. Es waren “174 Geschädigte gegenüber 154 Opfern im
Jahr zuvor”, berichtet Wendel. Dazu müssten “noch 60 weitere von Angriffen
indirekt Betroffene gezählt werden, die bei Angriffen unverletzt” blieben.
“Noch nie wurden so viele Menschen Opfer rechter Gewalt”, betonte Wendel.
Von den 134 Gewalttaten waren nach Erkenntnissen von “Opferperspektive” 76
fremdenfeindlich motiviert. Gegenüber 2003 bedeutet das einen Anstieg um 25
Prozent (61 Taten). Darüber hinaus richteten sich 2004 insgesamt 55
Gewalttaten gegen vor allem nicht-rechte Jugendliche. Zudem wurde -
möglicherweise aus sozialdarwinistischen Gründen — ein Brandanschlag auf
einen Obdachlosen verübt. Ferner wurden zwei Behinderte angegriffen,
möglicherweise aus ähnlicher Ursache. Den deutlichsten Anstieg um 37 Prozent
gab es nach Angaben des Vereins bei den fremdenfeindlich motivierten
Körperverletzungen, die von 40 auf 55 zunahmen.
Nach Einschätzung des Landesvorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei,
Andreas Schuster, hat sich das Konzept zur Bekämpfung des Rechtsextremismus
in Brandenburg trotz zunehmender rassistischer Gewalt bewährt. “Die
Gewaltkriminalität an sich nimmt jedoch zu, außerdem sinkt die Hemmschwelle
bei der Anwendung körperlicher Gewalt”, erblickt Schuster einen allgemeinen
Trend. Die Bekämpfung des Rechtsextremismus ist auch nach Angaben des
Innenministeriums die größte Herausforderung für den Verfassungsschutz in
Brandenburg.