PREMNITZ Auch zur Jahreswende 2001/2002 war es in der westhavelländischen Kleinstadt nicht möglich, einen friedlichen und ruhigen Abend zu verbringen, weil eine Gruppe marodierender Rechtsextremisten die Straßen des Ortes unsicher machte. Bereits weit vor Mitternacht zog die zehn bis fünfzehnköpfige, größtenteils namentlich und einschlägig wegen Gewaltdelikte bekannte, Gruppe Rechtsextremisten durch Premnitz, beschoss bzw. bewarf vorbeifahrende PKW mit Knallkörpern und ähnlichem. Es wurden Jugendliche attackiert und geschlagen weil sie keine Böller rausrücken wollten. Die schwerwiegenden Auseinandersetzungen begannen aber erst kurz nach Mitternacht. Gegen 0.45 Uhr wurde eine zehnköpfige Gruppe linksorientierter Jugendlicher in der Bergstraße mit Böllern und Raketen von der Gruppe Rechtsextremisten angegriffen und mehrfach verbal dazu aufgefordert, mit ihnen zu kämpfen. Da die Jugendlichen aber keine Lust auf irgendwelche Schlägereien hatte, liefen sie in die Bunsenstraße zurück. Trotzdem ließ die Gruppe Rechtsextremisten aber nicht von ihnen ab, befeuerte sie weiterhin mit Knallkörpern und Leuchtsternen und bekundete weiterhin die Absicht, sich unbedingt schlagen zu wollen. In dieser Situation löste sich ein Rechtsextremist aus der Gruppe und lief direkt zu einem der zuletzt laufenden linksorientierten Jugendlichen und packte ihn an der Jacke um so eine Auseinandersetzung zu beginnen. Der Angegriffene ließ sich aber nicht beirren und wehrte den Angreifer ab. Trotzdem war damit die Gewalt in jener Nacht noch nicht beendet. Zwar konnte die Gruppe der angegriffenen linksorientierten Jugendlichen unverletzt entkommen, jedoch traf es dafür zwei Unbeteiligte. Gegen 01.00 Uhr griffen vier namentlich bekannte Täter aus der Gruppe Rechtsextremisten in der Karl – Marx – Straße einen linksorientierten Jugendlichen und dessen Begleiter an. Ohne Warnung schlugen und traten die Vier mit Fäusten und Schuhen auf eines der beiden Opfer ein. Außerdem zerschlug einer der Tatbeteiligten einen Knüppel auf dem Kopf des selben Opfers, das nun mit dem Krankenwagen zur Rettungsstelle gebracht werden musste. Weiterhin wurden mehrere Gäste einer Silvesterparty in der Straße des Friedens von den Rechtsextremisten belästigt, bedroht und geschlagen.
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Kurz nach dem Jahreswechsel griffen am 1. Januar 2002 etwa 15 offenbar Rechtsradikale den Proberaum einer Band in Vetschau (Oberspreewald-Lausitz) an. In dem Proberaum, der als Treffpunkt alternativer und linker Jugendlicher bekannt ist, hatten einige Jugendliche Silvester gefeiert. Einer der Feiernden traf gegen 3 Uhr wenige Meter vor dem Gebäude unvermittelt auf die Angreifer. Sie bedrohten ihn, beschimpften ihn mit eindeutig rechtsradikalen Parolen
und verfolgten ihn, als er zurück in den Proberaum flüchtete. Die Rechtsradikalen versuchten, in den Raum einzudringen. Sie warfen die Fensterscheiben ein. Ein Fenster wurde dabei mit solcher Wucht getroffen, dass es samt Rahmen aus der Wand brach. Dann warfen die
Angreifer schwere Gegenstände auf die Jugendlichen, die versuchten, von innen die Tür zu versperren. Ein Gitterrost verfehlte sie glücklicherweise knapp. Die Rechtsradikalen konnten auch im weiteren nicht in den Proberaum gelangen und zogen sich zurück.
Polizeibeamte, die von den Jugendlichen aus dem Proberaum gerufen wurden, trafen kurze Zeit danach ein, nahmen aber keine Anzeige auf. Nachdem die Polizei später nochmals gerufen wurde, weil im Laufe der Nacht wieder Rechtsradikale in der Nähe des Proberaums aufgetaucht
waren, war sie mit einem Einsatzwagen präsent.
Den Angegriffenen selbst sowie ihrer schnellen und umsichtigen Reaktion ist es zu verdanken, dass es keine Verletzten und nicht noch mehr Sachschäden gab.
Der Überfall war nicht der erste dieser Art in Vetschau. Es ist eine ganze Reihe von Angriffen auf Nicht-Deutsche und nicht-rechte Jugendliche bekannt. So wurde der Proberaum unter anderem bereits in der Nacht vom 5. zum 6. August vorigen Jahres von Rechtsradikalen angegriffen, die dort einbrachen und Fenster, Mobiliar sowie Technik
zerschlugen.* In Vetschau und den umliegenden Dörfern gibt es ein großes Potenzial an rechtsradikal Handlungsfähigen. Angesichts dieser Situation ist eine unbedingte Solidarisierung mit den Angegriffenen gefordert. Sie müssen unterstützt und gestärkt werden, wenn in der Stadt dauerhaft einer rechtsradikalen Szene und ihren Aktivitäten
entgegengewirkt werden soll.
* Eine Pressemitteilung, die sich mit diesem Angriff befaßt, ist auf
www.opferperspektive.de zu finden.
Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt e.V.
Parzellenstraße 79
03046 Cottbus
Fon: 0172 — 75 85 772
Fax-Server: 0721 — 151 221 837
In dem kleinen Örtchen Walsleben bei Neuruppin wurde in der Silvesternacht ein Mann von einem Jungfascho beleidigt. Der Grund: Der Mann war mit seinem dunkelhäutigen Stiefsohn unterwegs. Dieser hat bereits zuvor etwas abgekriegt. Nämlich als er vor Mitternacht allein unterwegs war. Da hat ihm derselbe Typ, aus einer Gruppe heraus, mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Der Jugendliche erlitt eine leichte Verletzung. Ein Verdächtiger ist ermittelt. Er hat nun unter anderem eine Anzeige wegen Volksverhetzung an den Hacken. Der polizeiliche Staatsschutz hat sich auch eingeschaltet.
600 bei Neujahrsdemo
600 Protestwanderer gegen “Bombodrom”
Teilnehmer auch aus Mecklenburg
SCHWEINRICH 600 Menschen haben sich gestern an der 74. Protest- wanderung
gegen einen Bomben- abwurfplatz der Bundeswehr bei Wittstock (Ostprignitz-Ruppin)
beteiligt. Die Neujahrs-Aktion gegen das “Bombodrom” in der Kyritz-Ruppiner Heide sei
auch von Bürgern aus den Landkreisen Mecklenburg-Strelitz und Müritz
unterstützt worden, sagte der Vorsitzende der Bürgerinitiative “Freie Heide”,
Helmut Schönberg.
Gegen die Pläne des Bundesverteidigungsministeriums, das “Bombodrom” als
Luft-Boden-Schießplatz zu nutzen, läuft die Bürgerinitiative “Freie
Heide”, der auch mehrere Gemeinden angehören, seit Jahren Sturm. Die
sowjetische Luftwaffe hatte das Gelände über Jahrzehnte hinweg für
Bombenabwürfe genutzt.
Nach Auskunft der Bürgerinitiative hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) in
Frankfurt (Oder) der Bundeswehr Zwangsgelder für den Fall angedroht, dass sie
“weiterhin so tue, als ob sie in der Kyritz-Ruppiner-Heide einen
Truppenübungsplatz betreibe”. Das OVG habe “klargestellt, dass die Bundeswehr
hier nicht nach Gutdünken schalten kann”. So habe es der Bundeswehr
“untersagt, Schilder mit der Bezeichnung „Truppenübungsplatz“ aufzustellen”.
Bereits im Dezember 2000 hatte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin der
Bundeswehr vorerst eine militärische Nutzung des Geländes untersagt. Die
Ortschaften Schweinrich und Rossow hatten daraufhin beim Potsdamer
Verwaltungsgericht einen Zwangsvollstreckungsantrag gegen die Bundeswehr zur
Räumung des Übungsplatzes beantragt.
Im April 2001 errangen die “Bombodrom”-Gegner einen weiteren Sieg. Ohne
mündliche Verhandlung sagte die Bundeswehr zu, das nur für zwei
Gemeinden geltende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch für Gadow,
Flecken Zechlin und Dorf Zechlin zu akzeptieren.
Nazis sagen auf Wiedersehen
Am Freitag, 28. Dezember, trafen sich in den frühen Abendstunden rund 50 Anhänger der NPD auf dem Wittstocker Marktplatz. Ihr Motto lautete “Deutsche Mark auf Wiedersehen”. Mit dabei hatten sie Fackeln und Transparente. Anmelder war, wie so oft in Wittstock, NPD-Kreisvorsitzender Mario Schulz (Cumlosen). Passiert ist nüscht.
OVG: Keine Truppenübungsplatz-Schilder
Am 27.12.2001 wurde vom brandenburgischen Oberverwaltungsgericht der Bundeswehr — unter Androhung von Zwangsgeld — das Aufstellen von Schildern mit dem Schriftzug TRUPPENÜBUNGSPLATZ untersagt. Damit müssen die derzeit aufgestellten Schilder ausgetauscht werden. Oberstleutnant Engel ist damit defacto Kommandant ohne Truppenübungsplatz.
OVG lehnt Schießplat-Schilder ab
“Freie Heide” feiert Teil-Erfolg
OSTPRIGNITZ RUPPIN “Kein Sieg, aber ein Erfolg”, ist in den Augen von Benedikt Schirge, Sprecher der Bürgerinitiative “Freie Heide”, das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Brandenburg (OVG). Das Gericht hatte am Donnerstag entschieden, dass die Bundeswehr am ehemaligen Bombodrom in der Ruppiner Heide keine Schilder “Truppenübungsplatz” aufstellen darf. Das OVG folgte damit den Gemeinden Schweinrich und Rossow, die für die Anliegerorte des Bombodroms Musterklagen führen.
“Die Bundeswehr kann nun nicht mehr so tun, als gäbe es dort einen Übungsplatz”, begrüßte Benedikt Schirge das Urteil. “Es geht hier ums Vokabular”, erläuterte er die Position der Bürgerinitiative “Freie Heide”. Der Anwalt der Bürgerinitiative Rainer Geulen geht davon aus, dass die Bundeswehr sämtliche Hinweisschilder “Truppenübungsplatz” binnen einer Frist von drei Wochen entfernen muss.
Mit Unverständnis reagierte gestern der Standortkommandant des Truppenübungsplatzes Oberstleutnant Wolfgang Engel auf den Gerichtsbeschluss. “Mir ist der Sinn der Sache nicht ganz klar. Hier drängt sich eher der Eindruck auf, als ginge es wieder einmal um Formalien, um der Bundeswehr zusätzliche Kosten aufzudrängen”, kommentierte Engel auf Anfrage der MAZ. Auf dem Übungsplatz findet laut Engel bereits seit 15. Dezember 2000 “gar nichts Militärisches mehr statt”. So würde es auch bis zum Ende des Anhörungsverfahrens bleiben.
Die Bürgerinitiative führt Neujahr ihre 74. Protestwanderung durch. Treffpunkt ist um 14 Uhr an der Kirche Schweinrich. Von dort geht es zur Mahnsäule.
Gericht entscheidet: Schilder müssen weg / Freie Heide wandert am Neujahrstag
Derzeit kein “Truppenübungsplatz”
OSTPRIGNITZ RUPPIN Auch im neuen Jahr geht der Protest der Bürger- initiative Freie Heide weiter. Sie lädt am Dienstag, 1. Januar, zur inzwischen 74. Protestwanderung ein.
Sie beginnt um 14 Uhr mit einer geistlichen Besinnung in der Schweinricher Kirche. Dann wird zur Schießplatzgrenze gewandert. Dort sollen auch von Christian Carstens gesponserte Rheinsberger Tassen mit heißen Getränken verkauft werden. Es werden auch neue Informationen zum “Gruppenantrag im Bundestag” angekündigt.
Dabei sieht die Bürgerinitiative in einem jetzt veröffentlichten Gerichtsbeschluss einen weiteren Erfolg im Kampf gegen die Nutzung des Schießplatzes in der Wittstock-Ruppiner Heide. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Brandenburg droht dem Verteidigungsministerium in dem Beschluss ein Zwangsgeld an, falls das frühere Militärgelände auf dem Gebiet dieser beiden Gemeinden weiterhin als Übungsplatz genutzt wird.
Hintergrund sind zwei Urteile des OVG Brandenburg vom 24. März, in denen dem Verteidigungsministerium die Nutzung von Schweinricher und Rossower Gemeindegelände als Truppenübungsplatz untersagt worden war. Diese Urteile waren rechtskräftig geworden, nachdem das Bundesverwaltungsgericht am 14. Dezember 2000 die Revisionen des Verteidigungsministeriums zurückgewiesen hatte.
Das Oberverwaltungsgericht teilte die Ansicht der beiden Gemeinden, dass das Verteidigungsministerium auch künftig gegen seine Unterlassungspflichten verstoßen werde, weil der gesamte Bereich des früheren Bombodroms als Truppenübungsplatz ausgeschildert sei. Dies sei mit den Urteilen vom 24. März nicht vereinbar, so das OVG.
Das Gericht machte aber auch deutlich, dass die Gemeinden Rossow und Schweinrich keinen Anspruch auf Herausgabe von Flächen oder deren Räumung haben.
Der Kommandant des Wittstocker Truppenübungsplatzes, Wolfgang Engel, kannte den Gerichtsbeschluss noch nicht. “Unverständlich”, so sein Kommentar gestern. Die Bundeswehr sei Eigentümer des Platzes und könne ihn laut letztem Spruch des Bundesverwaltungsgerichts nutzen — wenn auch erst nach einer angemessenen Anhörung. Derzeit werde der Platz von der Bundeswehr aber nicht genutzt.
Potsdam: Asylbewerber demonstrieren
Gegen Sozialkürzungen und einen Abbau ihrer Rechte gingen gestern erstmals
Asylbewerber aus Potsdam bei einer eigenen Demonstration auf die Straße. Rund
100 Menschen — darunter auch Deutsche — forderten auf dem Weg zum
Sozialministerium die Sicherung sozialer Mindeststandards. Im Mittelpunkt stand
dabei die drohende Verteuerung der Nahverkehrs-Sozialfahrkarte. Die
Demonstranten forderten einen Zuschuss, der die Beibehaltung des Ticketpreises
von 27 Mark ermöglicht. Außerdem ging es um Abschiebung und Residenzpflicht.
Die Sozialstaatssekretärin Angelika Thiel-Vigh warf einigen linken Demonstranten
vor, die Sorgen der Asylbewerber für eigene politische Ziele missbrauchen zu wollen.
“Wir bekommen 80 Mark Taschengeld im Monat, wie sollen wir davon leben, wenn
das meiste Geld für das Ticket drauf geht?”, fragten Betroffene die
Sozialstaatssekretärin sowie Bärbel Eichenmüller, Fachbereichsleiterin Soziales der
Stadt. Thiel-Vigh wies die Verantwortung von sich: “Das Ticket ist Sache der Stadt,
geht das Land nichts an.” Die Betroffenen reagierten mit Unverständnis: “Warum hilft
das Land nicht, wenn die Städte diese sozialen Leistungen nicht mehr bezahlen
können”, fragte Florence Sissako.
Beklagt wurden immer neue Gesetze und zu wenig Rechte. “Mein fünf Monate altes
Kind wurde in Deutschland geboren. Ich habe keine Papiere. Jetzt ist das Kind krank
und ich habe Probleme, eine Behandlung zu bekommen”, berichtete ein
Asylbewerber.
Ein Problem für viele ist die Unterbringung an der Michendorfer Chaussee und am
Lerchensteig. Um von dort in die Innenstadt zu kommen, braucht man den Bus. Noch
1999 zahlten die 150 Bedürftigen für ihr Sozialticket 18 Mark im Monat. Trotz
Preisanstiegs auf derzeit 27 Mark ist das Taschengeld gleich geblieben. Lebensmittel
kaufen die Asylbewerber mit Gutscheinen — Tabak, Alkohol, Telefonkarten,
Briefmarken oder gar den Anwalt für das Asylverfahren können sie davon nicht
bezahlen. “Entweder die Fahrpreise bleiben gleich, oder wir brauchen mehr
Unterstützung”, sagte ein Demonstrant.
Vorerst werden die Asylbewerber ganz auf das Sozialticket verzichten müssen. Zwar
soll die Unterstützung in Höhe von 43 000 Mark in den Haushalt aufgenommen
werden, der wird aber frühestens am 23. Januar beschlossen und muss danach noch
von der Kommunalaufsicht genehmigt werden, damit die Zahlung freiwilliger
Leistungen — das Sozialticket gehört dazu — erfolgen kann, erklärte Eichenmüller. Das
führte 1999 dazu, dass erst ab Juli der Zuschuss zur Sozialfahrkarte gewährt werden
konnte.
Bei der Unterbringung der Asylbewerber gebe es Verbesserungen, so Eichenmüller.
200 Menschen lebten bereits in normalen Wohnungen. Familien, die seit mehr als
drei Jahren, und Alleinstehende, die seit mehr als fünf Jahren hier sind, sollen eine
eigene Wohnung bekommen. (KLAUS D. GROTE)
Zwangsgeld gegen die Bundeswehr?
Gericht droht Bund Zwangsgelder an
Bombodrom-Gegner erzielen Erfolg
FRANKFURT (ODER) Die Gegner des geplanten Bombenabwurf- platzes in der Kyritz-Ruppiner Heide haben vor dem Oberver- waltungsgericht Brandenburg einen Erfolg erzielt. Das Gericht habe auf Antrag der Gemeinden Schweinrich und Rossow dem Bund Zwangsgelder angedroht, sollte er beispielsweise Schilder mit der Bezeichnung “Truppenübungsplatz” an dem Gelände aufstellen, teilte das Gericht gestern in Frankfurt (Oder) mit. Es sah darin eine Zuwiderhandlung gegen vorherige Gerichtsurteile.
Vor rund einem Jahr hatte das Bundesverwaltungsgericht in Berlin den Streitkräften nach jahrelangem Rechtsstreit untersagt, das “Bombodrom” militärisch zu nutzen, ohne vorher die Anliegergemeinden ausreichend angehört zu haben. Das Bundesverteidigungsministerium lässt daher derzeit ein Anhörungsverfahren in der Region laufen, das Anfang Januar abgeschlossen werden soll. Die Bundeswehr hatte das 14 000 Hektar große Militärgelände nach dem Abzug der russischen Truppen — nach Meinung der Gegner widerrechtlich — übernommen.
Das Oberverwaltungsgericht teilt der Mitteilung zufolge die Auffassung, dass zumindest das Aufstellen und Belassen von Schildern, die das Areal etwa als “Truppenübungsplatz” bezeichnen, nicht mit den Gerichtsurteilen vereinbar sei. Zugleich wies das Gericht darauf hin, dass die bisherigen Urteile keine Grundlage für die Gemeinden bieten, die Herausgabe von Flächen beziehungsweise deren Räumung durch die Bundesrepublik zu beanspruchen.
Um das “Bombodrom” wird seit Jahren gestritten. Statt des geplanten Luft-Boden-Schießplatzes fordert die Bürgerininitiative “Freie Heide” eine zivile Nutzung des Areals.Die Initiative will am Dienstag in Schweinrich (Ostprignitz-Ruppin) ihre Proteste fortsetzen.
Unter Generalverdacht
Flüchtlinge in Eisenhüttenstadt: Leben zwischen Wohnheim und Knast
ZABH-Leiter Lorsch:
“Die Zäune dienen dem Schutz der Asylbewerber… Wir haben natürlich das Problem, daß die
Asylbewerber in Eisenhüttenstadt diese Einrichtung als Schutz empfinden müssen, weil sie sonst diese
Einrichtung nicht mehr anlaufen würden,sie würden sonst zwangsläufig auf der Parkbank irgendwo
schlafen, kein geregeltes Essen mehr bekommen…”
EISENHÜTTENSTADT Eisenhüttenstadt — von diesem einstigen Industriezentrum der DDR
ist nur noch der Name übriggeblieben. Mit dem Zusammenbruch der Industrie nach 1990 hielt die
Arbeitslosigkeit Einzug in die Stadt und die umliegende Region. Vor allem Jüngere zogen weg.
Andere blieben frustriert zurück. Manche suchten Sündenböcke und meinten, sie in den
Insassen der Zentralen Aufnahmestelle für Asylbewerber gefunden zu haben. Anfang der 90er
Jahre geriet die Stadt durch rassistische Überfälle immer wieder in die Schlagzeilen.
Höhepunkt waren die Sommertage Ende August und Anfang September 1992, als das am Rande
der Innenstadt gelegene Flüchtlingsheim in der Nähe eines Neubaugebiets von rechten
Jugendlichen tagelang belagert und unter dem Applaus von Schaulustigen mit Brandflaschen und
Steinen attackiert wurde. Mehrere Gebäudeteile brannten damals völlig aus.
Nichts erinnert heute mehr an diese Sommertage vor über neun Jahren. Längst hat die
Normalität auch in Eisenhüttenstadt Einzug gehalten. Doch die ist für Migranten alles
andere als erfreulich. Hier landen alle Flüchtlinge, die im Land Brandenburg Asyl beantragen. Zur
Zeit kommen sie überwiegend aus Kolumbien, Kamerun, Vietnam und Algerien. Meistens werden
sie vom BGS aufgegriffen und nach Eisenhüttenstadt gekarrt. Die durchschnittliche Verweildauer
beträgt vier bis sechs Wochen. Ein Teil wird dann auf andere Heime verteilt, auf die anderen wartet
der Abschiebeknast direkt auf dem Gelände.
Micolai ist sehr beschäftigt. Der jugoslawische Flüchtling streicht die Wände im Flur des
Familienheims. “So habe ich etwas Abwechslung und verdiene mir auch noch etwas Taschengeld”,
meinte er. Tatsächlich sind zwei DM Stundenlohn für einen Flüchtling mit 80 DM im
Monat ein willkommener Zuverdienst. Doch nicht alle arbeiten freiwillig. Manche müssen damit
Strafbefehle abbezahlen, die wegen irgendwelcher Verletzungen der Aufenthaltsbestimmungen, wie dem
Verlassen des Landkreises, verhängt wurden.
Im Familienheim leben die Flüchtlinge, die wie Micolai mit Frau und Kindern nach Deutschland
eingereist sind. Jede Familie teilt sich einen Raum. Die unverheirateten Insassen, die die Mehrheit der
zirka 800 Heimbewohner stellen, müssen sich mit sieben fremden Menschen einen engen Raum im
Gebäude einer ehemaligen NVA-Kaserne teilen. Die Zimmer sind vollgestellt mit Mobiliar, welches
von Sperrmüll oft kaum zu unterscheiden ist, ein Tisch, Stühle, ein paar Regale, in der Regel
vergilbt oder verblichen und stark abgenutzt. Der Blick nach draußen trägt viel zur
beklemmenden Atmosphäre bei. Ein Maschendrahtzaun, gleich dahinter eine zweite Wand aus
Wellblech, das verwilderte NVA-Übungsgelände, ebenfalls hinter Draht, und ein betonierter
Parkplatz. Drei Gebäude begrenzen den Appellplatz. Im ersten ist die Außenstelle des
Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (BAFl) untergebracht. Ein
kleineres Quergebäude belegt die Lagerleitung der privaten Sicherheitsfirma B.O.S.S., die für
die Bewachung und Kontrolle der Anlage zuständig ist. Im dritten Gebäude am Platz, einem
Kasernenbau der NVA, sind die ledigen Männer untergebracht. Dazwischen liegen ein kleiner
Spielplatz und ein Fußballfeld. Doch bei deren Benutzung ist Vorsicht geboten, wenige Meter weiter
beginnt die Tabuzone.
Dort befindet sich das Lager im Lager, der für 60 Männer und 14 Frauen ausgestattete
Abschiebeknast. Was im Inneren vorgeht, ist von außen nicht wahrnehmbar. Nur eine Stunde am
Tag kommt etwas Leben in die sterile Umgebung. Dann haben die Häftlinge Hofgang. Dann sehen
die Flüchtlinge Männer und Frauen, mit denen sie bis vor kurzen noch das Zimmer und die
Küche sowie die Hoffnung auf ein neues Leben in Deutschland geteilt hatten, eingesperrt hinter
Stacheldraht. Mitarbeiter des Brandenburger Flüchtlingsrats halten die Zusammenlegung von
Flüchtlingsheim und Abschiebeknast für eine besonders abschreckende Maßnahme.
“Damit werden die Flüchtlinge vom ersten Tag an daran erinnert, wie gering ihre Chance auf
Anerkennung ist.”
Noch drastischer drücken es viele Insassen aus. “Eisenhüttenstadt ist für uns
Flüchtlinge ein Ort des Schreckens”, meint Eric Pascal Powe. Der Aktivist der Brandenburger
Flüchtlingsinitiative kommt aus Kamerun. An seinen mehrmonatigen Aufenthalt in
Eisenhüttenstadt hat er keine guten Erinnerungen. Alle Flüchtlinge müssen
ständig eine Chipkarte mit ihren persönlichen Daten bei sich tragen. Beim Verlassen des
Heimes muß die ebenso wie bei der Ankunft in ein elektronisches Lesegerät gesteckt werden,
so daß die Insassen unter totaler Kontrolle stehen. Doch die Bewohner haben nicht die
Möglichkeit, bei einem Stadtbummel den grauen Heimalltag für einige Stunden zu vergessen.
“Ein Leben außerhalb des Heims gibt es dort für die Flüchtlinge nicht”, erinnert sich
Powe. Das liegt auch an den in Eisenhüttenstadt und Umgebung nach wie vor aktiven
Neonazigruppen. Deshalb verlassen die Flüchtlinge das Heim möglichst nicht allein und
meiden die Stadt nach Einbruch der Dunkelheit. Aber auch die Staatsmacht will verhindern, daß
sich die Bewohner außerhalb des Heims soziale Kontakte aufbauen. Flüchtlinge beklagen,
daß sie von der Polizei verfolgt werden, wenn sie das Heim verlassen. Bewegt sich ein
Flüchtling Richtung Bahnhof, macht er sich in den Augen von BGS und Polizei besonders
verdächtig. Er könnte im Begriff sein, gerade eine Straftat zu begehen. Schließlich
unterliegen alle Heimbewohner der Residenzpflicht. Sie dürfen den Landkreis nicht verlassen.
“Oft gehen die Flüchtlinge völlig ahnungslos und ohne einen Anwalt in die Gespräche,
die über Aufenthalt oder Abschiebung entscheiden”, meint Klaus. “Daher verwundert die niedrige
Anerkennungsquote in Eisenhüttenstadt auch nicht.” Klaus gehört zu einer kleinen
örtlichen Initiative, die die Flüchtlinge besucht und über ihre Rechte informiert. Die
Flüchtlinge haben kein Vertrauen in die staatlichen Beratungsstellen. Eine unabhängige
Beratungsstelle, wie es sie in vielen anderen Städten längst gibt, fehlt aber in
Eisenhüttenstadt noch immer.
Rheinsberg: Ja zu Aktion Noteingang
Die Frage nach der Gewalt
Rheinsberger wollen sich an der “Aktion Noteingang” beteiligen
RHEINBERG Intime Fragen erwarten die Rheinsberger Geschäftsleute. Angenommen in ihrem Laden würde ein Mensch Hilfe vor Gewalttätern suchen: Würden Sie dem helfen? Würden Sie vielleicht nur dann helfen, wenn es eine Frau ist, ein Kind, wenn der Hilfe Suchende homosexuell, behindert, obdachlos ist, unter Alkohol- oder Drogeneinfluss steht? Oder wenn er ein Linker, Moslem, Jude, Sinti ist? Oder in einem oder mehreren dieser Fälle ausgerechnet nicht? Auf dem Fragebogen der “Aktion Noteingang” steht das ganz oben. Und die soll jetzt auch Rheinsberg starten.
Jugendliche aus der Stadt und den Nachbarorten wollen die Fragebögen in den nächsten Wochen an die Rheinsberger Unternehmer verteilen. Ihr Ziel: herauszufinden, wer sich überhaupt an der Aktion beteiligen und den auffallenden gelb-schwarzen Aufkleber in sein Schaufenster hängen würde. Antworten können anonym gegeben werden.
Unterstützt wird die Initiative unter anderem von Alexandra Willers, der Rheinsberger Stadtjugendpflegerin. Die Stadt kann die Aktion gebrauchen, meint sie. Und auch Hermann Nehls, der Koordinator gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit, ist offenbar dieser Auffassung. Denn obwohl die Situation in Rheinsberg oft als “beruhigt” bezeichnet werde, seien Hakenkreuzschmierereien, rechte Propaganda und fremdenfeindliche Äußerungen noch immer Alltag. “An der unsicheren Situation von Ausländern, Behinderten, Andersdenkenden und Anders-Aussehenden in Rheinsberg hat sich kaum etwas geändert”, heißt es dann auch ganz klar in einem Faltblatt, das über das Anliegen der “Aktion Noteingang” informieren soll.
Aufkleber und Plakate sollen Besuchern der Stadt wie den Rheinsbergern selbst das Gefühl einer fremdenfreundlichen Stadt geben. Und die Fragebogenaktion der Jugendlichen soll sicherstellen, dass dieses Gefühl nicht trügt.
Neben Rheinsberg beteiligen sich unter anderem Bernau, Cottbus, Bad Freienwalde, Fürstenwalde und Wriezen an der Aktion Noteingang. Neuruppiner Geschäftsleute sind seit 1999 dabei.
Aktion Noteingang
Ins Leben gerufen wurde die “Aktion Noteingang” 1998 von Bernauer Jugendlichen. Sie wollten damit erreichen, dass zum einen ein öffentliches Zeichen gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit gesetzt wird und zum anderen Opfer im Notfall wissen, wohin sie sich wenden können.
Die Aufkleber mit der Aufschrift “Wir bieten Schutz und Informationen bei rassistischen und fremdenfeindlichen Übergriffen” hängen inzwischen in hunderten Läden, Tankstellen, Bibliotheken, Rathäusern und Schulen.Für die Initiatoren der Aktion ist dabei auch wichtig, dass in vielen Städten erst durch die Aktion eine Diskussion über Fremdenfeindlichkeit zustande kommt. Im Jahr 2000 ist die “Aktion Noteingang” für ihr Engagement mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet worden.
Wer mehr Informationen sucht oder sich an der Aktion beteiligen will, kann sich an die Stadtjugendpflegerin Alexandra Willers, Schlossstraße 17, Tel. 033931/4 37 95, oder an Hermann Nehls, DGB-Jugendbildungsstätte Flecken Zechlin, Tel. 033923/74 00, wenden.