Unbekannte Täter haben über die Osterfeiertage die Fassade des Hauses einer Baufirma in der Germendorfer Straße auf einer Länge von zehn Metern durch verschiedene Graffiti in silberner und schwarzer Farbe beschädigt. Außerdem wurden zwei Firmenschilder der Baufirma und ein Stromverteilerkasten beschmiert. Der Gesamtschaden beläuft sich auf etwa 2.500 Euro.
Jahr: 2007
Feierliche Filmpremiere
Lindow — Mit “Diese Zeit hat es nie gegeben” hat am Freitag um 19.30 Uhr in der Kirche Lindow das zweite Ost-West-Filmprojekt der evangelischen Kirchenkreise Altenkirchen (Rheinland-Pfalz) und Templin-Gransee (Brandenburg) Premiere. Der Film entstand nach einer Zeitzeugenbefragung und erzählt die Geschichte von Erika Pelke. Die Frau aus dem thüringischen Pößneck war begeisterte Anhängerin des Nationalsozialismus, die nach dem Krieg unter Werwolf-Verdacht inhaftiert und anschließend ins berüchtigte Speziallager 2 nach Buchenwald gebracht wurde. Dort wartete sie zwei Jahre auf eine Rechtssprechung. Doch auch danach fand Erika Pelke auf Grund des Umgangs des SED-Regimes mit den so genannten “Schweigelagern” keine seelische Ruhe. Es entstand ein ehrlicher und eindrucksvoller Zeitzeugenfilm. Nach der 84-minütigen Aufführung wird herzlich zu einer Diskussion eingeladen.
Die Schulen in Potsdam und Potsdam-Mittelmark sollen einheitliche Schulkleidung einführen. Dafür hat sich gestern die Potsdamer CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche ausgesprochen. Bisher gibt es einheitliche Schulkleidung nur an der Max-Dortu-Grundschule. Dort sei die Bilanz positiv, so Reiche. Sie forderte die Schulkonferenzen auf, die Einführung einheitlicher Kleidung zu prüfen. Damit werde, so belegten Studien, das Sozialklima verbessert und die Schüler konzentrierten sich stärker auf den Unterricht. Zudem würden Eltern finanziell entlastet, da sie keine Markenkleidung kaufen müssten.
(Offener Brief der Polizeikontrollstelle an das Potsdamer Polizeipräsidium)
Sehr geehrter Herr Küpper, sehr geehrter Herr Marschall,
In den letzten Monaten erreichten uns mehrfach Mitteilungen über erniedrigende und schikanöse Behandlungen von Gefangenen durch die Polizei.
Beispielhaft möchten wir zwei Fälle aus den letzten Wochen herausgreifen:
In einer Mitteilung des Potsdamer Ermittlungsausschusses heißt es:
“Direkt nach Bekanntwerden der Räumung des linksalternativen „Ungdomshuset“ in Kopenhagen versammelten sich am 01. März knapp 100 linke AktivistInnen, um ihrem Protest gegen die Räumung und ihrer Solidarität mit den BewohnerInnen Ausdruck zu verleihen. Auf dem Weg durch die Potsdamer Innenstadt wurde mit Sprechchören dem Anliegen der Demonstration kraftvoll Ausdruck verliehen.
Kurz vor dem Luisenplatz versuchten dann plötzlich mehrere Polizisten, die Demonstration zu stoppen, woraufhin sich die TeilnehmerInnen zerstreuten.
Innerhalb kürzester Zeit zog die Polizei daraufhin ein Großaufgebot in Potsdam zusammen, es waren Einheiten aus ganz Brandenburg und sogar aus Berlin im Einsatz. In der Nähe des Brandenburger Tors wurden dann vor allem Junge Menschen festgenommen, welche von der Polizei des Landfriedensbruches und anderer Delikte beschuldigt wurden. Von den insgesamt 16 Festgenommenen war ein Großteil weiblich und unter 18 Jahren alt – eine klare Einschüchterungstaktik. Was für viele der minderjährigen Festgenommenen folgte, waren klare Erniedrigungen und Rechtsbrüche seitens der Polizei. So wurden Festgenommene aufgefordert, sich trotz der erheblichen Kälte auf offener Straße die Schuhe und Socken auszuziehen, da darin Rasierklingen versteckt sein könnten. Teilweise wurden Gespräche mit anderen Menschen untersagt, selbst wenn die Betroffenen mit mehreren anderen im gleichen Auto saßen. Manche der Betroffenen wurden beleidigt, einige junge Frauen mussten sich auch vor männlichen Polizisten halb entkleiden. Nachdem sie sich darüber beschwerten, wurde Ihnen gedroht, dass sie auch gezwungen werden könnten, sich ganz entkleiden zu müssen. Auf Nachfrage, was denn der Grund für die Verhaftungen sei, antworteten einige PolizistInnen mit „Wissen wir jetzt auch nicht.“ oder drohten damit, dass „der Haftrichter“, dass später schon erklären würde.
Auf der Wache in der Potsdamer Tresckowstraße wurden dann nochmals alle weiblichen Verhafteten dazu gezwungen, sich komplett zu entkleiden, außerdem wurde Ihnen die Untersuchung „aller Körperöffnungen“ angedroht, da darin angeblich „Feuerwerkskörper“ versteckt sein könnten. Andere Verhaftete bekamen offenbar willkürlich immer mehr Anzeigen wegen ein und derselben vorgeworfenen Tat, einigen wurden wichtige Medikamente abgenommen und erst nach dem Hinzukommen eines Arztes wieder ausgehändigt, so dass diese erst verspätet eingenommen werden konnten. Manchen Betroffenen wurden die ihnen zustehenden Telefonate verweigert, sogar mit den eigenen Eltern konnten einige der unter 18jährigen Verhafteten keine Gespräche führen. …“
2.
Bei der Rückreise von Fans des SV Babelsberg 03 vom Auswärtsspiel in Schönberg kam es am 11.03.2007 auf dem Berliner Hauptbahnhof zu einem Polizeiübergriff, weil ein Fan während der Einfahrt der S‑Bahn am Bahnsteig zu dicht an der Bahnsteigkante gestanden haben soll. Im Ergebnis des „zu seinem Schutz“ gestarteten Einsatzes der Bundespolizei wurde der Arm ausgekugelt und die Bänder überdehnt. Eine 17-Jährige, die gegen die Festnahme protestierte, wurde zur Feststellung der Identität in den Gewahrsam auf der Wache der Bundespolizei im Bahnhof gebracht. Dort wurde sie einer erkennungsdienstlichen Behandlung unterzogen und gezwungen, sich vollständig zu entkleiden. Die Eltern wurden erst im Nachhinein über die Maßnahmen der Polizei informiert.
Für beide Fälle liegen unserer Initiative glaubwürdige Berichte von Augenzeuginnen und Betroffenen vor.
Obwohl wir erhebliche Zweifel haben, dass die Polizei berechtigt ist, eine Versammlung ohne weiteres aufzulösen, möchten wir diese Frage nicht weiter erörtern. Wir wollen dahingestellt sein lassen, ob die Polizei in beiden Fällen Personen in Gewahrsam nehmen durfte.
Anliegen unseres Schreibens ist vorrangig die Tatsache, dass die Polizei in Berlin und Potsdam bei Festnahmen und im Gewahrsam immer wieder auf Handlungsmuster zurückgreift, die für die Betroffenen einen offensichtlich demütigenden und erniedrigenden Charakter tragen.
Besonders deutlich tritt dies zu Tage, wenn Festgenommene gezwungen werden, mit dem Gesicht auf der Strasse zu liegen. Mit vergleichbaren Gesten wird häufig im Tierreich Unterwerfung demonstriert. Ein solches Verhalten der Polizei gegen gefesselte und wehrlose Personen ist kaum als eine erforderliche Maßnahme zur Gefahrenabwehr zu bewerten. Vielmehr stellt es eine Machtdemonstration und einen Einschüchterungsversuch gegen die Festgenommenen – also einen direkten Angriff gegen deren Persönlichkeit dar. Das so vermittelte Gefühl des Ausgeliefertseins kann zu schwerwiegenden psychischen Erkrankungen führen.
Das erzwungene Entkleiden hat einen ähnlichen Charakter. Unübersehbar ist allerdings, dass diese Polizeimaßnahme eine ausgeprägte Form sexualisierter Gewalt darstellt. (Darunter ist nicht gewalttätiger Sex, sondern die sexuelle Prägung eines Gewaltverhältnisses zu verstehen.) Auch der Zwang, Eingriffe und Einblicke in den persönlichen Intimbereich zulassen zu müssen, kann zu einer traumatischen Erfahrung werden, die schwere Folgen hat.
Angesichts der Schwere dieser Polizeieingriffe und der erheblichen Gefahren für die Gesundheit und Persönlichkeitsentwicklung insbesondere bei Jugendlichen können derartige Maßnahmen nur in den allerseltensten Extrem- und Ausnahmesituationen zulässig sein. Pauschale Hinweise auf die Gewahrsamsordnung, die Eigensicherung der Beamten oder mögliche Suizidgefahren reichen nicht aus.
Wir fordern Sie dringend auf, dafür Sorge zu tragen, dass Gefangene durch die Brandenburger Polizei künftig in einer Art und Weise behandelt werden, die die Persönlichkeit achtet. Über den Zweck der Maßnahmen hinausgehende erniedrigende Machtdemonstrationen von Polizist/inn/en gegenüber Gefangenen müssen mit aller Konsequenz geahndet werden.
Für eine rasche Antwort wären wir Ihnen dankbar.
Platzeck-Appell gegen Bombodrom
Bundeswehr/Demonstration
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) gefordert, auf eine militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner-Heide zu verzichten.
Beim 15. Ostermarsch in Fretzdorf (Ostprignitz-Ruppin) sagte Platzeck am Sonntag, das so genannte Bombodom sei “längst ein Symbol für die Blockade der Zukunftschancen einer gebeutelten Region geworden”. Schon jetzt hätten zahlreiche notwendige Investitionen wegen der unklaren Rechtslage nicht getätigt werden können. Der Bund solle daher auf weitere juristische Auseinandersetzungen verzichten.
Nach den Worten Platzecks würden Tiefflüge und Bombenabwürfe die bisherigen Investitionen in der Region entwerten und 15.000 Arbeitsplätze gefährden. Die Luftwaffe will den rund 12.000 Hektar großen früheren sowjetischen Truppenübungsplatz für rund 1700 Einsätze pro Jahr nutzen. Darum wird seit 1992 vor Gericht gestritten.
An dem Protestmarsch am Ostersonntag gegen das “Bombodrom” beteiligten sich etwa 10.000 Menschen. Zum Auftakt der 104. Protestwanderung sprach der Theologe Eugen Drewermann. Die Aktionen gegen den geplanten Bombenabwurfplatz in der Kyritz-Ruppiner Heide finden seit 15 Jahren statt. Die Landesregierungen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern unterstützen den Protest der Bürgerinitiativen.
Zwei Übergriffe mit mutmaßlich rechtsextremen Hintergrund ereigneten sich in den vergangenen Tagen in Potsdam
Im Kulturzentrum Waschhaus hat sich nach Mitteilungen des Potsdamer
Antifa-Arbeitskreises eine Straftat mit offensichtlich rechtsextremen Hintergrund
ereignet.
In der Nacht zum Donnerstag soll dort ein Jugendlicher von einen Partybesucher so
schwer verletzt, dass er einen Nasenbruch, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine
Kieferprellung und mehrere Hämatome am Kopf davon trug. Er befindet sich in
stationärer Behandlung im Krankenhaus. Laut der Pressemeldung der Antifagruppe hatte
sich die Auseinandersetzung an einen T‑Shirt mit rechten Motiven entzündet.
Dieses soll auf der Vorderseite mit dem Logo der Naziband “Frontalkraft” bedruckt
gewesen sei. Auf der Rückseite soll der Spruch “Schwarz ist die Nacht, in der wir
euch kriegen — Weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen — Rot ist das Blut
auf dem Asphalt” sowie einem Maschinengewehr zu sehen gewesen. Das spätere Opfer
habe den Träger des T‑Shirt in eine Diskussion über das Motiv verwickeln wollen. Der
habe aber nach einen kurzen Wortwechsel sofort zugeschlagen. Auch nach dem der
junge Mann am Boden lag, habe er weiter auf ihn eingeschlagen. Umstehenden
Partygästen sei es nur mit Mühe gelungen, den Schläger von seinen Opfer zu trennen.
Der Antifa-Arbeitskreis forderte in der Pressemitteilung das Waschhaus auf,
„endlich mit dem Problem rechtsextremer BesucherInnen offensiv umzugehen und solchen
Personen keinen Zutritt mehr zu gewähren“. (Peter Nowak)
Iskra feiert Geburtstag Israels
Am 3. Mai ist Israel-Tag — die ISKRA feiert mit!
Unter dem Motto „Israel — Land der Wissenschaft und Kultur” schließen sich 50 deutsche Städte dem Israel Tag 2007 an. Von München bis Berlin wird öffentlich der 59. Geburtstag Israels gefeiert. Auch in Frankfurt (Oder) wird es Kultur und Informationen rund um Israel geben, organisiert von der ISKRA.
Innerhalb von wenigen Jahren entwickelte sich der Israel-Tag zu einem großen öffentlichen Event. 2003 von der I‑Like-Israel (ILI)-Bewegung in München initiiert, schlossen sich seither immer mehr Gruppen und Städte an. Am kommenden 3. Mai beteiligen sich bereits 50 Städte und über 200 Organisationen am Israel-Tag. Sie kommen aus dem gesamten gesellschaftspolitischen Spektrum.
In Frankfurt (Oder) wird Israels Geburtstag vom 3. bis 5. Mai unter dem Motto “Entdecke Israel! Politik und Kultur aus Nahost” gefeiert. Eröffnet werden die Feierlichkeiten am 3. Mai um 16 Uhr auf dem Brunnenplatz. Infostände werden Israel in Politik, Touristik, Arbeit, Essen und Kultur präsentieren. Auch kleine Sprachkurse werden angeboten. Ab 20 Uhr wird das Stück „Korczak” im Theater Frankfurt aufgeführt. Außerdem gibt es jüdische Musik — Klezmer.
Am Freitag, den 4. Mai, wird es geschichtlich: Die Ausstellung „Visa fürs Leben — Diplomaten, die Juden retteten” soll über Rettungsaktionen während der Zeit des Holocaust informieren. Sie wird bis zum 17. Mai im Kleist-Forum zu sehen sein. Am Abend sind alle zur Shabbat-Feier in der Jüdischen Gemeinde eingeladen. Für den 5. Mai ist eine Informationsveranstaltung zum Thema „Moderner Antisemitismus” geplant.
Die in Frankfurt (Oder) beteiligten Organisationen, neben der ISKRA u.a. Sühnezeichen Friedensdienst, Building-Bridges und die Jüdische Gemeinde, wollen mit dem Israel Tag ein couragiertes Zeichen setzen gegen Antisemitismus, für Demokratie, Menschenrechte und eine friedliche Entwicklung im Nahen Osten.
Demnächst wird es auch eine Internetseite zu den Frankfurter Israel-Tagen geben.
“Deutschland Kaputt — Bombendank!”
Am Samstag den 14.4 um 16.00 Uhr wird auf dem Potsdamer Luisenplatz, eine Kundgebung
zum Jahrestag der Bombardierung Potsdams stattfinden.
In der Nacht vom 14. zum 15. April 1945 wurden Teile der Potsdamer Innenstadt durch
britische Bomberverbände zerstört. Nachdem gutes Zureden und der Abwurf von
Flugblättern nicht halfen, versuchten die Alliierten, mit sogenannten “moral
bombings” die deutsche Durchhaltegesellschaft zu demoralisieren. “Moral bombing” -
in kleineren Rahmen – führte nach Ansicht der britischen Luftwaffe u.a. zuvor in
Italien zu einem Aufbegehren der Bevölkerung gegen das faschistische Regime. Der
Versuch, dies in Deutschland zu wiederholen, trug keine Früchte. Ziel der Alliierten
war es, wichtige Industrieanlagen und die Infrastruktur für den Nachschub an die
Front zu zerstören. Sämtliche Betriebe in Potsdam dienten zu dieser Zeit der
Kriegsmaschinerie. Ihre Arbeitskräfte rekrutierten sie aus den 50 kleineren
ZwangsarbeiterInnenlagern, die in und um Potsdam geschaffen wurden.
Hauptziel der 4.000 innerhalb von 20 Minuten abgeworfenen Bomben war der Potsdamer
Hauptbahnhof als Verkehrsknotenpunkt für Berlin. Die Bombardierung sollte den
sowjetischen Bodentruppen ermöglichen, Berlin mit geringeren Verlusten zu befreien.
Der britische Bombenangriff ließ, wie alle anderen Schläge gegen den NS-Staat,
Menschen, gegen die sich die Deutsche Barbarei richtete, auf eine baldige Niederlage
des Nationalsozialismus und auf Befreiung durch die Alliierten hoffen.
Der 14. April wird in Potsdam seit der Wiedervereinigung als Anlass genommen, die
deutschen Gräueltaten zu relativieren, indem die Opfer des Nationalsozialismus in
eine Reihe mit denen der alliierten Bomben gestellt werden. Die Geschichtspolitik
der Berliner Republik machte es möglich: Die Shoah wird als Teil deutscher Identität
benutzt, um Deutschland als geläuterte Nation darzustellen, die eine besondere
Verantwortung zu tragen habe. Das durch den Krieg verursachte Leid wird allen
Beteiligten attestiert, zu allererst den Deutschen. Doch wo es nur noch Leidende
gibt, gibt es keine TäterInnen. Ursache und Wirkung werden auf den Kopf gestellt und
der Opfermythos salonfähig gemacht.
Dieser Akt des Selbstmitleids schlägt sich auch in der langjährigen Debatte über den
Wiederaufbau preussischer Herrschafts- und Repräsentationsbauten in der Potsdamer
Innenstadt nieder. So ist die Garnisonkirche bereits seit den 80er Jahren besonderes
Anliegen einer traditionell-faschistischen Soldatenorganisation aus Westdeutschland.
Evangelische Kirche und Sozialdemokratie setzen mittlerweile das Projekt fort, indem
sie aus der Militärkirche ein Versöhnungszentrum basteln wollen. Man würde wohl
nicht einmal in einer Dorfstampe einen derart dreisten Versuch erwarten, Opfer und
Täter gleichzusetzen, als ausgerechnet am Tag der Reichspogromnacht die Potsdamer
Versöhnungskapelle einzuweihen und der Bombardierung deutscher Städte zu gedenken.
Von der bürgerlichen Einopferung profitierten auch Neonazis. Seit Ende der Neunziger
wird vor allem am 13. Februar in Dresden den dortigen Bombenopfern gedacht. Deren
zunächst kümmerliche Aktivitäten entwickelten sich in den letzten Jahren zu einem
Anziehungspunkt für mehrere Tausende FaschistInnen. Den bisherigen Höhepunkt bildete
der Naziaufmarsch 2005, der mit ca. 6000 TeilnehmerInnen der größte seit 1945 war.
Auch Potsdamer Neonazis waren regelmäßig zugegen.
Im Gegensatz zu Dresden spielte der Geschichtsrevisionismus bei den Potsdamer Nazis
keine große Rolle, was zum Einen an ihrer fehlenden theoretischen Arbeit und zum
anderen an ihrem dummplumpen Gebaren liegen dürfte. Erste Anzeichen einer Änderung
hinsichtlich der politischen Schwerpunkte gab es am 13. Februar diesen Jahres. In
den Abendstunden marschierten circa 30 vornehmlich junge Neonazis unter der Führung
von Sebastian Glaser (Ex-Mitglied der verbotenen Berliner Kameradschaft Tor) und
Robert Meier (Freie Kräfte Potsdam) durch Potsdam. Es ist durchaus zu erwarten, dass
Sie weiterhin versuchen werden andere geschichtsträchtige Daten zu besetzen.
Wie in Dresden, wurde auch in Potsdam das Themenfeld des Geschichtsrevisionismus und
der Einopferung deutscher Täter von der bürgerlichen Mitte aus betrieben und dem so
ein fruchtbarer Boden geliefert. So wäre es nicht verwunderlich, wenn sich die
Garnisonkirche zu einem neonazistischen Wallfahrtsort entwickeln würde. Die frühere
Funktion als preussische Militärkirche, in der sich Hindenburg und Hitler die Hand
gaben, dürfte als Grund genügen. Diese friedliche Machtübergabe an Hitler gilt als
die konsequente Überführung Preussens in die Moderne.
Im Gegenzug verblüfft es, dass es neben der Renaissance preussischer Architektur und
einem Gedenkstein für die Vertriebenen, keine Kennzeichnung der ehemaligen
ZwangsarbeiterInnenlager in Potsdam gibt — waren doch die 10.000 zum Zeitpunkt der
Bombardierung in Potsdam inhaftierten ZwangsarbeiterInnen die einzigen unschuldigen
Opfer. Auch die von den “Freundinnen des Sachsenhausenkomitees”, des Bündnis
“MadstoP” und mit Unterstützung des AStA sowie der Universitätsleitung der
Universität Potsdam am 19. April 2005 errichtete Gedenktafel für die Häftlinge des
KZ Sachsenhausen, die im Außenkommando Griebnitzsee Zwangsarbeit für das Deutsche
Rote Kreuz leisten mussten, wurde nach ihrer Beschädigung nicht wieder ersetzt.
Den deutschen Opfermythos angreifen! Gegen jeden Geschichtsrevisionismus!
Naziangriff im Waschhaus Potsdam
In der Nacht vom 4. auf den 5. April, kam es in der Schinkelhalle im Potsdamer
Waschhaus zum wiederholten Male zu einem Naziübergriff. Dabei wurde ein Jugendlicher
schwer verletzt und befindet sich zur Zeit in stationärer Behandlung im Krankenhaus.
Kurz vor 4.00 Uhr sprach Tyler W.* einen Gast, der sich zuvor neben ihn setzte, auf
sein T- Shirt an. Dieses war auf der Vorderseite mit dem Logo der Naziband
“Frontalkraft” bedruckt. Auf der Rückseite prangte der Spruch “Schwarz ist die
Nacht, in der wir euch kriegen — Weiß sind die Männer, die für Deutschland siegen -
Rot ist das Blut auf dem Asphalt” sowie einem Maschinengewehr. (
Nach einem kurzen Wortwechsel schlug der offensichtlich
rechtsradikale junge Mann Tyler ohne Vorwarnung ins Gesicht. Daraufhin ging der
Jugendliche ohne Gegenwehr sofort zu Boden, was den Täter nicht davon abhielt ihn
weiter zu malträtieren. Es folgten weitere gezielte Faustschläge ins Gesicht.
Anwesende Partygäste versuchten den Täter davon abzuhalten, was ihnen nur mit Mühe
gelang.
Zur Zeit wird Tyler stationär behandelt, da er einen offenen Nasenbeinbruch mit
einer 2 cm großen Platzwunde erlitt, sowie ein Schädel-Hirn-Trauma, eine
Kieferprellung und mehrere Hämatome.
An einem Veranstaltungsort, an dem das Security-Team regelmäßig Kleidung von Thor
Steinar trägt, muss man sich über einen derartigen Vorfall nicht wirklich wundern.
Hinter dieser Marke steckt eindeutig rechtsextremes Gedankengut, folglich fühlen
sich Gäste mit gleicher Gesinnung dort wohl. In einer derartigen Umgebung kann es
niemanden erstaunen, wenn es zu rechtsextremen Übergriffen kommt.
Dazu sagt Alissa vom ak_antifa Potsdam: “Wir fordern das Waschhaus auf, endlich mit
dem Problem rechtsextremer BesucherInnen offensiv umzugehen und solchen Personen
keinen Zutritt mehr zu gewähren. Dies umzusetzen, dürfte ihnen allerdings mit den
jetzigen Türstehern schwer fallen.”
* Name zum Schutz des Geschädigten geändert
Demonstration nach Überfall
Nach einem mutmaßlich fremdenfeindlich motivierten Überfall auf den 56-jährigen Schwarzafrikaner Evariste S. plant der Arbeitskreis Afrika (AK- Afrika) der Pankower SPD eine Demonstration gegen Rassismus. Vorgesehener Termin für die Kundgebung sei der 21. April, sagte gestern der stellvertretende Vorsitzende des AK Afrika, Sven Mekarides. Der Fall des schwerverletzten Afrikaners ist weiter ungeklärt. Die Polizei hatte den aus Burundi stammenden Berliner am Morgen des 1. April hilflos in einer Hennigsdorfer Bäckerei aufgefunden. Der 56-Jährige war kurzzeitig ansprechbar und gab an, zuvor in der S‑Bahn von mehreren Personen geschlagen worden zu sein. Nach Angaben des Arbeitskreises liegt Evariste S. weiterhin im Koma.