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(Anti-)Rassismus

Erinnerung an Farid Guendoul

Am 13. Feb­ru­ar 2009 jährt sich zum zehn­ten Mal der Todestag von Farid Guen­doul. Er verblutete in einem Trep­pen­haus in Guben, nach­dem er sich auf sein­er panis­chen Flucht vor ein­er Gruppe elf junger Deutsch­er schw­er ver­let­zt hatte.

Eine Zeitung, die als Beilage der Lausitzer Rund­schau und der 20cent in Cot­tbus und im Spree-Neiße-Kreis erscheint, erin­nert an diese Ereignisse und soll Mut machen, nicht weg zu schauen son­dern aktiv gegen Ras­sis­mus und Recht­sex­trem­is­mus Stel­lung zu beziehen.

Inhalt

Die Her­aus­gabe der Zeitung »Erin­nerung an Farid Guen­doul« wurde gemein­sam unter­stützt von dem Aktions­bünd­nis gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit, der Koor­dinierungsstelle »Tol­er­antes Bran­den­burg«, der Bran­den­bur­gis­chen Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung und der Stiftung Nord-Süd-Brücken.

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Antifaschismus

Erst Relaunch dann plötzliches Ende

Pin­now (ipr) Seit Mon­tag dieser Woche hat die NPD Barn­im-Uck­er­mark keinen Weblog mehr. Stattdessen find­en die inter­essierten LeserIn­nen eine Erk­lärung der Redak­tion, das Pro­jekt „Nationales Net­z­tage­buch“ sei — wie bei sein­er Grün­dung im Jahre 2006 schon vorge­se­hen – nach den Bran­den­bur­gis­chen Kom­mu­nal­wahlen 2008 been­det worden.

Eigentlich erhoffte sich „gegenrede.info“ NPD-Ansicht­en zur gestri­gen Kreistagssitzung des Land­kreis­es Uck­er­mark. Immer­hin hat der urdeutsche NPD-Kreistagsab­ge­ord­nete Andy Kucharzews­ki drei Anträge und eine Anfrage an den Lan­drat gestellt. Dum­mer­weise nicht frist­gerecht, sodass die Anträge nicht berat­en wer­den mussten und auf die näch­ste Sitzung ver­schoben wer­den konnten.

Statt der Schimpfkanon­ade nun der Abge­sang und die totale Entsorgung aller bish­er erschiene­nen Artikel. Zu weit­eren Begrün­dung heißt es, dass es natür­lich auch zeitliche Verän­derun­gen in der Fam­i­lie, Verän­derun­gen im Beruf, oder Verän­derun­gen der poli­tis­chen oder organ­isatorischen Funk­tio­nen inner­halb der Partei, hier also im Kreis- und Lan­desver­band bei den einzel­nen Redak­teuren gegeben habe und man somit den selb­st gestell­ten Ansprüchen nicht mehr gerecht wer­den kon­nte. Nicht ein­mal als Archiv­ma­te­r­i­al ste­ht das bish­erige Geschreib­sel mehr zur Ver­fü­gung. Man darf fra­gen, wessen Ansprüchen man da nicht gerecht gewor­den ist.

Auf­fäl­lig war jeden­falls, dass sich das Pseu­do­nym des anti­semi­tis­chen Schand­mauls der Redak­tion, Julius Fär­ber, schon län­gere Zeit nicht mehr unter den Artikeln fand. Auch wurde im Dezem­ber ein Bericht über die Polizeiak­tion gegen eine NPD-Win­ter­son­nen­wend­feier ohne ersichtlichen Grund wieder aus dem Netz genommen.

Und noch eine Ungereimtheit, wenn ich weiß, dass in zwei Monat­en Schluss ist, dann führe ich doch kein neues Redak­tion­ssys­tem mehr ein, wie beim „Nationalen Net­z­tage­buch“ geschehen.

Zwar bestre­it­et die Redak­tion, dass es irgendwelche Ein­flussnahme seit­ens der Parteispitze gegeben habe. Wenn man sich jedoch das Inter­view mit NPD-Parteivize Jür­gen Rieger anschaut, das pro­gram­ma­tisch ans Ende der Redak­tion­serk­lärung gestellt wurde, dann klingt diese Kamp­fansage an die NPD-Führer Molau und Marks doch wie eine markige Antwort auf den Webtod des „Nationalen Netztagebuches“.

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Antifaschismus

Wieder Nazikundgebung in Zossen

Zossen — 35 Neon­azis verk­lären Geschichte bei Kundge­bung in Zossen – 40 Anwohn­er und Autonome Antifaschis­ten protestieren spon­tan auf Marktplatz 

Am heuti­gen Abend führten knapp 35 Neon­azis, größ­ten­teils aus Tel­tow-Fläming (Lud­wigs­felde, Blanken­felde-Mahlow und Zossen) und Berlin-Rudow eine „Mah­nwache“ unter dem Titel „Für ein ehren­haftes Gedenken der Opfer des zweit­en Weltkriegs“ durch. Dabei stell­ten sich die Teil­nehmer vor dem Rathaus mit Wachs­fack­eln und zwei Trans­par­enten gegen ver­meintliche „alli­ierte Kriegsver­brechen“ auf und verk­lärten in Rede­beiträ­gen die Geschichte:

Erwartungs­gemäß gedacht­en die Recht­sex­trem­is­ten nicht den Opfern des zweit­en Weltkriegs, also den Men­schen, die dem von NS-Deutsch­land 1939 verur­sacht­en Angriff­skrieg zum Opfer fie­len, die von Wehrma­cht und Waf­fen-SS beraubt, gefoltert, verge­waltigt und ermordet wor­den sind. Stattdessen het­zten sie ein­seit­ig gegen die Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus durch die Alli­ierten und der Roten Armee und beze­ich­neten es als „Schande“. Die Rolle der Deutschen als Täter blende­ten sie völ­lig aus bzw. ver­sucht­en die Tat­en durch ver­meintliche andere Ver­brechen der Kriegs­geg­n­er zu relativieren.

Mit unter­schiedlichen Aktio­nen protestierten Anwohn­er und Autonome Antifaschis­ten auf dem Mark­t­platz gegen die geschicht­sre­vi­sion­is­tis­che Het­ze der Neon­azis. Spon­tan wurde eine Kundge­bung mit rund 40 Teil­nehmern angemeldet, mit Sprechchören, Fah­nen und einem Trans­par­ent (Auf­schrift: „Bet­ter Run Nazis­cum – Keine Home­zone für Nazis in TF und ander­swo“) den Recht­sex­trem­is­ten Paroli geboten.

Im Vor­feld wurde auf dem Zossen­er Mark­t­platz mehrere Trans­par­ente befes­tigt, auf denen Namen von Orten mit beson­ders hohen Opfer­zahlen durch deutsche Angriffe zu lesen waren (u.A. Coven­try, Leningrad, Babyn Jar).

Nach Abschluss der recht­en Kundge­bung zogen die Antifaschis­ten mit ein­er Spon­tandemon­stra­tion über die Berlin­er Straße, vor­bei am Laden der Holo­caustleugn­er Rain­er Link und Gerd Walther, Rich­tung Bahn­hof durch den Ort.

Eine Sprecherin der Autonomen Antifa Tel­tow-Fläming [AATF] erk­lärt dazu: „Den Ver­suchen der Recht­sex­trem­is­ten Geschichte zu ver­fälschen und die Ver­brechen des Nation­al­sozial­is­mus zu ver­harm­losen muss entsch­ieden ent­ge­genge­treten wer­den. In Zossen hat das heute gut geklappt, war allerd­ings nur ein Vorgeschmack auf das kom­mende Woch­enende, wenn in Dres­den mehrere tausend Neon­azis ver­suchen aufzumarschieren.”

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(Anti-)Rassismus

Integrationskonzept und das Potsdamer Toleranzedikt — Fremdwörter für den Vorstand der pbg?

Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg verurteilt die öffentliche
aus­län­der­feindliche Stim­mungs­mache durch den Vor­stand der pbg
hin­sichtlich der Ein­rich­tung eines Flüchtling­sheimes im Schlaatz. Der
offene Brief der pbg lässt eine kon­struk­tive Dialog­bere­itschaft seit­ens
der pbg grund­sät­zlich ver­mis­sen. Die finanziellen Dro­hge­bär­den, die die
Woh­nungsgenossen­schaft für das Wohnge­bi­et antizip­iert, sym­bol­isieren ein
ungerecht­fer­tigtes Aufwiegeln sein­er Mit­glieder und nicht nur der­er
gegen die zukün­fti­gen Nach­barIn­nen. Es beste­ht kein kausaler
Zusam­men­hang zwis­chen dem sozial sen­si­blen Image des Stadt­teils Schlaatz
und dem Einzug der Flüchtlinge. Der Flüchtlingsrat Bran­den­burg fordert
die pbg auf sich in dieser Angele­gen­heit zu korrigieren.

Hin­ter­grund: Mit dem Inte­gra­tionskonzept für die Lan­deshaupt­stadt
Pots­dam (2008) wur­den u.a. inte­gra­tions­fördernde Maß­nah­men zur
Unter­bringung von Flüchtlin­gen in Gemein­schafts-unterkün­ften entwick­elt.
Im Rah­men der öffentlichen Auss­chrei­bung entsprach nur das Diakonis­che
Werk Pots­dam mit sein­er Konzep­tion den Zielen.

Über zwei Jahre hat die pbg die Möglichkeit das ehe­ma­lige
Lehrlingswohn­heim zu kaufen und im eige­nen Inter­esse zu nutzen ver­passt,
umso vehe­menter ist der Protest gegen andere Konzepte. Ihr gegen­wär­tiger
Ein­satz für das Schlaatz erscheint uns daher unglaub­würdig. Flüchtlin­gen
wird mit dem Umzug endlich die Chance eröffnet sich wie gefordert in die
Gesellschaft zu inte­gri­eren. Im Gegen­satz zum sechs km ent­fer­n­ten Heim
Lerchen­steig kön­nen sie hier direkt an ihrem sozialem Umfeld
par­tizip­ieren sowie dieses bere­ich­ern. Für das Wohnge­bi­et Schlaatz muss
dies keine Abwan­derung bedeuten, ver­ste­hen es Inve­storen und soziale
Anbi­eter Inter­essierte und Mit­be­wohner­In­nen an einen Tisch zu holen und
gemein­sam ein Konzept des sozialen Miteinan­ders für den Schlaatz zu
entwick­eln sowie umzusetzen.

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Antifaschismus

Holocaust-Leugner Mahler hält vierstündigen Philosophievortrag

Pots­dam — Im Prozess gegen Horst Mahler am Pots­damer Landgericht begann der Angeklagte am 10. Feb­ru­ar 2009 sein Schluss­wort zu ver­lesen. Ins­ge­samt hielt er einen rund vier­stündi­gen Philoso­phievor­trag, ange­fan­gen von Pla­tons Höh­len­gle­ich­nis, über die philosophis­che Logik bei Hegel und Kant, bis hin zu Herders “Völk­er Gedanken Gottes”.

Von M. Reisinger

Da Mahler in den drei zur Zeit gegen ihn laufend­en Ver­fahren (Pots­dam, Müch­nen, Land­shut), mit ein­er Gesamt­frei­heitsstrafe von weit über fünf Jahren zu rech­nen hat, hielt er sich mit allzu ein­deuti­gen Äußerun­gen, die man anson­sten von ihm ken­nt, bedächtig zurück.

Kleinere High­lights waren Mahlers lobende Erwäh­nung von Richard Williamson, holo­caustleug­nen­der Bischof der Priester­brud­er­schaft St. Pius X., der sich im Geiste neben ihn auf die Anklage­bank geset­zt habe und die Erwäh­nung des gefälscht­en Grün­dungs­doku­ments der Alliance Israélite Uni­verselle, das der Angeklagte dem Gericht als ein authen­tis­ches Werk unterzu­jubeln versuchte.

19 der 24 Besuch­er gehörten zum Mahler-Umfeld bzw. waren wegen seines Anwalts Wol­fram Nahrath gekom­men. Den weitesten Anreiseweg hat­te wohl — neben Mahler selb­st, der im eige­nen Wohn­mo­bil von Prozess zu Prozess reist — die 80-jährige Ursu­la Haver­beck vom inzwis­chen ver­bote­nen Col­legium Humanum aus Vlotho (Ost­west­falen). Min­destens vier Per­so­n­en der Fange­meinde Mahlers waren ein­schlägig vorbe­straft und den über­wiegen­den Rest im Zuschauer­bere­ich kan­nte man von anderen Holo­caustleugn­er-Prozessen. Etliche Besuch­er schienen den philosophis­chen Worten des Angeklagte nicht fol­gen zu kön­nen und schliefen prompt nach der Hal­bzeit­pause ein. Mahlers Schlussrefer­at vor dem Pots­damer Landgericht find­et seine Fort­set­zung am 4. März 2009.

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NPD und die Abnahme rechter Gewalt

Pin­now (ipr) Die NPD Barn­im-Uck­er­mark (BUM) sieht einen Zusam­men­hang zwis­chen dem Mit­gliederzuwachs ihrer Partei und dem Sinken recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt­tat­en in Brandenburg.

Na bitte…..”Weniger Nazi-Gewalt in Bran­den­burg”, titelte Ende Jan­u­ar das “Nationale Net­z­tage­buch” der NPD BUM nach­dem bekan­nt gewor­den war, dass die Zahlen recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt­tat­en in Bran­den­burg im ver­gan­genen Jahr deut­lich gesunken sind. Eine Erk­lärung dafür hat man dort auch schnell parat. Par­al­lel zum Sinken recht­sex­trem­istis­ch­er Gewalt­tat­en soll die Mit­gliederzahl der NPD in Bran­den­burg gestiegen sein. Die schlichte Formel lautet: “starke NPD = weniger Gewalt”.

Da kommt man doch ins Grü­beln, was die Kam­er­aden damit eigentlich meinen? Wollen sie so der Öffentlichkeit mit­teilen, dass es im let­zten Jahr in Bran­den­burg 27 Parteiein­tritte gegeben hat. Denn das ist die Größenord­nung um die sich die Anzahl der Gewalt­de­lik­te (66) zum Vor­jahr (93) ver­ringerte. Allerd­ings wis­sen wir noch nichts über Mehrfachtäter wie Patrick K. oder Matthias M. aus Tem­plin. Es kön­nte also dementsprechend Kam­er­aden mit Dop­pel- oder Dreifach­mit­glied­schaft geben.

Trotzdem,kKonsequent zu Ende gedacht bedeutet das, die NPD in Bran­den­burg ver­ste­ht sich neuerd­ings als Resozial­isierungspartei mil­i­tan­ter Recht­sex­trem­is­ten. Die Frauen­quote kann mit dieser Strate­gie allerd­ings nicht gesteigert werden.

Aus der Formel “starke NPD = weniger Gewalt” lässt sich natür­lich noch eine weit­ere Möglichkeit ableit­en: Im let­zten Jahr kon­nte die NPD durch die Erhöhung ihrer Mit­gliederzahl mehr NPDler in den Zen­tren rechter Gewalt auf Streife schick­en, um dort vor Ort beschwichti­gend auf die ungestü­men Kam­er­aden einzuwirken. Dafür würde sprechen, dass es seit dem Einzug der 72-jähri­gen Irm­gard Hack und des 22-jähri­gen Andy Kucharzewsky in den Kreistag des Land­kreis­es Uck­er­mark in Tem­plin keine Gewalt­tat­en mit recht­sex­tremen Hin­ter­grund mehr gegeben hat.

So ganz scheint der Resozial­isierungs­gedanke allerd­ings bei den Parteim­it­gliedern noch nicht angekom­men zu sein. Oder wie erk­lärt es sich son­st, dass Thomas Völkel, der seit Okto­ber 2008 für die NPD im Lud­wigs­felder (Tel­tow-Fläming) Stadt­par­la­ment saß, vorge­wor­fen wer­den kann, seit “Dezem­ber 2008 mit Bild­ableser (Scan­ner) und Rech­n­er 10- und 20- Euro Scheine gefälscht und in mehreren Geschäften damit bezahlt zu haben”. Naja, vielle­icht dachte er dabei ja auch an die klam­men Kassen sein­er Partei.

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Antifaschismus

Ausstellung zu Rostock-Lichtenhagen im Dosto

Vom 11. bis 25.02.2009 kommt die Ausstel­lung „Von Men­schen, Ansicht­en
und Geset­zen. Ros­tock-Licht­en­hagen — 10 Jahre danach“ ins Dos­to
(Bernau). Zur Eröff­nung am 11.02. wird ab 19 Uhr der Film “The truth
lies in Ros­tock” gezeigt. Ab 18 Uhr gibt es VoKü. Zu sehen ist die
Ausstel­lung Werk­tags von 14 — 20 Uhr.

Zur Ausstel­lung:

Sie erin­nert an die ras­sis­tis­chen Auss­chre­itun­gen vor nun­mehr 16 Jahren
und ver­mit­telt die heute noch rel­e­van­ten Aspek­te weit­er. Die
Zusam­men­hänge wer­den erkennbar, die recht­sex­treme Gewalt unter ähn­lichen
Rah­menbe­din­gun­gen wieder­hol­bar machen wür­den.
Die Ausstel­lung zeigt, dass solche Ereignisse nicht ein­fach über uns
kom­men. Es ist immer das Han­deln oder Nichthandeln von Men­schen, das zu
solchen Ereignis­sen führt. Wir wollen eigenes Han­deln oder Nichthandeln
hin­ter­fra­gen.

Zum Film:

Die Video­pro­duk­tion „The Truth lies in Ros­tock“ ist eine Mon­tage von
Video­ma­te­ri­alien, gedreht aus den ange­grif­f­e­nen Häusern, aus Inter­views
mit Antifaschist_innen, den viet­name­sis­chen Vertragsarbeiter_innen, der
Polizei, mit Bürokrat­en, Neon­azis und Anwohn­ern. Sie ent­stand 1993 unter
maßge­blich­er Beteili­gung von Men­schen, die sich zum Zeit­punkt der
Geschehnisse in Ros­tock-Licht­en­hagen im attack­ierten Wohn­heim befan­den.
Die Pro­duk­tion zeich­net sich vor allem durch ihren authen­tis­chen,
kri­tis­chen Charak­ter aus.

Weit­er­hin wird sie vom 09. bis zum 23.03.2009 im Offi (Bad Freien­walde)
und danach vom 23.03. bis zum 06.04.2009 im Horte (Straus­berg) gezeigt.
Danach soll sie auch noch im Mit­ten­drin (Neu­rup­pin) aus­gestellt werden.

www.dosto.de // www.antifa-bernau.tk

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Antifaschismus

Brandenburg/Havel kontra Neonazis

Zu ein­er Kundge­bung gegen (Neo)nazis hat­ten am gestri­gen Sam­stag die Ober­bürg­er­meis­terin der Stadt Bran­den­burg an der Hav­el, der Dekan der Fach­hochschule sowie die par­la­men­tarisch vertre­tenden Parteien aufgerufen und sich dies­bezüglich sym­bol­isch in der Nähe der Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie am Nico­laiplatz versammelt.

Hin­ter­grund für die öffentliche Bekun­dung, zu der unge­fähr 400 Bürger_innen erschienen, waren die aktuellen Aktiv­itäten des (Neo)nazimilieus im Stadt­bere­ich, ins­beson­dere der anti­semi­tisch geprägte Auf­marsch am 24. Jan­u­ar 2009 sowie das Nazirock-Konz­ert am 31. Jan­u­ar 2009.

In Rede­beiträ­gen bekräftigte dabei die Rat­sher­rin sowie der Vor­sitzende der Stadtverord­neten­ver­samm­lung, dass in Bran­den­burg an der Hav­el kein Platz für (Neo)nazis ist.

Das ange­sproch­ene regionale (Neo)nazimilieu, welch­es an diesem Tage auch durch Sym­pa­thisan­ten aus Berlin, Pots­dam, Königs Wuster­hausen, Prem­nitz sowie anderen Städten und Gemein­den ver­stärkt wurde, sah dies jedoch als Affront und ver­suchte durch eine Gegen­ver­anstal­tung die Diskred­i­tierung ihrer ver­brecherischen Ide­olo­gie als ange­blichen Angriff auf die ver­fas­sungs­gemäß garantierte Mei­n­ungs­frei­heit darzustellen.

Unge­fähr 70 (Neo)nazis marschierten so schließlich, unter Polizeis­chutz und weiträum­lich von der städtis­chen Kundge­bung getren­nt, durch die Bran­den­burg­er Innen­stadt und gaben dabei einen kleinen Ein­druck, welche Mei­n­un­gen ihres Eracht­ens kün­ftig nicht mehr gesellschaftlich geächtet wer­den soll­ten. Skandierte Parolen wie “Nationaler Sozial­is­mus bis zum Tod” oder “Bran­den­burg erwache” ließen deut­lich erken­nen auf welche Reise diese Demonstrant_innen die Bürger_innen von Bran­den­burg mit­nehmen wollen.

Im Zuge dieses Auf­marsches wurde auch die Bran­den­burg­er Ober­bürg­er­meis­terin durch einen Red­ner während der Zwis­chenkundge­bung beschimpft. Ein ander­er Sprech­er, der im Namen der so genan­nten “Freien Kräfte Königs Wuster­hausen” vortrug, het­zte gegen “Linke” sowie das “raf­fende” und heimatzer­störende Kap­i­tal. Der Berlin­er NPD Lan­deschef Eckart Bräu­niger griff während sein­er Rede eine ältere Pas­san­tin ver­bal an, welche die (Neo)nazis zum ver­schwinden aufge­fordert hatte.

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Ungereimheiten beim Bestimmen der Zeit

Neu­rup­pin (ipr) Der dritte Ver­hand­lungstag des Prozess­es gegen die bei­den Tem­plin­er Recht­sex­trem­is­ten Sven P. (19) und Chris­t­ian W. (22) wegen der Ermor­dung des 55-jähri­gen Bernd K. in der Nacht zum 22. Juli 2008 lässt sich in drei Kom­plexe unterteilen: Aus­sage der bei­den Kripobeamten, vor denen Chris­t­ian W. ein Geständ­nis abgelegt hat­te, Rekon­struk­tion des Weges zum Tatort und psy­chi­a­trisches Gutacht­en über Chris­t­ian W.

Ins­ge­samt hat­te das Gericht für diesen Ver­hand­lungstag 10 Zeug­in­nen und Zeu­gen geladen. Stephanie C., die Fre­undin von Chris­t­ian W., ließ sich entschuldigen. Das Ende Jan­u­ar geborene Kind aus dieser Beziehung sei krank. Da gegen die junge Frau wegen Ver­nich­tung von Beweis­mit­tel ermit­telt wird, ist es eher unwahrschein­lich, dass sie über­haupt in den Zeu­gen­stand treten wird. Sie soll die blutver­schmierten Hose und Turn­schuhe von Sven P. aber auch die Klei­dung ihres Fre­un­des in der Waschmas­chine gewaschen haben.

Die damals 17-jährige Stephanie C. hat­te sich kurz nach der Tat in der Bild-Zeitung zu dem Geschehen in dieser Nacht geäußert: „Ich wurde wach und hörte die bei­den tuscheln. Ich bin hin. Plöt­zlich begann Chris­t­ian, von der grausamen Blut­tat zu erzählen. … Sven hat mit der Tat richtig geprahlt. Er sagte, dass er schon immer mal einen Men­schen umbrin­gen wollte.“

Außer­dem hätte man sie fra­gen kön­nen, ob Sven P. in jen­er Nacht wirk­lich ein Rudolf Hess T‑Shirt getra­gen hat, was gestern trotz inten­siv­er Bek­lei­dungsnach­fra­gen aller am Prozess beteiligten Parteien nicht zur Sprache kam. Ins­ge­samt gab es am gestri­gen Prozesstag immer wieder Nach­fra­gen der Neben­klage zur poli­tis­chen Gesin­nung der Angeklagten. Die Zeu­gen kon­nten dazu allerd­ings nur Vages berichten.

Das vor­läu­fige Geständnis

Wie bish­er macht­en bei­de Angeklagten von ihrem Recht Gebrauch, vor Gericht zu schweigen. Das war bei der polizeilichen Vernehmung von Chris­t­ian W. am Tag nach der Tat anders. „W. war aus­ge­sprochen gesprächig. Er war fast trau­rig, als wir die Vernehmung nach acht Stun­den abbrachen“, schilderte ein­er der Vernehmungs­beamten die Sit­u­a­tion. W. machte detail­liert Angeben zu dem was auf dem Weg zum und am Tatort geschehen sein soll. Jed­er Tritt aufs Gesicht, eine Schuh­sohle bre­it zwis­chen Stirn und Ober­lippe, soll von Sven P. gekom­men sein.

Allerd­ings gab es am Tatort und durch die Obduk­tion Erken­nt­nisse, die der Ablauf­schilderung von Chris­t­ian W. wider­sprechen. Chris­t­ian W. berichtete nichts darüber, dass K. heftigst gewürgt wor­den war, was zu einem Kehlkopf­bruch führte. Stattdessen erzählte er, dass er am Hals des K. den Puls gefühlt habe, um zu über­prüfen, ob er noch lebe. Möglicher­weise um vor­ab schon eine Erk­lärung zu liefern, soll­ten seine Fin­ger­ab­drücke am Hals des Opfers gefun­den wer­den. Außer­dem habe er P. davon abhal­ten müssen, sein Opfer mit einem abge­broch­enen Flaschen­hals „aufzuschnei­den“. Fin­ger­ab­drücke von P. fan­den sich allerd­ings auf dem Flaschen­hals nach Aus­sage seines Anwalts nicht. Die waren von ein­er anderen Per­son, deren Namen er nicht nannte.

Der Weg zum Tatort

Die erste Frau im Zeu­gen­stand, die 24-jährige Haus­frau San­dra H., war gle­ich wieder raus­ger­an­nt mit Trä­nen in den Augen. Später erk­lärte sie ihr Ver­hal­ten. Sie habe Schuldge­füh­le, weil sie damals nicht gle­ich die Polizei gerufen habe.

Dabei hat­te sie eine Aller­weltssi­t­u­a­tion beobachtet. Sie hörte Gebrüll und das Geräusch von zer­schep­pern­den Flaschen. Sie schaute aus dem Fen­ster und sah drei Män­ner die Werder­straße herun­terkom­men. Ein Älter­er vorneweg war von einem Jün­geren ohne Brille (Chris­t­ian W.), der ein Fahrrad führte, vor­angeschub­st und beschimpft wor­den. Es fie­len Worte wie „Alter Sack“ und „Assi“. Ein Jün­ger­er mit Brille (Sven P.) und eben­falls Fahrrad ging schweigend hin­ter­drein. Vor der Haustür des Wohn­haus­es fiel der Ältere (Bernd K.) ins Gebüsch. Sie blaffte die Jun­gen von ihrem Fen­ster aus an, sie soll­ten den Alten in Ruhe lassen und nicht so laut sein, weil hier Kinder schliefen. Bernd K. durfte sich daraufhin auf die Hau­sein­gangsstufen set­zen und man wartete bis er weit­erge­hen wollte.

Mit ihrer Zei­tangabe für das Vorge­fal­l­ene – gegen 21.15 Uhr — brachte sie die von Polizei und Staat­san­waltschaft rekon­stru­ierten Zeitabläufe jenes Abends gehörig durcheinan­der. An diesen Zeit­punkt erin­nerte sie sich so genau, weil sie zuvor und danach ihrem Fre­und ges­imst hat­te und weil der Vor­fall sich kurz nach dem Ende ein­er Vam­pir-Serie auf Pro 7 ereignet haben sollte. Tat­säch­lich endete laut TV-Pro­gramm des „Uck­er­mark Kuri­er“ die Folge „Moon­light“ der (Vam­pir) Serie „Black Crys­tal“ um 21.10 Uhr. Zu den Lichtver­hält­nis­sen sagte die Zeu­g­in, es wäre schon dunkel gewesen.

Um 23:15 Uhr will der aus Rich­tung Müh­len­tor kom­mende 22-jährige Stu­dent Mar­cel G. nur wenige Meter von diesem Ort ent­fer­nt auf die drei Män­ner gestoßen sein. Bernd K. lag am Boden. Das Fahrrad lag auf ihm und Chris­t­ian W. wollte ihm ger­ade aufhelfen. Als er zu den drei Män­nern kam und fragte, ob er helfen könne, wurde dies verneint. Mar­cel G. begrün­det das Wis­sen um die Uhrzeit mit ein­er kurzen Verabre­dung, die er um 23:00 Uhr in der Szenekneipe Pub gehabt und er zuvor zwecks Pünk­tlichkeit auf seine Handyzeit geschaut hat­te. Auch er kon­nte später bei der Polizei genau wie San­dra H. die drei Män­ner ein­deutig iden­ti­fizieren. Im Gegen­satz zu San­dra H. will er allerd­ings drei Fahrräder bei den Män­nern gese­hen haben.

Dieser offen­sichtliche Wider­spruch wurde ein Stück weit wieder ger­ade gerückt durch die Aus­sagen von Melanie K. (21) und Mareike F. (23). Bei­de waren zwis­chen 21:00 Uhr und 21:30 Uhr am Rewe-Markt an der Lych­en­er Straße auf Chris­t­ian W. getrof­fen. Chris­t­ian W. hat­te etwas von Sven P. erzählt wegen dem er nun eine Gerichtsver­hand­lung hätte und begleit­ete die bei­den Frauen auf dem Fahrrad Rich­tung Mark­t­platz. Bei­den Frauen war diese Begleitung sichtlich unan­genehm. Als sie nach ca. 500 Metern auf Sven P. trafen, die bei­den Män­ner sich sofort angin­gen, macht­en sich die bei­den Frauen zügig aus dem Staub. Bei­de Frauen sagten, es wäre noch hell gewe­sen. Laut Wet­terkarte des „Uck­er­mark Kuri­er“ war es an diesem Tag bewölkt und reg­ner­isch. Son­nenun­ter­gang war 21:21 Uhr.

Die Aus­sage der bei­den Frauen deckt sich mit den Aus­führun­gen von Chris­t­ian W. gegenüber den Kripobeamten, sodass man davon aus­ge­hen muss, dass sich San­dra H. geir­rt hat und sie ihre Beobach­tung min­desten eine Stunde später gemacht haben muss. Vielle­icht hat sie sich ja die näch­sten Serien-Episode „Eure­ka, die geheime Stadt“ auch noch angeschaut. Und eine weit­ere Möglichkeit, ihr Handy war noch nicht auf Som­merzeit umgestellt.

Das Gutacht­en

Vor der Aus­sage der Gutach­terin ver­suchte der Anwalt des Sven P. die Öffentlichkeit auss­chließen zu lassen. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab. Außer­dem kam es an diesem Tag gar nicht mehr zum Vor­trag des psy­chi­a­trischen Gutacht­ens über Sven P.

Während der Zeu­ge­naus­sagen dieses Tages gab es ständig Nach­fra­gen zum Grad der Trunk­en­heit der bei­den Angeklagten, wobei es keine ein­deuti­gen Aus­sagen der Zeu­gen gab. Fest ste­ht, dass die Angeklagten reich­lich getrunk­en hat­ten. Fest ste­ht aber auch, dass Chris­t­ian W. ein klares Erin­nerungsver­mö­gen an die Mord­nacht hatte.

Die Sachver­ständi­ge Frau Dr. Hei­de-Ulrike Horn sah für Chris­t­ian W. keine Anhalt­spunk­te für eine Voll­trunk­en­heit beziehungsweise ver­min­derte Schuld­fähigkeit zur Tatzeit. „Er hat es geschehen lassen. Sich­er spiel­ten Alko­hol und seine Per­sön­lichkeit eine Rolle“, sagte die Gutach­terin. Für sie sei die Tat nicht nachvol­lziehbar. Ihr gegenüber hat­te Chris­t­ian W. gesagt, Bernd K. tue ihm etwas leid. Er sei bei ihm gewe­sen und habe gese­hen, wie schlecht es ihm gehe.

Über seine poli­tis­che Gesin­nung wollte Chris­t­ian W. nicht mit der Gutach­terin reden. Auf Nach­frage des Neben­kläger­an­walts beschrieb Frau Dr. Horn einige Tätowierun­gen am Kör­p­er des Angeklagten, die darauf hin­deuten, dass Chris­t­ian W. ein wan­del­nder 86a ist (§ 86a Ver­wen­den von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organisationen).

Der Prozess wird am 19. Feb­ru­ar mit weit­eren Zeu­gen­vernehmungen fortgesetzt.

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Antifaschismus

Psychiatrisches Gutachten sieht Christian W. als schuldfähig

Neu­rup­pin (ipr) Der dritte Ver­hand­lungstag des Prozess­es gegen die bei­den Tem­plin­er Recht­sex­trem­is­ten Sven P. (19) und Chris­t­ian W. (22) wegen der Ermor­dung des 55-jähri­gen Bernd K. in der Nacht zum 22. Juli 2008 lässt sich in drei Kom­plexe unterteilen: Aus­sage der bei­den Kripobeamten, vor denen Chris­t­ian W. ein Geständ­nis abgelegt hat­te, Rekon­struk­tion des Weges zum Tatort und psy­chi­a­trisches Gutacht­en über Chris­t­ian W.

Ins­ge­samt hat­te das Gericht für diesen Ver­hand­lungstag 10 Zeug­in­nen und Zeu­gen geladen. Stephanie C., die Fre­undin von Chris­t­ian W., ließ sich entschuldigen. Das Ende Jan­u­ar geborene Kind aus dieser Beziehung sei krank. Da gegen die junge Frau wegen Ver­nich­tung von Beweis­mit­tel ermit­telt wird, ist es eher unwahrschein­lich, dass sie über­haupt in den Zeu­gen­stand treten wird. Sie soll die blutver­schmierten Hose und Turn­schuhe von Sven P. aber auch die Klei­dung ihres Fre­un­des in der Waschmas­chine gewaschen haben.

Die damals 17-jährige Stephanie C. hat­te sich kurz nach der Tat in der Bild-Zeitung zu dem Geschehen in dieser Nacht geäußert: „Ich wurde wach und hörte die bei­den tuscheln. Ich bin hin. Plöt­zlich begann Chris­t­ian, von der grausamen Blut­tat zu erzählen. … Sven hat mit der Tat richtig geprahlt. Er sagte, dass er schon immer mal einen Men­schen umbrin­gen wollte.“

Außer­dem hätte man sie fra­gen kön­nen, ob Sven P. in jen­er Nacht wirk­lich ein Rudolf Hess T‑Shirt getra­gen hat, was gestern trotz inten­siv­er Bek­lei­dungsnach­fra­gen aller am Prozess beteiligten Parteien nicht zur Sprache kam. Ins­ge­samt gab es am gestri­gen Prozesstag immer wieder Nach­fra­gen der Neben­klage zur poli­tis­chen Gesin­nung der Angeklagten. Die Zeu­gen kon­nten dazu allerd­ings nur Vages berichten.

Das vor­läu­fige Geständnis

Wie bish­er macht­en bei­de Angeklagten von ihrem Recht Gebrauch, vor Gericht zu schweigen. Das war bei der polizeilichen Vernehmung von Chris­t­ian W. am Tag nach der Tat anders. „W. war aus­ge­sprochen gesprächig. Er war fast trau­rig, als wir die Vernehmung nach acht Stun­den abbrachen“, schilderte ein­er der Vernehmungs­beamten die Sit­u­a­tion. W. machte detail­liert Angeben zu dem was auf dem Weg zum und am Tatort geschehen sein soll. Jed­er Tritt aufs Gesicht, eine Schuh­sohle bre­it zwis­chen Stirn und Ober­lippe, soll von Sven P. gekom­men sein.

Allerd­ings gab es am Tatort und durch die Obduk­tion Erken­nt­nisse, die der Ablauf­schilderung von Chris­t­ian W. wider­sprechen. Chris­t­ian W. berichtete nichts darüber, dass K. heftigst gewürgt wor­den war, was zu einem Kehlkopf­bruch führte. Stattdessen erzählte er, dass er am Hals des K. den Puls gefühlt habe, um zu über­prüfen, ob er noch lebe. Möglicher­weise um vor­ab schon eine Erk­lärung zu liefern, soll­ten seine Fin­ger­ab­drücke am Hals des Opfers gefun­den wer­den. Außer­dem habe er P. davon abhal­ten müssen, sein Opfer mit einem abge­broch­enen Flaschen­hals „aufzuschnei­den“. Fin­ger­ab­drücke von P. fan­den sich allerd­ings auf dem Flaschen­hals nach Aus­sage seines Anwalts nicht. Die waren von ein­er anderen Per­son, deren Namen er nicht nannte.

Der Weg zum Tatort

Die erste Frau im Zeu­gen­stand, die 24-jährige Haus­frau San­dra H., war gle­ich wieder raus­ger­an­nt mit Trä­nen in den Augen. Später erk­lärte sie ihr Ver­hal­ten. Sie habe Schuldge­füh­le, weil sie damals nicht gle­ich die Polizei gerufen habe.

Dabei hat­te sie eine Aller­weltssi­t­u­a­tion beobachtet. Sie hörte Gebrüll und das Geräusch von zer­schep­pern­den Flaschen. Sie schaute aus dem Fen­ster und sah drei Män­ner die Werder­straße herun­terkom­men. Ein Älter­er vorneweg war von einem Jün­geren ohne Brille (Chris­t­ian W.), der ein Fahrrad führte, vor­angeschub­st und beschimpft wor­den. Es fie­len Worte wie „Alter Sack“ und „Assi“. Ein Jün­ger­er mit Brille (Sven P.) und eben­falls Fahrrad ging schweigend hin­ter­drein. Vor der Haustür des Wohn­haus­es fiel der Ältere (Bernd K.) ins Gebüsch. Sie blaffte die Jun­gen von ihrem Fen­ster aus an, sie soll­ten den Alten in Ruhe lassen und nicht so laut sein, weil hier Kinder schliefen. Bernd K. durfte sich daraufhin auf die Hau­sein­gangsstufen set­zen und man wartete bis er weit­erge­hen wollte.

Mit ihrer Zei­tangabe für das Vorge­fal­l­ene – gegen 21.15 Uhr — brachte sie die von Polizei und Staat­san­waltschaft rekon­stru­ierten Zeitabläufe jenes Abends gehörig durcheinan­der. An diesen Zeit­punkt erin­nerte sie sich so genau, weil sie zuvor und danach ihrem Fre­und ges­imst hat­te und weil der Vor­fall sich kurz nach dem Ende ein­er Vam­pir-Serie auf Pro 7 ereignet haben sollte. Tat­säch­lich endete laut TV-Pro­gramm des „Uck­er­mark Kuri­er“ die Folge „Moon­light“ der (Vam­pir) Serie „Black Crys­tal“ um 21.10 Uhr. Zu den Lichtver­hält­nis­sen sagte die Zeu­g­in, es wäre schon dunkel gewesen.

Um 23:15 Uhr will der aus Rich­tung Müh­len­tor kom­mende 22-jährige Stu­dent Mar­cel G. nur wenige Meter von diesem Ort ent­fer­nt auf die drei Män­ner gestoßen sein. Bernd K. lag am Boden. Das Fahrrad lag auf ihm und Chris­t­ian W. wollte ihm ger­ade aufhelfen. Als er zu den drei Män­nern kam und fragte, ob er helfen könne, wurde dies verneint. Mar­cel G. begrün­det das Wis­sen um die Uhrzeit mit ein­er kurzen Verabre­dung, die er um 23:00 Uhr in der Szenekneipe Pub gehabt und er zuvor zwecks Pünk­tlichkeit auf seine Handyzeit geschaut hat­te. Auch er kon­nte später bei der Polizei genau wie San­dra H. die drei Män­ner ein­deutig iden­ti­fizieren. Im Gegen­satz zu San­dra H. will er allerd­ings drei Fahrräder bei den Män­nern gese­hen haben.

Dieser offen­sichtliche Wider­spruch wurde ein Stück weit wieder ger­ade gerückt durch die Aus­sagen von Melanie K. (21) und Mareike F. (23). Bei­de waren zwis­chen 21:00 Uhr und 21:30 Uhr am Rewe-Markt an der Lych­en­er Straße auf Chris­t­ian W. getrof­fen. Chris­t­ian W. hat­te etwas von Sven P. erzählt wegen dem er nun eine Gerichtsver­hand­lung hätte und begleit­ete die bei­den Frauen auf dem Fahrrad Rich­tung Mark­t­platz. Bei­den Frauen war diese Begleitung sichtlich unan­genehm. Als sie nach ca. 500 Metern auf Sven P. trafen, die bei­den Män­ner sich sofort angin­gen, macht­en sich die bei­den Frauen zügig aus dem Staub. Bei­de Frauen sagten, es wäre noch hell gewe­sen. Laut Wet­terkarte des „Uck­er­mark Kuri­er“ war es an diesem Tag bewölkt und reg­ner­isch. Son­nenun­ter­gang war 21:21 Uhr.

Die Aus­sage der bei­den Frauen deckt sich mit den Aus­führun­gen von Chris­t­ian W. gegenüber den Kripobeamten, sodass man davon aus­ge­hen muss, dass sich San­dra H. geir­rt hat und sie ihre Beobach­tung min­desten eine Stunde später gemacht haben muss. Vielle­icht hat sie sich ja die näch­sten Serien-Episode „Eure­ka, die geheime Stadt“ auch noch angeschaut. Und eine weit­ere Möglichkeit, ihr Handy war noch nicht auf Som­merzeit umgestellt.

Das Gutacht­en

Vor der Aus­sage der Gutach­terin ver­suchte der Anwalt des Sven P. die Öffentlichkeit auss­chließen zu lassen. Das Gericht lehnte diesen Antrag ab. Außer­dem kam es an diesem Tag gar nicht mehr zum Vor­trag des psy­chi­a­trischen Gutacht­ens über Sven P.

Während der Zeu­ge­naus­sagen dieses Tages gab es ständig Nach­fra­gen zum Grad der Trunk­en­heit der bei­den Angeklagten, wobei es keine ein­deuti­gen Aus­sagen der Zeu­gen gab. Fest ste­ht, dass die Angeklagten reich­lich getrunk­en hat­ten. Fest ste­ht aber auch, dass Chris­t­ian W. ein klares Erin­nerungsver­mö­gen an die Mord­nacht hatte.

Die Sachver­ständi­ge Frau Dr. Hei­de-Ulrike Horn sah für Chris­t­ian W. keine Anhalt­spunk­te für eine Voll­trunk­en­heit beziehungsweise ver­min­derte Schuld­fähigkeit zur Tatzeit. „Er hat es geschehen lassen. Sich­er spiel­ten Alko­hol und seine Per­sön­lichkeit eine Rolle“, sagte die Gutach­terin. Für sie sei die Tat nicht nachvol­lziehbar. Ihr gegenüber hat­te Chris­t­ian W. gesagt, Bernd K. tue ihm etwas leid. Er sei bei ihm gewe­sen und habe gese­hen, wie schlecht es ihm gehe.

Über seine poli­tis­che Gesin­nung wollte Chris­t­ian W. nicht mit der Gutach­terin reden. Auf Nach­frage des Neben­kläger­an­walts beschrieb Frau Dr. Horn einige Tätowierun­gen am Kör­p­er des Angeklagten, die darauf hin­deuten, dass Chris­t­ian W. ein wan­del­nder 86a ist (§ 86a Ver­wen­den von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organisationen).

Der Prozess wird am 19. Feb­ru­ar mit weit­eren Zeu­gen­vernehmungen fortgesetzt.

Inforiot