Kategorie: Law & Order
Die Täter warfen Eier gegen Fenster und Fassade der Wohnung, die von syrischen Flüchtlingen bewohnt ist, und versuchten sich gewaltsam Zutritt zum Haus zu verschaffen. Außerdem posierten sie mit beleidigenden Gesten vor der Wohnung und riefen unverständliche Parolen. Beim Eintreffen von Mitgliedern unseres Vereins ergriffen die Täter die Flucht und konnten unerkannt entkommen. Menschen wurden nicht verletzt.
Wir werten diese Aktion als Teil der massiven rassistischen Mobilisierung gegen Geflüchtete, welche momentan durch dieses Land schwappt. Wir sind betroffen und wütend über die Dummheit und Menschenverachtung, die sich beinahe täglich gegen Geflüchtete entlädt. Wer die gefährliche Flucht über das Mittelmeer überlebt hat, sieht sich hier mit Anfeindungen und Angriffen konfrontiert. Hier angekommen erfahren diese Menschen den strukturellen Rassismus der Behörden und müssen sich in einem Leben voller Unsicherheiten einrichten. Neid und (Alltags-)Rassismus von Teilen der deutschen Bevölkerung treffen dann die, die ohnehin schon alles verloren haben. Was für ein Armutszeugnis für diese Gesellschaft! Die betroffene Flüchtlingsfamilie hat verständlicherweise Angst — dieser Zustand ist absolut inakzeptabel und wir werden unser möglichstes tun, damit Geflüchtete hier in Frieden leben können!
Wir bitten um Wachsamkeit und Unterstützung aus der Bevölkerung, um weitere Angriffe zu verhindern. Wer Hinweise geben kann, meldet sich bitte unter info@jwp-mittendrin.de. Außerdem begrüßen wir Gesten der Solidarität, damit die Familie merkt, dass sie nicht alleine gelassen wird.
“Wir bleiben alle” heißt Bleiberecht für alle! Die rassistische Mobilisierung stoppen — Geflüchtete unterstützen! JWP-MittenDrin
In Brandenburg sind Menschen mit Migrationsgeschichte tagtäglich Diskriminierungen ausgesetzt. Betroffen sind neu Zugewanderte genauso wie schon lange hier lebende Eingebürgerte, Hochqualifizierte genauso wie Landarbeiterinnen und Kellner. Sie erleben rassistische Beleidigungen auf der Straße, werden bei der Wohnungssuche benachteiligt, erhalten schlechteren Lohn, werden in der Schule gemobbt, beim Arzt schlechter versorgt, in Behörden und beim Einkaufen abwertend behandelt oder an der Diskothekentür abgewiesen.
Menschen, die nicht von Rassismus betroffen sind, können die tiefgreifenden Auswirkungen von solchen Würdeverletzungen, verweigerten Chancen und vorenthaltener Teilhabe kaum ermessen.
Die brandenburgische Parlamentsmehrheit hat das Problem erkannt und Ende 2013 die Landesverfassung um eine sog. Antirassismusklausel ergänzt, die allerdings mit konkreten Maßnahmen unterfüttert werden muss, soll sie nicht rein symbolisch bleiben. Folgerichtig wäre die Einführung eines Landesantidiskriminierungsgesetzes (LADG), was aber leider bis heute auf sich warten lässt. Deshalb ist es immer noch so, dass Menschen sich juristisch z. B. gegen einen diskriminierenden Vermieter zur Wehr zu setzen können, nicht aber gegen eine Behördenmitarbeiterin oder einen Lehrer. Wenn es zu Diskriminierung durch staatliche Stellen kommt, bietet nämlich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) keinen Schutz, weil es nur im zivilrechtlichen Bereich gilt. Diese Schutzlücke im öffentlichen Recht gilt es zu schließen.
Will Brandenburg modern und attraktiv sein für neue Unternehmen, mehr Zuzug und mehr Tourismus haben, so muss es ein Leben und Wirtschaften in einer offenen und diskriminierungsfreien Gesellschaft bieten können. Erst dann werden sich hier alle Menschen willkommen fühlen.
Die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg berät und interveniert seit 5 Jahren landesweit in Fällen von rassistischer Diskriminierung.
Wir sind Bürgerinnen und Bürger dieses Landes – Alteingesessene und Zugezogene, verschieden in unseren politischen Überzeugungen, unserem Glauben und unseren Lebensformen. Wir sind weltoffen und gastfreundlich und wir wollen Menschen Schutz geben, die vor Krieg, Not und Verfolgung fliehen mussten. Neuruppin ist bunt und soll es bleiben. Unsere Gesellschaft und besonders unsere Region leben davon, dass Menschen sich willkommen fühlen und bei uns eine neue Heimat finden.
Wir lassen es nicht zu, dass gegen Menschen gehetzt wird. Wir lassen es nicht zu, dass auf unseren Straßen Angst und Schrecken verbreitet werden. Darum werden wir zusammen gegen den Aufmarsch der Neonazis Widerstand leisten.
Am 6. Juni zeigen wir mit Musik, Sport, Kunst und Kultur, wie tolerant und kreativ die Stadt Neuruppin und das Land Brandenburg sind. Und wir zeigen, dass Gewalt, Hass und Rassismus keine Zukunft haben – weder hier noch andernorts.
Wir laden alle Menschen von nah und fern ein:
KOMMEN SIE AM 6. JUNI 2015 UM 10 UHR NACH NEURUPPIN.
Lassen Sie uns gemeinsam mit demokratischen Mitteln auf vielfältige Weise protestieren. Wer singen und tanzen will, diskutieren, feiern oder beten, wer sich den Neonazis friedlich entgegen stellen will, ist uns willkommen.
Vielfalt ist unsere Zukunft – Schöner leben ohne Nazis!
20.3.2015,
Aktionsbündnis „Neuruppin bleibt bunt“
Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit
Trotz Protesten von Willkommensinitiativen hat die FH der Polizei die Manöverübungen auf dem TÜV-Gelände direkt neben der Unterkunft für Flüchtlinge in Lehnitz/Oranienburg im Landkreis Oberhavel fortgesetzt. In der Flüchtlingsunterkunft wohnen mehr als 200 Männer, Frauen und Kinder, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind. Fachleute schätzen, dass mindestens 40% der Flüchtlinge aufgrund der erlebten Verfolgung und der Flucht traumatisiert sind.
Mit den Polizeiübungen in unmittelbarer Nachbarschaft ihrer Unterkunft sind sie erneut mit einer Geräuschkulisse konfrontiert, die viele von ihnen mit ihrer Verfolgung assoziieren: Hubschraubereinsätze, Spezialfahrzeuge und Hundertschaften in Uniform, Übungen zur Häuserstürmung und Verfolgung, Schießübungen mit unscharfer Munition.
Auch die Polizeifachhochschule sieht ein Problem, offenbar jedoch vor allem im Protest der Willkommensinitiativen. Gesprächsangebote des Flüchtlingsrates unter Einbeziehung einer Traumaspezialistin, die jahrelange Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen hat, hielt die Fachhochschule für unangebracht. Zwar wird weiterhin Gesprächsbereitschaft signalisiert, es stellt sich jedoch die Frage, welches Ziel die Gespräche haben sollen, wenn die Fachhochschule es ablehnt, Expertinnen auch nur anzuhören und klarstellt, dass es Überlegungen zu einem Ausweichort nicht gäbe.
Die Fachhochschule lädt Flüchtlinge ein, durch Beobachtung der Polizeimanöver ihre Ängste abzubauen — ein fragwürdiges Unterfangen, das den jahrelangen Erfahrungen der Traumatherapie widerspricht. Denn eines der Symptome von Traumatisierung ist es gerade, die Konfrontation mit Erlebnissen, die Assoziationen zum Trauma auslösen könnten, zu vermeiden. Und so gibt es die stilleren nicht-öffentlichen Stimmen in dem Heim in Lehnitz, die ihr Unbehagen mit der starken Polizeipräsenz in der Nachbarschaft in einer Atmosphäre des Vertrauens sehr klar formulieren und den Wunsch äußern, so schnell wie möglich einen anderen Wohnort zu finden.
Das erste Manöver in diesem Jahr ist beendet – die Auseinandersetzung darüber, dass ein Gelände für Terrorbekämpfung, Schießübungen und Polizeigroßeinsätze direkt neben einer Unterkunft für Flüchtlinge weder einer humanitären Flüchtlingsaufnahme noch den Europäischen Verpflichtungen zur Berücksichtigung der Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Menschen entspricht, geht weiter.
Willkommenskultur sieht anders aus! Der Flüchtlingsrat fordert die sofortige Aussetzung aller Polizeiübungen und perspektivisch ein Aufnahmekonzept, das Flüchtlinge und andere sachkundige Menschen in die Gestaltung der Unterbringung einbezieht.
Für das Jahr 2014 hat der Verein Opferperspektive bislang 92 rechte Gewalttaten (im Vorjahr 85) registriert. Sie richteten sich nach Kenntnis der Beratungsstelle gegen mindestens 149 Betroffene. Der Anteil der rassistisch motivierten Taten liegt mit 58 deutlich höher als im Jahr davor (41) und macht 63 Prozent aller registrierten Taten aus (2013: 48 Prozent). 19 Gewalttaten wurden aus Hass gegen politische Gegner_innen verübt, 11 richteten sich gegen nicht Rechte, 2 gegen sozial Ausgegrenzte / Menschen mit Behinderungen, jeweils ein homophober und ein antisemitischer Angriff wurden erfasst. Es wurden 76 Körperverletzungen — davon 41gefährliche — registriert sowie 3 versuchte Körperverletzungen, 9 Bedrohungen, 2 Brandstiftungen, 1 Sachbeschädigung und eine sexuelle Nötigung. Von einem hohen Dunkelfeld ist auszugehen. Nicht erfasst wurden Kundgebungen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen vor Flüchtlingsheimen und Privatwohnungen, in denen Flüchtlinge leben. Sie sind von den Veranstaltern als Einschüchterung gemeint und werden von den Betroffenen als Bedrohung empfunden, können aber statistisch nicht als Gewaltdelikt gewertet werden.
Die meisten Angriffe wurden in Cottbus registriert, gefolgt vom Landkreis Spree-Neiße, in dem nach wie vor Spremberg mit einer agilen gewalttätigen Neonaziszene einen Schwerpunkt bildet.
Der Anstieg rassistischer Gewalt ist nach Einschätzung der Opferperspektive auf die andauernde und massive Mobilisierung gegen Flüchtlinge zurückzuführen (1). Sie wendet sich letztendlich gegen alle als Migrant_innen wahrgenommenen Menschen. Rassistisch eingestellte Durchschnittsbürger_innen fühlen sich ermuntert und werden zu Gelegenheitstäter_innen, so wie in Potsdam am 6. September, als ein nigerianischer Staatsbürger seine neue Wohnung am Schlaatz beziehen will. Zwei Nachbarn stellen sich ihm in den Weg, um ihn nicht ins Haus zu lassen. Sie beschimpfen ihn rassistisch und erklären, er würde hier nicht wohnen. Als er darauf besteht, eine Wohnung gemietet zu haben, sogar seine Schlüssel zeigt, schlägt einer der beiden ihm ins Gesicht und besprüht ihn mit Pfefferspray. In Elsterwerda beleidigt am 13. Mai ein Rechter einen Deutschen libanesischer Herkunft rassistisch, als er diesen bei der Arbeit auf einem Gartengrundstück beobachtet. Er tritt den sichtlich Erkrankten zweimal in den Unterleib und droht ihm mit dem Tod, falls er die Stadt nicht verlasse. Der Betroffene muss in Folge des Angriffs stationär behandelt werden.
Neben der tatsächlichen Zunahme rassistischer Gewalt wirken sich vermutlich folgende Entwicklungen auf die statistische Erfassung aus: eine langsam zunehmende Sensibilisierung der Polizei für rassistische Taten und damit eine Verbesserung der Dokumentation von Hinweisen auf rassistische Motive und die große Unterstützung von Asylsuchenden durch zahlreiche Initiativen. Die soziale Einbindung fördert die Bereitschaft, nach rassistischen Angriffen Anzeige zu erstatten und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zur Verhinderung langfristiger psychischer Angriffsfolgen mangelt es in Brandenburg allerdings nach wie vor an qualifizierten Übersetzungsmöglichkeiten bei Psychotherapien und einer unbürokratischen Regelung für Asylsuchende, nach rassistischen Bedrohungen bzw. Angriffen den Wohnort wechseln zu können (sogenannte Umverteilung).
Mit Sorge beobachtet der Verein die Neueinrichtung von großen Sammellagern ohne abgetrennte Wohneinheiten. Massenunterkünfte stigmatisieren die hier Untergebrachten und schüren vor allem in kleinen Ortschaften rassistische Ressentiments. Die fehlende Privatsphäre beschädigt nicht nur die Bewohner_innen, sie fördert zudem Gewalt in den Unterkünften. Die geringe Ausstattung mit qualifizierten Sozialarbeiter_innen verschärft die Situation.
Der Verein Opferperspektive fordert die Landesregierung dazu auf, die Unterbringungspolitik neu auszurichten. Das Innenministerium sollte in Rückgriff auf die Antirassismusklausel in der Landesverfassung die ihm unterstellten Behörden anweisen, Kundgebungen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen nicht vor deren Wohnungen bzw. Unterkünften zu genehmigen.
(1) Siehe: Netz gegen Nazis „Rassistische Mobilisierungen gegen Flüchtlingsunterkünfte, Rechte Demonstrationen und Wahlkampf bei NPD und AfD – Das Jahr 2014 in Brandenburg“
Strausberg — Polizei durchsucht private Räume mit unzulänglichem Vorwand, betritt und filmt Räume des Vereins ohne wirksamen Durchsuchungsbeschluss
Am Vormittag des 10. März 2015 durchsuchten etwa 30 Beamte der Polizei das private Zimmer eines Vereinsmitglieds in den Räumlichkeiten des Alternativen Jugendprojekts 1260 e.V.
Etwa 15 Beamte, sowohl uniformiert als auch in zivil, begannen nach Öffnung der Haustür sofort in alle Räume auszuschwärmen und die Räumlichkeiten zu filmen. Beim Betreten der Wohngemeinschaft wurde keine Rücksicht auf die Räume der anderen Bewohner_innen genommen. Die Polizist_innen konnten erst durch energisches Drängen davon abgehalten werden, nicht andere Privaträume zu betreten und filmten währenddessen Küche, Bad und WC.
Zur Begründung durch die Polizei ist dem richterlichen Durchsuchungsbeschluss aus dem August des letzten Jahres zu entnehmen, dass nach Beweismitteln für die Begehung eines Landfriedensbruchs nach § 125 StGB gesucht werde. Es sollte sogenanntes „Bildmaterial“, welches am „Tattag“ vom Beschuldigten angefertigt worden sei, sowie nicht näher definierte „Tatkleidung“ aufgefunden werden. Dem Beschluss ist zusätzlich zu entnehmen, dass der Tatverdächtige am 24.November 2013 „Mitdemonstrierende“ zum „gewaltsamen Durchbrechen“ einer Polizeikette aufgefordert haben soll.
Wie genau das sogenannte „Bildmaterial“, welches nicht näher beschrieben ist, mit dem Tatvorwurf in Verbindung steht, bleibt unbegründet. Nach diesem Beschluss bleibt zu vermuten, dass sich die beschuldigte Person selber beim Begehen der vorgeworfenen Straftat gefilmt oder fotografiert haben soll.
Ebenso wenig wird genauer beschrieben, worum es sich bei der „Tatkleidung“ genau handeln soll, nach der nach 16 Monaten trotz unzulänglicher Beschreibung, gesucht wurde. Der schon aufgrund der nicht näher beschriebenen Beweismittel wohl kaum haltbare Durchsuchungsbeschluss, hatte zwischenzeitlich auch seine Wirksamkeit verloren. Laut einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahre 1997 ist eine richterliche Durchsuchungsanordnung keine Beantragung auf Vorrat. Nach dem Ablauf von sechs Monaten entfaltet eine Durchsuchungsanordnung keine Wirkung mehr. Eine über sechs Monate nach Ergehen der Anordnung erfolgende Durchsuchung ist unzulässig. Den Polizeibeamten, für die die Vollziehung von Durchsuchungsbeschlüssen zum täglich Geschäft gehört, hätte dieser Umstand bei einem Blick auf das Datum (12.08.2014) sofort bewusst werden müssen.
Die ungenügende Beschreibung der „Tatkleidung“ und des „Bildmaterials“ sowie die Vollziehung eines nicht mehr wirksamen Durchsuchungsbeschlusses unter Mißachtung der Vorgaben des BVerfG lassen Zweifel an einer sauberen polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlung wachsen. Vielmehr ergibt sich daraus nun die Vermutung, dass es andere Beweggründe für diese Durchsuchung gegeben haben könnte.
Wir als AJP1260 e.V. verurteilen das undemokratische Vorgehen der Polizei und das unsaubere Arbeiten von Staatsanwaltschaft und Gericht scharf. Der Verein wird rechtliche Schritte gegenüber den Ermittlungsbehörden prüfen, da während der Durchsuchung Räume des Vereins AJP 1260 e.V. betreten und durchsucht worden sind, obwohl diese vom ohnehin unwirksamen richterlichen Beschluss nicht umfasst waren, und zudem begründete Bedenken bestehen, ob das Gericht seiner Pflicht, den Antrag auf Durchsuchung gewissenhaft zu prüfen, nachgekommen ist.
Am 15.02.2015 folgten mehrere hundert Menschen dem Aufruf des Bündnisses „Cottbus Nazifrei!“ und wollten sich den Geschichtsverdreher*innen der NPD in den Weg stellen. Rund 800 friedliche Blockierer*innen waren am Aktionstag auf den Cottbuser Straßen unterwegs. Die Neonazis mobilisierten zum Cottbuser Hauptbahnhof als Treffpunkt, obwohl ihr angemeldeter Kundgebungsort das rund 2,5 km entfernte Turnerdenkmal war. Cottbus Nazifrei! versuchte einen möglichen Neonaziaufmarsch durch die Cottbuser Südvorstadt zu verhindern.
Cottbus Nazifrei! machte bereits vor dem 15.Februar auf die öffentliche Mobilisierung durch die NPD zu einem nicht angemeldeten Versammlungsort aufmerksam.Trotz mehrfachen Hinweises darauf, haben die Versammlungsbehörden darin kein Problem gesehen. So hätte ein Neonazi-Aufmarsch durch die Südvorstadt stattfinden können.
Die Demonstration von Cottbus Nazifrei! führte am Spreewald-Bahnhof vorbei zur Güterzufuhrstraße und wurde dort zunächst ohne Angabe von Gründe durch die Polizei gestoppt. Er führte dann weiter über die Bahnhofsbrücke und die Thiemstraße. Auf der Thiemstraße kam es im weiteren Verlauf des Tages zu rabiaten Übergriffen auf Demonstrant*innen durch die Polizei auf dieser angemeldeten Demonstrationsroute.
Gegen 13.30 Uhr bewegte sich eine große Menschengruppe auf der Thiemstraße. Sowohl die Straße als auch der Bürgersteig wurden dabei genutzt. Die Gruppe wurde auf dem linken Bürgersteig ab der Kreuzung Bahnhofstraße/ Stadtring von einer Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) begleitet. Auf Höhe des Kinder- und Jugendnotdienstes eskalierte die Situation plötzlich. Die für diese Aufgabe völlig unterbesetzte Polizeieinheit zog sich über die Thiemstraße und versuchte diese abzusperren. Einige der Polizist*innen hatten bereits im Laufen ihr Pfefferspray gezogen. In Panik versuchten die Demonstrant*innen der zu erwartenden Gewalt zu entgehen. Die Polizist*innen rannten auf die Straße und folgten den Fliehenden. Demonstrant*innen wurden gezielt geschubst und zu Fall gebracht. Augenzeugen und Betroffene berichten von Schlagstock- und Pfeffersprayeinsätzen, sowie gezielten Faustschlägen.
Einem 13-jährigen, der verängstigt am Rand stehen geblieben war, griff ein Beamter mit seinem Quarzhandschuh direkt ins Gesicht und schubste ihn. Eine junge Frau, die auf den Bürgersteig rannte, wurde von einem voll gepanzerten Polizisten so rabiat zu Fall gebracht, dass sie kurze Zeit bewusstlos am Boden liegen blieb. Die junge Frau erlitt einen Trümmerbruch im Oberarm und musste noch am selben Abend notoperiert werden und lag eine Woche stationär im Krankenhaus. Darüber hinaus erlitt sie Schürf- und Platzwunden am Kopf und im Gesichtsbereich, sowie diverse Prellungen am Körper. Die Demosanitäter*innen kümmerten sich vor Ort um die Verletzte und riefen einen Krankenwagen.
Zeitgleich geleiteten die Polizeikräfte die Neonazis weiter südlich über die Thiemstraße, um diese zu ihrem eigentlichen Kundgebungsort am Turnerdenkmal zu bringen. Dass dies über eine angemeldete Demonstrationsroute passieren sollte und dass deswegen Demonstrationsteilnehmende ins Krankenhaus eingeliefert werden mussten, bleibt für alle Betroffenen absolut unverständlich.
Kurze Zeit später, gegen 13.40 Uhr, wurde eine Gruppe von 20–30 Personen in der Leipziger Straße/ Ecke Thiemstraße von der Polizei umzingelt. Die Gruppe bremste und hob die Hände, um einer Eskalation der Situation vorzubeugen. Die Beamt*innen trieben die Menschenmenge zusammen, bedrängten und schubsten die Leute. Einzelne hakten sich beieinander ein, um zu verhindern, dass jemand zu Fall kommt. Die Polizist*innen begannen am Rand in die Menge hinein zu schlagen. Einem Demonstranten wurde dabei mehrfach direkt auf den Kopf geschlagen, ein anderer berichtete von Schlägen in die Magengrube. Während des Gerangels knickte ein Mensch am Bordstein um und erlitt einen Bänderriss. In derselben Situation kam es außerdem zu mehreren brutalen Festnahmen
(https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/16355453740/in/album-72157650775498986/).
Auf Höhe des Klinikums spielten sich zur selben Zeit ebenfalls sehr unschöne Szenen ab. Hier wurden erneut Menschen gezielt zu Fall gebracht und landeten zum Teil im Dornengestrüpp. Einer jungen Frau wurde in die Beine getreten. Sie ging zu Boden und wurde von dem Beamten aufgefordert wieder zurück zu gehen. Als die Betroffene nicht schnell genug aufstand, brachte der Polizist sie erneut zu Fall und drückte sie zu Boden. Die junge Frau wurde am Pullover von dem Polizisten hoch gehoben und in eine nahestehende Menschenmenge geschubst. Wegen starker Schmerzen im Fuß ließ sie sich von den Sanitäter*innen vor Ort untersuchen und suchte auf deren Rat hin die Notaufnahme im Klinikum auf. Dort wurde ihr eine schwere Mittelfußprellung und eine Bänderverletzung diagnostiziert. Sie konnte nur noch auf Unterarmstützen laufen.
Gegen 13.50 Uhr gingen die Übergriffe an der Grünfläche bei der Europakreuzung weiter. Hier raste ein Mannschaftswagen der Polizei über die Wiese durch eine lose Menschengruppe hindurch. Nur durch die Aufmerksamkeit einiger Menschen dieser Gruppe wurde niemand angefahren. An derselben Stelle kam es zu weiteren Übergriffen. Augenzeugen berichteten von Polizist*innen, die auf einen am Boden liegenden Menschen eintraten. Auch hier kam es zu einem Schlagstockeinsatz. Es wurde sogar beobachtet, dass das massive Stativ einer Polizeikamera als Schlagstock genutzt wurde. Eine Frau soll außerdem geschüttelt und gegen einen Laternenmasten gestoßen worden sein.
Die Polizeiwillkür wollte allerdings auch dann noch kein Ende nehmen. Gegen 14.15 Uhr hielt es die Polizei für nötig einen Lautsprecherwagen an der Ecke Gaglower Straße/ Hermann-Löns-Straße zu durchsuchen. Während das Fahrzeug durchsucht wurde, grüßte die Moderation eine vorbei laufende Menschengruppe mit den Worten „Schön, dass ihr da seid!“. Daraufhin warf die Polizei der Lautibesatzung vor, zu Straftaten aufgerufen zu haben. Die Personalien aller Insassen wurden aufgenommen und mit Platzverweisen gedroht. Außerdem wurden sie aufgefordert den Lautsprecherwagen abzubauen. Telefonisch wurde Kontakt zu Anwält*innen aufgebaut, die Polizei verweigerte allerdings die Kommunikation und konnte keine*n Verantwortliche*n benennen. Erst als sich unter anderem die Bundestagsabgeordnete Birgit Wöllert vor Ort einfand, entspannte sich die Situation. Die Platzverweise wurden zurück genommen und galten nur noch für eine Stunde. Der Lautsprecherwagen musste dennoch abgebaut werden und durfte keine Durchsagen mehr machen.
Zum Abschluss des Tages sollte eine Spontandemonstration von der Dresdener Straße über die wenig befahrene Gartenstraße angemeldet werden. Diese Demonstration wurde mit der Begründung untersagt, es gäbe nicht ausreichend Polizeikräfte um den Straßenverkehr umzuleiten.
Trotzdem fanden die Demonstrant*innen ihren Weg zum Infopunkt von Cottbus Nazifrei! in der Weinbergstraße. Doch auch hier wollte die Polizei keine Ruhe geben. Auf einem LKW spielten vor Ort mehrere Bands, doch offenbar hielt die Einsatzleitung eine massive Polizeipräsenz vor Ort für notwendig. Behelmte Polizist*innen zogen eine Schneise zwischen den LKW und die tanzenden Menschen. Die Veranstaltung wurde daraufhin angemeldet und somit legitimiert. Doch auch dies konnte die Einsatzkräfte offenbar nicht besänftigen. Es wurde mit der sofortigen Räumung der Veranstaltung gedroht. Wegen der Gewalterfahrungen im Tagesverlauf, sollten die Veranstaltungsteilnehmer*innen nicht weiter gefährdet werden, daher wurde die Versammlung örtlich verlegt in eine Nebenstraße. Dort wurde die Veranstaltung weitergeführt und eine weitere Band konnte auftreten. Hier wurden Teilnehmende von den anwesenden Polizeibeamt*innen mit Tiergeräuschen veralbert und mit Sprüchen wie „Na, habt ihr heute nichts geschafft?“ provoziert. Im Verlauf der Abschlussparty, die ein völlig problemloses Konzert hätte sein können, kam es zu zwei weiteren Festnahmen.
Die Festgenommenen wurden zur Gefangenensammelstelle am Bonnaskenplatz gebracht. Ihnen wurde angedroht, dass sie mit einem Feuerwehrschlauch abgespritzt werden würden. Nach dieser Einschüchterung mussten sich die beiden (von denen einer erst 16 Jahre alt ist) vor versammelter Polizeimannschaft ausziehen. Vor der Wache wurden die Gefangenen nach ihrer Freilassung von solidarischen Menschen in Empfang genommen. Die beiden wirkten sehr eingeschüchtert und verstört.
Montag Nacht gegen 22.30 Uhr leistete sich die Polizei bereits den nächsten Fauxpas. Sie wollten die schwer verletzte junge Frau im Krankenhaus befragen. Dass die von der Nachtschwester geweckte Geschädigte nicht mit den Kriminalbeamt*innen sprechen wollte, überrascht nicht. Wenn Täter ihre Opfer mitten in der Nacht im Krankenhaus besuchen, ist dies an Unsensibilität wirklich kaum zu übertreffen. Für die junge Frau hat nun vor allem der Heilungsprozess höchste Priorität. Alles Weitere wird nach ihrer Entlassung mir anwaltlicher Unterstützung in die Wege geleitet werden.
Insgesamt kann festgehalten werden, dass es zu mehreren gewalttätigen Übergriffen seitens der Polizei auf Teilnehmende einer angemeldeten Demonstration kam und die Lage seitens der Polizei an verschiedenen Stellen ohne Not eskaliert wurde. Immer noch treffen verschiedene Zeugenaussagen bei den Organisator*innen der Demonstration ein und die Betroffenen erhalten juristische Unterstützung.
Fotos vom Geschehen am 15.Februar:
https://www.flickr.com/photos/presseservice_rathenow/sets/72157650775498986/
https://www.flickr.com/photos/soerenkohlhuber/sets/72157650773225356/
https://www.flickr.com/photos/neysommerfeld/sets/72157650421702917/
Freischlag für Polizisten
Rückblick: 24.09.2011, Neuruppin. Anlässlich eines Naziaufmarsches in der Stadt kommt es zu friedlichen Sitzblockaden gegen diesen. Ein Neuruppiner im Rentenalter ist für das “Aktionsbündnis Neuruppin bleibt bunt” als Ordner tätig. Er wird von zwei Polizisten aufgefordert, den Kreuzungsbereich auf dem die Blockade stattfindet, zu verlassen. Dabei stand die Person am Rande der Blockade und erklärte ihre Aufgabe wäre die Deeskalation der Situation. Sie wird trotzdem aufgefordert, zwecks Identitätsfeststellung in den Bereich des polizeilichen Kessels mitzukommen. Nach verbalem Widerspruch dagegen wird die Person von beiden Beamten gegriffen und abgeführt. Als der verbale Protest nicht aufhört, versetzt einer der Beamten ihm einen Faustschlag in die Rippen. Die betroffene Person fotografiert den schlagenden Polizisten und stellt Strafanzeige gegen ihn.
Es vergehen einige Jahre und schließlich kommt es zum Prozess gegen den Schläger. In der Verhandlung bestreitet er die Vorwürfe. Das Amtsgericht Neuruppin verurteilt ihn erstinstanzlich zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 50,00€ (insgesamt 3.000,00€). Der Polizist legt Revision ein und der Fall wird an das Landgericht verwiesen.
Heute, am 09.02.2015 fand dieses Verfahren statt. Gleich zu Beginn der Verhandlung zeichnen sich Absprachen zwischen der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft ab. Der Beamte gesteht dann die Vorwürfe und begründet den Vorfall mit “einer Sicherung, die ihm kurzzeitig durchgeknallt sei”. Im Tausch gegen dieses Geständnis wird eine Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldsumme (siehe §153a) in Aussicht gestellt. Nach Beratung kommen die Richter zum Urteil, dass dieser Vorgehensweise zuzustimmen ist, da die Schuld gering (“nur” eine Prellung des Rippenbogens bei einem Rentner) und dem öffentlichen Interesse mit der Geldzahlung genüge getan wäre. Es sei angemerkt, dass die öffentliche Sitzung gut besucht war. Der Beamte zahlt jetzt also 3.000,00€ an einen Hospizverein und darf sich weiterhin als nicht vorbestraft bezeichnen. Dienstliche Konsequenzen wird es für ihn wohl nicht geben.
Das Urteil ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die sich Neonaziaufmärschen in den Weg stellen. Wir erwarten und haben in der Vergangenheit allerdings kein anderes Verhalten von der deutschen Justiz beobachtet. Verfahren gegen Polizeibeamte werden nicht zur Verurteilung gebracht.
Trotzdem halten wir es für notwendig, auf die offensichtliche Vertuschung von “ungerechtfertigter Gewaltanwendung” durch Polizeibeamte aufmerksam zu machen. An diesem Fall ist exemplarisch zu sehen, wie Beamte – selbst wenn sie ihre Straftaten zu geben – von der Justiz geschont werden. Zwar muss der Beamte eine Geldstrafe zahlen – der Fall wird aber in der Öffentlichkeit verzerrt wahrgenommen. Nochmal: Da gesteht ein Polizist eine Körperverletzung (zumal noch in einer Situation ohne jede Rechtsgrundlage) und das Verfahren gegen ihn wird trotzdem eingestellt! Polizeigewalt wird so zum privaten Problem der Betroffenen und nicht etwa Teil der öffentlichen Statistiken. Wer dann über Polizeigewalt sprechen möchte, kriegt dann zu hören: “Polizeigewalt? Welche Polizeigewalt? Es gibt doch fast keine Verurteilungen.” Genau das ist das Problem! Die deutsche Justiz ist schlicht nicht bereit, ihre Polizeibeamten für deren Gewaltexzesse zur Verantwortung zu ziehen.
Mit Hinblick auf den anstehenden sogenannten “Tag der deutschen Zukunft” am 06.06.2015 durch Neonazis in Neuruppin halten wir es für ein fatales Signal an gewaltbereite Polizisten und alle Menschen, die es nicht hinnehmen wollen, dass Faschisten ohne Widerstand aufmaschieren.
Erneut hat ein Mitglied der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“ eine rassistische Kundgebung unter dem Motto „Frankfurt/Oder wehrt sich gegen Asylmissbrauch und Asylantenheime“ angemeldet.
Das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ ruft zu Gegenprotesten auf: Unter dem Motto „Für die Freiheit, Für das Leben – Solidarität mit Flüchtlingen“ führt eine Demonstration durch die Innenstadt und macht sich für eine demokratische und solidarische Gesellschaft stark.
Im Fahrwasser von Pegida marschierten bereits am 17.01.2015 circa 160 Rassist*innen – vor allem Neonazis – unter dem Motto „Stopp dem Asylmissbrauch“ durch Frankfurt (Oder). Ihr Versuch, sich als bürgerliche Bewegung darzustellen, ist spätestens mit der Zusammensetzung der Teilnehmer*innen des vergangenen Aufmarsches gescheitert. „Organisierte Neonazis von Rockern und Hooligans bis zur NPD und Personen aus dem Umfeld des NSU bildeten das Rückgrat und das Gros des Aufmarsches.“, so Janek Lassau, Sprecher des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. „Wir wollen am 14.02.2015 erneut zeigen, dass Frankfurt (Oder) kein Ort für Rassismus ist. Deswegen rufen wir alle Demokrat*innen auf, sich an unserer Demonstration zu beteiligen“, so Lassau weiter.
Das zivilgesellschaftliche Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ protestierte bereits am 17.01.2015 erfolgreich gegen einen rassistischen Aufmarsch der Gruppe „Frankfurt/Oder wehrt sich“. Durch friedliche Blockaden konnte verhindert werden, dass die Rassist*innen weder auf ihrer angemeldeten Route laufen noch ihre Hetze ins Stadtzentrum tragen konnten. Etwa 800 Bürger*innen beteiligten sich mit verschiedenen Protestformen an den Aktionen gegen den rassistischen Aufmarsch.
Das Bündnis ist ein Zusammenschluss verschiedener Gewerkschaften, Vereine, Parteien, antifaschistischer Initiativen und Einzelpersonen. Bereits 2012 wurden erfolgreich zwei Aufmärsche der NPD in der Oderstadt blockiert. Alle Akteur*innen engagieren sich kontinuierlich für demokratische Teilhabe Aller, leisten antirassistische und antifaschistische Arbeit und stellen sich gegen Menschenverachtung und Diskriminierung.
„Wir haben in der Vergangenheit bewiesen, dass die Zivilgesellschaft erfolgreich gegen Aufmärsche und Kundgebungen von Rassist*innen wehren kann. Wir setzen mit der Demonstration ein Zeichen für Solidarität mit Geflüchteten und für eine antifaschistische demokratische Kultur. Frankfurt(Oder) ist kein Ort für Rassismus, und das wollen wir am 14.02.2015 auch zeigen.“, so Janek Lassau.
Demonstration des Bündnisses „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“ „Für die Freiheit, Für das Leben – Solidarität mit Flüchtlingen“. Eine antirassistische und antifaschistische Demonstration 14.02.2015
Auftaktkundgebung: 10:30 Bahnhofsvorplatz