Bonn (ddp-lbg). Brandenburg/Havel und Potsdam-Mittelmark werden für die freundliche Behandlung von Ausländern ausgezeichnet. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Alexander von Humboldt Stiftung händigen den Ausländerbehörden von Stadt und Landkreis am 30. Januar in Berlin Urkunden aus, wie ein Sprecher in Bonn mitteilte. Die Behörden hätten sich hilfsbereit gegenüber ausländischen Studierenden und Wissenschaftlern verhalten. Damit sollten auch Behörden in anderen Städten und Kreisen ermutigt werden, ihre Spielräume zugunsten eines positiven Klimas der Gastfreundschaft zu nutzen.
Der Preis für die gegenüber Studierenden und Wissenschaftlern freundlichsten Ausländerämter Deutschlands geht gemeinsam an die Städte Erlangen, Freiburg und Wismar. Neben Brandenburg/Havel und Potsdam-Mittelmark werden zudem weitere Städte mit Urkunden geehrt.
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LUCKENWALDE “Wir haben ganz normale Schlager gehört und auch Stimmungslieder mitgesungen.” So schildert der 25-jährige Silvio K. vor dem Jugendschöffengericht Luckenwalde die Szenen, die sich in der Nacht vom 19. zum 20. April in einer Trebbiner Wohnung abgespielt haben. Ohrenzeugen haben es jedoch anders erlebt. Bis auf die Straße waren aus einem geöffneten Fenster die Hasslieder von Kultbands der rechten Szene zu hören, in denen zum Beispiel Jesus als “altes Judenschwein” beschimpft wird.
Die fragwürdige Beschallung kam aus der Wohnung des damals 20-jährigen David P., der sich nun wegen der Verunglimpfung religiöser Bekenntnisse verantworten muss. Mit fünf Freunden habe er sich getroffen, wie jeden Freitag vor der Disco, begründet der braun gebrannte, glatzköpfige Mann die Feier. Er und seine beiden als Zeugen vor Gericht geladenen Freunde bemühen sich um den Eindruck, “Führers Geburtstag” am 20. April habe mit dem Treffen nichts zu tun gehabt.
Dem steht der Bericht der Polizisten entgegen, die in jener Nacht eingesetzt waren. “Pünktlich um Null Uhr erklang, Deutschland, Deutschland über alles — und mehrere Stimmen haben kräftig mitgesungen”, berichtet einer der Beamten. Als die speziell geschulten Einsatzkräfte schließlich hörten, wie das verbotene Lied mit der Hetze aus dem Fenster dröhnte, schritten sie ein. Sie durchsuchten die Wohnung von David P. nach verdächtigen Tonträgern und fanden schließlich in einer Playstation eine CD mit der schlichten Aufschrift “Gemischtes” und einem weit weniger harmlosen Inhalt.
In der Verhandlung beteuern David P. und seine Freunde zwar, gerade diese CD nicht gehört zu haben, doch das Gericht hält die Aussagen der Polizeibeamten letztlich für glaubwürdiger.
Die zweite Tat, für die sich der Angeklagte zu verantworten hat, erscheint auf den ersten Blick alltäglich: Er soll nach einem Disco-Besuch wenige Wochen vor dem Nazi-Liederabend einen anderen jungen Mann niedergeschlagen und dabei verletzt haben. Nach den Auftritten der Zeugen bleiben in der Verhandlung zwar einige Details und auch die Vorgeschichte der Prügelszene unklar, das Gericht hält aber auch diese Tat für bewiesen. Das hat für David P. harte Konsequenzen, stand er doch zu jenem Zeitpunkt unter Bewährung für voran gegangene Straftaten.
Gerade zwei Monate vor der Prügelei war ihm der Vollzug einer Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung in einem Bewährungsbeschluss erlassen worden. 1999 und 2000 hatte er, damals noch in Ludwigsfelde lebend, Schlägereien provoziert und auch einen ausländischen Bauarbeiter zusammengeschlagen.
Doch nun gibt es keine Gnade mehr. Auch der Hinweis der Verteidigerin auf die beginnende Normalisierung im Privatleben des Angeklagten kann die Strafe nicht abwenden. “Herr P. hat erstmals ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, ernährt seine Familie und braucht die Möglichkeit, das auch weiterhin zu tun”, argumentiert die Anwältin.
Nicht jeder, der arbeitet, müsse noch einmal eine Bewährungszeit erhalten, weist der Richter dies zurück. Und mit der Sorge um seinen jetzt einjährigen Sohn scheine es bei David P. auch nicht weit her zu sein — schließlich habe das wenige Monate alte Kind im Nachbarzimmer gelegen, als der Rechts-Rock aus den Boxen dröhnte. “Er hat beide Straftaten begangen, obwohl er wusste, dass er eine Familie hatte”, sagt der Richter in der Urteilsbegründung.
Zwei Jahre Freiheitsentzug wegen Körperverletzung und Beschimpfung religiöser Bekenntnisse lautet das Urteil, das zu Gunsten von David P. nach Jugendstrafrecht gefällt wurde. Zwar wird eine achtmonatige Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet, doch auch für den Rest der Zeit wird die Trennung von Freundin und Sohn schmerzhaft genug. Erschüttert blickt David P. bei der Urteilsbegründung starr vor sich auf den Tisch, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Ein anderer hat den Gerichtssaal diesmal noch unbeschwert als Zeuge verlassen: Silvio K., einer der Teilnehmer des Musikabends, war vor wenigen Monaten für seine Teilnahme an einer ausländerfeindlichen Hetzjagd im Jahr 1996 lediglich verwarnt worden. Er hatte bestritten, damals überhaupt am Ort des Geschehens gewesen zu sein. In der Wohnung von David P. war er nun aber tatsächlich anwesend, und seine Erklärungen im Zeugenstand beurteilt das Gericht als vorsätzliche Falschaussage. Ob dieses Verhalten ein Nachspiel haben wird, bleibt abzuwarten.
Kirche contra Schönbohm
Gemeinde in Schwante gewährt einem Vater und seinem 5‑jährigen Sohn Kirchenasyl
(TAZ Berlin, Heike Kleffner) Ein neuer Fall von Kirchenasyl stellt die harte Linie von Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) in Frage. Gestern gab die evangelische Kirchengemeinde Schwante bekannt, dass sie seit Anfang November dem vietnamesischen Asylbewerber Xuan Khan Ha und seinem fünfjährigen Sohn Zuflucht gewährt.
Xuan hatte bis 1990 als Vertragsarbeiter in der DDR gelebt und war 1992 als Asylsuchender zurückgekehrt. Seitdem wohnt er in Hennigsdorf, wo 1997 sein Sohn Duc Minh geboren wurde. Seit einigen Jahren ist Xuan allein erziehender Vater. Das hinderte die Ausländerbehörde des Landkreises Oberhavel nicht daran, drei Versuche zu unternehmen, den Mann ohne sein Kind nach Vietnam abzuschieben.
Anfang August verhinderte nur die Intervention eines Richters in Frankfurt die Abschiebung. Einen zweiten Versuch vereitelte das Verwaltungsgericht Potsdam. Als Xuan Anfang November einen erneuten Termin zur Ausreise erhielt, “gab es keine andere Alternative als Kirchenasyl”, sagt der Flüchtlingsrat Brandenburg.
Die Argumentation der Behörden, Xuan falle nicht unter die Bleiberechtsregelung für “Altfälle”, weil er strafrechtlich verurteilt wurde, hält der Flüchtlingsrat für “ein Scheingefecht”. Der Mann sei kein einziges Mal durch Gewaltdelikte aufgefallen.
Wie lange die Kleinstfamilie in der Kirchengemeinde ausharren muss, bis es zu einer gütlichen Regelung kommt, weiß niemand. Heiko Homburg, Pressesprecher des Innenministeriums, erklärte lediglich, die brandenburgische Polizei werde “auch in nächster Zeit die Räume einer Kirche nicht betreten”. Im Übrigen sei eine Aufenthaltsregelung Sache des Landkreises Oberhavel.
Potzlow: Das Schweigen am Tatort
POTZLOW Die kleine Gemeinde Potzlow in der Uckermark denkt um: Zwei Wochen nach dem Fund der Leiche des 17-jährigen Marinus Schöberl in der Jauchegrube des ehemaligen Schweinestalls hängen nun Zettel am Ortseingang und in den Schaukästen, auf denen tiefe Trauer bekundet wird über den Tod des Jugendlichen aus Gerswalde, der von „Rechtsextremen bestialisch ermordet“ worden sei. Zuvor hatten sich viele der 560 Einwohner gegen den Verdacht gewehrt, die drei mutmaßlichen Täter aus Potzlow seien rechtsextremistisch. Die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Neuruppin hatte sofort nach Bekanntwerden des Mordes von „eindeutigen Hintergründen“ gesprochen. Marinus musste demnach sterben, weil er mit blondierten Haaren und Hip-Hop-Hosen nicht den Vorstellungen der Täter entsprach.
Viele Menschen sind in Potzlow nicht unterwegs. Wer sich ihnen als Journalist vorstellt, hat schlechte Karten. Einige Einwohner meckern über die Presse. Die meisten winken schweigend ab. Das liegt offenbar nicht allein am Ärger über viele bohrende Fragen zum Leben in dem recht abgeschieden liegenden Dorf. Ein Kamerateam soll den Kindern und Jugendlichen, die die Leiche in der Jauchegrube fanden, 450 Euro für ein Nachstellen der Situation geboten haben. „Ihr werft alle Einwohner in einen Topf, nun drehen wir mal den Spieß um“, sagt eine junge Frau an der Bushaltestelle.
Auch die Suche der Staatsanwaltschaft nach möglichen Mitwissern und Zeugen der Tat regt die Potzlower auf. „Da bin ich wirklich auf die Beweise gespannt“, sagt Petra Freiberg, die Chefin des örtlichen Jugendzentrums. „Bis jetzt sind das doch alles vage Vermutungen, die aber unseren Ort und die Umgebung stigmatisieren.“ Wie berichtet, geht Oberstaatsanwalt Gert Schnittcher von fünf bis sechs Personen aus, die zumindest vom Beginn der Misshandlungen gewusst haben müssen. „Marinus’ Leidensweg begann in zwei Wohnungen im Ort“, sagte Schnittcher. Am Tatort selbst, wo die in Haft sitzenden Tatverdächtigen den Jugendlichen zuerst übel zurichteten, quälten, ihn mit einem Stein erschlugen und schließlich verscharrten, sollen keine Zeugen gewesen sein. Noch ermittelt die Polizei in Potzlow. Eine mögliche Anklage gegen Mitwisser könnte sich auf unterlassene Hilfeleistung oder psychologische Tatbeteiligung erstrecken.
Sozialarbeiterin Petra Freiberg hofft, dass nicht nur Potzlow, sondern die ganze Gesellschaft nicht schnell wieder zur Tagesordnung übergehen. „Wir müssen einfach über den Verfall unserer Grundwerte nachdenken. Da sind alle gefragt.“ Sie stimme Innenminister Jörg Schönbohm zu, der in einem Interview mit dem Tagesspiegel von einem „unglaublichen Verrohungspotenzial“ gesprochen habe. „Wenn er das allerdings nur dem Erbe der DDR zuweist, macht er sich die Erklärung zu leicht“, sagte Petra Freiberg. Gerade die Uckermark leide unter einer hohen Arbeits- und einer gewissen Perspektivlosigkeit. Wenn jetzt endlich von der Landesregierung eine Diskussion angeschoben werden würde, sei der unfassbare Tod von Marinus wenigstens nicht ganz umsonst.
POTSDAM Der Rücktritt der Landesbeauftragten für Extremismus, Uta Leichsenring, hat ein unterschiedliches politisches Echo ausgelöst. Die Landesregierung und die SPD bedauerten gestern den überraschenden Rückzug der 52-Jährigen. Die CDU forderte eine Neuausrichtung der Extremismusbekämpfung in Brandenburg. Vize-CDU-Landeschef Sven Petke sagte, unklare Zuständigkeiten und Konflikte im Bildungsministerium hätten einen wirkungsvollen Kampf gegen den Rechtsextremismus verhindert. Nötig seien jetzt eine schlanke Struktur sowie klare Hierarchien und Kontrollmöglichkeiten.
Vize-Regierungssprecher Manfred Füger sagte, jetzt werde in Ruhe geprüft, in welcher Struktur das Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” — dort war Leichsenring angebunden — fortgesetzt werde. Der Sprecher des zuständigen Bildungsministeriums, Martin Gorholt, sagte, es habe unterschiedliche Auffassungen von Strukturen bestanden. Leichsenring habe Probleme gehabt, dass sie einem Ministerium zugeordnet war.
Leichsenring erklärte gestern, das Amt benötige einen strukturübergreifenden Ansatz. Es fehlten Flexibilität und Unabhängigkeit. Ein Rückzug aus der Politik komme für sie aber nicht in Frage, sagte sie, ohne Details zu nennen.
Der Vorsitzende des Aktionsbündnisses gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, Rolf Wischnath, sagte, die entstandenen Schwierigkeiten um ihr Amt seien weniger inhaltlicher als struktureller Art, beispielsweise hinsichtlich ihrer Kompetenzen. Er hoffe, dass der Rücktritt keine nachteiligen Änderungen in der dringend notwendigen Arbeit gegen Rechtsextremismus nach sich ziehe. Wischnath wandte sich gegen die Forderung aus der CDU, das Aktionsbündnis mit dem Präventionsrat zusammenzulegen.
Leichsenring hatte ihr Amt im April 2002 angetreten. Sie war davor Polizeipräsidentin von Eberswalde. Kurz danach erkrankte sie und erschien seitdem nicht mehr zum Dienst. In einem Gespräch mit Bildungsstaatssekretär Frank Szymanski (SPD) hatte sie am Donnerstagabend — MAZ berichtete — die Aufhebung ihres Arbeitsverhältnisses angeboten.
Anarchische Repressionsbehörden
Hausdurchsuchung eines alternativen Wohnprojektes in Potsdam wegen einer „nicht messbaren Menge“ Cannabis
In der Nacht vom 08.04. zum 09.04.2002 kam es zu einem Zwischenfall. 2 Frauen und ein Mann beschimpften 2 Personen, die aus einem alternativen Wohnprojekt kamen als „Zecken“.
Sich dies nicht gefallen lassend, kam es zu einem Wortwechsel, bei dem der intolerant eingestellte Bürger zu Fall kam und sich einen Schaden an seiner Lederjacke zuzog.
Die beiden setzten ihren Weg fort. Die BürgerInnen empfanden die Situation als Verletzung ihrer Rechte und riefen, die Bullen. Wohlweislich die Situation der Beleidigung verschweigend, tischten sie den Beamten die Story vom grundlosen Angriff der Chaoten auf sie, die friedliebenden Staatsbürger, auf. Den Wahrheitsgehalt der Worte zogen die Beamten, trotz des Alkoholisierungsgrades des „Opfers“ nicht in Zweifel, denn solche Täter sind ernst zu nehmen.
In wohlbekanntem Ermittlungseifer leiteten die Beamten sofort eine Nahbereichsfahndung (!) ein. Es darf nicht vergessen werden, dass die Jacke des „Opfers“ Schaden getragen hatte.
Die beiden wurden aufgegriffen. Im Rahmen einer Leibesvisitation zur „Eigensicherung“ wurde bei L. eine Tüte gefunden, die „Anhaftungen“ einer cannabisähnlichen Substanz aufwies.
Die Beamten reagierten im Hinblick auf diesen enormen Fund von Betäubungsmitteln angemessen und beherzt.
L. wurde verhaftet und wegen Verdunkelungsgefahr in Gewahrsam genommen.
Bei der aufgefundenen Menge an Betäubungsmitteln drängte es sich geradezu auf, dass eine Hausdurchsuchung (Hds) zum Auffinden von weiterem Beweismaterial notwendig war.
Angeblich sei der Notstaatsanwalt kontaktiert worden, der eine sofortige Hds anordnete. Dies ist an sich dem Richter vorbehalten, dem Staatsanwalt war dies nur möglich, da „Gefahr im Verzug“ vorgelegen habe. Auf Grund der Menge, die bei L. aufgefunden wurde, wird wohl auch niemand daran zweifeln, dass bei weiterem Abwarten ‑auch wenn L. im Gewahrsam war- die Beseitigung weiterer größerer Mengen zu befürchten war.
3 Beamte verschafften sich daraufhin, gegen 01.20 Uhr Zutritt zu dem verschlossenen Gelände des Wohnprojektes. Sie betraten eines der Wohngebäude.
In Vorurteilen schwelgend, zog ein Beamter seine einsatzbereite Schusswaffe im dunklen Flur. Es wurde irgendeine Wohnung betreten. Gewisse Bevölkerungsgruppen können keine Grundrechte — so wie Beckstein es in seinen Zukunftsvisionen sieht — für sich in Anspruch nehmen.
Der Hund schlug an. Der Beamte meinte, dem Hund eine Kugel durch die Schädeldecke jagen zu müssen, wenn dieser nicht sofort zurück genommen würde. Die völlig ahnungslosen 2 BewohnerInnen der Wohnung taten dies. Sie widersprachen den Maßnahmen und forderten die Staatsdiener auf, die Wohnung zu verlassen. Sie wiesen auch mehrfach darauf hin, dass weder der eine noch die andere L. sei, da dieser ja im Gewahrsam saß.
Die Bullen, nun zu allem bereit, versuchten den beiden weis zu machen, dass sie auch das ganze Haus durchsuchen könnten, weil L. angeblich der einzige Bewohner des ganzen Hauses sei (nur er sei dort polizeilich gemeldet). Unverständlich für unsere 3 Helden war es nun, dass die beiden BewohnerInnen sie weiterhin aufforderten, das Haus zu verlassen. Na ja, hätte ja auch klappen können.
Letztendlich schafften sie es, die Bullen aus dem Haus zu bekommen.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass L. einen Bauwagen bewohnte. Das wussten die Bullen auch. Bezeichnender Weise haben sie aber das Haus betreten und nicht etwa nach dem Bauwagen gesucht. Für den unbeteiligten Beobachter drängt sich der Gedanke auf, dass eine solche Gelegenheit, bei der man sich Zutritt zu dem Wohnprojekt verschaffen konnte, auch ausgenutzt werden sollte. Zu welchem Zweck dies geschah liegt im Dunkeln, jedoch waren die Handlungen dieser Nacht auf Provokation ausgerichtet. In alter Manier sollten wohl die vermeintlichen Besetzer (Scheiß auf einen Pachtvertrag!) soweit aufgebracht werden, dass eine Räumung in der Öffentlichkeit, mit von den Chaoten ausgehender Gewalt, hätte gerechtfertigt werden können.
Zurück zum Geschehen:
Nun, die Lage war nun eindeutig brenzlig geworden, also wurde Verstärkung angefordert.
Den mittlerweile zahlreich erschienenden Bullen wurde der Zutritt zum Gelände verwehrt. Es kam zu Auseinandersetzungen, an denen die Beamten durch ihre aggressive Art ausreichend Anteil nahmen. So wurde der Vermieter auf dem Boden liegend, mit Knebelbändern außer Gefecht gesetzt. Aber rein kamen sie nicht!
Nach diesem Fehlschlag wurde L. (endlich) aus dem Gewahrsam an den Ort des Geschehens verbracht. Er sollte nun der Durchsuchung beiwohnen.
Nun kam es zu einer 20 minütigen Hds des Bauwagens an der 3 Beamte, L. und zwei weitere BewohnerInnen des Projektes teilnahmen.
Diese wurde zu einem durchschlagenden Erfolg. Die Bullen konnten sagenhafte drei Pfeifenköpfe ihrer Asservatenkammer übergeben.
Die rechtliche Situation ist folgende:
Art. 13 Grundgesetz schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung. Deshalb darf gemäß § 105 Strafprozessordnung nur der Richter eine Durchsuchung anordnen. Nur in Ausnahmefällen ist dies auch dem Staatsanwalt möglich. Das ist der Fall, wenn Gefahr im Verzug vorliegt.
Diese nichts sagende Wendung meint Situationen, in denen bei weiterem Abwarten mit hoher Wahrscheinlichkeit das Auffinden von Beweismitteln vereitelt würde. Gesetzlich betrachtet, ist die Anordnung durch den Staatsanwalt der Ausnahmefall.
Der Alltag ist aber, dass die Staatsanwaltschaft jederzeit Gefahr im Verzug angenommen hat, die gesetzliche Ausnahme ist zum Regelfall geworden.
Damit hat sich das Bundesverfassungsgericht im Jahre 2001 auseinandergesetzt und angeordnet, dass sich das wieder zu ändern habe. So soll jedes Gericht einen 24-Stunden- Eildienst einrichten, damit jederzeit ein Richter zu erreichen ist. Sollte dies in der Organisationsphase trotzdem nicht möglich sein, so sind die Gründe für die Annahme der Ausnahmevoraussetzungen in den Akten genau zu vermerken.
In den Ermittlungsakten stand über dem Durchsuchungsprotokoll, „wegen KV (Körperverletzung)“, obwohl die Beamten darauf pochten, eine Durchsuchung wegen des Fundes von Betäubungsmitteln durchzuführen. Angaben zu irgendwelchen Gründen, warum Gefahr im Verzug vorlag, waren nicht zu finden.
Zum Besitz von Cannabis ist noch anzumerken, dass es sich dabei zwar um eine Straftat handelt. Seit dem Cannabisurteil des Bundesverfassungsgerichts jedoch wurde der Repressionsapparat genötigt, von einer Bestrafung abzusehen, soweit die mitgeführte Menge zum Eigenverbrauch verwendet werden soll. So gibt es keinen einheitlichen Richtwert, aber mit 3 — 4 Gramm ist man auf der sicheren Seite. Das Gericht hatte geurteilt, dass Cannabiskonsum, mit seinen gegenüber Alkoholkonsum weit geringeren Folgen, für den Einzelnen und die Allgemeinheit bis zu einem gewissen Maß nicht bestraft werden dürfe.
Jedem steht die Möglichkeit offen, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezüglich der Rechtmäßigkeit der Hds zu stellen. So auch L.
Es folgten herbe Enttäuschungen. Das Amtsgericht sah sich genötigt, eine halbe Seite Begründung zu entwerfen, in der es heißt, „Es lag offensichtlich Gefahr im Verzug vor.“ Die Kursivschrift sollte wohl eine Begründung, warum dies der Fall war, ersetzen. Zudem sei klar, dass die Hds wegen des Cannabis stattgefunden habe. Woher wusste der Richter all das? Aus den Akten jedenfalls nicht!
Auf die Beschwerde des L., urteilte das Landgericht, dass die Entscheidung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden sei. Diese fiel sogar noch kürzer aus.
Die Maßnahme w
ar offensichtlich (um mit den Worten des Amtsgerichtes zu sprechen) rechtswidrig. Es lag keine Gefahr im Verzug vor. Wer hätte den Durchsuchungserfolg (welchen eigentlich?) gefährden sollen, solange L. in Gewahrsam war?
Dazu ist noch anzumerken, dass dabei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz missachtet wurde. U — Haft darf nur angeordnet werden, wenn dies nicht außer Verhältnis zu der zu erwartenden Bestrafung liegt. Der Besitz einer nicht messbaren Menge Cannabis führt zur Einstellung des Verfahrens!
Derselbe Grundsatz gilt auch bei der Anordnung einer Hds, der aus denselben Gründen rechtswidrig war.
Nun ist beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Dieses hat bereits beim Brandenburgischen Innenministerium angefragt, wie es mit dem Eildienst in Potsdam stehe und wie es das Vorliegen von Gefahr im Verzug zu rechtfertigen gedenke.
Da bleibt Hoffnung.
Wozu aber dieser Artikel? Für das Wohnprojekt ändert sich durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts nichts mehr. Für L. vielleicht. Er ist bereits angeklagt, wegen des Besitzes von Cannabis. Aus der nicht messbaren Menge wurden nun 0,2 Gramm. Das an sich ist schon lächerlich. Eine solche ist als gering einzustufen. Die Anklage ist bloße Schikane.
Aber sollte es ein positives Urteil geben, so ist es an der Zeit diesen Staat so in der Öffentlichkeit darzustellen, wie er ist. Es wissen noch nicht alle. Deutschland — Polizeistaat!
i.A. Rote Hilfe e.V. OG Potsdam
Hans Schulz
Rote Hilfe e.V. — OG Potsdam
Zeppelinstr. 25
14471 Potsdam
potsdam@rote-hilfe.de
www.rote-hilfe.de
Sprechzeiten:
jeden 2. Mittwoch
(ungerade Woche)
18.00–20.00 Uhr
im Madia, der Lindenstr. 43
Weiteres zum Thema:
Pressemitteilung der Roten Hilfe vom 19. April 2002
Am heutigen Freitag, den 6. Dezember, fand eine Kundgebung der “Kampagne gegen den Verkauf von rechtsextremer und kriegsverherrlichender Publizistik” vor dem Zeitungsgeschäft “Foto-Lotto-Zeitungen” in der Berliner Str.4 statt. An ihr beteiligten sich 25 Frankfurter Bürger.
Mit dieser Versammlung drücken wir unseren Unmut über den Verkauf von rechtsextremer und kriegsverherrlichender Literatur in diesem Geschäft aus. Seit langem befinden sich dort die “Junge Freiheit”, die “National-Zeitung” und der Heftroman “Der Landser” im Angebot.
Sven Reiter von der Kampagne meint dazu: “Wir können nicht akzeptieren das Zeitungen bei denen der Verfassungsschutz eine geistige Nähe zum Euthanasieprogramm der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ausmacht, weiter offen in Frankfurt (Oder) angeboten werden.”
Anlass der Kundgebung ist die der Kampagne gegenübergebrachte Ignoranz durch viele Frankfurter Zeitungsläden. So war bisher nur ein Zeitungsgeschäft bereit die kritisierten Blätter nicht weiter zu verkaufen, nachdem wir dreizehn Läden im Stadtgebiet im Oktober über ihr braunes Angebot ausführlich informierten und ein Gespräch anboten.
Die heutige Kundgebung, mit der wir vor allem Kunden der Zeitungsläden informieren wollten, sehen wir als Auftakt zu einer öffentlichen Informationskampagne zum Thema.
Kampagne gegen den Verkauf rechtsextremer und kriegsverherrlichender Publizistik in Frankfurt (Oder)
“Versammlungsrecht einschränken”
Potsdam (dpa, Schweriner Volkszeitung) Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat sich für eine
Einschränkung des Versammlungsrechts ausgesprochen. “Damit sollen vor allem
Aufmärsche von Neonazis an symbolträchtigen Tagen wie dem Volkstrauertag und an
Orten wie dem Soldatenfriedhof in Halbe vermieden werden”, sagte Schönbohm gestern
in Potsdam.
“Derzeit haben wir die Situation, dass die Gerichte eine Versammlung genehmigen und
anschließend von verschiedenen Seiten dafür beschimpft werden”, so der Minister.
“Ein polizeiliches Problem tritt zudem oft nicht durch die paar NPD-Demonstranten
auf, sondern erst durch die verschiedenen Gegendemonstrationen. Dadurch entsteht
nämlich erst eine polizeiliche Großlage.”
“Ich möchte, dass sich der Bundesinnenminister und auch die Innenministerkonferenz
dazu bekennen, dass Tage mit besonderer Bedeutung nicht missbraucht werden können
für die Darstellung extremistischer Auffassungen”, begründete Schönbohm seinen
Vorstoß. Eine Änderung des Grundgesetzes sei dafür nicht nötig, wenn die Grenzen des
Versammlungsrechts genau ausgelotet würden. Bundesinnenminister Otto Schily (SPD)
habe vor zwei Jahren zugesagt, das Versammlungsgesetz zu novellieren.
Schönbohm sprach sich zudem für eine Ausweitung der DNA-Analysen aus. Außerbei
Sexual- und Kapitalverbrechen sollten sie künftig auch bei Delikten
wieKörperverletzung und Volksverhetzung mit extremistischem Hintergrund eingesetzt
werden. Zudem fordert Schönbohm die Rückendeckung des Bundes beim Einsatz von
V‑Leuten. “Ich erwarte eine klare Aussage”, betonte der Minister. Es müsse klar
sein, dass der Einsatz von V‑Leuten zur Abwehr von Gefahren rechtlich einwandfrei
sei. Die Innenminister tagen heute in Bremen.
Leichsenring gibt überraschend auf
POTSDAM Brandenburgs Landesbeauftragte für Extremismus, Uta Leichsenring, gibt überraschend ihr Amt auf. Der Sprecher des Bildungsministeriums, Martin Gorholt, sagte der MAZ, Leichsenring habe gestern die Aufhebung ihres Arbeitsvertrages angeboten. Damit tritt die 54-Jährige nach nur knapp sechs Monaten im Amt zurück.
Als einen Grund für ihren Rückzug nannte sie nach Angaben von Gorholt “Differenzen über Arbeitsstruktur und Rahmenbedingungen” zwischen ihr und dem Bildungsministerium. Gestern hatte es ein Gespräch zwischen ihr und Bildungsstaatssekretär Frank Szymanski (SPD) gegeben.
Leichsenring hatte ihr Amt als Landesbeauftragte für das Handlungskonzept “Tolerantes Brandenburg” — angesiedelt im Bildungsministerium — im Juli 2002 offiziell angetreten. Sie war aber schon kurz danach krank geworden. Seitdem war sie nicht mehr im Dienst erschienen. “Sie ist auch weiterhin krank geschrieben”, sagte Gorholt. Im Gespräch mit Szymanski habe sie bedauert, dass sie das Amt wegen der Krankheit nur kurze Zeit wahrnehmen konnte.
Die einstige DDR-Bürgerrechtlerin Leichsenring war von 1990 bis 2002 Polizeipräsidentin in Eberswalde. Die Behörde wurde im Zuge der Polizeireform aufgelöst. Sie hatte sich mit engagiertem Eintreten gegen Rechtsextremismus bundesweit einen Namen gemacht und viele Preise erhalten. Anfang 2002 stand sie im Verdacht, in einem Korruptionsfall in ihrer Behörde verwickelt zu sein; die Ermittlungen lieferten aber keine Beweise.
Das Bildungsministerium betonte, eine mögliche Entlassung Leichsenrings wegen ihrer Krankheit sei “in keiner Weise” Thema gewesen. Leichsenring wird jetzt, da sie als Polizeipräsidentin politische Beamte war, in den einstweiligen Ruhestand versetzt.
Szymanski erklärte, er habe Hochachtung für die Entscheidung von Frau Leichsenring. Er bedaure es sehr, dass sie diese Entscheidung “jetzt so treffen musste”.
LUCKENWALDE “Wir haben ganz normale Schlager gehört und auch Stimmungslieder mitgesungen.” So schildert der 25-jährige Silvio K. vor dem Jugendschöffengericht Luckenwalde die Szenen, die sich in der Nacht vom 19. zum 20. April in einer Trebbiner Wohnung abgespielt haben. Ohrenzeugen haben es jedoch anders erlebt. Bis auf die Straße waren aus einem geöffneten Fenster die Hasslieder von Kultbands der rechten Szene zu hören, in denen zum Beispiel Jesus als “altes Judenschwein” beschimpft wird.
Die fragwürdige Beschallung kam aus der Wohnung des damals 20-jährigen David P., der sich nun wegen der Verunglimpfung religiöser Bekenntnisse verantworten muss. Mit fünf Freunden habe er sich getroffen, wie jeden Freitag vor der Disco, begründet der braun gebrannte, glatzköpfige Mann die Feier. Er und seine beiden als Zeugen vor Gericht geladenen Freunde bemühen sich um den Eindruck, “Führers Geburtstag” am 20. April habe mit dem Treffen nichts zu tun gehabt.
Dem steht der Bericht der Polizisten entgegen, die in jener Nacht eingesetzt waren. “Pünktlich um Null Uhr erklang, Deutschland, Deutschland über alles — und mehrere Stimmen haben kräftig mitgesungen”, berichtet einer der Beamten.
Als die speziell geschulten Einsatzkräfte schließlich hörten, wie das verbotene Lied mit der Hetze aus dem Fenster dröhnte, schritten sie ein. Sie durchsuchten die Wohnung von David P. nach verdächtigen Tonträgern und fanden schließlich in einer Playstation eine CD mit der schlichten Aufschrift “Gemischtes” und einem weit weniger harmlosen Inhalt. In der Verhandlung beteuern David P. und seine Freunde zwar, gerade diese CD nicht gehört zu haben, doch das Gericht hält die Aussagen der Polizeibeamten letztlich für glaubwürdiger.
Die zweite Tat, für die sich der Angeklagte zu verantworten hat, erscheint auf den ersten Blick alltäglich: Er soll nach einem Disco-Besuch wenige Wochen vor dem Nazi-Liederabend einen anderen jungen Mann niedergeschlagen und dabei verletzt haben. Nach den Auftritten der Zeugen bleiben in der Verhandlung zwar einige Details und auch die Vorgeschichte der Prügelszene unklar, das Gericht hält aber auch diese Tat für bewiesen. Das hat für David P. harte Konsequenzen, stand er doch zu jenem Zeitpunkt unter Bewährung für vorangegangene Straftaten.
Gerade zwei Monate vor der Prügelei war ihm der Vollzug einer Freiheitsstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung in einem Bewährungsbeschluss erlassen worden. 1999 und 2000 hatte er, damals noch in Ludwigsfelde lebend, Schlägereien provoziert und auch einen ausländischer Bauarbeiter zusammengeschlagen.
Doch nun gibt es keine Gnade mehr. Auch der Hinweis der Verteidigerin auf die beginnende Normalisierung im Privatleben des Angeklagten kann die Strafe nicht abwenden. “Herr P. hat erstmals ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, ernährt seine Familie und braucht die Möglichkeit, das auch weiterhin zu tun”, argumentiert die Anwältin.
Nicht jeder, der arbeitet, müsse noch einmal eine Bewährungszeit erhalten, weist der Richter dies zurück. Und mit der Sorge um seinen jetzt einjährigen Sohn scheine es bei David P. auch nicht weit her zu sein — schließlich habe das wenige Monate alte Kind im Nachbarzimmer gelegen, als der Rechts-Rock aus den Boxen dröhnte. “Er hat beide Straftaten begangen, obwohl er wusste, dass er eine Familie hatte”, sagt der Richter in der Urteilsbegründung.
Zwei Jahre Freiheitsentzug wegen Körperverletzung und Beschimpfung religiöser Bekenntnisse lautet das Urteil, das zu Gunsten von David P. nach Jugendstrafrecht gefällt wurde. Zwar wird eine achtmonatige Untersuchungshaft auf die Strafe angerechnet, doch auch für den Rest der Zeit wird die Trennung von Freundin und Sohn schmerzhaft genug. Erschüttert blickt David P. bei der Urteilsbegründung starr vor sich auf den Tisch, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Ein anderer hat den Gerichtssaal diesmal noch unbeschwert als Zeuge verlassen: Silvio K., einer der Teilnehmer des Musikabends, war vor wenigen Monaten für seine Teilnahme an einer ausländerfeindlichen Hetzjagd im Jahr 1996 lediglich verwarnt worden. Er hatte bestritten, damals überhaupt am Ort des Geschehens gewesen zu sein. In der Wohnung von David P. war er nun aber tatsächlich anwesend, und seine Erklärungen im Zeugenstand beurteilt das Gericht als vorsätzliche Falschaussage. Ob dieses Verhalten ein Nachspiel haben wird, bleibt abzuwarten.