Dolgenbrodt — Zu DDR-Zeiten war das 260-Seelen-Dorf Dolgenbrodt (Dahme-Spree) in der Region als beliebtes Wochenend-Domizil vor allem privilegierter Ost-Berliner bekannt — seit zehn Jahren ist das Örtchen südöstlich Berlins über die Grenzen der Republik hinaus berüchtigt. In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November 1992 brannte dort das ehemalige Kinderferienheim der Berliner Vergaser- und Filterwerke ab. Tags darauf hätten dort 86 Asylbewerber einziehen sollen. Es war Brandstiftung, der damals 18-jährige Silvio Jackowski war der Feuerteufel, und die Drahtzieher waren Leute aus dem Ort, die sich mit ein paar 1000 Mark ein ausländerfreies Dolgenbrodt erkaufen wollten.
So viel wurde nach einer Reihe spektakulärer Prozesse klar, doch auch zehn Jahre danach ist der Fall nicht abgeschlossen; Rechtsanwalt Jens Muschner ist weiter dran an dem «Fall Dolgenbrodt» — «und wenn es sein muss noch 30 Jahre lang», so der Jurist. Denn noch läuft der zivilrechtliche Prozess der Gothaer Allgemeinen Versicherung gegen den verurteilten Brandstifter Jackowski. Die Vergaser- und Filterwerke waren nämlich gegen Feuer versichert, September 1993 bekamen sie von der Gothaer 265 000 Mark Entschädigung ausgezahlt. Nach der Verurteilung Jackowskis Januar 1996 gingen die Schadenersatzansprüche der Filterwerke gegen ihn an die Versicherung über — und die will ihr Geld von dem Königs Wusterhausener zurück. «Jackowski hat Grundstücke, eine Baufirma, wird mit dicken Autos gesehen — da muss Geld da sein», meint Anwalt Muschner. Er ließ recherchieren, schaltete die professionellen Liquiditäts-Durchleuchter «Kreditreform» ein und schickte den Gerichtsvollzieher. Ohne Ergebnis. Grundstücke belastet, Firma insolvent. Zudem seien die Schadenersatzansprüche verjährt, behauptet Jackowski. Das Landgericht Frankfurt (O.) sah das im April 2002 anders, und das Oberlandesgericht hat vor einer Woche Jackowskis Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine Berufung abgelehnt — der Königs Wusterhausener habe keine Aussicht auf einen Sieg vor Gericht. «Das Frankfurter Urteil ist ein Vollstreckungstitel, der ist 30 Jahre gültig, und so lange geben wird nicht auf», so Muschner. «Der Fall ist für uns so eindeutig, da geht es ums Geld, vor allem aber ums Prinzip.»
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Strammstehen heisst untergehen!
Keine Naziaufmarsch in Halbe: Strammstehen heisst untergehen
Am Sonntag, den 17. November 2002 wollen Alt- und Neonazis in Halbe (ca.45km südöstlich von Berlin) ein “Heldengedenken” abhalten. Der “Trauermarsch” ist von dem Hamburger Neonazi Christian Worch, unter dem Motto “Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten!” für 10 Uhr angemeldet worden.
Für den Aufmarsch auf dem Soldatenfriedhof in Halbe werden neben Freien Kameradschaften auch Mitglieder und Anhänger von verschiedenen rechtsextremen Parteien erwartet. Christian Worch mobilisiert bundesweit für die “Heldenehrung” und will damit an Erfolge Anfang der 90er Jahre anknüpfen.
Zum ersten öffentlichen Gedenken dieser Art kamen 1990 verschiedene rechtsextreme Gruppierungen ( NPD, JN, Wiking-Jugend, Nationalistsiche Front) aus Berlin und Brandenburg Halbe zusammen. Im Folgejahr erfuhr die Veranstaltung innerhalb der Naziszene mehr Aufmerksamkeit, und die Teilnehmerzahl stieg auf über 600 an. Halbe drohte ähnlich dem “Rudolf Heß Gedenken”, welches 1992 in Wunsiedel stattfand, zu einem Wallfahrtsort der Faschisten zu werden. Doch eine antifaschistische Gegenmobilisierung nach Halbe sowie entschlossene Widerstandsaktionen gegen Nazitreffpunkte veranlassten die Polizei dazu, sowohl die Antifa-Demo, als auch den Naziaufmarsch zu verbieten. Infolgedessen mussten die Nazis auf kleine Ersatzkundgebungen in der Umgebung ausweichen. In den Folgejahren verschwand der Aufmarsch jedoch aufgrund von gerichtlichen Verboten von der Bildfläche. Nun möchte Christian Worch in Halbe ein großes Comeback feiern, und die derzeitige breite Mobilisierung in der Naziszene lässt erwarten, dass wohl nicht gerade wenige Nazis anreisen werden, um den “Helden” von Wehrmacht, SS und Volkssturm zu gedenken.
Stramm stehen heißt untergehen — Kesselschlacht in Halbe
In Halbe fand gegen Ende des 2. Weltkrieges vom 24. April bis zum 1. Mai 1945 die letzte große Kesselschlacht statt, bei der sowjetische Rotarmisten die Reste der deutschen 9.Armee einschlossen. Nachdem der befehlende General der Wehrmacht Busse das Kapitulationsangebot der roten Armee ablehnte, kam es zu einer erbitterten Schlacht , die viele Tote auf beiden Seiten forderte. In dem Kessel kamen von 200.000 deutschen Wehrmachts‑, Volkssturm- und SS-Soldaten, 40.000 um.
Seitdem befindet in Halbe, mit ca. 22.000 begrabenen deutschen Soldaten, sowjetischen Rotarmisten und Deserteuren der größte Soldatenfriedhof Deutschlands.
Die Kesselschlacht in Halbe steht exemplarisch für die militärischen Doktrin der Nazis, jeden Millimeter Boden um jeden Preis zu halten, was aufgrund des entschlossenen antifaschistischen Kampfes der roten Armee und der West-Alliierten zum Scheitern verurteilt und unmöglich war. Dennoch ließ die Opferbereitschaft und die bedingungslose Anerkennung des Führerprinzips, also die freiwillige Unterordnung unter die Autorität, sowie der feste Glaube an den Nationalsozialismus und den Endsieg die deutsche Volksgemeinschaft noch stramm stehen als sie schon so gut wie untergegangen war. Dadurch kostete sie noch im letzten Kriegsjahr unzähligen Menschen das Leben. Immer wieder schwor sich die Volksgemeinschaft auf den Endsieg ein, für den Opfer in Kauf genommen werden mussten, denn schließlich sah sie sich selbst als Opfer einer “jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung”.
Die Selbstaufgabe des eigenen Individuums und das Aufgehen in der Masse, das Anerkennen der Volksgemeinschaft als den absoluten sinnstiftenden Wert, bahnte den Weg für den eigenen Opferwahn. Unzählige Male verweigerten deutsche Generäle und Soldaten Kapitulationsangebote, und bekamen dafür in der Heimat Orden und Anerkennung. Was eigentlich jeder Vernunft widersprechen sollte, zweifelten NS-Soldaten weder an noch stellten sie die Autorität in Frage. Die selbstgewählte Unmündigkeit ging in blindem Gehorsam, Denunziation sowie Mit- und Bessermachen auf und erkannte Autorität als ein natürliches Prinzip an.
Deutsche Täter sind keine Opfer.
Dass die Heldengedenken in Deutschland, die jedes Jahr überall in der Bundesrepublik stattfinden, sich größter Beliebtheit bei den Kameraden erfreuen liegt auf der Hand. Immer wieder halten Nazis solche Andachten im trauten Kameradenkreis ab. Die Glorifizierung und Ehrung der “unbesiegbaren” Wehrmacht und Waffen-SS ist elementar für Alt- wie Neonazis und Ausdruck ihrer verbrecherischen Ideologie. Deutsche Täter die einen Angriffs- und Vernichtungskrieg führten, nichts als verbrannte Erde und Leichen hinterließen und schließlich Auschwitz umsetzten und möglich machten werden zu Helden und die Volksgemeinschaft zum Opfer der Alliiertenbombardements stilisiert. Die NS-Ideologie hat die Volksgemeinschaft, die biologisch (Volkskörper) und sozialdarwinistisch (Recht des Stärkeren) konstruiert wird, zur Grundlage. Sie sei die natürliche Erscheinungsform des selbstbestimmten Volkes. Der NS “denunzierte” die Juden, für alles Schlechte verantwortlich zu sein. Bolschewismus und Kapitalismus wurden zum Bestandteil einer “jüdischen Weltverschwörung”, und die Juden zu dem Gegenpart der Arier, zur “Gegenrasse” . Die Unterscheidung in raffendes und schaffendes Kapital, die ehrliche, körperliche und schaffende Arbeit den raffenden Zins- und Spekulationsgeschäften entgegensetzte, die der “aufrechten Plackerei” das mühelose Einkommen entgegenhielt, war nicht darauf ausgerichtet die kapitalistischen Unterdrückungs- und Ausbeutungsverhältnisse zu überwinden. Vielmehr war sie Ausdruck einer fetischisierten Kapitalismuskritik, die die notwendig zusammengehörenden Dimensionen konkret und abstrakt dergestalt auseinandertreten ließ, dass sie eine Identifikation der Juden mit der abstrakten Dimension des Kapitalismus zuließ und die Volksgemeinschaft als organisches Gegenmodell fungieren konnte.
Die gesellschaftlichen Verhältnisse wurden verschärft, Staat und Gesellschaft gleichgeschaltet, und die Produktionsprozesse nach kapitalistischen Gesichtspunkten verbessert. Die Ausbeutung der Ware Arbeitkraft verlief dank des repressiven Charakters und der Ideologie des NS, reibungslos. Während “Arbeit” die Volksgemeinschaft “frei machte”, wurde Kapitalismus nur mit Zins‑, Börsen- und Spekulationsgeschäften gleichgesetzt und diese wiederum mit den Juden.
Die NS-Ideologie und der Antisemitismus waren die Antwort auf alle Fragen. Auschwitz wurde “zum befreienden Moment” der Volksgemeinschaft.
Die NS-Ideologie gab und gibt ihren Anhängern, einen mehr als zweifelhaften Sinn ihrer Existenz und den Glauben, auf der guten Seite zu kämpfen. Das Heldengedenken ist sowohl eine Selbstbestätigung der Naziszene, als auch Ausdruck des Wunsches, fortzusetzen was Vater und Opa nicht beenden konnten.
Antifa-Sommer 2000?
Die staatliche “Antifa-Offensive” wurde eröffnet als die Republik wochenlang nicht mehr aus den Sommerloch-Schlagzeilen kam. Meldungen von Hetzjagden und Übergriffen durch Neonazis füllten täglich die Medien. Als dann vermutlich Nazis einen Sprengstoffanschlag auf jüdische Einwanderer in Düsseldorf verübten, erwachte die Zivilgesellschaft.
Tausende von Menschen folgten dem Aufruf zum “Aufstand der Anständigen”, gingen auf die Straße und demonstrierten gegen Rechts. Die Themen Faschismus und Rassismus gewannen plötzlich gesellschaftliche Relevanz. Dadurch verbesserten sich auch die institutionellen und gesellschaftlichen Bedingungen für antirassistische und antifaschistisc
he Arbeit. Schließlich mündete der kurze “Aufstand der Anständigen” in Initiativen, Geldern für antifaschistische Projekte und dem NPD-Verbotsverfahren. Das Interesse der rot-grünen Regierung, gegen Nazis vorzugehen, war einerseits ökonomisch geprägt, andererseits moralisch. Das Ansehen der BRD in der Welt war überschattet von dem Fremdenhaß der Deutschen und gefährdete benötigte ausländische Investitionen und Arbeitskräfte. Das konträre Verhalten der Nazis zur Regierungspolitik und die mediale Aufmerksamkeit ließen in den Alt-68ern auch ihre Antinazi-Moral wieder aufflammen und hieß sie, zur Intervention schreiten. Die kurze staatliche Offensive, und ihre z.T. moralische Intention, rückte auch antifaschistische Positionen in die Nähe des bürgerlich-demokratischen Spektrums und löste bei vielen linksradikalen Antifagruppen eine Sinnkrise aus.
Denn diese hatten sich Anfang der 90er Jahre aus Teilen der autonomen Bewegung und vielen Neupolitisierten jenseits staatlichen Einflusses zu einer neuen sozialen Bewegung geformt. Sie entstanden in deutlicher Abgrenzung zum Staat, der nicht gewillt war, gegen Nazistrukturen vorzugehen, dessen Polizisten die Nazis schützten und dessen Repräsentanten faschistische Mörder als fehlgeleitete Jugendliche bezeichneten. Die Aktivitäten dieser jungen Bewegung bestanden aus antifaschistischem Selbstschutz, dem Aufdecken von Nazistrukturen direkten Konfrontation und eigen Organisierungsformen.
Als mit der Regierungsübernahme der rot-grünen Regierung die ehemaligen 68er selbst in den Sesseln der Macht angekommen waren, wirkte sich auch deren “linke Kinderstube” auf die Regierungspolitik aus. Der Überfall auf Jugoslawien im Frühjahr 99 wurde zum antifaschistischen Menschenrechtskrieg deklariert; die Neonazis im eigenen Land wurden zum Abgrenzungsobjekt schlechthin erklärt.
Der Staat “vereinnahmte” Positionen die vorher jahrelang nur Antifagruppen vorbehalten waren. Kein Wunder, dass sich nur noch die Antifagruppen fest im Sattel halten konnten, deren Politik sich ohnehin nicht nur auf die Nazis konzentrierte, sondern ebenso auf die kapitalistischen Verhältnisse, die diese hervorbringen. Heute ist wenig übrig vom dem Aufstand der Anständigen. Getreu dem Motto “aus den Augen aus dem Sinn”, ist das Thema Rassismus und Faschismus aus dem
Blickfeld gekommen. Die Unmöglichkeit eines Regierungsantifaschismus zeigt exemplarisch das NPD-Verbotsverfahren. Durch die Verstrickungen staatlicher Organisationen bis hin zu vereinzelter Unterstützung wird klar, dass das Verhältnis des Staates zu den Faschisten als seine autoritärsten Vertreter immer je nach Sachlage ein taktisches bleibt. Abgesehen davon kann ein NPD-Verbot ohnehin nichts daran ändern, dass es weiterhin Nazis gibt und geben wird. Die gesellschaftlichen Verhältnisse die auf Unterdrückung, Ausbeutung und Ausgrenzung basieren, werden diese immer wieder hervorbringen.
Wer vom Kapitalismus nicht reden will…
Der Anti-Nazi Sommer der Regierung veranschaulichte also noch einmal, was von der radikalen Linken schon lange analysiert wurde: Verfangen in der Standortlogik kapitalistischer Sachzwänge, hassten auch manche Regierungsmitglieder aufrichtig die Nazis. Nicht jedoch ohne gleichzeitig ein neues rassistischen Zuwanderungsgesetz zu verabschieden, Flüchtlinge weiterhin in den Tod abzuschieben und im Zuge der Terrorismusbekämpfung rassistische Vorurteile zu schüren. Kapitalismus führt das Gesetz des sozialen Dschungels, den Sozialdarwinismus der Konkurrenz, das höhere Recht des Stärkeren und das Regime der Fabrik und Konzerne als ökonomische Funktionen mit sich. Das bedeutet nicht, dass der Kapitalismus automatisch zum Faschismus führt, wohl jedoch, dass die Gefahr einer derartigen Entwicklung ihm permanent innewohnt. Die Gesetze des Kapitalismus sind schon heute zu bekämpfen, und das spiegelt sich vor wie nach dem staatlichen “Anti-Nazi-Sommer” im Ansatz des revolutionären Antifaschismus wieder.
…soll vom Faschismus schweigen
Wenig überraschend hat sich auch auf der Erscheinungsebene marodierender Nazis in Deutschland wenig geändert. Die Anzahl von Naziaufmärschen ist seit dem “Anti-Nazi-Sommer” nicht weniger geworden, Übergriffe gegen MigrantInnen sind wieder an der Tagesordnung. Die rechtsextreme Szene ist wieder gestärkt, und hat dies in Wunsiedel mit einer Beteiligung von über 2000 Nazis am Rudolf-Heß-Gedenkmarsch unter Beweis gestellt. Grund genug für die radikale Linke, das Thema “Antinazi” weiter auf der Tagesordnung zu belassen.
Die unmittelbare Bedrohung durch Faschisten fordert das direkte Eingreifen, die extreme Verkörperung herrschender Bedingungen fordert die grundlegende Umwälzung der Verhältnisse. Konkret heisst das fernab jeder Revolution: Naziaufmärsche wo möglich verhindern!
Diese Aufgabe kann nur im Bündnis mit möglichst vielen linken Kräften gelingen. Weitergehende Analysen, Diskussionen und die Organisierung von Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse gehören natürlich davor und danach zum Alltagsgeschäft.
In diesem Sinne: Kommt zum Wochenende nach Berlin!
Stramm stehen heißt untergehen — kein Naziaufmarsch in Halbe. Deutsche Täter sind keine Opfer!
Weiteres:
“In Vetschau gibt es eine Anzahl von Jugendlichen, die eine hohe Gewaltbereitschaft zeigen und sich mit rechtsextremen Emblemen schmücken. Sie starten aus rechtsextremen Motiven Übergriffe auf bestimmte Leute. ” Diese deutlichen Worte fand Miriam Schilling vom Mobilen Beratungsteam (MBT) am Dienstagabend im Sozialausschuss der Stadt. Dieser hatte zu einer Beratung zum Thema Jugendgewalt eingeladen.
Vor allem an manchen Wochenenden sei die Situation für eher linksgerichtete Jugendliche oder ausländische Einwohner unerträglich. “Da kommen dann noch rechtsorientierte Jugendliche aus den umliegenden Dörfern nach Vetschau, so dass in der Stadt etwa 50 bis 60 Jugendliche Präsenz zeigen ” , hat Schilling beobachtet. Viele potentielle Opfer würden sich deshalb abends kaum mehr aus dem Haus trauen, so die MBT-Mitarbeiterin. Ihr Team, das in freier Trägerschaft vom Land Brandenburg finanziert wird, war in Vetschau unterwegs. Die Mitarbeiter haben mit Sozialpädagogen, linken Jugendlichen und Ausländern über Erfahrungen geredet. Auch in Schulen haben sie sich umgehört. Nahezu alle ausländischen Vetschauer hätten demnach schon von Drangsalierungen in diesem Jahr berichtet. Übergriffe auf dem jüngsten Stadtfest, bei dem es mehrere Verletzte gab, wurden als Beispiele genannt. “Da gibt es im Umfeld der Opfer die Frage, warum die Stadt dazu keine Stellung bezieht ” , so Schilling. Generell sei mangelnder Widerstand aus der Mitte der Gesellschaft gegen rechtsextreme Tendenzen ein großes Problem. Man solle sich nicht davon täuschen lassen, dass weniger Glatzen im Stadtbild zu sehen seien als früher. “Man trägt dort nun eher Scheitel, aber die Ansichten haben sich deshalb nicht geändert ” , so die Beraterin. Man sei in der rechtsextremen Szene jetzt bemüht, sich in der Gesellschaft, etwa in mittelständischen Unternehmen, zu etablieren. Und Schillings Kollege Dirk Wilking ergänzt: “In Schulen haben wir vor Ort erlebt, dass rechtsextremes Denken schon normal geworden ist. Sogar Schüler, die sich als SPD-nahe bezeichnen, sagen Sätze wie: ´deutsche Arbeitsplätze nur für Deutsche ´. Das ist aber die Argumentation der NPD ” , so Wilking. Die Ausschussmitglieder zeigten sich erschüttert und zum Teil überrascht von den Ausführungen. “Das ist das erste Mal, dass ich so ausführlich darüber höre ” , sagte Christiane Zimmermann (Bündnisgrüne). Und Ausschussvorsitzender Lothar Vogeler (PDS) meinte, dass man solche Dinge wohl nur mitbekommen würde, wenn man Kinder in dem Alter habe. “Wir haben festgestellt, dass das Lebensgefühl in der Stadt bei Erwachsenen ein ganz anderes ist als bei Jugendlichen ” , bestätigte Wilking. Berndt Gubatz (Gemeindefraktion) ergänzte, dass Jugendliche ihren Eltern gar nicht viel erzählten und mit solchen Problemen meist allein fertig werden wollten. Uwe Jeschke vom Jugendclub Kraftquell entgegnete, dass in der im vergangenen Jahr gegründeten Arbeitsgemeinschaft Jugend schon einiges bekannt würde, “aber es kann sein, dass die Kommunikation nach außen nicht so funktioniert ” , so Jeschke. Das soll jetzt anders werden. Die MBT-Mitarbeiter appellierten an die Abgeordneten, sich in den Fraktionen mit dem Thema zu befassen. “Wir stehen für Anfragen zur Verfügung, auch um Ideen zu entwickeln, was man in konkreten Fällen tun kann ” , sagte Schilling.
Justizministerin Barbara Richstein (CDU) hat sich für die bundesweite Einführung einer elektronischen Fußfessel bei Kleinkriminellen ausgesprochen. “Ein derartiger Einsatz wäre sinnvoll, weil zur Vermeidung von kurzen Haftstrafen Männer und Frauen dann nicht aus ihrem sozialen Umfeld gerissen würden”, sagte die Ministerin dem “Berliner Kurier”. Die Ergebnisse des hessischen Versuchs seien positiv. Fußfesseln seien billiger als ein Haftplatz.
Am 6. bis 13. Oktober fand eine sog. Graffity-Bm 6. bis 13. Oktober fand eine sog. Graffity-Bildungswoche in der Gedenkstätte/ KZ Ravensbrück statt. 20 Sprüher aus Berlin-Schöneberg (Kinderladen Schöneberg) und aus Bernau (Jugendtreff DOSTO) im Alter zwischen 14 bis 21 Jahren beteiligten sich an dieser Bildungsmaßnahme. Dabei wurden das Lebensgefühl und die kulturelle/ künstlerische Ausdrucksform der Jugendlichen in Verbindung mit der Auseinandersetzung um die Geschichte des Nationalsozialismus gesetzt und inhaltlich thematisiert. Also: Gedenkstättenpädagogik in Verbindung mit jugendkultureller Ausdrucksform. Ergebnis sind 14 beeindruckende Bilder, welche ab Januar 03 als Wanderausstellung für Schulen, Jugendeinrichtungen oder Jugendinitiativen zur Verfügung gestellt werden kann. Wer Interesse an dieser Ausstellung hat, soll sich bitte unter Tel. 03338–5590 oder dosto@bernau.net melden.
Eine Bilderseite ist beim Umbruch Bildarchiv auf einer Sonderseite zu sehen.
(TAZ) Rund 1.000 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet wollen am 17. November zum Volkstrauertag auf dem Soldatenfriedhof in Halbe bei Königs Wusterhausen aufmarschieren. Die militanten Freien Kameradschaften um den Hamburger Neonazi Christian Worch knüpfen damit an die erfolgreichen rechtsextremen Aufmärsche auf dem Waldfriedhof von Halbe 1990 und 1991 an. Mit Fackeln, Trommlern und in schwarz-brauner Uniformierung war damals das gesamte rechte Spektrum über den größten Soldatenfriedhof Deutschlands gezogen und hatte die erste Welle des Aufschwung der Neonazibewegung nach der Wiedervereinigung zelebriert.
Aufgrund des “hohen Symbolwerts” rechnet das brandenburgische Innenministerium “mit einem großen Mobilisierungsgrad in der rechtsextremen Szene”. Ein Verbot des Aufmarsches durch das zuständige Amt Schenkenländchen wurde vom Verwaltungsgericht Cottbus am Montag im Eilverfahren aufgehoben. Während Worch & Co. die Entscheidung nun als “Sieg” feiern, sagte Gerichtssprecher Matthias Vogt zur taz: “Das Gericht hat nicht entschieden, dass den Antragsstellern ein Anspruch nach dem Versammlungsrecht oder dem Gleichbehandlungsanspruch für eine Versammlung auf dem Waldfriedhof zusteht.” Die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts habe allerdings festgestellt, dass das Amt Schenkenländchen sein Verbot der rechten Versammlung unzureichend begründet habe. Amtsdirektor Rainer Oncken überlegt derweil, die nächsthöhere Instanz anzurufen. “Wir wollen alles tun, um zu verhindern, dass es zu Szenen wie Anfang der 90er-Jahre kommt.” Man wolle “keine Extremisten und Gewalttäter” in Halbe.
Sollte ein Verbot gerichtlich scheitern, gehen Sicherheitsexperten davon aus, dass mehr als 1.000 Neonazis anreisen könnten. Die fordern ihre Anhänger derzeit offen auf, Einheiten der SS und Waffen-SS, die an der Kesselschlacht bei Halbe im April 1945 beteiligt waren, mit Kränzen zu ehren. “Kameraden”, die sich bei einer zentralen Telefonnummer melden, “erhalten einen Divisionsnamen, den ihr verwenden könnt, z. B. 36. SS-Division Dirlewanger”, heißt es auf einschlägigen Webseiten.
Auf dem Waldfriedhof in Halbe sind rund 22.000 Soldaten begraben, darunter Angehörige des 11. SS-Panzerkorps und des 5. SS-Gebirgskorps, die gegen die letzte Offensive der Roten Armee zur Einnahme Berlins eingesetzt wurden und wegen ihres brutalen Vorgehens gegen Deserteure und Kriegsmüde in der Bevölkerung gefürchtet waren.
Unabhängige Antifagruppen und die Antifaschistische Aktion Berlin wollen mit Gegenaktivitäten in Halbe am selben Tag nicht nur gegen die Rechtsextremisten protestieren, sondern auch explizit der ebenfalls auf dem Waldfriedhof in Halbe bestatteten 57 Wehrmachtsdeserteure und zwei Dutzend sowjetischer Zwangsarbeiter gedenken.
Rechte Demo auf Friedhof verweigert
Gericht: Amt muss Absage begründen.
(MAZ) HALBE Zwei Demonstrationsanträge für den Volkstrauertag in Halbe beschäftigen
Gerichte und Polizei. Sowohl eine rechte als auch eine linke Demonstration wurden
für den 17. November beantragt.Unter dem Motto “Ruhm und Ehre den deutschen
Frontsoldaten” rufen Neonazis um den Hamburger Christian Worch zum
“Heldenaufmarsch” auf dem Soldatenfriedhof auf. “Mit Uniformen und Fahnen”, so der
schenkenländische Amtsdirektor Rainer Oncken. Auch deshalb sei der Antrag abgelehnt
worden. Grundlage dafür ist die kommunale Friedhofsordnung, die solche Aufmärsche
grundsätzlich nicht zulässt. Ausnahmen ausgenommen. So eine Ausnahme wollten die
rechten Anmelder per Eilverfahren vor dem Cottbuser Verwaltungsgericht erzwingen.
Darüber wurde am 25. Oktober verhandelt. Das Amt Schenkenländchen wurde beauflagt,
“bis zum 4. November zu begründen, warum es keine Ausnahme zulässt”, sagte
Gerichtssprecher Matthias Vogt. “Wir prüfen das gerade”, so Oncken: “Vielleicht
gehen wir vor das Oberverwaltungsgericht.“Außerhalb des Friedhofes endet die
Zuständigkeit des Amtes. Möglich wäre es, dass der rechte Aufmarsch anderswo in
Halbe stattfindet. Darüber entscheidet das Polizeipräsidium Frankfurt (Oder). “Der
Bescheid ergeht in den nächsten Tagen”, sagte ein Sprecher gestern. Über die linke
Gegendemonstration wird Anfang November in der Königs-Wusterhausener
Polizei-Hauptwache befunden.
Neonazis wollen wieder in Halbe aufmarschieren
Linke Gruppen kündigen Gegenaktionen an
(Berliner Zeitung) HALBE Neonazis aus ganz Deutschland wollen am 17. November die so genannten
Heldengedenkfeiern auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Halbe wiederbeleben. “Unter
dem Motto Ruhm und Ehre dem deutschen Frontsoldaten ist eine Kundgebung mit 1 000
Teilnehmern angemeldet”, sagte Lothar Walter, Polizeisprecher in Dahme-Spreewald.
Neben dem traditionellen Gedenkmarsch für den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess im
bayrischen Wunsiedel gehörten Anfang der 90er-Jahre die Totensonntags-Aufmärsche in
Halbe zu den wichtigsten Daten deutscher Neonazis. Bis 1992 versammelten sich dort
teilweise 1 000 Rechtsextremisten mit Fackeln und Trommelwirbel unter Fahnen mit
verbotenen Nazi-Symbolen. Später wurden die Umzüge gerichtlich untersagt, das
Gelände abgeriegelt und das Verbot von bis zu 1 000 Polizisten durchgesetzt. “Die
Entscheidung, ob die Kundgebung diesmal stattfinden darf, wird in den nächsten Tagen
fallen”, sagte der Sprecher des Polizeipräsidiums Frankfurt (Oder), Matthias Kühnel.
Es habe bereits “Kooperationsgespräche” mit den Anmeldern der Kundgebung gegeben.
Hinter der Anmeldung soll der Hamburger Neonazi-Aktivist Christian Worch stehen. Er
ruft im Internet so genannte Freie Kameradschaften zu reger Teilnahme auf, weil die
Brandenburger Szene die Veranstaltung nicht organisiert bekomme. Bei ihrem
“Heldengedenken” wollen die Neonazis separate Kränze für Wehrmacht, Volkssturm und
Hitlerjugend sowie sogar für die Waffen-SS ablegen. Halbe, an der Autobahn A 13
Berlin-Dresden, ist ein historischer Ort. Dort tobte im April 1945 die letzte
Kesselschlacht des Zweiten Weltkriegs. Südlich von Berlin starben damals 40 000
deutsche und sowjetische Soldaten sowie Flüchtlinge aus Schlesien und Ostpreußen.
Auf dem Friedhof liegen 27 000 deutsche Soldaten und 3 000 sowjetische
Zwangsarbeiter sowie 4 000 Nachkriegsopfer aus einem Lager des sowjetischen
Geheimdienstes. Selbst linke Gruppen, die für den 17. November am selben Ort eine
Gegendemonstration unter dem Motto “Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus”
angemeldet haben, rechnen nicht mit einem Verbot der Neonazi-Demonstration.
Antifa-Sprecher Silvio Kurz sagt: “Es wird sich zeigen, ob eine Gedenkkundgebung für
die Opfer des Nationalsozialismus zu Gunsten einer Glorifizierung von
Nazi-Verbrechern verboten oder verlegt wird.” “Wir können den rechten Aufmarsch
leider nicht verbieten”, sagte der Chef des Amtes Schenkenländchen, Reiner Oncken.
Das Amt sei nur für den Friedhof an sich, nicht aber für den Vorplatz zuständig. Die
Neonazis hätten eine Sondergenehmigung für eine Kundgebung auf dem Friedhof
angemeldet. “Die haben wir nicht genehmigt”, sagte er. Daraufhin seien die Anmelder
vor das Verwaltungsgericht Cottbus gezogen, bekamen aber auch dort keine
Genehmigung. Am Vortag des Totensonntags hat auch die Fraktion der rechtsextremen
DVU im Potsdamer Landtag zu einer Kranzniederlegung in Halbe aufgerufen. “Wir
brauchen kein Motto”, sagte Geschäftsführer Sigmar-Peter Schuldt. “Wir gedenken
aller Toten, auch derer des bolschewistisch-kommunistischen Terrors nach 1945.”
Bands gesucht
Das Nauener Tape-Label Kotze Tapes sucht zurzeit Bands aus Brandenburg für einen neuen Sampler. Das ganze soll “Punk&Oi in Brandenburg” heißen und einen Überblick über die Szene im Land geben.
Willkommen sind Bands, die Punk, Hardcore, Ska, Oi oder ähnliches spielen — ausgenommen natürlich Gruppen mit Rechtsdrall oder dämlichen Texten. Ein Beiheft mit den Songtexten, Bilder und so weiter wird es auch geben.
Kontakt zu Kotze Tapes:
(Nordkurier) Mit den Plädoyers wurde gestern die Hauptverhandlung vor dem Strafgericht in Prenzlau gegen Marco S. (23), Daniel S. (20), Daniel M. (17) und Nicole B. (16) bis
zur Urteilsverkündung fortgesetzt.Alle vier hatten sich für die Geschehnisse in der Nacht vom 16. zum 17. August zu verantworten, an denen sie mit unterschiedlicher Intensität beteiligt waren. Der
Zufall hatte sie am 17. August um 0.20 Uhr im Bereich des Neustädter Dammes in Prenzlau zusammengeführt. Daniel S. und der Nebenkläger Duweit N., die sich bis dato nicht kannten, befanden sich in einer
verbalen Auseinandersetzung über den geeigneten Weg zur Tankstelle,
wo beide gemeinsam ein Bier trinken wollten. Zuvor hatte Daniel S.
Duweit N. “angepöbelt”. Sie erregten die Aufmerksamkeit der drei
weiteren Angeklagten, die just in diesem Moment mit einem zuvor von
Marco S. und Daniel M. in Zichow entwendeten roten Pkw den Neustädter
Damm befuhren.Marco S. und Nicole B. verließen das Fahrzeug, um
sich “zielgerichtet einen Farbigen vorzunehmen”, führte der
Staatsanwalt aus. Sowohl er, als auch der Richter sahen es als
erwiesen an, dass sich die anderen beiden Angeklagten ebenfalls aus
niederen Beweggründen daran beteiligten, den Mann aus Sierra
Leone “durch Schläge und Tritte zu demütigen”, ohne von Duweit N.
provoziert worden zu sein. “Sie haben sich einen Menschen
vorgenommen, nur weil er ein andersfarbiges Gesicht, eine andere
Hautfarbe wie sie selbst haben”, führte der Richter aus. So sah er es
im Ergebnis der zweitägigen Verhandlung als erwiesen an, dass alle
vier Angeklagten auf den 34-jährigen Nebenkläger eingeschlagen und -
getreten haben, wobei sich Marco S. und Daniel S. “maßgeblich
hervortaten.” “Seine Seele verändert” Dass Duweit N. mit
vergleichsweise glimpflichen körperlichen Verletzungen davonkam, sei
dem Umstand geschuldet, dass ihm die Flucht gelang, betonte seine
Rechtsanwältin: “Ich habe selten so viel Ignoranz, Arroganz,
Dummheit, Menschenverachtung und Gleichgültigkeit erlebt wie bei den
Angeklagten. Das Wort Mitleid kennen sie nicht, höchstens
Selbstmitleid. Haben Sie einmal überlegt, was sie meinem Mandanten
angetan haben? Wie sie in nur zehn Minuten seine Seele verändert
haben?”, wandte sie sich direkt an die Angeklagten. Von diesen
nutzten Marco S., Daniel S. und Daniel M. ihr letztes Wort vor der
Urteilsverkündung, um sich bei dem Nebenkläger zu entschuldigen.
Nicole B. wollte nichts sagen. Sprachlos, nach vorn gebeugt und mit
hängenden Köpfen vernahmen dann alle vier den Urteilsspruch des
Richters. Wegen Raubes und gefährlicher Körperverletzung in zwei
Fällen, fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und vorsätzlichen Fahrens
ohne Fahrerlaubnis verurteilte er Marco S. zu einer dreijährigen
Haftstrafe ohne Bewährung. Der Richter sah es gleichzeitig als
erwiesen an, dass die Umstände der Inbesitznahme des Pkw in Zichow
durch Marco S. und Daniel M. einen Raub in nicht minderschwerem Fall
darstellen. So legte er Daniel M. gemeinschaftlichen Raub,
gefährliche Körperverletzung und zweimaliges Fahren ohne
Fahrerlaubnis zur Last und sprach eine Jugendstrafe von einem Jahr
und sechs Monaten aus. Dass er diese zu einer zweijährigen
Bewährungszeit aussetzte, begründete der Richter unter anderem damit,
dass bei dem Angeklagten sich eine ausländerfeindliche Einstellung
noch nicht manifestiert habe. Durch sein Leben im elterlichen
Haushalt, den festen Ausbildungsplatz gebe es für Daniel M. eine
günstige Sozialprognose. Daniel S. wurde dagegen zu einer
Jugendhaftstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, Nicole
B. zu einer zehnmonatigen Jugendhaft, in beiden Fällen ohne
Bewährung. Unter anderem sei es “das brutale Vorgehen”, das bei
Daniel S. ein Verbüßen der Jugendstrafe fordere, selbst wenn bei ihm,
wie der Verteidiger ausführte, eine “entwicklungsbedingte
Reifeverzögerung” vorhanden sei. Die “Schwere der Schuld”
rechtfertige ebenso eine Jugendhaftstrafe für die 16-jährige
Angeklagte. “Bis heute zeigt sich bei ihr kein Ansatz von Schuld oder
Reue, sie hat sich in keiner Weise von ihren Taten distanziert”, so
der Richter. Ob die Urteile rechtskräftig werden, bleibt abzuwarten.
Einige der Verteidiger stellten bereits in Aussicht, innerhalb der
vorgegebenen Wochenfrist Berufung einzulegen. Ural Memet, der als
Ausländerbeauftragter des Landkreises Uckermark den Prozess
verfolgte, kommentierte das Urteil so: “Es ist hart, aber gerecht.”
Afrikaner aus Hass geprügelt
Haftstrafen von zehn Monaten bis drei Jahre für vier junge Leute
(Schweriner Volkszeitung) Wegen eines brutalen Angriffs auf einen afrikanischen
Asylbewerber im August 2002 wurden vier Angehörige der rechten Szene
zu Haft verurteilt. Das Amtsgericht Prenzlau verhängte gestern
Haftstrafen zwischen zehn Monaten und drei Jahren. Die Angeklagten
wurden wegen gemeinschaftlich begangenen Raubes und gefährlicher
Körperverletzung an einem 34-jährigen Mann aus Sierra Leone
verurteilt. Bei einem 17-jährigen Jugendlichen wurde die Strafe von
anderthalb Jahren zur Bewährung ausgesetzt.
Die vier Täter im Alter von 16 bis 23 Jahren hatten das Opfer
beleidigt und brutal zusammengeschlagen. Dieser erlitt durch
Faustschläge und Tritte Verletzungen im Kopf- und Bauchbereich und
leidet noch heute unter den psychischen Folgen der Tat. Er trat als
Nebenkläger auf.
Die Staatsanwaltschaft sprach von einer massiven und brutalen Tat.
Die Angeklagten zeigten mit ihrer Haltung, ihrem Aussehen und ihren
Äußerungen, “wessen Geistes Kind” sie seien. “Das in der
polizeilichen Vernehmung Gesagte ist mit das Übelste, was ich je
gelesen habe”, sagte Staatsanwalt Kai Clement im Plädoyer und
forderte für alle Angeklagten Freiheitsstrafen ohne Bewährung von
zehn Monaten bis drei Jahren.
“Ich habe Angst, auf die Straße zu gehen und kann bis heute nicht
verstehen, warum ich angegriffen wurde”, hatte das Opfer als Zeuge
ausgesagt. “Ich rannte um mein Leben und keiner hat geholfen.”
Autofahrer hätten zwar angehalten, dann aber nur geguckt und seien
weitergefahren. Die Täter zeigten sich geständig, einer bestritt, das
Opfer geschlagen zu haben. Zeugen sagten dagegen aus, alle vier
hätten auf den Asylbewerber eingeschlagen. Passanten verständigten
die Polizei, die die flüchtigen Täter wenig später festnahm.
V‑Mann-Skandal weitet sich aus
Der Potsdamer V‑Mann-Skandal weitet sich aus. Nach einem Bericht des Münchner Nachrichtenmagazins “Focus” informierte der brandenburgische Verfassungsschutz seinen mutmaßlichen kriminellen V‑Mann Toni S. vor dessen Festnahme über drohende Durchsuchungen der Polizei. Der in der rechtsradikalen Musikszene eingesetzte 27-Jährige sei Anfang Juli in einem von Berliner Ermittlern abgehörten Telefonat aufgefordert worden, seine “Wohnung sauber zu machen”.S. war am 20. Juli bei einer Razzia gegen die Neonazi-Szene in Berlin verhaftet worden.
Wegen der Verbreitung der CD “Noten des Hasses”, auf der zum Mord an Politikern aufgerufen wird, steht S. dem Blatt zufolge ab 5. November vor Gericht.
POTSDAM. Das Potsdamer Innenministerium hat neue Berichte in der Affäre um den Cottbuser V‑Mann Toni S. zurückgewiesen. Laut Nachrichtenmagazin “Focus” hatte der Brandenburger Verfassungsschutz den V‑Mann über drohende Durchsuchungen der Polizei informiert. Heiko Homburg, der Sprecher des Innenministeriums, sagte, die Brandenburger Behörde habe nichts von der geplanten Verhaftung gewusst und den Mann daher auch nicht warnen können. Die unter den Bundesländern nicht abgestimmte Festnahme des V‑Mannes hatte zu Turbulenzen zwischen den Sicherheitsbehörden in Potsdam und Berlin geführt.
Toni S. war am 20. Juli in der rechtsradikalen Musikszene Berlins festgenommen und enttarnt worden. Am 5. November muss er sich wegen Verbreitung von Propagandamitteln, Volksverhetzung und Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen vor Gericht verantworten. S. soll an Produktion und Vertrieb von CD mit rechtsradikaler Musik beteiligt gewesen sein, in der zum Mord an Prominenten wie Michel Friedman aufgerufen wird.
Nach Ansicht der Berliner Ermittler war den Brandenburger Behörden die Kontrolle über den V‑Mann entglitten. Der brandenburgische Verfassungsschutz hielt Toni S. für eine “Super-Quelle” und wollte mit seiner Hilfe die internationalen Vertriebsstrukturen für rechtsextreme Musik auskundschaften.