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Ein Tor für die rechte Szene

Rechte marschieren durchs Bran­den­burg­er Tor — zum zweit­en Mal seit
Kriegsende über­haupt. Nur die Polizei war über­raschen­der­weise überrascht.
Antifa-Ini­tia­tive kri­tisiert Ord­nung­shüter. CDU will Ver­samm­lungsrecht verschärfen

Der erste Mai kommt jedes Jahr — inklu­sive “rev­o­lu­tionär­er Demo” und
Krawallen. Auf bei­des ist die Berlin­er Polizei stets vor­bere­it­et: auf Demo
und Krawalle. Daher wer­den Demon­stran­ten auch nach Auflö­sung der Demo weiter
beobachtet. Am anderen Ende des poli­tis­chen Spek­trums ist die Polizei
weniger weit­sichtig. Zwar war sie auf eine angemeldete Kundge­bung der
recht­en Szene am Mittwochabend vor­bere­it­et, auf die sich anschließende
Pro­voka­tion jedoch nicht: Die Neon­azis marschierten mit Fah­nen und
Trans­par­enten durch das Bran­den­burg­er Tor. 

Ursprünglich hat­ten etwa 70 Neon­azis vor der britis­chen Botschaft nahe Unter
den Lin­den demon­stri­ert. Sie forderten die Veröf­fentlichung der Akten über
den Hitler-Stel­lvertreter Rudolf Heß. Diese Ver­anstal­tung war angemeldet und
genehmigt worden. 

Hin­ter­grund: Heß war 1941 nach Schot­t­land geflo­gen, um mit den Briten zu
ver­han­deln. Er wurde gefan­gen genom­men und nach dem Krieg zu lebenslanger
Haft verurteilt. 1987 erhängte er sich in sein­er Zelle in Span­dau. Rechte
Ver­schwörungs­the­o­retik­er meinen, Heß sei vom britis­chen Geheimdienst
umge­bracht wor­den. Das durften die Demon­stran­ten nicht öffentlich behaupten.
Den­noch gab es auf der angemelde­ten Kundge­bung Trans­par­ente mit der
Auf­schrift: “Mord ver­jährt nie”. 

Gegen 21 Uhr been­de­ten die Neon­azis ihre Ver­anstal­tung. Viele macht­en sich
jedoch nicht auf den Heimweg. In ein­er offen­bar verabre­de­ten Aktion
ver­sam­melten sich rund 60 vor dem Bran­den­burg­er Tor und marschierten
hin­durch. Die Polizei musste von Pas­san­ten informiert wer­den und kam zu
spät, um den Durch­marsch noch zu ver­hin­dern. Die Recht­en flüchteten dann in
den Tier­garten. Die Polizei leit­ete Strafver­fahren wegen des Ver­stoßes gegen
das Ver­samm­lungs­ge­setz ein. Konkrete Hin­weise auf Täter gebe es aber noch
nicht. 

Kri­tik am Vorge­hen der Polizei kommt unter anderem vom Antifaschistischen
Pressearchiv. “Nor­maler­weise bleibt die Polizei an den Teil­nehmern von Demos
dran”, heißt es dort. Wirk­lich über­rascht habe die Polizei nicht sein
kön­nen, schließlich gebe es jedes Jahr Ver­anstal­tun­gen der recht­en Szene zum
Todestag des Hitler-Stellvertreters. 

Die rechte Szene feiert sich unter­dessen selb­st: In Inter­net­foren und auf
Web­sites find­en sich Fotos und Jubel über die Aktion. Erst ein­mal war es
ihnen zuvor gelun­gen, durch das Tor zu ziehen — am 29. Jan­u­ar 2000.

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Imbiss-Täter gefasst

In der Zeit vom 22. bis 24. August wur­den in Wriezen, Neuhard­en­berg und
Letschin in fünf Fällen Sachbeschädi­gun­gen an Dön­er- oder Asia-Imbissständen
fest­gestellt. Zunächst unbekan­nte Täter zer­störten durch Ein­wer­fen oder
Ein­treten Türen und Glass­cheiben. Die Schä­den belaufen sich auf über 9.000
Euro. In einem weit­eren Fall wurde ein Wahlplakat mit verfassungswidrigen
Sym­bol­en beschmiert. In der Nacht zum Fre­itag kon­nte die Polizei drei Männer
im Alter von 18 bis 19 Jahren festnehmen.

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Gastwirt beschimpft und beleidigt

Am Don­ner­stag gegen 22.00 Uhr wurde in Witt­stock, Kirch­gasse, der Gastwirt
eines ital­ienis­chen Restau­rants während sein­er Arbeit­en vor der Gaststätte
durch zwei junge Män­ner mit Aus­drück­en und frem­den­feindlichen Worten
beschimpft. Die jugendlichen Täter benutzten Worte wie “Raus aus
Deutsch­land” und so weit­er. Als sich der Wirt selb­st­ständig in das
Restau­rant zurück­zog, ent­fer­n­ten sich die Jugendlichen in unbekannte
Rich­tung. Ein­geleit­ete Fah­n­dungs­maß­nah­men ver­liefen ergeb­nis­los. Durch die
Krim­i­nalpolizei wer­den Ermit­tlun­gen zum Ver­dacht der Volksverhetzung
geführt. 

Die bei­den Tatverdächti­gen wur­den wie fol­gt beschreiben: 

— männliche Jugendliche im Alter zwis­chen 16 und 18 Jahren 

— zir­ka 165 cm bis 175 cm groß 

Der vor­rangig agierende Täter war mit ein­er blauen Jeans und ein­er dunklen
Jacke bek­lei­det. Die zweite Per­son trug eine helle Hose und einen dunklen
Pullover. 

Die Polizei bitte um Mith­il­fe! Wer kann Hin­weise geben, die mit der Tat in
Zusam­men­hang ste­hen? Wer hat Beobach­tun­gen gemacht, die zur Aufk­lärung der
Tat führen? Wer ken­nt die beschriebe­nen Per­so­n­en oder kann sie näher
beschreiben? Hin­weise nimmt die Witt­stock­er Krim­i­nalpolizei, unter der
Rufnum­mer (03394) 42 30 oder jede andere Polizei­di­en­st­stelle entgegen.

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Gegen rechte Gewalt

(PNN, Mar­i­on Har­tig) Innen­stadt — Mit Sprechchören und Musik demon­stri­erten gestern mehr als 200 Jugendliche aus Pots­dam und Umge­bung gegen rechte Gewalt. Ver­anstal­ter des bis in die Guten­bergstraße hinein friedlichen Auf­marsches durch die City war die AK Antifa Pots­dam, die mit antifaschis­tis­chen Grup­pen aus Berlin und Bran­den­burg und dem Links­bünd­nis Pots­dam kooperierte, wie Andreas Müller und Sabine Klein von der AK Antifa Pots­dam am Rande der von der Polizei geführten Ver­anstal­tung erklärten. 

Mit dem Mot­to „We are not alone“, wir sind nicht alleine, wolle die AK Jugendliche motivieren, etwas gegen die zunehmende rechte Gewalt zu unternehmen. Es gehe darum, dass sich die Jugendlichen gegen rechte Grup­pierun­gen ver­bün­de­ten und sich bewusst wer­den, dass sie faschis­tis­ch­er Gewalt nicht hil­f­los aus­geliefert seien, weil antifaschis­tis­che Ver­bände und Opfer­ver­bände sie unterstützen. 

Sie hät­ten mit mehr Teil­nehmern gerech­net, erk­lärten Klein und Müller. Dass Punks und schwarz gek­lei­dete Linke das Bild des Auf­marsches bes­timmten, habe sich­er abschreck­ende Wirkung auf „Nor­ma­los“ gehabt, dabei ver­suche die AK all­ge­mein gegen Rechts zu mobil­isieren. Die Demon­stra­tion sei haupt­säch­lich antifaschis­tisch und wende sich nicht gegen Deutsch­land und den Kap­i­tal­is­mus, wie es in einem Demo-Aufruf auf der Web­seite des AK heißt. Es gehe vielmehr darum, die Öffentlichkeit wachzurüt­teln. Die Demon­stra­tion sei die erste der Pots­damer AK, die Gruppe habe sich erst vor einem halbem Jahr gegrün­det. Bish­er beste­he sie aus zehn Jugendlichen zwis­chen 16 und 20 Jahren. 

„Man kann das nur unter­stützen, das Jugendliche gegen rechte Gewalt auf die Straße gehen, ganz gle­ich, ob sie rote Haare haben, ob sie Punks sind oder Linke“, meinte eine Mut­ter, die mit ein­er Eiswaf­fel in der Hand mit spazierte. „Man muss was dage­gen tun, dass immer öfter aus faschis­tis­chen Grün­den geschla­gen und diskri­m­iniert wird“, erk­lärte ein Paar. Viele der Jugendlichen „möcht­en sich nicht äußern“, warum sie hier dabei sind. Auch der Junge mit dem Schild „Wees och nicht“ kom­men­tiert seinen Schriftzug nicht. Nur woher sie kom­men ver­rat­en sie, aus Berlin, Krem­nitz und Rathenow. 

(Infori­ot) Auf Indy­media wird von 300 Teil­nehmerIn­nen gesprochen. Die hier zu sehen­den Bilder stam­men nicht aus der PNN son­dern eben­falls von Indymedia.

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Ick habe ooch ringetreten!“

Der Haupt­täter Mar­cel B. (24) hat seine einein­hal­b­jährige Haft­strafe bere­its abge­sessen. Zwei weit­ere Akteure des bru­tal­en Über­falls wur­den zu Bewährungsstrafen verurteilt. Mar­co K. tauchte unter, wurde per Haft­be­fehl gesucht und endlich auch gefun­den. Über dreiein­halb Jahre, nach­dem der damals 16-jährige Ben­jamin G. am 15. Jan­u­ar 2001 von Rechts­gerichteten auf einem Hin­ter­hof der Friedrich-Engels-Straße zusam­mengeschla­gen und ‑getreten wurde, ste­ht nun auch Mar­co K. (24) wegen gemein­schaftlich­er gefährlich­er Kör­per­ver­let­zung vor dem Richter. 

Der Kurzhaarige weiß nicht mehr viel von den Vor­fällen jenes Win­ter­vor­mit­tages. Das mag der inzwis­chen ins Land gegan­genen Zeit geschuldet sein, aber auch dem Alko­hol. Man habe sich schon in aller Frühe am Haupt­bahn­hof „getrof­fen und gesof­fen“, berichtet der Arbeit­slose. Dann sei man zu einem Kumpel gegan­gen. Dort habe es massen­haft San­gria und Bier gegeben. Ob die Vor­räte zur Neige gegan­gen waren, als sich die Truppe gegen 11.40 Uhr zum Auf­bruch entschloss, ver­mag Mar­co K. – er grün­dete inzwis­chen eine Fam­i­lie – nicht mehr zu sagen. Seine Erin­nerung set­ze erst wieder ein, als er die Polizei­wache ver­lassen durfte. Später habe ihm ein Kumpel erzählt, was dem alter­na­tiv­en Jugendlichen wider­fahren sei. 

„Wir waren mit einem Lehrer unter­wegs. Der wollte in der Friedrich-Engels-Straße 1 etwas abgeben“, meint Ben­jamin G. (inzwis­chen 19), der im Prozess als Neben­kläger auftritt. Während sie im Hof warteten, sei aus ein­er gegenüber­liegen­den Tür ein Trupp junger, offen­sichtlich alko­holisiert­er, Män­ner getreten. Ein­er habe ihn gefragt, ob er sich nicht die Haare schnei­den lassen wolle. „Ich ent­geg­nete, nur die Seit­en, und meinte damit einen Iroke­sen­schnitt.“ Daraufhin seien ihm von eben dieser Per­son mehrere Faustschlag ver­set­zt wor­den, so dass er zu Boden ging. Min­destens zwei weit­ere Rechte hät­ten mit Turn­schuhen, dessen Abdrücke er noch zwei Wochen danach im Gesicht hat­te, und Springer­stiefeln auf ihn einge­treten. „Ich schrie um Hil­fe, aber ein­er sagte nur, Halts Maul, alte Zecke“, erin­nert sich Ben­jamin G. Als Mitschüler den Lehrer informierten und die Polizei zu Hil­fe riefen, seien die Angreifer ver­schwun­den. Ob der Angeklagte dabei waren, kann das Opfer nicht mit Sicher­heit sagen. „Ich war damit beschäftigt, meinen Kopf zu schützen.“ 

„Wir haben ihn auf dem Hin­ter­hof zusam­men­gelegt“, erk­lärt René K. (26) läs­sig. Nach sein­er Ein­schätzung habe die Proze­dur vier bis fünf Minuten gedauert. „Dann hörten wir auf, weil Hil­fe geholt wurde.“ Volk­er Wieder­s­berg, Rechts­bei­s­tand des Opfers, fragt: „Son­st hät­ten Sie weit­er gemacht?“ Die lakonis­che Antwort des Zeu­gen: „Weeß ick nich.“ 

„Eigentlich haben alle getreten, die auf dem Hof waren“, räumt der dama­lige Anführer Mar­cel B. (24) ein. „Ick habe ooch ringe­treten.“ Ob der Angeklagte dabei war, weiß er nicht mit Sicher­heit. „Ick gloobe, zu 70 Prozent nich.“ 

Um Mar­co K. zu verurteilen, hät­ten die Zeu­gen zweifels­frei bekun­den müssen, er sei vor Ort gewe­sen und habe kräftig mit­gemis­cht, betont Amt­srichter Fran­cois Eckardt. Dies sei jedoch nicht der Fall gewe­sen. Daher müsse er freige­sprochen werden.

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Eier auf Schröder und Platzeck

(NDR) Fin­ster­walde: Bun­deskan­zler Schröder ist erneut mit einem Ei bewor­fen wor­den. Der Zwis­chen­fall in der bran­den­bur­gis­chen Stadt ereignete sich, als Schröder ein Volks­fest eröffnete. Das Ei ver­fehlte jedoch sein Ziel. Bei dem Täter dürfte es sich um einen Geg­n­er der Arbeits­markt-Reform Hartz IV han­deln. Zuvor war bere­its eine SPD-Wahlver­anstal­tung im bran­den­bur­gis­chen Sen­ften­berg von Refor­mgeg­n­ern mas­siv gestört wor­den. Auch gegen Min­is­ter­präsi­dent Platzeck wur­den Eier geschleud­ert. Der Bund Deutsch­er Krim­i­nal­beamter hat vor ein­er Zunahme gewalt­tätiger Über­griffe in Zusam­men­hang mit Hartz IV gewarnt. Sozial- und Arbeit­sämter klagten schon seit län­gerem über zunehmend agres­sives Ver­hal­ten Betrof­fen­er, sagte der stel­lvertre­tende BDK-Vor­sitzende Bernsee. 

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Asylbewerber in Potsdamer Straßenbahn angegriffen

Am Vor­mit­tag des 13. August 2004 begleit­ete Joseph R., ein 45-jährige Asyl­be­wer­ber aus Afghanistan, seinen Sohn zum Pots­damer Arbeit­samt im Horstweg. Auf der Rück­fahrt nach Tel­tow kam es zwis­chen seinem 16-jähri­gen Sohn
und zwei Fahrkartenkon­trolleuren zu einem Stre­it. Ein junger Mann mis­chte sich auf aggres­sive Weise ein und stieß den Vater zu Boden, der sich ver­let­zte und heftig an der Nase zu bluten begann. Sein Sohn griff ein, es kam
zu ein­er Rangelei, bei der auch die Kon­trolleure den Sohn schlu­gen. Bei­de, Vater und Sohn, ran­nten aus der Straßen­bahn, ver­fol­gt von dem jun­gen Mann. 

Am Abend des­sel­ben Tages ver­stand der Vater die Welt nicht mehr. Als er kurz nach 20 Uhr vom Joggen in seine Woh­nung in Tel­tow zurück­kam, war die Tür aufge­brochen. Polizeibeamte führten eine Haus­durch­suchung durch. Einen Haus­durch­suchungs-Beschluss habe er, so Joseph R., nie zu sehen bekom­men. Auf die Frage nach dem Grund hät­ten die Beamten gesagt: “Die Kripo darf das.” Dann wurde er auf die Polizei­wache Pots­dam Mitte gebracht. Auch dort keine Erk­lärung, stattdessen habe er sich bis auf Unter­hose und Unter­hemd entk­lei­den müssen und sei anderthalb Stun­den in eine Zelle ges­per­rt wor­den. Nach ein­er erken­nungs­di­en­stlichen Behand­lung sei er um Mit­ter­nacht auf
die Straße geset­zt worden. 

Joseph R. kann das Ver­hal­ten der Polizei nicht ver­ste­hen. “Die Polizei hat das nur so gemacht, weil ich Aus­län­der bin”, so seine Ver­mu­tung. Mit­tler­weile hat sein Anwalt gegen die Polizei Anzeige wegen Haus­friedens­bruch und Frei­heits­ber­aubung gestellt. Auch der Verein
Opfer­per­spek­tive erhob eine Dienstaufsichtsbeschwerde.
Kay Wen­del vom Vere­in Opfer­per­spek­tive merkt dazu an: “Sollte sich der Ver­dacht erhärten, dann wäre Herr R. wie ein recht­los­es Objekt polizeiliche Willkür behan­delt wor­den. Und das, obwohl er es war, der von einem
Schläger ange­grif­f­en und ver­let­zt wurde. Wir fordern eine umfassende und unvor­ein­genommene Aufk­lärung des unge­heuer­lichen Geschehens.”

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Justiz ermittelt gegen 23 Gefängnis-Bedienstete

Pots­dam, 26.8. — In Bran­den­burg­er Gefäng­nis­sen hat es mehrfach Über­griffe von
Jus­tizbeamten gegeben, denen erst jet­zt nachge­gan­gen wird. Das
Jus­tizmin­is­teri­um bestätigte am Mittwoch, dass derzeit 23
staat­san­waltschaftliche Ermit­tlungsver­fahren gegen Bedi­en­stete von
Jus­tizvol­lzugsanstal­ten wegen Kör­per­ver­let­zung im Amt oder unterlassener
Hil­feleis­tung laufen. Zum Teil han­delt es sich dabei um ältere Fälle, die im
Rah­men ein­er bis 1994 zurück­ge­hen­den Über­prü­fung bekan­nt gewor­den sind und
jet­zt neu aufgerollt wer­den. Ins­ge­samt waren rund 200 frühere Strafanzeigen
von Gefan­genen gegen Wärter erneut unter­sucht worden. 

PDS-Jus­tizsprech­er Ste­fan Sar­rach erk­lärte nach dem Eingeständ­nis des
Min­is­teri­ums, das von “Einzelfällen” spricht: “Es ist ein Skan­dal, wenn
Bedi­en­stete Gewalt eskalieren lassen und die Gefäng­nisleitung das deckelt.”
Nun sei offenkundig, dass Jus­tizmin­is­terin Bar­bara Rich­stein (CDU) früheren
Hin­weisen auf Missstände und Über­griffe nicht nachge­gan­gen sei. 

Die Über­prü­fung hat­te Rich­stein ver­an­lasst, nach­dem die
Jus­tizvol­lzugsanstalt Bran­den­burg an der Hav­el im Mai bun­desweit als
“Folter-Knast” in die Schlagzeilen geri­et. Tat­säch­lich hat sich in jenen
bei­den Fällen, über die das RBB-Mag­a­zin “Klar­text” damals berichtet hatte,
der Ver­dacht gegen Bedi­en­stete zumin­d­est teil­weise erhärtet. Zwar fanden
sich keine Anhalt­spunk­te, dass ein “ver­mummtes Prügelkom­man­do” einen
toben­den herzkranken Häftling im Jan­u­ar 2004 mit Gummiknüppeln
zusam­mengeschla­gen haben soll. Die Ermit­tlun­gen gegen drei Bedienstete
wur­den eingestellt. Doch war am Tag nach dem Vor­fall bei dem Häftling, der
in der Nacht verge­blich um medi­zinis­che Hil­fe gebeten hat­te, ein Herzinfarkt
diag­nos­tiziert wor­den. Gegen den Anstalt­sarzt und einen Pfleger wird
weit­er­hin wegen unter­lassen­er Hil­feleis­tung ermit­telt, “weil der Verdacht
ein­er zöger­lichen Behand­lung fortbeste­ht”, so Jus­tizsprecherin Dorothee
Stacke. 

Noch gravieren­der ist nach Tagesspiegel-Recherchen der Fall D., der
eben­falls in der JVA Bran­den­burg im Früh­jahr 1999 mehrfach von einem Wärter
mis­shan­delt wor­den sein soll. Ver­let­zun­gen sollen sog­ar aktenkundig sein.
Gegen den Bedi­en­steten ermit­telt die Staat­san­waltschaft, nach­dem ein
früheres Ver­fahren eingestellt wurde.

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Brauner Arzt weiß gewaschen

(MAZ, Ulrich Wange­mann) Sein Name ste­ht für die fin­ster­sten Stun­den der Stadt: Hans Heinze, Leiter
der Lan­desanstalt Gör­den von 1938 bis 1945. Min­destens 1200 Kinder ließ der
Arzt während sein­er Amt­szeit in der Anstalt als “leben­sun­wert” töten. 

Nun ist dem schreck­lichen Arzt, den ein sow­jetis­ches Mil­itär­tri­bunal nach
dem Krieg zu sieben Jahren Haft verurteilt hat­te, posthum eine unerwartete
Ehre zuteil gewor­den: Die rus­sis­chen Behör­den haben ihn reha­bil­i­tiert. Wie
das Nachricht­en­magazin “Der Spiegel” in sein­er Online-Aus­gabe berichtet,
stellte die Moskauer Mil­itärstaat­san­waltschaft bere­its 1998 formell die Ehre
nrechte des Massen­mörders wieder her. 

Deutsch­er Forsch­er gab Anstoß

Was daran beson­ders ver­stört: Es geschah auf Antrag des Historiker
Klaus-Dieter Müller, damals Mitar­beit­er am renom­mierten Dresdener
Han­nah-Ahrendt-Insti­tut für Total­i­taris­mus­forschung — im Dien­ste der
Wis­senschaft, sagt Müller: “Der Reha­bil­i­tierungsantrag war der einzige Weg,
an Infor­ma­tio­nen zu kommen.” 

Ans Licht brachte den Fall die Berlin­er His­torik­erin Annette Weinke,
Mitar­bei­t­erin an einem Forschung­spro­jekt zur Geschichte Brandenburgischer
Heil- und Pflegeanstal­ten. “Mich hat stutzig gemacht, dass der
wis­senschaftliche Zweck die Mit­tel offen­bar heiligt”, sagte die 41-Jährige
gestern dem Stadtkuri­er. Es sei “lange über­fäl­lig, dass diese Praktiken
disku­tiert werden.” 

Anstalts-Belegschaft ist empört

Empört reagierte auch die Lan­desklinik: “Wir sind über­rascht und bestürzt”,
sagte Ver­wal­tungschefin Dorit Zahn. “So weit darf ein Forsch­er nicht gehen.”
Es sei schlimm, dass die Sache so lange geheim geblieben sei. Die Fakten
sprächen allerd­ings eine klare Sprache. Der Euthanasie-Arzt sei nicht nur
für die Toten ver­ant­wortlich. “Wir wis­sen, dass Heinze min­destens 1900
Patien­ten hat zwangsster­il­isieren lassen”, so Zahn. Die Anstalt hat sich
inten­siv mit ihrer Ver­gan­gen­heit auseinan­der geset­zt. Im Juni eröffnete eine
Dauer­ausstel­lung zu dem Kin­der­mord hin­ter den Backsteinmauern. 

Forsch­er Müller ist selb­st ein wenig erschrock­en, was er ins Rollen gebracht
hat. “Es tut mit Leid, wenn ich Men­schen in ihrem Ehrge­fühl ver­let­zt habe”,
sagt der His­torik­er, der heute bei der Stiftung Säch­sis­ch­er Gedenkstätten
arbeit­et. “Ich hätte es ver­mut­lich nicht getan, wenn ich geah­nt hätte, dass
die Reha­bil­i­tierung durchkommt”, sagte der His­torik­er gestern. 

Müller hat Erfahrung mit dieser beson­deren Art der Recherche. Er hat
Hun­derte von Reha­bil­i­tierungsanträge für andere Forsch­er, Pri­vatleute und
öffentliche Insti­tu­tio­nen gestellt. Wer beim Auswär­ti­gen Amt eine solche
Auskun­ft erwirken will, wird in der Regel an den erfahre­nen Forscher
verwiesen. 

Im Fall Heinze habe er fest mit ein­er Ablehnung des
Reha­bil­i­tierungs­begehrens gerech­net — in einem solchen Fall geben die
Behör­den den­noch Infor­ma­tio­nen her­aus. Dass es den­noch anders gekom­men sei,
bedauere er. Sarkastis­che Bemerkun­gen wie die seines His­torik­erkol­le­gen Götz
Aly, nun könne man ja Straßen nach Hans Heinze benen­nen, empfind­et Müller
als “aus der Luft gegrif­f­en”. Das Wis­sen über die Ver­brechen Heinzes sei
über­wälti­gend. Auch seien allein mit der Reha­bil­i­tierung­surkunde keine
Wiedergut­machungs­forderun­gen von Ange­höri­gen möglich. 

Ein mul­miges Gefühl hat der Stre­it um Heinze bei Joachim Harbrecht
hin­ter­lassen. Der Anstalt­sleit­er hat­te Har­brechts an Epilep­sie leidende
Schwest­er Inge 1940 in den Gas­tod geschickt — sie war sechs Jahre alt. Ihr
Gehirn ließ der Dok­tor sezieren und schick­te das Prä­parat zum
Kaiser-Wil­helm-Insti­tut für Hirn­forschung nach Berlin. “Offen­bar ist nichts
unmöglich”, sagte gestern der Rent­ner, der in der Nähe von Bre­men wohnt. 

Unlängst erst hat­te er erfahren, dass das Hirn­prä­parat sein­er Schwest­er 1990
in München beerdigt wor­den war. Gestern erst schick­te Har­brecht einen Brief
nach München mit der Bitte , ihm ein Foto vom Grab­stein zu schick­en. “Ich
dachte, ich kön­nte die Akte schließen”, sagte Har­brecht. Die Vergangenheit
kommt auch nach 64 Jahren nicht zur Ruhe.

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Gegen Abschiebung und Ausgrenzung.

Eisen­hüt­ten­stadt ist eine nor­male Stadt.

Hier im Gren­zge­bi­et wer­den Men­schen wegen ihrer Haut­farbe ange­grif­f­en, Flüchtlinge wer­den in Heimen zusam­mengepfer­cht, ihnen wird freie Bewe­gung ver­sagt… Der ganz nor­male, alltägliche Ras­sis­mus – den man in jed­er deutschen Stadt nden wird. 

Eisen­hüt­ten­stadt ist keine nor­male Stadt! In Eisen­hüt­ten­stadt benden sich eine Außen­stelle des „Bun­de­samts für die Anerken­nung poli­tis­ch­er Flüchtlinge“, die zen­trale Erstaufnahmestelle
(ZASt) und die zen­trale Abschiebe­haf­tanstalt (ZAB)des Lan­des Bran­den­burg auf dem­sel­ben Gelände. Eisen­hüt­ten­stadt ist Inbe­griff des deutschen
Abschiebesystems!

Das Ras­sis­mus-Puz­zle

Men­schen, die Deutsch­land als Flüchtlinge betreten, wer­den in ein Geecht diskri­m­inieren­der Geset­ze und Institutionen
gedrängt. 

Legal ist die Ein­reise lediglich über den Luftweg möglich, nur so gibt es über­haupt eine min­i­male Chance nicht sofort in einen „sicheren Drittstaat“ abgeschoben zu wer­den. Durch Abkom­men mit Flughafen­be­hör­den ander­er Staat­en schwindet auch diese geringe Chance zunehmend. Mod­elle für Auf­fanglager vor
den Gren­zen Europas wer­den disku­tiert, geprobt und schrit­tweise legal­isiert. Das Schen­gener Infor­ma­tion­ssys­tem SIS und das €päis­che Fingerabdruck-Identizierungssystem EURODAC spe­ich­ern bio­metrische Daten
von Asyl­be­wer­berIn­nen zen­tral bzw. gle­ichen die Daten­bankbestände der EUStaat­en ab. In abso­lut fragwürdigen
Schnel­lver­fahren wer­den viele Asy­lanträge bere­its am Flughafen abgelehnt – aus­re­ichend rechtliche Information,
Über­set­zun­gen und psy­cho-soziale Unter­stützung für Trau­ma­tisierte sind meist nicht gewährleistet.

Diejeni­gen, die den ille­galen Weg der Ein­reise ver­suchen, wer­den von den Gren­zschutzpolizeien Europas emp­fan­gen, die mit mod­ern­ster Tech­nik aus­ges­tat­tet sind.

Im Land erwarten Flüchtlinge diskri­m­inierende Geset­ze wie die Residenzpicht und ein weit­ge­fächertes, dezen­trales Internierungssys­tem von Erstauf­nahmestellen, Flughafenknästen, Heimen ver­schieden­ster Aus­rich­tung, Abschiebeknästen, Aus­län­der­be­hör­den und Meldestellen.
Ver­dacht­sun­ab­hängi­gen Kon­trollen durch Polizei und Gren­zschutz unter­wor­fen zu wer­den, gehört für (ver­meintlich) Nicht­deutsche zum Alltag.

Die deutsche Öffentlichkeit und ihre selek­tive Wahrnehmung

Die Debat­ten um die Toten an der
Mauer, die durch DDR-Gren­z­sol­dat­en starben,
schlu­gen ein­st­mals hohe Wellen.
Um die Flucht­toten der Gegen­wart legt
sich all­ge­meines Schweigen. An den EUAußengrenzen
sind in den let­zten zehn
Jahren allein im Mit­telmeer nach ofziellen
Angaben rund 1000 Flüchtlinge ertrunken,
Pro Asyl schätzt die Zahl auf 5000. An der
Oder-Neiße-Gren­ze allein star­ben mehrere
hundert.

In der Öffentlichkeit wird die Einwanderung
von Flüchtlin­gen vor allem als kriminelles
Phänomen ver­han­delt. Organ­isierte Fluchthelfer
wer­den generell als „Schlep­per­ban­den“
denun­ziert, die indi­vidu­ellen Gründe
zu iehen, wer­den als „Wirtschaftsucht“
delegitimiert.

Der in den Insti­tu­tio­nen xierte Rassismus
har­moniert mit dem des alltäglichen
Lebens und er befördert ihn. Der Tritt des
Nazistiefels, der Hass auf der Straße gegen
das ver­meintlich Fremde und Andere, die
Einigkeit ein­er Möchtegern-Weltoffenen-
Neu-Friedlich-und-Wir-sind-wieder-wer-
Nation, haben etwas gemein­sam: sie
kön­nen unges­teuerte Ein­wan­derung nicht
ertragen.

Die unter­ste Klasse…Rassismus und
Ökonomie

Das weltweite Geldtransferunternehmen
West­ern Union wirbt in großen Plakatkampagnen
mit Migran­tInnen, die aus den
Indus­trielän­dern Geld zu ihren Familien
schick­en. Gezeigt wird, was der Werbeagentur
selb­stver­ständlich erscheint. Die
Ziel­gruppe der Wer­bung soll wissen:
„Ich bin hier, um Geld nach Hause zu
schick­en.“ Ein neuer Lebens­mit­telpunkt soll
in Deutsch­land nicht gefun­den werden.
Die Aus­sage der Wer­bung negiert die
Real­ität, in der es für fast alle Nichtdeutschen
unmöglich ist, einen Job zu nden
und unter der­ar­tig guten Bedin­gun­gen zu
leben, dass Geld „nach Hause“ geschickt
wer­den könnte.

Aus den weltweit­en Wohl­stands­ge­fällen in
Folge des Kolo­nial­is­mus, aus Migration
und Flucht lässt sich Kap­i­tal schlagen.
Gle­ichzeit­ig aber wird die sogenannte
Wirtschaftsucht als eine niederträchtige
Hand­lung dargestellt. Das Ver­lassen des
Lan­des, weil es einem woan­ders besser
geht, sei unsol­i­darisch gegenüber der „Heimat­na­tion“,
ego­is­tisch und ger­adezu luxusversessen.

Dass der/die Durchschnitts€päerIn permanent
aus Spaß und Freude an Exotik
Urlaub macht, wo es ihm oder ihr
beliebt, dass die €päis­che Wirtschafts-
ucht bzw. die Suche nach dem besseren
Leben – das soge­nan­nte Auswan­dern bzw.
Aussteigen — nach Kana­da, Aus­tralien oder
Südafri­ka oder wohin auch immer Dauerbrenner
sind, kommt dabei nie­man­dem in
den Sinn.

Auch das Abschiebesys­tem selb­st ist ein
Geschäft — im pri­vat­en wie im öffentlichen
Sek­tor. Wohlfahrtsver­bände, Sicherheitsdienste
und Flugge­sellschaften verdienen
daran. Ander­er­seits wen­det der Staat
extrem viele nanzielle sowie organisatorische
Mit­tel auf, um die gesamte Struktur,
die eine aus­ge­gren­zte Unter­schicht von
Recht­losen pro­duziert, am Leben zu erhalten.

Flüchtlin­gen wird das Recht, sich zu bilden
oder zu arbeit­en, ver­sagt. Sie wer­den in
die Ille­gal­ität getrieben und zugle­ich Opfer
im Kampf gegen soge­nan­nte „Schwarzarbeit“.

Sel­ten interessieren
sich Gewerkschaften
dafür, wenn sie nicht
sog­ar wie im Fall der
IG Bau in Hetzkampagnen
gegen illegale
Beschäf­ti­gung mit einstimmen.
Die Bewerbungsmechanismen
bei den
Behör­den, um einer
legalen, bezahlten
Tätigkeit nachge­hen zu dür­fen, sind langwierig
und demüti­gend — die Maxime ist,
dass der Flüchtling ganz unten ste­ht: nur
Jobs, die kein Deutsch­er, kein EU-Bürger
machen will, dür­fen an Flüchtlinge vergeben
werden.

Das Internierungslager ver­dammt zu
Lethargie und Untätigkeit – auch selbstorganisiertes
Arbeit­en, poli­tis­ches Engagement
wer­den miß­trauisch beäugt,
denun­ziert und systematisch
verunmöglicht.

Arbeit zu suchen oder zu arbeit­en bedeutet
für Flüchtlinge das Risiko ihrer Abschiebung
zu erhöhen.

Die Fix­ierung der Macht­losigkeit von
Papier­losen, soge­nan­nten Nicht-Deutschen,
Nicht-EU-Bürg­ern, die Erhaltung
dieser Klasse der Recht­losen ist eines der
Ziele der Abschiebe- und Internierungsmaschinerie.
Die Schikanierung, Iso­la­tion und
per­ma­nente Demü­ti­gung bricht Unzählige
auf immer psy­chisch, gekop­pelt mit der
Gefahr, dass am Ende die Abschiebung
ste­hen könnte.


SCHLUSS DAMITIN EISENHUETTENSTADT
UND ÜBERALL –

Vom 2. bis 5. Sep­tem­ber wollen wir
im Rah­men der Anti-Lager-Tour in
Eisen­hüt­ten­stadt gegen die Einsperrung
und Aus­gren­zung von Flüchtlin­gen protestieren.

Die Tour wird Sta­tion an diversen Orten
der Internierung in der ganzen Bundesrepublik
machen. Der Name der Tour richtet
sich gegen „Lager“ – gemeint ist jenes
bere­its beschriebene dezen­trale System
aus ver­schieden­sten geschlosse­nen (z.
B. Abschiebeknäste) sowie halboffenen
Internierung­sein­rich­tun­gen wie Einreise‑,
Aus­reisezen­tren und Heimen. Die Beschrei­bung dieser Struk­tur als „Lager“ ist innerhalb
des Vor­bere­itungs­bünd­niss­es nicht
unum­strit­ten. Jen­er Begriff spielt, gewollt
oder unge­wollt, immer mit der Assoziation
an die Lager der NS-Zeit und legt Gleichsetzung
nahe, dort, wo Dif­feren­zierung an
erster Stelle ste­hen müsste.

Der deutsche Begriff des Lagers öffnet Tore
für die Rel­a­tivierung von Geschichte. Es

soll daher fest­ge­hal­ten wer­den, dass es
nicht darum geht, eine solche Gleichsetzung
zu betreiben.

Die Repres­sio­nen und die Unmenschlichkeit
des Sys­tems der Ausgrenzung
und Abschiebung sprechen eine deutliche
Sprache. Unsere Kri­tik muss die bestehenden
Ver­hält­nisse anprangern, ohne
denen zuzuar­beit­en, die die Singularität
des nation­al­sozial­is­tis­chen Vernichtungsprogrammes
zu leug­nen versuchen.


Wir sind die Guten?

Es ist nicht der erste Ver­such ein­er bundesweiten
Mobil­isierung gegen die bundesdeutschen
Zustände. Seit 1998 gab
es jedes Jahr große No-Bor­der-Camps in
Deutsch­land, die von bre­it­en Bündnissen
organ­isiert wur­den. Dabei hat sich gezeigt,
dass auch der Protest gegen Rassismus
von Ereignis­sen begleit­et wurde, die sich
nicht wieder­holen dür­fen. Es ließ sich in
den let­zten Jahren immer wieder beobachten,
wie unter den Protestierenden
unsägliche ras­sis­tis­che, sex­is­tis­che sowie
anti­semi­tis­che Äußerun­gen auftraten,
wobei let­ztere zum Beispiel auf einem
Work­shop zum Nahostkonikt mit mit
kör­per­lichen Angrif­f­en ein­hergin­gen. So
soll­ten sex­is­tis­che Über­griffe, die
Ver­drän­gung eigen­er Ras­sis­men sowie der
Ver­such, etwa in Stras­bourg 2002 eine
jüdis­che Syn­a­goge zu beschmieren, Anlass
genug sein, die Wieder­hol­ung von Derartigem
zu ver­hin­dern. Auf dem Camp in
Eisen­hüt­ten­stadt ist kein Platz für Sexismus,
Ras­sis­mus und Antisemitismus!

Eisen­huet­ten­stadt — ein Musterbeispiel
deutsch­er Internierung

Die ehe­ma­lige Industriestadt
Eisen­hüt­ten­stadt wurde Anfang der 50er
als Arbeit­er­stadt des Eisenhüttenkombinats
Ost gegrün­det – damals noch als Stalin
stadt. Auf einem ehe­ma­li­gen NVA-Gelände
ent­standen seit 1990 mehrere Einrichtungen
des beschriebe­nen Internierungssystems.
Zum einen dient die Zentrale
Erstauf­nahmestelle (ZASt) als erzwungener
erster Anlauf­punkt für Asylbewerberinnen
in Bran­den­burg, zum anderen bendet
sich direkt daneben die Zen­trale Abschiebehaftanstalt
des Lan­des. Fern­er bendet
sich dort eine Außen­stelle des „Bun­de­samts
für die ‚Anerken­nung’ politischer
Flüchtlinge“. Einzi­gar­tig in Deutschland
sind diese Ein­rich­tun­gen des dezentralen
Lager­sys­tems auf einem Fleck.
Einem Fleck mit ein­er traurigen
Geschichte: 1992 eskalierte wie in vielen
anderen deutschen Städten pogromartig
die Gewalt gegen die Men­schen in der
ZASt. Brand­sätze wur­den von Nazis auf
die Gebäude gewor­fen. Seit­dem sind auch
in den späteren Jahren immer wieder
gewalt­tätige Über­griffe auf AsylbewerberInnen
doku­men­tiert worden.

Allein in den Jahren 1996 – 2002 zählte
der Vere­in Opfer­per­spek­tive 46 Übergriffe,
die in der Presse bekan­nt wur­den. Die
Dunkelz­if­fer dürfte um einiges höher sein.

Im Jahre 2000 gab es einen weiteren
Skan­dal. Das Europäis­che Antifolterkomitee
forderte die Ent­fer­nung von vier in den
Boden ein­ge­lasse­nen Met­all­rin­gen, die zur
Fes­selung von Flüchtlin­gen im Neubau der
Abschiebe­haf­tanstalt ange­bracht worden
waren. Noch heute wer­den Inhaftierte mit
„beson­ders hohem Aggressionspotential“
dort teil­weise über mehrere Tage gefesselt
– nur jet­zt mit einem Gurt­sys­tem der
Fir­ma Segux.

Men­schen wer­den vor ihrer Abschiebung
in Abschiebknästen max­i­mal bis zu anderthalb
Jahren fest­ge­hal­ten. Ihr einziges Verbrechen
ist, dass die Ausländerbehörde
ver­mutet, sie kön­nten untertauchen.

Auch die Zustände in der Erstaufnahmestelle
sind schlecht. Es gibt nur einen veralteten
Rechtsberatungslm, der Menschen
ange­boten wird, die in ein­er völ­lig neuen
Sit­u­a­tion, möglicher­weise trau­ma­tisiert, oft
hilos und nicht mit ihren Recht­en vertraut
sind. Ange­bote ver­schieden­er Organisationen,
wie des Deutschen Anwaltsvereins,
Beratungs­ge­spräche vor Ort anzubieten
oder Schautafeln mit rechtlichen Hinweisen
für die Flüchtlinge aufzustellen, wurden
vom Innen­min­is­teri­um immer wieder abgelehnt.

Für die Stadt ist all das ofziell weder
ein The­ma, noch ein Prob­lem. Seit 2003
bemüht man sich mit dem Standort-Projekt
„Eisen­hüt­ten­stadt 2030“ um die Behebung
der Prob­leme von Abwan­derung und
Über­al­terung der Bevölkerung. Probleme
mit Ras­sis­mus gibt es ofziell nicht –
immer­hin hat man sich im Zuge des
Auf­s­tands der Anständi­gen im März des
Jahres 2000 um Lippenbekenntnisse
gegen Ras­sis­mus bemüht. Die Stadtverordnetenversammlung
beschloss mit
Zwei­drit­telmehrheit die Ergrei­fung „aller
erforder­lichen Maß­nah­men, um jeder
Art von Diskri­m­inierung in der Stadt
Eisen­hüt­ten­stadt ent­ge­gen­zuwirken“. Übrig
geblieben ist von all­dem die Aktion Courage,
die sich momen­tan vor allem mit
sich selb­st beschäftigt. Die Flüchtlinge in
Eisen­hüt­ten­stadt leben dort weit­er isoliert.
Besuche im Abschiebek­nast nden vorrangig
von Berlin oder Frankfurt/Oder aus
statt.


Wir kom­men nicht, um uns zu
beschweren!

Ger­ade weil die Ver­hält­nisse zum Verzweifeln
sind, wollen wir genau dies nicht tun.
In den vier Tagen in Eisen­hüt­ten­stadt gilt
es den Ver­ant­wortlichen in der Abschiebehaftanstalt
und bei der Ausländerbehörde
zu zeigen, dass sie nicht unbeobachtet
handeln.

Wir wollen Kon­tak­te zu denen herstellen,
die in Eisen­hüt­ten­stadt einges­per­rt sind. Es
lohnt, sich zu wehren und es lohnt sich,
die Erfahrun­gen, die ander­swo gemacht
wur­den, weiterzugeben.

Auch in Eisen­hüt­ten­stadt gibt es Einzelne,
die sich mit den Ver­hält­nis­sen nicht abnden
wollen. Zusam­men mit ihnen wollen
wir ver­suchen, Diskus­sio­nen in der Stadt
anzustoßen.


Für die Abschaf­fung der 

Residenzpicht! Schluss mit Abschiebun­gen! Jed­er Men­sch hat das Recht, zu leben, wo er will. Für Bewegungsfreiheit.


Anti-Lager-action-Tour:

Gegen Abschiebung und Ausgrenzung, 

2. bis 5. Sep­tem­ber 2004 in Eisenhüttenstadt.

Inforiot