Beeskow.
In der Beeskower “Spreebrücke” trafen sich kürzlich die Initiatoren einer neuen Partei. Mit dem Namen “Die-Weiße-Partei” wollen Horst Kneppel (Eisenhüttenstadt), Heinz Anlauf (Brieskow-Finkenheerd), Reinhard Ramm (Werder) und Rüdiger Bushardt (Caputh) eine politische Alternative schaffen. In erster Linie gehe es um Basisdemokratie. Anlauf hatte zuvor versucht, vor Ort die Partei Rechtsstaatlicher Offensive des Hamburger Richters Schill zu gründen.
Behörde berät Asylbewerber
Das Innenministerium will in der Zentralen Ausländerbehörde in Eisenhüttenstadt eine ständige Beratungsstelle für Asylbewerber einrichten. Derzeit arbeitet die im vorigen September etablierte Einrichtung noch auf Probe, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) auf eine parlamentarische Anfrage. Als Termin für die endgültige Übernahme in öffentliche Trägerschaft peile er den 1. Juli an.
Pressemitteilung der Opferperspektive vom 23.02.2002
Prozess gegen eine Gruppe gewalttätiger Rechtsextremer aus Wittstock
Vor dem Amtsgericht Neuruppin, Karl-Marx-Str. 18a, findet am
Dienstag, den 5. März 02, und am Donnerstag, den 14. März 02 jeweils um 9:15 Uhr im Saal 317, der Strafprozess wegen gefährlicher Körperverletzung gegen eine Gruppe von vier Rechtsextremen statt.
Sie sollen am 20.05.2001 mit den Worten “Wo ist der Neger?” eine Wohnung in Wittstock gestürmt haben. Der schwarze-deutsche Jugendliche Manuel G., der sich dort in der Wohnung eines Freundes aufhielt, rettete sich vor seinen Verfolgern auf den Balkon und versteckte sich zunächst auf dem Nachbarbalkon. Als er dort von einem maskierten Angreifer entdeckt wurde, hangelte er sich vom vierten Stock in den dritten Stock, von dort in den zweiten Stock. Vom zweiten Stock stürzte er ab, verletzte sich aber glücklicherweise nur leicht und konnte entkommen. Der Wohnungsinhaber wurde währenddessen auf das Bett geschlagen und dort festgehalten.
Im November war für diese Tat und andere Delikte der 18 jährige Dennis St. zu einer Einheitsjugendstrafe von 3 Jahren und 3 Monaten verurteilt worden. In dem Verfahren gegen seine Kameraden wird er nun als Zeuge aussagen.
Schlagzeilen machte Wittstock auch im Oktober letzten Jahres. Am 13.Oktober 01 löste die Polizei ein als Geburtstagsfeier getarntes rechtsextremes Treffen im Wittstocker Jugendclub Havanna auf und nahm 58 Personen fest, darunter auch einen der hier Angeklagten. Eine Gruppe “Nationaler Widerstand Wittstock” forderte daraufhin seine Freilassung.
Die Opferperspektive begrüßt die Bestrafung der Täter als ein wichtiges Signal an die organisierte Wittstocker Szene. Schon lange ist uns Wittstock als “Angstraum” für anders Denkende und anders Aussehende bekannt.
Auf lange Sicht wird ein Schutz potientieller Opfer rechtsextremer Gewalt und eine Veränderung des sozialen Klimas aber nur erreicht, wenn die Wittstocker gegen rechtsextreme Dominanz auf Straßen und in Jugendclubs selbst aktiv werden. Die Gründung eines Aktionsbündnisses und eine Demonstration gegen rechte Gewalt im Dezember waren hier ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Das andere Amerika
Potsdamer Bündnis gegen den Krieg präsentiert:
Das andere Amerika
Friedens- und Freiheitsbewegung nach dem 11. September
3.767 afghanische Zivilisten haben laut Schätzung eines amerikanischen Wissenschaftlers die „Vergeltung” der USA für den 11. September 2001 mit ihrem Leben bezahlt. Während der US-Imperialismus den Aufmarsch an den afghanischen Grenzen zu politischem Einfluß und dauerhafter militärischer Präsenz im rohstoffreichen Mittleren Osten genutzt hat, wird die nächste Runde dieses Krieges eingeläutet. US-Präsident Bush hat zumindest mit seiner konstruierten „Achse des Bösen” — gemeint sind der Irak, Iran und Nordkorea — mögliche neue Angriffsziele angedeutet. Auch innenpolitisch nutzt Washington die Gunst der Stunde. Die Angst und Wut der Bevölkerung vor neuen Terroranschlägen werden zum beschleunigten Abbau demokratischer Rechte genutzt.
Einer Symbolgestalt des anderen Amerika – dem wegen angeblichen Polizistenmordes zum Tode verurteilten afro-amerikanischen Journalisten Mumia Abu Jamal — soll derweil die internationale Solidarität durch die Umwandlung des Todesurteils in lebenslange Haft entzogen werden. Obwohl mittlerweile ein Geständnis des wahren Täters vorliegt, soll so der Schuldspruch gegen Mumia in Kraft bleiben.
Wir haben deshalb Steve Bloom aus New York eingeladen. Steve ist Mitglied des Netzwerkes Solidarity und langjähriger Aktivist der Freiheitskampagne für Mumia Abu Jamal. Er wird über die Innen- und Außenpolitik der USA nach dem 11. September 2001 informieren und mit uns die Aufgaben des Widerstandes diskutieren.
Die Veranstaltung wird am Montag, 4. März um 20:00 Uhr stattfinden.
Der Ort in der Potsdamer Innenstadt ist leider noch ungewiss. Auf ihn wird aber noch rechtzeitig hingewiesen.
Potsdamer Bündnis gegen den Krieg
in Zusammenarbeit mit dem RSB-Potsdam
Am Freitag Abend haben zahlreiche Frankfurter Neonazis Jugendliche Hip Hopper in der Frankfurter Innenstadt angegriffen und verletzt. Die Nazis, die sich
schon seit längerer Zeit an den benachbarten Einkaufzentren Oderturm und Lennè — Passagen treffen, waren zum Teil stark alkoholisiert als sie dort gegen 20.30 Uhr aufbrachen und in getrennten Gruppen zum ehem. Ufa-Kino in der
Heilbronner Straße zogen. Dort griffen einige von ihnen die dort versammelten ca. 25 Jugendlichen sofort mit einem Baseballschläger sowie einer Schreckschusspistole an.
engagierter Frankfurter Bürger
Viele der Hip Hopper konnten entkommen und alarmierten sofort die Polizei. Dennoch wurden einige durch Stahlkappenstiefel am Kopf verletzt, eine Person musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die Polizei, die erst ausrückte nachdem Opfer des Überfalls auf der Polizeiwache „Halbe Stadt“ erschienen, hatte vor Ort überhaupt keinen Plan und viel zu wenig Beamte um durchgreifen zu können. Zu diesem Zeitpunkt, gegen 21.00 Uhr, hatten sich rund um das ehem. Horten Kaufhaus und Ufa-Kino schon mehr als 60 Personen der
rechtsradikalen Szene Frankfurts und Sympathisanten derer versammelt.
Mindestens eine Person wurde festgenommen, Platzverweise wurden aber augenscheinlich nicht verteilt, auch wurden keine Personalien der immer noch sehr aggressiv
auftretenden Nazis aufgenommen die sich nun auch untereinander schlugen. Gegen 22.00 Uhr beruhigte sich die Lage und die Nazis verstreuten sich in der Stadt.
Der Polizeieinsatz, wenn man ihn als einen solchen bezeichnen kann, wirft kein gutes Licht auf den laut Presse so aktiven Einsatz der Polizei gegen Rechtsextreme Gewalttäter. Der Oderturm und die Lennè – Passagen zählen gerade an Wochenenden zu beliebten und bekannten Treffpunkten der Frankfurter Szene mitten im Stadtzentrum. Vermehrt wurden dort polnische StudentInnen und
ausländische MitbürgerInnen Opfer rechter Gewalt.
Am Freitag Abend hatten die Nazis dort schon lange vor dem Überfall durch Flaschenwürfe und Grölerei auf sich Aufmerksam gemacht, blieben aber
offensichtlich unbehelligt von den Ordnungshütern.
Flüchtlingsrat kritisiert Stolpe
POTSDAM Der Landesflüchtlingsrat hat Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) heftig kritisiert. Mit Äußerungen zum Asylrecht betätige sich Stolpe “als geistiger Brandstifter”, so der Tenor einer Kundgebung gestern vor der Potsdamer SPD-Landeszentrale. Anlass der Demonstration: Der Regierungschef hatte von der Bundesregierung Änderungen am Entwurf des Zuwanderungsgesetzes gefordert. Diese würden zu massiven “Verletzungen von Grund- und Menschenrechten führen”, heißt es in einem offenen Brief des Flüchtlingsrates.
 
Im MAZ-Interview hatte Stolpe die brandenburgische Haltung bekräftigt. Der Kompromissvorschlag der Landesregierung weicht in fünf Punkten vom Gesetzentwurf der Bundesregierung ab. Unter anderem sieht er vor, das Höchstalter für den Nachzug der Flüchtlingskinder von 14 auf 12 Jahre zu senken. Außerdem dürfe nicht-staatliche Verfolgung nicht als Asylgrund gesetzlich festgeschrieben werden. “Man kann für solche Fälle sicher weiterhin humanitäre Lösungen finden”, hatte Stolpe betont.
 
Zwischentöne, die das frierende Demonstranten-Grüppchen nicht interessierte. Das Schreiben des Flüchtlingsrates, das vorab an alle Abgeordneten des Landtages verteilt wurde, sieht in den Kompromissvorschlägen eine “Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention”. Dieser Meinung versuchten die rund 30 Protestierenden trotz dichten Schneetreibens mit satirisch-überspitzten Sketchen Ausdruck zu verleihen.
 
Für den Ministerpräsidenten nahm SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness das Schriftstück aus Händen der Potsdamer Ausländerseelsorgerin Annette Flade in Empfang. Er verteidigte die brandenburgische Haltung: Wichtig sei, in dieser Legislaturperiode das Gesetz zu verabschieden. “Das geht nur mit Kompromissen.” Weil es im Bundesrat keine rot-grüne Mehrheit gibt, gilt Brandenburg in der Länderkammer als “Zünglein an der Waage”.
 
Unterdessen nahm auch Stolpe dazu Stellung. Er bekannte, durchaus Verständnis für die Emotionen der Demonstranten zu haben. Als verleumderisch wies der Ministerpräsident jedoch den Vorwurf zurück, er provoziere Fremdenfeindlichkeit. “Politik”, bekräftigte er, “wird nicht nach Träumen gestaltet, sondern nach Mehrheiten.”
Im Schneetreiben versammelten sich am Freitag (22.02.) etwa 60 Menschen unterschiedlichster Herkunft vor dem Haus des Landesverbandes der SPD, um gegen das geplante Zuwanderungsgesetz zu protestieren.
Mit Schildern wie: “Ich bin 14 und Herrn Stolpe zu alt, um eine Sprache zu lernen und Freunde in der Schule zu finden.” und “Ich bin 14 und bleibe dank Herrn Stolpe alleine im Bürgerkrieg” und einem Strassentheater wurde massive Kritik an der Haltung der SPD in Brandenburg geübt.
Warum Protest, warum SPD?
Das Zuwanderungsgesetz beinhaltet in seinem ursprünglichen Entwurf schon die unverkennbare Handschrift rassistischer
SchreibtischtäterInnen. Neben einer Foerderung der Zuwanderung für hochqualifizierte Arbeitskräfte sind eine Reihe von Nachteilen für Flüchtlinge vorgesehen. Es wird weiterhin am Sachleistungsprinzip festgehalten, die Residenzpflicht soll auf weitere Statusgruppen ausgeweitet werden, im Bereich der medizinischen Versorgung gibt es
keine Verbesserungen, einem nicht unerheblichen Teil der Flüchtlinge kann kein Aufenthaltsstatus zugesprochen werden, so dass sie illegalisiert oder in spezielle Ausreiselager gebracht werden sollen.
In der aktuellen Diskussion hat sich der Ministerpräsident Stolpe (SPD) nun auf die Seite von Hardliner und CDU-Chef Jörg Schoenbohm gestellt, um die Koalition auf Landesebene nicht zu gefährden. Schönbohm will diesem ersten Entwurf nicht zustimmen, weil er ihm noch nicht restriktiv genug ist. Somit soll einer der wenigen Fortschritte (die Anerkennung der nicht-staatlichen Verfolgung zurueckgenommen werden und das Nachzugsalter für Kinder auf 12 Jahre gesenkt werden.
Stolpes Äusserungen aus einem Interview in der Märkischen
Allgemeinen Zeitung vom 1.2.02 lassen sich auf die üblichen
rassistischen Sprüche der rechten Parteien reduzieren: Arbeit zuerst für Deutsche und Zuwanderung stoppen. Der SPD-Ministerpräsident gibt auch den Ausländern und der
ungeregelten Zuwanderung die Schuld an der Fremdenfeindlichkeit nachzulesen bei www.inforiot.de.
Während der Kundgebung sind die Folgen der neuesten Forderungen und die Nähe von Stolpes Aussagen zu DVU/NPD-Slogans in Strassentheaterform verdeutlicht worden.Den Sozialdemokraten ist ein Protestbrief des Flüchtlingsrates Brandenburg überreicht worden. Dieser Brief ging gleichzeitig an alle Abgeordneten des Landtages mit
der Aufforderung, sich von der rassistischen Stimmungsmache von Stolpe zu distanzieren.
Die Rechtfertigung eines SPD-Vertreters blieb unzufriedenstellend. Große Teile der SPD rechtfertigen den Entwurf mit der Verhinderung von Schlimmerem (CDU/CSU-Forderungen) und vergessen dabei, dass der erste Entwurf auch schon grundlegend abzulehnen ist.
Nähere Informationen über die Kritik an den Entwürfen durch ProAsyl, ai, UNHCR, DGB, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, … unter:
fluechtlingsratbrb@jpberlin.de
Für ein Zuwanderungsgesetz, das Zuwanderung ermöglicht und nicht verhindert!
Für ein Zuwanderungsgesetz, welches nicht hinter den
Menschenrechten bei Flucht zurückbleibt! Den Brandstiftern das handwerk legen!
Protestiert auch gegen die rassistische und gegen die Menschenrechte verstossende Abschottungspolitik der SPD und CDU in Brandenburg!:
CDU Landesverband: Heinrich-Mann-Allee 18/19 14473 Potsdam, Tel: 0331/620140 Fax: 0331/6201414, info@cdu-brandenburg.de
SPD Landesverband: Friedrich-Ebert-Str. 61 14469 Potsdam, Tel: 0331/2708534 Fax: 0331/2708535; lv-brandenburg@spd.de
Antifa kommt nach Zeuthen
Am 2.3.2002 geht unsere Antifa-Info-Tour in Zeuthen weiter — erste Station war bekanntermaßen Lübben, ein Stich ins braune Wespennest. Los gehts in Zeuthen um 11.00 Uhr vor dem “Kaisers-Supermarkt”!
Check die Homepage für mehr Infos:
Recherche Zeuthen/Eichwalde
Man mag Zeuthen, aus objektiver Sicht, für ein sehr beschauliches Plätzchen, nahe am südlichen Rande Berlins halten. Viele Bäume und das kleinbürgerliche Tun auf den Straßen vermittelt, einen sehr positiven Eindruck von Zeuthen. Sein Nachbarort Eichwalde steht diesem Image in nichts nach.
Die breite Öffentlichkeit lebt nahezu unter Ausschluss von den neofaschistischen Aktivitäten auf lokaler Ebene. Vorkommnisse, wie die Belästigung und körperliche Nötigung eines Vietnamesen (12. Dezember, 1998 ) oder des öfteren Rufe von faschistischen Parolen, erfahren kaum ein Echo der Medien.
So lebt man als Normalbürger in dem Glauben, Zeuthen und umliegende Gemeinden müssten eine Aussnahme in Sachen faschistische Übergriffe sein. Doch dem ist nicht so.
Vorfälle, wie die Konfrontation von 30 Antifas und Nazis auf dem Eichwalder Bahnhof, bei dem Personen durch CS Gas und körperliche Gewalt verletzt wurden, im Jahre 1999 (22.01.) oder regelmäßige Auseinandersetzungen von Nazis und alternativen Jugendlichen sind nur Randerscheinungen der hierorts wohnhaften Neofaschisten. So leben zwar einige organisierte Schüler, z.T. Studenten bzw. Azubis, in Eichwalde, Zeuthen und den umliegenden Gemeinden, welche jedoch nicht ihr eigenes Nest beschmutzen. ‚Aktiv’ wird man auswärts, das nahe gelegene Berlin bietet eine bedeutende Plattform für ihr Gedankegut und die Publikationen.
Zudem wird die Zeuthener Szene durch die direkte Nähe von Königs Wusterhausen geprägt.
Weitere Auszüge aus einer unvollständigen Übergriffschronik wären u.a. die Verübung eines Brandanschlages auf einen Dönerladen im benachbarten Wildau (6.2.99), welcher danach, am 13.6.99 erneut mit einem weiteren Brandanschlag konfrontiert war.
Die neofaschistische Szene aus Zeuthen/Eichwalde/Wildau ist oft in Eichwalder Bahnhofskneipe “Schwarzer Adler” anzutreffen.
Zumeist wird jedoch dort der Geschmack des Bieres genossen, wohingegen andere Treffpunkte weiterhin unbekannt sind.
Das Ende der Toleranz
POTSDAM. Der Satz ließ aufhorchen: “Ich wollte es einfach nicht wahrhaben”, sagte Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) vor anderthalb Jahren in einem Interview. Gemeint war: Er, Stolpe, der “Landesvater”, habe über Jahre den gewalttätigen Rechtsextremismus in Brandenburg unterschätzt und verharmlost — und damit letztlich fremdenfeindliche Tendenzen gefördert. Dies sei nun jedoch vorbei, sagte Stolpe damals auf dem Höhepunkt des “Aufstands der Anständigen” im Jahr 2000, als es kaum ein deutscher Politiker versäumte, seinen Abscheu über dumpfe Neonazischläger zu formulieren.
Doch das war einmal. “Heute kommen von Stolpe wieder die ganz platten Parolen”, sagt Judith Gleitze vom Flüchtlingsrat Brandenburg, der gegen die neuen Thesen der Landesregierung im Streit um das Zuwanderungsgesetz scharf protestiert. Der Ministerpräsident sei inzwischen voll auf die unerbittliche Linie seines Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) eingeschwenkt. Erst kürzlich hatte Stolpe etwa vor einem “kaum noch zu regulierenden Zustrom” von Ausländern gewarnt — den der Gesetzentwurf allerdings in keiner Phase vorsah; dann sprach der Regierungschef von einem Zusammenhang zwischen Zuwanderung und Fremdenfeindlichkeit — während gerade die Daten Brandenburgs das glatte Gegenteil zeigen: unverändert hohe Gewalt gegen Fremde bei unverändert wenigen Ausländern.
“Das sind Sprüche aus der Stammtischliga”, sagt Judith Gleitze. “Und das in einem Land, das sich selbst als tolerant bezeichnet.” Der Flüchtlingsrat ist nicht die einzige Organisation, die sich über den Rückschritt im Umgang mit Fremden empört. Es herrscht inzwischen viel Frustration bei Brandenburger Initiativen gegen den Rechtsextremismus. Sie sahen sich bisher vom Land unterstützt — und fühlen sich nun um jahrelange Arbeit betrogen. “Da versuchen wir mühsamst, Vorurteile abzubauen — und der Ministerpräsident reißt alles in drei Sätzen wieder ein”, sagt Knut Steinhoff vom Jugendbündnis “Aktion Noteingang”, das für seine Aufkleber mit Hilfsangeboten für Rassismus-Opfer den Aachener Friedenspreis bekam. Politiker hätten eine riesige Verantwortung bei diesen sensiblen Themen, sagt Steinhoff. “Sie werden gehört — und die Rechtsextremen fühlen sich bestätigt.”
Auch große Zusammenschlüsse wie das landesweite “Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit” geraten allmählich an den Rand der Resignation. Die Debatte fördere eher Ausländerfeindlichkeit als das Gegenteil, sagt der Vorsitzende Rolf Wischnath. “Frustrierend” sei das, zumal “immer klarer wird, wie begrenzt unser Einfluss ist”. Schon im Januar hatte das Bündnis von der Landesregierung eine “Härtefallregelung” für Asylbewerber in Notlagen gefordert, unterstützt von der künftigen Landesbeauftragten für ein “Tolerantes Brandenburg”, Uta Leichsenring. Auf eine Antwort wartet man seither vergeblich.
Ohnehin hat sich an dem, was das Land von sich aus zu Gunsten von Asylbewerbern tun könnte, rein gar nichts geändert: Immer noch leben sie in abgeschiedenen Waldheimen, müssen immer noch per Gutschein einkaufen, immer noch gilt das strikte Gebot, den Landkreis nicht zu verlassen. “Das Projekt ‚Tolerantes Brandenburg’ ist in wichtigen Teilen gescheitert”, sagt Judith Porath vom Potsdamer Verein “Opferperspektive”. Die Politik nähere sich alten Vorurteilen wieder an, statt sie wie angekündigt zu bekämpfen. Christopher Nsoh, Sprecher der Flüchtlingsinitiative Rathenow, sagt es noch drastischer: “Wer gegen Ausländer redet, bekommt hier mehr Wählerstimmen. So einfach ist das.”
POTSDAM/BERLIN Gut gedacht, schlecht gemacht — auf diese Kurzformel lässt sich das Bundesprojekt “Civitas” bringen. Die Initiative gegen Rechtsextremismus in den neuen Ländern war im vergangenen Sommer von der Bundesregierung ins Leben gerufen worden. Drei Jahre, so versprach Jugendministerin Christine Bergmann (SPD) damals großzügig, sollte die Finanzierung gesichert sein, um tragfähige Strukturen vor Ort aufzubauen. Das Motto: Nachhaltigkeit.
Doch der lange Atem der Bundesregierung im Kampf gegen den Rechtsextremismus ist schon nach wenigen Monaten kurzatmig geworden. Von den versprochenen Fördermitteln haben die meisten Mobilen Beratungsteams, lokalen Initiativen und Opferverbände in diesem Jahr noch keinen einzigen Euro gesehen. Grund: Der Beirat, der für die Vergabe der zehn Millionen Euro für Ostdeutschland in diesem Jahr zuständig ist, hat sich noch immer nicht konstituiert. Deshalb liegen viele der 79 Einzelprojekte in Brandenburg auf Eis.
Wie beim Verein Villa Fohrde im gleichnamigen Ort, nur wenige Kilometer nördlich von Brandenburg/Havel. Das selbst verwaltete Bildungs- und Kulturhaus hat das Konzept “Schülervertretungen gegen Rechtsextremismus und Rassismus” entworfen. Schüler aus verschiedenen Schulen können fünf Tage lang in Fohrde unter Anleitung eines Regisseurs und Filmemachers ein Theaterstück zu diesem Thema schreiben und inszenieren sowie ein Video drehen. Die Filme sollen dann in den Schulen zu Debatten anregen, formuliert Werner Bövingloh, Leiter der Heimfortbildungsstätte, das Konzept. Der Vorteil: “Damit kann man Jugendliche besser sensibilisieren, weil Gleichaltrige nicht gleich den Zeigefinger rausholen.” Das habe im vergangenen Jahr sehr gut geklappt.
Doch inzwischen hat Bövingloh die Anmeldungen für das Projekt in diesem Jahr gestoppt. Denn er weiß noch immer nicht, ob er für den nächsten Durchgang Anfang März die beantragten Mittel erhält. Insgesamt hat er 60 000 Euro in diesem Jahr für das Civitas-Konzept eingeplant. Muss er ein Seminar kurzfristig absagen, stehe das Tagungshaus leer. Für den Heimleiter steht mehr auf dem Spiel als nur sechs Seminare in diesem Jahr. “Wir können die Verluste durch einen Ausfall kaum tragen”, erklärt Bövingloh. Jeder Ausfall sei existenzbedrohend. “So kann man keine professionelle, geschweige denn nachhaltige Arbeit machen.”
Auch Giovanna Bonometti, Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft für politisch-kulturelle Bildung in Brandenburg sorgt sich um einige Initiativen in Brandenburg. Das Civitas-Projekt der Bundesregierung sei extra gegründet worden, um schnell und unbürokratisch Hilfe zu leisten. Doch der Beirat für dieses Jahr sei noch immer nicht arbeitsfähig. “Und deshalb sind noch immer Mittel blockiert.”
Auswirkungen habe das vor allem auf die freien Träger, die nicht auf Rücklagen zurückgreifen können und außerdem kaum Chancen haben, bei Banken einen Überbrückungskredit zu erhalten, berichtet Wolfram Hülsemann, Leiter des Mobilen Beratungsteams in Brandenburg. Mit komplizierten Vergabeverfahren demoralisiere man engagierte Leute vor Ort, so Hülsemann. “Das ist fatal — die sind nämlich der demokratische Goldstaub.”
Im Berliner Jugendministerium ist man sich keiner Schuld bewusst. Die Folgeaufträge der insgesamt 314 Projekte in den ostdeutschen Ländern lägen nun auf dem Tisch, so die Sprecherin Christine Mühlbach. Nun werde der Beirat in den kommenden Wochen darüber entscheiden. Wann genau, könne sie jedoch noch nicht sagen. Nur so viel: “Zügig, ohne größere Verzögerungen.”