In Stahnsdorf OT Kienwerder wurden am Wochenende das Ehrenmal zum Gedenken an gefallene sowjetische Soldaten und drei umliegende Parkbänke beschmiert. Die Tatzeit liegt zwischen Sonnabend und Montag 6.30 Uhr. Die blaufarbigen Schriftzüge mit volksverhetzendem Inhalt haben eine Größe bis zu 1 mal 1,2 Metern. Die Inschrift des Denkmals wurde durch die Schmierereien unleserlich gemacht.
Der 8.Mai gilt als offizieller “Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus”. Zu diesem Anlass versammelten sich etwa 120 Menschen am Denkmal für die Gefallenden der Roten Armee, um zum einen den Opfern des Faschismus zu gedenken und den Befreiern und danken.
Untermalt von den Klängen des deutsch-russischen Chors “KALINKA”, legten die BesucherInnen Blumen am Denkmal nieder.
Heute , 61 Jahre später erhalten Neonazis und alte Verfechter des NS- Regimes wieder einen starken Zulauf. Sie ziehen fast jedes Wochenenden irgendwo in Deutschland durch die Straßen, geschützt von der Polizei. Jeglicher Widerstand wird meist kriminalisiert. Allein in Brandenburg gibt es fast täglich Übergriffe durch Neonazis gegenüber “Andersdenkenden”, bei denen die Betroffenen nicht selten krankenhausreif geschlagen werden.
Deshalb gilt es aktiv zu werden, offensiv gegen Nazis, Rassisten und Antisemiten vorzugehen und sich nicht zu verstecken.
In diesem Sinne:
Kein Vergeben — Kein Vergessen!
Danke an die Rote Armee und den Alliierten Streitkräfte.
Extremismus
Rechte Gewalt: Touristen meiden Rheinsberg
Nach Überfällen auf ausländische Gewerbetreibende in Rheinsberg (Ostprignitz-Ruppin) buchen Touristen dort weniger Übernachtungen.
Die Zahlen für den Sommer seien “drastisch eingebrochen”, sagte Bürgermeister Manfred Richter (SPD). “Eine Touristenstadt lebt vom guten Ruf. Wenn der beschädigt ist, wird es ganz schwer.”
Rechte Gruppierungen hatten Imbisse und Restaurants in der Stadt mehrfach in Brand gesetzt und systematisch versucht, ausländische Mitbürger finanziell zu ruinieren.
Richter kündigte eine Imagekampagne an. “Wir dulden keine Neonazis mehr in Rheinsberg. Wir schauen nicht mehr weg. Damit wollen wir in Deutschland ein klares Zeichen setzen”, hob der Kommunalpolitiker hervor.
Kollektives Schwarzfahren geplant
Eberswalde — Die Montagsdemonstranten wollen heute gemeinsam schwarzfahren. “Auf die Ablehnung des Sozialtickets durch den Kreistag antworten wir: ‚Wir fahren schwarz‘”, kündigt Organisator Albrecht Triller an. Die Demonstranten treffen sich wieder um 16.30 Uhr an der Stein-/Ecke Breitestraße. Nach kurzer Kundgebung wollen sie die erste gemeinsame “Schwarzfahrt” starten.
Die Erinnerung an deutsche Kriege, die Warnung vor neuen deutschen Kriegen, die Ehrung derjenigen, die, aus aller Herren Länder kommend, gekämpft haben, den deutschen Faschismus und Militarismus niederzuringen, kurz: die internationale Antikriegsaktion „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ soll, wie die Behörden es wollen, nach dem Verbot von 2005 auch am 61. Jahrestag des Sieges über den Faschismus nur in solcher Form stattfinden, daß der brave Berliner und Potsdamer Spießer nicht irritiert wird und das Volk so wenig wie möglich davon erfährt.
Das Krokodil der HIMMLISCHEN VIER dürfte, ginge es nach der Reichstagsverwaltung, am Reichstagufer nicht aus dem Wasser kriechen. Der Soldat aus Brechts Gedicht „Legende vom toten Soldaten“ darf, geht es nach der Berliner Polizei und dem Bundestagspräsidenten, im und am Reichstag nicht auftauchen. Überhaupt niemand darf auftauchen, der mit der Antikriegsaktion zu tun hat und schon gar kein toter Soldat. All das sei, so Herr Klos vom Referat Sonderprojekte der Reichstagsverwaltung zum Aktionsbüro „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ mit der Würde des Hohen Hauses (gemeint ist ein Bundestag, der seit Monaten keine ernsthafte Debatte mehr führt) nicht vereinbar.
Diese Würde erweist sich nun bei anderer Gelegenheit als durchaus strapazierfähig. Mit dieser Würde ist vereinbar eine riesige Aspirin-Tablette am Reichstagufer, wo DIE HIMMLISCHEN VIER nicht erwünscht sind. Mag das noch angehen, weist es doch neben der Firma Bayer auf die Menge an Schmerzmitteln hin, die nötig sind, damit dies Land und sein Staatsapparat noch einigermaßen erträglich erscheinen. Aber mit der Würde des Hohen Hauses (gemeint ist immer noch der Bundestag) ist es offenbar ebenso vereinbar, vor dem Reichstagsgebäude, wo, wie gesagt, eine Antikriegsaktion nichts zu suchen haben soll, ein Freizeitgelände zur kollektiven Begutachtung der Fußballweltmeisterschaft incl. obligatorischem Bierzelt einzurichten und drei Meter neben dem Mahnmal für die vom Faschismus ermordeten Reichstagsabgeordneten die Firma adidas werben zu lassen. Das alles darf dort sein.
Die HIMMLISCHEN VIER dürfen dort nicht sein.
Kein Ende der Provinzpossen! Die Präsidentin des Kammergerichts, ehemals Gebäude eines Alliierten Kontrollrats, der sich ab 1945 nach Kräften bemüht hatte, diesem Land wenigstens soviel Demokratie aufzuzwingen, daß die Obrigkeit sich nicht mehr ungestraft herausnehmen dürfe, was sie sich heute längst wieder herausnimmt – die Präsidentin des Kammergerichts also gewährt eine Drehgenehmigung zur Dokumentation einer Kundgebung der HIMMLISCHEN VIER an ihrer alten Wirkungsstätte. Sechs Tage darauf widerruft sie – sie habe einfach vergessen, daß das Gebäude ja inzwischen einer Berliner Immobilienverwaltung gehöre. Was nicht das Geringste zur Sache tut, aber den Zweck erfüllen soll, den Kampf gegen den Krieg von einem weiteren Meilenstein seiner eigenen Geschichte in diesem Land fernzuhalten. In deutsch-nacheilendem Gehorsam zieht darauf das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin seine für den angrenzenden Kleistpark bereits gewährte Drehgenehmigung ebenfalls zurück und begründet dies damit, die Kammergerichtspräsidentin sei das, was zu sein sie gerade selbst vehement bestritten hat, nämlich: Hausherrin des Gebäudes des Kammergerichts.
Wen wundert’s ob dieses Verhaltens der Hauptstadt, daß die brandenburgischen Behörden und die Stadt Potsdam da nicht zurückstehen wollen. Was über Provinzstädtchen wie London und Paris möglich war, nämlich daß ein historischer Bomber aus dem 2. Weltkrieg zur Erinnerung des Sieges über Hitler im Tiefflug über die Stadt zog, ist in Potsdam nicht möglich. Potsdam sei, wie dem Aktionsbüro „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ vom brandenburgischen Landesamt für Bauen und Verkehr mitgeteilt wurde, nicht nur eine Großstadt, sondern eine „sehr sensible Großstadt“. Mit dieser Sensibilität kann es nicht allzuweit her sein. Die Erinnerung an das, was zu tun war, weil das deutsche Volk es nicht tat, die Erinnerung an rassistischen und antisemitischen Mord an Millionen, die Erinnerung an die Bombennacht vom 14. April 1945, der Tiefflug der „Fliegenden Festung“ über der Stadt am 13. Mai – das hieße die Sensibilität der braven Potsdamer, in deren Stadt gerade ein deutscher Bürger ausländischer Herkunft halb tot geschlagen wurde, nun wahrlich überstrapazieren. Was in ruhiger Vorstadtlage wie der Innenstadt von London am Siegestag machbar ist, nämlich 1 Million Papierblumen aus einem Bomber abzuwerfen, geht im weltstädtisch-pulsierenden Getriebe von Potsdam natürlich ebenfalls nicht: 1000 Flugblätter abzuwerfen mit einem Text der Geschwister Scholl, wie sie die Royal Air Force im zweiten Weltkrieg millionenfach abwarf im Bemühen, das deutsche Volk zum Widerstand gegen Hitler aufzustören – so etwas ist verboten, läuft in Potsdam unter „Müllvermeidung“, die „Weiße Rose“ unter Dreck. Nur keine Erinnerung an das, was man zu tun nicht wagte gegen etwas, das, wir müssen es so deutlich sagen, in dieser Mischung aus obrigkeitsstaatlichem Größenwahn und knechtseligem Gehorsam schon wieder vorbereitet wird!
Das nächste: Sirenenalarm über UKW-Sender darf nicht gegeben werden. Halt! Er darf unter Umständen gegeben werden, aber so, daß man ihn nicht hört. An die Tatsache, daß dieses Land in Schutt und Asche gelegt werden mußte, weil seine herrschende Clique vorher ihrerseits Europa in Schutt und Asche gelegt hatte, darf erinnert werden, vorausgesetzt, der brave Bürger bekommt es nicht mit. 65 Dezibel sind das Äußerste, was dem Potsdamer angesichts drohender deutscher Kriege an einem Samstagabend zugemutet werden kann. Das ist: das Geräusch zweier Menschen in Konversation. So manche Stadtratssitzung in Potsdam dürfte lauter sein als so eine „Warnung“ vor dem Krieg.
Und kein Transparent am Nauener Tor! Das Tor dürfe, so der „Kommunale Immobilienservice der Landeshauptstadt Potsdam“ durch den Mund von Frau Ungemach (nomen est wirklich omen), aus historischen Gründen in keiner Weise verändert werden. Nun wußten wir nicht, daß seit Hunderten von Jahren im Nauener Tor eine Pizzeria bewirtschaftet wird. Jetzt wissen wir es. Die Geschichtswissenschaft ist reicher seit Frau Ungemach.
Eine Dummheit, eine Frechheit, eine Unverschämtheit nach der anderen. Wäre es nicht so hundsgefährlich, wäre es Schilda. Kaum noch verhüllt, kaum noch mit Ausreden verbrämt die behördliche Willkür, die ad oculos demonstriert, wie die Chance von Potsdam bis heute ausgeschlagen wurde und immer noch mehr mit Füßen getreten wird. Ein Beweis nach dem anderen, daß, und wenn es Asche in unserem Munde wird, die Antikriegsaktion „Das Begräbnis oder DIE HIMMLISCHEN VIER“ stattzufinden hat.
POTSDAM. Der wegen des Überfalls auf einen Deutsch-Äthiopier in Potsdam inhaftierte Björn L. aus Wilhelmshorst (Potsdam-Mittelmark) bleibt weiter in Untersuchungshaft. Das entschied am Freitagnachmittag ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofes in Karlsruhe, nachdem ihm der 29-jährige Türsteher bereits einen Tag zuvor zur Haftprüfung vorgeführt worden war. Allerdings bestehe gegen den Mann nicht mehr der dringende Tatverdacht des versuchten Mordes, sondern der der gefährlichen Körperverletzung. Es sei kein Tötungsvorsatz erkennbar, hieß es. Es bestehe aber Fluchtgefahr.
Der Richter entschied zudem, dass Generalbundesanwalt Kay Nehm den Fall fortzuführen habe. Gegen den zweiten Tatverdächtigen Thomas M. wird weiter wegen versuchten Mordes ermittelt. Er hat am nächsten Mittwoch Haftprüfungstermin. Wenn sich auch gegen ihn der Vorwurf des versuchten Mordes nicht erhärten lässt, dann könnte Nehm die Ermittlungen wieder nach Brandenburg abgeben. Nehm wirft beiden Männern vor, am Ostersonntag den Deutsch-Äthiopier Ermyas M. zusammengeschlagen zu haben. Der oberste deutsche Ankläger wertete dies nach der Tat sofort als rechtsextremistisch motivierten Mordversuch. Er sah die innere Sicherheit gefährdet.
“Meine Stimme ist einzigartig”
Klar scheint, dass nicht die mutmaßlichen Täter den Streit begannen, sondern das 37-jährige Opfer. Ermyas M. war betrunken, als er das Wort “Schweinesau” zuerst in Richtung Björn L. und Thomas M. sagte und auch mit den Tätlichkeiten begann. Drei Zeugen bestätigen dies.
Björn L. und Thomas M. sollen Ermyas M. bei der Auseinandersetzung als “Nigger” beschimpft und ihm mit einem einzigen Schlag ins Gesicht ein lebensgefährliches Schädel-Hirn-Trauma zugefügt haben. Der Wortwechsel zwischen den drei Männern war zufällig auf einer Mailbox mitgeschnitten worden. Zu hören ist darauf die Fistelstimme eines der Täter. Die Ermittler sind sich sicher: es ist die Stimme von Björn L., der wegen seiner hohen Stimme auch “Piepsi” genannt wird. Dies hätte die Auswertung einer mehr als siebenminütigen Stimmprobe von Björn L. ergeben. Diese war von Spezialisten des Brandenburger Landeskriminalamtes ausgewertet worden. “Artikulatorische Merkmale, Sprechrhythmus und Akzentuierung” sprächen mit hoher Wahrscheinlichkeit dafür, dass Björn L. zur Tatzeit am Tatort gewesen sei, hieß es aus Ermittlerkreisen. Es gebe auffällige Übereinstimmungen mit der Täterstimme von der Mailbox. Björn L. selbst hatte in der ersten Vernehmung gesagt: “Meine Stimme ist einzigartig.”
Anwalt erwägt Haftbeschwerde
Ungewöhnlich ist, dass ein Bundesrichter mehr als einen Tag für die Haftprüfung benötigte. Schon machten Gerüchte die Runde, dass Generalbundesanwalt Nehm den Fall gleich nach Brandenburg abgeben würde. Doch offenbar irritierte den Richter nicht nur die Frage, ob es sich wirklich um einen Mordversuch gehandelt hat. Neue Zeugen waren aufgetaucht, die die Stimme von der Mailbox zwei anderen Männer aus Potsdam zugeordnet hatten. Zunächst fiel ein Verdacht auf den Sänger einer Neonazi-Band, der sich aber zerschlug. Der Verdacht gegen einen anderen Mann wurde ernster genommen: Marko S. musste am Mittwoch eine Stimmprobe abgeben. Erst am Freitagmorgen stand fest, dass er als Täter nicht in Frage kommt.
Björn L. bestreitet die Tat. Er will zur Tatzeit mit einer Kehlkopfentzündung im Bett gelegen haben. “Sein Arzt hat bestätigt, dass er nur noch krächzend und mit rauer Stimme reden konnte”, sagte sein Anwalt Veikko Bartel am Freitag. Die Aussage des Mediziners sei aber in der 20-seitigen Begründung für die weitere Inhaftierung nicht erwähnt worden. “Nur die Zeugen, die meinen Mandanten belasten, sind angeblich glaubwürdig”, sagte Bartel. Er erwägt Haftbeschwerde.
Bis zur Haftprüfung von Thomas M. soll auch Ermyas M., der erst kürzlich aus dem Koma erwachte, befragt werden. Das Unfallkrankenhaus Berlin äußert sich auf Wunsch der Bundesanwaltschaft nicht mehr zu seinem Gesundheitszustand.
Auszüge eines Offenen Briefes von Robin Kendon (ehemaliger Vorsitzender des
Ausländerbeirates Frankfurt/Oder)
Am 23.03.2006 sprang Joseph M. aus einem Fenster der Ausländerbehörde im ersten
Stock und stürzte auf die Betonplatten am Boden. (Ostblog berichtete) Aus Panik und
Angst vor der Abschiebung, die er entkommen wollte, zog er sich so schwere
Verletzungen zu, dass er jetzt querschnittsgelähmt ist. Wie es dazu kam und welche
Konsequenzen zu ziehen sind, steht noch nicht fest — genauso wie es noch nicht
feststeht, wie Joseph M. sein Leben künftig wird gestalten können. Joseph M. ist mit
einer deutschen Frankfurterin verlobt, sie wollten noch vor dem Ablauf seiner
Duldung heiraten bürokratische Hürden standen im Weg. Bisher hat jede neue
Schilderung des Falles neue Fragen aufgeworfen. Um die soll es hier auch gehen.
Zunächst kamen nur wenig Information an die Öffentlichkeit. Aufgrund einer
entsprechenden Polizeimeldung erschien am 25.03. auf der Brandenburg-Seite der MOZ
ein Kurzbericht über den Sturz. Der Kreisverband der Grünen/Bündnis90 gab am 28.03.
eine Pressemitteilung heraus, in der unter anderem eine lückenlose Aufklärung
gefordert wurde. Am 29.03. erschien ein Offener Brief des Ausländerbeirates
Frankfurt (Oder), der große Betroffenheit zum Ausdruck brachte, auf einige bis dahin
bekannten Fragen im Zusammenhang mit dem Fall hinwies und ebenfalls eine lückenlose
Aufklärung forderte.
Gleichzeitig mit zwei öffentlichen Erklärungen wurde von der Stadtverordneten Sandra
Seifert eine Anfrage an die Verwaltung gestellt, die in der
Stadtverordnetenversammlung am 30.03. beantwortet wurde. Wichtig war die Aussage
von Herrn Patzelt, er wolle auf jeden Fall Herrn M. eine Aufenthaltserlaubnis
erteilen, wobei er verständlicherweise darauf hinweisen musste, dass die letzte
rechtliche Prüfung noch nicht abgeschlossen war eine Aufenthaltserlaubnis muss
ausländerrechtlich begründet sein. Zum Verlauf wie es zu dem Sturz kam — hieß es,
die Bewertung sei noch nicht abgeschlossen. Da diese Antwort nur vorläufig war,
kündigte Axel Henschke als Vorsitzende des Hauptausschusses an, dass er das Thema
auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Hauptausschusses setzen würde.
Nach der StVV — am 31.03. oder 01.04. — hat die MOZ erneut auf der Brandenburg-Seite
darüber berichtet. Wie sich herausstellt, konnte dieser Bericht auch nicht alles
richtig darstellen, was unter anderem daran liegt, dass es bis heute
unterschiedliche Darstellungen des Falls gibt, je nachdem, ob die Betroffenen oder
die Verwaltung erzählen. Aufgabe der geforderten Aufklärung ist es, die Widersprüche
aufzulösen.
In der Hauptausschusssitzung am 10.04. wurde ein 10-seitiges Papier der Verwaltung
präsentiert, in der hauptsächlich die juristischen Fragen behandelt wurden. Es wurde
deshalb seitens der Stadtverordneten bemängelt, dass u.a. der Ablauf am 23.03. in
der Ausländerbehörde nicht beschrieben wurde. Zur nächsten Sitzung am 09.05. soll
das Papier durch diese und andere Angaben ergänzt werden. Mittlerweile haben Herr M.
und Frau H, seine Verlobte, eine Dienstaufsichtsbeschwerde mit deren Darstellung des
Geschehens eingereicht, die dem Hauptausschuss auch vorliegen wird. Nach meinem
Kenntnisstand widersprechen sich die Darstellungen in mehreren Punkten. Wer sich
mehr für die Einzelheiten interessiert, kann sich bei den Stadtverordneten
erkundigen. Dieser Artikel ist ausdrücklich kein politischer Aufruf, dennoch halte
ich es für wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt sich für das hiesige
Geschehen interessieren und wenn irgendetwas nicht klar zu sein scheint, an die
Zuständigen Fragen stellen.
Die sowohl von den Grünen als auch im offenen Brief geforderte Aufklärung ist also
noch längst nicht passiert, von Schlussfolgerungen und Konsequenzen kann noch keine
Rede sein.
Joseph M. ist trotz Operationen querschnittsgelähmt. Mittlerweile beginnt die
Reha-Maßnahme. Bis jetzt (02.05.) wurde noch keine Aufenthaltserlaubnis erteilt.
Dennoch kann man m.E. davon ausgehen, dass Joseph M. in Frankfurt (Oder) wird
bleiben können. Welche Unterstützung er noch erhält und erhalten muss, steht erst
nach der Reha fest. Leicht wird es sicher nicht sein.
Der Sturz Joseph M.s aus dem Fenster der Ausländerbehörde ist aber kein Einzelfall.
Er wirft viel mehr Fragen auf, wie es zu verstehen ist, dass so was passieren kann,
sowohl im bundesweiten Kontext als auch auf die Situation und Einflussmöglichkeiten
hier in Frankfurt (Oder) bezogen.
Joseph M. ist nicht der erste in Deutschland, der sich aus Panik und Angst vor der
Abschiebung verletzt hat. Die Antirassistische Initiative in Berlin dokumentiert
unter anderem die Folgen der Asylgesetzgebung für die Flüchtlinge selbst. Die 13.
Auflage dieser Dokumentation umfasst den Zeitraum vom 1. Januar 1993 bis zum 31.
Dezember 2004.
Hier einige Zahlen aus diesem Zeitraum:
125 Menschen töteten sich selbst angesichts ihrer drohenden Abschiebung oder starben
beim Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen. Allein 48 Flüchtlinge starben in
Abschiebehaft. Mindestens 575 Flüchtlinge haben sich aus Verzweiflung oder Panik vor
der Abschiebung oder aus Protest gegen die drohende Abschiebung (Risiko
Hungerstreiks) selbst verletzt oder versuchten sich umzubringen und überlebten zum
Teil schwer verletzt. Davon befanden sich 372 Menschen in Abschiebehaft. Im Kontext
des bundesdeutschen Asyl- und Ausländerrechtes und deren Umsetzung kommt ein solch
tragischer Fall zwar selten vor, über 500 Menschen stellen aber keine Einzelfälle
mehr dar. Wie es im offenen Brief heißt, ist es für Nichtbetroffene nicht
nachvollziehbar, welche Verzweiflung die Angst vor einer Abschiebung hervorrufen
kann. Das ist der breitere Kontext dieses tragischen Falls.
In Frankfurt (Oder) kann man nun das Asyl- und Ausländerrecht nicht ändern. Dennoch
muss man sich fragen, welchen Anteil die Stadtverwaltung insbesondere die
Ausländerbehörde und das Standesamt — daran hat, dass ein Mensch so in Panik und
Verzweiflung geraten konnte. Es geht also nicht um das deutsche Asyl- und
Ausländerrecht, so kontrovers dieses auch sein mag, sondern um die Praxis der
zuständigen Teile der Stadtverwaltung. Denn es ist nicht der erste
ausländerrechtliche Fall, bei dem es Kritik an der Praxis der Ausländerbehörde gibt.
Im Folgenden möchte ich einige Eindrücke aus meiner Berührung mit dem Thema
Ausländer und Ausländerbehörde schildern — konkrete Fälle möchte ich hier nicht
nennen, denn es geht mir nicht um einen Streit um Details einzelner Geschichten,
sondern um ein Gesamtbild und die Bereitschaft, sich damit auseinanderzusetzen.
Hinter Details kann man sich auch gut verstecken.
Im Laufe meiner Zeit im Ausländerbeirat — sechs Jahre — habe ich viele Fälle
kennengelernt, in denen die Praxis der Ausländerbehörde fraglich schien. Dabei war
es nicht unbedingt so, dass man ein eindeutiges Fehlverhalten einzelner
Mitarbeiter/innen vorweisen konnte, obwohl es das auch gab (und selten
Dienstaufsichtsbeschwerden). Dennoch bleibt ein Bild von der Ausländerbehörde in
Frankfurt (Oder), die sich als besonders restriktiv in der Handhabe des Rechts
auszeichnet. Dieses Bild von der Ausländerbehörde in Frankfurt (Oder) haben auch
Menschen an anderen Orten in Brandenburg beschrieben.
So scheint es in manchen Fällen, dass Ausländer, die z.B. eine Aufenthaltserlaubnis
wollen, immer wieder hingehalten werden: hat man gerade einen Nachweis erbracht,
wird ein neuer verlangt.
Es ist mir einige Male — schon vor dem 23. März — vorgetragen worden, dass
Heiratswillige Asylbewerber “bevorzugt” abgeschoben werden.
Wenn es um die Frage des
Ermessensspielraumes geht, versteckt sich die
Ausländerbehörde oft — so mein Eindruck — hinter der Aussage, wir mussten so
handeln, weil die Paragrafen es so bestimmen — als ob es keinen Ermessensspielraum
geben würde. Eine Abwägung aller Paragrafen, die tatsächlich in Frage kämen, findet
anscheinend nicht statt — oder z.B. erst dann, wenn dies angeordnet wird.
Konkret im Falle von Herrn Mathenge und Frau Hofmann ist es mir nicht
nachvollziehbar, warum eine Abwägung derjenigen Gesetzesparagrafen, die mit einer
bevorstehenden Eheschließung zu tun haben, anscheinend keine Rolle gespielt haben -
so der von Herrn Derling in der Stadtverordnetenversammlung am 30.03. vorgetragene
Bericht. Niemand hat der Ausländerbehörde unrechtmäßiges Handeln vorgeworfen nur,
dass sie unter Einbeziehung anderer Paragrafen anders rechtmäßig hätte handeln
können.
Selbst wenn es keine Alternative zur Abschiebung gibt, scheint keine vernünftige
Kommunikation seitens der Ausländerbehörde mit dem betroffenen Ausländer
stattzufinden — man kann mutmaßen, weil auch vorher keine vernünftige Kommunikation
stattfindet. Es kann m.E. auch nicht ausgeschlossen werden, dass eine bessere, Angst
abbauende Kommunikation das Abtauchen in die Illegalität vermeiden könnte.
Kommunikation bedeutet in diesem Kontext viel mehr als das Mitteilen der
Verwaltungsentscheidungen man muss mit den Menschen reden, sich Mühe geben, dass
Informationen beim Gegenüber auch ankommen.
Die Anzahl der Probleme, die Studierende der Europa-Universität bei der
Ausländerbehörde immer wieder berichtet hatten, scheint erst nach mehreren
Gesprächen, an denen auch Uni-Präsidentin Frau Schwan beteiligt war, bzw. nach dem
Beitritt Polens zur EU, zurückgegangen zu sein. Hier scheint es tatsächlich
Bemühungen um eine bessere Kommunikation gegeben zu haben. Warum nicht bei anderen
Ausländern?
Diese Eindrücke lassen also Fragen aufkommen, die über die Aufarbeitung eines
Einzelfalles hinausgehen. Ich möchte aber auch nicht den Eindruck erwecken, ich
verurteile pauschal eine Behörde, denn sie hat eine besonders schwierige Aufgabe
innerhalb der Verwaltung. Ebenfalls möchte ich keinen Vorwurf gegen die
Mitarbeiter/innen der Behörde einzeln oder gemeinsam richten. Es liegt an anderen,
zunächst den Stadtverordneten im Hauptausschuss, die Darstellung der Verwaltung und
der Verlobten Frau H. und Herrn M. miteinander zu vergleichen und die Widersprüche
aufzulösen.
Zum Schluss: das Handeln der Verwaltung — hier: der Ausländerbehörde hat
Auswirkungen auf das Leben anderer — hier: ausländischer Menschen. Wenn die Summe
der Handlungen sehr oft zum Nachteil dieser Menschen auswirkt, wenn diese Menschen
oft Angst haben, überhaupt zu dieser Verwaltung hinzugehen, dann passt es nicht zu
der erklärten Politik der Stadt als ein modernes und kundenorientiertes
Dienstleistungsunternehmen -, weltoffen und freundlich sein zu wollen. Deshalb ist
die Aufklärung über den Fall Joseph M. und das Ziehen von Konsequenzen für die
Arbeit der Verwaltung und m.E. für die Entwicklung der Stadt so wichtig.
Anmerkung:
Die tragischen Ereignisse ziehen für Herrn Mathenge und seine Lebensgefährtin
zahlreiche Folgen nach sich, die mit großen finanziellen Belastungen verbunden sind.
Dies reicht von der rechtlichen Aufarbeitung bis zum rollstuhlgerechten Umbau der
gemeinsamen Wohnung. Deshalb ruft der Vorstand des Kreisverbandes Frankfurt (Oder)
von Bündnis90/Die Grünen zu Spenden für Joseph Mathenge auf. Die Spenden werden nach
Eingang an Herrn Mathenge und seine Lebensgefährtin weitergeleitet.
Spendenkonto:
Bündnis90/Die Grünen Frankfurt (Oder)
Stichwort: Joseph Mathenge
Kto-Nr.: 36 000 69 399
BLZ: 170 550 50, Sparkasse Oder-Spree
Seit geraumer Zeit treten Neofaschisten in Frankfurt (Oder) wieder offensiv in Erscheinung.
Sie vereinnahmen u.a. die Aktion “Freundliches Frankfurt” für ihre menschenverachtende Politik.
Nazipropaganda, NPD-Kundgebungen und Stammtische, das Auftreten rechtsextremistischer Cliquen bei Fußballspielen des Fußballklubs Viktoria und deren widerliche Propaganda sowie regelmäßige Hetzjagden auf Linke und Migrant/innen sind ernstzunehmende Anzeichen für die Neuformierung neofaschistischer Strukturen in der Stadt.
Wer mit offenen Augen durch diese Stadt geht, sieht, dass es immer notwendiger wird, sich gegen die zunehmenden neofaschistischen Aktionen zu wehren.
Überlassen wir den Neofaschisten keinen Meter in Frankfurt (Oder)!
Schaut nicht weg! Greift ein !
Erkennen wir unsere Stärke, indem wir gemeinsam auftreten!
Erstunterzeichner/innen:
WASG-Kreisverband Oderland-Spree, Linkspartei.PDS Frankfurt/O., DKP Frankfurt/O.-Eisenhüttenstadt, VVN-BdA Frankfurt/O. e.V., Beratungsstelle Opfer rechter Gewalt, Autonome Antifa Frankfurt/O., Utopia e.V., Friedensnetz Frankfurt/O., ISKRA, FAU Frankfurt/O.
Gabriel Landgraf, 29, war ein Anführer, ein sogenannter Kader, der Neo-Nazi-Szene in Berlin und Brandenburg. Im haGalil-Interview nach der öffentlichen Bekanntgabe seines Ausstieges berichtet er, wie ein junger Mensch in die Nazi-Szene kommt und warum er schließlich ausgestiegen ist. Nicht überraschen sollte uns, dass der Antisemitismus auch heute das wichtigste Fundament der Nazi-Ideologie ist und dass Nazi-Szene und radikale Islamisten kooperieren.
Sie gehörten zu den führenden Kadern der neo-nazistischen “Kameradschaften” in Berlin. Zwischenzeitlich haben Sie ihren Ausstieg aus der Nazi-Szene öffentlich bekannt gemacht. Wann und warum sind Sie ausgestiegen?
Der endgültige Bruch war für mich im Sommer 2005 vollzogen. Doch ein Ausstieg ist ein langer Weg. Die ersten Schritte meines Ausstiegs waren die Kontaktabbrüche zum rechten Lager. Das ist gar nicht so einfach, denn ich hatte 13 Jahre lang immer wieder Berührungspunkte zur rechten Szene, davon sechs Jahre in organisierten rechten Gruppen. Wie schwierig es ist, diese Kontakte abzubrechen, versteht man nur, wenn man begreift, dass die Nazis stets darauf aus sind Menschen vollständig einzunehmen, politisch und sozial.
Ich habe innerhalb von ein paar Wochen sämtliche Aktivitäten eingestellt, das “Berliner Infoportal” abgestellt, bin aus dem MHS (Märkischer Heimatschutz) ausgetreten und habe einen Berlin-Brandenburg weiten SMS Verteiler abgemeldet. Zugleich habe ich auch dafür gesorgt, dass diese Projekte auch von anderen nicht weitergeführt werden können.
Ein Ausstieg ist aber mehr als nur die Loslösung von rechten Strukturen oder die öffentliche Positionierung gegen die früheren “Kameradschaften”. Dies sind nur Resultate; die eigentlichen Beweggründe haben sich bei mir schon lange angesammelt.
Was war Ihre Motivation?
Es gibt nicht den Hauptgrund oder das entschiedene Erlebnis in meinem Leben für den Ausstieg. Da muss ich leider enttäuschen.
Es waren zahlreiche Widersprüche, mit denen ich lange zu kämpfen hatte, die ich irgendwann nicht mehr verdrängen konnte.
Ich propagierte die Rückführung der Ausländer, in der Propaganda sprachen wir immer von “kriminellen Ausländern”, doch was heißt das in der Konsequenz? Menschen, die in Deutschland geboren sind, in Länder zu schicken, in denen sie kein Wort verstehen?
Gleichzeitig kämpfte ich bei den Kameradschaften gegen staatliche Unterdrückung, soziale Probleme und für Freiheit. Doch welche Antworten haben sich mir geboten?
Auch die Kameradschaftsszene ist hierarchisch durchstrukturiert und meine persönliche Freiheit hat sehr darunter gelitten.
Natürlich habe ich mir auch Gedanken über meine Gewalttaten und das Warum gemacht, ich konnte es nicht mehr verdrängen und es hat mich unglaublich belastet. Ich kann mir heute immer noch nicht die Frage beantworten, wie ich anderen Menschen so etwas antun konnte.
Ausschlaggebend für meinen endgültigen Bruch waren aber sicherlich Personen, die sich kritisch mit mir auseinandergesetzt haben, mir meine Denkfehler und moralische Verantwortung aufgezeigt haben.
Ihre ehemaligen “Kameraden” bezichtigen Sie nun des politischen Verrats und bezeichnen Sie als “offenbar nicht resozialisierbaren Kriminellen”. Haben Sie Angst vor Rachefeldzügen aufgrund Ihres Ausstiegs?
Auf der Ebene der geistigen Auseinandersetzung habe ich keine Angst vor den Leuten. Die Kampagne gegen mich, wie sie vor allem im Internet gefahren wird, ist was das Intellektuelle und das Ideologische betrifft ziemlich lächerlich. Angst habe ich vor Gewalt.
In dieser Szene wird schnell vom “Verrat” gesprochen. Klar dass ich von den Neonazis keine Gruß- und Dankesbotschaften bekomme. Die Methoden sind stets gleich: Man wird zum Alkoholiker, zum Versager und als unbedeutender Mensch abgestempelt. Wie sonst sollten Neonazis mit Aussteigern umgehen?
Beruhigend ist es für mich, dass ich weiß, welche Personen hinter diesen Internetkampagnen stehen.
Seit dem Jahr 2000 bemühten Sie sich um die Vernetzung unterschiedlicher Neonazi-Gruppen im Raum Berlin-Brandenburg, Sie betrieben das neofaschistische Internetportal “Berliner Infoportal” und waren im Jahr 2003 Mitbegründer der Neonazi-Kameradschaft “Berliner Alternative Südost” (BASO). Im Jahr 2004 gründeten Sie zudem eine Berliner Unterabteilung des “Märkischen Heimatschutzes” (MHS). Worin bestanden die Hauptaktivitäten dieser Gruppen?
Die Gründung der BASO war ein Prozess, der ein dreiviertel Jahr dauerte. Zu dem Zeitpunkt war die Berliner Kameradschaftszene fast tot, eigentlich existierte als politische Gruppe nur die Kameradschaft Thor. Es setzten sich einige Personen zusammen um ein Widererstarken der Freien Kameradschaftsszene zu planen.
Da viele Mitgründer der BASO sich im Südosten Berlins bewegten und es ein großes rechtes Klientel in Treptow-Köpenick gab, beschlossen wir den Aktionskreis auf diesen Stadtteil zu beschränken.
Es war wichtig einen Namen zu wählen, der nicht sofort von den Medien und in der Öffentlichkeit als rechts zu erkennen war.
So wurde bewusst versucht nach außen sich das nette Image zu geben. Wir haben uns schnell auf die Jugendarbeit konzentriert, was dann meiner Einschätzung nach erschreckend gut funktioniert hat. Ich kam mir manchmal vor wie ein Sozialarbeiter, der von Kinobesuchen bis hin zu Fußballspielen sich mit Jugendlichen beschäftigt hat. Das Leitmotto der BASO war: “Ihr redet, wir handeln.”
Andererseits haben wir auch damals Bürgersprechstunden und Veranstaltungen besucht.
Die BASO hatte sich zum Ziel gesetzt, eine nationale Jugendkultur zu schaffen, welche von symbolischen Hausbesetzungen und der Erkämpfung eines nationalen Jugendzentrums bis hin zu traditionellen NS Verherrlichungen wie bei den Horst-Wessel- und Rudolf-Hesswochen reichte.
Das Aufblühen der Kameradschaftsszene hatte begonnen. Die Zusammenarbeit mit der Kameradschaft Thor sowie aber auch mit Brandenburger Kameradschaften wurde gepflegt. Gerade die Kontakte zu Gordon Reinholz waren intensiv.
Um nicht nur eine symbolische Zusammenarbeit zwischen der Kameradschaftsszene Berlin-Brandenburgs zu haben, kam ich auf die Idee die Sektion Berlin zu gründen. Die Arbeit des MHS war offen politischer und die Verbindungen des MHS reichten weit über die Grenzen Berlin-Brandenburgs hinaus. Auch steckte einfach viel mehr Geld dahinter. Die offene hierarchische Strukturierung des MHS unterschied sich schon sehr von der BASO.
Während der “MHS” noch immer existiert wurde die “BASO” im März 2005 von Berlins Innensenator Erhart Körting (SPD) verboten. Hat das Verbot überhaupt etwas bewirkt? Wer verbirgt sich hinter den so genannten “Freien Kräften Berlin”?
Am Anfang bewirkte das Verbot sicherlich eine Verunsicherung bei den Mitgliedern. Ich kann mich an den ersten Tag nach der Hausdurchsuchung erinnern, wo wir uns ganz heimlich auf Autobahnraststätten mit dem NPD-Kader Thomas “Steiner” Wulff getroffen haben und den Beschluss gefasst haben, gegen das Verbot zu klagen. Zum Zeitpunkt des Verbots war ich schon im MHS und Sektionsleiter von Berlin. Viele Mitglieder der BASO schlossen sich der NPD-Jugendorganisation Jungen Nationaldemokraten (JN) an oder wurden in den MHS Berlin integriert. Gleichfalls wurde darauf geachtet, nicht wegen einer Weiterführung der Organisationen vorbestraft zu werden.
Letztlich hat das Verbot keine Schwächung der Szene in Berlin bewirkt, sondern eine Umstrukturierung.
Bei der Kameradschaft Thor bestätigte sich teilweise die Verbotsverfügung und man gab sich kämpferischer. Dies mag sicherlich an dem sehr unterschiedlichen Politik- und Organisationsverständnis der KS Thor liegen. Doch dazu werde ich in Kürze einen Artikel veröffentlichen.
Nach den Verboten g
ab es ein Treffen in der NPD-Parteizentrale, da große Unsicherheit in der Kameradschaftsszene herrschte. Es gab die Option unter dem dach der NPD politisch zu arbeiten, was aber zum Teil auf Ablehnung stieß.
Man einigte sich darauf, neue Namen und Begriffe zu benutzen, die es dem Staatsschutz und der Antifa schwerer machen sollten.
Durchgesetzt hat sich dann die Bezeichnung “Freie Kräfte Berlin”, hinter der im Wesentlichen die Kameradschaft Tor steckt.
Was ist konkret zu tun, um der Propaganda der militanten “Kameradschaften” etwas entgegen zu setzen und ihr Wirken effektiv zu behindern?
Auch hier kann ich keinen Königspfad bieten. Zunächst Rechtsextremismus als ernsthaftes Problem wahrnehmen und benennen und von Anfang klarstellen, welches Geistes Kind dahinter steckt. Es muss eine Aufklärung geleistet werden, die sich nicht klischeehafter Bilder bedient und nur effekthascherisch berichtet.
Rechtsextreme Überfälle wie in Potsdam sind keine Einzeltaten, sondern passieren tagtäglich. Das Opfer des rechten Angriffs aus Potsdam ist vielleicht schon in zwei Tagen nicht mehr Thema in der Presse, doch seine körperlichen und seelischen Wunden werden nicht vergessen sein.
Wichtig ist es hier, dass bundesweit Initiativen und Vereine finanziert werden, die Opfer beraten und sich langfristig gegen Rechtsextremismus engagieren.
Aber es ist ebenso wichtig, dass es Aussteigerhilfen gibt, die sich ideologisch mit Aussteigern beschäftigen, ohne staatlichen Behörden ausgesetzt zu sein. Es werden professionelle und seriöse Berater benötigt, die sich mit Ausstiegswilligen politisch und sozial beschäftigen, denn nicht jeder kann das Glück haben, auf bestimmte Personen zu treffen.
Lassen Sie uns zum “Anfang” zurück kommen.
Wie wird ein junger Mensch zu einem Neo-Nazi?
Ich kann hier nur für mich sprechen.
Wie jeder Jugendlicher war ich in einem ständigen Findungsprozess, der zwischen Anderssein, Provokation und Rebellion schwankte und vor allen Dingen habe ich immer etwas Anderes, Neues gesucht. In meinem früheren Umfeld waren viele verschiedene Subkulturen, darunter Hip-Hopper, Sprayer, Punks und auch Alternative. Ich wollte etwas radikal Anderes darstellen. Einerseits wollte ich kein Außenseiter sein, andererseits suchte ich die Konfrontation.
Ich verspürte eine Faszination an Gewalt, Hass auf alles Andere. So wurde für mich zunächst die Fußballszene attraktiv und wichtig. Außerdem spielte auch dort schon Kameradschaft und dieses Wir-Gefühl eine große Rolle. Antisemitismus und Rassismus waren in diesem Umfeld eine gängige Umgangsform.
Auch wenn es etwas klischeehaft klingt, aber bei mir war es auch eine Provokation gegen meine Mutter und ihr soziales Umfeld. Ich wollte sie herausfordern, doch diese Sachen wurden ignoriert und fanden so kein Contra. Später habe ich mich aber bewusst immer tiefer in die rechte Szene begeben, mir Dinge angeeignet. Ich lehnte den Staat ab, hatte Hass auf Polizei und Sicherheitskräfte und habe meine Antwort auf Frust und Perspektivlosigkeit im Nationalsozialismus gefunden.
Als Kind habe ich keine Ablehnung gegenüber dem Nationalsozialismus empfunden, habe nie einen kritischen Umgang gelernt. In meiner Kindheit bin ich zum grossen Teil bei meinen Großeltern aufgewachsen. Mein Opa war Hitlerjunge und später Wehrmachtssoldat, war stolz darauf und lebte auch noch nach dem Ende des Dritten Reichs in dieser Zeit. Für mich war mein Opa eine Orientierungsfigur. Ich empfand als Kind schon eine Faszination an den Erzählungen und verspürte falsche Gerechtigkeit. So sah ich beispielsweise den russischen Soldaten als “Bestie”, der meinem Opa zu sechs Jahre Gefangenschaft zwang, ohne den wirklichen Grund erkannt zu haben.
In der Schule wollte ich dann wieder nur provozieren, habe für mich Gegendarstellungen zum Unterricht verfasst. Durch diese Entwicklung ohne eine wirkliche Auseinandersetzung mit der ideologischen Ausrichtung festigte sich über die Jahre hinweg diese Einstellung. Für diese Ideologie war ich dann später bereit zu kämpfen.
Welche Rolle spielt der Antisemitismus, der Judenhass, heute noch in der Ideologie der Neo-Nazis?
Der Antisemitismus, der Hass auf alles Jüdische, ist natürlich noch immer der Grundpfeiler — auch der heutigen NS-Ideologie.
Auch wenn heute Diskussionen über den Holocaust oder Gaskammern nicht mehr die höchste Priorität bei den jugendlichen Neonazis haben, so sehen ältere Herren die Leugnung des Holocaust als “Befreiungskampf des deutschen Volkes” und nehmen sich dies als Lebensaufgabe an.
Eine viel wichtigere Rolle spielen schon wieder die Verschwörungstheorien. So soll “der Jude” die Strippen in der Hand haben, was soviel bedeutet, dass “er” speziell in den USA, aber auch weltweit die Machtpositionen in Politik und Wirtschaft besetzt hat.
Der “Kapitalismus” wird in der heutigen NS Bewegung mit “dem Juden” gleichsetzt. Dies macht es den Neonazis leichter, gegen Kapitalismus zu hetzten, da man Begriffe wie Antikapitalismus und Globalisierung aufnehmen kann und letztlich doch klar ist, dass es gegen das “internationale Judentum” geht.
Gibt es aufgrund der antisemitischen Ausrichtung Berührungspunkte oder Schnittmengen, mit radikalen Islamisten?
Im aktuellen Fall aus dem Iran, wo offen der Holocaust geleugnet wird, entstehen klare Übereinstimmungen mit radikalen Islamisten. Offen wird dort Antisemitismus betrieben, wonach sich beispielsweise deutsche Neonazis sehnen und diese Aussagen werden propagandistisch verwendet.
Ebenso werden Parallelen zum “Angriffskrieg” der USA auf muslimische Länder gezogen und der Widerstand gegen die US-Intervention wird folgerichtig als “Befreiungskampf” auch des “unterdrückten deutschen Volkes” verstanden.
Können Sie von praktischen Beispielen berichten?
Es wurden in den letzten Jahren immer wieder Demonstrationen mit Antikriegsthemen veranstaltet, die sich beispielshalber mit dem “Irak Krieg” beschäftigten. Ebenso kam es bundesweit zu Plakataktionen, wo man sich solidarisch mit Saddam Hussein zeigte.
Auch direkte Kontakte zu radikalen Islamisten wurden geknüpft, so gab es Treffen mit Kontaktpersonen, die über den “Widerstand” im Irak berichteten. Auch in Berlin kam es zu Teilnahmen an islamistischen Demonstrationen, bei denen offen gegen jüdische Menschen und den Staat Israel gehetzt wurde. Nachdem die Veranstalter durch die Polizei über die Teilnahme von bekannten Neonazis an den Demos unterrichtet worden waren, begrüßten einige Teilnehmer die anwesenden Neonazis.
Interview: Jörg Fischer
Am Samstag den 29. April 2006 habe ich, Collivan Sow, geboren in
Kamerun und seit drei Jahren in der Bundesrepublik Deutschland,
einen Hungerstreik in der Abschiebehaftanstalt Eisenhüttenstadt
begonnen.
Am Vortag, Freitag den 28. April 2006 wurde ich in Eisenhüttenstadt
festgenommen, verurteilt und gleich darauf zur Abschiebehaftanstalt
Eisenhüttenstadt gebracht. Ich war in Begleitung meiner
Rechtsanwältin zu der dortigen Vertretung der Bundesanstalt für
Migration und Flüchtlinge. Offiziell hatte mich die Bundesanstalt
nach Oranienburg zu einem Gespräch bestellt, um meinen zweiten
Antraf auf Asyl zu besprechen. Aber unmittelbar nach diesem
Gespräch wurde ich festgenommen, zu einem Gerichtssaal gebracht
und daraufhin zu 3 Monate Abschiebehaft verurteilt
Offensichtlich waren die Ausländerbehörden über meine
Anwesenheit in Einsenhüttenstadt informiert, und sie hatten die
Polizei verständigt.
Der Schritt, mit einem Hungerstreik zu beginnen, habe ich nach
reichlicher Überlegung in Folge meiner Festnahme in Oranienburg
aus folgenden Gründen beschlossen:
Die von den Ausländerbehörden in Oranienburg gegen mich
angelegte Verschwörung:
Obwohl die Ausländerbehörden in Oranienburg mir –
schriftlich — die Versicherung gegeben hatten, dass sie es nicht
tun werden, haben sie vertrauliche Dokumente über mich an die
Botschaft von Kamerun in Bonn weitergeleitet. Es handelt sich
um vertrauliche Dokumente über meine Mitgliedschaft in der
SCYL, einer von der kamerunischen Regierung verfolgten
Partei. Die SCYL setzt sich für die Unabhängigkeit von
Südwestkameruns und das Ende der blutigen Unterdrückung
und Verfolgung.
Die Verweigerung der Ausländerbehörden, mir meinen
Ausweis zurückzugeben, obwohl sie nach meinem zweiten
Antrag dazu verpflichtet waren. Sie haben absichtlich versucht,
meinem Aufenthalt jedwede gesetzliche Grundlagen zu
entbehren.
2) Der vom Bundesamt für Migration und
Flüchtlinge begangene
Vertrauensbruch
Obwohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
verpflichtet ist, mir Schutz zu gewähren, haben sie den
Ausländerbehörden über meine Anwesenheit in
Einsenhüttenstadt informiert.
Aus den oben genannten Gründen fordere ich:
meine sofortige Freilassung aus der Abschiebehaft
die Ausländerbehörden in Oranienburg auf, meinen
Aufenthalt zu regeln.
die Ausländerbehörden dazu auf, mich für die Verletzung
meiner Grundrechte und für die Tatsache um Entschuldigung
zu bitten, dass sie versucht haben, mich in die Illegalität zu
vertreiben
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dazu auf, sich
für die Verletzung ihrer Schutzpflicht mich um
Entschuldigung zu bitten.