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Antifaschismus Verschwörungsideologie

Wer nur einen Hammer hat, dem kommt alles wie ein Nagel vor

In Pots­dam, aber auch in vie­len anderen deutschen Städten, demon­stri­eren und medi­tieren seit eini­gen Wochen eine krude Mis­chung aus Esoteriker*innen, Nazis und Verschwörungsmytholog*innen. Was ober­fläch­lich als eine Kri­tik der Anti-Coro­na-Maß­nah­men erscheint, ent­pup­pt sich bei näher­er Betra­ch­tung als eine verzweifelte Suche nach der Erk­lärung der Welt.

Dass ich erkenne, was die Welt im Inner­sten zusammenhält
Aus dem Ver­such Antworten auf eine ungerechte, gewaltvolle und eine die Men­schen zurich­t­ende Real­ität zu geben, wird dabei schnell eine Aneinan­der­rei­hung von wahlweise All­ge­mein­plätzen, Ver­mu­tun­gen, Sug­ges­tivfra­gen, wis­senschaftlichem Halb­wis­sen und verkürzter Wieder­gabe von Inhal­ten aus unser­iösen Youtube-Videos. Berechtigte Kri­tik an einem her­abgewirtschafteten und zusam­menges­parten Gesund­heitssys­tem sowie zunehmenden Waf­fen­ex­porten paaren sich hier mit aller­lei hanebüch­en­em Unsinn.

An diesen The­sen soll die Welt genesen
Frisch und frei von der Leber weg wer­den die unter­schiedlich­sten The­sen geäußert – allerd­ings in ein­er Form, in der den Zuhörer*innen sug­gerieren wer­den soll, das Geäußerte müsse auf jeden Fall stim­men und es sei Zeit dage­gen aufzubegehren. So präsen­tierte auch in Pots­dam die Ver­anstal­terin eine end­los lange „Was wäre wenn?“- Fra­gen­rei­he. Was wäre, wenn es wirk­lich eine Weltver­schwörung, Zwangsimp­fun­gen oder Chem­trails geben würde?Von anderen Teilnehmer*innen und auf anderen Ver­anstal­tun­gen kom­men noch jede Menge andere sich zum Teil offen wider­sprechende Ver­mu­tun­gen hinzu:Das Virus gäbe es nicht, das Virus gäbe es, sei aber nur eine Grippe oder ein Schnupfen, die Todeszahlen seien gefälscht, die Men­schen wür­den nur mit aber nicht an Coro­na ster­ben, alle soll­ten zwangs­geimpft und gechipt wer­den, die Mund‑u. Nasen­schütze seien Maulkörbe um die Men­schen ruhig zu stellen, durch die Abstand­sregeln soll­ten alle bewusst sozial isoliert wer­den, usw. Die Belege für solchen Unsinn kom­men vor allem von Inter­net­seit­en und YouTube-Kanälen soge­nan­nter „Alter­na­tivme­di­en“. Beson­ders oft zitiert wer­den dabei Ken Jeb­sen, Oliv­er Janich und Heiko Schrang. Jede noch so krude Aus­sage find­et in den Weit­en des Inter­nets ihre Bestätigung.

Der fehlende Zusammenhang
Der Zusam­men­hang von Natur, Gesellschaft und Denk­for­men, aber auch die Erforschung und Bew­er­tung eines Pan­demiegeschehens, zeich­nen sich durch eine gewisse, dem Gegen­stand ein­gen­tüm­liche Kom­plex­ität aus. Diese kann nicht mal eben im Vor­beige­hen oder durch eine hand­voll Youtube-Videos ver­standen wer­den. Mith­il­fe von Abstrak­tion (Abse­hung) und Verk­nap­pung der für die Erk­lärung unbe­d­ingt notwendi­gen Zusam­men­hänge wird eine Ersatzver­mit­tlung kon­stru­iert. Anstatt das Ver­hält­nis von Struk­tur und Hand­lung in der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft nachzu­vol­lziehen, um zu ver­ste­hen, wie jede*r Einzelne ein gesellschaftlich­es Sys­tem durch sein bewusstes und unbe­wusstes Han­deln repro­duziert, wird einzel­nen Men­schen oder „Ver­schwör­ergrup­pen“ zuge­s­tanden die Welt zu regieren oder zu manip­ulieren. Auch wenn es Kapitalist*innen geben mag, die ver­suchen Ein­fluss auf die Poli­tik zu nehmen, die Umwelt zu zer­stören oder ihre Arbeiter*innen über das „nor­male“ Maß hin­aus auszubeuten, erk­lärt dies nicht den Zusam­men­hang gesellschaftlich­er Repro­duk­tion oder mit anderen Worten: den zum Him­mel schreien­den Nor­malzu­s­tand. Niemals kön­nte in ein­er durch die kap­i­tal­is­tis­che Konkur­renz gekennze­ich­nete Welt ein Men­sch oder eine kleine Gruppe alles kon­trol­lieren. Selb­st konkur­ri­erende Staat­en sollen auf ein­mal Teil eines gemein­samen satanis­chen Planes sein, ihre Inter­es­sen­ge­gen­sätze wie durch Zauber­hand aufge­hoben. Und im Him­mel ist Jahrmarkt.Diese Vorstel­lun­gen resul­tieren in Forderun­gen die Übeltäter*innen min­destens einzus­per­ren oder wahlweise umzubringen.

Gesun­der Menschenverstand
Natur- oder Gesellschaftswis­senschaften wer­den als Stan­dard der Pan­demie- oder Wel­terk­lärung als erledigt ange­se­hen abgeschrieben und abgelehnt. Richt­en soll es der „gesunde Men­schen­ver­stand“, das „Bauchge­fühl“ oder wahlweise die „innere Stimme“. Diese kön­nten eher Auskun­ft geben über richtig und falsch, wahr und unwahr. Doch gibt es nahezu keinen Zusam­men­hang oder Gegen­stand der so ein­fach zugänglich wäre. Wesen und Erschei­n­ung fall­en nahezu immer auseinan­der. In der Geschichte der Men­schheit war es mit­nicht­en der All­t­agsver­stand, der ein Ver­ständ­nis kom­plex­er Zusam­men­hänge ermöglichte. Ganz im Gegen­teil, bedurfte es zur Klärung etlich­er Fra­gen der Wis­senschaft. Die Erken­nt­nisse des All­t­agsver­standes lassen sich im Hin­blick auf seine Geschichte gut bebildern: Die Erde ist eine Scheibe, die Sonne dreht sich um die Erde, die Pest wird durch Aus­dün­stun­gen über­tra­gen, Blitze sind Gottesstrafe, usw. Das soll nicht bestre­it­en, dass auch Wis­senschaft Abhängigkeit­en aufweist, ger­ade in Hin­blick auf Gesellschaft­s­the­o­rien. Nur kann für eine Erken­nt­nis kom­plex­er Zusam­men­hänge nicht auf sie verzichtet werden.

Wir sind das Volk
Eine Losung, die selb­ster­nan­nte Wahrheitsfinder*innen mit PEGIDA und Mon­tags­mah­nwachen vere­int ist ein offen­siv gebrülltes „Wir sind das Volk“. Es ist der Ver­such Homogen­ität und Gemein­samkeit gegen Dif­ferenz und Wider­sprüche gel­tend zu machen. Eine Gesellschaft, die sich tren­nt durch ein Auseinan­der­fall­en in Arm und Reich, durch die Zurich­tun­gen des Patri­archi­ats, durch Ras­sis­mus und andere Zumu­tun­gen soll durch diese heimel­nde Parole zusam­menge­führt wer­den. „Wir“ wer­den hier „ver­arscht, bel­o­gen und bet­ro­gen“. Wer in Deutsch­land das „Wir“ ist, wird nicht näher erläutert. Sich­er nicht damit gemeint sind die Leute, die in Zeit­en der Krise durch eine Dop­pel­be­las­tung von Beruf und Kinder­be­treu­ung lei­den, in Geflüchteten­heimen oder Schlachthäusern ein­er erhöhtem Ansteck­ungs­ge­fahr aus­ge­set­zt sind oder die Men­schen, die durch ein Ver­let­zen der Abstan­dregelun­gen poten­ziellen Gesund­heits­ge­fährdun­gen unterliegen.

Medi­enkri­tik? Fehlanzeige!
Wie nahezu alle Arbeit­spro­duk­te wer­den auch Medi­enerzeug­nisse im Kap­i­tal­is­mus zur Ware. Nicht allein Ser­iösität, valide Quellen oder eine prag­ma­tis­che Auf­machung entschei­den über Erfolg oder Mis­ser­folg eines Medi­enun­ternehmens. Wie alle anderen Unternehmen auch ste­hen sie in Konkur­renz zueinan­der, ver­suchen durch reißerische Schlagzeilen, Exk­lu­sivgeschicht­en u.ä. Verkauf­szahlen zu erhöhen oder Wer­beanzeigen zu gener­ieren. Auch Konz­erne, Parteien oder andere Inter­es­sen­grup­pen ver­suchen Ein­fluss zu nehmen auf die Berichter­stat­tung und bisweilen gelingt ihnen das auch. Doch als Kri­tik daran diese nun wahlweise flach als „Main­streamme­di­en“ oder faschis­tisch kon­notiert als „Lügen­presse“ darzustellen und sich stattdessen ver­meintlichen „Alter­na­tivme­di­en“ zuzuwen­den geht offen­sichtlich am Prob­lem vor­bei. Spätestens nach­dem die AfD andere Parteien als „Alt­parteien“ abkanzelte, um dann selb­st in Spenden­skan­dale ver­wick­elt zu wer­den und den eige­nen Ange­höri­gen Ämter zuzuschieben, müsste all­ge­mein bekan­nt sein, dass neue Namen nicht die Funk­tion­sweise ein­er Insti­tu­tion verän­dern. Genau­so wie die großen Medi­en, müssen auch Janich, Schrang, Jeb­sen und Co. ihr Geschwurbel an die Leute brin­gen. Eine Welt ohne Ver­schwörung, Zwangsimp­fung und per­man­tentes Regierungsver­sagen wäre für sie der schnell­ste Weg in die Insolvenz.

Alles rel­a­tiv!
Ein weit­eres Merk­mal der Demon­stri­eren­den ist die Rel­a­tivierung. Egal ob Gle­ich­set­zung des nation­al­sozial­is­tis­chen Massen­mor­dens mit der Impflicht, der die Abstand­sregeln durch­set­zen­den Polizei mit der Stasi oder der Ver­gle­ich des eige­nen Rumgeschwurbels mit dem antifaschis­tis­chen Wider­stand gegen die Nazis 1933. Kein Ver­gle­ich hinkt zu sehr, um ihn nicht zu benutzen. Es ist egal, dass Men­schen geschützt und auch nie­mand wegen sein­er Mei­n­ung abge­haftet wird, ja sog­ar jeglich­er Unsinn übers Inter­net Ver­bre­itung find­et. Neben der völ­li­gen Unken­nt­nis his­torisch­er Ereignisse und Epochen zeugt dieses Denken vor allem von voll­ständi­ger Selbstüberhöhung.

Cui Bono – Wes Brot ich ess, des Lied ich sing
Die beliebteste Frage verkürzter oder ober­fläch­lich­er Gesellschaft­skri­tik bleibt „Cui bono?“ oder „Wem nützt es?“Diese vere­in­fachende Frage führt bei den Hygien­edemos auf der einen Seite zu mas­siv­en Ver­drehun­gen. Wie lässt sich im Sinne eines Nutzenkalküls erk­lären, dass Staat­en ihre kom­plet­ten wirtschaftlichen Poten­zen schrot­ten und somit nahezu alle gesellschftlichen Grup­pen, wenn auch in unter­schiedlichem Aus­maß, schädigen?Dies mit dem Nutzen für die Phar­malob­by zu erk­lären ent­behrt jeglich­er Grund­lage. Als ob konkur­ri­erende Unternehmen oder der Staat sich das ein­fach gefall­en lassen wür­den. Außer­dem steckt in der Frage immer schon die Antwort drin. Wenn ich nach dem „Wem“ frage, bleibt nur eine Per­son oder Gruppe als Anwort übrig. Nur lassen sich Krieg, Umweltzer­störung, Aus­beu­tung und Pan­demie eben nicht monokausal mit dem Nutzen für Einzelne erk­lären. Da geht es um einen Gesamtzusam­men­hang von Natur und Gesellschaft oder um eine spez­i­fis­che his­torische Aus­for­mung diese Zusam­men­hanges. Wenn sich bes­timmte Ereignisse im Han­deln der Men­schen wieder­holen, wer­den diese durch beste­hende Struk­turen begün­stigt und nicht durch eine kleine Gruppe betrügerisch her­beige­führt. Wenn es so sein sollte, warum wer­den diese Ver­schwörun­gen aus­gerech­net von Men­schen aufgedeckt, die wed­er über Verbindun­gen ins Zen­trum des Staates, noch über son­stige Qual­i­fizierun­gen zur Aufk­lärung ver­fü­gen? Wir fra­gen ja nur…

Alles öko oder was?
Ein weit­er­er Erzählstrang auf den Kundge­bun­gen ist die Ökothese. Die Natur sei aus dem Gle­ichgewicht gekom­men, es müsste mehr Essen selb­st ange­baut wer­den und über­haupt müsse nur gesund gegessen wer­den und ein paar Glob­u­li hin­ter­hergekippt wer­den um die eigene Gesund­heit zu erhal­ten. Dass die Steigerung der Lebenser­wartung eng zusam­men­hängt mit mod­ern­er Medi­zin und anderen tech­nis­chen und gesellschaftlichen Errun­gen­schaften und sozialen Kämpfen, wird dabei nach bekan­ntem Muster aus­ge­blendet. Die Entwick­lung der gesellschaftlichen Arbeit als Ver­mit­tlung zwis­chen Natur und Gesellschaft lässt sich eben nicht ein­seit­ig kri­tisieren. Seit es die Men­schheit gibt, hat sie sich selb­st und ihre Umwelt verän­dert. Durch ihr Han­deln z.B. Abholzung, Viehzucht, Jagd, Städte­bau usw. haben Men­schen Ein­fluss auf die Natur genom­men. Eine Natur im Gle­ichgewicht kann es nur ohne Men­schen geben (was auch immer Gle­ichgewicht für eine sich ständig verän­dernde Natur bedeutet). Richtig ist hinge­gen die Form des Zusam­men­hangs zu kri­tisieren und zu verän­dern. Die kap­i­tal­is­tis­che Reich­tum­spro­duk­tion degradiert die Natur zu einem Mit­tel der Prof­itwirtschaft, genau­so wie den Men­schen auch. Der beste­hende Wider­spruch des momen­ta­nen Stof­fwech­sels zwis­chen Men­sch und Natur kann eben nicht nach ein­er Seite hin aufgelöst wer­den. Passiert dies auf­seit­en der Natur müssen die Men­schen weichen, passiert dies auf der Seite der kap­i­tal­is­tis­chen Gesellschaft geht dieser irgend­wann die Grund­lage men­schlichen Lebens flöten. Es gab zwis­chen bei­den Seit­en nie ein Gle­ichgewicht, nur eine Bewegungsform.Abzuschaffen ist die kap­i­tal­is­tis­che Produktionsweise!

Was tun?
In Pan­demiezeit­en sind diese Aufzüge und Zusam­menkün­fte beson­ders gefährlich. Nicht nur wer­den sämtliche Abstands- und Hygien­eregeln außer Acht gelassen und so eine erneute Ver­bre­itung des Virus begün­stigt. Auch diskred­i­tieren sie notwendi­ge Anliegen, wie z.B. verbesserte Arbeits­be­din­gun­gen und Bezahlun­gen für Pfle­gende und andere Kranken­haus­mi­tar­bei­t­ende, eine ständi­ge Über­prü­fung der Infek­tion­ss­chutz-Maß­nah­men, die Ermöglichung von Hygiene- und Abstand­sregeln auch für refugees durch die Evakuierung aus den Lagern und eine dezen­trale Unter­bringung und schließlich den Protest gegen die ungerechte Verteilung der Krisen­las­ten. Wer Nazis auf Demos duldet, sich anti­semi­tis­chen und irra­tionalen Wel­terk­lärun­gen öffnet und bewusst andere gefährdet, muss mit Gegen­wind rech­nen! Eine Kri­tik an den beste­hen­den Ver­hält­nis­sen muss tiefer gehen als das para­noide Gefrage nach Ver­schwörung und Ver­ant­wor­tung. Es bleibt eben kompliziert.

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Flucht & Migration Law & Order

Menschen mit Fluchterfahrung in Einzelzimmern unterbringen!

Die Unter­bringung des Antrag­stellers in einem gemein­samen Zim­mer mit zwei weit­eren Per­so­n­en wider­spricht jedoch den Vor­gaben der SARS-CoV-2-UmgV, da der gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 SARS-CoV-2-UmgV grund­sät­zlich einzuhal­tende Min­destab­stand von 1,5 Metern in diesen Ver­hält­nis­sen nicht gewahrt wer­den kann.

Mit der Woh­nungs­gewährung in ein­er Gemein­schaft­sun­terkun­ft entste­ht jedoch auch eine Für­sorgepflicht des Antrags­geg­n­ers [der Land­kreis MOL] gegenüber dem Antrag­steller; … Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Antrags­geg­n­ers kön­nen der Antrag­steller und die weit­eren Bewohn­er des Zim­mers auch nicht als gemein­samer Haushalt ange­se­hen wer­den, für den gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SARS-CoV-2-UmgV die Abstand­sregelung nicht gilt.

Das Gericht hat während des Ort­ster­mins am 27. Mai 2020 im Ver­fahren VG 4 L 238/20 die Wohn­ver­hält­nisse des Antrag­stellers in der Gemein­schaft­sun­terkun­ft in Augen­schein genom­men. … Das Zim­mer des Antrag­stellers wird außer von ihm auch von zwei weit­eren Per­so­n­en bewohnt.“

DieWohn­ver­hält­nisse des Antrag­stellers ste­hen deshalb nach Auf­fas­sung der Gerichts nicht in Ein­klang mit der der aktuellen bran­den­bur­gis­chen SARS-CoV-2-Umgangsverord­nung (SARS-CoV-2-UmgV) vom 12. Juni 2020. (Zitate aus dem Beschluss des Ver­wal­tungs­gerichts Frank­furt / Oder im Ver­fahren VG 4 L 240/20 vom 30.06.2020)

Das Aktions­bünd­nis Offenes Märkisch-Oder­land freut sich über diesen Erfolg in diesem von uns begleit­eten Gerichtsver­fahren. Viele weit­ere wer­den fol­gen, wenn der Land­kreis nicht unverzüglich mit der Umset­zung des Beschlusses begin­nt und die Zwangs­ge­mein­schaften in Mehrbettz­im­mern auflöst, um die akuten Infek­tion­srisiken zu been­den. In anderen Land­kreisen führt die Untätigkeit der Behör­den bere­its zu monate­lan­gen Quar­an­tä­nen viel­er Bewohn­er und Bewohner­in­nen von Gemeinschaftsunterkünften.

Der Sozialdez­er­nent des Land­kreis­es hat­te zugesichert, bis Ende Mai einen Kri­te­rienkat­a­log für den Auszug aus Gemein­schaft­sun­terkün­ften in Woh­nun­gen zu erar­beit­en. Jet­zt ist klar, dass es drin­gen­der denn je eines Konzepts bedarf, das die men­sche­nun­würdi­ge Unter­bringung geflüchteter Men­schen in Gemein­schaft­sunter-kün­ften im Land­kreis MOL beendet.

Jed­er Men­sch, der in ein­er Zwangs­ge­mein­schaft in einem Mehrbettz­im­mer in ein­erGe­mein­schaft­sun­terkun­ft wohnt, hat den Anspruch auf Unter­bringung in einem Einzelz­im­mer, wenn er*sie den Min­destab­stand von 1,5 Metern nicht ein­hal­ten kann.

An alle Bewohn­er und Bewohner­in­nen! Stellt sofort Anträge auf Einzelun­ter­bringung in Eurem Heim. Wenn die Euch nicht sofort ein Einzelz­im­mer geben, stellt direkt einen Antrag bei der Aus­län­der­be­hörde. Wenn die Euch in weit ent­fer­nte Unterkün­fte im Oder­bruch ver­legen will, kön­nen wir das ver­hin­dern. Denn dann wird Klage erhoben und ein Eilantrag auf Anord­nung der auf­schieben­den Wirkung beim Ver­wal­tungs­gericht gestellt!

Wir unter­stützen gerne dabei!

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Menschlichkeit kennt keine Alternative!

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschis­mus!“ war der Schwur viel­er Men­schen vor 75 Jahren nach dem Zweit­en Weltkrieg. Daran erin­nerten wir uns am 8. Mai, dem Tag der Befreiung. 

Berthold Brecht warnte: „So was hätt ein­mal fast die Welt regiert!
Die Völk­er wur­den sein­er Herr, jedoch
Dass kein­er uns zu früh da triumphiert -

Der Schoß ist frucht­bar noch, aus dem das kroch!“

Es ist wieder nötig,

  • Demokratie und Men­schen­rechte (für ALLE Men­schen), Frei­heit und Sol­i­dar­ität, Weltof­fen­heit und Zusam­men­halt zu beto­nen und zu feiern
  • uns von denen zu dis­tanzieren, die Hass und Het­ze, pop­ulis­tis­che Geschichts- und Ver­schwörungslü­gen ver­bre­it­en, die offen Anti­semitismus und Ras­sis­mus, Ver­ach­tung von Frauen, Zuge­wan­derten, Ander­s­denk­enden, Homo­sex­uellen und Min­der­heit­en propagieren. 

Seid dabei:

  • sol­i­darisch ver­bun­den – wenn auch mit dem gebote­nen Pan­demie-Abstand, mit Kind und Kegel, mit Ver­wandten, Fre­un­den und Bekannten.
  • Bringt bitte Pick­nick für euch selb­st und möglichst bequeme Stüh­le mit.

Neben Pick­nick und Gesprächen wollen wir den Platz bunt und sol­i­darisch gestal­ten. Musik, Rede­beiträge und Kreatives, wie Trans­par­ente bemalen und Schilder basteln ist alles möglich. Spon­tane Künstler*innen sind auch sehr willkommen.

Her­zliche Ein­ladung vom Net­zw­erk für Weltof­fen­heit Bernau, denn Demokratie ist auch mit ABSTAND die beste Lösung. (bitte hal­tet euch an die Abstand­sregeln von 1,50m) 

Wer mag, kann auch schon dafür werben:
„App“-Aktion: Die Coro­na-Pan­demie ver­schlechterte die wirtschaftliche Lage etlich­er Men­schen und Vere­ini­gun­gen, andere sind finanziell kaum oder nicht betrof­fen. Während der Kundge­bung am 4.7. möcht­en wir prak­tis­che Sol­i­dar­ität üben. „App“ ste­ht für „Aus­gle­ichen – prak­tisch, pri­vat“ und funk­tion­iert so: Wer genü­gend oder viel Geld hat, steckt bei der Kundge­bung etwas oder viel Geld in die App-Kiste; wer zu wenig Geld hat und Sol­i­dar­ität benötigt, steckt einen kleinen Zettel mit Namen und IBAN in die Kiste. Im Anschluss spenden wir vom gesam­melten Geld eine Hälfte an drei Vere­ini­gun­gen, die geflüchtete Men­schen unter­stützen: die Ini­tia­tive Barn­im für alle, an Women in exile e.V., an Pro Asyl e.V., und 50 % teilen wir auf diejeni­gen auf, die hier Sol­i­dar­ität benöti­gen. Wir über­weisen dies dann direkt (und ver­sprechen Diskre­tion und Daten­schutz, ver­nicht­en nach der Über­weisung die Zettel mit Namen und IBAN). 

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Antifaschismus Geschichte & Gedenken

Niemand ist Vergessen“


Für Mittwoch, den 01. Juli 2020, riefen das Soziale Zen­trum JWP „Mit­ten­Drin“ und die linksju­gend [´sol­id] Neu­rup­pin zum gemein­samen Gedenken an Emil Wend­land auf. An diesem Tag jährte sich der Mord an dem damals woh­nungslosen Lehrer Emil Wend­land zum 28. Mal, dieser wurde am 01. Juli 1992 von örtlichen Neon­azis erst mis­shan­delt und im Anschluss ermordet.[1]

Opfer rechter Gewalt

Bran­den­burg ist eines der Bun­deslän­der, in denen seit der Wiedervere­ini­gung die meis­ten Todes­opfer rechter Gewalt zu bekla­gen sind. Die Opfer­per­spek­tive verze­ich­net 22 Todes­opfer rechter, ras­sis­tis­ch­er und sozial­dar­win­is­tis­ch­er Gewalt, die seit den 1990 Jahren durch Neon­azis ums Leben gekom­men sind – bei sechs weit­eren gebe es eben­falls Indizien für ein recht­es Tat­mo­tiv und sie wer­den als Ver­dachts­fälle erfasst. Klar ist, dass es sich dabei um keine Einzelfälle han­delt, son­dern vielmehr um eine Kon­ti­nu­ität rechter Gewalt, die in Bran­den­burg, aber auch in ganz Deutsch­land eine lange trau­rige Geschichte und Gegen­wart hat. Solche Tat­en dür­fen nicht in Vergessen­heit ger­at­en und es bedarf eines würdi­gen Erinnerns.

Durch die Kun­stak­tion eines soge­nan­nten „Die-In“ woll­ten wir dies verdeut­lichen. So nutzten wir den Schulplatz dafür mit weißer Krei­de Umrisse zu malen, welche sym­bol­isch für die 22 Opfer von rechter Gewalt in Bran­den­burg ste­hen und hin­ter­ließen diese mit deren Biografien und Bilder. Außer­dem ging es uns darum, Aufmerk­samkeit für die Opfer zu schaf­fen, denn viel zu häu­fig geht es vor allem um die Täter*innen und den Ver­such Erk­lärungsan­sätze für die Tat­en zu find­en und zu wenig liegt der Fokus auf den Betrof­fe­nen, deren Leben­sre­al­ität oder auch dem Umfeld bzw. deren Hinterbliebenen.

Sicht­barkeit

Ursprünglich trat unsere Kam­pagne „Nie­mand ist Vergessen“ 2012 mit dem Ziel an, eine Straße in Neu­rup­pin nach Emil Wend­land umzube­nen­nen. Nach ver­schiede­nen Diskus­sio­nen wurde damals klar, dass dies wohl nicht real­isiert wer­den könne und es wurde sich auf eine Gedenk­tafel im Neu­rup­pin­er Rosen­garten geeinigt, um zumin­d­est einen Ort der Erin­nerung an Emil Wend­land zu schaffen.

In diesem Jahr grif­f­en wir diese Forderung erneut auf und benan­nten zumin­d­est sym­bol­isch die Post­straße in Emil-Wend­land-Straße um. Unsere Forderung bleibt beste­hen, wir wollen das die näch­ste Straße, welche in Neu­rup­pin entste­ht, den Namen „Emil-Wend­land-Straße“ trägt, um das Gedenken an die Opfer rechter Gewalt zumin­d­est sym­bol­isch sicht­bar­er zu machen.

Gedenken im Neu­rup­pin­er Rosengarten

Ab 18 Uhr fand dann das tra­di­tionelle Gedenken im Neu­rup­pin­er Rosen­garten statt, an dem ca. 60 Per­so­n­en teil­nah­men. Neben den Rede­beiträ­gen des Sozialen Zen­trums JWP „Mit­ten­Drin“ und der linksju­gend [´sol­id] Neu­rup­pin, hiel­ten auch der Vor­sitzende der Stadtverord­neten­ver­samm­lung Gerd Kli­er (Die LINKE) und der Bürg­er­meis­ter Jens-Peter Golde (parteiun­ab­hängig) einen Rede­beitrag. In bei­den Beiträ­gen wurde nochmal her­vorge­hoben wie wichtig eine kon­tinuier­liche Gedenkar­beit an die Opfer rechter Gewalt auch in Neu­rup­pin ist und es nie zu ein­er Poli­tik des Vergessens kom­men darf.

Im Anschluss an die Rede­beiträge und dem Nieder­legen der Kränze wurde zum Abschluss Emil Wend­land noch mit ein­er Schweigeminute gedacht.

In diesem Sinne:

Kein Vergeben! Kein Vergessen!
Im Gedenken an Emil Wend­land und alle anderen Opfer rechter Gewalt!

 

Soziales Zen­trum JWP „Mit­ten­Drin“ und linksju­gend [´sol­id] Neuruppin

Bilder: @Presseservice Rathenow: hier

 

[1] https://www.todesopfer-rechter-gewalt-in-brandenburg.de/victims-emil-wendland.php

 

Inforiot