Potsdam (ddp-lbg). Die Enteignung und Vertreibung jüdischer Mitbürger
ist
Thema der Ausstellung «Ich besaß einen Garten in Schöneiche bei Berlin»
in
Potsdam. Die Exposition im Foyer des Landtags zeigt ab Mittwoch
Zeugnisse
des «verwalteten Verschwindens» von Juden während der NS-Zeit, wie ein
Landtagssprecher am Freitag in Potsdam sagte. Eröffnet wird die
Ausstellung
am Dienstagabend von Landtagspräsident Herbert Knoblich (SPD).
Die Schau wurde von der Politikwissenschaftlerin Jani Pietsch
gestaltet, die
die Lebenswege und Schicksale von jüdischen Mitbürgern zurückverfolgte.
Sie
geht der Frage nach, wie die planmäßige Vertreibung und Ermordung der
Juden
möglich war. Die Ausstellung umfasst Archivdokumente sowie historische
Fotos
und Lebenserinnerungen Überlebender. Der Titel der Exposition stammt
aus
einer Vermögenserklärung, die der damals in Berlin wohnende jüdische
Redakteur Samuel Breslauer vor seiner Deportation abzugeben hatte.
Die Ausstellung kann bis zum 27. Februar montags bis freitags von 7.30
Uhr
bis 16.00 Uhr besucht werden. Gruppen werden gebeten, sich unter der
Telefonnummer 0331/9661250 anzumelden. Es können auch Führungen und
Diskussionen mit der Autorin der Ausstellung vereinbart werden.
Jahr: 2003
Joachim Rohloff:
schon am abend des 11.september 2001 stellte sich heraus, dass wir doch
nicht alle amerikaner sind. viele deutsche suchen und finden die wahren
schuldigen im weißen haus und in israel. die friedensbewegung beweisst noch
einmal ihre intellektuelle hilfslosigkeit, und in der radikalen linken kehrt
der antiimperialismus wieder.
in diesem buch prüft joachim rohloff die argumente gegen den krieg der usa
und kommt zu dem ergebnis, dass die entscheidenden fragen nie gestellt
wurden.
joachim rohloff ist mitherausgeber der wochenzeitung “jungle world” und
regelmässiger autor der zeitschrift “konkret”. 1999 erschien “ich bin das
volk. martin walser, auschwitz und die berliner republik” (konkret literatur
verlag), 2001 erschien “souveräne. exemplarische porträts” (verbrecher
verlag)
danach gibts musike mit:
LA PAZ (schwelgerische instrumentalmucke ala mogwai)
einlass: 31.1.03, 20.00uhr | slow — str.d.jugend 16 | cottbus
in die spur geschickt von: nhz + chekov + glad-house
Die Volksinitiative zur Überwindung des Sachleistungsprinzips in Brandenburg
sieht die Aufhebung der Runderlasse zum Asylbewerberleistungsgesetz durch die
Landesregierung nur unter großem Vorbehalt als Teilerfolg.
Ziel der Volksinitiative ist die landesweite Zahlung von Bargeld an Menschen,
die in Brandenburg Asyl suchen. Dazu wurden bereits landesweit Unterschriften
durch viele engagierte Einzelpersonen und Organisationen seit Oktober 2002
gesammelt.
Immerhin sieben der Landkreise und kreisfreien Städte haben sich bereits gegen
das Sachleistungsprinzip ausgesprochen. Oft wurden die Entscheidungen mit der
diskriminierenden Wirkung der Sachleistungen für die Flüchtlinge und hohen
Mehrkosten des Gutscheinsystems für die Kreise begründet.
Die Landesregierung delegiert im wesentlichen die Entscheidung gegen
Diskriminierung vorzugehen, an die Landkreise und entzieht sich somit der
Verantwortung für ein Engagement gegen strukturellen Rassismus.
“Damit ist der Kern der Kritik allerdings nicht beseitigt: Das
Asylbewerberleistungsgesetz behandelt Asylsuchende als Menschen zweiter Klasse.
Die Benachteiligung gegenüber Sozialhilfeempfänger/innen macht ein
menschenwürdiges Leben in Brandenburg unmöglich”, so Stefanie Martin von der
Volksinitiative. Das Prinzip der Diskriminierung bleibe damit elementarer
Bestandteil brandenburgischer Flüchtlingspolitik.
In einem Brief vom Sozialministerium wird den Landkreisen und kreisfreien
Städten sogar suggeriert, eine Bargeldzahlung innerhalb der ersten drei Jahre
sei nicht möglich. Tatsächlich ist aber nur während des Aufenthalts in der
Zentralen Aufnahmestelle in Eisenhüttenstadt ausdrücklich die Versorgung durch
Sachleistungen vorgeschrieben. Danach steht es den Landkreisen frei, nach den
Gegebenheiten vor Ort selbst zu entscheiden, ob sie Bargeld oder Sachleistungen
gewähren. Bei Flüchtlingen, die länger als 3 Jahre in der Bundesrepublik leben,
ist die Gewährung von Bargeld sogar der gesetzliche Regelfall. Ein Blick auf
andere Bundesländer (z.B. Sachsen-Anhalt, Bremen) zeigt, dass die Auszahlung
von Bargeld von Anfang an sehr wohl praktiziert wird.
Die Landesregierung hat die Entscheidungskompetenz an Dritte übertragen. “Sie
überlässt ein Vorgehen gegen Diskriminierung und die Verbreitung rassistischer
Denkmuster damit dem Ermessen einzelner Landkreise. Das ehrenamtliche
Engagement der Träger/innen der Volksinitiative wird damit nicht belohnt”,
zeigt sich Stefanie Martin enttäuscht. “In der Konsequenz heißt dies, dass
weitere Überzeugungsarbeit in den einzelnen Kreisen viel Kraft und Zeit kosten
wird.”
Eine Aufrechterhaltung des Sachleistungsprinzips aus Gründen der Abschreckung
ist nur ein Vorwand. Die Asylanträge sind Deutschland seit Jahren rückläufig,
der Ausländeranteil an der Bevölkerung liegt in Brandenburg unter 2%. Das Leben
von Ausländer/innen in Brandenburg kann nicht als reizvoll beschrieben werden:
Die Gefahr rassistischer Übergriffe bleibt alltäglich, die Isolation und
Ausgrenzung wird für Flüchtlinge durch eine unzureichende Unterbringung,
schlechte medizinische Versorgung, faktisches Arbeitsverbot und die
Residenzpflicht tagtäglich forciert.
“Es ist bedauerlich, dass die Landesregierung, den zahlreichen
zivilgesellschaftlichen Initiativen gegen Ausgrenzung und Rassismus nicht mit
couragiertem Beispiel vorangeht”, heißt es von Seiten der Volksinitiative.
POTSDAM Ali Ibrahim weiß nur noch wenig von dem Tag, an dem er fast
erschlagen worden wäre. Nicht einmal an die leere Bierflasche, die der
22-jährige David E. am 3. August 2002 auf dem Kopf des Mosambikaners
zertrümmerte, kann sich der 38-Jährige erinnern. Auch nicht an die
Worte des
Schlägers, die Ibrahim wenige Stunden nach der Tat der Polizei zu
Protokoll
gegeben hatte: “Du Neger, du schwarze Sau, du Negersau.” Ali Ibrahims
Konzentration habe seit seinem Martyrium “stark nachgelassen”,
berichtete
seine Bekannte Christa M. gestern im Zeugenstand des Potsdamer
Landgerichts.
“Er vergisst alles”, sagte die 68-Jährige. Dazu komme seine panische
Angst.
In der Dunkelheit verlasse er das Haus nie mehr allein, in seinem
Zimmer
schließe er sich ein, immer wieder springe er auf und rüttele an der
Türklinke. 13 Jahre kennt Christa M. den Mann aus Mosambik inzwischen.
Doch
als sie ihn am Tag der Tat im Ludwigsfelder Krankenhaus besuchte,
traute sie
ihren Augen nicht. “Der Kopf war doppelt so groß wie normal, ich hätte
ihn
nicht erkannt, ich sah nur, dass es ein Afrikaner war.” “Guten Tag”,
sagt
Ibrahim, als er den Gerichtssaal betritt. Er nickt freundlich zu den
Bänken
der Zuschauer. Seine Peiniger mussten den Verhandlungssaal zuvor
verlassen.
Die Begegnung mit den jungen Angeklagten könnte das Opfer erneut
traumatisieren, begründet der Vorsitzende Richter, Klaus Przybilla, den
Beschluss der Jugendgerichtskammer. Am zweiten Tag des Prozesses, in
dem
David E. und vier Jugendliche aus Ludwigsfelde wegen versuchten Mordes
angeklagt sind, rundet sich das Bild vom Tag der Tat nur langsam ab.
Deutlich wird schließlich dennoch, dass Ibrahim von seinen Peinigern
offenbar in eine Falle gelockt wurde: Er sei nachts allein zu einem
Billardsalon unterwegs gewesen, als David E. und der 16-jährige Daniel
L.
ihn ansprachen. Am Waldstadion, meinten sie, werde eine Party mit Musik
gefeiert. Zahlreiche Ausländer seien ebenfalls dort. Ibrahim ahnte
nichts
Gutes, ging aber widerwillig mit. “Keiner tut dir was”, beruhigten ihn
die
beiden jungen Männer, während sie ihn, einer links, einer rechts,
sozusagen
abführten. Zunächst habe er Hilfe rufen wollen, “aber da war niemand”.
Der
Weg endete im Wald, die Party war erlogen, Ibrahim wurde geschlagen,
getreten, stundenlang — er verlor das Bewusstsein. Als er neun Stunden
später, gegen 14 Uhr, auf der Toilette des nahen Ärztehauses erwachte,
nackt, wusste er nicht, wie er dort hingelangt war. Ali Ibrahim
bedeckte
seine Scham mit Toilettenpapier und schleppte sich zum Krankenhaus.
POTSDAM — Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat das Kirchenasyl für
von
Abschiebung bedrohte Asylbewerber in Frage gestellt. Ein solches
juristisches Institut gebe es nicht, betont er in einem Schreiben an
die
Polizeipräsidenten in Potsdam und Frankfurt (Oder). Die jüngste Zusage
der
Landesregierung, das Kirchenasyl zu respektieren, finde ihre Grenzen in
geltendem Recht. Dieses dürfe vom Kirchenasyl nicht überlagert werden.
Polizisten, die geltendes Recht vollziehen, müssen Schönbohm zufolge
keine
Repressalien befürchten. Der Minister bezog sich damit auf die
Einstellung
staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen gegen zwei Polizisten nach einer
Anzeige des Pfarrers Johannes Kölbel in Schwante (Oberhavel) wegen
einer
Hausdurchsuchung. Kölbel hatte zwei Vietnamesen von November bis Anfang
Januar Kirchenasyl gewährt. Der leitende Oberstaatsanwalt von
Neuruppin,
Gerd Schnittcher, bestätigte gestern, dass es keine förmlichen
Ermittlungen
gegen die Beamten gebe. Es habe sich erwiesen, dass Kölbel mit dem
Betreten
der Gemeinderäume durch die beiden Polizisten auch ohne
Durchsuchungsbefehl
einverstanden war, sagte Schnittcher. Nach Darstellung des Geistlichen
wurde
ihm während der Aktion bei seiner telefonischen Nachfrage nach deren
Rechtmäßigkeit vom zuständigen Polizeischutzbereich zugesichert, dass
der
Durchsuchungsbefehl nachgereicht wird. Außerdem seien auch seine
Privaträume
durchsucht worden. Dazu erklärt Schönbohm in seinem Schreiben, es seien
-
und zwar im Einvernehmen mit dem Pfarrer — ausschließlich Gemeinderäume
durchsucht worden. “Dass dieser kirchliche Würdenträger den Sachverhalt
danach anders darstellt, ist ein Verhalten, das er mit seinem
Selbstverständnis abzumachen hat.” Es werde auch künftig kein Abgehen
vom
Grundsatz des Vollzugs rechtskräftiger Entscheidungen geben, so lange
nicht
per Gesetz Härtefallregelungen vorgesehen seien, erklärt Schönbohm.
Derartige Regelungen strebe er politisch an. Schnittcher zufolge kann
Kölbel
gegen die Einstellung der Ermittlungen Beschwerde einlegen, über die
dann
vom Generalstaatsanwalt des Landes zu entscheiden wäre. Die
Ermittlungen
gegen den Pfarrer selbst wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz
werden
unterdessen fortgesetzt. Dabei habe Kölbel jetzt Gelegenheit zu einer
Stellungnahme, sagte Schnittcher. In Brandenburg lebten nach Angaben
des
Innenministeriums Ende vergangenen Jahres rund 8000 ausreisepflichtige
Ausländer. Zu ihnen zählt auch eine kongolesische Familie mit zwei
Kindern,
die seit einigen Tagen in Brandenburg/Havel Kirchenasyl genießt. Das
Aktionsbündnis gegen Gewalt und Fremdenfeindlichkeit hat erneut eine
Härtefallkommission zur Überprüfung von Abschiebeanordnungen gefordert.
Fälle von Kirchenasyl in schwerwiegenden humanitären Situationen
zeigten die
Notwendigkeit einer solchen Kommission für Brandenburg, erklärte der
Vorsitzende des Aktionsbündnisses, der Cottbuser Generalsuperintendent
Rolf
Wischnath, gestern in Potsdam.
Vereine klagen über Maulkorb
BERLIN, 22. Januar. Mit ihrem Civitas-Programm will die Bundesregierung
in
Ostdeutschland die Zivilgesellschaft entwickeln, die Zivilcourage
stärken
und den Rechtsextremismus bekämpfen. Doch von demokratischer Kultur
hält das
zuständige Familienministerium offenbar selbst nicht besonders viel.
Die
Mitarbeiter der Berliner Opferberatungsstelle “Reachout” staunten nicht
schlecht, als sie kürzlich ihren Zuwendungsbescheid für das erste
Quartal
2003 in Händen hielten. Von einem “Maulkorb” spricht Mitarbeiterin
Sabine
Seyb. Der Vorsitzende des Vereins “Mobiles Beratungsteam gegen
Rechtsextremismus in Thüringen” und DGB-Landesvorsitzende Frank Spieth
sieht
gar den Charakter des Civitas-Programms infrage gestellt und spricht
von
einem “Akt der Zensur”.
Der umstrittene Zuwendungsbescheid liegt der Berliner Zeitung vor.
Darin
heißt es: “Im Rahmen der Zuwendung gewonnene Erkenntnisse bedürfen zu
ihrer
Veröffentlichung der vorherigen Zustimmung des Bundesministeriums für
Familie, Jugend und Frauen”. Mitteilungen an Presse oder Öffentlichkeit
“über Thema, Inhalt und Ergebnisse oder sonstige Einzelheiten zum
Programm
Civitas sowie jegliche sonstige Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang
mit
Civitas” seien “allein dem Ministerium vorbehalten”. Die Projekte
sollen
alle Veröffentlichungen, “die Entwürfe von Druckerzeugnissen — wie z.B.
Flyer, Broschüren und Publikationen” — vor dem Druck der Servicestelle
der
Deutschen Jugendstiftung, die im Auftrag des Ministeriums das
Civitas-Programm betreut, “vorlegen und die Zustimmung zur
Veröffentlichung
abwarten”. Das Ministerium spricht von “üblichen
Bewilligungsbescheiden”,
nur einige Präzisierungen seien vorgenommen.
Doch daran entzündet sich der Streit. Die Initiativen sind empört und
sehen
ihre Arbeit gefährdet. Zwar seien die neuen Vorschriften vage
formuliert,
sagt Sabine Seyb von “Reachout”, dennoch sei zu befürchten, dass sie
gegen
unbequeme Initiativen angewendet werden. “Es gehört zur Aufgabe der
mobilen
Beratungsteams, über rechtsextreme Vorfälle oder ausländerfeindliche
Übergriffe zu informieren”, ergänzt Spieth, “und es gehört zur
demokratischen Kultur, dass die Erkenntnisse veröffentlicht werden.”
Die Leiterin der Servicestelle, Ute Seckendorf, spricht von
Missverständnissen. Niemand wolle die Arbeit der Projekte behindern. Es
gehe
nur darum, die Ergebnisse des Modellprojekts richtig zu transportieren.
Die
Initiativen vor Ort hätten nicht immer den Überblick.
Mehrfach jedoch sind Servicestelle und Ministerium gegen Äußerungen von
Projekten vorgegangen. So wurde ein Projekt aufgefordert,
Zeitungsartikel,
die sich kritisch mit den Programmen der Bundesregierung auseinander
setzen,
von der Homepage zu entfernen. Ein Plakat, das sich unter dem Titel
“Asylsuchende in Thüringen — Das kalte Herz Deutschlands” mit der Lage
von
Flüchtlingen in einer Gemeinde befasst, wurde von der Landesregierung
als
grober Verstoß gegen die Civitas-Richtlinien bezeichnet.
Anetta Kahane von der Antonio-Amadeu-Stiftung kann die Irritation der
Projekte verstehen: “Politische Meinungsäußerungen sind ein Teil jeder
zivilgesellschaftlichen Aktivität.” Dazu gehöre auch der öffentliche
Diskurs
über Strategien im Kampf gegen Rechtsextremismus.
Ausländerbeauftragter verteidigt Pfarrer Kölbel
(Berliner Zeitung) SCHWANTE. Der Ausländerbeauftragte der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg ist zuversichtlich, dass die Ermittlungen gegen
Gemeindepfarrer Johannes Kölbel wegen des Kirchenasyls für zwei Vietnamesen
eingestellt werden. Er könne im Handeln des Pfarrers keine Beihilfe zum
Verstoß gegen das Ausländergesetz erkennen, sagte der Ausländerbeauftragte,
Hanns Thomä-Venske, am Dienstag. Die Ausländerbehörden seien von Anfang an
über die beiden Vietnamesen in Schwante informiert gewesen.
Abschiebung — Grüne erneuern Forderung nach Härtefallkomission
(MOZ) Potsdam (ddp-lbg). Angesichts des neuen Falles von Kirchenasyl dringen die
Grünen in Brandenburg auf die Einrichtung einer Härtefallkommission für
Brandenburg. Die Situation zeige erneut, wie wichtig die Schaffung einer
zusätzlichen rechtlichen Instanz im Asylverfahren ist, die
Ausnahmeregelungen erwirken kann, sagte die ausländerpolitische Sprecherin
des Landesvorstandes, Anette Lang, am Dienstag in Potsdam. Es gebe immer
wieder Grenzfälle. Außerdem sei «jeder Mensch fehlbar — auch der
Verwaltungsbeamte». Für Asylbewerber könne ein solcher Irrtum aber
lebensgefährliche Konsequenzen haben, betonte Lang.
Anfang der Woche war in Brandenburg (Havel) eine kongolesische Familie ins
Kirchenasyl geflüchtet, als sie am Montag abgeschoben werden sollte. Die
Abschiebung ist nach Ansicht des Anwalt des Ehepaares und der zwei Söhne
ungerechtfertigt, da sie die Voraussetzungen für die so genannte
Altfallregelung erfüllen und damit ein Bleiberecht bestehe. Momentan hält
sich die Familie an einem unbekannt Ort auf. Am Mittwoch wollen das
Ordnungsamt der Stadt und die Kirche über eine Lösung sprechen.
Das Kirchenasyl war erst Anfang des Monats in die Diskussion gekommen, als
Polizeikräfte die Gemeinderäume einer Kirche durchsuchten, weil sie dort
eine Vietnamesische Familie vermuteten, die ebenfalls abgeschoben werden
sollten.
Potsdam (ddp-lbg). Die nach den Terrorangriffen vom 11. September 2001
ausgelöste Rasterfahndung soll in Brandenburg am 31. März enden. An diesem
Tag werden die verbliebenen Datenbestände gelöscht, kündigte Innenminister
Jörg Schönbohm (CDU) am Dienstag an. Sollten danach noch Verdachtsfälle
bestehen, «werden sie außerhalb der Datei bearbeitet».
Der Löschungstermin gelte für sämtliche 333 Datensätze, die Brandenburg im
Zuge der Rasterfahndung noch gespeichert und an das Bundeskriminalamt
übermittelt hat, sagte der Minister. Als vor mehr als einem Jahr die
Rasterfahndung begann, wurden fast eine halbe Millionen Personendateien an
das Landeskriminalamt übersandt.
Ein Ermittlungsverfahren gegen sogenannte Schläfer habe die Fahndung nicht
erbracht, ergänzte Schönbohm. Ende Dezember hatte er im Landtag mitgeteilt,
eine konkrete Bedrohung Brandenburgs durch islamistische Terroristen liege
derzeit nicht vor. Da jedoch solche Gefährdungen für die Zukunft nicht
auszuschließen seien, würden «Schutzmaßnahmen ständig fortgeschrieben».
Keine klare Antwort
BELZIG Umstritten bleibt die Errichtung eines Gedenksteins für Belaid
Bayal. Der marokkanische Asylbewerber war an den Spätfolgen eines in Belzig
erfolgten rassistischen Überfalls verstorben.Götz Dieckmann, Koordinator
gegen Gewalt und Rechtsextremismus, wollte in derStadtverordnetensitzung
wissen, ob der Antrag in der zu erstellenden Gedenkstätten-Konzeption der
Stadt Belzig Berücksichtigung finden wird. Zudem hatte er die
Fraktionsvorsitzenden aufgefordert, mit Ja oder Nein die Frage nach dem
Gedenkstein zu beantworten. Eine klare Antwort blieb jedoch aus. Dies zu
klären, sei aus “verfahrenstechnischen Gründen” noch nicht möglich, so
Bürgermeister Peter Kiep (SPD). Er bat die Antragsteller um Geduld.
Asta verurteilt Hetzschriften
Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Uni Potsdam verurteilt die
Verbreitung rechtsextremer Hetzschriften an der Hochschule. Studenten hatten
an mehreren Uni-Standorten Flugblätter gefunden, sie sich “Unabhängige
Nachrichten” nennen. Die laut Asta vom Verfassungsschutz als rechtsextrem
eingestufte Publikation warnt in der verteilten Ausgabe mit offensiv
rassistischen und neonazistischen Parolen vor einem “Bankrott des
Gesundheitssystems”. Gegen verschiedene Mitarbeiter der “Unabhängigen
Nachrichten” werde wegen des Verdachtes der Volksverhetzung seit Jahrzehnten
immer wieder ermittelt, so der Asta. In dem Flugblatt wird vor der
angeblichen Ausnutzung des deutschen Gesundheitssystems durch Ausländer
geschrieben. Die Krankenkassen stünden im Verdacht “Entwicklungshilfe” zu
betreiben, heißt es in dem Flyer: Es gebe nach Deutschland einen immer
größer werdenden Zustrom von Ausländern, die ihre Familien in der Heimat
über die Sozialsysteme der Bundesrepublik mitversorgen. Für den Asta ist
eines klar: Die Krankenkassen sind bankrott, und die Ausländer sollen die
Urheber der Defizite sein. Der Asta schließt zwar aus, dass sich Studierende
auf eine solche Argumentation einlassen, warnt aber vor einer erstarkenden
rechtsextremen Struktur auch innerhalb der Hochschulen. Rechtsextreme
Freundeskreise wie die “Unabhängigen Nachrichten” wiesen oft personelle
Überschneidungen zur NPD oder dem Nationaldemokratischen Hochschulbund auf,
der als Studierendensammelbecken der NPD bis weit in die 90er Jahre aktiv
war, heißt es. Vermehrt seien auch an der Uni antisemitische und
rassistische Übergriffe zu verzeichnen. Die Palette reicht von
Propagandadelikten bis zu tätlichen Übergriffen auf Studierende. Der Asta
will nun prüfen, ob gegen die Urheber des Flugblattes und deren Verteiler
Strafanzeige wegen des Verdachtes der Volksverhetzung erstattet wird.