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Na sdorowje in Friesack mit russischem Ska-Punk

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Im Land der kalten Win­ter hat man ein schw­eres Gemüt? Von wegen! Rus­s­lands dien­stäl­teste Ska­Punk-Band Dis­tem­per beweist das Gegen­teil: und zwar am zweit­en August-Woch­enende auf dem Frie­rock-Fes­ti­val im Havel­land. Ange­fan­gen vor 25 Jahren und mit fast 20 Alben gehört Dis­tem­per defin­i­tiv zu den stärk­sten musikalis­chen Export­gütern aus Moskau. Grund genug, sie als diesjähri­gen Head­lin­er nach Frie­sack zu holen.

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Band­fo­to von Dis­tem­per aus Moskau, Rus­s­land (© Chris­t­ian Stech­er — pirates-inc.de)

Zusam­men mit den Berlin­ern B6BBO, Wucan aus Dres­den, der Rock ’n’ Roll-Band The Colts aus Olpe und vie­len weit­eren regionalen und über­re­gionalen Bands präsen­tieren die Organ­isatoren des Frie­rock-Fes­ti­vals aufs Neue ihre per­sön­liche Crème de la Crème der alter­na­tiv­en Musik­szene – im Vorder­grund ste­ht dabei immer der Spaß.

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Band­fo­to von B6BBO aus Berlin (© B6BBO.de)

 Nicht nur die Ohren, son­dern auch die Augen kom­men beim Frie­rock auf ihre Kosten: Die BMX Crew „Friss-Dreck“ aus Dall­gow und Hand­made Visu­al Action von Trash­puz­zle (Flickr/Face­book) aus Berlin sind am Start. Malte von Yatao wird mit einem Hang-Work­shop dabei sein.

 Das Fes­ti­valtick­et kostet 15 Euro und ist an der Abend­kasse erhältlich. Das Camp­en ist im Preis inbe­grif­f­en. Weit­ere Infor­ma­tio­nen sowie das kom­plette Line-Up 2015 gibt es unter www.frierock-festival.de und auf www.facebook.com/Frierock-Festival.

Schalom in Frie­sack – Crowd­fund­ing für eine israelis­che Band

The Angel­cy, eine junge Folk-Band aus Tel Aviv machen Musik, die alle Kul­turen anspricht – das Frie­rock-Fes­ti­val möchte allen Kul­turen eine Bühne geben. Was liegt also näher als die israelis­che Band nach Frie­sack zu holen? Um das zu real­isieren und finanziell zu stem­men, startete das alter­na­tive Fes­ti­val aus dem Havel­land seine erste Crowd­fund­ing-Kam­pagne. Das gesam­melte Geld soll für die Anreise, Unter­bringung und Gage ver­wen­det wer­den. Das Ziel sind 1.800 Euro. 20% wur­den bish­er erre­icht. Die Kam­pagne läuft noch bis Ende Juli 2015.

17 Jahre Frierock-Festival

Die „Frie­rock­er“ – das sind etwa 20 Leute aus der Region – reisen das ganze Jahr über von Konz­ert zu Konz­ert, um eine exk­lu­sive Auslese an regionalen und über­re­gionalen Bands aus ver­schieden­sten Musik­stilen nach Frie­sack zu brin­gen. Im Kollek­tiv wird so im Han­dum­drehen ein buntes Fes­ti­val aus dem staubi­gen Boden der char­man­ten Flieder­stadt gestampft. Mit viel Liebe zum Detail und einem tra­di­tionellem Gespür für echte Geheimtipps schaf­fen es die Organ­isatoren die alter­na­tive Flamme des Havel­lan­des am Lodern zu hal­ten. Faire Preise und eine einzi­gar­tig famil­iäre Atmo­sphäre run­den das Fes­ti­val ab und sor­gen für seine Beliebtheit.

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Antifaschismus

Brandenburg an der Havel: Geldstrafe für III. Weg Funktionär nach Hitler Verherrlichung im Socialmedia

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Pas­cal S. (38) gehört seit den 1990er Jahren zu den führen­den Köpfen der neon­azis­tis­chen Szene in Bad Belzig. Im Mai 2014 zog S. für die NPD (allerd­ings, laut eige­nen Bekun­den, ohne die dor­tige Mit­glied­schaft) in die Stadtverord­neten­ver­samm­lung sein­er Heimat­stadt ein, hat dieses Man­dat aber inzwis­chen an einen anderen Neon­azi abgegeben. Stattdessen ist S., seinen Angaben zufolge,nun bei der neon­azis­tis­chen Klein­partei „Der dritte Weg“ aktiv. Erst am 26. Juni 2015 trat er bei ein­er von dieser Organ­i­sa­tion bewor­be­nen Ver­samm­lung in Wittstock/Dosse als Red­ner auf.Gerne ver­tritt S. bei solchen Gele­gen­heit­en die Posi­tion des Anklägers und greift in seinen Reden ver­meintliche „Missstände“ im Land auf. Dabei dif­famiert er Asyl­suchende regelmäßig als Krim­inelle und Schmarotzer. Heute saß der ALG II Empfänger S. allerd­ings sel­ber auf der Anklage­bank. Die Staat­san­waltschaft warf ihm die Ver­wen­dung von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen vor.
Hitler­bild in Socialmedia-Chronik
S. soll am 20. April 2014 ein Bild­nis von Adolf Hitler in der Chronik seines Social­me­dia-Pro­fils „Kalle Wei­h­nacht­en“ gepostet haben. Ange­blich wollte er damit nur seine Fre­unde erre­ichen, von denen fünf, darunter auch der NPD Kreistagsab­ge­ord­nete André Schär, das Bild auch mit „Gefällt mir“ markierten. S. gab weit­er­hin zu, das Hitler-Bild­nis auf seinem Handy gehabt und es von dort hochge­laden zu haben. Gemäß sein­er gerichtlichen Aus­sage wollte er damit Hitler zum Geburt­stag gedenken. Entsprechend war auch die Bil­dun­ter­schrift: „Damals wie heute“ – eine Nazi­pa­role, die eigentlich mit dem Zusatz­wort „Hitler­leute“ endet. Die nähere Bedeu­tung des gesamten Slo­gans, sei S. allerd­ings, laut eige­nen Bekun­den, nicht bekan­nt gewe­sen. Warum das Bild in der öffentlichen Chronik gelandet sei, könne er sich eben­falls nicht erk­lären. Ihm sei auch klar gewe­sen, dass der­ar­tige Veröf­fentlichun­gen „Ärg­er“ nach sich ziehen würden.
Tat­säch­lich wurde die Begeben­heit dann auch von der Presse the­ma­tisiert. S. war in den Fokus der Medi­en ger­at­en, weil er bei den Bran­den­burg­er Kom­mu­nal­wahlen als Kan­di­dat für die NPD antrat. Auch ein Mit­glied des „Aktions­bünd­niss­es Bran­den­burg gegen Gewalt, Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit“, das heute als Zeuge geladen war, doku­men­tierte den Chronikein­trag mit dem Hitler-Bild im Rah­men sein­er pressemäßi­gen Tätigkeit. Das Aktions­bünd­nis Bran­den­burg porträtierte damals mehrere Wahlka­n­di­dat­en der NPD, u.a. auch S. Die genaue Auf­gabe des Zeu­gen bestand darin, die Quellen für diese Porträts zu prüfen und zu sich­ern. Woher er denn so sich­er sei, dass „Kalle Wei­h­nacht­en“ auch mit S. iden­tisch sei, bohrte der Angeklagte fra­gend nach. Aberder Zeuge ließ sich nicht beir­ren und begrün­dete dies mit ein­er ein­deuti­gen ID, mit welch­er ein Social­me­dia-Nutzer ermit­telt wer­den kann. Anzeige gegen S. habe das Aktions­bünd­nis allerd­ings nicht gestellt, dies sei nicht deren Aufgabe.
Diese Auf­gabe über­nahm stattdessen die Polizei und leit­ete die notwendi­gen Ermit­tlun­gen ein. Die mit dem Ver­fahren betraute Krim­i­nal­beamtin erschien heute eben­falls vor Gericht und sagte als Zeu­g­in aus. Sie habe das Pro­fil von S. ohne Ein­schränkun­gen ein­se­hen und Sicherun­gen davon machen können.
Verurteilung zu ein­er Geldstrafe
Nach Abschluss der Beweisauf­nahme sah die Staat­san­waltschaft somit den Anklagepunkt des „Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen“, gemäß § 86a StGB, als erfüllt an und forderte eine Frei­heitsstrafe von drei Monat­en, aus­ge­set­zt zu zwei Jahren auf Bewährung. Damit blieb sie exakt drei Monate unter der Forderung, wie in einem ähn­lichen Fall, der in der ver­gan­genen Woche ver­han­delt wurde. Dort war gegen denangeklagten Neon­azi Sascha L. wegen des „Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen“ ein Straf­maß von sechs Monat­en, aus­ge­set­zt zu zwei Jahren auf Bewährung, gefordert wor­den. L. gilt übri­gens als Bekan­nter von S. und war heute eben­falls im Gerichtssaal anwe­send. Bei­de verbindet offen­bar eine Kar­riere als Gewalt­täter. Zeitweise saßen sie auch in der­sel­ben JVA ein.
Entsprechend üppig sin­dauch die Bun­deszen­tral­reg­is­tere­in­träge von S. Die erste Jugend­strafe, ein gemein­schaftlich began­gener Dieb­stahl wurde 1993 ver­han­delt. Für 1996 gibt es zwei Ein­träge, ein­mal wegen Nöti­gung und gemein­schaftlich gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung und ein­mal wegen Nöti­gung und ein­fach­er Kör­per­ver­let­zung. Ein weit­er­er Ein­trag im Jugend­straf­bere­ich fol­gte 1997. Wieder ging es um Nöti­gung, Kör­per­ver­let­zung und gefährliche Kör­per­ver­let­zung. Trotz­dem wur­den alle Strafen nur zur Bewährung ausgesetzt.Weitere Ein­träge fol­gten, unter anderem nochmals 1997 wegen Kör­per­ver­let­zung. 1998 wurde S. erst­mals zu ein­er mehrjähri­gen Haft­strafe ohne Bewährung verurteilt. Er hat­te mit weit­eren Tätern Mit­glieder ein­er Punk Band in Pritzwalk (Land­kreis Prig­nitz) über­fall­en und bru­tal zusammengeschlagen.
Doch auch der Aufen­thalt in ein­er JVA schien S. nicht zur Ver­nun­ft gebracht zu haben. 2009 wur­deer erneut wegen eines Roheits­de­lik­tes (fahrläs­siger Kör­per­ver­let­zung) verurteilt.
Darüber hin­aus ist S. in zwei Fällen wegen Belei­di­gung (2000 und 2004) und ein­mal wegen Volksver­het­zung in Tatein­heit mit dem Ver­wen­den von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen (2010) im Bun­deszen­tral­reg­is­ter verzeichnet.
 
Trotz der ein­schlägi­gen Kar­riere des Angeklagten ver­hängte der Richter jedoch keine Frei­heitsstrafe, wie von der Staat­san­waltschaft gefordert. S. sei Vater von zwei, von ihm getren­nt leben­den Kindern, für die er unter­halt­spflichtig ist. Deshalb und auf­grund sein­er finanziellen Sit­u­a­tion sah das Gericht eine Geld­strafe von 60 Tagessätzen a 15,00 € als angemessen an.

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Antifaschismus

Neuruppin: Neonazis provozierten erneut bei Gedenken an Emil Wendland

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Am frühen Abend haben unge­fähr 30 Men­schen am Neu­rup­pin­er Schulplatz an den vor 23 Jahren getöteten Emil Wend­land gedacht. Der Obdachlose wurde dort am 1. Juli 1992 von Naziskins getötet. Zur Erin­nerung an Wend­land wur­den zwei Reden gehal­ten und Blu­men an ein­er Gedenkplakette niedergelegt. Unmit­tel­bar nach der Gedenkver­anstal­tung provozierten allerd­ings, wie bere­its im ver­gan­genen Jahr, Neon­azis. Sie ver­sucht­en im Rah­men ein­er angemelde­ten Kundge­bung den Toten für ihre Zwecke zu vere­in­nah­men und die neon­azis­tis­che Ide­olo­gie als Tat­mo­tiv zu verleugnen.
Neon­azi-Pro­voka­tion am Tatort
Bere­its am gestri­gen Tag hat­ten die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“, gemäß ihrer Social­me­dia-Präsenz, eine Flug­blat­tak­tion anlässlich des Todestages von Emil Wend­land durchge­führt. In einem dazuge­höri­gen State­ment verurteilt die Neon­azi­gruppe das Gedenken als „Lüge und Het­ze“ gegen ihre„Weltanschauung“. „Kein anständi­ger Nation­al­ist“ sehe „Men­schen seines Volkes als – nicht lebenswert – an, nur weil sie ohne fes­ten Wohn­sitz, bzw. auf staatliche Hil­fe angewiesen sind“, so die Freien Kräfte weiter.
Ein Blick in die Geschichte offen­bart allerd­ings das Gegen­teil. Ab 1933, mit Beginn der nation­al­sozial­is­tis­chen Dik­tatur in Deutsch­land, wur­de­nOb­dachlose als so genan­nte „Arbeitss­cheue“ und „Asoziale“ ver­fol­gt. Unge­fähr 10.000 Men­schen wur­den zudem als so genan­nte „Nicht­sesshafte“ in Konzen­tra­tionslager eingewiesen. Diese Ver­fol­gung war auch ide­ol­o­gisch begrün­det. Gemäß „Rasse­hy­gien­is­ch­er und bevölkerungspoli­tis­ch­er Forschungsstelle“ (RHF) gal­ten „asoziale Charak­tereigen­schaften“ ange­blich als vererb­bar. Viele Obdachlose wur­den in der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus deshalb auch zwangssterilisiert.
Obdachlosendiskri­m­inierung ist somit offen­sichtlich kein Aus­druck „sub­kul­tureller Per­spek­tivlosigkeit“, wie es die 20 Neon­azis aus Ost­prig­nitz-Rup­pin, der Prig­nitz, dem Havel­land und Bran­den­burg an der Hav­el auch heute wieder auf einem ihrer Ban­ner darstell­ten, son­dern eher Pro­dukt ein­er zutief­st men­schen­ver­ach­t­en­den Ideologie.
Mitunter wirk­ten die State­ments der „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ sog­ar wie eine Verunglimp­fung des Andenkens Ver­stor­ben­er, wenn Emil Wend­land darin als Opfer des „familienfeindliche(n) System(s) der BRD“ oder als ange­blich­es „Miss­brauch­sopfer im Kampf gegen Rechts“ dargestellt wird.
Würdi­ges Gedenken an Erinnerungsplakette
Das über­haupt erst an Emil Wend­land erin­nert wird, ist jeden­falls vor allem dem, eben­falls von Neon­azis ange­fein­de­ten, Jugend­wohn­pro­jekt Mit­ten­Drin zu ver­danken. Dieser Neu­rup­pin­er Vere­in set­zt sich seit Jahren für ein würdi­ges Gedenken an den getöteten Obdachlosen ein.
Im Jahr 2012, anlässlich des zwanzig­sten Todestages von Emil Wend­land, set­zte sich das Mit­ten­Drin für die Auf­stel­lung ein­er Gedenkplakette ein. Seit dem fan­den jährlich Erin­nerungsz­er­e­monien statt. Auch heute wurde wieder mit Rede­beiträ­gen, ein­er Schweigeminute und der Nieder­legung von Blu­men an den Tod von Emil Wend­land erinnert.
Der Weg zu einem würdi­gen Gedenken war bis dahin allerd­ings mehr als steinig, denn Wend­land wurde nach 1993 nicht mehr als Opfer „rechter Gewalt“ anerkan­nt. Doch auch hier engagierte sich vor allem das Mit­ten­Drin, in dem es die Erin­nerung an die Tat immer wieder in das Bewusst­sein der Neu­rup­pin­er zurückholte.
Anerken­nung als Opfer poli­tisch motiviert­er Gewalt
Die Anerken­nung Wend­lands als Opfer poli­tisch motivierte Gewalt fol­gte dann aber erst vor weni­gen Tagen, als das Bran­den­burg­er Innen­min­is­teri­um am 29. Juni 2015 einen Forschungs­bericht des „Moses Mendel­sohn Zen­trum vorstellte.
In der Doku­men­ta­tion wur­den 23 Alt­fälle mut­maßlich­er recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Gewalt nach 1990 im Land Bran­den­burg unter­sucht, die bish­er nicht in der polizeilichen Krim­i­nal­sta­tis­tik für der­ar­tige Fälle aufge­führt waren. Neun weit­ere Tötungsver­brechen wur­den allerd­ings bere­its als poli­tisch motivierte Gewalt­tat­en anerkan­nt. Zu diesen kamen, mit der Veröf­fentlichung des Forschungs­bericht­es jet­zt neun weit­ere Ver­brechen hinzu. Auch die Tötung von Emil Wend­land wird kün­ftig wieder als poli­tis­che Gewalt gew­ertet wer­den. Grund hier­für war die gezielte Absicht der dama­li­gen Täter Obdachlose zu mis­shan­deln. Ein­er der Täter recht­fer­tigte sich später dies­bezüglich in sein­er polizeilichen Vernehmung und fand es, laut Forschungs­bericht, richtig, „Assis einen Denkzettel zu geben“. Diese wür­den „nur von unseren Steuergeldern“ leben und außer­dem das Stadt­bild „ver­schan­deln“. „Nicht richtig“ fand der Tatverdächtige bei der Aus­sage gegenüber der Polizei zwar, auf jeman­den, der noch schläft, einzutreten .Aber „vom Grunde her“ braucht­en „die Assis mal Denkzettel“, damit sie sich dann vielle­icht mal um Arbeit bemühen, so die Recht­fer­ti­gung des sel­ben Täters. Und weiter:„Wenn wir rechts ori­en­tierten uns nicht um so etwas küm­mern, tut es kein­er.“ Weit­er­hin soll der­selbe Täter in sein­er polizeilichen Vernehmung freimütig zugegeben haben, dass er sich „zur recht­en Szene“ zäh­le und „eine gesunde rechte Ein­stel­lung habe“.
 weit­ere Fotos: hier
 
 

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Antifaschismus

Brandenburg an der Havel: „Heimattreue ungebrochen“ – Neonazi erneut verurteilt

2015.06.30 Brandenburg Havel Prozess gegen Neonazi (3)
Es war die let­zte Ver­hand­lung des Tages, die heute gegen 15.45 Uhr im Saal III des Amts­gericht­es Bran­den­burg an der Hav­el begann. Ob dies allerd­ings auch die let­zte Ver­hand­lung für den ein­schlägig vorbe­straften Angeklagten L. sein wird, bleib abzuwarten. Heute wurde er jeden­falls ein­mal mehr für ein poli­tisch motiviertes Delikt verurteilt.
„Küh­nen­gruß“ bei erster BraMM-Demo
Dabei ging es um einen Fall im Jan­u­ar diesen Jahres. Der Angeklagte Sascha L. befand sich als Ver­samm­lung­steil­nehmer auf der ersten „PEGIDA“-Demonstration der BraMM („Bran­den­burg­er für Mei­n­ungs­frei­heit & Mitbes­tim­mung“). Schnell zog der ein­schlägig bekan­nte und sehr auf­fäl­lig gek­lei­dete Mann das Inter­esse eines Fotografen auf sich. L. bemerk­te dies und soll den recht­en Arm zum soge­nan­nten „Küh­nen­gruß“ erhoben haben. Der Fotograf ver­suchte dieses Ereig­nis zu doku­men­tieren, löste aber offen­bar zu spät aus, so dass auf dem ent­stande­nen Foto nur noch der sich senk­ende Arm zu sehen war. Als Zeuge der Anklage stand der Jour­nal­ist dem Gericht jedoch trotz­dem zur Ver­fü­gung. Der Fotograf hat­te den Gruß näm­lich deut­lich wahrgenom­men und dies auch noch ein­mal vor Gericht zweifels­frei dargelegt. Bestätigt wur­den dessen Aus­sage von einem Polizeibeamten, der am Tattag in Bran­den­burg an der Hav­el einge­set­zt war. Er hat­te das Geschehen aus der Ferne beobachtet und den Gruß eben­falls gese­hen. Der Angeklagte L. bestritt hinge­gen den „Küh­nen­gruß“ ver­wen­det zu haben. Gemäß sein­er Erin­nerung habe er lediglich das „Victory“-Zeichen gezeigt. Für dieses Sym­bol hätte er lediglich den Zeigefin­ger und den Mit­telfin­ger benötigt, um daraus ein „V“ zu machen. Bei­de Zeu­gen bestätigten jedoch, unab­hängig voneinan­der, dass L. auch den Dau­men gespreizt habe. Das somit gezeigte „W“, entspricht, unter Zuhil­fe­nahme des gestreck­ten Armes, dem so genan­nten „Wider­stands­gruß“ oder „Küh­nen­gruß“, einem im Neon­az­im­i­lieu ver­wen­de­ten Ersatz­gruß für den ver­bote­nen „deutschen Gruß“ (umgangssprach­lich: „Hit­ler­gruß“).
Verurteilung zu ein­er Freiheitsstrafe
Nach Abschluss der Beweisauf­nahme sah die Staat­san­wältin somit den Anklagepunkt des „Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen“, gemäß § 86a StGB, als erfüllt an und forderte eine Frei­heitsstrafe von sechs Monat­en, aus­ge­set­zt zu zwei Jahren auf Bewährung, sowie eine Geld­buße in Höhe von 300,00 €.
Diesem Antrag fol­gte die Rich­terin in vollem Umfang und sprach L. schuldig.
Eine Geld­strafe allein sah das Gericht offen­bar als zu milde, da der Angeklagte bere­its drei Vorstrafen aufwies. Die schw­er­wiegend­ste Tat lag allerd­ings schon einige Jahre zurück. Im Feb­ru­ar 1996 hat­te L. in Bran­den­burg an der Hav­el den damals 23 Jähri­gen Punk Sven Beuter getötet und war dafür zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
Darüber hin­aus wies sein Bun­deszen­tral­reg­is­ter­auszug noch zwei weit­ere Ein­träge, einen wegen gemein­schaftlich began­genen schw­eren Raubes sowie einen wegen des Ver­wen­dens von Kennze­ichen ver­fas­sungswidriger Organ­i­sa­tio­nen auf. Let­zt­ge­nan­nter Ein­trag stammte erst vom 16. Okto­ber 2014, vom Amts­gericht Berlin-Tiergarten.
„Heimat­treue ungebrochen“
L. schien von dem Urteil jedoch wenig beein­druckt zu sein. „Immer noch bil­liger als ein Freis­pruch“, so seine let­zten Worte in der Ver­hand­lung. Bere­its zuvor, auf dem Flur des Gerichts­ge­bäudes hat­te er zu seinem Begleit­er ger­aunt, dass er „hof­fentlich“ verurteilt werde. Der let­zte Freis­pruch habe ihm 3.000,00 € gekostet.
Auch son­st gab er sich wenig reumütig. Zur Gerichtsver­hand­lung erschien L. mit einem schwarzen T‑Shirt, dass u.a. die Auf­schrift „Heimat­treue unge­brochen“ sowie ein „eis­ernes Kreuz“ als Sym­bol enthielt.
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Nauen: “Absetzung des Bürgermeisters” gescheitert

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Den Bürg­er­meis­ter von Nauen sowie den Lan­drat des Kreis­es Havel­land wollte eine „Bürg­er­be­we­gung freies Nauen“, gemäß mas­siv ver­bre­it­eter Fly­er und Plakate, am Son­ntagabend im Rah­men ein­er Demon­stra­tion abset­zen. Das Vorhaben scheit­erte jedoch grandios. Ger­ade ein­mal 30 Per­so­n­en waren den Aufrufen gefol­gt und hat­ten sich an der Bahn­hal­testelle Nauen ver­sam­melt. Die Demon­stra­tion wurde allerd­ings trotz­dem durchge­führt, wenn auch in viel kürz­er­er Form als üblich. Auch führte der ras­sis­tisch motivierte Aufzug erst­mals nicht in Hör- und Sichtweite der zen­tralen Gegenkundge­bung vor­bei. Diese fand wieder am Rathaus, mit unge­fähr 60 Teilnehmer_innen, statt. Ent­lang der Route des ras­sis­tis­chen Aufzuges gab es hinge­gen nur spo­radis­che Protestaktionen.
Lokale NPD Struk­tur dominiert Rassist_innenaufzug
Auch wenn zu dieser erneuten Demon­stra­tion gegen die geplante Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende im Ort die „Bürg­er­be­we­gung freies Nauen“ aufgerufen hat­te, stellte die lokale NPD erneut ihre Logis­tik zur Ver­fü­gung. Der Laut­sprech­wa­gen wurde ein­mal mehr vom ehe­ma­li­gen NPD Stadtverord­neten Maik Schnei­der gestellt, Schnei­der sel­ber betätigte sich als Stim­mungs­mach­er und der einzige Red­ner stammte offen­bar von befre­un­de­ten Parteistruk­turen aus dem Land­kreis Ober­hav­el. Des Weit­eren war der Briese­langer NPD Gemein­der­at Frank Kit­tler wieder vor Ort.
Auch inhaltlich blieb die Ver­anstal­tung wenig „bürg­er­lich“. Zwar wurde die „Abset­zung des Bürg­er­meis­ters + des Lan­drates“, als vorge­blich eigentlich­er Anlass der Demon­stra­tion, mit ange­blichen „Steuergeld­ver­schwen­dun­gen“, „geplanten Zwangsen­teig­nun­gen“ und „undemokratis­ch­er Regierungsweise (Asy­lanten­heim)“ begrün­det – auf Plakat­en, Sprechchören oder den Rede­beiträ­gen wurde allerd­ings dann fast auss­chließlich nur gegen Asyl­suchende und Flüchtlinge gehet­zt. Beze­ich­nend war dies­bezüglich auch das Front­ban­ner mit der Auf­schrift: „Wir schreien es laut her­aus: Asylschmarotzer raus“. Vere­inzelt wur­den während der Demon­stra­tion auch wieder Nazi­parolen, wie „Nationaler Sozial­is­mus – jet­zt, jet­zt, jet­zt“ gerufen.
Frühzeit­ig vom ras­sis­tis­chen Aufzug abge­set­zt, dass heißt noch vor dessen eigentlichen Beginn, hat­te sich hinge­gen eine Gruppe Autonomer Nation­al­is­ten aus Nauen und Ketzin/Havel, die mit den „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ sym­pa­thisieren. Diese postierten sich in unmit­tel­bar­er Nähe zur Gegenkundge­bung und späht­en offen­sichtlich die Protestler aus. Zu Zwis­chen­fällen kam es jedoch nicht.
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Antifaschismus

Wittstock/Dosse: Nach III. Weg Kundgebung – Neonazis versuchten Gegendemonstrant_innen anzugreifen

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Gegen eine Ver­anstal­tung von unge­fähr 65 Neon­azis hat­ten am Fre­itagabend ca. 40 Men­schen auf dem Witt­stock­er Mark­t­platz zunächst ohne Zwis­chen­fälle protestiert. Nach zunächst ver­balen Auseinan­der­set­zun­gen begaben sich jedoch Grup­pen von Teilnehmer_innen der neon­azis­tis­chen Ver­samm­lung direkt zur Gegen­ver­anstal­tung und sucht­en dort die gewalt­tätige Kon­fronta­tion. Bere­itschaft­spolizei ging allerd­ings im let­zten Moment dazwis­chen und schick­te die Aggres­soren weg. An ein­er anderen Stelle ver­sucht­en Neon­azis weit­er­hin offen­bar eine kleine Gruppe von Gegendemonstrant_innen auf dem Nach­hauseweg abzufangen.
III. Weg set­zt „Tra­di­tion“ asylfeindlich­er Aufmärsche fort
Die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung rei­hte sich ein­mal mehr in eine ganze Rei­he von Ver­anstal­tun­gen gegen „die Asylpoli­tik“ in der Region ein. Zuvor fan­den ähn­liche Ver­anstal­tun­gen bere­its mehrfach in Wittstock/Dosse und ein­mal in Pritzwalk statt. Dieses mal wurde die Ver­samm­lung jedoch erst­mals unter dem Emblem der neon­azis­tis­chen Klein­partei „der drit­ten Weg“ bewor­ben. Ähn­lich wie im Mai in Pritzwalk, blieb die Demon­stra­tion jedoch nur sta­tionär, als Kundgebung.
Den­noch kamen unge­fähr 65 Per­so­n­en aus den Land­kreisen Ost­prig­nitz-Rup­pin, Prig­nitz, Havel­land, Pots­dam-Mit­tel­mark und Bran­den­burg an der Hav­el, die sich am Mark­t­platz ent­lang des his­torischen Rathaus­es auf­stell­ten. Dabei wur­den typ­is­che Fah­nen und Ban­ner des neon­azis­tis­chen Milieus gezeigt. Das Rathaus als Pro­pa­gan­dasym­bol zu miss­brauchen gelang den Neon­azis jedoch nicht. Die Stadtver­wal­tung hat­te näm­lich dort zuvor eben­falls Sym­bo­l­ik posi­tion­iert, mit der sich allerd­ings deut­lich zu Tol­er­anz und Vielfalt bekan­nt wurde.
Witt­stock beken­nt Farbe
Gegenüber den Neon­azis, am anderen Ende des Mark­platzes, hat­te sich zudem das Bünd­nis „Witt­stock beken­nt Farbe“, unter­stützt durch das Bünd­nis „Neu­rup­pin bleibt bunt“ und Antifas, zu ein­er Kundge­bung ver­sam­melt. Dabei wur­den inter­essierten Bürger_innen vor allem zahlre­iche Infor­ma­tion­sange­bote zum The­ma Asyl bere­it­gestellt. Eine kleine Plakatausstel­lung wurde gezeigt sowie Broschüren zum mit­nehmen angeboten.
Darüber hin­aus wurde natür­lich auch protestiert. Mit Beginn der Neon­azikundge­bung stell­ten sich die Gegendemonstrant_innen eben­falls auf, zeigten Plakate und Trans­par­ente, die sich gegen Hass und neon­azis­tis­che Ide­olo­gie richteten, und pfif­f­en die Neon­azis auf der anderen Seite aus. Ein als Pirat verklei­de­ter Mann schwang mit­ten auf dem Mark­t­platz sog­ar eine Peitsche Rich­tung neon­azis­tis­ch­er Ver­samm­lung. Möglicher­weise sollte durch das Knallen des Led­ers den Neon­azis gezeigt wer­den, dass sie hier nicht willkom­men sind.
Angriffsver­suche auf Gegendemonstrant_innen
Die Teilnehmer_innen der Neon­azikundge­bung blieben zunächst jedoch unbeein­druckt. Der erste Rede­beitrag von Pas­cal Stolle („Der dritte Weg“) führte auch nicht ger­ade zu emo­tionalen Auss­chwei­fun­gen, wurde wahrschein­lich schon zu oft wieder­holt. Auch der Rede­beitrag von Mar­vin Koch („Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“) schien eben­falls ähn­lich zu ver­laufen. Dann provozierte Koch jedoch mit dumpfer Polemik gegen Antifas im All­ge­meinen, so dass sich einige Gegendemonstrant_innen einen Spaß daraus u.a. ihn zu verulken. Die Neon­azis ver­standen aber dies­bezüglich offen­bar über­haupt keinen Spaß, fühlten sich möglicher­weise in „ihrer“ Stadt brüskiert und begaben sich, unmit­tel­bar nach dem Ron­ny Schar­fenort die neon­azis­tis­che Ver­samm­lung been­dete, sofort in Rich­tung Gegenkundge­bung. Allen voran schrit­ten zwei bekan­nte Brüder, welche T‑Shirts mit einem Emblem der „Nationalen Sozial­is­ten Wittstock/Dosse“ tru­gen. Sie ver­sucht­en die Sit­u­a­tion durch ver­bale Belei­di­gun­gen und Dro­hun­gen eskalieren zu lassen. Die Polizei tren­nte jedoch die Lager. Eben­falls stellte sie sich dazwis­chen, nach­dem Sympathisant_innen der „Freien Kräfte Prig­nitz“ des­gle­ichen ver­sucht­en, zur Gegen­demon­stra­tion vorzu­drin­gen. Dabei sollen auch konkrete Bedro­hun­gen gegen einzelne Gegen­demon­stran­ten aus­ge­sprochen wor­den sein.
Tat­säch­lich sam­melten sich die Neon­azis dann später noch in ein­mal in ein­er Seit­en­straße und ver­sucht­en die zuvor bedro­ht­en Per­so­n­en auf deren Nach­hauseweg durch nochma­lige Gewal­tan­dro­hung und Spuck­at­tack­en einzuschüchtern.
In allen Fällen blieb es jedoch, zumin­d­est an diesem Abend, bei den Ver­suchen. Ver­let­zun­gen wur­den nicht bekannt.
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Kloster Lehnin: Zwischen Ablehnung und Willkommen — Einwohnerversammlung zur geplanten Asylunterkunft in Damsdorf

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Auch der heutige Abend stand, wie so oft in den let­zten Tagen und Wochen, voll und ganz im Fokus der Diskus­sion zur Auf­nahme von neuen Flüchtlin­gen. Da deren Anzahl weit­er­hin steigt, sind die jew­eili­gen Admin­is­tra­tio­nen bestrebt, ihnen die vom Geset­zge­ber zugesicherten Unterkün­fte zur Ver­fü­gung zu stellen.
Auch die Land­kreise in Bran­den­burg ste­hen hier in der Pflicht. Gestern wurde über einen geplanten neuen Stan­dort in Schön­walde-Glien (Land­kreis Havel­land) informiert, heute die Einwohner_innen des Lehnin­er Ort­steils Dams­dorf (Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark). Bei­de Gemein­den verbindet der ländliche Sied­lungscharak­ter und die Abwe­sen­heit urbaner Infra­struk­turen. Allerd­ings gibt es an bei­den Orten große, ungenutzte Flächen die für die tem­poräre Bebau­ung sowie für die Nutzung als Unterkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge geeignet sind. Auch wenn dies nicht unbe­d­ingt dem Ide­al­fall ein­er Woh­nun­ter­bringung entspricht.
Während im Havel­land aber ein Neubau geplant ist, wird der Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark einen 2004 geschlosse­nen Kaser­nen­stan­dort nutzen. Dieser befände sich, laut Kreisver­wal­tung, in einem guten Zustand.
Res­o­lu­tion der Gemeinde
600 Asyl­suchende und Flüchtlinge sollen hier ein­mal unterge­bracht wer­den. Eine Anzahl, welche die Gemein­de­v­er­wal­tung Kloster Lehnin für sehr beden­klich hält.
In ein­er heute ver­lesenden Res­o­lu­tion fordert die Gemeinde eine Beschränkung der Flüchtlingszahl auf 200 Men­schen sowie eine Verteilung der übri­gen Per­so­n­en auf andere Stan­dorte. „Im Ver­hält­nis zur Größe des ca. 1.500 Ein­wohn­er starken Ortes Dams­dorf ist für 600 hil­fe­suchen­den Men­schen eine offene nach­haltige Willkom­men­skul­tur nicht umset­zbar“, so die schriftlich niedergelegte Posi­tion der Gemeindevertretung.
Ander­er­seits will sich Kloster Lehnin, gemäß Res­o­lu­tion, aber auch der „gesellschaftlichen Auf­gabe der Unter­bringung von Asylbewerbern/Flüchtlingen“ nicht entziehen, son­dern wird sich ihr eben doch stellen.
Zwis­chen Ablehnung und Willkommen
Den­noch war die Anspan­nung bei den unge­fähr 300 Bürger_innen auf der Einwohner_innenversammlung in ein­er Schul­sporthalle deut­lich anzumerken. Aber­mals, wie auch an vie­len anderen Stan­dorten, pras­sel­ten wieder diverse Äng­ste und Vorurteile auf die im Podi­um sitzen­den Ver­wal­tungsangestell­ten und Amt­sträger. Alle vier Ansprech­part­ner, Gertrud Meißn­er und Thomas Schulz von der Land­kreisver­wal­tung sowie Bernd Kreyken­bohm (Bürg­er­meis­ter von Kloster Lehnin) und Uwe Brück­n­er (Ortsvorste­her Dams­dorf), macht­en allerd­ings einen sehr kom­pe­ten­ten Ein­druck und beant­worten geduldig alle Fra­gen. Die Mehrheit der Men­schen im Saal zu gewin­nen fiel aber auch ihnen schw­er. Immer wieder aufs Neue wur­den Sicher­heits­be­denken, zuweilen Sozial­neid aber auch ein tiefes Unver­ständ­nis für die Arbeit der Ver­wal­tung in Gemeinde und Land­kreis artikuliert. Viele der Anwe­senden schienen sich über­haupt zum ersten mal mit Kom­mu­nalpoli­tik auseinanderzusetzen.
Allerd­ings gab es auch hier in Dams­dorf Wort­mel­dun­gen von Men­schen, die sich für die Flüchtlinge ein­set­zen wollen. Einige von ihnen tru­gen sich im Anschluss an die Ver­anstal­tung sog­ar in Lis­ten für die Unter­stützung ein­er „Willkom­mensini­tia­tive“ ein.
Peti­tion und Flug­blät­ter gegen das Heim
Unter­schriften­lis­ten sam­meln jedoch momen­tan auch die Gegner_innen der geplanten Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge. Im Inter­net existiert dazu eine „open­petion“, in der sich bish­er 191 Per­so­n­en, davon 143 aus dem gesamten Land­kreis Pots­dam-Mit­tel­mark, einge­tra­gen haben. Auch André Schär, Kreistagsab­ge­ord­neter der NPD, hat sich in dieser Liste einge­tra­gen. Er war auch heute mit eini­gen NPD Sympathisant_innen, Funk­tionären des „drit­ten Weges“ sowie eini­gen lokalen Pro­tag­o­nis­ten der ehe­ma­li­gen Blood&Honour Szene vor Ort. Dem Großteil der organ­isierten Neon­azis, unge­fähr 20 Per­so­n­en, wurde jedoch der Ein­lass zur Ver­anstal­tung ver­wehrt. Mit­glieder des „drit­ten Weges“ posi­tion­ierten sich daraufhin aber mit ihren Parteishirts im Ein­gangs­bere­ich und verteil­ten Flug­blät­ter dieser neon­azis­tis­chen Klein­partei. Zu nen­nenswerten Zwis­chen­fällen kam es jedoch nicht.
Neben dem mit­telmärkischen Neon­az­im­i­lieu war übri­gens auch die recht­skon­ser­v­a­tive AfD durch ihren Land­tagsab­ge­ord­neten Stef­fen Königer aus Werder (Hav­el) vertreten. Dieser hielt sich jedoch eben­so zurück und beschränk­te sich aufs beobacht­en und Kon­tak­te knüpfen.
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Schönwalde-Glien: Gereizte Stimmung bei Einwohnerversammlung zu Asylunterkunft / Neonazis provozierten

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Wolf­gang Gall, Sozialdez­er­nent des Land­kreis­es Havel­land, ist am gestri­gen Abend in Schönwalde/Glien nicht zu benei­den. Er ist sichtlich angenervt von dem immer wieder gle­ichen Vorurteilen, die ihn bei jed­er Ein­wohn­erver­samm­lung zur Ein­rich­tung von Gemein­schaft­sun­terkün­ften von Asyl­suchen­den und Flüchtlin­gen ent­ge­gen­schla­gen. Einige Queru­lanten, z.B. ein ehe­ma­liger Polizeibeamter aus West-Berlin ken­nt er inzwis­chen per­sön­lich. Bei anderen wech­seln die Gesichter. Die Äng­ste und Vorurteile aber bleiben: Warum wur­den die Einwohner_innen nicht gefragt? Warum kom­men nur Män­ner? Wir haben Angst um unsere Kinder. Um nur einige Punkt zu nennen.
Trotz der Rou­tine die eigentlich herrschen müsste, wirkt Gall gestern etwas schlecht vor­bere­it­et. Zwar kon­nte er zu allen Punk­ten etwas sagen, im Detail wirkt er jedoch zu oft blass, von den Fragestellern überrollt.
Unum­strit­ten ist jeden­falls das im Schön­walder Gewer­bege­bi­et eine Gemein­schaft­sun­terkun­ft für Asyl­suchende und Flüchtlinge gebaut wer­den soll. Geplant sei es, dort, ab Novem­ber 2015, unge­fähr 400 Men­schen unterzubrin­gen. Bessere, schneller zur Ver­fü­gung ste­hende und gle­ichzeit­ig preis­gün­stige Woh­nun­terkün­fte seien, gemäß Her­rn Gall, zurzeit nicht beschaff­bar. Auch bei der Lage des Objek­tes, außer­halb der Ortschaft, mit­ten in einem Gewer­bege­bi­et, in unmit­tel­bar­er Nähe eines Paint­ball­spielfeldes für Freizeit-Paramil­itärs scheint der Land­kreis keine Bedenken zu haben bzw. am Ende sein­er Optio­nen zu sein. Immer­hin wurde ver­sprochen den Rad­weg vom Dorf bis zum Heim zu ver­längern und eine Busan­bindung zu schaf­fen. Die ärztliche Ver­sorgung solle zudem durch ein Ärztez­im­mer sowie Ein­rich­tun­gen in Nauen und Falkensee garantiert wer­den. Polizei soll im Bedarfs­fall aus Falkensee und Hen­nigs­dorf ange­fordert wer­den. Neue Einkaufmöglichkeit­en soll es hinge­gen nicht geben.
Dies waren aber nur einige Dinge die den sichtlich gereizten Bürger_innen unter den Nägeln bran­nten. Viele woll­ten konkrete Tipps zur Inte­gra­tion. 400 Men­schen in eine Dor­fge­mein­schaft zu inte­gri­eren ist eben doch eine Her­aus­forderung. Schnell kom­men Fra­gen nach Kita- und Schulplätzen, zusät­zlichen Erzieher_innen und Lehrer_innen. Außer­dem soll es im Ort kaum Vere­ine, die den Flüchtlin­gen eine Per­spek­tive geben kön­nten, existieren. Ander­er­seits ist Schön­walde-Glien eine Gemeinde aus sieben Ort­steilen in denen ins­ge­samt 9.108 Einwohner_innen leben, mehr als in so manch­er Kle­in­stadt mit Flüchtling­sun­terkun­ft im Kreis. Eine Orts­beirätin aus Per­wer­nitz regte deshalb auch eine engere Zusam­me­nar­beit an. Ein Wille zur Auf­nahme von Flüchtlin­gen und Asyl­suchen­den war also am gestri­gen Abend dur­chaus vorhan­den. Es fehlte anscheinend allein die Überzeu­gungskraft der bei­den Land­kreis­mi­tar­beit­er, im Angesicht der bis zu 300 Zuschauer_innen. Zwar war auch noch ein Vertreter der Polizei als Gas­tre­f­er­ent anwe­send und der Bürg­er­meis­ter von Schön­walde als Mod­er­a­tor tätig, weit­ere wichtige Per­so­n­en, die von ihren Erfahrun­gen mit der Betreu­ung von Flüchtlin­gen und Asyl­suchen­den im Land­kreis bericht­en kön­nten, wie z.B. Heimleiter_innen der beste­hen­den Unterkün­fte oder der/die Ver­ant­wortliche für das kün­ftige Heim in Schön­walde-Glien fehlten. Dies lief bei ähn­lichen Ver­anstal­tun­gen in anderen Land­kreisen, wie Ost­prig­nitz-Rup­pin und Pots­dam-Mit­tel­mark, oder kre­is­freien Städten, wie Bran­den­burg an der Hav­el, deut­lich bess­er ab.
Recht­skon­ser­v­a­tive und Neon­azis stören Veranstaltung
Die Gegner_innen der Gemein­schaft­sun­terkun­ft waren indes offen­bar bess­er vor­bere­it­et. Der ehe­ma­lige AfD-Press­esprech­er für den Land­kreis Havel­land, Ger­ald Hüb­n­er, verteilte beispiel­sweise vor Beginn der Einwohner_innenversammlung Flug­blät­ter, die sich gegen eine „Dauer-Willkom­men­skul­tur­pro­pa­gan­da“ sowie die „massen­hafte unges­teuerte Ansied­lungspoli­tik zukün­ftiger Nicht­deutsch­er“ richtet.
Der ehe­ma­lige havel­ländis­che Kreistagsab­ge­ord­nete und Nauen­er Stadtverord­neter, Maik Schnei­der (NPD), kon­nte sich mit einem Sym­pa­thisan­ten vor dem Fen­ster des Sitzungssaales postieren und dort ein Ban­ner mit der Auf­schrift: „Wir sagen nein zum Asy­lanten­heim“ zeigen. Eine ähn­liche Aktion hat­te er bere­its am 12. Feb­ru­ar 2015 bei ein­er Stadtverord­neten­ver­samm­lung in Nauen ver­anstal­tet. Dort war die Sit­u­a­tion anschließend so eskaliert, dass der Saal polizeilich geräumt wer­den musste. Gegen Schnei­der sollen dies­bezüglich polizeiliche Ermit­tlun­gen wegen Land­friedens­bruch laufen. Dies hielt ihn jedoch gestern nicht davon ab in Schön­walde zu erscheinen.
Bei der Einwohner_innenversammlung eben­falls anwe­send war der Schön­walder NPD Gemein­der­at Burkhardt Sah­n­er. Er nutzte die Frages­tunde um hin­sichtlich der Finanzierung der Unterkün­fte zu polemisieren und bekam dafür tosenden Applaus von einem Großteil des Pub­likums. Anson­sten blieb die anwe­sende NPD, neben Schnei­der und Sah­n­er war auch Frank Kit­tler aus Briese­lang da, eher ruhig. Lediglich Franz Pop­pen­dieck, ehe­ma­liger Leit­er des NPD Ortsver­ban­des Brandenburg/Havel pöbelte öfters in den Saal und musste vom Bürg­er­meis­ter zur Ord­nung gerufen wer­den. Pop­pen­dieck soll sich inzwis­chen den „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ zuge­wandt haben, die gestern eben­falls mit unge­fähr 15 Sympathisant_innen vor Ort waren. Allerd­ings trat die Gruppe nicht als Block auf, son­dern hat­te sich in „ziv­il“ im ganzen Saal verteilt. Durch einzelne Zwis­chen­rufe von den Sympathisant_innen der „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“ ent­stand so der Ein­druck, dass im Ort eine bre­ite Ablehnung gegenüber Flüchtlin­gen und Asyl­suchende herrscht.
Verun­sicherung und Hoffnung
Allerd­ings war die Mehrheit der ablehnen­den Stim­men, die ord­nungs­gemäß mit dem Mikro das Wort ergrif­f­en, nicht unbe­d­ingt auf die Anwe­sen­heit der region­al aktiv­en Neon­aziszene zurück­zuführen. Ins­beson­dere Bürger_innen aus Berlin, die von ihren ange­blich schlecht­en Erfahrun­gen mit Asyl­suchen­den in Steglitz und Rudow berichteten und diesen krim­inelles Ver­hal­ten unter­stell­ten, putscht­en die Stim­mung immer wieder auf. Dass der Land­kreis Havel­land, wie auch Wolf­gang Gall noch ein­mal betonte, bish­er hinge­gen völ­lig kon­träre, pos­i­tive Erfahrun­gen mit Flüchtlin­gen zu haben und dies auch durch die polizeiliche Krim­i­nal­sta­tis­tik bele­gen könne, inter­essierte aber offen­bar nur wenig. Dif­fuse Angst war bei vie­len Einwohner_innen spür­bar. Ein Mann erkundigte sich sog­ar, ob es noch möglich sei Ein­spruch oder Klage gegen das Vorhaben des Land­kreis­es zu erheben. Ein ander­er forderte einen Volk­sentscheid zur Auf­nahme von Flüchtlingen.
Den­noch gab es auch Stim­men, die sich für die Auf­nahme von Asyl­suchen­den aussprachen. Viele wären ange­blich dur­chaus bere­it eine kleinere Zahl Flüchtlinge, genauer gesagt bis zu 200, aufzunehmen, 400 schien den meis­ten jedoch zu viel. Auch der Bürg­er­meis­ter schien dies­bezüglich auf kün­ftige Ver­hand­lun­gen mit dem Land­kreis zusetzen.
Andere Wort­mel­dun­gen sahen die erwartete Zahl der Flüchtlinge offen­bar wenig drama­tisch. Ein Mann, der noch dass Ende des zweit­en Weltkrieges miter­lebt, Not gelit­ten hat­te und selb­st auf der Flucht war, sprach sich sehr deut­lich für die Auf­nahme aller ver­fol­gten Men­schen auf. Eine junge Frau rief zu dem dazu auf, endlich Ver­ant­wor­tung zu übernehmen, anzu­pack­en und die kün­fti­gen neuen Nach­barn in Schön­walde tatkräftig zu unterstützen.
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Neuruppin: Neonazis brachen TddZ wegen Blockaden vorzeitig ab

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Über tausend Men­schen haben sich am 6. Juni im Rah­men ver­schieden­er Ver­anstal­tun­gen und Aktio­nen, gegen eine neon­azis­tis­che Ver­samm­lung in der Fontanes­tadt Neu­rup­pin (Land­kreis Ost­prig­nitz-Rup­pin, Bran­den­burg) positioniert.
Zum so genan­nten „Tag der deutschen Zukun­ft“ (TddZ) waren unge­fähr 500 Neon­azis aus dem gesamten Bun­des­ge­bi­et angereist. Die Zahl entspricht in etwa den Teilnehmer_innenzahl der vor­ma­li­gen Ver­anstal­tung­sorte in Wolfs­burg (2013) und Dres­den (2014).
Während die Neon­azis jedoch bish­er an allen vor­ma­li­gen Stan­dorten der TddZ-Kam­pagne bis zum Ende marschieren kon­nten, gab der diesjährige Ver­samm­lungsleit­er der Ver­anstal­tung bere­its nach 1.200m auf. Mehrere hun­dert Men­schen hat­ten zuvor alle wichti­gen Punk­te der Neon­aziroute sowie mögliche Umge­hungswege besetzt.
In Vel­ten (Land­kreis Ober­hav­el) führte ein NPD Funk­tionär außer­dem eine Unter­stützungskundge­bung für den TddZ durch. Zu den befürcht­en Über­grif­f­en auf Zugreisende kam es hier jedoch nicht. Eben­falls wur­den keine Ersatza­ufmärsche für den diesjähri­gen TddZ bekannt.
Die Polizei war in der Region mit min­destens 1.000 Beamt_innen aus Bran­den­burg, Nieder­sach­sen und Ham­burg im Einsatz.
Der näch­ste „Tag der deutschen Zukun­ft“ soll 2016 in Dort­mund stattfinden.
Neon­azi­auf­marsch
Die Neon­azis hat­ten sich in Neu­rup­pin zunächst an der Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ ver­sam­melt. Die Anreise erfol­gte über­wiegend mit der Bahn. PKW Reisende hat­ten ihre Fahrzeuge u.a. an Bahn­hal­testellen vor Neu­rup­pin geparkt und waren eben­falls mit dem Zug angereist. In Vel­ten hat­te der örtliche NPD Stad­trat dies­bezüglich auch eine Kundge­bung an der Bahn­hal­testelle „Vel­ten (Mark)“ angemeldet. Nur vere­inzelte Neon­azi­grup­pen steuerten Neu­rup­pin direkt an.
Von der Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ zogen die Neon­azis dann ab 13.00 Uhr, äußert langsam und immer wieder zum Anhal­ten gezwun­gen, über die Präsi­den­ten­straße, Puschkin­straße bis zur Neustädter Straße, Höhe Bushal­testelle „Kreisver­wal­tung“. Dort löste Anmelder und Ver­samm­lungsleit­er, nach mehreren Rede­beiträ­gen und Dro­hun­gen von Redner_innen die Sit­u­a­tion eskalieren zu lassen den Marsch gegen 15.30 Uhr ent­nervt auf.
Die unge­fähr 500 Teilnehmer_innen des Auf­marsches kamen über­wiegend aus den Bun­deslän­dern Bran­den­burg, Berlin, Meck­len­burg-Vor­pom­mern, Nor­drhein-West­falen, Nieder­sach­sen, Sach­sen-Anhalt, Thürin­gen, Sach­sen, Ham­burg und Bay­ern. Vere­inzelt waren auch Neon­azis anderen europäis­chen Län­dern, wie beispiel­sweise den Nieder­lan­den vertreten.
Poli­tisch war auf dem diesjähri­gen TddZ die gesamte aktive Band­bre­ite des neon­azis­tis­chen Spek­trums vertreten. Die drei großen Neon­azior­gan­i­sa­tio­nen NPD/JN, die RECHTE und der „dritte Weg“ hat­ten zuvor zur Teil­nahme am Auf­marsch aufgerufen und Partei­funk­tionäre entsandt. Des Weit­eren waren auch viele so genan­nter „Freien Kräfte“ vertreten.
Dem Aufruf des Ver­anstal­ters, der Ini­tia­tive „Zukun­ft statt Über­frem­dung“, mit T‑Shirts der aktuellen TddZ Kam­pagne zu erscheinen waren unge­fähr ein Drit­tel der Teilnehmer_innen gefol­gt. Das über­wiegend in Rot gehal­tene „Sol­ishirt“, mit dem schwarz-weißen Fontane-Kon­ter­fei, kon­nte zuvor käu­flich erwor­ben wer­den. Ein großer Teil der Teilnehmer_innen erschien jedoch betont in schwarz. „Autonome Nation­al­is­ten“ und „Freie Kräfte“ bilde­ten auch einen so genan­nten „schwarzen Block“, dessen kämpferische Bedeu­tung am 6. Juni, im Gegen­satz zum Auf­marsch am 1. Mai 2015 in Saalfeld/Saale (Thürin­gen) aber nur ger­ingfügig war. Lediglich zum Ende der Ver­anstal­tung deutete diese For­ma­tion einen zaghaften Aus­bruchsver­such an, blieb jedoch kurz vor den Polizeiket­ten stehen.
Den­noch war die Stim­mung während des Auf­marsches hochag­gres­siv. Vor allem Neon­azis aus Berlin und Dort­mund, die am Rande des Aufzuges liefen, bedrängten immer wieder Journalist_innen. Dass diese durch solche Pro­voka­tio­nen auch im Sinne der Ver­samm­lung han­del­ten, wurde durch Ban­ner mit der Auf­schrift „Lügen­presse“ im Aufzug deutlich.
Ein hohes, allerd­ings in erster Lin­ie ver­bales Aggres­sionspo­ten­tial hat­ten auch die Redner_innen während des Auf­marsches. Kurz vor dessen Abbruch ließ Beat­rice Koch von „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ ihren Hass gegen die „Zeck­en“ in der Stadt frei Lauf und posaunte, dass sie an einem andern Tag gerne mal eine Grill­par­ty bei sich zu Hause ver­anstal­teten werde, von der aus dann anschließend ein „Abendspazier­gang“ durch die Stadt fol­gen kön­nte. Selb­stver­ständlich, wenn nicht soviel Polizei im Ort wäre.
Anmelder Dave Trick, NPD Stadtverord­neter in Neu­rup­pin, sowie Pierre Dorn­brach (Lan­desvor­sitzen­der der JN Bran­den­burg), Maik Eminger (Der dritte Weg) und Ste­fan Köster (Lan­desvor­sitzen­der der NPD Meck­len­burg-Vor­pom­mern) ver­sucht­en in ihren Rede­beiträ­gen eben­falls die Menge anzus­tacheln. Ihre Dro­hge­bär­den ver­pufften jedoch unter der drück­enden Son­nen­hitze des Nachmittags.
Ein weit­er­er Rede­beitrag kam übri­gens nur noch von Sebas­t­ian Schmidtke, Lan­desvor­sitzen­der der NPD Berlin. Die eben­falls angekündigten Red­ner Michael Brück (stel­lvertre­tender Lan­desvor­sitzen­der der Partei „Die Rechte“ in Nor­drhein-West­falen) und Maik Müller aus Dres­den waren zwar anwe­send, betätigten sich aber eher als Fotografen oder liefen am Rande des Aufzuges.
Antifa-Bünd­nis „NoT­D­DZ“ blockiert 
Gegen den „Tag der deutschen Zukun­ft“ hat­te bere­its im Vor­feld das Antifa-Bünd­nis „NoT­D­DZ“ mobil gemacht. In ein­er Pressemit­teilung vom 3. Juni 2015 wurde dies­bezüglich erk­lärt: „Wir wer­den gemein­sam den „Tag der deutschen Zukun­ft“ ver­hin­dern“. Allerd­ings waren die Hür­den hier­für bere­its im Vor­feld sehr hochgestellt. Die Polizei hat­te näm­lich ihrer­seits ver­laut­en lassen, dass sie die Ver­samm­lungs­frei­heit für alle Ver­anstal­tun­gen an diesem Tag, ein­schließlich des Neon­azi­aufzuges, garantieren werde. Kon­flik­te waren somit vor­pro­gram­miert. „NoT­D­DZ“ blieb jedoch entschlossen: „Zivil­er Unge­hor­sam und Block­aden sind für uns dabei das Mit­tel der Wahl“. Gemein­sam mit „viele(n) Antifaschist*innen aus mehreren Bun­deslän­dern“ wollte das Bünd­nis erfol­gre­ich sein.
Dies­bezüglich gab es offen­bar mehrere, so genan­nter Fin­ger­struk­turen, die an unter­schiedlichen Punk­ten der Neon­aziroute unge­fähr gle­ichzeit­ig mit ihren Aktio­nen began­nen. Erste Block­adepunk­te gab es dann gegen 11.30 Uhr u.a. in der Puschkin­straße, im Bere­ich Hein­rich Heine Straße und am Fontane­platz. Als mehrere dutzend Antifaschist_innen in der Fehrbelliner Straße offen­bar zu bere­its beste­hen­den Block­aden durch­brechen woll­ten, set­zte die Polizei Pfef­fer­spray ein und nahm mehrere Per­so­n­en kurzzeit­ig in Gewahrsam. Im Bere­ich Hein­rich-Heine-Straße und Rosa-Lux­em­burg-Straße kam es auch zu einem Wasserwerfereinsatz.
In der Puschkin­straße Ecke Franz Kün­stler Straße leit­ete die Polizei den Neon­azi­aufzug an ein­er Block­ade vor­bei. Dabei kam es in erster Lin­ie zu einem ver­balen Schlagab­tausch zwis­chen Neon­azis und Gegendemonstrant_innen. Vere­inzelt flo­gen aber auch Flaschen.
Weit­ere Block­aden in der Hein­rich Rau Straße und der Thomas Mann Straße bracht­en dann den diesjähri­gen „Tag der deutschen Zukun­ft“ endgültig zum erliegen und führten let­z­tendlich zur Auf­gabe der Neon­azis, die anschließend über eine unbelebte Umge­hungsstraße zur Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ zurück­ge­bracht wurden.
Neu­rup­pins Innen­stadt blieb bunt
Eben­falls gegen den „Tag der deutschen Zukun­ft“ engagiert hat­te sich am 6. Juni auch die Neu­rup­pin­er Zivilge­sellschaft. Sie hat­te sich zuvor als Aktions­bünd­nis „Neu­rup­pin bleibt bunt“ zusam­menge­fun­den und unter dem Mot­to: „Schön­er leben ohne Nazis – Vielfalt ist unsere Zukun­ft“ ein bre­ites poli­tis­ches und kul­turelles Rah­men­pro­gramm für den 6. Juni zusammengestellt.
Die ersten Ver­anstal­tun­gen began­nen bere­its ab 10.00 Uhr. Sowohl von der Bruno-Sal­vat-Straße im Süd­west­en Neu­rup­pins, als auch von der Bahn­hal­testelle „Rheins­berg­er Tor“, in der nordöstlichen Innen­stadt, startete jew­eils ein Demon­stra­tionszug Rich­tung Zen­trum. An bei­den Ver­samm­lun­gen beteiligten sich unge­fähr 400 Men­schen. Ziel der Demon­stra­tio­nen war der zen­trale Schulplatz, auf dem unter dem Mot­to „Fest für Alle“ den ganzen Tag über ver­schiedene Musik­grup­pen sowie Redner_innen aus Poli­tik und Gesellschaft auf­trat­en. Dadurch blieb den Neon­azis die Innen­stadt weit­ge­hend versperrt.
Hin­ter­grund „Tag der Deutschen Zukunft“
Der „Tag der deutschen Zukun­ft“ ist eine im jährlichen Rhyth­mus ver­anstal­tete Großver­samm­lung, an der bis zu 750 Neon­azis teil­nehmen. Ursprünglich offen­bar zunächst für den nord­deutschen Raum, genauer gesagt Schleswig-Hol­stein, Nieder­sach­sen und Ham­burg, konzip­iert, fand der TddZ im ver­gan­genen Jahr zum ersten mal außer­halb dieser Region, in Dres­den, statt. Dort wurde auch die diesjährige Ver­anstal­tung in Neu­rup­pin erst­mals öffentlich bewor­ben. Angemeldet wurde der heutige Auf­marsch aber bere­its Ende März 2014.
Nach dem let­ztjähri­gen TddZ am 7. Juni 2014 in Dres­den begann die Ini­tia­tive „Zukun­ft statt Über­frem­dung“, hin­ter der sich offen­bar ort­san­säs­sige NPD Funk­tionäre als auch die „Freien Kräfte Neu­rup­pin / Osthavel­land“ ver­ber­gen, auch damit bun­desweit in die Fontanes­tadt zu mobil­isieren. Regelmäßig erschienen Vertreter_innen der Ini­tia­tive bei ein­schlägi­gen Szen­ev­er­samm­lun­gen im Bun­des­ge­bi­et oder führten eigene Ver­anstal­tun­gen in Bran­den­burg durch.
Let­z­tendlich hat sich der Aufwand aber nicht gelohnt. Die „Freien Kräften Neu­rup­pin / Osthavel­land“ waren ein­mal mehr in der Fontanes­tadt gescheit­ert. Außer­dem haben sich die diesjähri­gen Veranstalter_innen dahinge­hend (szenein­tern) blamiert, dass der „Tag der deutschen Zukun­ft“ in Neu­rup­pin erst­mals gestoppt wurde.
Das Ende der TddZ-Ver­anstal­tun­gen ste­ht hinge­gen noch nicht fest. Während des Auf­marsches in Neu­rup­pin wur­den näm­lich bere­its Fly­er für die näch­ste Ver­samm­lung im Jahr 2016 verteilte. Diese soll in Dort­mund stattfinden.
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Neuruppin/Velten: Vorbereitungen zu Neonaziaufmärschen laufen

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Wenige Stun­den vor der geplanten neon­azis­tis­chen Großver­anstal­tung in Neu­rup­pin laufen die Vor­bere­itung der Zivilge­sellschaft und des Antifa-Bünd­niss­es „NoT­D­DZ“ offen­bar auf Hoch­touren. In diversen Straßen hat das Aktions­bünd­nis „Neu­rup­pin bleibt bunt“ dutzende Plakate mit der Auf­schrift „Schön­er leben ohne Nazis“ anbrin­gen lassen. An einem Gebäude am Fontane­platz, dem mut­maßlich auch die Neon­azis passieren wer­den hängt sog­ar eine über­große Ver­sion dieses Plakates. Eben­falls im Stadt­bild präsent ist die Partei DIE.LINKE, die eben­falls dutzende Plakate mit Slo­gans, wie „Nazis raus: aus den Köpfen“, ange­bracht hat. Des Weit­eren sind auch mehrere über­große Plakate der Partei, des ASB sowie des Bünd­niss­es „NoT­D­DZ“ an markan­ten Gebäu­den im Stadt­ge­bi­et ange­bracht wor­den. Auf dem Schulplatz ste­ht zudem bere­its eine große Bühne, vor der am Fre­itagabend bere­its ein Lie­der­ma­ch­er spielte und anschließend ver­schiedene in Film­pro­jek­te aufge­führt wur­den. Die ersten Protest­demon­stra­tio­nen am Tag des Auf­marsches wer­den jew­eils um 10.00 Uhr in der Bruno-Sal­vat-Straße und an der Bahn­hal­testelle „Rheins­berg­er Tor“ begin­nen. Hier
Polizei bish­er weit­ge­hend passiv
Die Polizei war im Laufe des Fre­itages nur in der ort­süblichen Stärke präsent. Auswär­tige Ein­heit­en wer­den offen­bar erst am Mor­gen in Neu­rup­pin erwartet. Allerd­ings wur­den bere­its am Fre­itag größere Kontin­gente an Absper­r­git­tern in der Nähe der mut­maßlichen Route der Neon­azis aufgestellt. Im Bere­ich aller Ver­samm­lun­gen, sowohl des Auf­marsches als auch der Gegen­ver­anstal­tun­gen wur­den zudem Parkver­botss­childer aufgestellt.
Neon­azis mobil­isieren nach Neu­rup­pin West
Auch die Vor­bere­itun­gen der Neon­azis laufen offen­bar auf Hoch­touren. Vor weni­gen Stun­den verteil­ten sie anscheinend u.a. ihre let­zten Fly­er im Süd­west­en Neu­rup­pins. Wie bere­its vorher angekündigt, hat die Ini­tia­tive „Zukun­ft statt Über­frem­dung“, als Ver­anstal­ter des „Tages der deutschen Zukun­ft“ (TddZ) auf ihrer Inter­net­seite auch ihren Start­punkt für die geplante Ver­samm­lung bekan­nt­gegeben. Start­punkt soll ab 12.00 Uhr die Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ sein. Dies kor­re­spondiert auch mit der Posi­tion­ierung einzel­ner polizeilich­er Absper­r­git­ter ent­lang ein­er Zufahrtsstraße.
Vel­ten wird Schleusungspunkt
Des Weit­eren mobil­isieren die Neon­azis auf ihrer Inter­net­seite zu einem weit­eren Auf­marsch­punkt in Vel­ten (Land­kreis Ober­hav­el). Ein NPD Funk­tionär aus der Stadt soll dort eine Kundge­bung an der Bahn­hal­testelle „Vel­ten (Mark)“ angemeldet haben. Die Neon­azis wollen sich dort ab 9.00 Uhr ein­find­en, PKWs und Reise­busse parken und dann offen­bar gemein­sam nach Neu­rup­pin fahren. Auch dies scheint plau­si­bel, da an der Bahn­hal­testelle „Neu­rup­pin West“ keine Park­plätze vorhan­den sind. Das die An- und Abreise der Neon­azis aus Vel­ten offen­bar nicht störungs­frei ver­laufen wird, mut­maßt der­weil auch das Antifa-Bünd­nis „NoT­D­DZ“. Es warnt vor etwaigen Über­grif­f­en auf Zugreisende an der Bahn­hal­testelle „Vel­ten (Mark)“ sowie einen weit­eren Auf­marsch, nach Beendi­gung der Ver­samm­lung in Neu­rup­pin. Am Fre­itagabend gab es jedoch in Vel­ten noch keine Anze­ichen auf irgendwelche Aktiv­itäten in der Stadt. Der Ort wirk­te wie aus­gestor­ben. Was allerd­ings auch nichts heißen muss. Vor­sicht scheint auf jeden Fall geboten. Im Hin­blick auf die etwaige Ersatzver­anstal­tung hat das Aktions­bünd­nis „Ober­hav­el Naz­ifrei“ jeden­falls Gege­nak­tiv­itäten angekündigt. Allerd­ings erst nach Neuruppin.
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