Solchen Andrang gabs im Glad-House schon lange nicht mehr: 750 Besucher rockten am Freitagabend Laut gegen rechte Gewalt. Acht Bands spielten fünf Stunden lang, unter ihnen die Gruppen Sportfreunde Stiller und Such a Surge.
Die Bands erhalten keine Gage, alle Eintrittsgelder werden für Anti-Rechts-Initiativen gespendet.
Vor dem Eingang herrscht ab 19 Uhr dichtes Gedränge; Fans versuchen, noch eine Karte für den Abend zu ergattern. Doch Fehlanzeige: Alles war bereits im Vorverkauf weggegangen. Drinnen füllt sich der Konzertsaal, als die Gitarren erklingen: 4Lyn, Emil Bulls, NTS, FreiTag und Herzer spielten jeweils eine Viertelstunde laut gegen Rechts, ebenso wie die Bremer Band Kungfu mit ihrem melancholischen Hardrock.
Kallas, Spitzname des Kungfu-Sängers, versucht nach dem Auftritt das Tour-Engagement der Band zu erklären. Einfach zeigen, dass wir dagegen sind. Gegen Rechts. Die Leute sollen nicht wegschauen, sondern dummen Sprüchen sofort was entgegensetzen, sagt der 26-Jährige. Nicht ohne hinzuzufügen, dass die wenigsten Bands politische Lieder schreiben. Wir auch nicht. Aber Musik strahle positive Energie aus. Und so, gestikuliert der rothaarige Bandleader, wolle man zeigen, dass Aggressionen nicht nur durch Zuschlagen abgebaut werden könnten, sondern einfach durchs Tanzen.
Dies beherzigt das Publikum. Spätestens kurz nach 22 Uhr, als die Hitze im Konzertsaal auf tropische Werte steigt und Sportfreunde Stiller in die Gitarrenseiten greifen. Am Mikrofon singt Peter Brugger vom Wellenreiten, und einige Besucher nehmen ihn beim Wort.
Sie schwimmen über der Menschenmasse, lassen sich von Armen in der Höhe halten. Zum gefälligen Gitarren-Pop der Sportfreunde, die bereits nach 30 Minuten die Bühne verlassen. Umbaupause. Zeit für die Vereine und Initiativen, die gegen Rechts kämpfen, sich näher vorzustellen. Zeit für die Fans, sich bei kühlem Getränk zu erfrischen. Super Abend, strahlt Charlotte Wagner (17), die gerade vom Tanzen kommt. Das Motto find ich gut, und das Staraufgebot ist klasse. Außer Atem kommt ihre Freundin Sabine Gereke (18) hinzu. Ihr sei das Thema egal, schließlich verändere sich ja doch nichts. Aber Hauptsache, die Party stimmt, resümiert sie.
Dann ist es halb zwölf, der Bühnennebel wird dicker, die Anspannung steigt. In gleißendem Scheinwerferlicht erklingen die ersten Takte von Such a Surge und ihrem HipHop-Rock-Stilmix. Der halbe Saal beginnt, im Takt mitzuspringen, der Boden des Glad-Houses bebt. Bei den ruhigeren Titeln Tropfen und Jetzt ist gut ragt ein Meer von Armen empor, silhouettenhaft im lilafarbenen Gegenlicht. Eine Stunde lang präsentierte die Band einen emotionalen Mix aus schweißtreibender Energie und wilder Aggressivität.
Die Hamburger Agentur Büro-Lärm veranstaltet die Benefiz-Tournee, die neben Cottbus auch in Hamburg, Berlin, Halle und Jena gastiert. Wir haben Städte für die Auftritte gewählt, in denen es Probleme mit Rechten, aber auch Gegeninitiativen gibt, sagt Veranstalterin Sarah Strohbein. Ein deutliches Zeichen solle mit der Tour gesetzt werden, dass nämlich rechte Gewalt in diesem Land keinen Platz hat.
Such a Surge haben mittlerweile ihre Zugabe gespielt, zum Abschluss versammeln sich Bands und Anti-Rechts-Initiatoren auf der Bühne. Packt euch in Gruppen zusammen, denn da draußen gibts immer noch genug Nazis, wird skandiert.
Fazit des Abends: Der Rockpop-Himmel strahlte unverdrossen gute Laune aus, der Stern der Zivilcourage schien schwach dazu.
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dpa Potsdam — Eine Informationsbroschüre über Rechtsextremismus unter Jugendlichen speziell für Eltern hat das brandenburgische Aktionsbündnis gegen Gewalt veröffentlicht. Sie enthält unter anderem Infos über die rechte Szene, verbotene Organisationen und Symbole sowie Verhaltenstipps für den Umgang mit den Kindern, teilte das Aktionsbündnis am Sonntag in Potsdam mit. Neben der Schule und den Gleichaltrigen seien die Eltern von jungen Menschen diejenigen, die am stärksten Einfluss darauf haben, ob ihre Kinder in die rechtsextreme Szene eintauchen, hieß es.
AJKW tourt durch die Provinz
Mit der Infotour 2002, die durch den Landkreis Dahme Spreewald geht, wollen wir einer “Gartenzaunpolitik” die sich nur auf Raum bestimmter Städte oder Bezierke bezieht vorbeugen. Antifaschismus geht alle was an! Wir wollen zum einen in anderen Gegenden unseres Landkreises über linke Politik informieren und und uns selbst ein Bild von der Situation in anderen Städten machen.
Die Homepage zur Tour:
Am 9.2.2002 startete unsere Tour in Lübben. Hier ein Bericht und einiges zur Situation in der Stadt.
Am 9.2.2002 startete die Antifa-Infotour 2002 in Lübben
Von unseren Recherchen her wussten wir dass es Lübben seit einigen Jahren eine überdurchschnittlich hohe Konzentration an Nazis gibt die uns nicht unbedingt mit offenen Armen empfangen würden. Das bestätigte sich auch schon gleich nach unserer Ankunft. An mehreren Ecken sammelten sich gegen 10 Uhr bereits Gruppen von Nazis an mehreren Stellen rund um den Marktplatz die ihrer Erscheinung nach jedoch eher der “stupiden Szene” zuzuordnen waren. Eben jene die durch Kleidung und Äußerungen lediglich versuchen selbstwert zu vermitteln.
Doch es blieb nicht bei vereinzelten Gruppen. Die Zahl der “interessierten” Nazis stieg schnell auf ca. 30 an. Proportional dazu stieg auch die Zahl der Streifenwagen. Kurz nach 10 Uhr hatten wir dann auch unseren Infostand und die Musikanlage aufgebaut. Und die Bürger zeigten sich sehr interessiert, sogar Bündnisangebote erhielten wir. Viele wissen gar nicht wie stark das Potential an Nazis in Lübben bereits angestiegen ist. “Es ist erschreckend wie viel Potential an Neonazis es hier gibt”, stellt ein Bürger fest und eine Frau fragt rhetorisch: “Warum verbietet man die nicht einfach?”. Aus den Boxen schallte derweilen Musik der Gruppe “Dritte Wahl” mit “Dummheit kann man nicht verbieten”. Ein für recht smart gekleideter Neonazi stellt, während er unseren Stand begutachtet, fest: “Das ist doch nur Provokation, was ihr hier macht”. Warum nehmen sich Nazis immer so wichtig? Durch ihr zahlreiches Erscheinen haben sie uns jedenfalls einen Bärendienst erwiesen: Den Lübbenern wurde ein eindrucksvolles Bild vermittelt. “Da muss man was machen” stellten einige fest. Eine Ladenbesitzerin freut sich dass sich endlich auch alternative Strömungen in Lübben zu entwickeln scheinen. “Diese Typen sind unberechenbar” klagt sie. Viele Jugendliche trauten sich nicht so recht Infomaterial mit zunehmen weil sie darauf hin von Nazis fotografiert wurden.
Dieser Tag hat uns und sicher auch einigen Lübbenern gezeigt wie wichtig es ist eine alternative und tolerant Jugendkultur flächendeckend zu forcieren. Seit ca. 2 Jahren hat sich die organisierte Naziszene aus Königs Wusterhausen nach Lübben zurückgezogen — an diesem 9.2.2002 wurden sie (ihrem aggressivem Verhalten nach zu urteilen) zum ersten mal in ihrer Ruhe gestört — “Und das ist auch gut so”. Wir machen weiter, im ganzen Landkreis Dahme Spreewald.
Heute ist nicht alle Tage, wir kommen wieder keine Frage!
Seit einigen Jahren hat sich Lübben mehr und mehr zu einer Art Sammelpunkt für Neonazis entwickelt.
Der 1997 gegründete NPD-Kreisverband organisierte seit seiner Gründung mehrere Saalveranstaltungen u.a. auch in Lübben bei den u.a. so prominente Nazigrößen wie Christian Worch und Steffen Hupka, Wolfgang Juchem, Herbert Schweigert, und Frank Rennicke teilnahmen. Wanderjugend Gibor1997/98 tauchten Aufkleber des Hagal-Bundes und der Deutschen Wanderjugend auf.
Seit einiger Zeit organisiert sich der NPD-Kreisverband Spreewald zumindest per Postfach direkt in Lübben. Dieser Kreisverband organisiert seit geraumer Zeit so genannte „Heimat-Wanderungen“, regelmäßig stattfindende Schulungsveranstaltungen und jährlich die so genannte „Reichsgründungsfeier“ welche dann meist in Friedersdorf abgehalten wird.
Schon im Jahre 2000 kündigte die Sparkasse D. Sprw. ein Konto des NPD-Kreisverbandes Spreewald in Lübben.
Die Konzentration der Rechtsextremisten begann jedoch erst Mitte 2001, so der da amtierende Polizeirat „Tänzer“ gegenüber der Berl. Morgenpost. „Interessant ist die Tatsache, dass sich die NPD von Leuten aus der Gewaltszene in KW zurückzieht und ihre Aktivitäten in die Südregion des Landkreises und die Kreisstadt Lübben verlegt“, so Tänzer in einem Interview im Mai 2001
“Sieg Heil” in Rathenow
RATHENOW Nach “Sieg Heil”-Rufen in der Havelland-Stadt ist am Samstag gegen einen 21-Jährigen Haftbefehl erlassen worden. Insgesamt seien sieben Jugendliche im Alter von 16 bis 22 Jahren vorläufig festgenommen worden, hieß es.
“Zaungäste” erschienen
Eine etwa halbstündige Videodokumentation über den Alltag Brandenburger Flüchtlinge ist jetzt erschienen.
Eine Kopie kostes 15 Euro plus 3 Euro Versandkosten.
Zu bestellen ist er unter der Adresse:
kleinertgreenfilms@web.de
oder
KleinertGreenFilms
Anklamer Str.17
10115 Berlin
(tel) 030 44 03 24 55
Neues Zine aus Strausberg
Der Enterhaken kommt aus Strausberg, aus dem
Dunstkreis des Horte. Die Nummer Eins ist jetzt erscheinen imd kostenlos — inklusive zwei tollen Postern. Auf 24 kopierten Seiten gibt es reichlich Lesestoff zu allgemein
interessanten Themen, wenig Regionales.
Probenummer gegen Rückporto gibts hier:
Enterhaken
c/o Horte
Peter-Göring-Straße 25
15344 Strausberg
Asyl ist kein Privileg
Für die Einführung der Menschenrechte in Brandenburg«
demonstrierten am Donnerstag rund 80 Flüchtlinge,
Asylbewerber und einige linke Sympathisanten in der
Luckenwalder Innenstadt. Organisiert wurde die Demo
von der Aktionsgruppe für Menschlichkeit und
Gerechtigkeit aus Hennigsdorf bei Berlin. »Wir gehen
an diesem Tag auf die Straße, um gegen die
beleidigende und degradierende Situation im Landkreis
Teltow-Fläming zu protestieren, der die Asylbewerber
dort täglich ausgesetzt sind«, schallte es aus dem
Lautsprecherwagen, in dem Reden in verschiedenen
Sprachen gehalten wurden. Bei der Schlußkundgebung vor
dem Landratsgebäude wurde ein mehrseitiger
Protestbrief mit über 7000 Unterschriften übergeben.
Landrat Peer Giesecke war nicht vor Ort, so daß seine
Stellvertreterin Karin Schreiber das Schriftstück
entgegennehmen mußte.
In dem Brief protestieren die Asylbewerber gegen die
Residenzpflicht. Diese Regelung ist seit 1982 im
Asylverfahrensgesetz (AsylVerfG) festgeschrieben und
besteht nur in Deutschland. Seitdem weisen die
Ausländerbehörden Asylbewerbern ein Flüchtlingsheim
und willkürlich einen Landkreis zu. Offiziell
begründet wird die Residenzpflicht mit der nötigen
Anwesenheit des Flüchtlings während seines
Asylverfahrens. Das Verfahren dauert mitunter viele
Jahre, in denen die Asylbewerber massiv in ihrer
Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Bei Verstoß
gegen das Gesetz droht nach den Paragraphen 85 und 86
des AsylVerfG eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
oder eine Geldbuße von bis zu 5000 DM.
Das Asylverfahrensgesetz – ein Bundesgesetz – erlaubt
durchaus eine Lockerung der Residenzpflicht durch die
Länder. Sie kann auf mehrere Landkreise ausgedehnt
werden. Dies war auch eine zentrale Forderung in dem
Protestbrief an den Landkreis und das Land. Auch, daß
Reisegenehmigungen für höchstens drei Tage ausgestellt
werden, war für die Flüchtlinge ein Grund zu
demonstrieren. »Meistens werden die Anträge
zurückgewiesen, da die Sachbearbeiter die Begründungen
als zu unwichtig abtun«, sagte eine Asylberwerberin,
die auch gestern ohne Genehmigung angereist war.
Die Residenzpflicht ist nicht die einzige Regelung,
die den Flüchtlingen in Brandenburg und anderswo das
Leben schwer macht. Seit einiger Zeit verlangen die
Verwaltungen der Asylbewerberheime 3,50 Euro für eine
Übernachtung von Besuchern im Zimmer. »Das bedeutet
ein weitere Kontrolle und ein schweren Eingriff in die
Privatsphäre der Menschen in den Heimen«, sagte
Florence Sissako von der Organisationsgruppe.
Zimmerkontrollen durch Sicherheitsbeamte sind an der
Tagesordnung. In den Heimen müssen Familien auf 15,
Einzelpersonen auf sechs Quadratmetern leben. »Wir
dürfen nicht studieren, Jugendliche ab 16 die Schule
nicht mehr besuchen und keine Ausbildung machen.
Asylbewerber dürfen nicht arbeiten und bekommen nur
unzureichende medizinische Versorgung bewilligt«,
berichtet Sissako weiter. Flüchtlingen in Brandenburg
standen bis zum Jahresende monatlich nur 80 Mark zur
Verfügung. Das Geld reicht nicht für Fahrscheine,
Zeitungen, Zigaretten oder ein Bier im Lokal. Für
Lebensmittel gibt es nur Gutscheine.
Rasterfahndung läuft weiterhin
Brandenburgs oberster Datenschützer Alexander Dix hat den Umgang mit Daten bei der Rasterfahndung nach ausländischen Terroristen im Land scharf kritisiert. “Vorsichtig ausgedrückt ist es ein unbefriedigender Zustand, dass die Fahndung noch nicht offiziell beendet ist”, sagte Dix der “Berliner Zeitung”. Immer noch sei “eine fünfstellige Zahl” von Datensätzen in den Computern des Landeskriminalamts gespeichert — obwohl weit weniger, nämlich nur “eine dreistellige Zahl” von Fällen tatsächlich ins Merkmalraster für potenzielle Attentäter passe. Die überzähligen Daten müssten eigentlich gelöscht werden. “Laut Gesetz aber erst dann, wenn die Rasterfahndung für beendet erklärt wurde.”
Tatsächlich läuft laut Innenministerium die Auswertung der Angaben von Meldeämtern, Ausländerbehörden und Hochschulen aber noch “auf Hochtouren”. Darunter sind wegen technischer Probleme auch Tausende Daten, die mit den Merkmalen für potenziell terroristische “Schläfer” gar nichts zu tun haben. Es sei ein “innerer Widerspruch”, mit Kriterien der Unauffälligkeit zu arbeiten, sagte Dix, der den Sinn von Rasterfahndungen infrage stellte: “Wie soll man Leute erkennen, die sich zwar in die Luft sprengen würden, aber sonst gesetzestreu leben?” Dix meldete “datenschutzrechtlichen Klärungsbedarf” zum Stand der brandenburgischen Rasterfahndung an. “Das ist nun mal ein massenhafter, massiver Eingriff in ein Grundrecht.”
Mehr rechtsextremistische Angriffe verzeichnet
86 Gewalttaten / 906 politisch motivierte Straftaten
POTSDAM (Frankfurter Rundschau) Die Zahl rechtsextremistischer tätlicher Angriffe gegen Personen ist voriges Jahr in Brandenburg auf 77 gestiegen, wie Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) am Mittwoch in Potsdam bekannt gab. Im Vorjahr waren 72 registriert worden. Die Gesamtzahl aller von Rechtsextremisten verübten Gewalttaten blieb mit 86 konstant. Nach einer jetzt bundeseinheitlichen Zählweise registrierten die Brandenburger Behörden 906 von Rechtsradikalen begangene politisch motivierte Straftaten. Auf Grund der neuen, von Schönbohm kritisierten Erfassungsmethode, ließen sich die Zahlen nicht mit denen aus vorangegangenen Jahren vergleichen, hieß es. “Wenn auf dem Klo der Grundschule ein Hakenkreuz an die Wand gemalt wird, ist das jetzt schon eine politisch motivierte Straftat”, sagte der Minister. Ihm zufolge gehören bis zu 600 Personen zum harten Kern der Neonazis. Die Polizei habe den Druck auf die rechte Szene erhöht, erklärte der Minister. In Brennpunkten wie Guben, Rathenow, Frankfurt an der Oder und Königs Wusterhausen seien Sondereinheiten für die Bekämpfung extremistischer Gewalt personell verstärkt worden. Linksextremisten verübten 2001 in dem Land 21 Gewalttaten, davon elf gegen Personen. 2000 waren 18 solche Gewalttaten dieser Art, davon vier gegen Personen, registriert worden. “Gewalt von links ist zurzeit das kleinere Problem”, so Schönbohm.
Innenminister hofft auf Trendwende
Rechte Gewalt ließ zum Jahresende nach
POTSDAM (MAZ/Schauka) Der Kampf gegen rechtsextremistische Straftäter in Brandenburg zeigt offenbar Erfolg. Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) äußerte gestern die “Hoffnung” auf eine “Trendwende”, als er die “Jahresbilanz Extremismusbekämpfung 2001” in Potsdam vorstellte. Während im ersten Quartal 321 rechtsextreme Straftaten gezählt wurden, waren es in den letzten drei Monaten nur 139. Das entspricht im Jahresverlauf einem Rückgang von 56 Prozent. Die rechtsextremen Gewaltdelikte sanken im selben Zeitraum um 40 Prozent von 25 auf 15.
In der Gesamtbetrachtung des Jahres 2001 hat sich die mögliche Trendwende noch nicht niedergeschlagen. Wie im Jahr 2000 wurden erneut 86 rechtsextreme Gewaltstraftaten registriert, von denen sich 77 gegen Personen richteten (2000: 5). Die Aufklärungsquote liegt mit 75 Prozent etwa doppelt so hoch wie im Bereich der politisch unmotivierten Gewaltkriminalität, wie der Direktor des Landeskriminalamts, Axel Lüdders, sagte.
Scheinbar sprunghaft angestiegen ist die Gesamtzahl der rechtsextremen Propagandadelikte. 820 Fälle wurden gezählt (2000: 293). Nach einhelliger Expertenmeinung ist dieser Zuwachs darauf zurückzuführen, dass politisch motivierte Straftaten 2001 bundesweit erstmals nach neuen Kriterien erfasst wurden. Seither gilt jedes, auch ein unbedacht hingeschmiertes Hakenkreuz pauschal als politisch motiviert.
Nach Schönbohms Einschätzung bleibt die Bekämpfung des Rechtsextremismus “die größte Herausforderung”. Der Minister machte deutlich, dass der enorme Verfolgungs- und Einschüchterungsdruck der Polizei auf die Szene im vergangenen Jahr ein Maß erreicht hat, das nicht mehr zu steigern ist. “Mit den Mitteln des Rechtsstaats und der Repression sind wir am Anschlag”, so Schönbohm. Allerdings werde auch künftig “mit Repression auf hohem Niveau” fortgefahren. Der gewaltbereite Kern innerhalb der rechtsextremen Szene umfasst laut Schönbohm nach wie vor 500 bis 600 Personen. Die Zahl ist seit Jahren relativ stabil.
Während sich in Brandenburg die Zahl rechtsextremer Straftaten auf hohem Niveau stabilisiert hat, sprechen die Innenministerien von Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern nach MAZ-Recherchen von einem Rückgang. Nach Auskunft von LKA-Chef Lüdders ist jedoch zu beobachten, dass nicht alle Länder die neuen, bundesweit verbindlichen Kriterien zur Erfassung politisch motivierter Delikte so konsequent anwenden wie Brandenburg. “Wenn das Ziel der neuen Kriterien war, eine bessere Vergleichbarkeit der Delikte unter den Ländern herzustellen, dann ist dieses Ziel gescheitert”, sagte Lüdders gegenüber der MAZ.
Ein Randproblem stellt weiterhin die linksextrem motivierte Kriminalität in Brandenburg dar. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 69 Straftaten registriert. Davon waren 48 Propaganda- und 21 Gewaltstraftaten (2000: 18). Von diesen 21 richteten sich 11 (2000: 4) gegen Personen. In der Regel handelte es sich dabei um gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der linksextremen mit der rechtsextremen Szene.
DGB fördert Zivilgesellschaftliches
Mit Vielfalt für Vielfalt
Zwölf Brandenburger Projekte für Toleranz erhalten Mittel aus Xenos-Programm
POTSDAM (Schirrmeister) Auch in der Mark beginnt das Bundesprogramm Xenos für ein “Leben und Arbeiten in Vielfalt”, zu greifen: Zwölf Projekte mit Tätigkeitsfeld Berlin-Brandenburg sind in die deutschlandweite Förderung aufgenommen worden. Sie werden im Zeitraum von drei Jahren mit Beträgen zwischen 75 000 und 750 000 Euro bezuschusst. Die Mittel in einer Gesamthöhe von 5 Millionen Euro stammen aus dem EU-Sozialfonds.
Gestern trafen sich erstmals Vertreter aller zwölf im Lande aktiven Xenos-Projekte im Potsdamer Sozialministerium. Ziele dieses Plenums , so die stellvertretende Ausländerbeauftragte des Landes, Ines Sprenger, seien “ein Erfahrungsaustausch und eine bessere Vernetzung” der Vorhaben gewesen. “Manche der Gruppierungen sind sich trotz gleicher Einsatzorte und identischer Zielgruppe bisher noch nicht über den Weg gelaufen”, berichtete Sprenger. Zum Teil arbeiten die Projekte bereits seit mehr als zwei Jahren.
Trotz eines erfreulichen Rückgangs rechtsextremistischer Straftaten halte sich eine fremdenfeindliche Grundstimmung in Brandenburg, unterstrich Ines Sprenger die Bedeutung des Engagements. Das Angebot toleranzfördernder Maßnahmen ist breit gefächert: Es reicht von Projekt-Tagen an Schulen, die das Netzwerk für Demokratie und Courage anbietet über themenspezifische Lehrerfortbildung seitens des Büros der Ausländerbeauftragten, bis hin zum von Toleranz-Trainings flankierten Berufsbildungsprogramm.
Traditionell völkerverbindend wirkt die Kunst: Doch im Brandenburgischen werden nur außerordentlich selten multikulturelle Veranstaltungen angeboten. Landesweit will daher der Potsdamer Verein für Weltoffenheit und Menschenwürde Konzerte mit Weltmusik und Podiumsdiskussionen veranstalten, erläuterte dessen Sprecherin Katrin Werlich. Titel des von ihr vertretenen Kultur-Projektes ist “Al Globe — Überland”. “Es geht darum, die Denkweise über Ausländer positiv zu beeinflussen”, resümierte sie.
Dieser Zielrichtung vertraten auch die übrigen Xenos-Schützlinge. “Der Fremdenhass lässt sich nicht nur am äußeren Erscheinungsbild oder Gewalttaten festmachen”, unterstrich Susann Rüthrich vom Netzwerk Demokratie und Courage. Gerade auch von Mädchen, deren Gewaltbereitschaft meist geringer ist, bekäme sie oft rassistische Sprüche zu hören.
Das vom DGB getragene Netzwerk operiere seit zweieinhalb Jahren “ostdeutschlandweit”. Daher konnte Rüthrich auch von überwiegend positiven Reaktionen auf die Projekt-Tage an Schulen berichten: Dabei könne es nicht darum gehen, “die massiv rechtsextremen zu überzeugen”. Ziel sei vielmehr, die übrigen Jugendlichen zum Hinterfragen eigener Vorurteile zu bewegen und ausländerfreundliche Grundhaltungen zu bestärken.