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Junger Antifaschist vom Vorwurf der Gewaltdarstellung freigesprochen

Im Mai diesen Jahres wurde ein junger Antifaschist aus Pots­dam in Berlin
festgenom­men, weil er ein T‑Shirt mit der Auf­schrift „Good Night White Pride“
und einem aufge­druck­ten Bild trug. 

Der Ausspruch „Good Night White Pride“
stammt aus der so genan­nten Hard­core-Szene, einem poli­tis­chen Ableger der
Punk-Musik­be­we­gung. In dieser Hard­core-Szene etablierte sich in den 90er Jahren
die soge­nan­nte „Good Night, White Pride“-Bewegung, die sich gegen die
Ver­suche von Neon­azis richtete, die Hard­core-Szene zu unter­wan­dern und in ihr
Fuß zu fassen. „White Pride“ oder „White Pow­er“ ist dabei beson­ders bei weißen
Ras­sistin­nen und Ras­sis­ten in den USA ein beliebter Aus­druck ihres
Über­legen­heits­ge­fühls gegenüber Men­schen, die sie für min­der­w­er­tig halten.
Als Sym­bol wählte die Good Night White Pride-Bewe­gung eine Szene aus dem beim
Hard­core üblichen Tanzstil. Während die meis­ten Betra­ch­terIn­nen darin nur eine
Tanzszene sehen, welche die Able­hung der HC-Bewe­gung gegenüber Nazis und
Ras­sistIn­nen zum Aus­druck bringt, sah die Staat­san­waltschaft Berlin darin eine
„verkör­perte Darstel­lung grausamer oder unmen­schlich­er Gewalt gegen Menschen“. 

Diese Ver­fol­gung des anti­ras­sis­tis­chen „Good Night, White Pride“-Symbols reiht
sich damit in die aktuelle staatliche Ver­fol­gungswelle von Anti-Nazi-Symbolen
ein. So wurde vor kurzem der Besitzer eines linken Musikver­sandes wegen des
Verkaufs von durchgestrich­enen oder zer­schla­ge­nen Hak­enkreuzen in Stuttgart
verurteilt (nachzule­sen bei www.rote-hilfe.de). Auf vie­len antifaschistischen
Demon­stra­tio­nen, z.B. in Berlin, Leipzig oder Ham­burg wur­den ins­ge­samt hunderte
Nazigeg­ner­In­nen wegen des Tra­gens von zer­schla­ge­nen Hak­enkreuzen, dem „Good
Night White Pride“-Symbol oder anderen antifaschis­tis­chen Darstellungen
ver­haftet und angezeigt. 

Der betrof­fene Jugendliche aus Pots­dam zeigte sich über die Ein­leitung eines
Ermit­tlungsver­fahrens entsetzt:
„Ich wollte den öffentlichen Aufrufen fol­gen, gegen Recht­sex­trem­is­mus und
Ras­sis­mus offen Flagge zu zeigen. Jet­zt habe ich es getan und werde dafür
angezeigt, dass ich zu Gewalt­tat­en aufrufen würde – obwohl ich nie jemandem
etwas getan habe. Ich habe den Ein­druck, dass hier gezielt das Engage­ment gegen
Rechts ver­fol­gt wer­den soll.“ 

Der junge Mann erhob Beschw­erde gegen die dem Ermit­tlungsver­fahren vorausgehende
Beschlagnahme, das Ver­fahren durch­lief mehrere Instanzen. Doch am 26. August
entsch­ied das Landgericht Berlin: „Die
Gewalt­darstel­lung muss entwed­er eine Ver­her­rlichung oder Ver­harm­lo­sung der
grausamen oder unmen­schlichen Gewalt­tätigkeit zum Aus­druck brin­gen oder durch
die Art und Weise der Darstel­lung selb­st die Men­schen­würde ver­let­zen, etwa
indem sie Per­so­n­en oder Grup­pen als men­sche­nun­wert erscheinen lässt.
Diesen Anforderun­gen genügt der hier fragliche Auf­druck, der in stilisierter
Form eine Kampf­szene zwis­chen zwei Per­so­n­en zeigt, NICHT.“ Und weit­er: „Eine
Bil­li­gung grausamer oder unmen­schlich­er, mithin exzes­siv­er Gewalt­täigkeit als
Kampfmit­tel ist der hier fraglichen Abbil­dung auch unter Berücksichtigung
zwis­chen dem Text und der bildlichen Darstel­lung nicht zu ent­nehmen.“ – der
Angeklagte wurde von allen Vor­wür­fen freige­sprochen. Alles andere wäre auch
absurd gewe­sen, denn schon das Kinder­pro­gramm der meis­ten Fernsehsender enthält
mehr Szenen, die Gewalt ver­her­rlichen, als die Darstel­lung auf dem „Good Night,
White Pride“ Symbol. 

Den­noch geht die Ver­fol­gung antifaschis­tis­ch­er Sym­bole auch in Berlin weiter.
Vor weni­gen Tagen gab es – trotz des Urteils – wieder Festnahmen
bei Aktio­nen gegen den Nazi­auf­marsch in Tegel. Auch hier war die Begrün­dung das
Tra­gen des „Good Night White Pride“-Symbols.

Damit muss ab sofort Schluss sein!
Die Rote Hil­fe Pots­dam fordert umge­hende Freis­prüche für alle Men­schen, die
wegen des Tra­gens von antifaschis­tis­chen oder anti­ras­sis­tis­chen Symbolen
einem Ermit­tlungsver­fahren aus­ge­set­zt sind. Wir wen­den uns gegen jeden Versuch
der Krim­i­nal­isierung antifaschis­tis­chen Engagements! 

Kon­takt: potsdam@rote-hilfe.de

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Nazis attackieren antifaschistische Veranstaltung in Zossen

Gestern Abend ver­anstal­tete die Antifa Tel­tow-Fläming in Zossen einen Infor­ma­tion­s­abend zum Nazi­auf­marsch in Halbe am 18. Novem­ber. Etwa 20 Nazis ver­sucht­en, diese Ver­anstal­tung anzu­greifen, was jedoch unter­bun­den wer­den kon­nte bis die Polizei eintraf.

Am Abend des 2. Novem­ber ver­anstal­tete die Autonome Antifa Tel­tow-Fläming [AATF] im bran­den­bur­gis­chen Zossen im E‑Werk eine Infor­ma­tionsver­anstal­tung zum geplanten Neon­azi-Großauf­marsch am 18.11.2006 in Halbe sowie den geplanten antifaschis­tis­chen Gege­nak­tiv­itäten. Bei der Ver­anstal­tung waren um die 70 Gäste anwe­send und fol­gten dem Vor­trag des Ref­er­enten aus dem Berlin-Bran­den­burg­er Bünd­nis „NS-Ver­her­rlichung stoppen“.

Kurz vor Ver­anstal­tungsende, gegen 19:40 Uhr, tauchte vor dem E‑Werk eine ca. 20 Per­so­n­en umfassende, schwarz-ver­mummte, Gruppe Neon­azis auf und ver­suchte auf das Gelände zu gelan­gen. Durch das Schließen des Ein­gang­stores kon­nte der ver­suchte Angriff der Neon­azis abgewehrt wer­den. Während die Recht­en nun unmit­tel­bar das Ein­gangstor umringten, pro­bierten sie andere Wege hinein zu find­en und pöbel­ten die anwe­senden Gäste an. Zu diesem Zeit­punkt anwe­sende Polizis­ten reagierten zunächst nicht, bis die ein­rück­ende Ver­stärkung der Bere­itschaft­spolizei die Stör­er einkesselte.

Das späte Ein­greifen ist sehr ver­wun­der­lich, da die Polizei unter Leitung von Gerd Elsel (POK, Leit­er der Polizei­wache Zossen) in der Stadt mas­siv präsent war, um ger­ade solch eine Kon­fronta­tion zu ver­hin­dern. Die Ver­anstal­tung kon­nte trotz­dem erfol­gre­ich been­det werden.

„Ungeachtet des erneuten Ver­suchs, eine unser­er Ver­anstal­tun­gen zu spren­gen, wer­den wir uns nicht daran hin­dern lassen, antifaschis­tis­che Akzente in Tel­tow-Fläming zu set­zen.“, Meint die Press­esprecherin der Autonomen Antifa Tel­tow-Fläming, Tama­ra Levy dazu. Bere­its im Juni 2006 war eine Ver­anstal­tung der AATF in Rangs­dorf Angriff­sziel von Nazis aus Berlin, Dahme-Spree­wald und Tel­tow-Fläming gewesen.

03.11.06 Autonome Antifa Teltow-Fläming

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»Die Schreie haben mich nicht interessiert«

Am Dien­stag, den 7. Novem­ber 2006, wird das Amts­gericht Fürsten­walde wahrschein­lich das Urteil im so genan­nten Stadt­park-Prozess sprechen. Vier Angeklagten wird ein Über­fall auf alter­na­tive Jugendliche im Juni 2005 vorge­wor­fen. Die Ver­hand­lung begin­nt um 9 Uhr.

In bish­er sechs Ver­hand­lungsta­gen wurde das Tat­geschehen vom 18. Juni 2005 weit­ge­hend rekon­stru­iert. Danach kam es gegen 19 Uhr zu einem ersten Zusam­men­tr­e­f­fen der Recht­en mit den Punks, die wegen ihrer Musik als »Scheiß Zeck­en-Pack« beschimpft wur­den. Nach diversen Zeu­ge­naus­sagen sollen Den­ny E. (25) und Ronald H. (22) dann vom Fahrrad aus im Vor­beifahren zwei der Punks geschla­gen haben. Die Gruppe der alter­na­tiv­en Jugendlichen traf sich im Stadt­park, um den 16. Geburt­stag von Michael S. zu feiern. Hier kam es zu weit­eren Pro­voka­tio­nen, die Recht­en riefen »Sieg Heil« und »Ver­pisst euch, das ist unser Land«. Kurz vor Mit­ter­nacht griff eine siebenköp­fige Gruppe Rechter die verbliebe­nen Linken an. Sie schlu­gen mit Bier­flaschen zu und trat­en auf die Opfer ein. Nicole Sch. (20) soll sich dabei beson­ders her­vor­ge­tan haben. Nach der Zeu­ge­naus­sage des Opfers, Eric P., trat ihm Nicole mehrmals mit­ten ins Gesicht. Eric P.s Gesicht war von tiefen Schnit­ten durch­zo­gen, auch Michael S. wurde schw­er ver­let­zt. Dann nah­men die Recht­en die Ver­fol­gung weit­er­er Alter­na­tiv­er auf. Karsten K. (24) soll später damit geprahlt haben, er habe »Punks den Hals aufgeschlitzt«.

Für Prozess­beobachter erschreck­end war, welche Gefühlskälte und Men­schen­ver­ach­tung einige der Täterzeu­gen zur Schau stell­ten. Der ehe­ma­lige Wach­schützer Tomasz D. (23), der sich mit­ten in der Prügel­gruppe befand, will nichts gese­hen haben – »Die Schreie haben mich nicht inter­essiert.« Im Gerichtssaal trug er einen Schlüs­se­lan­hänger des recht­sex­trem­istis­chen »Heimat­bun­des Pom­mern«. Inter­es­sant waren auch die zum Vorschein gekomme­nen Verbindun­gen zur NPD. Während ein Teil der recht­en Clique im Stadt­park ein Besäuf­nis beg­ing und dann prügelte, begab sich ein ander­er Teil zum NPD-Kad­er Den­ny B. – zum »Feiern«.

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»Wir ziehen oft Nazis an«

Nazipö­beleien richt­en sich häu­fig auch gegen linke Fans oder als links gel­tende Vereine.Mit einem linken Ultra-Fan des SV Babels­berg 03 sprach Ivo Bozic

Heiko Klum* gehört zur Fan-Ini­tia­tive »Film­stadt Infer­no« und den Ultras Babels­berg, einem Fan­club des SV Babels­berg 03 in Potsdam. 

Die Medi­en ver­mit­teln zuweilen den Ein­druck, in Ost­deutsch­land seien alle Fußball­fans Nazis. Wie groß ist das Nazi-Prob­lem wirklich?

Sich­er sind nicht alle Fans in Ost­deutsch­land Nazis. Aber Nazis kön­nen sich in den Sta­di­en äußern und sie ungestört als Plat­tform nutzen. Die Mehrheit ist aber nicht faschistoid. 

Euer Vere­in gilt als link­er Vere­in, ist das eine Ausnahmeerscheinung?

Babels­berg 03 ist da wohl die Num­mer Eins im Osten, weil es nicht nur unsere Gruppe bet­rifft, son­dern auch den Vere­in und das Umfeld. Die Fan­szene ist tra­di­tionell links ori­en­tiert. Schon Anfang der neun­ziger Jahre, als Babels­berg 03 noch unterk­las­sig gespielt hat, kamen viele aus der damals starken Haus­be­set­zer­szene zum Fußball. Und unsere Gruppe gibt es jet­zt schon seit sieben Jahren. Wir geben diesen Beat, diesen anti­ras­sis­tis­chen Flair an die Jün­geren weit­er. Aber auch bei anderen Vere­inen gibt es linke Ultra-Grup­pen oder Einzelper­so­n­en, wie bei Chemie Leipzig oder Dynamo Dresden. 

Welche Vere­ine haben die meis­ten Prob­leme mit Nazis?

Da fall­en mir spon­tan der Hallesche FC Chemie, Loko­mo­tive Leipzig und Vic­to­ria Frank­furt ein. Chem­nitz ist auch ziem­lich extrem. Da gibt es eine Jugend­gruppe, die heißt New Soci­ety – abgekürzt NS. Die geben sich gar keine Mühe, ihre poli­tis­che Ein­stel­lung zu verheimlichen. 

Habt ihr oft Ärg­er mit recht­en Hooligans?

Bei Auswärtsspie­len ziehen wir oft Nazis an, die son­st nicht oder sehr sel­ten zum Fußball gehen. Wenn Babels­berg 03 kommt, sehen die das als Anlass aufzu­laufen. So bestärken sie bei uns den Ein­druck, dass es sich um Fascho-Vere­ine han­delt, was aber nicht unbe­d­ingt der Fall sein muss. Ärg­er gibt es aber zum Beispiel immer mit Vic­to­ria Frank­furt. Die spie­len in der Ver­band­sli­ga und ste­hen daher nicht so im Medi­en­in­ter­esse. Deren Fans haben neulich ein linkes Jugendzen­trum in Straus­berg attack­iert. Wenn Babels­berg gegen Frank­furt spielt, dann kommt es regelmäßig zu Auseinan­der­set­zun­gen. Als sie let­ztens in Babels­berg gespielt haben, wur­den vorher in Frank­furt Fly­er verteilt mit der Auf­forderung: »Auf nach Babels­berg zum Zeck­en-Klatschen!« Nach­her waren sie aber nur mit 40, 50 Leuten hier, und wir waren deut­lich mehr. Das war dann nicht so ein tolles Erleb­nis für die. 

Werdet ihr häu­figer in Auseinan­der­set­zun­gen mit Nazi-Hools verwickelt?

Eher sel­ten. Weil es bekan­nt ist, dass Babels­berg ein link­er Vere­in ist, mit ein­er linken Fan-Szene, und wir als gewalt­bere­it gel­ten, wer­den viele Spiele von der Polizei als »Risiko-Spiele« eingestuft und mit entsprechen­der Polizeipräsenz begleit­et. Auseinan­der­set­zun­gen find­en daher haupt­säch­lich ver­bal statt. 

Wie sieht denn so eine Anreise zu einem Auswärtsspiel aus?

Wenn wir mit dem Zug fahren, ste­hen in Pots­dam am Bahn­hof schon Polizis­ten, darunter auch »szenekundi­ge Beamte« in Ziv­il, bere­it, um uns bis ins Sta­dion und wieder zurück zu begleiten. 

Richt­en sich die Nazi-Aggres­sio­nen vor allem gegen euch als linke Fans, oder bekommt Ihr auch ras­sis­tis­che Pöbeleien mit?

Zum Teil ver­mis­cht sich das. Die skandieren gegen uns Parolen wie »Arbeit macht frei, Babels­berg 03« oder »Zick­za­ck, Zige­uner­pack«. Meis­tens geht das gegen uns. Das liegt natür­lich auch daran, dass im Osten Deutsch­lands kaum Migranten zum Fußball gehen. 

Weil sie Angst um ihre Gesund­heit haben?

Ja, das denke ich schon. Und Flüchtlinge wer­den nicht die Mit­tel haben, zum Fußball zu gehen. 

*Name von der Redak­tion geändert

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Horrortrips im Osten

In den Inter­net­foren der Fan­seit­en ost­deutsch­er Vere­ine wie Energie Cot­tbus, Dynamo Dres­den, Hansa Ros­tock, Hallesch­er FC, Chem­nitzer FC ist es in den let­zten zwei Jahren fast schon zu einem Rit­u­al gewor­den: Vor jedem Der­by untere­inan­der oder vor Spie­len gegen das Trio Infer­nale aus Berlin (Hertha BSC, 1.FC Union und BFC Dynamo) bran­det die Diskus­sion darüber auf, ob der DFB nach den Auss­chre­itun­gen oder anti­semi­tis­chen bzw. ras­sis­tis­chen Gesän­gen und Chore­o­gra­phien beim vorheri­gen Aufeinan­dertr­e­f­fen ein so genan­ntes Geis­ter­spiel vorschreiben wird – also eines unter Auss­chluss des Stadionpublikums. 

Die Zustände bei den genan­nten und anderen ost­deutschen Vere­inen haben sich in let­zter Zeit keineswegs ver­schlim­mert. Alles, was da passiert, vor allem die nation­al­sozial­is­tis­che Selb­st­stil­isierung großer Zuschauer­grup­pen, ist seit 1989 Usus. Eben­falls seit 1989 aber haben sich der DFB und der bis 2001 für die Region­al- und Oberli­gen Ost­deutsch­lands zuständi­ge Nor­dost­deutsche Fußbal­lver­band (NOFV) über ein Jahrzehnt lang so blind und taub gestellt wie einst Bran­den­burgs Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe im »Sta­dion der Fre­und­schaft« in Cot­tbus. Während Stolpe näm­lich in einem Fernse­hin­ter­view, das er auf der Tribüne gab, behauptete, »keine aus­län­der­feindlichen Sprüche« gehört zu haben, waren genau diese im Hin­ter­grund deut­lich zu vernehmen. 

Die Bun­desli­gen aber erre­ichte diese Stim­mung damals nur in Cot­tbus oder Ros­tock. Und dann traf es eher dem DFB missliebige Vere­ine wie den FC St. Pauli oder Ten­nis Borus­sia Berlin. Bewarf man deren Fans und Mannschafts­busse mit voll­gepis­sten Bier­bech­ern und Pflaster­steinen (wie beim Bun­desli­gaspiel Hansa Ros­tock gegen St. Pauli 1995), wurde das so schnell wie möglich bagatel­lisiert und unter den Tep­pich gekehrt. 

Dass die Vor­läuferin der heute zweiglei­sigen Oberli­ga Nor­dost, die Region­al­li­ga Nord-Ost, welche exakt das Staats­ge­bi­et der ehe­ma­li­gen DDR plus West­ber­lin umfasste, für die West­ber­lin­er Vere­ine (Ten­nis Borus­sia, Reinick­endor­fer Füchse, Türkiyem­spor) und ihre Anhänger der reine Hor­ror­trip war, wurde sowohl von Ver­bän­den wie Medi­en kom­plett ignori­ert, während die Ver­ant­wortlichen der Ost-Clubs dieses Nicht-Ver­hal­ten zu ein­er bis heute beliebten Strate­gie nutzten: erst leug­nen, und wenn das nicht mehr geht, auf Teufel komm’ raus bagatel­lisieren. Hätte man die Maßstäbe, die Schied­srichter Michael Wein­er dankenswert­er­weise jüngst in Aachen mit sein­er Dro­hung set­zte, wegen ras­sis­tis­ch­er Gesänge das Spiel abzubrechen, damals in dieser Liga angelegt, wäre wohl kein einziges Spiel außer den West-Der­bys ord­nungs­gemäß been­det worden. 

Dieses Schweigen wurde sehr sel­ten gebrochen, so wie beispiel­sweise 1998 durch die Ansage des schwarzen Deutschen Otto Addo, er werde wegen des Ver­hal­tens der Cot­tbusser Zuschauer der deutschen Nationalelf niemals zur Ver­fü­gung ste­hen. Addo erin­nert sich daran noch sehr deut­lich: »Vor allen in meinen Zweitligazeit­en bei Han­nover 96 war es schlimm. Als Ge­rald Asamoah und ich 1998 bei Energie Cot­tbus zu einem entschei­den­den Auf­stiegs­du­ell antrat­en, haben die Cot­tbusser Fans 90 Minuten lang Urwaldgeräusche wie ›uh, uh, uh‹ gemacht und uns mit Bana­nen beschmis­sen. Dazu kamen noch ›Neger-raus‹-Sprechchöre! Das war ein ganz schlimmes Erleb­nis, das ich nie vergessen werde.« 

Asamoah (heute bei Schalke 04) machte am 9. Sep­tem­ber dieses Jahres die Erfahrung, dass im Osten alles beim alten geblieben ist. Beim DFB-Pokalmatch von Schalke in Ros­tock gegen die in der Oberli­ga Nor­dost spie­lende Reserve­mannschaft des Zweit­ligisten FC Hansa wurde er aus dem Pulk der Hansa-Fans während des gesamten Spiels mit Urwald­laut­en bedacht – ein ganz bit­teres Erwachen aus seinem per­sön­lichen »Som­mer­märchen«, näm­lich dem von der Zivil­isierung des Fußballs in ganz Deutschland. 

Nur in der alten Bun­desre­pub­lik wur­den die so genan­nten Prob­lem­clubs im Zuge der generellen Verän­derung des Fußbal­lkon­sums durch die Erschließung neuer Fan-Schicht­en zur absoluten Aus­nahme. In der ehe­ma­li­gen DDR hinge­gen beste­ht eine Art Freilicht­mu­se­um, in dem zwei Kon­ti­nu­itäten bestaunt wer­den kön­nen: generell, wie die Deutschen sich ohne erfol­gte Ver­west­lichung auf­führen wür­den, und speziell, wie es dem Fußball ergan­gen wäre, hät­ten nicht Ende der achtziger Jahre über­all Fan-Ini­tia­tiv­en – teil­weise Hand in Hand mit den Ver­mark­tern der Clubs – die Über­nahme des Fußballs durch schlägernde Män­ner­bünde verhindert. 

Als Ale­man­nia Aachen, ein in diesem Sinne für West-Ver­hält­nisse »zurück­ge­blieben­er« Club, im Jan­u­ar 2004 das erste Geis­ter­spiel des deutschen Lig­a­fußballs aus­richt­en musste (wegen Wur­fgeschossen gegen den Train­er des 1. FC Nürn­berg), reagierte der DFB in der Causa Asamoah nun auch im Osten gegen Hansa Ros­tock: ein Geis­ter­spiel für Hansas Oberli­ga-Mannschaft und immer­hin 20 000 Euro Strafe. 

Ein Zeichen dafür, dass man sich keinen weit­eren Imageschaden zufü­gen lassen will, nach­dem man die WM mit Hän­gen und Wür­gen ohne in größerem Umfang pub­lik gewor­dene Vor­fälle im Osten über die Bühne gebracht hat? Offen­sichtlich, denn plöt­zlich reagierte auch der NOFV und bestrafte den Oberligis­ten Hallesch­er FC. Dessen Anhänger hat­ten Ade­bowale Ogung­bu­re vom FC Sach­sen Leipzig am 25. März bespuckt und tätlich ange­grif­f­en, nach­dem dieser, als Reak­tion auf ständi­ge Belei­di­gun­gen, den Hit­ler­gruß ent­boten hat­te. Als der HFC-Block ihn am 1. Okto­ber in Leipzig erneut mit Affengeschrei belei­digte, wurde der Vere­in zu 2 000 Euro Geld­strafe und einem Geis­ter­spiel verurteilt. 

Brisant an dem Urteil ist vor allem eine Klausel, die dem Vere­in Maß­nah­men zur Ver­hin­derung solch­er Vor­fälle aufer­legt: Im Wieder­hol­ungs­falle dro­hen wirk­lich empfind­liche Strafen. Die HFC-Führung klagt derzeit auf Revi­sion dieser Pas­sage des Urteils, weil sie ganz genau um die neon­azis­tis­che Gesin­nung­shege­monie unter den Vere­in­san­hängern weiß, und damit um die Unver­mei­dlichkeit kün­ftiger Strafen. 

Oder wie es der Fan-Beauf­tragte Peter Patan aus­drückt: »Nach zwei, drei Bier gibt es immer mal jeman­den, der sich nicht im Zaum hat.« Um diese Klage allerd­ings scheint es nicht gut bestellt zu sein, denn am Dien­stag voriger Woche kündigten der HFC-Präsi­dent, der Schatzmeis­ter und der Wirtschafts­beirat ihren Rück­zug an. Den Halleschen FC scheint über kurz oder lang der finanzielle Kol­laps zu ereilen. 

Einen anderen ehe­ma­li­gen DDR-Spitzen­club mit einem eben­falls redlich erwor­be­nen schlecht­en Ruf als recht­sradikaler Vorzeige­club hat dieses Schick­sal bere­its im Früh­jahr 2004 ereilt: Loko­mo­tive Leipzig stürzte in die Kreis­li­ga ab. Trau­rig muss man darüber wahrlich nicht sein. 

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Im Gedenken an gefallene Reitweiner

Im Gedenken an gefal­l­ene Reitweiner

Reitwein (MOZ) Der Zweite Weltkrieg hat auch in vie­len Reitwein­er Fam­i­lien tiefe Wun­den hin­ter­lassen. 59 Män­ner aus dem Dorf fie­len auf den Schlacht­feldern Europas und Afrikas zwis­chen 1939 und 1945. Aus ihrer Heimat Ver­triebene, die im Spät­som­mer 1945 über die Oder nach Reitwein kamen, star­ben erschöpft und entkräftet. Nach 61 Jahren wird ihnen nun auf dem Reitwein­er Fried­hof gedacht. 

Im Gedenken der im Zweit­en Weltkrieg gefal­l­enen Reitwein­er Väter und Söhne — ste­ht in schwarzen Buch­staben auf der sil­ber­nen Met­alltafel, die von ein­er Gran­it­plat­te getra­gen wird. Links und rechts daneben find­en sich auf Tafeln die Namen der Gefallenen. 

Der erste Reitwein­er, Erich Diet­rich, fand in Frankre­ich den Tod. Der jüng­ste Gefal­l­ene, Hans Schulz, war erst 17 Jahre. Der älteste Reitwein­er Sol­dat, Otto Biswanger, fiel als 52-Jähriger im Kessel von Halbe. Joachim Wieden­beck kam in Afri­ka ums Leben, und Horst Eich­berg ging mit der “Bis­mark” unter. Junge Män­ner aus Reitwein fan­den in Rus­s­land den Tod. 

“In vie­len Fam­i­lien wurde damals um Ange­hörige getrauert”, sagt Her­mann Kaiser, der Ini­tia­tor des Pro­jek­tes. “Aber das Leid wurde für die Reitwein­er Anfang Feb­ru­ar 1945 noch größer, als der Krieg in den Ort kam. Als die Front näher rück­te, mussten auch die Dorf­be­wohn­er flücht­en. Manche Alte blieben jedoch zurück. Sie sind spur­los ver­schwun­den. Eben­so weiß heute nie­mand mehr, wo die behin­derten Kinder aus dem Heim abge­blieben sind. Auch ihre Spur ist ver­schollen”, erzählt Her­mann Kaiser, dessen Fam­i­lie selb­st Leid erlebte. Nach der Rück­kehr der Men­schen in ihren Heima­tort, in dem alles in Schutt und Asche lag, seien viele Men­schen bei der Muni- tions­ber­gung in Reitwein ums Leben gekom­men. “Ein Reitwein­er über­lebte das rus­sis­che Internierungslager in Jam­litz nicht. Krankheit­en rafften nach dem Ende des Krieges eben­falls viele Bewohn­er dahin. Ver­triebene aus den deutschen Gebi­eten, die im Som­mer 1945 über die Oder kamen, star­ben vor Erschöp­fung. In etwa 80 Gräbern wur­den diese Heimat­losen auf dem Reitwein­er Fried­hof beige­set­zt”, hat Her­mann Kaiser her­aus­ge­fun­den. Er hat lange und gründlich recher­chiert. Er hat Ver­wandte, Nach­barn, Schulka­m­er­aden befragt. Unter­stützt wurde er dabei von Frau Kaiser, geborene Schulz, von Frau Labs, geborene Schicke, von Frau Lin­dow, geborene Schef­fler, von Her­rn Bäck­er und vie­len anderen heuti­gen und ehe­ma­li­gen Reitwein­ern. Es war eine Sisy­phusar­beit, die beina­he drei Jahre dauerte, erzählt der Heimatver­bun­dene und Geschichts­be­wan­derte. Es sei höch­ste Zeit gewe­sen, um die let­zten, noch leben­den Zeu­gen zu befra­gen, weiß auch er. Bei allen, mit denen er gesprochen habe, habe er großen Zus­pruch und auch große Spenden­bere­itschaft für das Pro­jekt gefun­den. Über 50 Men­schen hät­ten für die vier Gedenk­tafeln, eine für die zivilen Opfer und drei für die gefal­l­enen Väter und Söhne aus Reitwein, gespendet. Sie ergänzen nun die Kriegs­gräber­stätte für die im Zweit­en Weltkrieg in Reitwein gefal­l­enen deutschen Soldaten. 

Die feier­liche Ein­wei­hung der Erin­nerungsstätte find­et am Volk­strauertag mit einem Gedenkgottes­di­enst um 10 Uhr auf dem Orts­fried­hof statt.

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Fan-Randale in Premnitz

POTSDAM Das Achtel­fi­nale um den Bran­den­burg­er Fußball-Lan­despokal wurde von Auss­chre­itun­gen nach dem Ende der Par­tie zwis­chen Chemie Prem­nitz und dem Frank­furter FC Vik­to­ria überschattet. 

Nach dem 2:1‑Sieg der Frank­furter Gäste in der Ver­längerung musste gestern die Polizei ein­schre­it­en, um ran­dalierende rival­isierende Zuschauer­grup­pen zu tren­nen. Das schnelle Han­deln der Ein­satzkräfte ver­hin­derte aber eine Eskala­tion, die Frank­furter Fans wur­den von der Polizei zum Bahnhof
geleit­et. Laut Polizei-Angaben gab es keine Ver­let­zten und Festnahmen. …

weit­er hier

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Ist Fußball unpolitisch?

Das gestrige Fußball­spiel im Achtel­fi­nale um den Bran­den­burg­er Lan­despokal zwis­chen dem Lan­desklas­sev­ere­in TSV Chemie Prem­nitz und dem Ver­band­sligis­ten FC Vic­to­ria Frankfurt/Oder nutzen neon­azis­tis­che Frank­furter “Fans” um mit ras­sis­tis­chen und nazis­tis­chen Has­sti­raden geg­ner­ische Zuschauer zu diskred­i­tieren. Lau­thals wurde u.a. skandiert “Zick Zack Zige­uner­pack” und “Arbeit macht frei”. Des weit­eren hat­ten die Frank­furter “Fans” das ganze Spiel über ein Ban­ner mit der Auf­schrift “FCV gegen Links” aus­ge­bre­it­et, das von Kel­tenkreuzen flankiert wurde.

Zu Auss­chre­itun­gen und Ran­dale im Bere­ich des Sta­dions kam es jedoch, ent­ge­gen den Darstel­lun­gen der Märkischen All­ge­meinen Zeitung vom 1. Novem­ber, nicht. Lediglich die Polizei nutzte nach Abp­fiff der Par­tie äußerst unsan­fte Meth­o­d­en um die am Ver­hal­ten der Frank­furter “Fans” Anstoß nehmenden Heim­fans des TSV Chemie Prem­nitz aus ihrem Sta­dion zu drän­gen. Ein “schnelles Ein­greifen”, wie hier, wäre auch beim vor­ma­li­gen skandieren der Parolen aus dem Frank­furter Block nötig gewesen.

Das Neon­azis Fußball­spiele für ras­sis­tis­che und nazis­tis­che Pro­voka­tio­nen nutzen, hat sich offen­bar jet­zt auch im Raum Rathenow / Prem­nitz etabliert. Erst am ver­gan­genen Sam­stag beim Fußbal­l­lokalder­by BSC Rathenow gegen Chemie Prem­nitz hat­ten sich 14 Neon­azis der “Anti Antifa Rathenow” und der “Nationalen Sozial­is­ten Prem­nitz” in ein­er neu­tralen Sta­dionkurve einge­fun­den um mit entsprechen­den Gesän­gen und einem Ban­ner mit der Auf­schrift “Good Night Left Side” linke Fußball­fans aus Prem­nitz zu provozieren.

Nazis raus aus den Fußballstadien!

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Nazi-Schmierereien

Am Dien­stagvor­mit­tag wurde die Polizei zu Sachbeschädi­gun­gen an Fahrzeu­gen in die Warschauer und Prager Straße gerufen. In der vorheri­gen Nacht beschmierten unbekan­nte Täter Scheiben von etwa 20 Fahrzeu­gen mit krei­deähn­lich­er Sub­stanz. Ein Teil der Fahrzeuge wurde mit ver­fas­sungswidrigem Inhalt wie z.B. Heil Hitler und Hak­enkreuzen beschmiert. 

An 10 weit­eren Fahrzeu­gen hat­ten die Unbekan­nten entwed­er einen Außen­spiegel oder die Scheiben­wis­ch­er abge­brochen. Ein Fen­ster ein­er Arzt­prax­is wurde eben­falls mit Schmier­ereien verun­ziert. Die Schaden­shöhe kann derzeit noch nicht bez­if­fert werden. 

Zeu­gen, die Hin­weise zu verdächti­gen Per­so­n­en- oder Fahrzeug­be­we­gun­gen in diesem Bere­ich geben kön­nen, wer­den gebeten, sich bei der Frank­furter Polizei zu melden. 

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SS trainierte im KZ Sachsenhausen Brutalität

»Wir haben immer nur Uhren instand set­zen müssen, Mil­lio­nen Uhren. Wir haben sie gesäu­bert, von Blut gere­inigt, Ersatzteile einge­baut«, berichtet der ehe­ma­lige KZ-Häftling Samuel Antmann, der in Sach­sen­hausen in der Uhrw­erk­statt arbeitete.

Die Uhren stammten von den in Auschwitz und Maj­danek ermorde­ten Men­schen. Die oft wertvollen Stücke wur­den repari­ert, um sie anschließend an SS-Leute zu ver­schenken. Die ersten Sendun­gen in ver­siegel­ten Kisten trafen Ende 1942 in Sach­sen­hausen ein. Allein 1943 kamen etwa 50 000 Uhren«, schreibt Her­mann Kaien­burg in seinem Buch »Der Mil­itär- und Wirtschaft­skom­plex der SS im KZ-Stan­dort Sach­sen­hausen-Oranien­burg«. Die Stiftung Bran­den­bur­gis­che Gedenkstät­ten gab die wis­senschaftliche Abhand­lung soeben als Band 16 ihrer Schriften­rei­he her­aus. Im Mit­telpunkt von Kaien­burgs Betra­ch­tung ste­ht nicht das KZ, son­dern das Umfeld, also das Trup­pen­lager, die Wirtschafts­be­triebe, die SS-Wohn­sied­lun­gen und ver­schiedene Dien­st­stellen. So beschreibt der His­torik­er, wie Hein­rich Himm­ler die Konzen­tra­tionslager in den 1930er Jahren als Tar­nung nutzte, um gegen den Wun­sch der Wehrma­cht bewaffnete SS-Ein­heit­en aufzustellen. Die Totenkopfver­bände waren dem­nach viel stärk­er als für die Bewachung des Lagers erforderlich.
Das bru­tale Vorge­hen gegen die Häftlinge diente auch dazu, jene see­len­lose Härte zu trainieren, mit der die SS später in den beset­zten Gebi­eten vorg­ing. Wer die ger­ing­sten Skru­pel zeigte, den ließ KZ-Inspek­teur Theodor Eicke aus­sortieren. Zu Beginn des Zweit­en Weltkriegs bilde­ten die jun­gen Ange­höri­gen der Totenkopfver­bände plan­mäßig den Keim der Waf­fen-SS. Die Kon­trolle der Häftlingslager über­nah­men ältere SS-Ange­hörige. Indem Kaien­burg die Entste­hung der Waf­fen-SS und die Ver­set­zun­gen dor­thin beschreibt, wider­legt er auch die unselige Leg­ende, bei den Divi­sio­nen der Waf­fen-SS habe es sich um nor­male Armeeein­heit­en gehan­delt, die mit der übri­gen SS nichts zu tun hatten.
Die Abhand­lung ist voller auf­schlussre­ich­er Details, informiert zum Beispiel, wie die Kraft­fahrtech­nis­che Ver­suchsabteilung am Stan­dort ein Ket­ten­fahrzeug für die Front entwick­elte, das durch den Umbau eines Opel-Last­wa­gens ent­stand. Erwäh­nt ist auch, dass Oskar Dirlewanger hier im Som­mer 1940 ein SS-Son­derkom­man­do aus zir­ka 300 Män­nern auf­stellte, die wegen Wilderei und ander­er Delik­te verurteilt waren. Das Kom­man­do Dirlewanger kämpfte in der Sow­je­tu­nion gegen Par­ti­sa­nen und beteiligte sich an der Nieder­schla­gung des Warschauer und des slowakischen Aufstands.

Das gigan­tis­che SS-Klink­er­w­erk, das Mate­r­i­al für die mon­u­men­tal­en Bau­pläne Albert Speers liefern sollte, erwies sich trotz enormer Aus­beu­tung der Häftlinge als Desaster. Nach­dem schon Unsum­men in der Errich­tung des Werks steck­ten, erwies sich bei Pro­beläufen, dass sich im gewählten Trock­en­pressver­fahren gar keine brauch­baren Ziegel her­stellen ließen – die Steine zer­fie­len. Die eigentlich unab­d­ing­baren prak­tis­chen Ver­suche hat­te man vor dem Baube­ginn fahrläs­sig vernachlässigt.

Die Abschnitte zu den SS-Betrieben enthal­ten Pas­sagen über den bes­tialis­chen Umgang mit den Häftlin­gen, die beson­ders in den Baukom­man­dos gequält wor­den sind. Kaien­burg berichtet auch über die Schuh­prüf­strecke des Reich­samtes für Wirtschaft­saus­bau. Die etwa 700 Meter lange Bahn ver­lief rings um den Appellplatz. Der His­torik­er schreibt: »Zum Schuh­läufer­kom­man­do gehörten bis 1943 zir­ka 80 bis 120 Häftlinge, … die täglich mor­gens bis abends in straf­fem Tem­po, beladen mit einem schw­eren, mit Sand gefüll­ten Ruck­sack, etwa 50 Run­den, also 30 bis 40 Kilo­me­ter, zurück­le­gen mussten, und zwar bei jedem Wet­ter – für die unter­ernährten KZ-Insassen eine unglaubliche Tor­tur. Fast täglich brachen mehrere von ihnen zusam­men. Als beson­dere Qual verteil­ten SS-Auf­se­her bisweilen Schuhe, die zu klein waren.« 

Her­mann Kaien­burg: »Der Mil­itär- und Wirtschaft­skom­plex der SS im KZ-Stan­dort Sach­sen­hausen-Oranien­burg. Schnittpunkt von KZ-Sys­tem, Waf­fen-SS und Juden­mord«, Metropol Ver­lag, 428 Seit­en (brosch.), 24 Euro 

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