In der Freitagsausgabe von Brandenburg Aktuell (ORB-Nachrichtensendung, 19:30 Uhr) wird es unter anderem um die Verhältnisse in Premnitz gehen: Der dortige Jugendklub wurde vom ORB besucht und die rechte Szene vor Ort wird unter die Lupe genommen.
Jahr: 2002
Antifa-Jugend aus KW mit buntem Programm
Luckau.
Unter dem Motto “Für Frieden, Toleranz und gegen Krieg ” veranstaltet die PDS-nahe Antifa-Jugend aus Königs Wusterhausen am Sonnabend, dem 6. April, ein interessantes Programm auf dem Luckauer Marktplatz. In der Zeit von 10 bis 12 Uhr erklingen Friedenslieder und finden Diskussionen mit den jungen Leuten statt. Auch Stände mit Infomaterial werden bereitstehen.
Umstrittener CDU-Mann will innenpolitischer Sprecher werden
dpa Potsdam — Der 34-jährige Sven Petke will erneut innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Potsdamer Landtag werden. «Ich trete zur Wahl an», sagte Petke am Mittwoch. Fraktionssprecher René Kohl sagte, die Meinungsbildung in der Fraktion sei noch nicht abgeschlossen. Der Fraktionsvorstand werde über diese Personalfrage am Montag beraten.
Petke hatte das Amt seit Bildung der SPD/CDU-Koalition im Herbst 1999 inne, war aber Anfang März nicht wiedergewählt worden. Er erreichte nur 11 der erforderlichen 13 Stimmen. Insider sprachen damals von einer Abstrafung des Vertrauten von Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Petke ist in der Fraktion nicht unumstritten und hatte deren Vorsitzende Beate Blechinger in der Diskussion um das Zuwanderungsgesetz attackiert.
Petke, der auch stellvertretender Landesvorsitzender der Partei sowie Landeschef der Jungen Union ist, wollte sich zum Prozedere der Wahl am Dienstag sowie zu möglichen Gegenkandidaten nicht äußern. Er bezeichnete lediglich die vor dem Abschluss stehende Polizeireform und die Gemeindestrukturreform, die er beide als innenpolitischer Sprecher maßgeblich mit beeinflusst hatte, als sehr wichtige bevorstehende Aufgaben. Er wolle Schönbohm weiter eine große Stütze sein.
Kohl bestätigte, dass neben Petke auch die derzeitige rechtspolitische Fraktionssprecherin Barbara Richstein «für diese wichtige Sprecherfunktion» zur Verfügung steht. Derzeit liefen dazu Gespräche.
berliner morgenpost:
Verteidiger will Milde für eine «brutale, bestialische Tat»
Plädoyers im Prozess um zu Tode gequälten Obdachlosen — Staatsanwaltschaft fordert hohe Strafen für die Angeklagten
Potsdam — Eine «brutale und bestialische Tat, die hart bestraft werden muss», nennt es Rechtsanwalt Horst Holger Winzer — und fordert dennoch Milde für seinen Mandanten Ronny R. Der junge Mann ist zusammen mit vier Kumpanen angeklagt, im August 2001 den Dahlewitzer Obdachlosen Dieter Manzke buchstäblich zu Tode gequält zu haben.
Milde fordert der Verteidiger deshalb, weil Manzke vielleicht gar nicht getötet werden sollte. Milde also für Schläge und Tritte mit Stahlkappenschuhen, für die unzähligen Knochenbrüche — allein 16 Rippenbrüche hatte die Gerichtsmedizinerin festgestellt — , und Milde für Schädelbruch, die zertrümmerte Nase, ein gebrochenes Schlüsselbein sowie Blutungen in Rücken und Hirn des Opfers.
Statt des Tötungsvorsatzes, entscheidend für eine Verurteilung wegen Mordes, sei im Verlauf des «Suffi aufklatschen», so der Jargon, ein «gruppendynamischer Prozess» in Gang gekommen. Für Manzke mit tödlichen Folgen. Er erstickte schließlich aufgrund innerer Verletzungen am eigenen Blut.
Drei der fünf Verteidiger plädierten gestern im Prozess um den Tod des Dahlewitzer Obdachlosen vor dem Potsdamer Landgericht. Allen dreien ist klar, dass ihre Mandanten, die während des Verfahrens umfassende Geständnisse ablegten, kaum um eine Strafe herumkommen werden. Deshalb verzichteten die Anwälte darauf, ein Strafmaß zu nennen und versuchten, möglichst viel von der Schuld ihrer Mandanten herunterzureden und deren Reue zu belegen.
So ist Ronny R. nach den Worten seines Anwalts inzwischen bibeltreu geworden. Demonstrativ betrat der junge Mann denn auch den Gerichtssaal mit der Heiligen Schrift in der Hand. Oder Ralf W. Sein Verteidiger Ronald Garken attestiert ihm Entwicklungsdefizite und einen Intelligenzquotienten am unteren Rande der Lernfähigkeit.
Für Dirk R., der als der Kopf der Gruppe und treibende Kraft der Tat gilt, weiß sein Anwalt ins Feld zu führen, dass seine Persönlichkeit gestört sei, und sein Geständnis, das als «Zeugnis seiner tätigen Reue» verstanden werden müsse.
Fast reglos und mit gesenkten Köpfen sitzen die jungen Männer auf hintereinander aufgestellten Stühlen und vernehmen das wenige Entlastende, was ihre Anwälte vorzubringen haben.
Entlastendes hatte Staatsanwalt Peter Petersen in seinem Plädoyer kaum feststellen können. Rädelsführer Dirk R. soll für 13 Jahre hinter Gitter. Er gilt nach einem psychiatrischen Gutachten für vermindert schuldfähig. Ein 22-jähriger Angeklagter soll lebenslänglich in Haft. Für die drei übrigen Angeklagten hatte der Ankläger Jugendstrafen zwischen fünf und acht Jahren verlangt. Die Plädoyers werden Montag fortgesetzt. Das Urteil soll am 10. April fallen.
berliner zeitung:
“Es war kein Mord”
Aus Sicht der Verteidiger haben die Angeklagten ihr obdachloses Opfer “unbeabsichtigt” getötet
POTSDAM. Fast könnten die Prozessbeobachter Mitleid bekommen mit den fünf jungen Männern, die in einer Reihe hintereinander im Saal 015 des Landgerichts Potsdam sitzen. Zusammengesunkene Oberkörper, schamhaft gesenkte Köpfe, die sich am Mittwoch nicht ein einziges Mal in der mehr als einstündigen Verhandlung heben. Die fünf sprechen nicht einmal mit ihren Anwälten. Sie schweigen wie reuige Sünder. Doch sie sind angeklagt des Mordes an dem alkoholkranken Obdachlosen Dieter Manzke aus Dahlewitz (Teltow-Fläming).
Manzke hatte sich in der Nacht zum 9. August 2001 mal wieder in einer fremden Datsche schlafen gelegt. Das wurde ihm zum Verhängnis, denn die fünf jungen Männer aus der Gegend — alle im Alter von 17 bis 22 Jahren — statteten ihm einen “Besuch” ab. Motiv: Der Mann habe dort nichts zu suchen gehabt, deshalb sollte er vertrieben werden. Eine halbe Stunde lang malträtierten sie den schmächtigen Alten mit Tritten, Schlägen und Zigarettenkippen. Sie sprangen dem hilflosen Mann auf dem Bauch herum. Als sich der schwer Verletzte nicht mehr regte, schleiften sie ihn in ein Gebüsch und ließen ihn einfach liegen. Manzke erstickte an seinem eigenen Blut. Die Obduktion ergab 16 Rippenbrüche, zahllose Blutergüsse, Frakturen des Schlüsselbeins und der Augenhöhlen, ausgeschlagene Zähne, aufgerissene Lippen und Ohren. Das Rippenfell war gerissen, Darm und Magen verletzt. Dieter Manzke hatte keine Chance.
Dennoch baten alle drei Verteidiger, die am Mittwoch sprachen, das Gericht um milde Strafen, um die Chance zum Neuanfang für ihre Mandanten. Und sie wandten sich gegen den Staatsanwalt, der wegen der “sadistischen Quälereien” an dem wehrlosen Opfer und der niederen Motive für die Tat eine möglichst harte Verurteilung wegen Mordes gefordert hatte. “Das war kein Mord”, sagte Verteidiger Horst-Holger Winzer, der den 20-jährigen Ralf W. vertritt. Die Angeklagten hätten sich zwar einer “ganz bestialischen und brutalen Tat” schuldig gemacht, aber sie hätten nicht in Tötungsabsicht gehandelt. “Es war keine Gruppe rechtsradikaler Jugendlicher, die in Mordlust gequält hat”, sagt Winzer. “Sie haben eine Körperverletzung mit Todesfolge, aber keinen Mord begangen”, sagte er. Sie seien alkoholisiert gewesen. Angestachelt von dem Hauptangeklagten und Anführer der Gruppe, dem 21-jährigen Dirk R., hätten sie sich immer weiter in ihre Tat hineingesteigert. “Aber sie sind nicht von einer Tötung ausgegangen”, sagt Winzer.
Auch der Verteidiger des Hauptangeklagten spricht seinen Mandanten von Mordabsicht frei. “Es war eine Alkoholtat”, sagt Hans-Jürgen Kernbach. Dirk R. habe nachgewiesenermaßen eine erhebliche Persönlichkeitsstörung, sei kein Rechtsradikaler, sondern nur ein nicht vorbestrafter Autodieb. “Die Folgen, die eingetreten sind, waren nicht geplant”, sagt Kernbach. Sein Mandant habe sich inzwischen gewandelt, habe “sich nicht geschont, sondern sich mit seinen Aussagen selbst belastet”. Er habe mit seinem Tun abrechnen wollen. Deshalb und wegen der psychischen Störung seines Mandanten fordert auch Kernbach Milde.
Die Verteidiger ließen die Frage nach dem Tatmotiv unbeantwortet. Sie sprachen von der schweren Kindheit der Täter, die teilweise einen “Intelligenzquotienten kurz vor der Lernbehinderung”, Erziehungsdefizite und ein gestörtes Sozialverhalten hätten. Sie sprechen von Gruppendynamik und Mitläufertum. Doch sie haben keine Begründung, warum die fünf an jenem Tag zu Dieter Manzke gingen und den hilflosen Mann ohne Anlass so schwer misshandelten, dass er daran “unbeabsichtigt” starb.
Das Urteil soll am 10. April gesprochen werden.
Mahlower Jugendliche fahren zu Noël Martin
Nach Anschlag gelähmter Brite will Jugendliche vom Extremismus heilen
ddp Mahlow — Reisen bildet, sagt man. Es soll Jugendlichen jetzt auch helfen, Rechtsextremismus und Gewalt die Stirn zu bieten. Diese Hoffnung hegen zumindest der farbige britische Bauarbeiter Noël Martin und das Landes-Bildungsministerium. Martin war im Juni 1996 in Mahlow von zwei fremdenfeindlichen Jugendlichen lebensgefährlich verletzt worden und ist seitdem querschnittsgelähmt.
Am Donnerstag brechen erstmals zwölf Jugendliche aus den Gemeinden Mahlow, Blankenfelde und Rangsdorf in die englische Millionenmetropole Birmingham auf — um Erfahrungen mit Menschen anderer Hautfarbe zu machen und gemeinsam mit einheimischen Jugendlichen das Leben der afro-karibischen Gemeinschaft kennen zu lernen. Sie besuchen Noël Martin und wollen den von ihm angeregten Jugendaustausch in Verbindung mit dem «Noël-und-Jacqueline-Martin-Fonds» in Gang setzen. Die jungen Reisenden sind gewissermaßen Testpersonen. Anders als vom Gastgeber gewünscht sind keine rechtsradikalen Jugendlichen mit von der Partie.
Es wäre jedoch eine «schöne Sache», wenn bei künftigen Fahrten auch rechtsgerichtete Jugendliche direkt angesprochen würden, sagt Martins deutscher Freund und Tour-Mitorganisator, Kai Petersen, mit Blick auf den geplanten zweiten Tripp im Verlauf des Jahres. Damit möglichst vielen Jugendlichen klar wird, dass das Zusammenleben von Angehörigen verschiedener Kulturen klappt. Dies sei erst einmal nur der «Schnupperkurs», betont Petersen. Nach seinen Angaben treffen die Brandenburger englische Jugendliche und gehen auch in deren Familien.
Brandenburgs Bildungsstaatssekretär Frank Szymanski unterstreicht, man wird sich dem Wunsch Martins, auch rechte Brandenburger Jugendliche nach Birmingham zu holen, «nicht verschließen». Dazu eignen sich nach Szymanskis Auffassung Schulpartnerschaften besonders gut. Um den Grundstein dafür zu legen, stehen Gespräche der Brandenburger Delegation, zu der noch Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) stößt, mit dem Birminghamer Stadtoberhaupt auf dem Programm.
Zum Start des Jugendaustauschs dominieren «normale Jugendliche», wenngleich «nicht nur Musterknaben» darunter seien, betont Dörthe Shead, Sozialarbeiterin im Mahlower Jugendclub. Wichtig sei, dass die Reiseteilnehmer ihre Eindrücke an andere Jugendliche in ihren Orten weitergeben, um die Akzeptanz für Ausländer in der Region weiter zu verbessern.
Das hat sich die 16-jährige Gesamtschülerin Ulrike Heese aus Blankenfelde vorgenommen. Sie will nach der Rückkehr Mitschüler informieren und zudem den Kontakt mit rechtsradikalen Bekannten suchen. «Doch es werden sich wohl nur ein paar Jugendliche dafür interessieren», dämpft sie zu große Erwartungen. Sie will wissen, wie Martin mit seiner schweren Behinderung in Birmingham lebt und welchen Freundeskreis er hat.
Polizei warf Auge auf Privatfeier
Polizei warf Auge auf Privatfeier
Kontrollen in Grünewalde / Zoff in Lauchhammer
Lauchhammer.
Zu einem “rein präventiven Einsatz ” rückte die Polizei über die Osterfeiertage nach Grünewalde aus. Es hatte Hinweise gegeben, dass im Rahmen einer privaten Feier Gäste aus allen Himmelsrichtungen anreisen und “politisch motivierte Straftaten ” nicht ausgeschlossen seien. Deshalb wurden vorsorglich Verkehrs- und Fahndungskontrollen durchgeführt. Im Ergebnis kam es zu keinerlei Vorkommnissen. Dafür hat es schon wieder die “übliche ” Auseinandersetzung zwischen rivalisierenden Jugendgruppen gegeben. Tatort war über die Feiertage der Bereich Butterberg in Lauchhammer-Mitte. Zudem erhielt die Polizei den Hinweis, dass in einer Wohnung in der Jahnstraße verbotene Musik (wohl Nazilieder) lautstark abgespielt werde. Bei der sofort veranlassten Durchsuchung sind nicht nur mehrere bereits bekannte Personen festgestellt, sondern auch CD ´s zur Überprüfung beschlagnahmt worden.
berliner morgenpost:
Jugendbegegnungszentrum in Ravensbrück
epd Fürstenberg — Eine internationale Jugendbegegnungsstätte sowie eine Jugendherberge sollen am 10. April in der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück im brandenburgischen Fürstenberg eröffnet werden. Das in ehemaligen Wohnhäusern von SS-Aufseherinnen untergebrachte Begegnungszentrum biete knapp 100 Übernachtungsplätze, zahlreiche Seminarräume und einen Ausstellungsbereich, teilte das Bildungsministerium mit.
berliner zeitung:
Begegnungsstätte auf Areal des früheren KZ
Auf dem Areal des früheren Frauen- KZ Ravensbrück in Fürstenberg/Havel wird am 10. April eine Internationale Jugendbegegnungsstätte eröffnet. Für rund 12,3 Millionen Mark (6,29 Mio Euro) seien ehemalige Wohnhäuser der SS-Aufseherinnen saniert und zur “Jugendherberge Ravensbrück — Internationale Jugendbegegnungsstätte” umgebaut worden, teilte das Bildungsministerium am Dienstag mit. In der Einrichtung sollen unter anderem Seminare und Workshops organisiert werden.
berliner morgenpost:
Familie in Basdorf erneut angegriffen
vok Basdorf — Die Serie ausländerfeindlicher Übergriffe gegen die bereits unter Polizeischutz stehende deutsch-türkische Familie Canaydin aus Basdorf (Barnim) reißt offenbar nicht ab. Am Ostermontag habe ein Gruppe alkoholisierter Jugendlicher eine Bierflasche gegen das Haus der Familie geworfen, teilte die Polizei gestern in Eberswalde mit. Einer der Jugendlichen habe zuvor laut Zeugenaussage «Heil Hitler» gerufen. Die Beamten nahmen daraufhin sechs Tatverdächtige in Gewahrsam.
Seit die Familie vor knapp einem Jahr nach Basdorf gezogen ist, wurde sie immer wieder Opfer ausländerfeindlicher Angriffe. Jalousien am Haus der Canaydins wurden aus den Verankerungen gerissen, Hakenkreuze in den Lack des Autos geritzt. Dazu kamen anonyme Drohbriefe. Zuletzt hatten vor etwa zwei Wochen ein Auto- und ein Motorradfahrer offenbar gezielt versucht, die Mutter der Familie zu überfahren. Daraufhin bildete die Polizei eine Sonderermittlungsgruppe.
Die Basdorfer Bürgermeisterin Heidi Freistedt und Amtsdirektor Udo Tiepelmann haben auf Grund der sich häufenden ausländerfeindlichen Übergriffe in der 4000-Einwohner-Gemeinde für den 11. April zu einer Bürgerversammlung «Basdorf für Toleranz» eingeladen.
berliner zeitung:
Familie in Basdorf erneut attackiert
Jugendliche warfen Flasche
BASDORF. Die deutsch-türkische Familie Canaydin aus Basdorf (Barnim) ist zu Ostern erneut attackiert worden. Wie die zuständige Polizei in Eberswalde am Dienstag mitteilte, wurde am späten Montagabend gegen 23.15 Uhr aus einer Gruppe von mehreren Jugendlichen heraus eine Bierflasche gegen das Wohnhaus der Familie geworfen. Nach Angaben eines Zeugen hatte zudem einer der Jugendlichen, vermutlich der Flaschenwerfer, bereits zwei Stunden zuvor vor dem Haus der Canaydins “Heil Hitler” gegrölt. Die tatverdächtigen Jugendlichen, bei denen es sich um sechs Männer und eine Frau im Alter von 16 bis 18 Jahren handelt, konnten von der Polizei in Gewahrsam genommen werden. Sie standen unter Alkoholeinfluss. Erst vor einer Woche war die 18-jährige Tochter der Familie nach eigenen Angaben von einem anderen Mädchen beleidigt worden. Daraufhin hatte sie sich mit Schlägen zur Wehr gesetzt und das Mädchen verletzt. Die Polizei führt die 18-Jährige als Beschuldigte.
Die vor neun Monaten von Berlin nach Basdorf gezogene Familie hatte in den vergangenen Monaten mehrfach Anzeige wegen ausländerfeindlicher Übergriffe erstattet. “Haut ab, ihr habt in Basdorf nichts zu suchen, Muftifamilie”, hieß es in einem Drohbrief. Im März wurde eine spezielle Ermittlungsgruppe der Polizei gebildet und die Familie unter Polizeischutz gestellt. Am 11. April ist der Fall Thema einer Einwohnerversammlung.
Rathenower Nazi-Schläger verurteilt
Rathenow, 02.04.02. Zweieinhalb Jahre ohne Bewährung für den führenden Rathenower Nazi-Schläger Michael Müller und ein Jahr und acht Monate auf Bewährung für seinen Kumpanen Daniel G., so urteilte das Amtsgericht Rathenow am Dienstag. Verhandelt wurde, neben anderen Delikten, eine Tat, die über zwei Jahre zurückliegt und große Wellen ausgelöst hatte. Das Millenium-Sylvester; wie jedes Jahr versammelt sich auf der zentralen Kreuzung in Rathenow alles, was sich zur rechten Szene zählt. Eine Gruppe von Pakistanis aus dem Flüchtlingsheim weiß nichts von der Gefährlichkeit der Rechten und möchte mit der Bevölkerung mitfeiern. Das Ergebnis: eine Gruppe um Michael Müller spottet die Pakistanis und das Programm Hetzjagd läuft ab. Zwei der Pakistanis werden geschlagen, einer, Khalid Mahmood, so schwer, dass er zwei Schneidezähne verliert. Ein Bürger greift ein und rettet ihm das Leben. Khalid Mahmood litt in der Folge unter einer schweren Traumatisierung. Er verließ nach der Tat 47 Tage das Heim nicht mehr, aus Angst, er könne Typen wie Müller wieder treffen.
Angriffe wie der auf Khalid Mahmood waren der Auslöser für den Appell der Rathenower Flüchtlinge in Februar 2000: “Bringt uns hier weg”. Im März 2000 begleitete ein Filmteam von Kontraste Khalid Mahmood und andere pakistanische Flüchtlinge. Einer wurde vor laufender Kamera in einem Supermarkt in Rathenow beschimpft, “Was hat denn der Scheiß-Ausländer hier zu suchen!” Rassistischer Alltag in Rathenow, wie er auch während der Verhandlung greifbar wurde. Denn fast alle Zeugen logen, “dass sich die Balken bogen”, wie der Staatsanwalt sich ausdrückte. Sie wollen nichts gesehen haben, im entscheidenden Moment woanders hingeguckt haben, ja, “hätten sie denn was tun sollen?”, fragten sie das Gericht mit einem Anflug von schlechtem Gewissen. Dass die Kumpel von Müller mauerten, war nicht überraschend, und so konnten drei Mitangeklagte — Enrico H., Mathias K. und Christian B. — nicht für die Beteiligung an der Hetzjagd verurteilt werden, nur für ein anderes Delikt. Im Februar 2001 hatte der der rechten Szene nahe stehender Mike M. von einer Frau in der Diskothek Lemuria 200 DM erpresst, die sich die Müller-Gang zurückholen wollte. Am nächsten Tag, als sie M. nach einer Autoverfolgung gestellt hatten, schlugen sie ihn bei dieser Gelegenheit noch kräftig zusammen. Interessant war die Einschätzung des Verteidigers von Müller, die Diskothek Lemuria sei ein “rechtsfreier Raum”, den die Rechten beherrschen, ohne dass die Polizei einschreite. Wohl wahr, daran wird auch die Videoüberwachung wenig ändern. Mathias K. erhielt eine Bewährungsstrafe von einem Jahr, Enrico H. ein Jahr und vier Monate und Christian B., der sich mittlerweile von der rechten Szene gelöst habe und gegen seine Komplizen ausgesagt hatte, 160 Arbeitsstunden. Ein sechster Angeklagter wurde freigesprochen.
Insgesamt ein herber Schlag für Müller, der nach dem Urteil schweinchenrosa anlief. Da konnten ihm auch die im Gerichtssaal in Mannschaftsstärke versammelten Nazis nicht helfen: Müller muss wohl ab.
Rechtsextreme Feier aufgelöst
berliner morgenpost:
Rechtsextreme Feier aufgelöst
dpa Rathenow — In Rathenow (Kreis Havelland) ist in der Nacht zum Montag eine Feier von der Polizei aufgelöst worden. Die 15 Jugendlichen, die um ein Lagerfeuer versammelt waren, lärmten und riefen «Sieg Heil», wie die Oranienburger Polizei mitteilte. Ein 21-Jähriger wurde vorübergehend in Gewahrsam genommen.
berliner zeitung:
Platzverweis für rechte Provokateure
Die Polizei ermittelt gegen eine Gruppe Jugendlicher in Rathenow wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Die zwölf Frauen und Männer im Alter zwischen 15 und 23 Jahren hatten am Sonntagabend um ein Lagerfeuer in der Kleinen Waldemarstraße herum gesessen, als aus der Gruppe heraus laut “Sieg Heil” gerufen wurde, sagte ein Polizeisprecher am Montag. Als die Beamten die Gruppe aufforderte, den Platz zu verlassen, widersetzte sich ein 21-Jähriger. Er wurde vorübergehend in Gewahrsam genommen und am Montagmorgen wieder freigelassen.