Dahme-Spreewald.
“Offene Türen ” rannte in der Einwohnerfragestunde René Lehniger vom Lübbener Forum gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus ein, als er auf die Ziele einer Volksinitiative aufmerksam machte. Die möchte nämlich erreichen, dass die Landesregierung Schluss mit der nach Ansicht des Forums “diskriminierenden Praxis ” macht, Wertgutscheine statt Bargeld an Asylbewerber auszugeben. Lehniger forderte die Aufnahme eines Antidiskriminierungsartikels in die Landesverfassung und bat Kreistagsabgeordnete und Verwaltung um Unterstützung. Die sagte Landrat Martin Wille zu. Die Verwaltung werde eine Unterschriftenaktion “in unseren Räumen nicht behindern ” . Wille verwies darauf, dass der Kreistag sich bereits gegen die Landesregelung ausgesprochen habe. Jedoch habe das Land eine negative Antwort geschickt.
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Behörden in Brandenburg wollen am Montag eine Kosovo-Albanerin abschieben, die im siebten Monat schwanger ist und wegen mehrerer Zusammenbrüche betreut wird. Die Ausländerbeauftragte Almuth Berger und das UN-Flüchtlingskommissariat warnen, die Abschiebung sei aus humanitären Gründen nicht zu verantworten.
Xhevrije Asllani liegt im Krankenhaus von Eisenhüttenstadt. Zweimal ist die junge Schwangere aus Kosovo bewusstlos geworden, einmal vor ihrer Einlieferung und einmal in der Klinik. Sie sei selbstmordgefährdet, attestieren die Ärzte. “Patientin wirkt traurig, weint, scheint verzweifelt über Abschiebung und die Wegnahme der Kinder”, notierten sie am Mittwoch: “Diagnose: akute Belastungsreaktion”. Einen Tag später schrieb die Ausländerbehörde des Landkreises Prignitz einen Brief an die Anwältin der Kosovarin. “Die Rückführung von Frau Asllani und ihren vier Kindern ist am 25. 11. vom Flughafen Berlin-Schönefeld geplant”, teilte das Amt mit. “Frau Asllani hat sich an diesem Tag um 6.30 Uhr vor dem Übergangswohnheim in Perleberg einzufinden.” Wenn sie nicht zum “Rückführungstermin” bereitstehe, “wird sie zur Personenfahndung ausgeschrieben und muss bei ihrer Aufgreifung mit der Festnahme rechnen”.
Eine Hoffnung gab es noch für die Frau, von der im Schreiben der Behörde freilich nicht die Rede war. Der Amtsarzt solle prüfen, ob die 29-Jährige transportfähig sei, sagte Behördenleiter Norbert Kreutz der FR. Ansonsten sei es “nun mal unsere Aufgabe, das zu vollziehen”. Xhevrije Asllani lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Ihr Asylantrag wurde abgelehnt, und seit September 2000 gilt sie als “vollziehbar ausreisepflichtig”, wie es im Juristendeutsch heißt. Eine Woche vorher war allerdings gerade das dritte von vier Kindern auf die Welt gekommen und sie wurde deshalb zunächst weiter geduldet.
Asllanis Mann wohnt fernab, in Hamburg. Seit 1996 hat sie immer wieder Anträge gestellt, mit ihren vier Kindern, die alle in Deutschland geboren sind, in die Hansestadt ziehen zu dürfen. Doch die Anträge wurden abgelehnt, denn das Paar ist nur nach islamischem Recht verheiratet und kann die standesamtliche Hochzeit nicht nachholen, weil Papiere fehlen. Einige Male hatten Frau und Kinder den Mann besucht, obwohl das verboten war. Von den Behörden wird ihnen deswegen zur Last gelegt, dass sie “mehrfach unbekannten Aufenthaltes” gewesen seien, wie es in einem Beschluss des Amtsgerichts Perleberg heißt. Jetzt soll sie zurück in die kriegszerstörte Heimat.
Das Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) warnt davor, in derartigen “humanitären Härtefällen” Menschen nach Kosovo zu zwingen. “Eine allein stehende Frau mit vier kleinen Kindern, die schwanger und offenbar jetzt psychisch erkrankt ist, die sollte nicht abgeschoben werden”, meint der Sprecher von UNHCR in Deutschland, Stefan Telöken. Auch die brandenburgische Ausländerbeauftragte Almuth Berger setzt sich für Asllani ein: Man dürfe die Frau in ihrer Lage nicht “mit den Kindern in den beginnenden Winter” nach Kosovo” schicken.
Die Zahl rechtsextremer Übergriffe in der Stadt steigt dramatisch an. Nach Angaben des Polizeipräsidiums Potsdam wurden allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres 41 solcher Straftaten registriert, das war eine mehr als im ganzen Jahr 2001. Die Fraktion Die Andere hatte um die Auskunft ersucht.
Auf ihre Anfrage hin schlüsselte die Polizei die Fälle nach Stadtteilen auf. Die behördliche Statistik widerlegt die verbreitete These, wonach besonders die Plattenbausiedlungen als anfällig gelten. Schwerpunkte waren im ersten Halbjahr 2002 die Innenstadt, die Teltower Vorstadt und das Wohngebiet Am Stern mit jeweils neun registrierten Übergriffen. Es folgen Drewitz mit sechs, Babelsberg mit drei und Bornstedt mit zwei derart motivierten Straftaten. Ohne solche Zwischenfälle blieben Nedlitz, Eiche, die Berliner Vorstadt, die Nauener Vorstadt, der Schlaatz und die Waldstadt II. V.Kl.
Die rechtsextreme NPD darf morgen unter strengen Auflagen in Potsdam marschieren. Die vom Landesverband angemeldete Kundgebung sei genehmigt, sagte Polizeipräsidiumssprecher Rudi Sonntag.
Der Polizei liegen sechs Anmeldungen für Gegendemonstrationen vor. Bei der Hauptkundgebung auf dem Alten Markt werden Ministerpräsident Matthias Platzeck und der amtierende Oberbürgermeister Jann Jakobs sprechen. Dabei sind Parteien und Gewerkschaften, Verwaltung und Stadtverordnete. Der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Universität, das Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit und der evangelische Kirchenkreis beteiligen sich. Die PDS unterbricht ihren Kreisparteitag.
Zu den Auflagen für die NPD gehört das Verbot von Uniformen und Kleidungsstücken, die auf eine gemeinsame Gesinnung deuten. Untersagt sind Trommeln und Fahnen, außer der Bundesflagge und der Parteifahne. Ferner darf der Aufmarsch wegen “erheblicher Verkehrsbehinderungen” nicht vom Hauptbahnhof über die Lange Brücke führen.
Ein Verbot der Demonstration hätte laut Sonntag vor Gericht “vermutlich” keinen Bestand gehabt. Das Motto laute: “Gegen US-Terror — Kein Blut statt Öl”. Daraus sei kein Anfangsverdacht der Volksverhetzung abzuleiten. Beim NPD-Aufmarsch vom 14. September unter dem Motto “Stoppt die Masseneinwanderung russischer Juden — Deutschland den Deutschen” sei das anders gewesen. Dennoch hätten die Gerichte das ursprüngliche Verbot der Polizei nicht bestätigt.
Der Asta warnt angesichts des neuen Demonstrationsmottos davor, “rechten Rattenfängern ins Netz” zu gehen. Die NPD sehe genau wie viele ihrer ultrarechten Kameraden die USA als Sinnbild für das kapitalistische Weltjudentum. Amerika werde “von einer jüdischen Minderheit dominiert” (NPD-Homepage). Daher sei auch diese Demonstration antisemitisch motiviert, so der Asta. Sein Motto für die um 11 Uhr beginnende Kundgebung am Alten Markt: “Gegen Antiamerikanismus und Faschismus — Studierende gegen Rechts!”
Die Initiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte fordert die Polizei auf, die Route des NPD-Aufmarsches bekannt zu geben. Sie wendet sich gegen die Polizeiaussage, dass Gegendemonstranten mit Spruchbändern nicht den Schutz einer Spontandemonstration genießen könnten und erklärt: “Vielmehr finden sich in jedem geordneten Potsdamer Haushalt Transparente mit antifaschistischen Losungen, die natürlich schon aus Sparsamkeitsgründen trocken gelagert und mehrfach verwendet werden.”
NEURUPPIN
Im Mordfall des 16-jährigen Marinus Schöberl aus Potzlow (Landkreis Uckermark) soll laut Staatsanwaltschaft Neuruppin spätestens in drei Monaten Anklage erhoben werden. Als Tatmotiv werde neben niedrigen Beweggründen auch eine rechtsextreme Gesinnung angenommen, sagte Oberstaatsanwältin Lolita Lodenkämper gestern in Neuruppin. Es werde eindeutig von Mord ausgegangen. Nach der Festnahme des Trios hatte es bei der Staatsanwaltschaft geheißen, die Zugehörigkeit aller drei jungen Männer zur rechten Szene sei “sehr deutlich” zu erkennen.
Die in Untersuchungshaft sitzenden 17 und 23 Jahre alten Tatverdächtigen sollen den Schüler am 12. Juli auf das schwerste misshandelt, getötet und in einer Jauchegrube vergraben haben. Während die beiden 17-Jährigen ein Geständnis abgelegt hätten, schweige der 23-Jährige zu den Vorwürfen, sagte Lodenkämper. Der Leitende Oberstaatsanwalt Gerd Schnittcher hatte zu der Tat gesagt: “So etwas Schreckliches erleben wir selten.”
Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach Angaben von Lodenkämper auch wegen unterlassener Hilfeleistung. Dazu habe es bereits erste Vernehmungen gegeben. Nähere Ausführungen wollte sie dazu nicht machen. Laut Medienberichten wird angenommen, dass Zeugen die Auseinandersetzung der Jugendlichen vor dem Verbrechen miterlebten. Einer der Tatverdächtigen soll vor kurzem im Bekanntenkreis die Stelle erwähnt haben, wo der Tote lag. Daraufhin hätten Kinder, Jugendliche und Bekannte nach der Leiche gesucht und die Polizei verständigt.
Auf Grund der entsetzlichen Ereignisse haben wir versucht, unsere Erkenntnisse über rechtsextreme Aktivitäten in dieser Region zusammenzufassen.
Die zu beschreibende Region reicht von Gerswalde im Westen über Flieth und Suckow, dann in Richtung Norden über den Ober- Uckersee und Potzlowsee mit Warnitz, natürlich den Orten Potzlow, Strehlow und Pinnow bis nach Sternhagen, Lindenhagen.
Die gesamte Region ist uns aus den konkreten Recherchen der Jahre 2000 und 2001 ziemlich gut bekannt. Aus der jüngeren Vergangenheit haben wir vor allem die rechtsextremen Straftaten registriert.
Aus unserer Sicht gibt es in der Region schon lange eine sehr aktive und jugendkulturell recht dominante rechtsextreme Szene. Sie fiel auch vor diesem Mord durch sehr militante und gewalttätige Aktionen auf. Genannt seien in diesem Zusammenhang der Mord an einem 45- jährigen Mann 1997 in Potzlow, die Angriffe auf die Räume der jungen Gemeinde in Sternhagen und Lindenhagen 1997/98, den Angriff auf linke Jugendliche im Sommer 2001 in Suckow und die Angriffe auf polnische Jugendliche und Polizisten in Warnitz im Sommer und Herbst 2001. Die möglichen Angriffsziele, dass zeigen schon die Beispiele waren sehr variabel: Andersdenkende Jugendliche, Ausländer, Polizisten oder auch Fremde. In Pinnow waren zum Beispiel lange Zeit zugezogene Berliner das Ziel von Angriffen (Schmierereien, Drohungen, Überfälle 1999). Wenn eine Zeitlang weniger passierte, so waren sich unsere Interviewpartner sicher, so lag das meist daran, das einige besonders gewalttätige Aktivisten gerade wieder im Knast saßen. Ganz deutlich ist aber immer wieder geworden , dass sie dann „aktiv“ worden, wenn ihre jugendkulturelle Hegemonie in Gefahr war.
Auch die möglichen Treffpunkte der Szene sind meist bekannt: Jugendräume in den Dörfern wie in Suckow und Pinnow, alte Anlagen der LPGen, Kneipen und in der warmen Jahreszeit die zahlreichen Seen der Region. Immer wieder stand selbst in der Zeitung davon, das die Polizei mal ein Lagerfeuer am Potzlowsee oder am ein Zeltlager am Sabinensee oder am Uckersee aufgelöst hat wie 2000 und 2001. Auch in den Diskotheken der Region wie in Milmersdorf, Prenzlau oder Kaakstedt sind sie regelmäßig zu treffen. Eine besondere Position nimmt das Jugendzentrum in Strehlow ein. Dort wird sich schon länger an akzeptierender Jugendarbeit versucht. Jugendliche Rechtsextremisten der gesamten Region treffen sich dort, eine rechter Aktivist wurde auch schon mal als Sozialarbeiter eingestellt.
Rechtsextrem orientierte Jugendliche der Region haben immer wieder ihre Gesinnung öffentlich gezeigt. Zu erinnern wäre zum Beispiel an das judenfeindliche Plakat, das Schüler der Schule Gerswalde bei der Klassenfahrt aus dem Bus zeigten (2001), oder das erst vor einem Jahr der Bürgermeister von Potzlow persönlich bekannt gab, er habe 6 Jugendliche dabei ertappt, als sie ein großes Hakenkreuz an die Bushaltestelle malten. Auch in den Wahlkämpfen war die regionale Szene aktiv und klebte Plakate und Aufkleber der NPD. Dorffeste der Region sind eigentlich „No go areas“ für alle, die nicht in das beschriebene Bild passen. In Pinnow wird dann später auch schon mal indizierte rechtsextreme Musik eingelegt, das Dorffest in Potzlow war nicht erst in diesem Jahr, als der Junge aus Gerswalde Opfer wurde, eine Anziehungspunkt für die Szene aus der ganzen Region.
Verbindungen gibt es vor allem nach Prenzlau. So ist es kein Zufall, dass der Haupttäter kurz nach dem Mord Beteiligter bei dem Angriff auf einen Asylbewerber in der Stadt war. Aber auch nach Gollmitz und in Richtung Milmersdorf und Templin gibt es Beziehungen, vor allem informeller Art.
Öffentliche Formen der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus in der Region sind uns nicht bekannt.
Pfeffer und Salz Rechercheteam
Eine Schule in Brandenburg hat ganz unterschiedliche Herausforderungen zu bestehen. Geburtenschwache Jahrgänge und damit sinkende Schülerzahlen stellen eventuell sogar ihre Existenz in Frage. Darum kann der gute Ruf für eine Schule überlebenswichtig sein. Der hängt nicht nur von einem ansprechenden Bildungsniveau ab, sondern auch davon, mit welchem Mut Probleme angegangen werden.
Was tun, wenn z.B. rechtsextremistische Publikationen an der Schule auftauchen? So jüngst wieder geschehen in Cottbus. Soll man darüber reden oder die Angelegenheit mit Schweigen bedecken?
Unterschiedliche Herangehensweisen
Nicht gut beraten sind Schulleitungen, die meinen, die Sache sei durch Stillschweigen aus der Welt zu schaffen. Vielleicht merkt ja niemand etwas! Damit sei dem Ruf der Schule am ehesten gedient. Doch dabei nimmt man in Kauf, dass die Probleme im Verborgenen weiterschwelen und sich vielleicht zu einem Flächenbrand entwickeln.
Deshalb ist es auf jeden Fall besser, genau hinzuschauen und das Problem deutlich zu benennen. Kurzfristig mag solche Offenheit Nachteile mit sich bringen. Aber mittel- und langfristig ist sie eindeutig die klügere Wahl. Denn auf diese Weise kann, um im Bild zu bleiben, der Brandherd ein für alle Mal gelöscht werden.
Die eingangs erwähnte Cottbuser Schule lieferte jüngst ein bemerkenswert positives Beispiel für ein umsichtiges und aufgeschlossenes Herangehen. Sie teilte das Auftauchen rechtsextremistischer Propaganda an der Schule dem Verfassungsschutz mit.
Was war geschehen?
Rechtsextremistische Propaganda vor und auf Schulhöfen
Einem volljährigen Schüler, der sich offen zu seiner rechtsextremistischen Überzeugung bekennt, wurde von der Schulleitung rechtsextremistisches Propagandamaterial abgenommen. Dabei handelt es sich um die neonazistischen Publikationen “Mitteldeutsche Jugend Zeitung” (MJZ) und “Der Fahnenträger”.
Der Fund ist ein neuerlicher Beleg dafür, dass rechtsextremistische Gruppen ihren Nachwuchs auch unter Schülerinnen und Schülern suchen. Dazu verbreiten sie vor und auf den Schulhöfen Propagandamittel. Sobald jemand aus der Schülerschaft geködert worden ist, soll der gleich als Multiplikator unter seinen Altersgenossen werben.
In den 90er Jahren gab es in verschiedenen Teilen Brandenburgs neonazistische Schülergruppen, die sogar eigene Blättchen druckten. Heute ist dergleichen nicht zu sehen. Aber in benachbarten Bundesländern agieren durchaus rechtsextremistische Schülervereinigungen. Außerdem erscheinen neonazistische Jugendzeitschriften, die selbstverständlich auch Schüler ansprechen wollen.
Die “Mitteldeutsche Jugend Zeitung” (MJZ) und “Der Fahnenträger” sind Beispiele dafür. Der “Fahnenträger” wird von der “Kameradschaft Usedom” herausgegeben; die an der Cottbuser Schule festgestellte Ausgabe ist bereits über ein Jahr alt. Auf die MJZ sei näher eingegangen, denn für sie zeichnet ein Brandenburger verantwortlich.
“Mitteldeutsche Jugend Zeitung”
Gordon Reinholz, ein führender Neonazi im Nordosten Brandenburgs, wird im Impressum der MJZ ausdrücklich genannt. Seit seinem Austritt aus der “Nationaldemokratischen Partei Deutschlands” (NPD) konzentriert er seine Arbeit auf den “Märkischen Heimatschutz” (MHS). Dabei handelt es sich um einen Kameradschaftsverbund, dem im Barnim, der Uckermark und im Kreis Märkisch-Oderland insgesamt etwa 40 Mitglieder verschiedener neonazistischer Kameradschaften angehören. Aber auch überregional bemüht sich Reinholz um die Vernetzung der Neonaziszene.
Die MJZ erscheint seit Ende 2001. Inzwischen liegt die 5. Ausgabe vor. Die Auflage umfasst nach eigenem Bekunden 300 Exemplare.
Im Gegensatz zu manch rechtsextremistischer Schülerzeitung versteckt die MJZ ihren weltanschaulichen Charakter nicht. Dem Leser springt bereits auf dem Titelblatt der Nr. 5 das Konterfei des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß entgegen.
Die Zeitung umfasst eine vierseitige Einlage namens “Der lokale Patriot. Mitteilungsplattform für nationale Jugendgruppen aus Mitteldeutschland”. An ihr wirken 13 Gruppen mit; die meisten aus Sachsen, drei aus Brandenburg: “Lausitzer Front” aus Guben, MHS mit Sitz in Eberswalde und die Kameradschaft Cottbus. Das Titelbild der Einlage zeigt einen Hitlerjungen, einen SA-Mann und einen Wehrmachtssoldaten, die aus strahlendem Glanz kommend auf den Betrachter zu marschieren, dazu passend die Parole: “Damals wie heute!”
Die Publikation beschäftigt sich mit jugendspezifischen Themen wie Schule, Jugendsozialarbeit, Rauchen, Alkohol, Markenlabels, Abwanderung der Jugend nach Westdeutschland, geht auf die Hochwasserkatastrophe ein, kritisiert tendenziös die Einwanderungspolitik, den “Überwachungsstaat” und die Antifa. Außerdem finden sich Berichte über rechtsextremistische Veranstaltungen, vor allem Demonstrationen und Sonnenwendfeier.
Die Artikel weisen “journalistisch” ein sehr unterschiedliches Niveau auf; nicht alle sind eindeutig rechtsextremistisch geprägt. Fremdenfeindlichkeit und Systemverdrossenheit schwingen jedoch auf jeder Seite mit.
Besonders krass ist ein im “Stürmer”-Stil gehaltener Artikel. Er wurde von einem gewissen “Wolfswind” pseudonym verfasst. Augenscheinlich ist der Autor im Umfeld der NPD zu suchen, denn er ruft zur Wahl dieser vom Verbot bedrohten Partei auf.
Der Artikel trägt die Überschrift “Der Vernichtungskrieg geht weiter”. Aufhänger ist die Wiedereinreisegenehmigung für den türkischstämmigen jugendlichen Serientäter “Mehmet”. Sie dient dem Autor als Beleg für die altbekannte neonazistische These eines “lange geplanten Völkermordes an Deutschland (…) mittels Totaldurchrassung und zwangsweiser (…) Massenüberfremdung”. Der Autor tischt seinen jugendlichen Lesern die revisionistische Lüge auf, nicht die Deutschen hätten den Völkermord an den Juden verbrochen, sondern umgekehrt die Juden an den Deutschen. “Gemäß der jüdischen Holocaustrezepturen waren und sind es die fremdrassigen Exoten, die man ins überdicht besiedelte Rumpf-Deutschland fluten ließ und läßt.” Dieses “Umvolkungspotential” besäße “Narrenfreiheit”, natürlich auf Kosten deutscher Steuerzahler. Der angebliche Beweis: “Oder kennt jemand einen ach so armen Neger oder sonstigen Asylanten ohne das obligatorische Handy im bekannt billigen Dauertelefonat am Ohr?” Der Autor lässt sich von seinen Hasstiraden derart hinreißen, dass er nicht einmal merkt, wie widersprüchlich seine Aussagen ihm geraten. Am Ende klagt er gar: “(…) wer als Deutscher in Deutschland die Mißstände zur Sprache bringt, der wird von diesen Volksverrätern und Diätenbonzen als “ausländerfeindlich” beschimpft.”
Der Verfassungsschutz wertet solche Publikationen gründlich aus. Die Strafbarkeit des zitierten Artikels wird überprüft.
Alle Mord-Verdächtigen rechtsextrem
So nichtig war der Anlass, so brutal das Vorgehen der Täter gegen den 16-Jährigen
<berlin Die jungen
Männer, die den Jugendlichen Marinus S. umgebracht und in eine Jauchegrube geworfen haben sollen, gehören offenbar alle drei der rechtsextremen Szene an. Eine “Szenenzugehörigkeit” sei bei allen “sehr deutlich gegeben”, teilte die Staatsanwaltschaft Neuruppin mit. Die Vernehmung der Täter im Alter von 17 und 23 Jahren dauerte bei Redaktionsschluss an. Noch am Abend sollte Haftbefehl wegen gemeinschaftlichen Mordes erlassen werden.
Den dreien wird zur Last gelegt, am Abend des 12. Juli in Potzlow in der brandenburgischen Uckermark Marinus S. erst geschlagen, anschließend verschleppt und dann zu Tode gefoltert zu haben. Die Tat war am Wochenende bekannt geworden, weil einer der mutmaßlichen Täter geplappert hatte. Am Montag bargen Beamte das Skelett des Jungen aus der Jauchegrube eines Stallgeländes.
Inzwischen ist bekannt, dass Marinus S. zum Tatzeitpunkt erst 16 Jahre alt war. Seinen Geburtstag, den 4. September, hat er nie erlebt. Er war lernbehindert, konnte kaum lesen und schreiben und besuchte eine Förderschule in Templin. Erst im Frühjahr war er von Potzlow ins benachbarte Gerswalde gezogen, kehrte aber gerne zurück, um Freunde zu treffen. Ein Gerswalder Nachbar, der einen Sohn im selben Alter hat, beschreibt Marinus als unauffällig. “Er war weder links noch irgendwie provokativ”, sagte er der taz, “er war halt in der HipHop-Szene, hat vielleicht auch mal was geklaut. Er war, wie Jugendliche hier halt sind.” Der Streit, der zu seinem Tod führte, hatte sich laut Staatsanwaltschaft daran entzündet, dass den Rechten Marinus HipHopper-Hose sowie seine gefärbten Haare nicht passten.
Der einzige Volljährige unter den drei Verdächtigen ist als Rechtsextremer in der Gegend längst bekannt. Im August hatte der 23-jährige Marco S. mitten in Prenzlau einen Mann aus Sierra Leone mit Schlagring und Knüppeln niedergeschlagen. Erst vor vier Wochen war er zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden.
Lothar Priewe, ein Ausländerberater, der den Prozess beobachtet hat, sagte gestern zur taz, Marco S. habe weder Reue noch Einsicht gezeigt. “Er saß im Saal, stumpfsinnig wie ein Tier”, so Priewe, “ich bin mir gar nicht sicher, ob er zu menschlichen Regungen überhaupt fähig ist.” Nun sitzt er vermutlich bald wieder vor Gericht — wegen einer Tat, über die die Ankläger bereits jetzt zu Protokoll geben, sie stelle, was “die Nichtigkeit des Anlasses und die Brutalität des Vorgehens angeht, auch für hartgesottene Staatsanwälte eine neue Dimension dar”.
Bis gestern Abend sind sechs Gegendemonstrationen zum NPD-Aufmarsch am kommenden Samstag angemeldet worden. Das hat Polizeisprecher Rudi Sonntag der MAZ bestätigt. Einer der Anmelder ist der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) der Uni, dem sich die Stadtverwaltung, der DGB, das Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit, die städtische Ausländerbeauftragte und der Evangelische Kirchenkreis Potsdam anschließen. Der Asta ruft diese Kundgebung auf dem Alten Markt von 9 bis 15.30 Uhr aus. Reden sollen neben Ministerpräsident Matthias Platzeck, der amtierende Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs und Generalsuperintendent Rolf Wischnat.
Zur Marschstrecke der NPD sagt die Polizei nichts, um Zusammenstöße nicht zu provozieren. Eine Initiative “von unten” hat allerdings gestern Flugblätter verstreut, die auf eine Internetseite mit einem Stadtplanausschnitt verweisen, auf dem der mutmaßliche Marsch der NPD vom Hauptbahnhof in die Stadt verzeichnet ist. Der Alte Markt ist die Stelle, an der sich um 9 Uhr diese Gegendemonstranten sammeln sollen.
(MOZ) Einem grausamen Verbrechen ist ein Jugendlicher in der Uckermark zum Opfer gefallen. Am Sonntagabend gruben Polizeibeamte auf einem ehemaligen LPG-Gelände in Potzlow-Seehausen Skeletteile aus, die später eindeutig dem 16-jährigen Marinus Schöberl zugeordnet werden konnten. Der Junge galt seit dem Sommer als vermisst.
Des Mordes dringend verdächtig sind ein 23-Jähriger sowie zwei 17-Jährige aus dem Dorf. Wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Neuruppin, Gerd Schnittcher, am Montag gegenüber der MOZ sagte, sollen sie am 12. Juli dieses Jahres ihr Opfer auf das ehemalige LPG-Gelände verschleppt und dort schwer misshandelt haben. Als sie kein Lebenszeichen mehr feststellten, vergruben sie den Jungen in einer stillgelegten Jauchegrube. Eine Obduktion des Leichnams, die gestern Nachmittag begann, soll nun unter anderem klären, ob Marinus Schöberl bei lebendigem Leibe begraben wurde.
Der Grund für die Auseinandersetzung zwischen Opfer und Täter sei gewesen, dass der Getötete eine so genannte Hopper-Hose und blond gefärbte Haare getragen habe, sagte Schnittcher. Die Verdächtigen gehören der rechtsradikalen Szene an. Gegen sie wurde Haftantrag gestellt.
(Inforiot) Nach Informationen von unabhängigen Antifas aus der Uckermark stammen die drei mutmaßlichen Täter aus der Region nordwestlich von Prenzlau. Einer war erst vor Kurzem wegen dem Überfall auf N.D., Asylbewerber aus Sierra Leone, zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Potzlow, Strehlow sind schon seit langem als Dörfer mit einer festen und sehr militanten Naziszene bekannt. Beliebter Treffpunkt ist das Jugendzentrum in Strehlow, wo man sich seit Jahren weitgehend erfolglos an akzeptierender Jugendarbeit versucht.