POTSDAM. Die regierungsinterne Arbeitsgruppe zum Zuwanderungsgesetz nimmt an diesem Freitag ihre Arbeit auf. Auftrag sei zu prüfen, inwieweit das Gesetz der rot-grünen Bundesregierung den Forderungen Brandenburgs für eine Zustimmung am 22. März im Bundesrat entspreche, sagte Vize-Regierungssprecher Manfred Füger am Donnerstag. Kommt es zu keiner Einigung, müsste sich Brandenburg laut CDU/SPD-Koalitionsvertrag im Bundesrat enthalten. Die Brandenburger Stimmen könnten als “Zünglein an der Waage” das Gesetz zu Fall bringen. Offen ist, ob es von der Kommission ein eindeutiges Votum geben wird.
Autor: redax
“Rathenow rocken, die Welt retten”
auch in brandenburgischen nazikleinstaedten wie rathenow ist antirassistisches engagement moeglich — zum zweiten mal waren jungdemokratinnen mit fluechtlingen einkaufen. beschreibung der aktion plus kritische analyse
um auf die rassistischen sondergesetze mit ihren diskriminierenden und ausgrenzenden wirkungen aufmerksam zu machen, war die basisgruppe rathenow der jd/jl zum zweiten mal mit fluechtlingen einkaufen.
unser fazit ist eigentlich nicht schlecht: wir konnten ca. 230 € zum umtausch organisieren, waren ca. 6 fluechtlinge und 10 linke und erhielten zum teil wohlwollende reaktionen von menschen, die wir auf diese aktion mit flugblaettern aufmerksam machten. einige fakten sind jedoch mehr als frustrierend:
— eine vertreterin der pds rathenow machte zuerst begeisterte zusagen und versprach auf mehrmaliges nachfragen, sich um eine unterstuetzung zu kuemmern. allerdings verpuffte diese solidaritaet in dem moment, in dem mehr gefordert wurde als blosse lippenbekenntnisse.
— auch andere vereine wie z.b. die lebenshilfe oder die awo zeigten sich unserer aktion gegenueber total ablehnend und sagten am telefon, sie wuerden bei “sowas” aus prinzip nicht mitmachen. aha?!
— es gelang uns nicht, buergerinnen und buerger aus rathenow zum mitmachen zu motivieren, obwohl die aktion im netz/ linken zusammenhaengen(imc, stressfaktor, inforiot, www.rathenow.de, junge welt) und auch in der realen welt (flyer, persoenliche kontakte, bekanntmachungen in der schule) bekannt war.
was lernen wir daraus? haben breite buendnisse keinen sinn, weil buerger bei solchen aktionen sowieso nicht mitmachen?
wir glauben, dass in einer situation, in der rechte die totale hegemonie ausueben und es faktisch keine funktionierende linke gegenkultur mehr gibt, breite gesellschaftliche buendnisse wichtig sind. es geht nicht darum, sich politisch abhaengig zu machen oder sich von den idealen & radikalen analysen zu verabschieden, sondern um praktische politik. wir haetten uns fuer solche aktionen eine moeglichst breite unterstuetzung gewuenscht, um mehr medienwirkung und oeffentlichkeit zu erzielen, um menschen zum nachdenken anzuregen, etc. leider hat dies so nicht funktioniert.
linke politik braucht ein forum — und manchmal koennen nur gesellschaftliche akteure, die bestimmte aspekte einer radikalen kritik nicht teilen, dieses bieten.
linke politik muss kommunikativ sein, menschen einbinden koennen. gerade in einer so prekaeren situation wie u.a. in rathenow erscheint es uns wichtig, hemmschwellen zur partizipation abzubauen.
hat jemand von euch erfahrung mit vernetzung in kleinstaedten und kann uns tips geben?
Kontakt: jd-jl.rn@gmx.de
Abschreckung durch Sachleistungen
Liebe Freundinnen und Freunde,
hiermit laden wir Euch zu unserem Tagesseminar zum Sachleistungsprinzip für Asylbewerberinnen in Brandenburg ein.
Mit Georg Classen, Olaf Löhmer und Anette Flade konnten wir erstklassige Referent/innen gewinnen, uns einen fundierten Überblick über die Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes in den einzelnen Bundesländern, die Auswirkungen auf den Lebensalltag der Flüchtlinge sowie Initiativen und Perspektiven des Gutscheinsystems in Brandenburg zu verschaffen.
Wir würden uns freuen, am 23.03.02 in Potsdam-Hermannswerder gemeinsam mit Euch Möglichkeiten der Abschaffung des Sachleistungsprinzips besprechen zu können.
Die Zeit ist reif!
Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär
Lindenstr. 53, 14467 Potsdam
Fon 0331 280 50 83
Fax 0331 270 87 28
www.kampagne-potsdam.de
e‑mail: potsdam@kampagne.de
Seminarablauf
Tagesseminar am Samstag, 23.03.02 im Tagungshaus BlauArt, Potsdam-Hermannswerder:
10.00 Uhr
Begrüßung und Einführung
10.30 Uhr
Das Asylbewerberleistungsgesetz und seine Umsetzung
in den Bundesländern
Georg Classen, Buchautor, Flüchtlingsrat Berlin
12.00 Uhr
Mittagspause
13.00 Uhr
Die Auswirkungen des Sachleistungsprinzips auf den Lebensalltag von Flüchtlingen
Olaf Löhmer, Flüchtlingsrat Brandenburg
15.00 Uhr
Diskussionen, Perspektiven und Alternativen zum
Gutscheinsystem in Brandenburg
Anette Flade, Ausländerseelsorgerin in Potsdam
17.00 Uhr
Ende
Das Seminar findet in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg statt und wird von der Landeszentrale für politische Bildung gefördert.
Anfahrt:
Vom S- Bahnhof Hauptbahnhof- Potsdam fahren Sie mit der Buslinie 693 (Bushaltestelle auf dem Bahnhofsvorplatz) in Richtung Küsselstraße bis zur Haltestelle “Alter Tornow”.
Von der Haltestelle “Alter Tornow” gehen Sie durch das rote Backsteintor, geradeaus über eine kleine Holzbrücke bis zum Parkplatz. Sie folgen links weiter der Straße. Unser Haus befindet sich im Vordergrund der Kirche. (insgesamt ca. 500m Fußweg)
über die Autobahn
Bei der Anfahrt per PKW nutzen Sie die Abfahrt Michendorf auf der A 10. Fahren Sie auf der B 2 nach Potsdam. Nach dem Ortseingang Potsdam biegen Sie mit der B 2 nach rechts ab, dann die erste Seitenstraße nach links und fahren weiter Richtung Caputh. Sie fahren auf der Straße nach Caputh (Templiner Straße) bis in die Talsenke und biegen in die erste Nebenstraße rechts ein und fahren durch das Rote Backsteintor auf das Gelände der Hoffbauer Stiftung. Folgen Sie der Hauptstraße bis zu den ausgewiesenen Parkflächen des Tagungshauses. Das Tagungshaus BlauArt befindet sich linkerhand im Vordergrund der Kirche.
aus Richtung Berlin
Aus Richtung Wannsee die Königsstraße kommend folgen Sie der B 1 in Richtung Brandenburg bis ins Stadtzentrum von Potsdam. Dann fahren Sie auf der B 2 Richtung Beelitz. Von der B 2 fahren Sie dann Richtung Caputh. Sie fahren auf der Straße nach Caputh (Templiner Straße) bis in die Talsenke und biegen in die erste Nebenstraße rechts ein und fahren durch das Rote Backsteintor auf das Gelände der Hoffbauer Stiftung. Folgen Sie der Hauptstraße bis zu den ausgewiesenen Parkflächen des Tagungshauses. Das Tagungshaus BlauArt befindet sich linkerhand im Vordergrund der Kirche.
aus Richtung Brandenburg
Fahren Sie weiter auf der B 1 in Richtung Berlin-Zehlendorf bis ins Stadtzentrum von Potsdam. Folgen Sie dann weiter der B 2 Richtung Beelitz. Von der B 2 biegen Sie dann Richtung Caputh rechts ab. Sie fahren auf der Straße nach Caputh (Templiner Straße) bis in die Talsenke und biegen in die erste Nebenstraße rechts ein und fahren durch das Rote Backsteintor auf das Gelände der Hoffbauer Stiftung. Folgen Sie der Hauptstraße bis zu den ausgewiesenen Parkflächen des Tagungshauses. Das Tagungshaus BlauArt befindet sich linkerhand im Vordergrund der Kirche.
Landtag lehnt den Namen Preußen ab
Ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg soll nach dem Willen des Brandenburger Landtags nicht Preußen heißen. Das Parlament lehnte am Mittwochabend mit 59 zu 5 Stimmen einen entsprechenden Antrag der rechtsextremen DVU ab. Der Namensvorschlag wurde auch von Sozialminister Alwin Ziel (SPD) abgelehnt. Ziel hatte die Debatte in den vergangen Wochen selbst angeheizt und sich dafür ausgesprochen, das Land nach einer Fusion von Berlin und Brandenburg Preußen zu nennen.
POTSDAM Wäre es vor einer Woche nicht schon einmal so abgelaufen, wäre der gestrige Vorfall ein Novum gewesen: Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) sieht sich zu einer öffentlichen Klarstellung veranlasst, weil ihn Äußerungen seines Stellvertreters in der Koalition, Innenminister Jörg Schönbohm (CDU), zum Reizthema Zuwanderung offensichtlich irritiert haben.
Schönbohm hatte gestern mittag kurzfristig die Presse geladen. Es sollte wieder einmal um die Zuwanderungsfrage gehen, aber auch um die Fraktionsvorstandswahl am Vortag. Als es um ein mögliches Abstimmungsverhalten im Bundesrat in der “Z‑Frage” ging, erklärte Schönbohm, dass er die vier Forderungen Brandenburgs im neuen Entwurf als nicht erfüllt ansieht; deshalb sei das Gesetz “nicht zustimmungsfähig”. Schönbohm: “Ich habe für mich eine Entscheidung getroffen, die ist glasklar”.
Ob die Forderungen Brandenburg erfüllt sind, genau diese Frage ist seit Tagen zwischen CDU und SPD strittig. Als Schönbohm vor einer Woche äußerte, “die Landesregierung” könne nicht zustimmen, hatte Stolpe ihn vom Urlaubsort in Tirol aus indirekt gerügt (“vorschnelle Äußerungen”) und auf den Zeitplan verwiesen: keine Entscheidung vor dem 19. März — drei Tage vor der Abstimmung im Bundesrat.
Gestern nun, knapp eine Stunde nach der Schönbohm-Äußerung, drängte es Stolpe zu den Journalisten und an die Mikrofone. Kurz davor ist Stolpe noch ein Satz von Unions-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU) zu Ohren gekommen, der in München erklärte, er rechne mit einer Stimmenthaltung Brandenburgs im Bundesrat. Stolpe pochte erneut auf den mit der CDU und Schönbohm vereinbarten Zeitplan und merkte, scheinbar nebenbei, an: “Ob meine vier Forderungen erfüllt sind, das entscheide ich allein und nicht Stoiber oder sonst einer.”
So deutlich hatte er es bisher noch nicht gesagt. Im Klartext: Der Ministerpräsident behält sich als Regierungschef das letzte Wort vor. Auch im Bundesrat? Darauf geht er zwar nicht direkt ein. Aus seiner Umgebung ist aber zu hören, dass dies auch für den Bundesrat gelte. Schließlich stimme — entgegen allen anderen Beteuerungen — der Regierungschef in der Länderkammer ab — und nur der.
Verwunderung, vor allem aber Ratlosigkeit lösten Schönbohms Äußerungen in Stolpes Umfeld auch deshalb aus, weil sich die bundesweite Großwetterlage etwas entspannt hat. Möglicherweise kommt es auf Brandenburg gar nicht mehr an, sollte beispielsweise das SPD/FDP-geführte Rheinland-Pfalz nicht zustimmen.
Nun wird über die Gründe für Schönbohms neuen Vorstoß gerätselt. In der SPD gibt es die Befürchtung, die CDU könnte durch Querelen wie vor 1999 in schweres Fahrwasser geraten, was Folgen für die Koalition hätte. Und schließlich war am Vortag Schönbohms Ziehkind Sven Petke als innenpolitischer Sprecher der Fraktion durchgefallen.
Wie gefährdet die Koalition ist, darauf gaben beide Spitzenleute gestern ausweichend Antwort. Stolpe: “Ich werde nicht derjenige sein, der sie zerbricht.” Schönbohm: “Ich spekuliere nicht über ein Thema, das sich nicht stellt.”
WITTSTOCK Wer gestern in der Mittagspause “schnell mal zum Chinesen” wollte, hatte Pech. Die Woks im Hong-Kong-Imbiss in der Wittstocker Poststraße blieben kalt. Denn statt zu kochen, musste erst einmal geputzt werden. Der gesamte Geschäftsraum war gestern Früh mit einer weißen Staubschicht überzogen. In jeden Winkel hatte sich das Pulver verteilt.
Es war das Werk von Einbrechern, die in der Nacht zum Mittwoch den Imbiss heimgesucht hatten. Mit einem Feuerlöscher aus dem Hausflur wüteten sie in dem Geschäft, versprühten das Pulver sozusagen flächendeckend. “Außerdem ließen sie Getränke mitgehen, beschädigten die Kasse und stahlen 30 Euro, die sich darin befanden”, sagt der Chef des Hauses, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Auffällig: Um hinein zu gelangen, hatten die Chaoten lediglich die Tür zum Flur aufgebrochen. Sämtliche Außentüren blieben unversehrt.
Glück im Unglück: Die Einrichtung selbst wurde verschont, ebenso wie die Lebensmittel. “Dafür haben wir ein Lager”, erklärt der Geschäftsmann. So hielt sich der Schaden in Grenzen. “Es sind so etwa 500 Euro”, schätzt er.
Den Hong-Kong-Imbiss in der Poststraße gibt es seit 1994. Und in all den Jahren haben es die Geschäftsleute gelernt, mit Übergriffen und Zerstörungen zu leben. Wie oft etwas passiert ist, wissen sie selbst nicht so genau. Denn sie zählen längst schon nicht mehr mit. “Zwei Überfälle und verschiedene Einbrüche oder Beschädigungen. Insgesamt vielleicht acht Mal oder so”, meint der Chef und winkt ab.
Dennoch soll die Zwangspause so kurz wie möglich sein. “Wir wollen morgen wieder öffnen”, hieß es gestern. Um das zu schaffen, wurde den ganzen Tag über nur geputzt und aufgeräumt.
Die Polizei ermittelt — und das mit Erfolg. Es gibt erste Anhaltspunkte. “Wir haben auch schon Tatverdächtige im Visier. Sie kommen allerdings nicht aus Wittstock”, sagt dazu Kripo-Mann René Gerdewischke. Noch ist der Fall aber nicht abgeschlossen.
Tätowiertes Hakenkreuz
HENNIGSDORF Ein 31-Jähriger aus der rechtsextremen Szene, der sich seine Gesinnung auf den Leib hat «schreiben» lassen, wurde am Montagabend in Hennigsdorf (Oberhavel) vorläufig festgenommen. Polizisten hatten gerade einen Streit geschlichtet und nahmen Personalien auf, als sich der 31-Jährige plötzlich umdrehte. Er präsentierte ein auf seinen Rücken tätowiertes Hakenkreuz mit Vogelschwingen und skandierte «Deutschland den Deutschen». Gegen den einschlägig bekannten Mann mit zwei Promille, wird jetzt wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.
Gelungener Radiobeitrag
Gestern, 5. März, gab es im Deutschlandfunk eine recht gelungene Sendung zu linker Jugendpolitik und Kultur im Land Brandenburg. Mit dabei waren Suse vom Demokratischen Jugendform Brandenburg, die Spremberger Piraten, die Schwedter Gruppe PUKK und das Strausberger Hausprojekt Horte. Viel ging es um Aktion Noteingang und Aktion Analyse. Produziert wurde das Ganze vom Rheinischen Journalistenbüro. Hier noch einmal der Ankündigungstext vom D‑Radio:
Politisches Feature: 5.3.2002 • 19:15
Am liebsten würde ich aus Brandenburg weg …
Rechte Gewalt und jugendliche Gegenwehr
von Albrecht Kieser
Vor drei Jahren, als in Bernau ein Gambier und ein Vietnamese am helllichten Tage überfallen wurden, haben Jugendliche die “Aktion Noteingang” gegründet. Diese Aktion war als Nothilfe gegen aktuelle Angriffe gedacht: “Wenn jemand im Falle eines Übergriffs Hilfe suchend in ein Geschäft bzw. in öffentliche Gebäude flüchtet, sollte dem Hilfesuchenden solange Schutz durch die Schaffung von Öffentlichkeit geboten werden…”
Heute sind in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt zahlreiche Jugendgruppen und Bürgerbündnisse in der “Aktion Noteingang” zusammengeschlossen. Es geht ihnen nicht nur um den Schutz von Fremden, es geht ihnen auch um Jugendliche, die zur unangepassten Minderheit gehören und ebenfalls Angriffen ausgesetzt sind. Sie beteiligen sich an Diskussionen in Jugendeinrichtungen und Schulen, zu denen sie eingeladen werden, und sie organisieren eigene Veranstaltungen, Straßenfeste oder Freizeitcamps, in denen sie zum Widerstand gegen das rassistische Klima ermutigen, das nach ihrer Wahrnehmung auch in Teilen der ostdeutschen Politik und Verwaltung vorherrscht
Wer die Sendung verpasst hat, kann hier nach einem Tape fragen: Tel. 0221/345.1381; Redaktion Hintergrund Politik
Wittstocker Schläger vor Gericht
Kaum begonnen, musste der heutige Prozess gegen vier Wittstocker Nazis vorm Neuruppiner Amtsgericht auch schon wieder vertagt werden. “Ich bin nicht in der Lage, 29 Seiten Protokoll in einer halben Stunde aufzuarbeiten”, so Nazianwalt Wolfram Narath. Das Gericht hatte die Aufzeichnungen über eine vorangegangene Verhandlung erst gestern zugestellt. Die Kammer kam dem Antrag nach, die Sache zu vertagen. Am Donnerstag, 14. März, werden Sven K., die Brüder Dennis und Daniel E. sowie Karsten S. erneut vor Gericht stehen.
Gemeinsam drangen sie im Mai vergangenen Jahres in die Wohnung eines Wittstocker Jugendlichen ein. Mit dabei war auch Dennis S., der vom Jugendschöffengericht bereits verurteilt wurde. Die fünf waren auf der Suche nach dem Freund des Wohungsinhabers: Manuel, ein in der Dossestadt lebender dunkelhäutiger Jugendlicher. Sie traten die Tür ein, schlugen den Wohnungsinhaber, zerstörten Möbel und brüllten: “Wo ist der Neger?” Manuel hatte sich auf den Balkon geflüchtet doch die Nazis fanden ihn. Aus Angst versuchte er, den Balkon hinabzuklettern. Er stürzte im dritten Stock ab. Manuel ist schwer verletzt ins Krankenhaus gekommen. Das alles passierte, nachdem die fünf Täter in der Wohnung von Dennis E. gesoffen hatten, im Hintergrund lief die indizierte Naziband “Macht und Ehre”.
Am heutigen Verhandlungstag (04.03.02) machte der Staatsanwalt gar keine Umschweife. “Die Angeklagten sind der rechten Szene zuzurechnen.” Das wollten die Vier augenscheinlich auch gar nicht abstreiten. Bisher stellten sich rassistische Schläger in Prozessen selten so sehr als Nazis zur Schau. Weder auf sonst übliche saloppe Kleidung noch auf den Muttisöhnchen-Haarschnitt legte das Quartett wert. Die Glatze war bei allen frisch geschert, am Leib die klassischen Skinhead-Klamotten. Auf die Straftat eingehen wollen sie nicht. Überboten wurden die Angeklagten von ihren Kumpels, die im Publikum saßen. “Combat 18” oder “Chaos eighty eight” und “ZOG Watching” stand auf ihren Pullovern. Es kommt die Vermutung auf, dass es die Wittstocker Szene darauf anlegt, einen politischen Prozess zu führen. Das ist eine neue Qualität. Dass die Sache politisch werden soll, dafür spricht auch, dass unter anderem besagter Wolfram Narath als Verteidiger auftritt. Er ist Ex-Vorsitzender der mittlerweile verbotenen Wiking-Jugend und auch im NPD-Verbotsverfahren als Anwalt tätig.
Eine rechte Herkunft zu leugnen wäre bei den Angeklagten auch unglaubwürdig. Immerhin handelt es sich bei Sven K. um denjenigen, der vor einigen Jahren einen Brandanschlag auf einen Wittstocker Döner-Imbiss verübte. Und auch nach der Jagd auf Manuel ist er wieder aufgefallen. Sven K. war dabei, als Besucher einer Naziparty sich eine Schlägerei mit der Polizei im Jugendclub Havanna lieferten. Er scheute auch nicht davor zurück, heute einen Prozessbeobachter in der Pause anzupöbeln und Schläge anzudrohen.
Dass Manuel als Nebenkläger auftreten will, war für die Verteidiger der Nazis nicht verständlich. Anwalt Janz: “Ich sehe da keinen hinreichenden Strafvorwurf.” Die Nebenklage wurde aber zugelassen.
Wie gesagt, am Donnerstag, 14. März, wird wieder verhandelt. Beginn ist um 9.15 Uhr, Saal 317 des Neuruppiner Amtsgerichtes. Als voraussichtlich weiterer Termin ist Mittwoch, 20. März, geplant. Selbe Stelle, selbe Welle. Kommt zahlreich. Lasst Manuel mit den Nazis und ihren Hackfressenfreunden nicht allein.
NEURUPPIN Der Prozess gegen Sven K., die Brüder Daniel und Dennis E. sowie Karsten St. gestern vor dem Neuruppiner Amtsgericht endete nicht wie geplant mit einem Urteil. Gerade mal die Anklage wurde verlesen.
Die wirft den vier jungen Männern im Alter von 21 bis 23 Jahren gefährliche Körperverletzung, Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung vor. Danach, so der Staatsanwalt, feierten die vier Angeklagten, die der rechten Szene angehören sollen, mit Gleichgesinnten in der Wohnung von Dennis E. Alkohol machte die Runde, die Musik heizte die Feiernden zusätzlich an: Musik mit fremdenfeindlichen Texten, so auch die indizierte CD “Herrenrasse” der Gruppe Macht und Ehre. Derart aufgestachelt fiel der Gruppe ein, dass bei einem Nachbarn häufig ein “Neger” zu Besuch ist. Alle waren sich einig, “dem eins auf die Fresse zu hauen”. Gesagt, getan.
Gemeinsam rannten alle in den vierten Stock zur Wohnung von Daniel A. Die geschlossene Wohnungstür wurde eingetreten. “Wo ist der Neger?”, soll Dennis St. gerufen haben. Der 18-Jährige ist dafür bereits in einem anderen Verfahren rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt worden.
Der so beschimpfte Manuel G. hatte sich aus Angst auf den Balkon geflüchtet und kletterte von dort aus auf den Nachbarbalkon. “Da ist er ja!” Dennis St. hatte den Flüchtenden entdeckt. In panischer Angst schwang sich Manuel G. über die Brüstung, um auf den darunter gelegenen Balkon zu gelangen. Doch statt in Sicherheit landete er drei Stockwerke tiefer auf dem Erdboden. Trotz seiner Verletzungen gelang ihm die Flucht.
In der Zwischenzeit wurde der Wohnungsinhaber von mindestens zwei seiner ungebetenen Gäste mit Fäusten geschlagen. Ein anderer zertrümmerte mit der Hand die Scheibe der Wohnzimmertür. Einer trat die Tür der Schrankwand ab. Dann machten sich alle auf die Suche nach Manuel G. Dennis E. mit einer Eisenstange bewaffnet, Karsten S. hatte einen Schlagring im Auto. Von diesem Tathergang geht die Staatsanwaltschaft aus. Die Angeklagten wollten sich gestern nicht dazu äußern.
Bevor der in einem Jugendverfahren bereits verurteilte Dennis St. als Zeuge aus der Haft vorgeführt werden sollte, erhielten die Verteidiger die Protokolle seiner Verhandlung. 29 Seiten in einer knappen Stunde durchzuarbeiten: Das sei eindeutig zu wenig Zeit, fanden übereinstimmend die Anwälte. Das Gericht gab ihnen Recht. Bis nächste Woche haben sie nun Zeit zum Aktenstudium. Die Verhandlung wird am 14. März fortgesetzt.