LUCKENWALDE. Sechs Jahre nach den Angriffen junger Rechtsextremisten auf Italiener in Trebbin (Teltow-Fläming) sollen nun die letzten Angreifer zur Rechenschaft gezogen werden. Doch der Auftakt vor dem Amtsgericht Luckenwalde misslang: Gestern platzte der Prozess gegen zwei junge Männer, die am Abend des 30. September 1996 bei der Randale mitgemischt haben sollen. Obwohl die Verteidiger von Niko Z. und André P. vor der Verhandlung signalisiert hatten, ihre Mandanten wollten Geständnisse ablegen, stritt Z. jede Tat-Beteiligung ab. André P. gab nur zu, er habe einem Opfer einen Faustschlag und einen Tritt versetzt. Bei dem Krawall waren drei italienische Bauarbeiter verletzt worden. Am schwersten traf es Orazio Giamblanco: Der Skinhead Jan W. schlug ihm eine Baseballkeule gegen den Kopf. Giamblanco ist seitdem schwer behindert. Jan W. wurde 1997 zu 15 Jahren verurteilt. In der Haft wandte er sich von der Szene ab und belastete Niko Z., André P. und fünf weitere Kumpane, sich an der Randale beteiligt zu haben. Der Prozess gegen die fünf beginnt kommende Woche. Die zwei anderen Opfer waren ein Italiener, der nicht ermittelt werden konnte, und ein Kollege Giamblancos, Giovanni Andreozzi. Niko Z. und André P. sollen mit anderen Rechtsextremisten Andreozzi derart traktiert haben, dass er eine Nasenbeintrümmerfraktur und einen Rippenbruch erlitt. Da Z. und P. wenig aussagten, müssen Zeugen gehört werden. So übertrug das Gericht das Verfahren gegen P. auf den Prozess, der nächste Woche beginnt. Wann Z. sich verantworten muss, ist offen.
Autor: redax
Potsdam - Nein, er kneift nicht, nicht er, der Kanzler-Herausforderer. Edmund Stoiber spricht einfach weiter, beherrscht-souverän, mit dem Gestus des Überlegenen, mit seinem triumphierenden Lächeln. „Sie können noch so schreien: Sie werden mich nicht am Reden hindern!“ Ja, er hebt nicht einmal seine Stimme. Ganz so, als würde sein Auftritt nicht in einem ohrenbetäubenden Pfeifkonzert untergehen, als höre er die Schlachtgesänge nicht: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus“, die Sprechchöre „Lügner“, ja sogar „Nazis raus“. Er tut so, als wäre das große Autonomen-Transparent vis-a-vis „Weißwurst für alle, sonst gibt‘s Krawalle“ Luft, als müssten seine Bodyguards ein Bierbecher-Wurfgeschoss nicht mit Regenschirmen abwehren. Ein Hexenkessel in der Stadt des preußischen Toleranzedikts, fast so wie auf dem Alexanderplatz vor einem Jahr.
Der heiße Wahlkampfauftakt der märkischen Union am Ende der Potsdamer Fußgängerzone wird gründlich gesprengt. Denn die gut 250 Mitglieder und Symphatisanten der Union kommen gegen die mit Trillerpfeifen und Fußballsirenen ausgerüsteten gut 150 jungen Gegen-Demonstranten nicht an. Es sind bekannte Gesichter unter ihnen, die bei früheren Kundgebungen noch Gerhard Schröder oder Joschka Fischer auspfiffen: Die hiesigen Aktivisten der Kampagne gegen Wehrpflicht, Hausbesetzer, Studenten und Schüler, aber auch die Juso-Landesvorsitzende Anja Spiegel mit ihren Mitstreitern sind dabei.
Und die CDU-Zentrale hat die Gefahr offenbar unterschätzt. Er rechne nicht mit ernsthaften Störungen, so Landesgeschäftsführer Mario Fassbender, noch kurz vor Beginn. Konnte die CDU nicht genügend eigene Leute zusammentrommeln? „Wir karren die Leute nicht mit Bussen heran. Wir können nicht wie die SPD einfach die Gewerkschaften bitten“ Die Stimmung auf dem Platz wird gereizter. Immer wieder gibt es Rangeleien mit der Polize, ein junger Mann wird abgeführt, ein T‑Shirt zerfetzt. Plötzlich greift Sven Petke, CDU-Vizeparteichef, einen jungen Protestler, der ihn zuvor beschimpft hatte, wütend von hinten ins Gesicht – unter den Augen der Polizei. Die nimmt prompt Petkes Personalien auf.
Nur Stoiber lässt sich nicht provozieren, im Gegensatz auch zu CDU-Parteichef Jörg Schönbohm vor ihm, der sich in Rage redete, gegen die Pfeifenden austeilte. Und der gegen Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe wetterte, der am Vortag Stoiber polemisch angriff: Er habe wohl die Schauspielschule besucht, als Schröder sich um die Flutopfer kümmerte. „Herr Stolpe, so mies habe ich sie noch nie erlebt. Sie sind von der Kampa schon verdorben“, ruft Schönbohm. Er sei tatsächlich enttäuscht, sagt ein Vertrauter.
Nein, Stoiber redet von der Bewältigung der Flutkatastrophe und von der Abwanderung aus dem Osten, vom nicht eingelösten Versprechen der rot-grünen Bundesregierung, die Arbeitslosigkeit zu drücken. Er verspricht, die geplante fünfte Stufe der Ökosteuer-Erhöhung abzuschaffen, die Kinderbetreuungskosten steuerlich absetzbar zu machen. Und er erzählt, dass er damals Stolpe noch im Bundesrat gefragt habe, wie er denn einer Steuereform zustimmen könne, die gerade die für Brandenburg typischen kleinen Betriebe belaste, die Großunternehmen aber entlaste. Sofort werden die Trillerpfeifen lauter. Stoiber: „Ehrlich gesagt, habe ich nicht erwartet, dass es hier so viele Vertreter des Großkapitals gibt.“ Nur ganz zum Schluss zeigt der Herausforderer doch Nerven: „Sie interessieren mich gar nicht, um sie bemühe ich mich gar nicht.“ Dann ertönt die Nationalhymne aus den Lautspechern, die Regler voll aufgedreht. Und jetzt, erst jetzt werden die Pfiffe erstmals übertönt.
Am Montag, den 2. September 2002, findet um 11.00 Uhr im Saal 015 am Landgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Str. 32 die Berufungsverhandlung gegen
Ronny B. statt.
Zur Verhandlung kommt ein rassistischer Angriff am 16. Februar diesen
Jahres. Der 30-jährige Palästinenser Ziad A. hatte Bekannte in Waßmannsdorf
besucht und war morgens zum Joggen gegangen. Auf einem Feldweg traf er auf
eine Gruppe von vier jungen Männern. Einer sprach ihn an, ob er Ausländer
sei, was er, nichts Böses ahnend, bejahte. Einer rief: “Lasst uns den
Ausländer aufklatschen”, dann stürzten sich die vier auf ihn, schlugen ihn
und traten auf ihn ein, als er am Boden lag. Einer der vier, ein etwa 1,90 m
großer Hüne, setzte sich auf Ziad A.s Brustkorb und versuchte, einen Hammer
aus dem Halfter zu ziehen, um Ziad A. den Schädel einzuschlagen. Ziad A.
konnte das verhindern, stand auf, wollte fliehen, doch die Verfolger holten
ihn wieder ein, schlugen und traten ihn. Schließlich fand ihn ein Wachmann
des benachbarten Asylbewerberheims.
Ziad A. lag zwei Wochen mit einer Schädelprellung und einem Nierenriss im
Krankenhaus. Noch Monate später klagte er über Schmerzen in den Nieren und
Augen. Seit dem Überfall leidet er unter Depressionen, die
psychotherapeutisch behandelt werden müssen.
Am 4. Mai verurteilte das Amtsgericht Königs Wusterhausen drei der Täter
wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haft- und Bewährungsstrafen. Der
20-jährige Ronny B. aus Wildau erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren und
zwei Monaten. Gegen das Urteil legte er Berufung ein, die nun zur
Verhandlung kommt.
Kay Wendel vom Verein Opferperspektive merkt dazu an: “Ich hoffe, dass sich
das Landgericht nicht von Ronny B.s Selbstmitleid, das er schon vor dem
Amtsgericht zur Schau stellte, beeindrucken lässt. Mitleid mit dem Opfer
hatte er nicht gezeigt, weder während der Tat noch seither. Rassistischen
Schlägern, denen der Anblick eines Ausländers und ein kurzer Zuruf genügt,
einen Menschen fast tot zu schlagen, haben kein Verständnis verdient.
Wichtig für das Opfer ist nicht unbedingt eine hohe Haftstrafe für den
Täter, aber eine unzweideutige Haltung gegen den Rassismus des Tatmotivs.”
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ES WÄRE SCHÖN, WENN LEUTE AUS POTSDAM ZIAD BEI SEINEM PROZESS SOLIDARISCH
UNTERSTÜTZEN!
Seit unserer gestrigen Aussendung haben sich die Ereignisse überschlagen. Erst
waren die Mitglieder der Schill-Partei gestern wieder
aktiv und hängten zahlreiche Plakate auf und anschließend tauchten die
Bernauer Plakatdiebe wieder aus ihrer Versenkung auf und entfernten fast
alle.
Im Bernauer Stadtgebiet befinden sich zur Zeit mindestens 5 Plakate der
Schill-Partei:
— Autohaus Mitsubishi (Richtung Friedensthal)
— Polizeiwache Bernau (Videoüberwacht!!!)
— 2x Bahnhofsvorplatz (Videoüberwacht!!!)
— Rollberg Ortseingangsschild Ladeburg
Wir gehen davon aus das diese Liste unvollständig ist. Natürlich versuchen wir
als Diensleister so aktuell und genau wie irgend möglich zu sein. Da die
Arbeit aber ehrenamtlich getragen wird, möchten wir um eure Mitarbeit bitten.
Meldet doch bitte an dieser Stelle von euch gesichtete Plakate bzw. ebend
nicht mehr gesichtete Plakate im Bernauer Stadtgebiet.
Wie Insider berichten, benutzen die Bernauer Plakatdiebe inzwischen aus
Sicherheitsgründen Vermummung und Handschuhe.
Die Bernauer Plakatmeldestelle weist ausdrüklich darauf hin, das es sich hier
um keinen Aufruf zur Straftat handelt. Wir verurteilen jeden Plakatdiebstahl
auf das Schärfste!
Stand 28.08.2002
Der Vorsitzende des Brandenburger Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus, Rolf Wischnath, hat sich “bestürzt” über die jüngste Ausweitung der V‑Mann-Affäre geäußert. “Das sind Abgründe”, sagte Wischnath gestern. Er reagierte damit auf einen Pressebericht, wonach am Vertrieb der Neonazi-CD “Noten des Hasses” neben dem V‑Mann Toni S. aus Cottbus ein V‑Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz, der sächsische Neonazi-Anführer Mirko H., beteiligt war.
Damit sind von drei Neonazis, die die CD mit Aufrufen zum Mord an Michel Friedmann (Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland), Ex-Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth oder Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg zu hunderten unter die Leute brachten, zwei V‑Männer des Verfassungsschutzes. Wenn sich das bestätige, dann sei dies gegenüber den Pannen beim NPD-Verbotsverfahren eine “neue Dimension”, so der Cottbuser Generalsuperintendent Rolf Wischnath. Er werde morgen Brandenburgs Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin auf einer Vorstandssitzung des Aktionsbündnisses zu den Vorwürfen befragen. “Ich bin bisher strikt davon ausgegangen, dass V‑Leute keine Straftaten begehen dürfen.” Auch Andreas Schuster, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, forderte, dass beim Einsatz von V‑Leuten in Brandenburg klargestellt werden müsse, dass sie keine Straftaten begehen dürfen. “Durch die Affäre geraten Verfassungsschutz wie Polizei in ein negatives Licht.” Besonders pikant: Brandenburgs Verfassungsschutz und das Bundesamt waren über den Einsatz der jeweils anderen Quelle offenbar voll im Bilde. Davon geht auch der Vorsitzende der Potsdamer parlamentarischen Kontrollkommission (PKK), Christoph Schulze, aus. Es sei inzwischen ja “allgemein bekannt”, so Schulze, dass es sich um eine länderübergreifende Operation von Verfassungsschutzbehörden gehandelt habe, um Hintermänner und Vertriebswege der Neonazi-Musikszene aufzudecken (die RUNDSCHAU berichtete). “Wer meint, dass dies nur mit einer Person aufzurollen ist, ist realitätsblind”, betont Schulze. Er bleibe trotzdem bei seiner Wertung, dass dem Brandenburger Verfassungsschutzchef Heiner Wegesin und seiner Behörde nichts vorzuwerfen sei. Hingegen sieht sich die PDS-Landtagsabgeordnete Kerstin Kaiser-Nicht in ihrer Kritik bestätigt. Die Behauptung, dass es keinen anderen Zugang zu den Hintermännern als Toni S. gegeben habe, sei durch Bekanntwerden des zweiten V‑Mannes wiederlegt. Auch habe sich der Verdacht erhärtet, dass die Behörde Toni S. nicht rechtzeitig abgeschaltet hat. Das Ganze sei “skandalös”, erklärte Kaiser-Nicht. Innenminister Jörg Schönbohm hatte nach der jüngsten Sitzung des Kontrollgremiums im Landtag bestätigt, dass der V‑Mann aus dem Ruder gelaufen war und Straftaten über das zugebilligte Maß hinaus begangen hatte. Kaiser-Nicht verwies darauf, dass die von ihr geforderte, aber von der SPD/CDU-Mehrheit bisher abgelehnte Akteneinsicht nun um so dringlicher werde. Nach den jüngsten Enthüllungen um den zweiten V‑Mann ahne sie, “warum gemauert” werde. Hingegen mahnte SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch die PDS-Abgeordnete, die PKK nicht parteipolitisch zu missbrauchen.
BGS lag auf der Lauer…
LUDWIGSDORF. Eine Sommernacht zum Träumen so hätte man die Nacht vom Sonntag auf Montag durchaus beschreiben können. Unter sternenklarem Himmel, bei etwas Bodennebel, lagen die eingesetzten Streifenbeamten des BGS bei Ludwigsdorf auf der Lauer. Ungefähr eine Stunde nach Mitternacht wurde die malerische Kulisse durch hektisches Treiben getrübt. Aus Richtung Neiße kommend, liefen mehrere Personen der Streife fast in die Arme. Irritiert durch den mitgeführten Diensthund retteten sich einige zunächst auf einen Baum. Nachdem man die Männer schließlich zum Herunterklettern überredet hatte, ging es im Streifenfahrzeug weiter zur Dienststelle. Dienstag sollten die aufgegriffenen Iraker nach Polen abgeschoben werden.
OSL-Kreis. Dr. Dirk Wesslau, Spitzenkandidat der Brandenburger Partei Rechtsstaatliche Offensive, besser bekannt unter dem Namen Schill-Partei, begibt sich morgen im hiesigen Landkreis auf Wahlkampftour. Die einzelnen Stationen des Zahnarztes aus Bernau bei Berlin sind um 9 Uhr das Heidecenter in Schwarzheide, 11 Uhr Ortrand, 12.30 Uhr Lauchhammer-Mitte, 14.30 Uhr und 16.30 Uhr Senftenberg, jeweils auf dem Marktplatz. Um 18 Uhr stellt sich der Kandidat in der Gaststätte Hubertus-Klause am Markt in der Kreisstadt den Fragen interessierter Bürgerinnen und Bürger.
POTSDAM, 27. August (epd). Ein aus Sierra Leone stammender Mann ist im brandenburgischen Prenzlau von mehreren Tätern schwer misshandelt worden. Wie der Verein “Opferperspektive” in Potsdam mitteilte, wurde der Flüchtling bereits in der Nacht zum 16. August im Stadtzentrum von drei Männern und einer Frau unter anderem mit einem Schlagring ins Gesicht geschlagen und mit Springerstiefeln getreten. Außerdem sei er mit einem knüppelartigen Gegenstand mehrfach zu Boden geschlagen worden. Das Amtsgericht Prenzlau bestätigte auf Anfrage den Vorfall.
Während der Tat hätten mehrere Autos den Tatort passiert, hieß es. “Erst geraume Zeit später” sei die Polizei von einem Passanten verständigt worden. Die mutmaßlichen Täter wurden noch in derselben Nacht gefasst, drei von ihnen sitzen in Untersuchungshaft. Eine Woche später wurde der Afrikaner erneut von zwei jungen Männern beleidigt und bedroht. Sie hätten ihn dafür verantwortlich gemacht, dass ihre Freunde jetzt “im Knast sitzen”.
Der Verein “Opferperspektive” fordert nun, den Misshandelten “dringend an einen sicheren Ort” zu bringen. Der Afrikaner habe “große Angst vor einem Racheakt” der örtlichen rechten Szene, betonte Judith Porath von der Organisation.
21 Ukrainer im Lkw geschmuggelt
FRANKFURT (ODER). Ein in dieser Form bisher einmaliger Fall von Menschenschmuggel ist an der polnisch-deutschen Grenze aufgeflogen. Bei der Einreisekontrolle eines polnischen Lkw am Autobahnübergang Frankfurt (Oder) stießen Zöllner am Dienstagmorgen auf 21 Ukrainer. Nach Auskunft des Frankfurter Hauptzollamtes waren 19 Erwachsene und ein Kleinkind auf der Ladefläche, ein weiterer Mann in der Fahrerkabine versteckt.
Den Frachtpapieren zufolge sollte der Lkw 30 zerlegte Saunahäuschen geladen haben, sagte ein Zollsprecher. Bei der Kontrolle waren die Beamten aber auf einzelne Gepäckstücke gestoßen, die nicht zur Ladung gehörten. Sie lösten die Plane und leuchteten den Laderaum aus. In Freiräumen seien die Menschen versteckt gewesen.
Es sei im Frankfurter Raum das erste Mal, dass bei der Warenkontrolle eines Lkw Personen entdeckt wurden, sagte der Sprecher. Der Gesundheitszustand aller 21 Personen sei gut. Die Ukrainer seien offensichtlich erst in Polen aufgestiegen und vermutlich noch nicht allzu lange auf der Ladefläche gewesen.
Die Zollbeamten übergaben die Ausländer an den Bundesgrenzschutz (BGS), der sie am Dienstag befragte. Üblicherweise werden illegal eingereiste Ausländer nach der Befragung wieder nach Polen als sicheres Drittland abgeschoben.
Der BGS beobachtet an Oder und Neiße seit längerem die Tendenz, dass sich die illegale Einreise von der grünen Grenze weg an die Grenzübergänge verschiebt.
Der Verfassungsschutz gerät angesichts der doppelten V‑Mann-Affäre zunehmend in die Kritik. Im Mittelpunkt steht vor allem der Einsatz von zwei Spitzeln, die am Vertrieb der Neonazi-CD „Noten des Hasses“ beteiligt waren. Auf der Platte ruft die Band „White Aryan Rebels“ in dem Song „Die Kugel ist für dich“ zum Mord am Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden, Michel Friedman, und weiteren Prominenten auf.
„Dass die Sicherheitsbehörden mittlerweile ein Teil der Bedrohung geworden sind, erschüttert und verunsichert mich“, sagte der seit Jahren von Neonazis verfolgte Friedman dem Tagesspiegel. Dies könne politisch nicht hingenommen werden. Auch die von den „White Aryan Rebels“ ebenfalls attackierte frühere Fernsehmoderatorin Mo Asumang reagierte bestürzt: „Ich möchte mir nicht vorstellen, dass der Verfassungsschutz gewusst hat, was da ablief. Dann würde ich an allem zweifeln.“ Asumang sah sich nach Erscheinen der CD mit dem Mordaufruf im letzten Jahr gezwungen, „Maßnahmen für die persönliche Sicherheit“ zu treffen.
Bei den zwei V‑Männern handelt es sich um den Cottbuser Neonazi Toni S., der für Brandenburgs Verfassungsschutz tätig war, und um den Sachsen Mirko H., der im Auftrag des Bundesamtes für Verfassungsschutz in der rechten Szene spionierte. Toni S. sitzt seit einer umstrittenen Razzia der Berliner Polizei gegen die „White Aryan Rebels“ in Untersuchungshaft, der Szene-Anführer Mirko H. verbüßt bereits eine zweijährige Haftstrafe wegen einschlägiger Straftaten. Die Dresdner Staatsanwaltschaft hat, wie berichtet, gegen H. inzwischen wieder eine Anklage erhoben. Dem einstigen V‑Mann wird neben weiteren Delikten vorgeworfen, er habe sich an Produktion und Vertrieb von „Noten des Hasses“ beteiligt. Nach Informationen des Tagesspiegels waren demnach zwei der mutmaßlich drei Neonazis, die knapp 3000 Exemplare der CD mit den Mordaufrufen in Umlauf brachten, V‑Männer des Verfassungsschutzes.
Schon vor zwei Wochen, als das Ausmaß der Affäre noch nicht vollständig zu erkennen war, hatten die innenpolitischen Sprecher von Union, FDP und PDS gefordert, der Innenausschuss des Bundestages müsse zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Diese wird nun an diesem Donnerstag stattfinden. Das Bundesinnenministerium hat einen Bericht über die Flutkatastrophe und „über den Einsatz von V‑Leuten zur Aufklärung der rechtsextremistischen Musikszene“ angekündigt. Zunächst hatte ein Sprecher des Ministeriums die Forderung nach der Sondersitzung als „Show“ abgetan.
„Wir erwarten, dass Bundesinnenminister Otto Schily und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz Rede und Antwort stehen“, sagte der Vizechef der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach, dem Tagesspiegel. Es reiche nicht, dass Innen-Staatssekretär Claus Henning Schapper in der vergangenen Woche das zur Geheimhaltung verpflichtete Parlamentarische Kontrollgremium unterrichtete. Ähnlich äußerten sich die innenpolitischen Sprecher der Fraktionen von FDP und PDS, Max Stadler und Petra Pau. Die Berliner Grünen gehen noch einen Schritt weiter: Sie verlangen, dass die Sicherheitsbehörden nicht mehr alleine über V‑Mann-Einsätze entscheiden – sondern nur noch in Absprache mit Parlamentarischen Kontrollkommissionen. Tenor der Grünen: „Es reicht!“