Das Umbruch Bildarchiv aus Berlin war beim Frierock-Festival vor Ort und hat Fotos geschossen sowie ein Video gedreht. Unter der Webadresse www.umbruch-bildarchiv.de ist das Material abrufbar. Weitere Bilder gibt es auf den Seiten des Dostos aus Bernau unter www.dosto.de. Das DIY-Festival findet nunmehr seit vier Jahren statt, auch in diesem Jahr wurden über das Wochenende mehrere hundert BesucherInnen gezählt.
Los Wochos: Die Entscheidung
(Polizeikontrollstelle) Trotz der Zwangspause unserer Internetseite wegen des Umzugs auf einen anderen Server haben uns doch einige Zuschriften zu den Brandenburger Datenwochen erreicht. Obwohl uns in den letzten Wochen immer noch Briefe erreichen, möchten wir die Aktion nun auch offiziell abschließen.
Am besten haben uns die folgenden drei Einsendungen gefallen. Sie geben prägnant und unmißverständlich wieder, was die von uns betreuten Polizei‑, Strafverfolgungs- und Geheimdienstbehörden vom Grundrecht auf Akteneinsicht und Informationsfreiheit halten.
In den nächsten Tagen vertrauen wir der Post die Preise an die Einsender/innen der veröffentlichten Fälle an:
— einen Verkehrsstab der Volkspolizei,
— ein Paket mit Fachliteratur zum Polizeirecht sowie
— eine Medaille “25 Jahre Helfer der Volkspolizei”
Fall 1: Auskunftsverschleppung aus Datenschutzgründen
Frau A beantragte bei der Generalstaatsanwaltschaft in Brandenburg/Havel Auskunft über die zu ihrer Person dort gespeicherten persönlichen Daten. Die Behörde forderte sie daraufhin auf, ihre Identität unter Vorlage von Personalausweis oder Reisepaß in der Generalstaatsanwaltschaft in deren Sprechzeiten nachzuweisen. Zur Begründung verwies sie auf “die besondere Sensibilität der Daten”. Frau A. erkundigte sich daraufhin, ob ihr Fahrtkosten und Verdienstausfall erstattet werden, wenn sie aus ihrem Wohnort Bernau extra nach Brandenburg reist, um dort ihren Ausweis vorzuzeigen. Sie legte dem Brief eine Kopie ihres Personalausweises bei und regte an, die Daten per Einschreiben zuzusenden. Doch auch damit war die Besorgnis der Generalstaatsanwaltschaft um die sensiblen Daten noch nicht ausgeräumt. Sie teilte Frau A mit: “Die Übersendung der Kopie des Personalausweises reicht deshalb als Nachweis Ihrer Identität nicht aus, weil jedenfalls die Möglichkeit, dass eventuell auch eine unberechtigte Person die Gelegenheit hatte, in den Besitz Ihres Personalausweises zu gelangen und sich davon Kopien zu fertigen.” Auf die Möglichkeit, die Daten per Einschreiben mitzuteilen, ging die Behörde nicht ein. Allerdings bot sie nun an, daß der Ausweis auch bei den Staatsanwaltschaften in Franfurt/Oder oder Potsdam vorgelegt und die Auskunft vom dortigen Behördenleiter erteilt werden könnte. Frau A. schlug daraufhin vor, die Daten an die Bernauer Polizeiwache zu schicken, wo sie sie persönlich abholen kann.
Fall 2: Die Taktik der Notlüge
Herr B. hatte vor einigen Jahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam Klage gegen den Verfassungsschutz erhoben, um die Löschung seiner dort gespeicherten persönlichen Daten zu erhalten. Der Verfassungsschutz teilte daraufhin mit, daß die strittigen Daten gelöscht worden seien. Daraufhin stellte das Gericht das Verfahren ein und erlegte Herrn B. die Kosten des Verfahrens auf.
Wenig später beantragte Herr B. beim Verfassungsschutz erneut Auskunft über gespeicherte Daten. Nach mehreren Monaten erfolglosen Wartens, erhob er Untätigkeitsklage gegen die Behörde. Daraufhin erteilte der Verfassungsschutz die verlangte Auskunft. Unter den gespeicherten Daten befanden sich fast ausschließlich solche, von denen der Verfassungsschutz im ersten Verwaltungsgerichtsverfahren behauptet hatte, daß sie gelöscht worden seien.
Inzwischen hat Herr B. erneut Klage eingereicht, um die Löschung der gespeicherten Daten durchzusetzen. In der Klageerwiderung behauptet der Verfassungsschutz, daß die Daten nicht gelöscht werden mußten, weil sie zum Zeitpunkt der Löschungsbestätigung nicht zur Person gespeichert waren und erst später aus allgemeinen Sachakten in die persönliche Akte Herrn B.s abgelegt wurden.
Fall 3: Präventive Löschung(sbehauptung)
Herr C hatte beim Verfassungsschutz Auskunft über die dort gespeicherten persönlichen Daten beantragt. Nach der Eingangsbestätigung passierte erst einmal gar nichts. Drei Monate später bat der Verfassungsschutz um Verständnis, daß es “wegen erhöhten Arbeitsanfalls zu Verzögerungen in der zeitnahen Bearbeitung” gekommen sei und kündigte eine baldige Antwort an. Nach weiteren drei Monaten erfolglosen Wartens legte der auskunftshungrige Bürger durch eine Rechtsanwältin beim Verwaltungsgericht Klage ein, um das Land Brandenburg zur Erteilung der Auskunft zu verpflichten. Dies brachte offenbar Dynamik in die Sache. Zwei Wochen später kam der Bescheid, der 32 Speicherungen (darunter die Anmeldung einer Demonstration und eine Äußerung bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion) enthielt und einen Dunkelbereich zu dem die Auskunft verweigert wurde. (Damit war die Klage gegenstandlos geworden. Die Kosten erlegte das Gericht aber dem Verfassungsschutz auf, der die Klage voraussichtlich verloren hätte.)
Als nächstes wurde Akteneinsicht beantragt und gewährt. Die Akte enthielt allerdings kaum mehr Informationen als der Bescheid. Sie war offenbar aus anderen Akten eigens für den Termin zusammengebastelt worden. Teilweise war ersichtlich, daß die Informationen aus dem polizeiinternen Informationsdienst oder von der Staatsanwaltschaft stammten.
Nun wurde der Datenschutzbeauftragte angeschrieben und gebeten, zu prüfen, ob z.B. die Speicherung einer Demonstrationsanmeldung gegen das Recht auf Versammlungsfreiheit verstößt und auf welcher Rechtsgrundlage die Speicherung von Erkenntnissen beruht, die jede für sich nicht verfassungsfeindlich im Sinne des Verfassungschutzgesetzes sind, weil sie weder den gewaltsamen Sturz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung noch den Bestand von Bund und Ländern bezwecken. Überraschenderweise schrieb der Landesdatenschutzbeauftragte nur wenige Wochen später, daß der Verfassungsschutz mitgeteilt habe, daß die gesamte Akte gelöscht worden sei.
Infss zum Hintergrund der “Los Wochos” und eine Dokumentation der Behörden-Briefwechsel zu den prämierten Fällen gibt es auf den Internetseiten der Polizeikontrollstelle unter www.polizeikontrollstelle.de/
Die seit zehn Jahren in Forst lebende sechsköpfige Familie Cikaj aus dem
Kosovo will weiter in Deutschland leben, doch am 4. September soll sie nach
Pristina abgeschoben werden.
Nachdem das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den
Asylantrag der Familie endgültig abgelehnt hatte und auch das zuständige
Verwaltungsgericht die Anträge auf Abschiebeschutz zurückwies, sind alle
rechtlichen Mittel für einen Verbleib ausgeschöpft.
“Meine Heimat ist hier. Meine Muttersprache ist Deutsch”, sagt die
14-jährige Mirlinda und hofft, vielleicht doch noch in Forst bleiben zu
können. Ihr sechsjähriger Bruder Jetmir, der hier geboren ist und heute in
Forst eingeschult wird, weiß nicht, wie lange er hier noch zur Schule gehen
kann. Vater Iljaz (42): “Wir stehen vor dem Nichts.”
Vor der Abschiebung noch zum Schulanfang
Kosovo-Albaner sollen zurück in ein Land, das die Kinder kaum kennen
Für Jetmir ist heute ein besonderer Tag. Der Sechsjährige ist einer der
Abc-Schützen, die in der ersten Grundschule Forst-Mitte eingeschult werden.
Wie lange der Junge die Schule besuchen wird, ist jedoch ungewiss. Gemeinsam
mit seinen drei Geschwistern und seinen Eltern soll er am 4. September nach
Pristina im Kosovo abgeschoben werden — in ein Land, das er noch nie zuvor
gesehen hat. Die Ausländerbehörde sieht für die im Forster Asylbewerberheim
lebende Familie Cikaj keine andere Möglichkeit.
Bei Cikajs liegen die Nerven blank. Zehn Jahre, nachdem Vater Iljaz (42)
vorm Krieg auf dem Balkan nach Deutschland flüchtete, und sieben Jahre,
nachdem ihm Ehefrau Dusha (40) mit ihren damals drei Kindern Jeton (18),
Mirlinda (14) und Rexh (10) nach Berlin folgte, sollen sie zurück in den
Kosovo. «Da ist kein Platz für uns» , sagt Mirlinda. Sie war sieben Jahre
alt, als sie das Land verließ. «Wenn wir auf dem Flughafen in Pristina
ankommen, sind wir völlig orientierungslos. Wir stehen vor dem Nichts» ,
befürchtet die 14-Jährige. «Wir haben dort keine Wohnung, kein Geld — gar
nichts. Für mich gibt es keine Arbeit. Es ist weiter ein unsicheres Land» ,
fügt Vater Iljaz an. Hinzu käme, dass es im Kosovo weder für ihn noch für
seine Frau die notwendigen Medikamente gegen ihre Krankheiten gebe. «Ich
kann kaum noch schlafen» , gibt der 42-Jährige zu. Je näher der Tag rückt,
desto öfter müsse sie weinen, gesteht Mirlinda ein. Ursprünglich sollten
sich die Cikajs schon am 4. August in Schönefeld in den Flieger setzen. Sie
sind nur deshalb noch in Forst, weil ihnen der Abschiebetermin zu
kurzfristig mitgeteilt worden sei.
«Meine Heimat ist hier» , hofft Mirlinda darauf, dass ihrer Familie die
Abschiebung erspart bleibt. In Forst habe sie Freunde und Bekannte. «Meine
Muttersprache ist Deutsch.» Sie könne zwar noch Albanisch sprechen, «aber
nicht lesen und schreiben» . Mirlindas Realschul-Zeugnis (Durchschnitt 2,3)
kann mit denen Gleichaltriger gut mithalten.
«Unsere Kinder kennen ihren Geburtsort nicht. Für sie ist Forst der zweite
Geburtsort» , ergänzt Vater Iljaz. Der zehnjährige Rexh, der wie sein Bruder
Jeton in Forst Fußball spielt — bei SV Rot-Weiß und Keune, hat eine einzige
Erinnerung aus dem Kosovo: «Ich musste weinen, als ich sah, wie ein Schaf
geschlachtet wurde.» Rexh war damals drei Jahre alt.
«Kaum Existenzgrundlage im Kosovo»
«Die Dramatik besteht darin, dass die Familie im Kosovo kaum eine Grundlage
für den Aufbau einer Existenz hat» , schätzt auch Asylheim-Leiter Andreas
Halla ein. Ansonsten will er sich zum Fall nicht weiter äußern, dies sei
Sache der Ausländerbehörde.
Die wiederum erklärt: «Mit den ablehnenden Bescheiden des Bundesamtes für
die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wurden die Antragsteller nicht als
Asylberechtigte anerkannt. Mit den Bescheiden wurde gleichzeitig
festgestellt, dass kein Abschiebungsverbot für politisch Verfolgte und auch
keine Abschiebungshindernisse vorliegen. … Die eingereichten Anträge auf
Abschiebungsschutz wurden vom zuständigen Verwaltungsgericht unanfechtbar
abgelehnt. Spätestens seit März 2002 ist die gesamte Familie vollziehbar
ausreisepflichtig.»
Schulabschluss ermöglicht
Cikajs hätten nur deshalb noch bleiben können, weil dem ältesten Sohn Jeton
der Abschluss der 10. Klasse ermöglicht werden sollte. «Eine Neuankündigung
der Familie (im Kosovo, Anm. d. Red.) zwecks Rückführung erfolgte am 5.
August. Die Antwort der zuständigen Behörden bleibt abzuwarten.»
Hintergrund Asylbewerberheim Forst
Im Forster Asylbewerberheim leben derzeit rund 100 Kinder und Erwachsene aus
etwa 30 Nationen in dem Haus an der Gubener Straße. Das Heim wird im Auftrag
des Landkreises Spree-Neiße von einer privaten Gesellschaft betrieben. Nach
Angaben von Heimleiter Andreas Halla sind weitere vier Familien in der
gleichen Situation wie die Cikajs.
«Schill» will in Cottbus antreten
Die «Partei Rechtsstaatlicher Offensive» , kurz nach ihrem Gründer «Schill»
genannt, will offenbar zur Kommunalwahl in Cottbus antreten. Die Partei des
Hamburger Innensenators Ronald B. Schill hat im Cottbuser Rathaus die notwendigen Unterlagen angefordert und
die Listen für Unterstützer-Unterschriften auslegen lassen.
Bislang gibt keine Kandidaten. Die Schill-Partei hat in Cottbus keine
Organisation, es existiert jedoch ein Landesverband Brandenburg mit Sitz in
Bernau. Schill, der bei der Landtagswahl in Hamburg Ende 2001 auf Anhieb 20
Prozent der Stimmen erzielte, ist heute Ehrenvorsitzender der Partei.
Der Cottbuser Wahlleiter Werner Press-Maczeizik rechnet mit zehn bis elf
Bewerbungen von Parteien oder Gruppen für die Wahl am 26. Oktober.
Anmeldeschluss ist der 18. September, 12 Uhr. Parteien oder Gruppen sowie
Einzel-Bewerber, die derzeit nicht in der Stadtverordnetenversammlung
vertreten sind, müssen Unterstützer-Unterschriften vorlegen — 20
Unterschriften aus jedem der fünf Wahlkreise.
Bislang geht man im Wahlbüro davon aus, dass die in der
Stadtverordnetenversammlung vertretenen Parteien wieder antreten: SPD, CDU,
PDS, Grüne, FDP sowie auch die Frauenliste Cottbus. Unklar ist, ob sich das
Bürgerbündnis und die DSU erneut zur Wahl stellen. Beide haben bei der Wahl
1998 jeweils einen Sitz in der Stadtverordnetenversammlung errungen.
«Bis heute haben sich auch zwei Einzelbewerber angemeldet» , so der
Wahlleiter.
Neben der «Schill» ‑Partei haben die «Aktiven Unabhängigen Bürger» (AUB) aus
Cottbus erklärt, zur Wahl anzutreten (die RUNDSCHAU berichtete). Noch ist
allerdings unklar, wer zu diesem Bündnis gehört. Nach Sprecher Sven Pautz
taucht nun in einer Pressemitteilung von gestern auch der Name Jens Wuttke
auf. Wuttke betreibt einen Spielzeug-Laden in der Stadtpromenade.
Verbindungen soll es zur Kahrener Bürgerinitiative geben, die gegen den
Verlauf der Ortsumgehung im Osten protestiert, und zur Gruppe «Bürger für
Cottbus».
Presse-Information des Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht Brandenburg
Das Innenministerium plant, im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben auch das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz erheblich einzuschränken.
So sollen nicht nur die Gemeinden, sondern auch die Landesverwaltung in Zukunft nicht mehr dazu verpflichtet sein, die Zustimmung Dritter einzuholen, von der die Akteneinsicht abhängt. Die Verwaltung soll die Einholung der Zustimmung auf den Antragsteller abwälzen können, der die Akte einsehen will. Der aber kann gar nicht wissen, wessen Zustimmung er einholen soll. Damit wird die Ausübung des Akteneinsichtsrechts in den meisten Fällen vereitelt, in denen die Akten Daten Dritter enthalten. Will die Verwaltung das vermeiden, müsste sie zwischen Antragsteller und Dritten, deren Anschriften sie nicht ohne weiteres herausgeben darf, vermitteln, was einen erheblich größeren Aufwand bedeutet als nach geltendem Recht.
Zudem sollen die Behörden die Gebühr für die Akteneinsicht unter Berücksichtigung der Bedeutung und des Nutzens für den Antragsteller festsetzen dürfen. Damit aber wird der in der Brandenburgischen Landesverfassung seit 1992 garantierte Grundsatz in Frage gestellt, ohne Begründung freien Zugang zu den Informationen der Verwaltung zu erhalten. Es kann nicht Sache der Verwaltung sein, den Nutzen einer Information für den Bürger zu bewerten oder dessen Motive für seinen Wunsch nach Akteneinsicht zu erforschen.
Schließlich lehnt es das Innenministerium ohne nachvollziehbare Begründung ab, einen Beschluss des Landtages vom April 2002 umzusetzen, in dem das Parlament die Landesregierung aufgefordert hatte, eine Frist von vier Wochen für die Bearbeitung von Akteneinsichtsanträgen in das Gesetz aufzunehmen, wie dies die Gemeindeordnung für Petitionen bereits vorsieht.
Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht, Dr. Alexander Dix, wendet sich gegen die geplanten Einschränkungen des Akteneinsichtsrechts:
“Die Finanzprobleme der Gemeinden können nicht durch einen Rückfall in die Intransparenz und den Verzicht auf ein Mindestmaß an Bürgerfreundlichkeit gelöst werden. Die geplanten Regelungen verfehlen zudem das erklärte Ziel des Innenministeriums und führen zu mehr Verwaltungsaufwand und Rechtsunsicherheit. Stattdessen sollte der Auftrag des Landtages zur Einführung einer angemessenen Bearbeitungsfrist endlich umgesetzt werden.”
RHEINSBERG Die im Rahmen eines vereinfachten Jugendverfahrens härtestmögliche Strafe sprach das Amtsgericht Neuruppin gestern für einen 17-jährigen Rheinsberger aus. Er muss einen vierwöchigen Arrest in einer speziellen Jugendarrestanstalt antreten. Die Anklage lautete auf gemeinschaftlich versuchte Brandstiftung und Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten. Ein 21-jähriger mutmaßlicher Rheinsberger Mittäter wurde in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft Neuruppin wieder aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Die Ermittlungen laufen aber noch.
Wie die Polizei mitteilt, hatten sich „die Tatverdächtigen mit unterschiedlicher Tatbeteiligung sowie erkennbarer Fremdenfeindlichkeit als Motiv, teilweise geständig gezeigt.“ Demnach sind beide für das In-Brand-Stecken von Zeitungspapier am Döner-Imbiss in der Paulshorster Straße am vergangenen Montag um 23.30 Uhr verantwortlich. Die Polizei konnte den Brand löschen, ohne dass größerer Schaden entstand.
Am Mittwoch erfuhren die Beamten davon, dass Mitglieder einer sich auf dem Kirchplatz treffenden neunköpfigen Jugendgruppe geäußert hätten, den Stand erneut anzünden zu wollen. Eine Ermittlungsgruppe wurde gebildet wurde gebildet. In Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Neuruppin konnten die Kriminalisten auch zwei weitere Straftaten aufklären, die allerdings nicht näher benannt werden.
Der Eberswalder Polizei wurde am Mittwochmorgen gegen 03.50 Uhr gemeldet, dass zwei männliche Personen zu Fuß in der Ortslage Joachimsthal (Templiner Straße) unterwegs sind und Plakate an Säulen kleben. Zivilfahnder der Barnimer Kripo konnten zwei männliche, verdächtige Personen zu Fuß
feststellen, die beim Bemerken der Beamten flüchteten und einen PKW VW Passat bestiegen.
Der PKW- Führer fuhr direkt mit dem VW auf einen Beamten zu, der die Personen kontrollieren wollte. Als der Beamte daraufhin von der Fahrbahn springen wollten, leitete der 24- jährige Fahrzeugführer jedoch eine Gefahrenbremsung ein und brachte das Fahrzeug ohne Zusammenstoß zum Halten.
Der 25- jährige Beifahrer sowie der Fahrzeugführer verließen erst nach mehrfacher Aufforderung das Fahrzeug. Bei der durchgeführten Durchsuchung der beiden Insassen und des PKW wurden 143 Aufkleber (10,5 x 15 cm mit der
Aufschrift: “Mord! Am 17. August 1987 in Berlin…”) und 28 Aufkleber (9,5 x 13,8 cm mit der Aufschrift: “Radikal! National! Sozial!…”)aufgefunden und sichergestellt. Des weiteren wurden ein Buch mit dem Titel: “Freispruch für
Hitler?” und eine MC sichergestellt. In der Innenstadt wurden an Verkehrsschildern, Gebäuden, Schaukästen, Fahrplänen, Kirche u.a. weitere gleichartige Aufkleber festgestellt.
Die Plakate sind als solches strafrechtlich nicht relevant, jedoch stellt die ungenehmigte Plakatierung eine Ordnungswidrigkeit dar. Lassen sich die
Plakate nicht ohne weiteres wieder entfernen, kann u.U. eine
Sachbeschädigung vorliegen. Eine Anzeige wegen Straßenverkehrsgefährdung wurde aufgrund des Verhalten des Fahrzeugführers gesondert gefertigt.
Bernau: Nazischmierereien
Durch unbekannte Täter wurde die rechte Giebelseite eines Mehrfamilienhauses an der Puschkinstraße mittels Farbe besprüht. In einer Höhe von 2,5 Meter wurden mit schwarzer Farbe diverse Sprüche auf die Wand gesprüht. Daneben
wurde ein Hakenkreuz in einer Größe von 40 x 40 cm in blauer Farbe festgestellt. Die Schriftzüge nahmen die gesamte Breite der Giebelwand ein und hatten ebenfalls die Größe von 40 x 40 cm. Die Beseitigung der Schmiererei wurde durch den Geschädigten veranlasst.
Am Freitagmorgen wurde der Polizei mitgeteilt, dass in Frankendorf, Dorfstraße, aus einer auf dem Spielplatz aufhältigen vierköpfigen Personengruppe heraus rechtsradikale Parolen wie “Sieg Heil” und “Heil
Hitler” gerufen sowie rechtsgerichtete Musik abgespielt wurde. Die unmittelbar eingesetzten Polizeibeamten konnten vor Ort drei männliche und eine weibliche Person im Alter von 14 bis 23 Jahren feststellen, die vorläufig festgenommen und in das Gewahrsam der Polizeiwache Neuruppin
gebracht wurden. Ein 23-Jähriger und die 18-Jährige standen unter Einfluss von Alkohol (1,6 und 1,7 Promille), so dass eine Blutentnahme angeordnet und durchgeführt wurde. Des Weiteren konnten im mitgeführten Fahrzeug des
23-jährigen Tatverdächtigen diverse Tonträger mit vermutlich
rechtsgerichtete Musik festgestellt und sichergestellt werden. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern gegenwärtig an.
POTSDAM. Die Nachricht kam überraschend. Die Luftwaffe wird den als
Bombodrom bekannten Luft-Boden-Schießplatz bei Wittstock nicht wie geplant
am Montag in Betrieb nehmen, teilte das Verwaltungsgericht Potsdam am
Donnerstag abend mit. Die Luftwaffe wolle damit warten, bis das Gericht eine
endgültige Entscheidung über den Eilantrag der Bombodrom-Gegner getroffen
hat. Bis 30. September soll sie fallen.
Martina Raßmann erfuhr am Telefon von der Entscheidung. “Ich hätte den
Anrufer umarmen können”, sagt sie. Frau Raßmann betreibt mit ihrem Mann
Karsten einen Campingplatz in der Nachbarschaft des Bombodroms, in Kagar.
Bis zu dem Telefonat war für sie der kommende Montag so etwas wie der Anfang
vom Ende. Jetzt atmet die 43-Jährige durch.
“Die Ruhe hier ist fantastisch”, hatte ihr kurz vorher einer der Dauercamper
zugerufen. So recht über das Lob konnte sie sich nicht freuen. Gerade die
Ruhe sieht sie durch die Bundeswehrpläne, die ein paar Kilometer weiter
Abwürfe von Übungsbomben und Schießen mit Bordkanonen üben will, gefährdet.
Der Luft-Boden-Schießplatz wird mit 19 Kilometer Länge und fünf bis zehn
Kilometer Breite der größte in Deutschland sein. Von Oktober bis April
wollen die Tornados in 300 Meter Höhe durch die Einflugschneise nördlich von
Kagar donnern — zum Vergleich: der Berliner Fernsehturm ist 365 Meter hoch.
Bei manchen Übungen dürfen die Piloten noch tiefer runter, auf 150 Meter.
Schon ein Tornado, der in 450 Meter Höhe fliegt, ist acht- bis zehnmal so
laut wie ein in nächster Nähe vorbeifahrender Lkw, sagen die
Bombodrom-Gegner. 50- bis 75-mal an jedem der 200 Betriebstage im Jahr
werden demnach die Kampfjets über die Region kommen. 1 700 Einsätze pro Jahr
erlaubt das Truppenübungsplatz-Konzept — wobei ein Einsatz bis zu sechs
Anflüge bedeuten kann.
Brütende Adler, seltene Pflanzen
Die ersten Dauercamper haben ihre Verträge mit Martina und Karsten Raßmann
deshalb schon gekündigt. Wie viele es sind, möchten die Betreiber nicht in
der Zeitung lesen. Denn die Bank könnte nervös werden. Nur wegen der vielen
Dauercamper bekam das Ehepaar vor gut zehn Jahren den für den Campingplatz
benötigten Kredit. Zudem sah es damals so aus, als ob die Tage des
Bombodroms gezählt seien.
1991 hatte Jörg Schönbohm — heute Brandenburgs CDU-Innenminister, damals
Befehlshaber des Bundeswehr-Kommandos Ost — mitgeteilt, dass nicht daran
gedacht sei, den Luft-Boden-Schießplatz der Sowjetarmee bei Wittstock zu
übernehmen. Diese hatte sich das Gelände nach 1945 angeeignet, warf dann
jahrzehntelang scharfe Bomben auf die Äcker und Wälder. Das
Dauerbombardement machte aus Feldern und Forst eine Heidelandschaft — in
einigen Bereichen strotzt sie noch heute vor Munitionsschrott und
Blindgängern. In anderen brüten Adler und blühen seltene Pflanzen. Doch kaum
waren 1994 die russischen Soldaten weg, kam die Bundeswehr.
“Der Truppenübungsplatz ist unverzichtbar für das kontinuierliche Üben der
Luftwaffe”, heißt es heute aus dem Bundesverteidigungsministerium. Kein
anderer deutscher Platz böte der Luftwaffe so gute Möglichkeiten wie der in
Brandenburg. Die Region sei so dünn besiedelt wie kaum eine andere und das
Bombodrom um ein Vielfaches größer als die anderen Luft-Boden-Schießplätze
im niedersächsischen Nordhorn und im bayerischen Siegenburg. Weil diese zu
klein sind, müssten derzeit 75 Prozent des Trainings im Ausland absolviert
werden. Das sei teuer.
Martina Raßmann kennt die Argumente. “Klar, die Gegend hier ist dünn
besiedelt.” Schließlich seien in den letzten Jahren auch viele Menschen
weggezogen, weil es hier keine Arbeit gab. Aber Urlauber seien gekommen, und
die werden ausbleiben, wenn die Düsenjäger vorbeidonnern. “Der Lärm war
fürchterlich”, erinnert sich die Frau, die schon hier lebte, als die
Sowjetarmee noch Bombenabwürfe trainierte. “Die Schrankwand schepperte, mein
Kind fing an zu weinen.”
Bislang war ihr Campingplatz — in Reiseführern wegen seiner ruhigen Lage
gepriesen — von Ostern bis Herbst oft ausgebucht. Unternehmerin Raßmann
befürchtet, dass das bald der Vergangenheit angehört. Sie weiß nicht, ob die
Einnahmen dann noch reichen, um die fünf Angestellten zu bezahlen und der
Bank die Raten zurückzuzahlen. Der Kredit läuft noch acht Jahre. Umgerechnet
437 000 Euro haben sich die Raßmanns 1992 von der Bank geborgt. Von dem Geld
kauften sie das drei Hektar große Gelände, das früher eine Feriensiedlung
des Magdeburger VEB Messgeräte war, und sanierten es.
Der Campingplatz der Raßmanns mit seinen 150 Stellplätzen ist eher ein
kleineres Touristik-Unternehmen in der Region, die an den Nationalpark
Müritz grenzt. Zu den größten zählt die noble Marina Wolfsbruch in Klein
Zerlang. Etwa 1 000 Arbeitsplätze seien in dieser strukturschwachen Region
Brandenburgs im Urlaubssektor entstanden, sagt der Landrat von
Ostprignitz-Ruppin, Christian Gilde (SPD). Geht der Schießplatz in Betrieb,
seien sie alle gefährdet.
Ziviler Ungehorsam?
Die 160 zivilen Arbeitsplätze, die die Bundeswehr in ihrer 800 Mann starken
Garnison in Wittstock schaffen wollen, könnten die Jobs nicht ausgleichen,
die im Tourismussektor durch eine Wiederinbetriebnahme des Bombodroms
vernichtet werden, glaubt auch Martina Raßmann. Sie sitzt auf der Terrasse
des Campingplatz-Lokals und winkt einem Gast zu, der erst kürzlich
Unterschriften bei den Campern gegen das Bombodrom sammelte. “Wenn der
Flugbetrieb beginnt, ziehe ich mit meinem Wohnwagen weiter”, sagt Reiner
Kortlarski. Aber vorher will der West-Berliner weiter kämpfen, gemeinsam mit
der Bürgerinitiative “Freie Heide”. Notfalls auch mit zivilem Ungehorsam.
“Das war kein guter Satz”, entgegnet Martina Raßmann. Doch ihre Ablehnung
wird schwächer, als sie hört, dass Kortlarski darunter nicht Randale
versteht, sondern gewaltfreie Aktionen wie Sitzblockaden. Trotzdem zögert
sie. “Früher, im Osten, da durfte man nicht viel kämpfen”, sagt sie. Und
heute? Darf man sich offen gegen den Staat stellen? Und mit welchen Mitteln?
Und mit welchen Konsequenzen?
Die Gerichtsentscheidung vom Donnerstag vertreibt vorerst diese Gedanken.
Die Angst bleibt.