An mehreren Punkten in der kreisfreien Stadt Brandenburg an der Havel wurde heute gegen einen Aufzug der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ (BraMM) protestiert. Gegen 18.00 Uhr zog ein kleiner Teil der Brandenburger Zivilgesellschaft im Rahmen eines Stadtspazierganges unter dem Motto: „Für ein buntes und weltoffenes Brandenburg an der Havel“ vom Altstädtischen bis zum Neustädtischen Markt. Ab 18.30 Uhr protestierten ungefähr 20 linksalternative Jugendliche in der Gördenallee Ecke Wiener Straße in unmittelbarer Nähe des Treffpunktes der BraMM. Mehrere Transparente und Fahnen gegen Nazis wurden gezeigt und die BraMM-Redner ausgebuht.
BraMM schrumpft weiter
An der Veranstaltung der „Brandenburger für Meinungsfreiheit & Mitbestimmung“ beteiligten sich ungefähr 20 Personen. Am anschließenden Spaziergang nahmen sogar nur zehn Personen teil. Der Aufzug war so klein, dass die Teilnehmer_innen auf dem Fußgängerweg liefen. In Redebeiträgen distanzierten sich sowohl Heiko Müller, ehemaliger Vorsitzender des Landesverbandes der Republikaner in Brandenburg, als auch sein Gesinnungsgenosse „Kalle“ von „Nazis“ bzw. Extremist_innen jeglicher Couleur. Des Weiteren bekannten sie sich für eine „direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild“ und „die Erhaltung und den Schutz unserer christlich-jüdisch geprägten europäischen Kultur“. Wie glaubhaft dies ist bleibt allerdings fraglich. Auch heute beteiligten sich nämlich wieder etliche Neonazis an der BraMM-Veranstaltung, u.a. mit Kleidungsaufdrucken, wie „Oldschool Racist“ oder „HASS — Made in Germany“. Aber auch die BraMM-Organisatoren selber suchten mit ihrer Polemik gegen „Scheinasylanten“ und „Asylbetrüger“ sowie dem Bekenntnis zum deutschen Vaterland Anknüpfungspunkte zu Nationalist_innen und der extremen Rechten. Ein Erfolgsmodell war dies in Brandenburg an der Havel jedoch bisher nicht. Die Teilnehmer_innenanzahl bei Bramm-Veranstaltungen sank von 150 am 26. Januar 2015 auf 20 Personen am heutigen Abend.
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Autor: Shaun
In der Debatte um den Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge haben am gestrigen Abend in Nauen ungefähr 100 Menschen gegen einen Aufzug einer dubiosen Bürgerinitiative protestiert. Schwerpunkt der Proteste war wieder der Platz vor dem Rathaus. Wie bei ähnlichen Protestveranstaltungen in den letzten Wochen wurden abermals Schilder oder Transparente mit Aufschriften wie „Flucht ist kein Verbrechen“ und „Flüchtlinge willkommen“ hochgehalten und sich dadurch zu einer Kultur des Willkommens für Asylsuchende und Flüchtlinge in Nauen bekannt. Auch der Bürgermeister und der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung waren wieder unter den Menschen, die sich für Vielfalt und Toleranz einsetzten. Die Bürgerinitiative und ihr Anhang zogen hingegen wie üblich durch die Stadt. An diesem Aufzug beteiligten sich ungefähr 90 Personen, darunter auch NPD Funktionäre und Sympathiesant_innen „Freier Kräfte“. Letztgenannte fielen u.a. durch Regenschirme mit der Aufschrift „f#ck rfgs“ (Fuck Refugees) auf. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es allerdings nicht. Jedoch werden bei der Bürgerinitiative, trotz gegenteiliger Bekundungen, Affinitäten zum neonazistischen Milieu immer deutlicher erkennbar. Ging es anfangs vorgeblich nur darum gegen Entscheidungen der Stadt Widerstand zu leisten, nimmt deren Protest immer offener auftretende, aggressiv rassistische Tendenzen an. Die Polizei war mit ungefähr 100 Beamt_innen vor Ort, um die Veranstaltungen zu trennen.
Bürgerinitiative contra Stadtverordnete
Anlass der Demonstration ist die Debatte um den Bau der geplanten Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge in Nauen. Die Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ mit ihren beiden Obleuten Dennis Naumann und Heiko Kürchner spricht sich dabei klar gegen die Bebauung des dafür zur Verfügung stehenden Grundstückes aus. Es liege zu nahe an einer Schule, einem Kindergarten, einem Wohngebiet, einer Kleingartenanlage und einem Garagenkomplex, so die bisherigen Argumente. Ein sozialer Brennpunkt würde sich nach dem Bau des Heimes entwickeln, so ein Sprecher der Initiative während einer Stadtverordnetenversammlung im Februar 2015. Vertreter_innen des Landkreises als auch der Polizei widersprachen allerdings diesem Stereotyp und hielten den Vorurteilen positive Langzeiterfahrungen mit anderen Asylunterkünften im Havelland entgegen. Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte anschließend für die Errichtung der Asylunterkunft bzw. zunächst einmal für den Verkauf des dafür notwendigen Grundstückes am den Landkreis. Damit wollte sich die Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ jedoch nicht abfinden und startete eine Unterschriftenaktion für einen Bürger_innenentscheid zum Grundstücksverkauf. Bis zum 17. April 2015 sollen ungefähr 1.671 Menschen die Petition unterschrieben haben. Eine durchaus beachtliche Zahl bei 16.616 Einwohner_innen. Nach Prüfung der Unterschriftenlisten durch die Stadt stellte sich jedoch heraus, dass die Listen zum einen nicht termingerecht eingereicht wurden und zum anderen 394 Unterschriften ungültig waren. Einige Sympathisant_innen der Bürgerinitiative hatten offenbar doppelt unterschrieben, unvollständige Angaben gemacht oder waren gar nicht aus Nauen. 1.474 Unterschriften wären übrigens für den Bürger_innenentscheid nötig gewesen. Entsprechend enttäuscht zeigte sich „Zukunft Nauen“ und behielt sich rechtliche Schritte gegen die Prüfung der Stadt vor. Als erste Trotzreaktion folgte dann die Anmeldung und Durchführung der gestrigen Demonstration.
Hasstiraden prägen Aufzug
Obwohl sich die Bürgerinitiative, laut Märkischer Allgemeiner Zeitung, erst wieder bei der Stadtverordnetenversammlung am 18. Mai 2015 davor verwahrte, „in die rechte Ecke“ gestellt zu werden, zeigte sich während ihres Aufzuges wieder ein komplett anderes Bild. Wie bei den anderen Aufmärschen der letzten Wochen hatte auch gestern wieder die NPD die entscheidenden Zügel in der Hand. Lautsprecherwagen, bestimmte daraus tönende Musiktitel sowie einige Ordner können nämlich eindeutig der Partei zugeordnet werden. Ein Sprecher, der während des Marsches versuchte durch Parolen, wie „Ali, Mehmed, Mustafa – ab mit Euch nach Ankara“, „Kriminelle Ausländer raus! Und was ist mit dem Rest? Der auch!“ oder „Gegen Repression und Volksverrat, auf die Straße, Mut zur Tat“, Stimmung zu machen, ist als NPD Sympathisant aus dem Landkreis Oberhavel bekannt. Kurzzeitig betätigte sich auch Manuela Kokott, NPD Abgeordnete im Gemeinderat Spreenhagen (Landkreis Oder-Spree), als Sprecherin und skandierte: „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Und wer macht damit Schluss? Nationaler Sozialismus!“. Des Weiteren trat sie bei einer Zwischenkundgebung als Rednerin auf. Dort stellte sich Manuela als „1,62m großer Stachel im Arsch dieses System“ vor, begrüßte ihre Zuhörer_innen als „Volksgenossen“ und begann dann so gleich mit piepsiger aber betont lauter Stimme gegen „Parteibonzen“, die bisherigen demokratischen Entscheidungsprozesse und vor allem in übelster Weise gegen Asylsuchende zu hetzen. Ihre reißerische Polemik insbesondere gegen Menschen, die in der Bundesrepublik Asyl suchen, versuchte sie durch Un- und Halbwahrheiten über deren angeblich kriminelles Verhalten und deren Gesundheitszustand zu unterfüttern. Weiterhin schürte Frau Kokott Sozialneid, diffamierte Asylsuchende de facto als Betrüger, bezeichnete sie explizit als „Schmarotzer“ und forderte die Nauener Bürger_innen dazu auf sich „gegen die asoziale Politik der Herrschenden, gegen Überfremdung, gegen die Islamisierung“ Luft zu machen und sich nicht einschüchtern zu lassen. Natürlich habe dies alles nichts mit Nazismus zu tun, wie sie, die NPD Funktionärin, die wenige Minuten vorher noch den „Nationalen Sozialismus“ bewarb, ebenfalls betonte und ihr Publikum auch nur allzu gern glaubte. Ein Teilnehmer hatte sich beispielsweise extra ein Schild mit folgenden Slogan gebastelt: „Ich bin nicht Rechtsradikal, aber die Zukunft unserer Kinder ist mir nicht egal!“. Und auch Heiko Kürchner und Dennis Naumann von der Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“ distanzierten sich in ihren Redebeiträgen ebenfalls von derartigen Tendenzen. Nach dem Verlauf der gestrigen Demonstration ist diese Position aber kaum noch haltbar.
Annäherung an die extreme Rechte absehbar
Bereits am 16. April 2015 beteiligte sich „Zukunft Nauen“ an einem Aufmarsch der Initiative „Nein zum Heim“ in Nauen, die vom ehemaligen NPD Stadtverordneten Maik Schneider, der auch gestern zeitweise als Sprecher auftrat, angemeldet wurde und dementsprechend auch viele Neonazis zog. Der „Bürger“ Dennis Naumann hielt bereits dort einen kurzen Redebeitrag, in dem er für die Unterschriftenaktion seiner Initiative warb. Zudem ähnelten die Flugblätter, mit denen unter dem Label „Bürger für Bürger“ zur Teilnahme an der gestrigen Demonstration von „Zukunft Nauen“ aufgerufen wurde (https://farm1.staticflickr.com/333/18069800358_2d5822b949_o.jpg), optisch sehr deutlich Flyern die Frank Odoy, Organisationsleiter des NPD Kreisverbandes Oderland, am 25. April 2015 während eines rassistischen Aufzuges in Frankfurt (Oder) zur Werbung für einen weiteren Aufmarsch am 27. April 2015 in Fürstenwalde/Spree ( https://farm8.staticflickr.com/7655/17081170549_88b3fe5afc_o.jpg) verteilte. Odoy war gestern übrigens auch unter den Demonstrant_innen in Nauen. Er war mit seiner Lebensgefährtin Manuela Kokott angereist.
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Etwa 120 Menschen haben heute Vormittag gegen eine Kundgebung von 40 Neonazis und Rassist_innen auf dem Marktplatz in Pritzwalk (Landkreis Prignitz) protestiert. Beide Veranstaltungen liefen relativ störungsfrei ab. Am Rande der rassistischen Kundgebung kam es jedoch zu zwei kleineren Zwischenfällen. Eine männliche Person soll eine Naziparole skandiert haben. Die Polizei nahm vom Tatverdächtigen anschließend die Personalien auf. Darüberhinaus gingen die Bamt_innen offenbar noch gegen eine weitere Person vor. Hier sind die genauen Hintergründe aber noch unklar.
Neonazistische Hetze gegen Flüchtlinge
Die offensichtlich rassistisch motivierte Kundgebung wurde in der vergangenen Woche angemeldet. Es handelte sich hierbei offenbar um einen Fortsetzungsversuch ähnlicher Versammlungen in Wittstock/Dosse (Landkreis Ostprignitz-Ruppin). Dort waren Neonazis und Rassist_innen zuletzt am 28. März 2015 aufmarschiert. Der mutmaßliche Versammlungsleiter Ronny Scharfenort stammt, gemäß eigenen Angaben im Socialmedia, ebenfalls aus Wittstock/Dosse. Auch die anderen Neonazis waren in erster Linie Zugereiste. Sie kamen, außer aus Wittstock/Dosse, auch aus den Regionen um Wittenberge (Landkreis Prignitz), Neuruppin (Ostprignitz-Ruppin), Ketzin/Havel (Havelland) und Bad Belzig (Landkreis Potsdam-Mittelmark). Aus Pritzwalk selber nahm ungefähr eine Handvoll Neonazis teil. Die meisten, der heute anwesenden Neonazis, fielen in letzter Zeit regelmäßig bei derartigen Veranstaltungen auf. Ein Großteil davon bewegt sich auch in neonazistischen Organisationen. Heute zeigten sich vor allem die Partei „der dritte Weg“, die „Freien Kräfte Prignitz“, die „Nationalen Sozialisten Wittstock/Dosse“ sowie Unterstützer_innen der Kampagne zum so genannten „Tag der deutschen Zukunft“. Alle drei Redebeiträge wurden zudem von neonazistischen Funktionären gehalten. Die mittelmärkischen Redner Maik Eminger und Pascal Stolle sind als Mitglieder des „dritten Weges“ bekannt, Dave Trick ist in Neuruppin Stadtverordneter für die NPD. Dementsprechend waren die Reden gestaltet. Sie enthielten vor allem dumpfen Rassismus und vielfache Hetze gegen Ausländer, insbesondere gegen Flüchtlinge. Der Abgeordnete Trick warb zu dem für eine weitere rassistisch motivierte Veranstaltung, den „Tag der deutschen Zukunft“ am 6. Juni 2015 in Neuruppin. Anschließend wurde Rechtsrock von einem Tonträger abgespielt, bevor „Versammlungsleiter“ Ronny Scharfenort die Veranstaltung kurz vor 12.00 Uhr wieder auflöste.
Breite Proteste gegen Ausländerhass
Gegen die rassistisch motivierte Kundgebung, deren Teilnehmer_innen sich gern als „besorgte Bürger_innen“ sehen und oft vorgeben keine Neonazis zu sein, hatte sich bereits am frühen Vormittag ein breites Protestpotential zusammengefunden. An der St. Nikolai Kirche, am nördlichen Ende des Marktplatzes, hatten sich ungefähr 80 Menschen, darunter auch Vertreter_innen des Bündnisses „Wittstock bekennt Farbe“, eingefunden, um zunächst gemeinsam zu beten und dabei Gesicht für Vielfalt zu zeigen. Außerdem wurden Schilder gezeigt, die als Solidaritätsbekundungen gegenüber Flüchtlingen interpretiert und außerdem als Bekenntnis für eine moderne Einwanderungsgesellschaft angesehen werden können. Anschließend wurde sich dem Protest gegen die rassistische Kundgebung zugewandt. Direkt gegenüber den Neonazis und Rassist_innen hatten sich zuvor bereits ungefähr 40 Antifaschist_innen und Angehöriger linksalternativer Subkulturen mit Fahnen und Transparenten, letztere vor allem gegen den geplanten „Tag der deutschen Zukunft“ in Neuruppin gerichtet, eingefunden. Nun wurde gemeinsam lautstark protestiert und die neonazistischen Redner ausgepfiffen. Dazu läuteten die Glocken der St. Nikolai Kirche.
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Am Abend fand in der Aula des Oberstufenzentrums Havelland in Nauen eine Bürger_innenversammlung zum geplanten Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende und Flüchtlinge im Ort statt. Landkreis, Vertreter_innen der Kommune und der Polizei informierten die künftigen Anwohner_innen des Heimes und beantworteten ihre Fragen. Die Versammlung war allerdings nur halböffentlich. Nur Anwohner_innen, die sich auch als solche auswiesen, und die Presse waren zugelassen. Grund hierfür war die Eskalation einer Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar 2015. Damals hatten zum einen Neonazis, die zum Teil aus einem anderen Landkreis angereist waren, und „besorgte Bürger_innen“ eine öffentliche Sitzung, in der über den Verkauf eines städtischen Grundstücks für die geplante Gemeinschaftsunterkunft an den Landkreis entschieden wurde, so gestört, dass der Saal polizeilich geräumt werden musste. Am heutigen Abend blieb es hingegen ruhig. Nur 50 Anwohner_innen waren gekommen, 342 aus einem Umkreis von 200m um die geplante Unterkunft waren eigentlich eingeladen.
Allgemeine Fakten zu Flucht, Asyl und Unterbringung
Nach der Begrüßung und einer kleinen Vorstellungsrunde begann Wolfgang Gall, Sozialdezernent des Landkreises Havelland mit einer einführenden Präsentation zum Thema Flucht und Asyl. Demnach waren 2014 ungefähr 46,3 Millionen Menschen, vor allem aus Afghanistan, Somalia, Sudan, Kongo, Myanmar und dem Irak, auf der Flucht, 8% mehr als im Vorjahr. Diese fliehen aber offenbar nur zu einem kleinen Teil nach Europa und noch weniger in die Bundesrepublik. Die meisten Flüchtlinge nehmen, laut Gall, Pakistan (1.600.000), Libanon (1.100.000), der Iran (982.000), die Türkei (824.000) oder Jordanien (737.000) auf. Die Bundesrepublik werde bis Jahresende „lediglich“ 450.000 Menschen, darunter viele aus Syrien, aufnehmen. Im Landkreis Havelland werden bis Ende 2015 ungefähr 1.150 Asylsuchende erwartet. Diese sollen im gesamten havelländischen Raum untergebracht werden. Für die Unterbringung, die je nach Status in Gemeinschaftsunterkünften oder Wohnungen erfolgt, gibt es momentan vier Standorte: Rathenow, Premnitz, Rhinow und Friesack. Ein weiteres Heim wird zudem gerade in Falkensee gebaut. Nauen wäre dann der sechste Standort. Darauf ging dann Martin Felstow vom Amt für Gebäude- und Immobilienmanagement des Landkreises Havelland näher ein. In einer separaten Präsentation stellte er das Bauvorhaben in Nauen näher vor. Gemäß seiner Auskunft wird die Gemeinschaftsunterkunft, ähnlich wie beim Heimneubau in der Kreisstadt Rathenow, ebenfalls in Modulbauweise errichtet. Das Gebäude in Nauen wird ein- bis zweigeschossig und gemäß den gesetzlichen Standards ausgerüstet sein. Mit einer Baugenehmigung wird bis August gerechnet, so Felstow. Anschließend erfolge die Aufstellung der Module, im Oktober/November der Innenausbau und bis Februar 2016 die Fertigstellung.
Fragerunde
Nach den eher harmonisch verlaufenden Präsentationen der beiden Landkreisvertreter, verlief die Fragerunde deutlich polarisierter ab. Mehrere ältere Menschen meldeten sich hierbei zu Wort und fassten zunächst die üblichen Vorteile gegen Asylsuchende in Fragen zusammen, die in der folgenden Diskussion allerdings auch wieder recht schnell ausgeräumt wurden. Diesbezüglich warb auch Nauens Bürgermeister Detlef Fleischmann für eine Broschüre, die viele Fragen zum Thema Asyl beantworten soll. Eine Direktorin, deren Schule in Nachbarschaft zur geplanten Gemeinschaftsunterkunft liegt, betonte zudem, dass Willkommensprojekte in Planung seien. Schließlich wäre die direkte Kommunikation die beste Möglichkeit Ängste zu nehmen. Beharrlicher blieben die älteren Herrschaften jedoch in der Frage, warum nicht auch die Asylgegner_innen in der heutigen Bürgerversammlung zu Wort kommen könnten, um ihre Meinung zu äußern. Einer trug diesbezüglich sogar einen vorverfassten Text vor, in dem er bekannte: „Wir wollen Deutsch sein und darauf sind wir stolz.“ Hier wurde allerdings noch einmal darauf hingewiesen, dass die freie Meinungsäußerung jederzeit möglich sei. Die Stadt habe zudem auch immer wieder Angebote des Dialoges gemacht. Eine Situation wie zur Stadtverordnetenversammlung am 12. Februar sollte sich heute jedoch nicht wiederholen. Auch ginge es, laut Wolfgang Gall, nicht mehr darum über den Bau der Unterkunft abzustimmen, wie es die älteren Herrschaften am liebsten hätten. Die heutige Versammlung diene einzig allein der Informierung der Anwohner_innen. Detlef Fleischmann sieht Nauen zudem in Verantwortung es endlich den anderen Kommunen im Landkreis gleich zu tun und Asylsuchenden auch hier eine Zufluchtsstätte zu bieten. Dass dies freilich nicht alle Nauener_innen überzeugt, scheint absehbar.
Nächste Demo gegen Asylunterkunft in Planung
Die Bürgerinitiative „Zukunft Nauen“, neben der von der NPD gesteuerten Initiative „Nein zum Heim in Nauen“, das Sprachrohr der Asylgegner_innen in der Stadt, mobilisiert beispielsweise für Freitag, den 29. Mai 2015, zu einer Demonstration unter dem Motto „Gegen die Willkür von oben“. Das daran auch wieder Neonazis teilnehmen werden, scheint absehbar. Sowohl „Nein zum Heim in Nauen“ als auch die „NPD Potsdam-Mittelmark“ werben nämlich ebenfalls für die Teilnahme an der Veranstaltung. Eine Gegenveranstaltung soll allerdings auch schon in Planung sein.
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An einer antirassistischen Demonstration in Neuruppin nahmen am frühen Montagabend ungefähr 120 Menschen teil. Es war bereits die fünfte Veranstaltung dieser Art und wurde dieses mal vom alternativen Jugendwohnprojekt Mittendrin organisiert. Die Demonstration führte vom Schulplatz in der Innenstadt, am Brasch- und am Fontaneplatz vorbei bis zu einem Plattenbauviertel am Rande der Stadt. In diesem Bereich Neuruppins soll am 6. Juni 2015 eine der größten Neonaziversammlungen der letzte Jahre in Brandenburg stattfinden. Zu der rassistisch motivierten Veranstaltung, die als „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) beworben wird, werden bis zu 500 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet erwartet.
Kundgebung gegen den TDDZ
Eine derartige Versammlung in der Stadt, ist jedoch weder im Interesse der Stadt Neuruppin, noch des Aktionsbündnisses „Neuruppin bleibt bunt“ und schon gar nicht der Antifa-Vernetzung „NoTDDZ 2015“. „Wir wollen dies nicht hinnehmen und rufen alle engagierten Antifaschist_innen dazu auf, gemeinsam den Neonazis entgegen zu treten und den TDDZ durch Menschenblockaden scheitern zu lassen“, so zwei Sprecher_innen der Antifa während einer Zwischenkundgebung in der Otto-Grotewohl Ecke Otto-Winzer-Straße.
In einem weiteren Redebeitrag betonte Martin Osinski von „Neuruppin bleibt bunt“, dass nicht Flüchtlinge und Asylsuchende das Problem seien, sondern „Rechtsextremisten, die einem sehr schlichten Weltbild anhängen“. Diese würden „Ängste und Unsicherheiten in der Bevölkerung“ nur „schüren“, um sie dann „für ihre Zwecke auszunutzen“. Abschließend rief Osinski ebenfalls dazu auf am 6. Juni „gegen den braunen Spuk zu protestieren“.
Eine erste Veranstaltung wird an diesem Tag ab 10.00 Uhr in der Bruno-Salvat-Straße beginnen. Von dort aus will „Neuruppin bleibt bunt“ in einem „bunten Demonstrationszug bis zum Schulplatz gehen.“ Hier ist eine weitere zivilgesellschaftliche Veranstaltung für Vielfalt und Weltoffenheit geplant.
Bekenntnis zu Vielfalt und zur Aufnahme von Migrant_innen
Die Betonung von Vielfalt war auch ein zentraler Aspekt des Jugendwohnprojektes Mittendrin, als Orga der Montagsdemonstration. Insbesondere die Stärkung junger Frauen und die Auflösung von Geschlechterrollen war ein erkennbares Leitmotiv. Der bunte und queere Block aus dem Mittendrin bildete mit seinen antirassistischen, antifaschistischen und feministischen Transparenten so dann auch die erste Reihe der Demonstration.
Weitere Banner riefen zur Solidarität mit Flüchtlingen auf. Hier bewegt sich Neuruppin immerhin in bewährter Tradition. Immer wieder wurden politisch, ethnisch oder religiös Verfolgte im Lauf der Jahrhunderte aufgenommen. Selbst Theodor Fontane, überregional bekannter Schriftsteller des 19. Jahrhunderts und einer der bedeutendsten Söhne der Stadt, hatte migrantische Wurzeln. Er war Nachfahre aus Frankreich vertriebener Hugenotten. Er taugt, laut „Neuruppin bleibt bunt“,also nicht „als Kronzeuge für rassistische Intoleranz“, wie ihn etwa die „Freien Kräfte Neuruppin /Osthavelland“ gerne sehen.
Die erste Zwischenkundgebung der Montagsdemonstration fand deshalb auf dem Fontaneplatz, vor dem Denkmal des großen Schriftstellers statt. In einem Redebeitrag wurde auch noch einmal die lange Tradition Brandenburgs als Zufluchtsstätte für Verfolgte positiv hervorgehoben.
Martin Osinski betonte fernher, dass sich niemand in der Stadt vor „Überfremdung“ fürchten müsse. „Ob nun 300 oder 500Asylsuchende und Flüchtlinge in unseren Landkreis kommen, das wird an dem verschwindend kleinen Ausländeranteil etwas ändern“, so Osinski weiter.
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An einer Versammlung von Neonazis in Königs Wusterhausen (Landkreis Dahme-Spreewald) nahmen heute ungefähr 50 Neonazis teil. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Tag der deutschen Zukunft“ (TDDZ) und diente offenbar der szeneinternen Werbung für einen Aufmarsch in Neuruppin. Eine Gegenveranstaltung kam nicht zustande. Die Stadt soll mit weniger Neonazis gerechnet haben und wollte der Versammlung keine unnötige Aufmerksamkeit widmen. Die Polizei war trotzdem mit ungefähr 50 Beamt_innen im Einsatz. Ein übermütiger, möglicherweise betrunkener Sympathisant der neonazistischen Veranstaltung wurde kurzzeitig in Gewahrsam genommen. Weitere Zwischenfälle wurden nicht bekannt.
Kundgebung an markantem Ort
Als Versammlungsort hatten sich die Neonazis offenbar bewusst den Fontaneplatz in Königs Wusterhausen ausgewählt. Fontane gehört neben Karl Friedrich Schinkel zu den bekanntesten Söhnen Neuruppins. Durch seine schriftstellerisch verarbeiteten Wanderungen durch Brandenburg setzte er der Mark ein literarisches Denkmal und gilt als einer der bedeutendsten Dichter des Landes. Auch deshalb nutzen die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“, als Organisatoren des diesjährigen „Tages der deutschen Zukunft“, möglicherweise sein Konterfei als Logo der aktuellen Kampagne für den geplanten ausländerfeindlichen Großaufmarsch am 6. Juni. Allerdings ist dem Organisationskomitee dabei entgangen das Fontane selber migrantische Wurzeln hatte und somit eigentlich ein Paradebeispiel für eine gelungene Integration ist. Der TDDZ 2015 also schon im Ansatz gescheitert? Möglicherweise. Doch wie üblich lässt sich die Szene auch nicht durch solch grobe Fehler von ihrem einmal eingeschlagenen Weg abbringen. Aus dem gesamten Land Brandenburg sowie aus dem Nachbarbundesland Berlin waren die Aktivist_innen heute angereist, um in einem Wohngebiet am Rande Königs Wusterhausen, mögliche Veranstaltungsteilnehmer_innen zu werben. Die Neonazis blieben jedoch, bis auf wenige Passanten und vereinzelte Trinker_innen, unter sich. Die Versammlung blieb also eine szeneinterne Mobilisierungsveranstaltung für die anwesenden Funktionäre und Sympathisant_innen aus den Parteien NPD, JN, DIE.RECHTE und III. Weg sowie „freien Kräften“ aus Neuruppin, Königs Wusterhausen und der Uckermark.
NPD Funktionäre rufen zur Teilnahme am TDDZ auf
Als Redner traten zunächst Pierre Dornbrach, Sebastian Schmidtke und Aileen Rokohl auf. Alle drei, bekannte Funktionäre der NPD bzw. ihrer Jugendorganisation JN, sprachen sich für eine Teilnahme am TDDZ in Neuruppin aus. Es ist davon auszugehen, dass sie auch im Namen ihrer jeweiligen Landesverbände in Berlin und Brandenburg gesprochen haben.
Anschließend übernahm Beatrice Koch, Sympathisantin der „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“, das Mikrophon und ging noch einmal näher auf den geplanten Großaufmarsch in Neuruppin ein. „Der 6.6.“ sei „der Höhepunkt einer Kampagne, welche ein Jahr lang von meinen Freunde und mir geführt wurde“, so Koch. Im Rahmen dieser Kampagne habe die Gruppe in „nahezu jedem Landkreis Mahnwachen, Infotische oder Demos angemeldet oder aktiv unterstützt“. Ihr gesamtes Umland zu erreichen gelang Koch und ihren Gesinnungsgenoss_innen jedoch, gemäß weiterer Ausführungen, nicht.
Eigentlich bemerkenswert während der Redebeiträge war jedoch die Verschärfung des Tones gegen Asylsuchende bzw. wenn über Menschen, die in der Bundesrepublik Asyl suchen, gesprochen wird. Sebastian Schmidtke nannte sie heute diffamierend „illegale Asylanten“ oder „hergereiste Sozialschmarotzer“ und unterstellte ihnen „Asylbetrug“ und „Kriminalität“. Beatrice Koch hält sich hingegen eher an die klassischen völkischen Ideologien und moniert in der Flüchtlingsfrage die Überschüttung der „ländlichen Gegenden“ mit „Menschen, die nicht deutschen Blutes“ sind. Dabei schweift sie leicht ab und diffamiert auch gleich einige Fußballspieler der deutschen Fußballnationalmannschaft „als eingekaufte, Möchtegerndeutsche“. Letztendlich kommt Koch zu dem Schluss, dass sowohl sie, als auch ihre Gruppe sich nicht damit abfinden wollen. Deutschland bliebe ihr Land und Neuruppin ihre Stadt. „Dafür kämpfen wir, wenn es sein muss, bis zum letzten Blutstropfen“, so Beatrice Koch.
Mehrere Veranstaltungen gegen den TDDZ bereits in Planung
Trotz ausbleibender Gegenveranstaltungen am heutigen Tage sollen die Gegner_innen des „Tages der deutschen Zukunft“ bereits seit einiger Protestaktionen für den 6. Juni planen. Sowohl das Antifa-Bündnis „No TDDZ!“ als auch die zivilgesellschaftliche Initiative „Neuruppin bleibt bunt“ rufen u.a. zu den Protesten auf. Am kommenden Montag wird es diesbezüglich auch eine so genannte Montagsdemonstration in Neuruppin geben. Startpunkt soll um 18 Uhr der Neuruppiner Fontaneplatz sein.
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Ungefähr 70 Menschen haben am gestrigen frühen Abend gegen einen erneuten Aufmarsch von Neonazis und Rassist_innen protestiert. Schwerpunkte der Proteste war erneut der Platz vor dem Rathaus. Dort fand eine angemeldete Kundgebung statt an der sich u.a. auch der Bürgermeister von Nauen, der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung sowie Abgeordnete und Vertreter_innen von vielen Parteien und Initiativen beteiligten. Den in Hör- und Sichtweite vorbeiziehenden Neonazis wurden Schilder mit Aufschriften wie „Refuges are welcome here“ oder „Flucht ist kein Verbrechen“ entgegengehalten und die Marschierer ausgepfiffen. Zu nennenswerten Zwischenfällen kam es nicht. Die Polizei war mit ungefähr 200 Beamt_innen im Einsatz.
70 bei Rassist_innenaufmarsch
Die Neonazis und Rassist_innen hatten sich gegen 19.00 Uhr am Nauener Bahnhof versammelt. Insgesamt nahmen ca. 70 Personen an dieser Veranstaltung teil. Ungefähr 50 Personen sind als Sympathisant_innen und Funktionäre von NPD, den „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ und „Freien Kräfte Prignitz“ bekannt. Ein Großteil dieser Personen war aus den Landkreisen Ostprignitz-Ruppin, Prignitz und Oberhavelsowie dem sachsen-anhaltinischen Landkreis Stendal zugereist. Der Rest stammte aus dem Landkreis Havel, insbesondere aus Nauen und Ketzin/Havel. Vom Bahnhof zog der Aufmarsch unter dem Motto: „Nauen schlägt zurück! Ausländergewalt stoppen!“ durch das gesamte Stadtgebiet. Ein NPD Funktionär aus Neuruppin und ein autonomer Nationalist aus Ketzin/Havel verkündeten dabei via Mikro- oder Megafon, dass das Nauen kein Asylheim wolle. Bei einer Zwischenkundgebung kamen weitere Neonazis zu Wort. Sowohl Pierre Boddin, als auch Marvin Koch, beide von den „Freien Kräften Neuruppin/Osthavelland“, sprachen sich gegen vermeintlich „kriminelle Ausländer“ und „Ausländergewalt“ aus. Koch sprach diesbezüglich auch davon, dass die Devise künftig: „Auge um Auge und Zahn um Zahn“ lauten werde. Eine durchaus ernst zunehmende Drohung. Koch wurde erst vor wenigen Tagen vom Amtsgericht Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) wegen Landfriedensbruches zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Er soll im Herbst 2013 ungefähr 100 Neonazis dazu angestiftet haben Polizeiketten zu durchbrechen und die Beamt_innen mit Flaschen und Steinen zu bewerfen.
Kneipenschlägerei als Anlass
Hintergrund des gestrigen Aufmarsches soll übrigens eine Schlägerei am 3. Mai 2015, gegen 00.30 Uhr, in einem berüchtigten Trinker_innentreff in der Nauener Gartenstraße gewesen sein. Nach Informationen einer neonazistischen Mobilisierungsseite für eine Großveranstaltung in Neuruppin soll es in der Lokalität zunächst zu einer verbalen Auseinandersetzung gekommen sein. Zwei Männer sollen dann eine Frau, die sich übrigens gestern auch unter den Marschierern befand, nach draußen gezerrt und anschließend verprügelt haben. Bei den Tätern soll es sich, laut Anschuldigungen der Neonazis, um „polizeibekannte Ausländer“ gehandelt haben. Die Polizei bestätigte zwar in einer Pressemitteilung vom 4. Mai 2015 die gewalttätige Auseinandersetzung vor der Lokalität, stellte jedoch als mutmaßliche Schläger lediglich zwei angetrunkene „Havelländer“, 20 und 23, fest. Warum die Neonazis in ihrer Schilderung von „Ausländern“ sprechen ist bisher unklar. Möglicherweise ist Rassismus hierfür der Hintergrund. Der Fall scheint jedenfalls ein willkommener Anlass zu sein, um den Protest gegen den geplanten Bau einer Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende noch einmal zu forcieren. Auch die Rolle der Frau, als mutmaßliche Betroffene der Gewalttat ist bisher noch nicht abschließend geklärt. Sie soll mit Nauens Neonaziszene sympathisieren und beteiligte sich bereits vor dem Übergriff an mehreren Versammlungen mit rassistischen und geschichtsrevisionistischen Inhalten im Ort. Während eines Aufmarsches im April trug die Frau beispielsweise auch ein Kleidungsstück mit der Aufschrift: „Asylbetrüger sind nicht willkommen“. Auf ihrem öffentlich einsehbaren Socialmedia-Profil befinden sich zudem zahlreiche Bekenntnisse zu neonazistischen Parteien und Vereinigungen sowie verherrlichende Bildnisse oder Symbole des Nationalsozialismus.
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Gegen zwei Kundgebungen der NPD im Landkreis Potsdam-Mittelmark hat sich gestern Vormittag und am frühen Nachmittag breiter Bürgerprotest formiert. In der Gemeinde Kloster Lehnin hatten sich ungefähr 50 Menschen versammelt, in der Stadt Brück sogar 150. Mit Schildern, Transparenten, Pfiffen und lautstarken Unmutsbekundungen protestierten sie gegen die neonazistischen Versammlungen, die jeweils 25 Personen anzogen.
Bürger_innenproteste gegen Rassismus
Sowohl in Kloster Lehnin als auch in Brück hatten zuvor die Gemeindeverwaltungen, mit dem Bürgermeister an der Spitze, zu den Protesten gegen die offensichtlich rassistisch motivierten Veranstaltungen der NPD aufgerufen. Entsprechende Bekenntnisse waren an diesem Tag auch im Ortsbild erkennbar. Kloster Lehnin hatte u.a. einen Aufruf anbringen lassen, in dem die Verwaltung als Repräsentant des Ortes bekannte, dass die Gemeinde „Familien- und Ausländerfreundlich“ sei. In Brück war an einem Verwaltungsgebäude ein großes Transparent mit der Aufschrift „solidarisch statt rassistisch“ angebracht. Zu dem hingen an den Straßenleuchten dutzende Plakate der Kampagne „Schöner leben ohne Nazis“. Weiterhin wurden die Brücker_innen durch A4-große Aufrufe der Gemeinde dazu aufgefordert, durch direkte Proteste gegen die NPD-Versammlung ein Zeichen für „Toleranz und Menschlichkeit“ zu setzen. Mit Erfolg. Sowohl in Brück, als auch in Lehnin fanden sich dann tatsächlich dutzende Menschen ein, um in Hör- und Sichtweite gegen die Neonazis zu protestieren. In Brück waren die NPDler von den Protesten sogar so überwältigt, dass sie ihren Kundgebungsort ungefähr 100m weiter weg von den Gegendemonstrant_innen legen ließen. Mehr Bürger_innen erreichen konnten sie dadurch jedoch auch nicht. Die Beiträge der Redner verpufften ohne nennenswerte Wirkung auf die Anwohner_innen.
Ebenfalls als sinnlos entpuppte sich offenbar der Versuch der NPD noch in einer anderen Ortschaft spontan eine weitere Kundgebung anzumelden. Nachdem die Protestier_innen ihnen gefolgt waren und ebenfalls eine Versammlung anmeldeten, soll die Partei aufgegeben haben.
NPD auf Profilierungskurs
Ursprünglich hatte die NPD zwei Kundgebungen, zum einen in Kloster Lehnin ab 10.00 Uhr am Marktplatz Ecke Bahnhofsstraße und zum anderen in Brück ab 11.45 Uhr am Bahnhof, unter dem Motto: „Nein zum Heim!“ angemeldet. Die Veranstaltungen wurden im Socialmedia u.a. bei der „NPD Potsdam-Mittelmark“, der „NPD Prignitz-Ruppin“ und den „Freien Kräften Prignitz“ beworben. Beim Prignitzer Parteiverband hieß es aber schon vorab einschränkend: „Wenn ihr euch zufällig in der Nähe befindet, dann schaut doch mal vorbei und unterstützt die Damen und Herren auf der Straße“. Offenbar war jedoch niemand aus dem Nordwesten Brandenburgs in der Nähe. Die Teilnehmer_innen der NPD Versammlung stammten hauptsächlich aus den Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Havelland, Oberhavel, Teltow-Fläming und Oder-Spree. Die meisten dieser Personen sind als langjährige Funktionäre der Partei bzw. ihrer Jugendorganisation bekannt. Redebeiträge hielten so u.a. der Landesvorsitzende der Jungen Nationaldemokraten, Pierre Dornbrach, und der Vorsitzende des Kreisverbandes Havel-Nuthe, Michel Müller. Letzterer versuchte seine Ablehnung gegenüber Flüchtlingen und Asylsuchenden durch vermeintliche Erkenntnisse aus Artikeln in meinungsbildenden Tageszeitungen, Zitaten von umstrittenen Politiker_innen und Antworten auf Anfragen im havelländischen Kreistag zu begründen. Das diese aus dem Zusammenhang gerissen und so aneinandergereiht ein ganz anderes Bild ergeben, als in der Realität erlebbar, scheint dabei offenbar beabsichtigt. Auch das mit vermeintlichen „Fakten“ aus einem anderen Landkreis argumentiert wurde ist bezeichnend. Denn die NPD ist mit ihrem Abgeordneten André Schär eigentlich auch im Kreistag Potsdam-Mittelmark vertreten. Der hiesige Kreisrat scheint dort aber, anders als Müller im Havelland, nur wenig im Sinne der Partei zu bewegen. Ein Redebeitrag von André Schär war gestern ebenfalls nicht vorgesehen. Ihm blieb nur die Rolle des Versammlungsleiters.
Überhaupt scheint die Position der NPD im Landkreis Potsdam-Mittelmark desolat. Die neue neonazistische Kleinpartei „Der dritte Weg“ hat den „Nationaldemokraten“ im szeneinternen Machtkampf hier offenbar weitgehend das Wasser abgegraben. Der ehemalige Bad Belziger Abgeordnete Pascal Stolle, der erst im vergangenen Jahr für die NPD in die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt eingezogen war, hatte beispielsweise bereits im Januar die szeneinternen Fronten gewechselt. Er tritt momentan bei diversen Veranstaltungen als „Missionar“ des „dritten Weges“ auf. Und auch die „freien Kräfte“ der Region scheinen momentan mehr mit der neuen militanten Bewegungspartei zu sympathisieren und blieben den gestrigen Kundgebungen, trotz vollmundiger Ankündigung der „NPD Potsdam-Mittelmark“, dass die „viele“ Personen aus diesem Spektrum „vor Ort“ sein werden, fern.
Insofern sind die Parteiveranstaltungen in Lehnin und Brück als verzweifelter Versuch der „Nationaldemokraten“ interpretierbar, in dieser Region wieder Fuß fassen zu wollen.
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In Wittenberge haben am frühen Abend offenbar 50 Neonazis eine Kundgebung anlässlich des Kriegsendes vor 70 Jahren durchgeführt. Die Veranstaltung soll polizeilich angemeldet gewesen sein. Die Stadt Wittenberge soll jedoch keine Kenntnis von der Versammlung gehabt haben. Proteste gab es demzufolge nicht.
An der neonazistischen Kundgebung beteiligten sich Person aus Brandenburg (Prignitz, Ostprignitz-Ruppin , Potsdam-Mittelmark) und Sachsen-Anhalt (Stendal, Altmarkkreis Salzwedel). Weiterhin gaben sich die Neonazivereinigungen „Freie Kreifte Prignitz“ und „Freie Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ durch Banner und Fahnen zu erkennen. Als Redner trat Maik Eminger von der neonazistischen Kleinpartei „Der dritte Weg“ auf.
Der 8. Mai ist in Brandenburg als Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus ein offizieller Gedenktag. Neonazis nutzen den Anlass regelmäßig für Provokationen.
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Gegen einen Aufzug rassistischen Inhalts haben heute ungefähr 100 Menschen protestiert. Sympathisant_innen von Linkspartei, DKP, Die Partei und Antifa hatten sich dazu immer wieder entlang der Demonstration versammelt und die daran teilnehmenden Rassist_innen und Neonazis ausgepfiffen. In der Karl-Marx-Straße-Straße setzten sich sogar ungefähr 30 Personen auf die Straße um den Aufzug zu stoppen. Dabei schritt zunächst auch die Polizei ein, entschloss sich dann aber die Protestierer sitzen zu lassen und den rassististischen Aufzug, der aus ungefähr 60 Teilnehmer_innen bestand, um die Menschenblockade herumzuführen. Der Aufmarsch endete dann wenige hundert Meter weiter nach einer kurzen Abschlusskundgebung.
Rassistischer Aufmarsch wird unattraktiver
Der heutige Aufzug war in diesem Jahr der mittlerweile dritte Versuch von Neonazis, Hooligans und Rassist_innen durch Hetze gegen Asylsuchende Stimmung in der Bevölkerung zu schüren. Allerdings stellt sich diese Unternehmung zusehends als immer unattraktiver da. Nahmen, laut Medienberichten, bei der ersten rassistischen Demonstration am 17. Januar 2015 noch ungefähr 250 Personen teil, sollen es bei der zweiten am 14. Februar 2015 nur noch 90 gewesen sein. Heute waren es sogar noch weniger, nämlich nur 60. Lediglich der harte Kern aus Parteifunktionären und Sympathisanten der NPD, der Partei „DIE.RECHTE“, des „Dritten Weges“ und „Freier Kräfte“ sowie rechte Hooligans des Fußballvereines 1. FC Frankfurt (Oder), zuvor „FC Vorwärts Frankfurt“, war geblieben. Diese kamen wiederum aus dem gesamten Land Brandenburg, aus den Landkreisen Potsdam-Mittelmark, Oder-Spree und Spree-Neiße sowie aus den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder).
Anmelder war heute eine Einzelperson aus Frankfurt (Oder), zu dem Aufzug mobilisiert hatte die Socialmediainitiative „Frankfurt (Oder) wehrt sich“.
Organisatorisch dominiert wurde die Veranstaltung jedoch durch zwei Funktionäre des „dritten Weges“, Maik Eminger und Pascal Stolle. Beide hielten auch die einzigen Redebeiträge während der Versammlung, in denen überwiegend gegen Asylsuchende gehetzt und zum Widerstand gegen das „System“ aufgerufen wurde. Der Redner Pascal Stolle provozierte zudem mit antisemitischen Passagen, demnach „wir“ dem „Judentum immer noch Geld schulden sollen, für Dinge, die vor fast 80 Jahren geschehen sein sollen“. Durch diese Anzweiflung historischer Tatsachen verleugnet er de facto den Holocaust, auch wenn er es nicht explizit sagt.
Dieser Verbalradikalismus kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der „dritte Weg“, den Stolle vertritt, bisher kaum neue Mitstreiter_innen aktivieren konnte. Im Gegenteil, der Hauptaktivist_innenkreis bleibt auf Funktionäre aus Potsdam-Mittelmark beschränkt.
Zudem hat die Polizei bereits ein Auge auf den „dritten Weg“ geworfen. Während eines Aufmarsches in Wittstock/Dosse mussten sich einige Parteimitglieder ihrer Parteikluft entledigen, weil sie damit gegen das Uniformierungsverbot verstoßen haben sollen. Auch heute griff die Polizei offenbar diesbezüglich durch. Sowohl Eminger als auch Stolle entledigten sich ihrer T‑Shirts vom „Dritten Weg“, nach einer Ansprache durch die Polizei.
Protestkundgebung am Platz der Republik
Gegen den rassistischen Aufmarsch mobilisiert hatte übrigens das Bündnis „Kein Ort für Nazis in Frankfurt (Oder)“. Als Sammelpunkt für Menschen, die direkt gegen den rassistischen Aufmarsch protestieren wollten, wurde der Platz der Republik ausgewiesen. Gegen 10.30 Uhr hatten sich dort ungefähr 50 Menschen versammelt. Fahnen der DKP und der „Partei“ waren zu sehen, wie auch einige Antifas. Außerdem war auch ein Lautsprecherwagen aufgebaut, der für Reden bereit stand.
In einem Redebeitrag des Flüchtlingsrates Brandenburg konstatierte dessen Sprecher Kay Wendel, dass sich die Stimmung in Deutschland „wie schon einmal in den 1990er Jahren“ an der Frage von Migration und Flucht polarisiere. Nicht nur ein „Häufchen Nazis“ auf der Straße, sondern, in Anspielung auf den Auftritt eines Schweizer Rechtspopulisten bei Jauch, auch im Fernsehen zur Prime Time werde gegen Asylsuchende Stimmung gemacht. Ähnlich spiele es sich auch in anderen europäischen Ländern ab, so beispielsweise in Großbritannien, wo die Zeitung „The Sun“ unlängst einen Kommentar veröffentlichte, in dem Migrant_innen als Kakerlaken bezeichnet wurden.
Weiterhin bezog Wendel gegen den neuen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Neuregelung des Bleiberechtes und der Aufenthaltsbeendigung“ Stellung. Dieser sehe vor allem die Stärkung des „Instrumentes der Abschiebehaft“ vor. Hierfür würde den Amtsgerichten eine Palette neuer Haftgründe in die Hände gelegt, so Wendel. Asylsuchende, die für ihre Flucht beispielsweise Schleuser bezahlten, könnten demnach in Zukunft leichter abgeschoben werden. Dabei ist zu wissen, so Wendel weiter, dass es Flüchtlinge ohne Schleuser nahezu unmöglich sei, die Grenzen der Europäischen Union zu passieren. Asylanträge könnten aber nur im Bereich der EU gestellt werden, nicht außerhalb.
Für Wendel war es deshalb heute nicht nur wichtig gegen die Rassist_innen auf der Straße zu demonstrieren, sondern eben auch seine Stimme gegen menschenfeindliche Tendenzen in der Legislative zu erheben. Seine abschließende Forderung an die Brandenburger Landesregierung lautete deshalb, das neue Gesetz auf Bundesebene zu kippen oder zumindest neu zu verhandeln.
Anschließend stand jedoch wieder das konkrete Geschehen in Frankfurt (Oder) im Fokus aller Aktivtäten. Das Protestpotential gegen den rassistischen Aufzug war inzwischen auf 100 Menschen angewachsen, die sich entlang der Strecke formierten. Am Park in der Paul-Feldner-Straße gab es dann den ersten Kontakt von Demonstrant_innen und Gegendemonstrant_innen in Hör- und Sichtweite. Allerdings schirmte die Polizei beide Lager weiträumig von einander ab, so dass der rassistische Aufzug ohne Stopp weitermarschieren konnte. In der Lindenstraße Ecke Logenstraße trennten die Beamt_innen ebenfalls die Lager. Erst in der Karl-Marx-Straße gelang es dann einer Gruppe von 30 Personen, eine Menschenblockade einzurichten. Auch wenn diese umgangen wurden, kamen die Rassist_innen jedoch nur wenige hundert Meter weiter, ehe sie ihren Aufzug von sich aus beendeten. Anschließend wurden sie in Richtung Startpunkt zurückeskortiert, ebenfalls begleitet von antifaschistischen Protestierern.
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