Oranienburg — Die britische Botschaft hat gestern fünf Marinesoldaten
geehrt, die im ehemaligen KZ Sachsenhausen ums Leben kamen. Mit einem Gebet
und einem Dudelsackspiel gedachte man den Männern der Royal Navy, die am 2.
Februar 1945 zusammen mit polnischen und sowjetischen Offizieren erschossen
worden waren. Als am früheren Erschießungsgraben die traditionelle britische
Totenklage «The flowers of the forest» gespielt wurde, legten nach dem
Marineattaché der Britischen Botschaft, Kapitän Richard Wilkinson, auch
polnische und russische Militärattachés Kränze nieder. Denn es waren am
gleichen Tag 84 russische und polnische Soldaten ermordet worden.
Autor: redax
Freifahrtsschein für Nazischläger?
Vier Monate auf Bewährung lautete das Urteil gegen den Rathenower Nazischläger Ricardo G. am vergangenen Mittwoch, dem 29.01.2003.
Verhandelt wurde wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt. G. war während des Rathenower Stadtfestes im September 2002 einem Platzverweis der Polizei nicht nachgekommen und hatte sich zur Wehr gesetzt als die Beamten ihrer Anweisung Nachdruck verliehen. (Siehe hier)
Vier Monate auf Bewährung, obwohl G. keine 30 Tage vor besagtem Stadtfest, am 14.08.2002, zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, ausgesetzt zu drei Jahren auf Bewährung, verurteilt worden war, weil er und zwei andere Rechtsextremisten im Oktober 2001 zwei Sudanesen in Rathenow beleidigten und tätlich angriffen. (Siehe hier, hier und hier)
Knast scheint für G., der nicht einmal einen Anwalt hatte, nicht eingeplant zu sein — das lässt ungute Erinnerungen an die beginnenden 1990er Jahre wieder aufleben, als die Nazis die Baseballschläger mit ins Gericht nahmen, um nach der erhaltenen x‑ten Bewährungsstrafe Rathenow gleich weiter terrorisieren zu können.
In dem Prozess um den Tod des 24-jährigen Aussiedlers Kajrat Batesov ist am inzwischen 10. Verhandlungstag vor dem Landgericht Neuruppin Bewegung gekommen. Vor der großen Strafkammer sagten gestern zwei Staatsanwälte aus. Sie hatten zwei Zeugen vernommen, die wegen des Verdachts der Falschaussage im Gerichtsaal verhaftet worden waren. Die Staatsanwälte gaben zu Protokoll, beide Zeugen hätten ihre Falschaussagen zumindest teilweise gestanden.
Damit bestätigt sich die Vermutung, wonach Angeklagte und Zeugen ihre Aussagen vor Prozessbeginn abgesprochen haben. Fünf Wittstockern im Alter von 20 bis 22 Jahren wirft die Staatsanwaltschaft Totschlag und gefährliche Körperverletzung vor. Sie sollen den Russlanddeutschen Batesov und dessen Freund im Mai vergangenen Jahres vor einer Disco in Alt-Daber bei Wittstock geschlagen, getreten und mit einem 17 kg schweren Feldstein traktiert. Der Russlanddeutsche starb, sein Freund wurde verletzt. Mutmaßlicher Haupttäter ist ein 21-jähriger Maurer, der Schläge und Tritte bereits gestanden hat.
Das Gericht vertagte sich auf den 19.Februar 03. Dann halten die Anwälte ihre Plädoyers. Das Urteil wird aus Sicht der Richterin frühestens am 24.Februar gesprochen.
TREBBIN Der Streit um rechtsextreme Feuerwehrmitglieder in Trebbin (Teltow-Fläming) hat ein Nachspiel. CDU-Bürgermeister Thomas Berger hat kürzlich den bisherigen Ortswehrführer Burkhard Heinrich von seinem posten enthoben. Das Vertrauensverhältnis sei gestört, gab er als Begründung an. Zwischen den beiden hat es im vergangenen Jahr Streit über den Umgang mit einem rechtsextremen Kameraden gegeben. Silvio K. wurde vorgeworfen, im September 1996 an der “Trebbiner Menschenjagd” teilgenommen zu haben, bei der italienische Bauarbeiter von Neonazis durch die Stadt gejagt, geprügelt und schwer verletzt wurden. Dafür wurde er im vergangenen September nach Jugendstrafrecht zu einer Verwarnung und einer Geldstrafe verurteilt. Während der Bürgermeister sich vehement für K. einsetzte, verlangte Heinrich den Ausschluss des 24-Jährigen aus der Feuerwehr. Heinrich erklärte gestern, dass er seine Entlassung rechtlich prüfen lasse.
Schatten einer Auszeichnung
BRANDENBURG/H. Ausländer loben Brandenburg — eine seltene Schlagzeile im Land. Doch bei der Preisverleihung der Alexander von Humboldt-Stiftung und des Stiftungsverbandes Deutsche Wissenschaft zum Wettbewerb “Deutschlands freundlichste Ausländerbehörden” waren auch zwei märkische Behörden dabei. Der Kreis Potsdam-Mittelmark und die Stadt Brandenburg erreichten zwar nicht die ersten drei Plätze, erhielten jedoch mit neun weiteren Kommunen ein “Lob” für ihre Hilfsbereitschaft gegenüber ausländischen Studenten und Wissenschaftlern. Der Preis solle diejenigen “sichtbar machen, die durch ihr Engagement dazu beitragen, den Forschungsstandort Deutschland attraktiver zu machen”, erklärte Stiftungspräsident Wolfgang Frühwald am Donnerstag in Berlin.
Doch auf die Auszeichnung fällt ein Schatten. Der Flüchtlingsrat Brandenburg zeigte sich “empört” über das Lob für die Behörde in Brandenburg/Havel. Es reiche nicht aus, nur ausländische Studenten zu befragen, moniert Judith Gleitze, Geschäftsführerin des Rates. “Seit Jahren machen Flüchtlinge dort äußerst negative Erfahrungen.” Beratungsstellen und Rechtsanwälte würden immer wieder feststellen, dass die Entscheidungen der Mitarbeiter sehr restriktiv sind und Entscheidungsspielräume nicht genutzt werden.
Eine Beraterin, die regelmäßig Ausländer auf ihren Amtsgängen begleitet und ungenannt bleiben will, spricht von “regelrechter Schikane”. Asylbewerber würden alle paar Tage aufs Amt zitiert, erhielten jedoch immer nur extrem kurze Duldungsstempel. “Unter diesen Umständen ist es unmöglich, Arbeit zu finden.”
Jüngstes Beispiel “für die menschenverachtende Handlungsweise” der Behörde, so Gleitze: die versuchte Abschiebung einer Familie aus dem Bürgerkriegsland Kongo, die sich inzwischen im Kirchenasyl aufhält. “Behördenmitarbeiter haben sich illegal Fotos für die Ausreisepapiere erschlichen”, ärgert sich die Flüchtlingsrat-Mitarbeiterin. Außerdem würden die Widersprüche der Familie zur Altfallregelungs-Entscheidung seit mehr als einem Jahr verschleppt.
Kein Einzelfall: Insgesamt hatten 130 abgelehnte Asylbewerber in der Havelstadt Anträge auf Altfallregelung gestellt. Danach darf nur bleiben, wer bereits 1999 Arbeit hatte oder sich nachweislich darum bemühte. 27 Ausländer erhielten 2001 positive Bescheide, 103 wurden abgelehnt. 73 legten daraufhin Widerspruch ein — bisher ohne Reaktion der Behörde, so die Kritik von Petra Faderl, PDS-Landtagsabgeordnete und Brandenburger Stadtverordnete. “Die Leute sollen abgeschoben werden, ohne dass ihre Widersprüche bearbeitet werden. Das geht nicht.” Allerdings sehe sie auch, dass die Mitarbeiter in der Ausländerbehörde überlastet seien, so Faderl. “Ich fordere schon seit Jahren mehr Personal und eine bessere Betreuung — passiert ist bislang nichts.”
Die Stadtverwaltung verweist in einer Stellungnahme ebenfalls auf Arbeitsüberlastung. Zusätzlich zur regulären Arbeit habe die Behörde eine “vergleichsweise große Anzahl an Aufträgen zur Altfallregelung zu bewältigen”, sagt Stadtsprecher Norbert Plaul. Allerdings prüfe der Oberbürgermeister derzeit, wie sich die personelle Situation verbessern lasse, verspricht Plaul. Das Lob lasse man sich jedoch nicht nehmen, da es “ein auf konkreten Erfahrungen basierendes positives Votum von hier lebenden ausländischen Studenten und Forschern widerspiegelt”.
Das kann der Rektor der Fachhochschule bestätigen. Natürlich sei eine reine Hochschul-Umfrage selektiv, räumt Rainer Janisch ein. Allerdings sei ein freundlicher Umgang mit Ausländern keinesfalls selbstverständlich. “In Berlin weht ein rauerer Wind”, berichtet der FH-Chef. “Dort musste ich erst neulich einen meiner afrikanischen Studenten auslösen, der sechs Stunden verhört wurde, weil er seine Papiere vergessen hatte.”
POTSDAM Taschendiebe sind vorsichtiger geworden oder verschwunden,
Automarder fühlen sich beobachtet, und wer eine Schlägerei anzetteln
oder im
Vorbeigehen kurz mal ein paar Fensterscheiben einschmeißen will,
überlegt
sich das dreimal. Zumindest auf den Bahnhöfen in Potsdam, Erkner und
Bernau
sowie vor einer Großdisko in Rathenow. Grund: Das Videoauge des
Gesetzes
wacht dort rund um die Uhr und sieht (fast) alles.
Seit anderthalb Jahren läuft dieses Pilotprojekt, das auf fünf Jahre
angelegt ist. Für Technik und Schulung der Polizisten investierte das
Land
345 000 Euro, der Betrieb kostet monatlich 21 305 Euro. Das Geld sei
gut
angelegt, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) — was die
Gewerkschaft
der Polizei (GdP) jedoch anzweifelt.
Laut Schönbohm gab es 2001 im Potsdamer Hauptbahnhof 280 Straftaten,
2002
nur 113. Auf dem Gelände vor dem Bahnhof wurden 2001 noch 739 Delikte
registriert, im vergangenen Jahr 330. Ähnlich gut sei die Quote am
Bahnhof
Erkner. Beschwerden von Bürgern gegen die Kameras gebe es bisher nicht,
betonte Schönbohm. Ohnehin würde nur bei Verdacht aufgezeichnet und das
Band
nach drei Tagen gelöscht. Ein detaillierter Erfahrungsbericht werde
derzeit
erarbeitet.
GdP-Landeschef Andreas Schuster hält trotz dieser Zahlen an seiner
Kritik
fest: «Die Straftaten finden nur woanders statt, gehen nach meiner
Kenntnis
jedoch insgesamt nicht zurück.» Also, so Schuster, werde Kriminalität
nicht
bekämpft, sondern verdrängt. Zudem betrachte er Schönbohms Zahlen «mit
größter Skepsis», denn bisher habe man z. B. die Straftaten im
Schutzbereich
Potsdam nur insgesamt ausgewiesen. «Für den Hauptbahnhof gab es noch
keine
gesonderte Erfassung.»
Frank Domanski, Vorsitzender des Landesverbandes der Deutschen
Polizeigewerkschaft im Beamtenbund, hält das Projekt für sinnvoll.
«Doch die
Videoüberwachung ist nur eine von vielen Maßnahmen der Polizeiarbeit.»
Wie
er aus Bürgerversammlungen wisse, fühlten sich vor allem Frauen auf den
überwachten Bahnhöfen sicherer. Seine Einschränkung: «Ich denke, es
lässt
sich kaum exakt feststellen, welche Straftat ausschließlich durch
Videoüberwachung vereitelt wurde.»
Und was sagen die Bürger? «Ich finde die Kameras gut, denn es gibt sie
schon
lange an Tankstellen, in der Bank und auf einigen Parkplätzen, und kein
Mensch regt sich darüber auf», sagt Bianca Hanisch, die täglich von
Potsdam
nach Zehlendorf fährt. Auch Klaus-Peter Weyrauch fühlt sich unter den
Videoaugen sicherer: «Schon mal gut zu wissen, dass es die Dinger
gibt.»
Hamburg (ddp-lbg). Die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg kungelt einem «Spiegel»-Bericht zufolge mit dem Verfassungsschutz. Anfang
August
2002 habe sich Konsistorialpräsident Uwe Runge im Auftrag von Bischof
Wolfgang Huber vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Fall des
Cottbuser
Generalsuperintendenten Rolf Wischnath beraten lassen, berichtet das
Magazin
in seiner neuen Ausgabe. Das Kölner Amt habe den Decknamen «Theologe»
der
Stasi-Hauptverwaltung Aufklärung entschlüsselt, bei dem es sich um
Wischnath
handeln solle.
Mit den Verfassungsschützern habe Runge über ein mögliches kirchliches
Disziplinarverfahren gegen Wischnath debattiert, bei dem auch frühere
hochrangige Stasi-Offiziere vorgeladen werden sollten. Offenbar habe
Runge
versucht, damit einen unbequemen Mitarbeiter zu disziplinieren,
berichtet
der «Spiegel» weiter. Wischnath habe zum Missfallen der Kirchenoberen
erwogen, etwa Unionspolitiker wegen einer harten Abschiebepraxis vom
Abendmahl auszuschließen.
Die Aktenlage zum «Theologen» ist dem Bericht zufolge äußerst dünn. In
Stasi-Unterlagen hätten sich Hinweise auf sechs mögliche Kontakte zur
DDR-Aufklärung in einem Zeitraum von sechs Jahren gefunden. Die
Bundesanwaltschaft in Karlsruhe habe 1999 ein Ermittlungsverfahren in
diesem
Fall abgelehnt.
Der aus Nordrhein-Westfalen stammende Wischnath erkläre die
Registrierung
damit, dass er als Mitglied des Sozialistischen Hochschulbundes bei
Reisen
in die DDR in den 70ern auch SED-Mitglieder kennen gelernt habe. Einer
von
ihnen habe offenbar versucht, ihn anzuwerben, was er abgelehnt habe.
Die
Birthler-Behörde in Berlin habe Wischnath Anfang Januar einen
«Persilschein»
ausgestellt.
Positive Bilanz nach eineinhalb Jahren Modellprojekt
Seit dem 1. Juli 2001 haben in den fünf Jugendhaftanstalten des Landes
Brandenburg 64 rechtsextremistisch beeinflusste junge Straftäter an
einem
bundesweit einmaligem Modellprojekt teilgenommen. Unter Anleitung
erfahrener
Sozialarbeiter sollen sie irrationale Ansichten über die Nazizeit,
Selbsttäuschungen, Hass auf Ausländer, Brutalität- und Feindseligkeit
gegen
Andersdenkende «verlernen» . Insgesamt 112 000 Euro lassen sich die
Bundes-
und Landeszentrale für Politische Bildung sowie das Justizministerium
das
Modellprojekt jährlich kosten, das noch bis 2004 läuft.
In Brandenburger Haftanstalten sitzen gegenwärtig 360 Strafgefangene,
die
nach Jugendstrafrecht verurteilt sind, hinter Gittern. Etwa 25 bis 30
Prozent davon seien rechtsextremistisch beeinflusst. Diese wolle man
durch
Diskussionsveranstaltungen und Trainingsgruppen erreichen, erklärte
Staatssekretär Hans-Georg Kluge gestern auf einer Pressekonferenz in
der
Justizvollzugsanstalt (JVA) Spremberg. Im größten Jugendgefängnis des
Landes
mit über 100 Insassen laufen zwei Trainingskurse, in der JVA in Cottbus
einer.
Ein Vertreter vom Verein «Archiv der Jugendkulturen e.V. Berlin» , der
mit
der Durchführung des Projektes betraut ist, wertete es als Erfolg, dass
sich
die Jugendlichen freiwillig zu den Gesprächs- und Trainingsrunden
zusammengefunden hätten. Er selbst bat um Anonymität, weil die rechte
Szene
außerhalb der Gefängnismauern das Bemühen, ihnen die Strafgefangenen
nach
deren Entlassung zu entziehen, massiv bekämpfe und Verantwortliche des
Projektes bedrohe.
Im September will die Bundeszentrale für Politische Bildung in Potsdam
bei
einem Kongress den Justizbehörden der anderen Bundesländer Erfahrungen
und
Ergebnisse der präventiven Arbeit mit rechtsextremistisch beeinflussten
Jugendlichen präsentieren.
Potsdam. Der 48 Jahre alte Vietnamese Xuan Khang Ha darf vorerst nicht
abgeschoben werden. Das Verwaltungsgericht Potsdam folgte damit einem
Eilantrag des 48-Jährigen, wie es am Donnerstag mitteilte. Begründet wird
die Entscheidung mit dem großen überregionalen Medienecho im Fall des Mannes
und seines fünfjährigen Sohnes. Um ihn abzuschieben, waren Anfang Januar
Kirchenräume in Schwante von der Polizei durchsucht worden. Dem Mann drohe
in Vietnam Verfolgung. Es müsse nun der normale Rechtsweg beschritten
werden.
Hick-Hack um Jugendarbeit
WITTSTOCK Die Jugendarbeit in der Wittstocker Region steht auf dem
Prüfstand. Alle sechs über das so genannte 610-Stellen-Programm des Landes
besetzten Stellen, mit der ein Teil der Jugendarbeit abgedeckt wurde, sollen
neu ausgeschrieben werden. Das hat der Jugendhilfeausschuss des Kreises bei
seiner jüngsten Sitzung beschlossen (wir berichteten). Die Ausschreibung
werde Ende Februar oder Anfang März erfolgen, so Kreisjugendamtsleiterin
Annemarie Hefenbrock gestern auf MAZ-Nachfrage.In die Ausschreibung sollen
auch die Ergebnisse einer Sozialraumanalyse für Wittstock einfließen, die
derzeit aber noch in Arbeit ist. Die Analyse wird die Richtung für die
künftige Jugendarbeit vorgeben. “Sie sollte besser ausgerichtet sein”, so
Annemarie Hefenbrock. Eine Besetzung der Stellen werde voraussichtlich erst
im September erfolgen. Denn auch dem “in Verantwortung stehenden Träger”
solle Zeit gegeben werden, sich neu zu orientieren. Es gebe auch
vertragliche Bindungen, die berücksichtigt werden müssten. Die Stellen
werden nach folgenden Schwerpunkten neu ausgeschrieben: Zwei Stellen offene
Kinder- und Jugendarbeit, zwei Stellen mobile Jugendarbeit, eine Stelle
offene Jugendarbeit im Sport und eine Stelle Sozialarbeit in der Schule.
Träger von fünf 610-er-Stellen ist derzeit der Wittstocker
Jugendförderverein “Nanü”. Der Verein werde die Ausschreibung abwarten, so
Vorstandsvorsitzende Sandra Steier. Dann erst soll die Entscheidung fallen,
auf welche Stellen sich der Verein neu bewerben wird. Hintergrund für die
Diskussion um die Vereinsarbeit waren Probleme mit rechtsextremen jungen
Leuten in Wittstock. Auch nach der Gewalttat an zwei Aussiedlern nach einer
Disco Anfang Mai in Alt Daber wurde die Jugendarbeit zum Thema. An den
Folgen der Tat war einer der Aussiedler gestorben, fünf junge Angeklagte
müssen sich deshalb zurzeit vor Gericht dafür verantworten. Die Jugendarbeit
kam in die Kritik. Vom Kreis-Jugendausschuss wurden an der Wittstocker
Arbeit Mängel festgestellt. Die Angebote entsprächen nicht mehr der
“besonderen Situation in der Stadt”, hieß es. So habe sich das Jugendamt
gegenüber dem Förderverein geäußert, sagt Sandra Steier. Der Verein Nanü
kann jedoch zahlreiche Projekte im vergangenen Jahr aufzählen, die sich mit
den Themen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit sowie Integration und
Toleranz beschäftigten. So war der Verein Mitorganisator und Teilnehmer bei
den “Rock gegen Rechts”-Konzerten, bei Toleranzprojekten wie “Die Welle” und
dem “Baff-Projekt”, beim Integrationssportfest und bei einer
Integrationsdisco. Außerdem habe es kontinuierliche Mitarbeit in jedem
Gremium gegeben, das sich mit Integration und dem Thema Fremdenfeindlichkeit
befasst hat, beteuert die Vereinsführung. Schon im Sommer vergangenen Jahres
sei im Jugendhilfeausschuss darüber beraten worden, wie es mit der
Jugendarbeit in Wittstock weiter gehen soll. Der Ausschuss, so dessen
Mitglied Anke Richard, sprach sich damals für eine Sozialraumanalyse
Wittstocks und die Schaffung einer zusätzlichen Stelle für einen
Stadtjugendpfleger aus. Gleichzeitig wurde das Jugendamt vom Ausschuss
beauftragt, die “Zielvereinbarungen” der in Wittstock arbeitenden 610-er-
Stellen der aktuellen Situation entsprechend zu präzisieren. Nun fragt sich
der Nanü-Vorstand, wie es plötzlich zur Stellenausschreibung kommt, anstatt
mit den Trägern die Ziele für Jugendarbeit zu überarbeiten. Eine
Trägervielfalt, so heißt es, soll eine gute Jugendarbeit in der Stadt
garantieren. Der Jugendförderverein leiste seit zehn Jahren gute Jugend- und
Jugendsozialarbeit für Wittstock, sagt der Vorstand. Nun aber bangen fünf
Nanü-Mitarbeiter um ihre Stellung.