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Antifaschismus

Klarkommen nach Wriezen

Ein eigentlich ambi­tion­iert­er filmis­ch­er Ver­such, die Schwierigkeit­en der Real­ität junger Men­schen nach der Haft einz­u­fan­gen, repro­duziert stereo­type Bilder über Ex-Inhaftierte, neu­tral­isiert dabei gesellschaftliche Prob­leme wie auch die grausame Tat eines Neon­azis. Rezen­sion zum Film  „Nach Wriezen“ (2012).

(Johannes Spohr) Die Sit­u­a­tion der Ent­las­sung gestal­tet sich für viele ehe­ma­lige Inhaftierte schwierig. In welche Sit­u­a­tion gerät man? Wer erwartet eine_n? Wie ist die finanzielle Sit­u­a­tion? Wo kommt man unter? Find­et man eine Arbeit, eine Aus­bil­dung­sungsstelle mit dieser Ver­gan­gen­heit? Wie mit den Knaster­fahrun­gen umge­hen? Ent­lassene sind meist Stig­ma­tisierun­gen aus­ge­set­zt – sofern sie ihren Gefäng­nisaufen­thalt nicht ver­schweigen. Der Knast begleit­et sie meist noch jahre­lang – nicht nur in Form von „Bewährungshelfer_innen“.

Der ehe­ma­lige Sozialar­beit­er und heutige Filmemach­er Daniel Abma, geboren 1978 in den Nieder­lan­den, begleit­ete drei junge Men­schen bei und nach ihrer Ent­las­sung. Fast drei Jahre lang filmte er mit Imo (22), Jano (17) und Mar­cel (25), begin­nend mit ihrer Ent­las­sung aus der JVA Wriezen, ein­er Kle­in­stadt im märkischen Oder­bruch. Jano wird als kleinkrim­ineller Dro­gen­deal­er vom Dorf vorgestellt, Imo als jemand, der seine Aggres­sio­nen und Gefüh­le nicht im Griff hat. Mar­cel war 2002 an der ras­sis­tisch motivierten Ermor­dung des 16-jähri­gen Mar­i­nus aus Pot­zlow beteiligt und wurde dafür zu acht Jahren Haft verurteilt. Die auf­fal­l­ende Gemein­samkeit der drei jun­gen Män­ner beste­ht – abseits davon, dass sie aus der Haft ent­lassen wur­den und zurecht kom­men müssen – darin, dass sie anschließend sehr schnell eine Part­ner­in find­en und alle drei Vater wer­den. Alle drei suchen sie zunächst Unterkun­ft und Arbeit und scheinen bemüht den geforderten Aufla­gen nach zu kom­men – all dies mit unter­schiedlichem Erfolg.

Vor dem Hin­ter­grund der deutschen Prov­inz wird in dem Film ein­drück­lich ver­an­schaulicht, wie beschränkt die Chan­cen für eine als „erfol­gre­ich“ ange­se­hene Ent­las­sungssi­t­u­a­tion über­haupt sind. Wer einen Aus­bil­dungsplatz oder eine Arbeitsstelle find­et, kann sich glück­lich schätzen, aber mit größeren Wün­schen sollte sich zurück­ge­hal­ten wer­den. Der Film wirkt durch die Wahl der Charak­tere unweiger­lich wie ein „Unter­schicht­sporträt“. Einige Szenen müssen einem Mit­telschicht­spub­likum slap­stickar­tig erscheinen. Wer trost­lose und graue Leben­sre­al­itäten ken­nt, wird dies vielle­icht nicht so empfind­en. Der Film beteiligt sich unter anderem damit an ein­er gängi­gen Klis­cheep­ro­duk­tion über „Knack­is“. Schon die Auswahl der Pro­tag­o­nis­ten legt dies nahe. Sie erscheinen als Rand­fig­uren und zeigen genau nicht die Nor­mal­ität und Durch­schnit­tlichkeit von Krim­i­nal­ität. Eher geben sie Auf­schluss darüber, wer polizeilich ver­fol­gt und geschnappt wird, auch wenn der Fall Mar­cel S. hier­bei eher eine Aus­nahme darstellt.

Als Zuschauer_in ist es sehr ein­fach, sich von diesen Fig­uren und deren „Krim­i­nal­ität“ zu dis­tanzieren – sie bleiben immer die Anderen. Eine gesamt­ge­sellschaftliche Einord­nung der Hand­lun­gen der Por­traitierten bleibt aus. Die Frage, warum sie als „krim­inell“ beze­ich­nete Hand­lun­gen aus­führen oder aus­ge­führt haben, sie also mit dem Gesetz in Kon­flikt ger­at­en sind, stellt sich unweiger­lich, bleibt jedoch unbeant­wortet. Offen und inter­es­sant bleibt zudem, wie es zu ihrer Auswahl kam. Zwar wird deut­lich, wom­it sie zurecht kom­men müssen, aber die Voraus­set­zun­gen für ein erfol­gre­ich­es Zurechtkom­men bleiben dif­fus. Ob es diesen Erfolg geben wird oder nicht, wird gewis­ser­maßen den indi­vidu­ellen Charak­teren und ihrem Willen zugeschrieben. Erfolg wird mit ein­er selb­st aufge­baut­en, „ordentlichen“ Infra­struk­tur, vor allem mit ein­er vorhan­de­nen Lohnar­beit gle­ichge­set­zt. Am besten ist es, wenn kein allzu großes Chaos aufkommt: kein auss­chweifend­es Feiern nach der Haft, kein Kif­f­en, kein Über-die-Stränge-schlagen.

Welche Ein­stel­lung man zur Arbeit entwick­elt, hängt – das sagt der Film nicht deut­lich – auch vom Umfeld und den Per­so­n­en, denen man nach der Haft begeg­net sowie ihrem Engage­ment ab. Deut­lich wird das bei Imo, der bei seinem Arbeit­ge­ber und Ver­mi­eter Uwe auf einem Barack­en­hof unterkommt, auf dem er auch arbeit­et. Er wird von diesem gemaßregelt und mit der Welt „har­ter Arbeit“ ver­traut gemacht. Das ändert allerd­ings nichts daran, dass er immer mal wieder emo­tion­al „ent­gleist“ und sich beispiel­sweise der Sach­bear­bei­t­erin des Jugen­damtes gegenüber nicht ger­ade tak­tvoll verhält.

Lei­der bleiben die an die Ent­lasse­nen gestell­ten Anforderun­gen und auch die, die sie an sich selb­st stellen, bis auf Aus­nah­men unsicht­bar. Als Jano erwäh­nt, aus welchen Grün­den er sein Prak­tikum abge­brochen hat, wird dieser Randbe­merkung nicht weit­er nachge­gan­gen. So rückt sein „Ver­sagen“ statt den prekären Arbeits- und Aus­bil­dungsver­hält­nis­sen in den Vordergrund.

Trotz­dem schafft es Abma teil­weise, das Ver­trauen sein­er Pro­tag­o­nis­ten zu gewin­nen. Er hat dafür eine Menge Geduld aufge­bracht und bekommt dadurch auch eine der größten Gefahren ehe­ma­liger Inhaftiert­er vor Augen geführt: die, wieder in den Knast zu kom­men. Jano lan­det dort wieder, kurz nach­dem sein Kind zur Welt gekom­men ist. Unmit­tel­bar vor sein­er Fes­t­nahme entste­ht eine Auf­nahme, bei der er sich betont läs­sig gibt und darüber spricht, wie der Knast auf ihn gewirkt hat:

Die Leute wer­den bek­loppt da im Kopf. […] Ich hab krim­ineller und ander­sweit­ig gedacht als vorher. Vorher hab ich nicht irgend­wie gedacht, na, die Polizei ist ja auch noch da, aber hab immer Respekt gehabt, Angst…Aber wenn man schon mal da drinne war, hat man keine Angst mehr.“ 

Da werd ich ganz böse dann“ – Ein ganz beson­der­er Protagonist

Im Som­mer 2002 wurde der 16-jährige Mar­i­nus Schöberl aus Ger­swalde von drei jugendlichen Nazis in ein­er ehe­ma­li­gen Schweine­mas­tan­lage im bran­den­bur­gis­chen Pot­zlow ermordet. Er wurde über einen langem Zeitraum und extrem bru­tal gefoltert. Bekan­nt wurde der Fall vor allem, weil die Täter eine Szene aus dem Film „Amer­i­can His­to­ry X“ als Vor­bild benutzten. Das Opfer sucht­en sie sich eige­nen Aus­sagen zufolge eher zufäl­lig aus, während des Folterns beschimpften sie den 16-jähri­gen als Juden. Die zahlre­ichen Details der Tat verdeut­lichen eine extreme Bru­tal­isierung in ein­er recht­en All­t­agskul­tur und den „ganz nor­malen“ ras­sis­tis­chen Wahnsinn der Bran­den­burg­er Prov­inz. Die Tat wurde in The­ater („Der Kick“, 2005) und Film („Zur falschen Zeit am falschen Ort“, 2006) schon zuvor verarbeitet.

Ein­er der drei jun­gen Män­ner war Mar­cel S.. Von der Tat wird in „Nach Wriezen“ beiläu­fig erzählt, als seine Fre­undin einen Zeitungsar­tikel über seine Ent­las­sung vor­li­est. Mar­cel bestätigt die „Kor­rek­theit“ des Artikels, Reue zeigt er nicht. Es wirkt, als messe er der Tat nach wie vor Sinn bei, auch wenn er sich ober­fläch­lich davon dis­tanziert, den Eltern „ihren Sohn weggenom­men“ zu haben. „Das Ding mit der Kante und alles“ sei „schon extrem“ gewe­sen. Sein Prob­lem habe damals darin gele­gen, dass er keine Gefüh­le zulassen kon­nte, sagt er. Heute wirkt er vor allem gefüh­l­los, wenn er über die Tat redet. Welche Gefüh­le er bei dem Mord, den er began­gen hat, gehabt hat, bleibt sein Geheim­nis. Emo­tion­al wird Mar­cel dann, wenn er über „Kinder­fick­er“ redet, von denen Berlin ja voll sei und die er, sollte sein­er Tochter etwas ange­tan wer­den, „platt“ und „fer­tig“ machen werde. Sie wür­den schließlich, so seine Aus­sage, im Gegen­satz zu Mördern „immer wieder rück­fäl­lig“. Er wirkt dabei gedrun­gen und aggres­siv. Eine Ther­a­pie macht er vor allem, weil es zu den Bewährungsaufla­gen zählt. Er selb­st sieht sich nicht als ther­a­piebedürftig, wed­er als gefährlich noch als gefährdet an. Die Gründe für seine Tat, offen­sichtlich verknüpft mit ein­er extrem recht­en Welt­sicht, wer­den bis zum Ende nicht deut­lich benan­nt. Auf seine alten Fre­unde ange­sprochen, betont Mar­cel, dass er nach wie vor Kon­takt zu ihnen pflege und sie ihre Gesin­nung nicht geän­dert hätten.

Schließlich seien sie „Leute, die sich nicht unterkriegen lassen“. Warum er sich das vorher deut­lich sicht­bare Hak­enkreuz übertä­towieren, das NSDAP auf den Zehen hinge­gen hat langsam verblassen lassen, erzählt er nicht. Auf ein großes „White Pow­er“ Sym­bol auf dem Ober­arm wird er gar nicht erst ange­sprochen. Auf die Frage nach den näheren Zie­len und Wün­schen für die kom­mende Zeit geben er und seine Fre­undin sich glück­lich und zufrieden. Einen neuen Fernse­her wolle man sich im kom­menden Jahr kaufen. Man wün­scht sich, dies sei tat­säch­lich ihr einziger Plan.

Mar­cel ist der einzige der Pro­tag­o­nis­ten, der sein Kind behal­ten kann und es nicht vom Jugen­damt weggenom­men bekommt. Auch dadurch erscheint er als der erfol­gre­ich­ste unter den dreien. Sich mit seinem Welt­bild auseinan­derzuset­zen, kommt nicht zur Sprache. Der Knast war dafür sicher­lich auch der denkbar ungün­stig­ste Ort. Da er es aber auch nicht vorhat bleibt er ein Fall für die Antifa. Der Unter­ton des Films sug­geriert jedoch die Umgangs­for­men der akzep­tieren­den Jugen­dar­beit mit recht­en Jugendlichen, so wie sie Mar­cel aus seinem Herkun­ft­sort ken­nen dürfte. Seine Tat wird gewis­ser­maßen neu­tral­isiert, weil über die Beweg­gründe nicht gesprochen wird. Man beg­nügt sich stattdessen mit dem Etikett „Mörder“.

Inter­es­sant bleibt die Frage, warum aus­gerech­net jeman­dem wie Mar­cel im Film ein Forum gegeben wurde. Seine Tat über­lagert ger­ade dadurch, dass sie nicht genauer benan­nt wird, alle anderen Geschicht­en des Films. Deut­lich wird lediglich, dass das Gefäng­nis kein Ort ist, an dem einem eine rechte Gesin­nung abhan­den kommt. Das gehört allerd­ings auch nicht zu den vie­len nicht einge­hal­te­nen, aber propagierten Leitideen des Knastes. Für eine oft­mals nicht ein­fache Diskus­sion des Sinns von Gefäng­nis und Strafe ist es sin­nvoll, sich die pro­fane Erken­nt­nis zu eigen zu machen, dass im Knast auch Men­schen wie Mar­cel sitzen. Es wäre zu hof­fen, dass der Film nicht Zweifel an der Ent­las­sung von Men­schen aus der Haft, son­dern an der Sinnhaftigkeit von Strafhaft generell weckt. Lei­der wer­den die Pro­tag­o­nis­ten durch die Art der Darstel­lung und die aus­bleibende Kon­tex­tu­al­isierung wie so oft in erster Lin­ie zu „Ex-Knack­is“ gemacht. Die Gründe der Inhaftierung bewusst unbe­nan­nt zu lassen, kann entstig­ma­tisieren. In „Nach Wriezen“ wird allerd­ings das fort­ge­führt, was auch in Strafdiskursen häu­fig getan wird: die Ursachen für Geset­zesüber­tritte wie auch für das Einsper­ren von bes­timmten Men­schen verschweigen.

Inter­es­sant erscheint in Anbe­tra­cht des Films die Idee, ein Zusam­men­tr­e­f­fen der drei Pro­tag­o­nis­ten zu arrang­ieren. Was wäre das für ein Diskurs über „Krim­i­nal­ität“?

Zu viel und zu wenig Dis­tanzierung – bei­des steckt in diesem Film. Am Ende bleiben mehr Fra­gen als Antworten, aber selb­st die richti­gen Fra­gen stellen sich nicht ein­fach von selbst. 

Nach Wriezen (Beyond Wriezen), 2012, 87 min. Regie und Drehbuch: Daniel Abma. (Face­book)

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Antifaschismus

Rassismus tötet

In der Nacht vom 30. zum 31. August haben wir in Cot­tbus mit Kerzen jene Stellen unüberse­hbar erhellt, an denen zwis­chen dem 29. und 31. 08. 1992 ein Flüchtling­sheim in Brand geset­zt wer­den sollte. Die Lichter waren zahlre­ich, denn jedes einzelne galt dem Gedenken an einen Men­schen, der in der BRD von Ras­sis­ten ermordet wurde.

Aus Protest­grup­pen ähn­lich denen ger­ade in Hellers­dorf, bilde­ten sich in den frühen Neun­zigern die skru­pel­losen Mobs, die ver­sucht­en hun­derte Men­schen in den Feuer­tod zu treiben oder zu erschla­gen. Wie auch in Hoy­er­swer­da und Ros­tock organ­isierten in Cot­tbus Neon­azis Waf­fen und Ben­zin, leit­eten die Angriffe ein und ern­teten Applaus. In den Nächt­en vom 29. bis zum 31. August 1992 ver­sucht­en mehrere hun­dert Nazis die Wohn­blöcke des Sach­sendor­fer Asyl­be­wer­ber­heims mit Molo­tow-Cock­tails in Brand zu set­zen und ihre etwa 1000 Bewohn­er in den Feuer­tod zu treiben. Für den Mord auf der Straße hat­ten sie sich mit Messern, Base­ballschlägern und Steinen bewaffnet. Nur der Ein­satz von Feuer­wehr und 300 Polizeibeamten kon­nte schließlich ein Blut­bad ver­hin­dern und die Angreifer zum langsamen Rück­zug zwingen.
Das ist die grausame Wahrheit. Auch in Cot­tbus hat sich gezeigt, zu welchen Tat­en die Neon­azis wirk­lich bere­it sind, wenn sie den Wind ein­er frem­den­feindlichen Grund­stim­mung im Rück­en spüren. Sie woll­ten Men­schen ver­bren­nen und erschla­gen. Nach der Mord­serie des NSU braucht auch nie­mand mehr behaupten, dass dies ein isoliertes Prob­lem der Neun­ziger war. Wir erin­nern in Cot­tbus an den Pogromver­such deutsch­er Neon­azis und an all die Men­schen, die von Ras­sistIn­nen ermorde­tet wur­den. Wir lassen die Geschehnisse des August 1992 nicht in Vergessen­heit geraten. 
Wir set­zen in Cot­tbus auch ein Licht der Mah­nung, das hof­fentlich bis nach Berlin scheint.
Der ras­sis­tis­che Mob, der ger­ade in Marzahn Hellers­dorf aktiv wird, ste­ht wieder unter der Führung von organ­isierten Neonazis.Weder in Cot­tbus, noch Berlin oder ander­swo darf ihnen ein weit­er­er Anlauf zum Pogrom gelingen! 
Unsere Sol­i­dar­ität gilt den Flüchtlin­gen und denen, die sich ger­ade in Marzahn Hellers­dorf für sie einsetzen. 

Ras­sis­mus tötet! 

Ziel und Kurs Cottbus

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(Anti-)Rassismus

Ausländerbehörde in Barnim trennt Familie und will erkrankte Mutter abschieben

Die Aus­län­der­be­hörde des Land­kreis­es Barn­im betreibt Abschiebung kranker Tschetschenin aus dem Krankenhaus

Einen Monat zuvor wurde sie von ihrem Ehe­mann und den vier Kindern getren­nt, als diese nach Polen abgeschoben wur­den Offen­sichtlich will die Aus­län­der­be­hörde mit ihrem harten Vorge­hen ein Exem­pel statuieren

Gestern ver­sucht­en Mitar­bei­t­erin­nen der Aus­län­der­be­hörde des Land­kreis­es Barn­im in der Klinik in Bernau, eine tschetschenis­che Pati­entin nach Polen abzuschieben. Frau B., ist unter anderem an ein­er schw­eren post­trau­ma­tis­chen Belas­tungsstörung erkrankt. Sie hat­te im Novem­ber 2012mit ihrem Ehe­mann und ihren vier Kindern im Alter von 10, 12, 15 und 17 Jahren Asyl in der Bun­desre­pub­lik beantragt.

Nach­dem ihre Asy­lanträge für unzuläs­sig erk­lärt wur­den, wurde der Vater im Juni 2013 mit den vier Kindern früh­mor­gens nach Polen geschoben,obwohl sich die Mut­ter bere­its in sta­tionär­er Behand­lung befand. Die Aus­län­der­be­hörde ignori­erte geflissentlich, dass eine Peti­tion beim Deutschen Bun­destag noch nicht entschei­den wor­den war. Üblicher­weise wer­den Abschiebun­gen vor­läu­fig aus­ge­set­zt, wenn eine par­la­men­tarischeP­rü­fung im Peti­tion­sauss­chuss des Deutschen Bun­destages noch im Gange ist. Offen­bar wollte die Aus­län­der­be­hörde in Eber­swalde ein Exem­pel sta­tu­ieren und riss die Fam­i­lie trotz laufen­d­em Peti­tion­santrag und ohne Rück­sicht auf die Krankheit der Mut­ter auseinander.

Daraufhin erlitt Frau B. im Kranken­haus einen akuten Zusam­men­bruch. Eine mehrwöchige sta­tionäre Behand­lung auf­grund von Suizidge­fahr und der­mit­tler­weile diag­nos­tizierten Epilep­sie wurde für drin­gend erforder­lich befunden.

Nicht nur, dass die Aus­län­der­be­hörde die akut lebens­ge­fährliche Sit­u­a­tion von Frau B. durch die Abschiebung ihrer Fam­i­lie erst verur­sacht hat­te; nun beab­sichtigte die Behörde auch noch, die Tschetschenin am let­zten Tag der Über­stel­lungs­frist aus dem Kranken­haus her­aus um jeden Preis nach Polen abzuschieben. Nur auf­grund nach­drück­lich­er Inter­ven­tion der anwe­senden Ärzte kon­nte dies ver­hin­dert werden.

Die Vorge­hen der Aus­län­der­be­hörde des Land­kreis­es Barn­im ist skan­dalös und set­zt sich über human­itäre Vor­gaben hin­weg, die sich aus dem grundge­set­zlichen Schutz der Fam­i­lie und auch aus europäis­chen Recht­snor­men ergeben. Ohne jede Rück­sicht auf schw­er­wiegende famil­iäre und gesund­heitliche Umstände wer­den Abschiebun­gen voll­streckt und die Betrof­fe­nen zu rechtss­chut­zlosen Objek­ten behördlichen Han­delns gemacht. Die Tren­nung von Frau B. und ihrer Fam­i­lie wider­spricht der Auf­fas­sung des Europäis­chen Gericht­shofs, der dem Schutz der Fam­i­lie einen hohen Stel­len­wert ein­räumt. Auf­grund der andauern­den sta­tionären Behand­lung war offen­sichtlich, dass Frau B. nicht reise­fähig ist. Insofern stellt die ver­suchte Abschiebung aus dem Kranken­haus einen ekla­tan­ten Ein­griff in die kör­per­liche Unversehrtheit dar.

Dieser Ver­stoß gegen rechtliche und ethis­che Nor­men ist nicht hin­nehm­bar. Wir fordern die sofor­tige Wiedere­in­reise der Fam­i­lie von Frau B. nach Deutsch­land. Der Schutz der Fam­i­lie und die kör­per­liche Unversehrtheit von Flüchtlin­gen sind zu acht­en — Voll­streck­ungs­be­hör­den haben in einem Kranken­haus und bei ein­er sta­tionär behan­del­ten Pati­entin nichts ver­loren.” sagte Simone Tet­zlaff vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

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Antifaschismus

EDU:ACTION 2013

Wer organ­isiert das edu:action?

- Bran­den­burg­er Grup­pen, die sich in ihren Städten und Regio­nen für Antifaschis­mus, Selb­stor­gan­i­sa­tion und linke Poli­tik und Kul­tur einsetzen.

- In der Tra­di­tion der Selb­st­be­haup­tungssem­inare des DJB e.V.

Wer kann mitmachen?

- Grup­pen, Fre­un­deskreise und Per­so­n­en, die genau das wollen: gemein­sam in Bran­den­burg aktiv sein, sich selb­st vertreten wollen und sich für Selb­st­bes­tim­mung, Emanzi­pa­tion und gegen Ras­sis­mus und Aus­gren­zung einsetzen.

Was soll passieren?

- 5 Tage gemein­sam ver­brin­gen, sich poli­tisch bilden und Selb­st­be­haup­tung trainieren. Alle Teil­nehmenden sind Expert_innen in eigen­er Sache, gestal­ten Work­shops, trainieren gemein­sam und disku­tieren mit!

Warum organ­isieren wir das?

Weil wir für Bran­den­burg­er Linke einen Ort brauchen, an dem wir:

- andere Grup­pen ken­nen­ler­nen können,

- uns untere­inan­der vernetzen

- und an gemein­samen The­men poli­tisch zusam­me­nar­beit­en können.

Weil wir gemein­sam Sport und Selb­st­be­haup­tung trainieren, um als Einzelne und in der Gruppe hand­lungs­fähiger zu wer­den, wenn es darum geht:

_ Hin­dernisse zu überwinden,

_ Block­aden zu bilden,

_ Direk­te Aktio­nen durchzuführen,

_ oder uns gegen Neon­azis zu wehren.

Was ist schon geplant?

- Diskus­sion zum Bran­den­burg­er Verfassungsschutz

- Diskus­sion zu Inter­ven­tion­s­möglichkeit­en in Brandenburg

- Wie nimmt linke emanzi­pa­torische Poli­tik Ein­fluss auf kom­mu­nal oder Landespolitik?

- Was bedeutet für uns Antifa heute?

- Weiterentwicklung/Diskussion eines Recherche­p­ro­jek­tes zu Pogromen und pogro­mar­ti­gen Vor­fällen im Land Bran­den­burg Anfang der 1990er Jahre

- Input zu Sex­is­mus & Sport

- Input zu his­torischen The­men (Sobi­bor)

 

Welche Ideen hast Du/ habt Ihr? Jede Gruppe kann ihre Work­shopi­deen und The­men ein­brin­gen. Für alle gibt es ein gemein­sames Vor­bere­itungstr­e­f­fen, um das Pro­gramm und die Inhalte aufeinan­der abzus­tim­men. Wenn ihr euch ein­brin­gen wollt, auf den Verteil­er wollt oder fra­gen habt, meldet euch hier: eduaction@djb-ev.de

Was uns wichtig ist: Ein Gemein­samer Prozess. Bitte ver­sucht an allen Tagen teilzunehmen. Denn unsere sportlichen und inhaltlichen Parts bauen aufeinan­der auf. In den Work­shops entwick­eln sich Diskus­sio­nen, die wir über die Tage fort­set­zen wollen.

 

Tech­nis­ches:

WO : EJB Wer­bellinsee in Joachimsthal

WANN : 02.–06. Okto­ber 2013

TN-BEITRAG : 20 bis 40€ nach Selbsteinschätzung

ANMELDUNG: per Über­weisung auf DJB e.V. / KTO: 3323400 / BLZ: 10020500 / Zweck: edu­action 2013

 

Der EDU:ACTION-Vorbereitungskreis

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(Anti-)Rassismus Antifaschismus

Droht in Premnitz ein weiteres Hellersdorf?

INFORIOT In Prem­nitz (Land­kreis Havel­land) spitzt sich die Diskus­sion um ein geplantes Flüchtling­sheim zu. Lieferte sich zunächst die Stadt mit dem Kreis (dem desig­nierten Heim­be­treiber) einen Dis­put um den Heim­stan­dort, offen­baren sich im Zuge der weit­eren Debat­te ras­sis­tis­che Ressen­ti­ments gegen die kün­fti­gen Heimbewohner_innen.

Ras­sis­tis­che Stim­mung in Premnitz

Am Don­ner­stag wurde beispiel­sweise ein Trans­par­ent vom kün­fti­gen Heim ent­fer­nt, auf dem Unbekan­nte mit rot­er Schrift “Asyl­heim nein Danke” und “Heim­reise statt Ein­reise” forderten. Zudem wur­den auf dem Trans­par­ent die Flüchtlinge als Par­a­siten verunglimpft — sie wur­den aufge­fordert, sich “woan­ders einzunisten”.

Ähn­liche Kom­mentare sind unter der Online-Berichter­stat­tung der Lokal­presse zu find­en. Ein junger Mann äußert, dass die Flüchtlinge “sich vom Ack­er machen” soll­ten. Ein ander­er beklagt: “ach du schande! was wird bloß aus der schö­nen Heimat?”. Und eine junge Frau unter­stellt “den wird bes­timmt auch noch alles schön bezahlt” — “unmöglich”. (Quelle)

Stadt ist eben­falls gegen geplantes Heim

Und obwohl es auch Gegen­stim­men gibt, bleibt die Lage weit­er ges­pan­nt. Denn auch die Stadt Prem­nitz ver­hält sich skep­tisch zum Asyl­heim. Der Stan­dort in einem “reinen” Wohnge­bi­et sei “sehr kri­tisch” zu betra­cht­en. Stattdessen, so eine MAZ-Mel­dung, befür­worte die Stadt, die nicht grund­sät­zlich gegen Asyl­suchende sei, als Alter­na­tivob­jek­te die Ruine ein­er ehe­ma­li­gen Kindertagesstätte oder ein Bauw­erk in einem Gewerbegebiet.

Auch NPD macht Stim­mung gegen Flüchtlinge

Von der Diskus­sion zu prof­i­tieren ver­sucht hinge­gen die NPD. Die neon­azis­tis­che Partei hängte in den zurück­liegen­den Wochen dutzende Wahlplakate mit Slo­gans wie “Asylflut stop­pen” oder eben “Heim­reise statt Ein­reise” auf.

Weit­ere Fotos: hier

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(Anti-)Rassismus

Brandenburg ChancenLos: Flüchtlingspolitik ist keine Glückssache!

Der Bericht der Lan­desregierung zum „Unter­bringungskonzept für Flüchtlinge im Land Bran­den­burg ste­ht am 29. August 2013 auf der Tage­sor­d­nung der Par­la­mentssitzung. Bere­its am 07. Juni 2012 beauf­tragte der Land­tag die Lan­desregierung, bis Ende März 2013 ein Unter­bringungskonzept für Flüchtlinge in Bran­den­burg zu erarbeiten.

Statt ein Unter­bringungskonzept vorzule­gen bleibt die Lan­desregierung mit dem Bericht weit hin­ter den als notwendig erkan­nten Änderun­gen zurück. Dies ste­ht klar im Wider­spruch zum­Land­tags­beschluss vom 14. April 2011, der die „Verbesserung der Lebenssi­t­u­a­tion der Flüchtlinge im Land Bran­den­burg” zum Ziel hatte.

Bis heute wird die Ver­ant­wor­tung für die Verbesserun­gen zwis­chen den einzel­nen Ressorts der Lan­desregierung sowie den kom­mu­nalen Spitzen­ver­bän­den hin- und hergeschoben, die drin­gend notwendi­gen Verän­derun­gen wer­den nicht umge­set­zt. Diese Poli­tik der Ver­ant­wor­tungsver­schiebung ignori­ert den Beschluss des Land­tags und gehtzu Las­ten der in Bran­den­burg leben­den Flüchtlinge. Dage­gen richt­en sich Fach­stellen und Flüchtling­sor­gan­i­sa­tio­nen mit der Kam­pagne „Bran­den­burg Chan­cen­Los” und set­zen sich für die Verbesserung der Lebenssi­t­u­a­tion der Flüchtlinge im Land Bran­den­burg ein. Denn:

Flüchtlingspoli­tik ist keine Glückssache!

In ein­er öffentlichen Aktion übergeben die Organ­i­sa­tio­nen und Unter­stützerIn­nen das „Bran­den­burg Chan­cen­Los” an die Abge­ord­neten vor dem Ein­gang des Land­tags. Damit erin­nern sie die Abge­ord­neten an den von ihnen gefassten Beschluss, weisen auf die im Bericht der Lan­desregierung ver­passten Hand­lungsmöglichkeit­en hin und machen konkrete Vorschläge, wie die Lebenssi­t­u­a­tion für Flüchtlinge in Bran­den­burg jet­zt verbessern wer­den könnte.

Land­tag Bran­den­burg, Hauptein­gang
Don­ner­stag, 29. August 2013, ab 08.30 Uhr
Am Havel­blick 8, 14473 Potsdam

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(Anti-)Rassismus Gender & Sexualität

Flüchtlingsfrauen protestieren gegen Brandenburgs neue Unterbringungskonzeption

Heute haben wir uns in einem offe­nen Brief an die Land­tagsab­ge­ord­neten Bran­den­burg gewen­det,  in dem wir über die Sit­u­a­tion in Sam­melun­terkün­ften für Asyl­suchende informieren und die Land­tagsab­ge­ord­neten drin­gend bit­ten, sich für eine sofor­tige Verbesserung der Sit­u­a­tion  einzusetzen.

Der offene Brief als PDF

Zum Hin­ter­grund:

Am Don­ner­stag, den 29. 08.2013 wird die Lan­desregierung über die Unter­bringungskonzep­tion des Lan­des Bran­den­burg“ (gemäß Beschluss des Land­tages vom 07.06.2012 – Drs.  5/5420‑B) bericht­en. Lei­der wird das Unter­bringungskonzept, das die Lan­desregierung nun vorgelegt  hat, an der gegen­wär­ti­gen, teils mis­er­ablen Unter­bringungssi­t­u­a­tion von Asyl­suchen­den in Bran­den­burgs nichts ändern. Denn es enthält lediglich unverbindliche Richtlin­ien und über­lässt es den Land­kreisen, ob sie diese umset­zen. Eine drin­gende konkrete Maß­nahme wurde auf die näch­ste Leg­is­laturpe­ri­ode ver­schoben: Die Änderung des Lan­desauf­nah­mege­set­zes würde Lan­desmit­tel in Rich­tung  Woh­nung­sun­ter­bringung steuern, statt wie bish­er in den Bau neuer Sam­melun­terkün­fte zu investieren.

Wir fordern eine sofor­tige Verbesserung unser­er Sit­u­a­tion und  bit­ten die Abge­ord­neten des Land­tags Bran­den­burgs sich dafür einzuset­zen, dass die Lan­desregierung das Lan­desauf­nah­mege­setz ändert.

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Antifaschismus Law & Order

Wir werden mit Bands auf eine Stufe gestellt, die den Holocaust leugnen”

INFORIOT — Als der bran­den­bur­gis­che Ver­fas­sungss­chutzbericht für 2012 veröf­fentlicht wurde, glaubten einige Leute ihren Augen nicht. Wie auch schon im VS-Bericht des Nach­bar­bun­des­lan­des Meck­len­burg-Vor­pom­mern, führten auch die Kol­le­gen aus Bran­den­burg ihre Strate­gie fort, Punkbands zu krim­i­nal­isieren und in einen rel­a­tivieren­den Zusam­men­hang mit Nazirock­bands zu stellen. Wir führten ein Inter­view mit ein­er der betrof­fe­nen Bands aus diesem Jahr: “Auf Bewährung” (aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern) wer­den vom Ver­fas­sungss­chutz Bran­den­burg als “Has­s­musik mit link­sex­trem­istis­chen Bezü­gen” diffamiert.

Infori­ot: Erzählt doch mal kurz worum es in eur­er Band „Auf Bewährung“ geht und was ihr so macht!?

Auf Bewährung (AB): Auf Bewährung ist eine Punkrock­band, wir vere­inen also Rock­musik, mit kri­tis­ch­er Punk-Attitüde — oder ander­srum. Wir machen seit etwa 2006 Musik zusam­men, im “großen Stil” aber erst seit 2009/2010. In der Zeit haben wir zwei Alben und eine EP raus­ge­bracht und grob geschätze 120 Konz­erte in kleinen Clubs, auf Soli-Basis für linke und alter­na­tive Pro­jek­te, auf Fes­ti­vals und in Wohnz­im­mern gespielt.

Infori­ot: Eure Kol­le­gen von Feine Sahne Fis­chfilet (FSF) ste­hen ja auch seit zwei Jahren im Ver­fas­sungss­chutzbericht, allerd­ings in Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Warum seid ihr im Bran­den­bur­gis­chen gelandet?

AB: Ehrlich gesagt, sind wir auch ver­wun­dert, eher in Bran­den­burg, als in Meck­len­burg-Vor­pom­mern vom VS ins Visi­er genom­men wor­den zu sein. Vielle­icht hat­te der VS-MV alle Hände mit FSF zu tun, so dass wir nicht mal als Ran­der­schei­n­ung wahrgenom­men wurden.

Vielle­icht liegt es auch daran, dass wir schon immer das Augen­merk darauf gelegt haben, durch und mit unser­er Musik “raus” beziehungsweise weg von dort zu kom­men, wo wir aufgewach­sen sind. Im Ver­fas­sungss­chutzbericht Bran­den­burg sind wir wegen unseres vier Jahre alten Songs “1312 (Hass wie noch nie)” gelandet, ein Song, der sich in guter alter plaka­tiv-kri­tis­ch­er Deutsch­punkmanier gegen Polizei und Staat richtet. Offen­bar muss da jemand von den Damen und Her­ren des Ver­fas­sungss­chutzes mal auf einem unser­er Konz­erte gewe­sen sein.

Infori­ot: Da ihr ja aus Face­book seid, wie auf eur­er Inter­net-Seite ste­ht, wollt ihr da über­haupt als Band aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern wahrgenom­men werden?

AB: Als wir neulich auf einem sym­pa­this­chen Fes­ti­val von ein­er noch sym­pa­this­cheren Per­son als “Auf Bewährung — Punkrock aus Face­book” angekündigt wur­den, haben wir das dank­end übernommen.

Wir iden­ti­fizieren uns nicht mit unser­er Heimat, warum soll­ten wir es nicht ein­fach auf die Spitze treiben, indem wir uns lieber mit unser­er aller Has­sliebe Face­book ein­lassen. Hehe!

Infori­ot: Wie habt ihr von eur­er Nen­nung im VS-Bericht erfahren?

AB: Ich bin neulich aufgewacht und hat­te eine SMS von einem Bekan­nten aus ein­er bran­den­bur­gis­chen Band mit dem Link zum Auszug auf dem Handy. Alleine hät­ten wir das wohl gar nicht raus­ge­fun­den. Kon­nte ja auch nie­mand mit rech­nen.

Infori­ot: Hat das für euch ähn­liche Kon­se­quen­zen nach sich gezo­gen wie bei FSF — Konz­ertab­sagen und so weit­er? Was denkt ihr? Bei kleineren und weniger medi­en­wirk­samen Bands, wie euch, kann das doch auch schon mal zum Prob­lem werden.

AB: Das Prob­lem sehen wir auch. Deswe­gen ver­suchen wir eine größt­mögliche Öffentlichkeit darauf aufmerk­sam zu machen, zumal die Vor­würfe an uns ja noch absur­der sind, als die, die FSF ent­ge­genge­bracht werden.

Eben grade bei Konz­erten die nicht in alter­na­tiv­en Ein­rich­tun­gen stat­tfind­en, kön­nte es prob­lema­tisch wer­den, wenn wir auf ein­mal von ein­er harm­losen Punk-Band zu Ver­fas­sungs­fein­den gemacht und stig­ma­tisiert werden.

Infori­ot: Wie seht ihr denn den Vor­wurf der euch unter­stellt wird? Ihr seid ja auf eurem Blog da schon kurz drauf einge­gan­gen. Auf­fäl­lig ist auch, dass über Naz­ibands, die ja nun wirk­lich men­schen­ver­ach­t­ende Texte haben, in dem VS-Bericht nicht viel gesagt wird. Soll hier ein Gefährdungspo­ten­tial aufge­baut wer­den, was es so nicht gibt?

AB: Der Song ist aus unser­er Sicht nicht nur nicht ver­fas­sungs­feindlich, son­dern erfüllt auch keinen Straftatbe­stand, da mehrere Gerichte entsch­ieden haben, ACAB nicht als Belei­di­gung, werten zu kön­nen. Aufrufe zur Gewalt oder zu Straftat­en wer­den in dem Song auch nicht getätigt.Von daher hof­fen wir, dass Leute, die sich mit der The­matik auseinan­der­set­zen, zur gle­ichen Erken­nt­nis wie wir kom­men, näm­lich, dass unsere Nen­nung völ­lig unsin­nig und unbe­grün­det ist, grade im Ver­gle­ich zum Abschnitt über die Naz­ibands des Bundeslandes.

Meine per­sön­liche Mei­n­ung ist, dass der VS irgend­wie ein Gegengewicht oder eine Legit­imierung schaf­fen will, um die Bedro­hung von rechts, die es in Bran­den­burg, genau­so wie in Meck-Pomm, gibt, zu ver­ham­losen. Da müssen dann auch schon­mal Bands aus anderen Bun­deslän­dern, wie die Pest­pock­en (Hes­sen) oder eben wir her­hal­ten, um ein “linkes Gefährdungspo­ten­tial” her­aufzubeschwören, was nicht zu find­en ist… Was grade unsere unsin­nige Nen­nung noch ein­mal unterstreicht.

Infori­ot: Was denkt ihr generell über die Ten­denz der Ver­fas­sungschutzbe­hör­den gegen antifaschis­tis­che und sich als links veror­tende Bands vorzugehen?

AB: Das gle­iche The­ma: Extrem­is­mus­the­o­rie. Verkürzt lässt sich sagen, es wird EINE Bedro­hung her­auf­beschworen, um eine andere zu recht­fer­ti­gen. Es gibt also kein Nazi-Prob­lem, son­dern ein “Extrem­is­mus­prob­lem”. Das lässt sich medi­al gut verkaufen, man kann Sta­tis­tiken gegenüber­stellen, die oft absur­der nicht sein kön­nen — da wer­den dann Kör­per­ver­let­zun­gen oder Morde von rechts mit Graf­fi­tis an Job­cen­tern von links gle­ichge­set­zt – bei­des extrem­istis­che Straftat­en. Oder in unserem Beispiel: Wir wer­den mit Bands auf eine Stufe gestellt, die indi­rekt den Holo­caust leug­nen. Ich kön­nte kotzen!

Infori­ot: Wollt ihr juris­tisch gegen eure Nen­nung im VS-Bericht vorgehen?

AB: Wir berat­en uns derzeit mit einem Anwalt, der schon ver­schiedene Pro­jek­te in Meck­len­burg-Vor­pom­mern gegen ihre Nen­nung im Ver­fas­sungss­chutzbericht unter­stützt hat.

Wenn es geht, wer­den wir alles dafür tun, um den entsprechen­den Absatz des Berichts schwärzen zu lassen.

Infori­ot: Warum, denkt ihr, greift sich der VS ger­ade Bands wie FSF, oder euch her­aus, wo es doch in Bran­den­burg und in der BRD all­ge­mein doch hun­derte Bands gibt, die ähn­liche Texte haben und noch nie ange­grif­f­en wur­den? In Meck­len­burg-Vor­pom­mern gab es ja den Vor­wurf, dass der VS nur im Inter­net recher­chiert und auch oft bei anderen Pub­lika­tio­nen abschreibt.

AB: Klar, diese Gedanken haben wir uns auch gemacht. Wir sind im Inter­net, genau­so wie FSF, sehr aktiv. Wir sind “greif­bar­er” als andere Bands, weil wir bewusst mehr in ein­er eigen-kon­stru­ierten Öffentlichkeit ste­hen. In unserem Fall ist es ein­fach noch absur­der, denn dort wurde schein­bar falsch abgeschrieben. Im Bericht ste­ht, dass wir 4 Konz­erte in Bran­den­burg gespielt haben, aber es waren nur 3, weil beim Konz­ert in Neu­rup­pin unsere Karre aufm Weg liegenge­blieben ist oder so… Das wäre alles mit ein paar Klicks durch unsere Konz­erthis­to­rie her­auszufind­en gewesen.

Das Lied gibt’s, wie alle Songs von besagtem Album, auch nur noch im Inter­net, also liegt die The­o­rie der Inter­net-Recherche tat­säch­lich nahe, denn physisch ist die Scheibe seit Jahren ausverkauft und wird wohl auch nicht mehr neu aufgelegt.

Infori­ot: Vie­len Dank! Wenn euch noch etwas auf dem Herzen liegt, ist hier der richtige Platz um es los zu werden:

AB: Wir danken euch und hof­fen, dass der Ver­fas­sungss­chutz sich mit solchen Aktio­nen immer weit­er selb­st ins Lächer­liche zieht und auf kurz oder lang selb­st demon­tiert. WIR brauchen keine “Behörde”, die Nazis unter­stützt und schlechte Recherche betreibt.

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Antifaschismus

Pleiten, Pannen, Prügel

INFORIOT — Auch in Bran­den­burg geht die NPD auf Stim­men­fang. Zeit einen Blick auf die Kandidat_innen und die Wahlkampf­s­trate­gie der Neon­azi­partei zu werfen.

Die Kandidat_innen: Brand­s­tifter, Bie­der­män­ner und eine hohe Frauen­quote
Bei der Bun­destagswahl 2009 kam die NPD auf ein beschei­denes Ergeb­nis von 1,8 Prozent der Erst­stim­men und 1,5 Prozent der Zweit­stim­men. In Bran­den­burg bekam die NPD 2,5 Prozent der Zweit­stim­men, 0,7 Prozent weniger als bei der Bun­destagswahl 2005, und 2,6 Prozent der Erst­stim­men. Das höch­ste Ergeb­nis, 4,0 Prozent, erhielt Klaus Beier, Bran­den­burg­er Lan­desvor­stand und Bun­de­spress­esprech­er der NPD, als Direk­tkan­di­dat in der Uckermark.

Klaus Beier
Auch dieses Jahr führt Klaus Beier als Spitzenkan­di­dat die Lan­desliste an und tritt als Direk­tkan­di­dat für den Wahlkreis Frank­furt (Oder) – Oder-Spree an. Das ehe­ma­lige Mit­glied der mil­i­tan­ten Deutschen Alter­na­tive (DA) fiel in der Ver­gan­gen­heit des öfteren wegen offe­nen Ras­sis­mus und ander­er Eska­paden auf. Im Zuge der Fußball­welt­meis­ter­schaft 2006 veröf­fentlichte die NPD u.a. in seinen Namen einen WM-Plan­er. In diesem wurde der deutsche Nation­al­spiel­er Patrick Owom­oyela mit den Worten „Weiß – nicht nur eine Trikot-Farbe? Für eine echte NATION­AL-Mannschaft“ unter seinem Trikot  ras­sis­tisch diskri­m­iniert. Er scheute nicht davor zurück, in ein­er Wahlsendung des Fernsehsenders RBB den Fußball­na­tion­al­spiel­er Mesut Özil ras­sis­tisch als „Plas­tik-Deutschen“ zu beschimpfen. Auch wegen weit­er­er anti­semi­tis­ch­er und ras­sis­tis­ch­er Aus­fälle musste Beier sich juris­tisch ver­ant­worten.

Stel­la Häh­nel
Eine auf­fäl­lig hohen Frauenan­teil schickt die bran­den­bur­gis­che NPD ins Ren­nen: Von den zehn Kandidat_innen der Lan­desliste, sind die Hälfte Frauen. Als Num­mer zwei auf der Liste ist Stel­la Häh­nel aufge­führt. Die ex-Frau von Jörg Häh­nel ist seit Beginn der 1990er Jahre ein festes Mit­glied der Berlin-Bran­den­bur­gis­chen Neon­aziszene. Sie war eine der führen­den Köpfe des „Skingirl — Fre­un­deskreis –Deutsch­land“ (SFD) und grün­dete nach dessen Auflö­sung die „Gemein­schaft Deutsch­er Frauen“, sowie die NPD-Frauenor­gan­i­sa­tion „Ring Nationaler Frauen“ (RNF) mit. Außer­dem war sie aktiv in der später ver­bote­nen „Heimat­treuen Deutschen Jugend“ (HDJ).

Stel­la Häh­nel verkör­pert mit ihrem öffentlichen Auftreten die NPD Strate­gie, bei der Frauen durch gesellschaft­spoli­tis­ches Engage­ment und unschein­baren sozialen Kon­takt, Zugang zu päd­a­gogis­chen und bil­dungspoli­tis­chen Ein­rich­tun­gen erlan­gen sollen. In Hohen Neuen­dorf engagierte sie sich zwei Jahre unbe­merkt in einem Kinder­turn­vere­in und einem Familienzentrum.

Ron­ny Zasowk
Auf den drit­ten Platz find­et sich der NPD-Mul­ti­funk­tionär Ron­ny Zasowk. Er ist stel­lvertre­tender Lan­desvor­sitzen­der der bran­den­bur­gis­chen NPD, Mit­glied des Bun­desvor­standes und ver­ant­wortlich für die Schu­lungsar­beit der Partei. Zasowk tritt häu­fig als Red­ner auf NPD-Ver­anstal­tun­gen auf, bei denen er sich NS-Rhetorik, antizigan­is­tis­ch­er Ressen­ti­ments und offen­er nation­al­sozial­is­tis­ch­er Gesin­nung bedi­ent.

Manuela Kokott
Auf den vierten Platz fol­gt Manuela Kokott, die Schatzmeis­terin des Lan­desver­ban­des und des Kreisver­ban­des Oder­land. Neben der Organ­i­sa­tion des Preußen­t­ages, eines geschicht­sre­vi­sion­is­tis­chen NPD-Großevents, pflegt sie Kon­tak­te in die gewaltaffine Kameradschaftsszene.

Dieter Brose, Frank Knuf­fke und Flo­ri­an Stein
Auf den Plätzen fünf, sieben und neun treten Dieter Brose (ehem. Lan­dessprech­er, Kreiss­chatzmeis­ter NPD Hav­el-Nuthe und Kreistagsab­ge­ord­nete in Havel­land), Frank Knuf­fke (Dahme-Spree­wald) und Flo­ri­an Stein (Lan­dessprech­er, Kreis­geschäfts­führer und Press­esprech­er der NPD Oder­land, Vor­sitzen­der Orts­bere­ich Schöne­iche) an. Flo­ri­an Stein war Mit­glied der mil­i­tan­ten „Kam­er­ad­schaft Oder-Spree“. Immer wieder fiel er wegen Bedro­hun­gen und Pöbeleien gegenüber poli­tis­chen Gegner_innen auf.

Lore Lierse, Aileen Rokohl und Bar­bara Weiß
Auf Platz sechs und acht ste­hen Lore Lierse, Koor­di­na­torin für Kom­mu­nalpoli­tik, und Aileen Rokohl, die Lan­des­geschäfts­führerin. Als Direktkandidat_innen sind sie außer­dem für den Wahlkreis Uck­er­mark – Barn­im I und Wahlkreis Märkisch-Oder­land — Barn­im II wählbar. Ähn­lich wie Stel­la Häh­nel geben sich bei­de in der Öffentlichkeit bürg­er­nah. Lore Lierse engagiert sich neben­bei in diversen Hun­dezuchtvere­inen und organ­isiert Sin­gle-Tre­f­fen in Barn­im. Aus der Hun­deszucht kon­nte sie die zuvor nicht öffentlich in Erschei­n­ung getretene Kan­di­datin Bar­bara Weiß zum Wahlkamp­fantritt für die NPD ani­mieren. Aileen Rokohl hinge­gen ist für den KV Barn­im-Uck­er­mark und dessen Inter­net­präsenz ver­ant­wortlich. Sie grün­dete zusam­men mit anderen Neon­azis den Vere­in „Märkisches Fam­i­lien- und Hil­f­swerk“ (PDF-Link). Ihr Ehe­mann, Andreas Rokohl, fällt des öfteren durch Gewalt- und Alko­holeska­paden auf.  

Weit­ere Direk­tkan­di­dat­en
Für den Wahlkreis Prig­nitz — Ost­prig­nitz — Rup­pin — Havel­land I tritt der ex-Repub­likan­er Peter Börs, welch­er im NPD-Stützpunkt in Per­leberg aktiv ist, an. Für den Wahlkreis Bran­den­burg an der Hav­el – Pots­dam-Mit­tel­mark I – Havel­land III – Tel­tow-Fläming tritt Maik Schnei­der, Stadtverord­neter von Nauen und Abge­ord­neter im Kreistag Havel­land, an. Im Wahlbezirk Ober­hav­el – Havel­land II ste­ht der Oranien­burg­er Stadtverord­nete und Kreistagsab­ge­ord­nete Detlef Appel auf der Liste. Er begleit­ete das „NPD-Flag­gschiff“ auf der „Deutsch­land-Tour“ 2012. Anfang 2013 wurde er Bun­desvor­standsmit­glied der „Kom­mu­nalpoli­tis­chen Vere­ini­gung“ (KPV) der NPD. Im Feb­ru­ar 2010 fiel er durch ras­sis­tis­che Äußerun­gen im Oranien­burg­er Stadt­par­la­ment auf.

Der Wahlkampf
Schon rel­a­tiv frühzeit­ig begann die NPD Bran­den­burg ihren Wahlkampf. Es geht ver­mut­lich nicht nur um die Bun­destagswahlen, son­dern auch darum, mit­tel­fristig, Wähler_innen zur Land­tags- und Kom­mu­nal­wahl 2014 an die Partei zu binden. Somit will sie die Lücke zwis­chen Sach­sen und Meck­len­burg Vor­pom­mern schließen.

Aktion Klee­blatt“
Das kon­ven­tionelle Konzept der Mobil­isierung der Straße mit­tels Demon­stra­tio­nen erwies sich als großer Flopp. Die „Aktion Klee­blatt“ 2011/2012, bei der die NPD ver­sucht hat Demon­stra­tio­nen zum The­ma Euro und Europa­poli­tik in den Städten Frankfurt(Oder), Pots­dam, Cot­tbus, Witt­stock und Brandenburg/Havel durchzuführen, bracht­en nicht den gewün­scht­en Erfolg. Der größte Teil der Demon­stra­tio­nen kon­nte durch Sitzblock­aden ver­hin­dert oder mas­siv gestört wer­den. Die Unzufrieden­heit in den eige­nen Rei­hen spiegelte sich auch in den des­o­lat­en Teilnehmer_innenzahlen wider.

Pro­jekt „Tausend­füßler“
Auf der Demon­stra­tion in Bran­den­burg an der Hav­el am 31. März 2012 kündigte Klaus Beier an, „bei Bedarf in Hin­blick auf die Kom­mu­nal- und Land­tagswahlen in das Pro­jekt „Tausend­füßler“ überzuge­hen“. Nach dem Scheiter
n der „Aktion Klee­blatt“ schien dieser Schritt geboten. Mit dem Pro­jekt „Tausend­füßler“ ver­sucht die NPD, durch kurzfristig angekündigte Wan­der-Mah­nwachen und Kundge­bun­gen, oft an ver­schiede­nen Orten inner­halb eines Tages, Protesten zu ent­ge­hen. In mehreren Städten in West­havel­land und Ober­hav­el kon­nte die NPD ohne große Störun­gen Mah­nwachen gegen zu hohe Ben­z­in­preise durch­führen. Zunehmend haben sich allerd­ings Antifas und Zivilge­sellschaft darauf eingestellt, sodass die NPD zunehmend auch bei den Kundge­bun­gen auf spon­ta­nen Protest stößt.

Ras­sis­tis­che Asyl-Kam­pagne
Im Rah­men der bun­desweit angelegten NPD Kam­pagne „Ein­mal Deutsch­land und Zurück. Asyl ist kein Selb­st­be­di­enungsladen“ führt die NPD Bran­den­burg mehrere Kundge­bun­gen in ver­schiede­nen Städten durch. Wie bei der „Tausendfüßler“-Strategie wur­den die Aktio­nen, außer in Eisen­hüt­ten­stadt und Fürsten­walde am 3. August, öffentlich nicht bewor­ben und nur kurzfristig angemeldet. Das aggres­sive Aus­maß dieser Strate­gie zeigt sich in der Pro­voka­tion, direkt vor den Asyl­heimen ihre men­schen­ver­ach­t­ende Het­ze ver­bre­it­en zu wollen. Für den Abschluss der Kam­pagne kündigte die NPD mehrfach an eine Großak­tion zum „Zen­trum des Asylmiss­brauchs“ durchzuführen. 

Zunehmende Aggres­siv­ität
Die Bran­den­burg­er NPD war in der Ver­gan­gen­heit stets bemüht ein Bild der „Küm­mer­erpartei“ zu ver­mit­teln. Durch zunehmende Gewal­taus­brüche in der Öffentlichkeit begin­nt das Image jedoch zu bröckeln.

Am 3. August 2013 wurde in Eisen­hüt­ten­stadt die direk­te Eskala­tion gesucht. Laut dem Bericht des Bünd­niss­es „Kein Ort für Nazis Frank­furt (Oder)“ sprangen mehrere Nazis mit den Rufen „Juden“ und „die Straße frei der deutschen Jugend“ aus den drei Klein­bussen und attack­ierten die Gegendemonstrant_innen, welche den Platz vor der Zen­tralen Auf­nahmestelle (ZAST) vor der Ankun­ft der NPD beset­zt hat­ten, mit Pfef­fer­spray und Fah­nen­stan­gen. Laut Zeug_innenberichten waren bei dem Angriff NPD-Funk­tionäre wie Frank Maar, Frank Odoy, Mar­cel Teske sowie Markus Noak (NPD-Abge­ord­neter im Kreistag Spree-Neiße) beteiligt. Das Bun­desvor­standsmit­glied der Jun­gen Nation­aldemokrat­en (JN) und Chef der JN Lausitz, Pierre Dorn­brach, zeigte bei der Ver­anstal­tung den Hitlergruß.

Eine Woche später fiel Frank Odoy wegen ver­fas­sungs­feindlich­er Äußerun­gen auf der NPD-Kundge­bung am 10. August in Brandenburg/Havel auf. Auf der sel­bi­gen Kundge­bung griff laut einem Bericht von Bran­den­burg­er Antifas Michel Müller, Lan­des­or­gan­i­sa­tion­sleit­er und Kreisvor­stand der NPD Hav­el-Nuthe, vor Augen der anwe­senden Polizei einen Pas­san­ten an. Das ehe­ma­lige Mit­glied der ver­bote­nen Kam­er­ad­schaft „Hauptvolk“ und der Grup­pierung „Arische Kämpfer – White Pow­er Rathenow“ wurde 2002 wegen Bei­hil­fe zu ver­sucht­en Mordes zu dreiein­halb Jahren Haft verurteilt (PDF-Link).

Aus­blick
Nach dem steti­gen Abwärt­strend der let­zten Wahlen ist es schw­er vorstell­bar, dass die NPD einen großen Erfolg bei der Bun­destagswahl ver­buchen wird. Hinzu kommt die Konkur­renz durch die Repub­likan­er, die recht­spop­ulis­tis­che Partei „Pro Deutsch­land“ und der neuen, kon­ser­v­a­tiv­en „Alter­na­tive für Deutsch­land“, die mit der NPD und ihren Anti-Euro-Kurs im sel­ben Teich fis­cht. Fest ste­ht: der Bun­destagswahlkampf dient der bran­den­bur­gis­chen NPD als Vor­bere­itung für ihr eigentlichen Ziel, den Einzug in den Land­tag und die Kom­mu­nal­par­la­mente. Hier wird sich zeigen, ob die Arbeit Früchte getra­gen hat. Inter­es­sant wird hier der Wahlkampf in Konkur­renz mit der Partei „Die Rechte“, dessen Antritt zur Land­tags- und Kom­mu­nal­wahl abse­hbar ist.

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(Anti-)Rassismus Law & Order

Schluss mit den rechtswidrigen Inhaftierungen in Justizvollzugsanstalten

PRO ASYL fordert: Schluss mit den rechtswidri­gen Inhaftierun­gen in Justizvollzugsanstalten

Flüchtlingsrat Bran­den­burg kri­tisiert: Das Land Bran­den­burg mis­sachtet EU-Recht und will im Krankheits­fall in der JVA vollziehen

Wegen eines möglichen Ver­stoßes der deutschen Abschiebung­shaft-Prax­is gegen EU-Recht hat der Bun­des­gericht­shof (BGH) den Europäis­chen Gericht­shof (EuGH) in Lux­em­burg angerufen. In der jet­zt bekan­nt gewor­de­nen BGH-Vor­lage vom 11. Juli 2013 geht es um die Frage, ob die Inhaftierung in ein­er Jus­tizvol­lzugsanstalt zum Zwecke der Abschiebung gegen das Tren­nungs­ge­bot nach EU-Recht ver­stößt. Da der bloße Umstand, aus­reisepflichtig zu sein, keine Straftat ist, will das EU-Recht eine gemein­same Inhaftierung mit Straftätern verhindern.

Bun­desweit wird in zehn von 16 Bun­deslän­dern die Abschiebung­shaft in ein­er Jus­tizvol­lzugsanstalt vol­l­zo­gen. PRO ASYL befürchtet, dass die Prü­fung beim EuGH nun mehrere Jahre dauern kön­nte und fordert deswe­gen, die prob­lema­tis­che Prax­is schon jet­zt aufzugeben. “Im Zweifel für die Recht­mäßigkeit! Auch wenn der EuGH noch nicht entsch­ieden hat, muss der Vol­lzug in Jus­tizvol­lzugsanstal­ten endlich been­det wer­den”, fordert Marei Pelz­er, recht­spoli­tis­che Ref­er­entin von PRO ASYL. Für die Betrof­fe­nen sei es nicht länger zumut­bar die in den Jus­tizvol­lzugsanstal­ten herrschen­den Restrik­tio­nen — wie über­triebene Sicher­heits­maß­nah­men, Handyver­bote oder eingeschränk­te Besuch­szeit­en — zu erdulden.

Auch der BGH geht von einem Ver­stoß gegen EU-Recht aus — über­lässt die endgültige Klärung jedoch dem EuGH, an dessen Entschei­dung auch alle anderen EU-Län­der gebun­den sind.

Aktuell plant das Land Bran­den­burg in einem Ref­er­ente­nen­twurf, erkrank­te Abschiebung­shäftlinge nicht mehr im städtis­chen Kranken­haus ver­sor­gen zu lassen, son­dern den Vol­lzug trotz Krankheit in einem JVA-Kranken­haus fortzuset­zen. Damit ver­stößt das Land gegen das vom EU-Recht vorgegebene und nun auch vom BGH her­vorge­hobene Tren­nungs­ge­bot zwis­chen der Abschiebung­shaft und der Strafhaft. Auch der Zugang der Inhaftierten zu AnwältIn­nen, Bera­terIn­nen und NGOs wäre damit gefährdet oder eingeschränkt. Zudem ver­let­zt das Land mit seinen Plä­nen den Grund­satz der Ver­hält­nis­mäßigkeit bei Frei­heits­ber­aubung: Kranke Flüchtlinge sind beson­ders schutzbedürftig und gehören von vorn­here­in nicht in Haft. „Kranke Men­schen müssen medi­zinisch ver­sorgt und dür­fen nicht inhaftiert wer­den. Ger­ade im Krankheits­fall haben Flüchtlinge einen hohen Beratungs­be­darf und kön­nen wegen ihrer Krankheit ohne­hin nicht abgeschoben wer­den. Daher sind sie im Krankheits­fall sofort zu ent­lassen, weil sich die Abschiebung­shaft zur Sicherung ein­er nicht möglichen Abschiebung erübrigt.” sagte Ivana Domazet vom Flüchtlingsrat Brandenburg.

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