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EU überprüft Brandenburger Datenschutz-Methoden

Pots­dam (ddp/MOZ) Die Europäis­che Union (EU) über­prüft Bran­den­burg­er Daten­schutz-Meth­o­d­en. Es sei ein Ver­tragsver­let­zungsver­fahren gegen das Land eröffnet wor­den, teilte der Innen­ex­perte der oppo­si­tionellen PDS-Frak­tion, Hans-Jür­gen Schar­fen­berg, in Pots­dam mit. Die EU rüge, dass der Daten­schutz im pri­vat­en Bere­ich keine Sache des Daten­schutzbeauf­tragten ist, son­dern der Regierung unter­stellt bleibt. Das sei auch in anderen Bun­deslän­dern so, ver­stoße aber gegen gel­tendes Recht. 

Schar­fen­berg sagte, die Frage sei, wozu es einen unab­hängi­gen Daten­schutzbeauf­tragten gebe, wenn der wichtige Pri­vat­bere­ich der Regierung unter­stellt sei. Die EU habe Ver­tragsver­let­zungsver­fahren gegen Bran­den­burg und weit­ere Bun­deslän­der eröffnet, weil Zweifel an der Unab­hängigkeit der Kon­trollen bestünden. 

Laut Schar­fen­berg ver­langt die PDS seit Jahren, die überkommene Prax­is zu ändern. Das sei vom Innen­min­is­teri­um stets abgelehnt wor­den, weil es ange­blich für eine Kor­rek­tur keine Ver­an­las­sung gebe. Bran­den­burg solle Berlin als Vor­bild nehmen, fügte Schar­fen­berg hinzu. Dort sei der Daten­schutzbeauf­tragte sowohl für den öffentlichen als auch den pri­vat­en Bere­ich zuständig. In der Bun­de­shaupt­stadt sei damit die Unab­hängigkeit des Daten­schutzes gewährleistet. 

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Eine CDU-Regierung kann gut für uns sein”

Vor einem Jahr gin­gen Bran­den­burg­er Bürg­er erst­mals gegen die Agen­da 2010 auf die Straße. Heute um 18 Uhr startet die 49. Mon­tags­de­mo zum Neustädtis­chen Markt. Protest-Ini­tia­tor Dieter Hamann (54) zieht im Gespräch mit Hen­ning Heine ein Resümee.

Wie lautet das Faz­it nach einem Jahr Montagsdemo? 

Hamann: Es hat sich eine sta­bile Gruppe von 40, 50 Protestier­ern gefun­den. Sie sind aus­dauernd. Wir ken­nen uns alle, reden auch über pri­vate Prob­leme miteinander. 

Hartz IV gibt es immer noch. Haben Sie verloren? 

Hamann: Es stimmt, unsere Forderung “Weg mit Hartz IV” haben wir nicht durchge­set­zt. Aber wir ver­set­zen SPD und Kan­zler Schröder weit­er­hin Nadel­stiche — über­all im Land. Das poli­tis­che Kli­ma hat sich gegen die Sozialdemokrat­en gewendet. 

Aber zu welchem Preis? Aller Voraus­sicht nach wird ab Herb­st die Union regieren. 

Hamann: Für uns kann ein Regierungswech­sel sog­ar gut sein. Mit der Union an der Macht wer­den sich die Wider­sprüche in der Gesellschaft zus­pitzen. Vielle­icht wachen die Leute dann auf. 

Vor der Land­tagswahl 2004 kamen mehrere Hun­dert Demon­stran­ten. Was sagen Sie zur gegen­wär­tig gerin­gen Resonanz? 

Hamann: Klar bin ich ent­täuscht. Ich hat­te auf einen Anstieg gehofft. Wir haben 7000 bis 8000 Arbeit­slose in der Stadt. Wenn die Leute erst ihre Hartz-Beschei­de in der Hand hal­ten, dachte ich, dann wer­den sie auch protestieren. Aber wir kriegen sie nicht auf die Straße. 

Woran liegt das? 

Hamann: Es man­gelt vie­len Arbeit­slosen an Selb­st­be­wusst­sein. Sie haben resig­niert. Jugendliche sind häu­fig gar nicht ansprech­bar. Etlichen Leuten ohne Job geht es vielle­icht auch immer noch zu gut, solange sie Stütze kriegen oder der Part­ner genug verdient. 

Sie machen den­noch weiter? 

Hamann: Auf jeden Fall. Wir wer­fen noch lange nicht das Handtuch.

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Saalrückbau soll an NS-Gericht erinnern

(R. N., MAZ) MITTE Der Saal des ehe­ma­li­gen NS-Erbge­sund­heits­gerichts, das sich von 1940 bis 1945 in der Lin­den­straße 54 befand, soll im näch­sten Jahr wieder in den Orig­i­nalzu­s­tand ver­set­zt wer­den. Dafür müssen Wände rück­ge­baut wer­den, was den Umzug des städtis­che Denkmalpflegeamtes inner­halb des Haus­es nach sich ziehen würde, sagte Claus Peter Lad­ner, Chef der Förderge­mein­schaft Lin­den­straße 54. Laut Lad­ner habe Ober­bürg­er­meis­ter Jann Jakobs für das Pro­jekt bere­its Unter­stützung sig­nal­isiert. Dann wäre inner­halb der wech­selvollen Geschichte des Gebäudes auch die Nazi-Zeit thematisiert. 

Unter­dessen gedacht­en am Sonnabend Vertreter aus Poli­tik und Ver­wal­tung des 44. Jahrestags des Mauer­baus. Die Stadt­frak­tionsvor­sitzen­den Mike Schu­bert (SPD) und Götz Friederich (CDU) legten im Innen­hof an Wieland Försters Stat­ue “Das Opfer” Kränze nieder. Unter den Anwe­senden waren auch Kul­tur­dez­er­nentin Gabriele Fis­ch­er, SPD-Land­tagsab­ge­ord­nete Klara Gey­witz, ihr Parteikol­lege und Bun­destagsspitzenkan­di­dat Stef­fen Reiche sowie ehe­ma­lige Häftlinge wie Peter Runge. Ein halbes Jahr saß er 1946 im Unter­suchungs­ge­fäng­nis des sow­jetis­chen Geheim­di­en­stes NKWD ein. Aus Protest gegen die Vere­ini­gung von KPD und SPD habe sich der damals 16-Jährige am 1. Mai keine rote, son­dern eine weiße Nelke angesteckt. Mit­tler­weile erträgt Runge die Anwe­sen­heit im “Lin­den­ho­tel”, beim ersten Besuch 1990 “habe ich es hier kaum aus­ge­hal­ten”. Karl Alich saß dort 1971 für drei Monate wegen ver­suchter “Repub­lik­flucht”. Mehr als drei Jahrzehnte später musste der Berlin­er Recht­san­walt mit Bau­un­ter­la­gen ins Denkmalpflegeamt — in den Raum, in dem er ehe­dem ver­hört wurde: “Ich dachte, ich bin im falschen Film.” 

Gelun­gene und miss­glück­te Fluchtver­suche im ehe­ma­li­gen Bezirk Pots­dam ste­hen in Han­nelore Strehlows im Früh­jahr erschiene­nen Buch “Der gefährliche Weg in die Frei­heit” im Mit­telpunkt. Lad­ner las während der Gedenkver­anstal­tung aus der ergreifend­en Geschichte des Hans-Jür­gen Star­rost, der in der Nacht vom 13. zum 14. April 1981 in Tel­tow-Sigrid­shorst den Gren­züber­tritt wagte. Bei der Fes­t­nahme erlitt Star­rost einen Bauch­schuss und erlag Wochen später seinen schw­eren Verletzungen.

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50 Demonstranten forderten Freilassung Julias

(Ralf Fis­ch­er, Neues Deustch­land) Was das für eine trost­lose Gegend hier sei, war die erste Frage eines jugendlichen Demon­stran­ten, als er den Ort seines Protests erre­ichte. Mit­ten im Grü­nen ste­ht das Ziel, ein grauer Gebäudekom­plex, mit hohen Mauern gesichert, die Jugend­vol­lzugsanstalt im Luck­auer Ort­steil Duben.

Seit nun­mehr sieben Wochen sitzt hier eine Frau in Unter­suchung­shaft, die mit vier anderen Pots­damern des ver­sucht­en Mordes an einem Recht­sex­tremen beschuldigt wird. Alle Beschw­er­den gegen die Haft führten bish­er zu nichts. Über 50 zumeist junge Antifaschis­ten bekun­de­ten am Sonnabend­nach­mit­tag vor dem Gefäng­nis ihre Sol­i­dar­ität mit Julia S. Sie forderten die sofor­tige Freilas­sung der 21-Jährigen.

Julia S. und min­destens vier weit­eren Tatverdächti­gen wirft die Staat­san­waltschaft Pots­dam vor, in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni einen wegen rechter Tat­en polizeibekan­nten 16-Jähri­gen mit einem Totschläger niedergeschla­gen zu haben (ND berichtete).

Die Laut­sprecher­an­lage dröh­nte in Rich­tung Gefäng­nis, es erk­lang das Lied »Nicht Allein« von der Gruppe »Die Ärzte«. Julia S. saß der­weil im Aufen­thalt­sraum, dem Raum der am näch­sten zu der Kundge­bung liegt, und kon­nte zuhören. Die Musik von draußen wech­selte sich mit Sprechchören ab, auch wur­den häu­fig Grußadressen von Fre­undin­nen und Organ­isatoren ver­lesen. So richtig laut­stark wurde die Demon­stra­tion aber erst, als ein klares Sig­nal von Julia aus dem Gefäng­nis ertönte. Durch Pfiffe machte sie sich im Aufen­thalt­sraum bemerk­bar. Die Menge reagierte mit Jubel, Pfeifen und Sprechchören. In kämpferisch vor­ge­tra­ge­nen Reden forderten einzelne dazu auf, der durch die CDU betriebe­nen Stig­ma­tisierung des Jugend­vere­ins Chamäleon, dem Julia S. ange­hört, ent­ge­gen­zutreten und sich mehr mit der ver­stärk­ten Repres­sion gegen die antifaschis­tis­che Linke zu beschäfti­gen. Ein­hel­lig forderten die Demon­stran­ten, dass die »Beuge­haft« been­det wird. Julia S. mache nur von dem ihr zuste­hen­den Recht Gebrauch, die Aus­sage zu ver­weigern. Von Marschmusik begleit­et löste sich die Kundge­bung dann geord­net auf. Ein bere­it­ste­hen­der Bus brachte den Großteil der Teil­nehmer zurück nach Potsdam.

Am näch­sten Woch­enende sind die Protestier­er wieder unter­wegs. Dann fahren sie mit dem Bus nach Wun­siedel, wo tausende Alt- und Neon­azis auf­marschieren wollen.

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Busfahrt ins bayrische Wunsiedel

Zum 60. mal jährt sich die Befreiung vom Nation­al­sozial­is­mus. Es ist ein Jahr, in dem Revi­sion­is­ten als auch Alt- und Neon­azis ver­stärkt die Deutsche Ver­gan­gen­heit umdeuten. In der Gesellschaft soll eine Entwick­lung vor­angetrieben wer­den, in der das Gedenken an deutsche Täter ent­tabuisiert wird.

Ein beson­deres Beispiel für die Ver­her­rlichung des Nation­al­sozial­is­mus ist der alljährlich stat­tfind­ende Auf­marsch in Wun­siedel. Am Todestag des Nazi-Kriegsver­brech­ers Rudolf Hess, der im bayrischen Wun­siedel begraben liegt, marschieren jedes Jahr mehrere Tausend Alt- und Neon­azis. Im ver­gan­genen Jahr, am 21. August, waren es mehr als viereinhalbtausend.

Mit viere­in­halb­tausend Faschis­ten hat sich der Hess-Gedenkmarsch zu einem DER Events der deutschen und inter­na­tionalen Naziszene entwick­elt. Nazis und Rechte unter­schiedlichen Alters mit ver­schieden­er sozialer Herkun­ft sowie teil­weise gegen­sät­zlichen poli­tis­chen Werdegän­gen und kul­turellen Hin­ter­grün­den find­en sich in der Ver­her­rlichung des Nation­al­sozial­is­mus zusam­men. Hier tre­f­fen sich SS-Greise, Naziskins, Wik­ing-Jugend-Verehrer in Braun­hemd oder Dirndl, gepiercte Hate­core-Fans, Revan­chis­ten und NPD-Parteifunktionäre.

Auch dieses Jahr wieder wollen deutsche und €päis­che Neon­azis zu Hess’ Todestag an dessen Grab­stätte in Wun­siedel auf­marschieren. In der nun­mehr 17jährigen Geschichte der Hes­s­märsche war das die bish­er höch­ste Teil­nehmerzahl und für die nation­al­sozial­is­tisch ori­en­tierte Bewe­gung in Deutsch­land ein Erfolg und das befriedi­gende Ergeb­nis ein­er langjähri­gen Kampagne. 

Aus diesem Anlass ver­suchen Antifas aus Süd-Bran­den­burg und Hoy­er­swer­da noch einen Bus zu ordern um nach Wun­siedel zu reisen. Wer intresse hat schreibt eine Mail an riot005@web.de.

Men­schen die näher an der Haupt­stadt wohnen kön­nen auch mit Bussen aus Berlin fahren. Infos gibt es unter: www.antifaschistisch-reisen.tk

Mehr Infos zu Wun­siedel gibt es unter: www.ns-verherrlichung-stoppen.tk

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»Heute soll jedermann potentieller Spitzel sein«

(junge welt) AStA der Uni Pots­dam soll VS zuar­beit­en. Ziel sind »gewalt­geneigte extrem­istis­che Bestre­bun­gen«. Ein Gespräch mit Mar­tin Meyerhoff


* Mar­tin Mey­er­hoff ist Ref­er­ent für Par­tizipa­tion und Öffentlichkeit beim All­ge­meinen Studieren­de­nauss­chuß (AStA) der Uni­ver­sität Potsdam

F: Alle Behör­den in Bran­den­burg müssen jet­zt auf­grund eines Lan­des­ge­set­zes im Inter­esse der Ter­ror­is­mus­bekämp­fung Dat­en über »gewalt­geneigte extrem­istis­che Bestre­bun­gen« an den Ver­fas­sungss­chutz weit­er­leit­en. Das gilt auch für den AStA der Uni­ver­sität Pots­dam – was heißt das konkret? 

Wir sollen alles, was uns irgend­wie verdächtig vorkommt, über das Rek­torat für Per­son­al- und Recht­san­gele­gen­heit­en an den Ver­fas­sungss­chutz weiterleiten. 

F: Was für Infor­ma­tio­nen kön­nten das im Einzelfall sein? 

Das Dez­er­nat hat uns in einem offiziellen Schreiben aufge­fordert, zu diesen »Bestre­bun­gen« alle Namen, Wohnan­schriften und son­stige Angaben zu melden. 

F: Das Wort »Bestre­bun­gen« ist ein sehr unschar­fer Begriff. Läuft das nicht darauf hin­aus, daß jed­er das weit­ergeben soll, was er per­sön­lich für »extrem­istisch« und »gewalt­geneigt« hält? 

So ist das. Diese Begriffe wer­den nicht weit­er erläutert, die muß jed­er für sich selb­st interpretieren. 

F: Welchem Zweck dient dieses neue Gesetz? 

Aus der uns vor­liegen­den Mit­teilung geht her­vor, daß es dazu dienen soll, irgend­wie den Ter­ror­is­mus zu bekämpfen, aber auch recht­sex­treme Bestre­bun­gen einzudäm­men. Mir ist allerd­ings nicht klar, wie man diese bei­den Sachver­halte in einen Topf wer­fen kann. Und ich kann mir vor allem keinen Reim darauf machen, was es beim Recht­sex­trem­is­mus brin­gen soll, per­so­n­en­be­zo­gene Dat­en verdeckt weit­erzugeben. Ger­ade der Recht­sex­trem­is­mus ist mein­er Ansicht nach ein Prob­lem, das in der offe­nen, gesellschaftlichen Diskus­sion behan­delt wer­den muß. 

F: Wie soll diese Weit­er­gabe von­stat­ten gehen? 

Die Dat­en sollen mündlich oder schriftlich – in einem ver­schlosse­nen Umschlag – an das Rechts­dez­er­nat weit­ergegeben wer­den. Für eventuelle Rück­fra­gen soll auch der Namen des Ver­fassers mit­geteilt wer­den. Was dann mit diesen Infor­ma­tio­nen passiert, kann ich nicht sagen. 

F: Das klingt stark nach ein­er all­ge­meinen Auf­forderung zur Denunziation … 

So empfind­en wir das auch, und wir sind ziem­lich aufge­bracht über diese Zumu­tung. Aber wie ich die Ange­höri­gen des AStA kenne, glaube ich nicht, daß ein­er aus unseren Rei­hen Infor­mant des Ver­fas­sungss­chutzes wer­den würde. Vielle­icht wird das von uns erwartet, aber wir müssen ja auch nicht alle Erwartun­gen erfüllen … 

F: Wie wird der AStA mit dieser Weisung umge­hen – zur Ken­nt­nis nehmen und anson­sten ignorieren? 

Wir wollen diesen Skan­dal erst ein­mal in die Öffentlichkeit brin­gen. Auf län­gere Sicht ver­suchen wir, diese Direk­tive rück­gängig zu machen. Sie zer­stört das Ver­trauensver­hält­nis zwis­chen Studieren­den, Pro­fes­soren, Ver­wal­tungsangestell­ten, wis­senschaftlichen Mitar­beit­ern und Dozen­ten. Jed­er Studierende erwartet, wenn er in die Sprech­stunde eines Dozen­ten geht, daß Ver­trauen und Ver­traulichkeit gewährleis­tet sind. Wenn man sich aber nicht sich­er ist, ob per­sön­liche Aus­sagen an den Ver­fas­sungss­chutz weit­ergeleit­et wer­den, dann kann das ern­ste Kon­se­quen­zen für Lehre und Forschung haben. Leute, die Angst haben, arbeit­en schlechter. 

F: Wie reagieren die Uni­ver­sitäts­gremien auf diese Anweisung? 

Das Schreiben kam in den Semes­ter­fe­rien an, zu ein­er Zeit also, in der kaum Leute in der Uni sind. Wir nehmen jet­zt Kon­takt zu den Gremien auf; mal abwarten, was da herauskommt. 

F: Gibt es ähn­lich­es in anderen Bundesländern? 

Ich glaube nicht. Eine solche Anweisung ist so unge­heuer­lich, daß ich bes­timmt schon davon gehört hätte, wenn es sie in ver­gle­ich­bar­er Form an ander­er Stelle gäbe. Kurz nach den Atten­tat­en vom 11. Sep­tem­ber 2001 gab es in Bran­den­burg eine ähn­liche Ini­tia­tive – damals wurde von den Behör­den an der Uni­ver­sität die Raster­fah­n­dung einge­set­zt. Die Anweisung des Rechts­dez­er­nats hat ver­glichen damit allerd­ings eine neue Qual­ität. Damals hat die Uni anhand bes­timmter Ver­dachtsmerk­male eine Liste von Studieren­den erstellt, die Betrof­fe­nen wur­den dann vom Ver­fas­sungss­chutz ver­hört. Heute soll jed­er­mann poten­tieller Spitzel sein. 

Pro­fes­soren im Dienst des Verfassungsschutzes

Mitar­beit­er der Uni­ver­sität Pots­dam sind aufge­fordert, Ter­ror- oder Extrem­is­musver­dacht zu melden

(Andreas Fritsche, Neues Deutsch­land) Islamis­che Ter­ror­is­ten und Neon­azis sollen gemeldet wer­den, aber auch »gewalt­geneigte« Link­sex­trem­is­ten – mit Name, Adresse und möglichst noch mit Zeit und Ort entsprechen­der Aktiv­itäten. Das fordert das Refer­at für Per­son­al- und Recht­san­gele­gen­heit­en der Uni­ver­sität Pots­dam von allen Mitar­beit­ern der Hochschule. Ein entsprechen­des Rund­schreiben von Dez­er­nat­sleit­er Hans Kurle­mann, das ND vor­liegt, ist am 4. August beim All­ge­meinen Studieren­den-Auss­chuss (AStA) eingegangen.

Mar­tin Mey­er­hoff, AStA-Ref­er­ent für Öffentlichkeit­sar­beit, ist empört: »Wir wollen ein Ver­trauensver­hält­nis zu unserem Pro­fes­sor auf­bauen und nicht Angst haben, dass er uns verdächtigt.« Der AStA verurteilt »der­ar­tige Ein­griffe« in »die Mei­n­ungs­frei­heit an der Uni­ver­sität«. Die vagen For­mulierun­gen des Schreibens kön­nten allzu leicht benutzt wer­den, um Studierende unter Ter­ror­is­musver­dacht und damit ins gesellschaftliche Abseits zu stellen. Durch den Ver­mu­tun­gen gegen mus­lim­is­che Mit­bürg­er wer­den recht­es Gedankengut und Vorurteile geschürt, heißt es. 

Dez­er­nat­sleit­er Kurle­mann ver­weist darauf, ein Schreiben des Pots­damer Innen­min­is­teri­ums erhal­ten zu haben. Das Min­is­teri­um habe auf eine Änderung des Bran­den­bur­gis­chen Ver­fas­sungss­chutzge­set­zes im Mai 2005 hingewiesen. Nach §14 sind Behör­den, Betriebe und Ein­rich­tun­gen des Lan­des nun verpflichtet, den Ver­fas­sungss­chutz »von sich aus« über Bestre­bun­gen gegen die frei­heitlich-demokratis­che Grun­dord­nung und gegen den Gedanken der Völk­erver­ständi­gung sowie über geheim­di­en­stliche Tätigkeit­en für eine fremde Macht zu unter­richt­en. Entsprechend informiert wor­den sind nicht nur die Hochschulen, son­dern alle, auf die die Nov­el­le zutrifft. Die Anweisung des Min­is­teri­ums habe er nicht ignori­eren kön­nen, argu­men­tiert Kurle­mann. Bish­er sei nie­mand gemeldet wor­den. Er glaube oder hoffe zumin­d­est, dass der Hin­weis des Min­is­teri­ums an der Uni­ver­sität »ins Leere greift«, weil es hier solche Bestre­bun­gen nicht gebe.
Das Schreiben des Dez­er­nats sei juris­tisch ein­wand­frei, erk­lärt Lena Schraut, Sprecherin der Bran­den­bur­gis­chen Daten­schutzbeauf­tragten Dag­mar Hartge. Auch die Kopie an den AStA sei zuläs­sig. Bei der Stu­den­ten­vertre­tung han­dele es sich um eine öffentliche Stelle. Deshalb sei auch der AStA verpflichtet, an den Ver­fas­sungss­chutz zu melden. Ausgenom­men von dieser Verpflich­tung seien nur Sozial­stellen wie Woh­nungs- oder Jugendamt. 

Das Gesetz zwinge allerd­ings nie­man­den, Ver­dacht zu schöpfen, erläutert Schraut. So müssen die AStA-Ref­er­enten sich nicht vor der Jus­tiz fürcht­en, nur weil sie entschlossen sind, dem Geheim­di­enst keinen Dienst zu erweisen. 

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Hakenkreuze in Schlossruine

Wie bere­its bere­its berichtet, kam es zwis­chen 5. und 8. August zu mehreren Sachbeschädi­gun­gen und Ein­brüchen in Dahme. Unter anderem wur­den die Innen­wände zweier Räume der im Bau befind­lichen Schloss­ru­ine mit Schriftzü­gen, darunter zwei Hak­enkreuze und der Schriftzug “Heil Hitler” beschmiert. Die Krim­i­nalpolizei in Luck­en­walde ermit­telte zwei männliche (16, 18) und eine weib­liche (16) Tatverdächtige, denen die Straftat­en vorge­wor­fen wur­den. Unter anderem kon­nte in diesem Zusam­men­hang eine Sachbeschädi­gung am Plus­markt in Dahme vom Juli 2005 aufgek­lärt wer­den. Die drei Tatverdächti­gen wur­den nach ihrer Vernehmung wieder entlassen.

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PDS streitet über DVU-Wahlhelfer

(jl, MAZ) Der ehe­ma­lige DVU-Mann in den PDS-Rei­hen wirbelt Staub auf in der Bran­den­burg­er Linkspartei. Bis zu dem gestri­gen MAZ-Artikel wusste offen­bar nur ein klein­er Kreis um die Parte­ichefin Petra Faderl, dass das Vor­standsmit­glied des linken Bünd­nis­part­ners WASG, Man­fred Friedrich (58), zwis­chen 2000 und 2003/2004 Mit­glied und sog­ar Kreisvor­sitzen­der der Deutschen Volk­sunion (DVU) in Bran­den­burg war. 

PDS-Frak­tion­schef Alfre­do Förster äußerte sich gestern empört. Auch Frak­tion­ssprech­er Math­ias Oster­burg und die Sozial­beige­ord­nete Bir­git Hüb­n­er waren offenkundig nicht eingewei­ht. Hüb­n­er möchte allerd­ings lieber ihren Urlaub genießen als poli­tisch Stel­lung zu beziehen. “Ich kann mit so einem Men­schen nicht zusam­me­nar­beit­en”, stellt dage­gen Förster klar. 

Als Ehe­mann ein­er Viet­namesin sei er nicht nur poli­tisch, son­dern auch per­sön­lich betrof­fen. Förster: “Wer sich zum Kreisvor­sitzen­den der DVU hat wählen lassen, hat keine Berech­ti­gung, für die PDS Wahlkampf zu machen.” Sein­er Parte­ichefin, die dem 58-jähri­gen Friedrich eine “Jugend­sünde” attestiert hat­te, wirft Förster man­gel­ndes poli­tis­ches Gespür vor. Er freue sich zwar, wenn jemand sich vom Saulus zum Paulus wan­dele, doch ein Aktiv­posten im PDS-Wahlkampf könne Friedrich ein­fach nicht sein. 

Die “groteske Ver­harm­lo­sung” der DVU-Ver­gan­gen­heit durch Petra Faderl ent­täuscht den SPD-Land­tagsab­ge­ord­neten Ralf Holzschuher. “Wenn das die neue Lin­ie der PDS ist, wird mir das unheim­lich.” Lei­der passe dies in das Ver­harm­lo­sungss­chema, mit dem auch PDS-Chef Lothar Bisky auf Lafontaines “Fremdarbeiter”-Äußerung reagiert habe. Natür­lich könne sich ein Men­sch ändern. Doch dann müsse Faderl viel mehr erk­lären. Holzschuher: “Ich erwarte von ihr, dass sie sich dis­tanziert. Son­st wird sie unglaubwürdig.”

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herr schönbohm kegelt alle neune

Es gibt auf der Welt nichts Ver­ro­hteres als einen Beruf­s­sol­dat­en. Wer sein Leben beim Mil­itär ver­brachte und nicht ein­mal Reue empfind­et, dem ist nicht zu helfen, der kann seinen Kopf nur noch als Kanonenkugel abfeuern. Dass der pen­sion­ierte Gen­er­al und amtierende bran­den­bur­gis­che Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm den Fall ein­er neun­fachen Kind­stö­tung zum Anlass für die Gratis­be­haup­tung nimmt, die “von der SED erzwun­gene Pro­le­tarisierung” der Bevölkerung sei “eine der wesentlichen Ursachen für Ver­wahrlosung und Gewalt­bere­itschaft”, zeigt den klas­sis­chen Fall ein­er Projektion. 

Als Mil­itär weiß Schön­bohm alles über Ver­wahrlosung und Gewalt­bere­itschaft. Armeen sind die Aus­bil­dungs- und Brut­stät­ten für Sadis­ten, Folter­er, Verge­waltiger und Mörder. Man kann das in Afghanistan sehen, im Irak, in deutschen Bun­deswehrkaser­nen, über­all dort, wo aus Men­schen Uni­formträger gemacht wer­den, Befehlserteil­er und Befehlsempfänger, zu Klumpen geballte, schw­er bewaffnete, gedrillte und gedopte Tötungs­mas­chin­is­ten. Neun erstick­te Kinder in Bran­den­burg? Darüber kann ein Ange­höriger eines deutschen Polizeibatail­lions nur müde lachen. 

Wer oder was ist Jörg Schön­bohm? Ein Exgen­er­al, der sinnlose Kom­man­dos in den dicht­en Nebel brüllt, der ihn umgibt? Ein Mann, der auf ver­loren­em Posten sitzt und nun als Innen­min­is­ter unge­bremst die Defor­ma­tio­nen auslebt, die er im Laufe seines Beruf­slebens erlitt? Als Hob­by oder in der Gum­mizelle kön­nte man das tolerieren, aber dass der Mann für den durch­sichti­gen Ver­such, seine eigene Kaput­theit posthum Erich Honeck­er anzu­las­ten, ein Geld bekommt, ist allzu spendabel. 

Schön­bohms Bar­ras­gek­läffe hat für Aufre­gung gesorgt — es ist Wahlkampf, die Angst vor dem Wäh­ler geht um. Speziell die Ost­deutschen, so sie nicht brav die Block­parteien SPD-CDU-FDP-Grüne ankreuzen, müssen an die Hand genom­men wer­den — oder an die Kan­dare. Kinder umbrin­gen gin­ge ja noch an, das sind dann immer­hin ein paar unnütze Ess­er weniger, die dem West­en auf der Tasche liegen. Aber Linkspartei wählen geht gar nicht — auch Edmund Stoiber hat es klipp und klar gesagt: “Ich akzep­tiere es nicht, dass let­zten Endes erneut der Osten bes­timmt, wer in Deutsch­land Kan­zler wird. Das wird nicht mehr sein. Wir leis­ten jedes Jahr etwa 120 bis 130 Mil­liar­den Euro Finan­zaus­gle­ich zur Auf­bausi­t­u­a­tion der neuen Län­der. Aber es darf nicht sein, dass let­ztlich die Frus­tri­erten über das Schick­sal Deutsch­lands bestimmen.” 

Mir tram­peln die Dep­pen aus dem West­en genau­so auf den Ner­ven herum wie die aus dem Osten, Deutsche sind sie alle­samt, ihre komis­chen Prob­leme miteinan­der gehen mich nichts an. Dass aber die Ost­deutschen nicht kom­plett die Rolle der willfähri­gen Beute spie­len, die man ihnen zuweist, hat lustige Effek­te: Die bloße Ankündi­gung, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen, löst in Deutsch­land Angst und Panik aus. Man wird den Zonis das Wählen wohl geset­zlich ver­bi­eten müssen. 

Einen besseren Wahlkampf für die Linkspartei als den von Schön­bohm und Stoiber geführten aber kann sich auch der Bild-Kolum­nist Lafontaine nicht ausdenken.

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WIDERSTAND GEGEN MILITÄRÜBUNGSPLATZ

WIDERSTAND GEGEN MILITÄRÜBUNGSPLATZ

In Nord­bran­den­burg soll ein von den Sow­jets angelegter Bomben­ab­wurf­platz jet­zt von der Bun­deswehr benutzt wer­den — trotz vielfach­er gegen­teiliger Ver­sicherun­gen. Die Bürg­erini­tia­tive “Freie Hei­de” organ­isiert den Wider­stand — auch nach dem Vor­bild ein­er BI in der Karibik

Die “Freie Hei­de” riskiert Haft

1.300 Men­schen haben ihre Bere­itschaft zu zivilem Unge­hor­sam erk­lärt, falls die Bun­deswehr einen
Bomben­ab­wurf­platz nord­west­lich Berlins betreibt

Es war ein Som­mer­fest mit poli­tis­chem Anspruch am Woch­enende bei Witt­stock nord­west­lich von Berlin, Schlusspunkt von Aktion­sta­gen. 250 Men­schen kamen trotz des reg­ner­ischen Wet­ters. Die Nord­bran­den­burg­er übten, wie man trotz ein­er Hun­dertschaft Bere­itschaft­spolizei auf einem Trup­penübungsplatz zel­tet oder wie man sich von Wipfel zu Wipfel seilt, um dort Trans­par­ente aufzuhän­gen. “Da kann man lange Zeit oben bleiben .”, sagt ein­er lächelnd.

Die “Som­mer­ak­tion­stage” der Ini­tia­tive “Freie Hei­de” richt­en sich gegen den geplanten Bomben­ab­wurf­platz der Bun­deswehr in der Kyritz-Rup­pin­er Hei­de. Mit seinen gut 140 Quadratk­ilo­me­tern wäre er der mit Abstand größte solche Trup­penübungsplatz, gar der größte Luft-Boden-Schieß­platz Europas.

Das Beson­dere an der Bewe­gung “Freie Hei­de” ist ihre Entschlossen­heit. Über 1.300 Men­schen, darunter 800 aus der Region, haben eine Erk­lärung unter­schrieben und veröf­fentlicht: “Wenn die Bun­deswehr das Gelände in Betrieb nimmt, wer­den wir auf den Platz gehen, um die Ein­sätze durch unsere Anwe­sen­heit zu behin­dern”, heißt es da. Soll­ten die Unterze­ich­n­er diese Ankündi­gung ver­wirk­lichen, wer­den Strafanzeigen und Gerichtsver­hand­lun­gen folgen. 

Ich wohne und arbeite hier”, sagt dazu Ilse Strohschnei­der, Ärztin und Phys­io­ther­a­peutin. “Was kann ich dann schon tun: entwed­er alles auf eine Karte set­zen und den Abwurf­platz ver­hin­dern oder weggehen.” 

Ein Vor­bild der Ini­tia­tive sind die Bewohn­er der karibis­chen US-Insel Vieques (siehe unten). Erst als sie den gewalt­freien Wider­stand unter harschen per­sön­lichen Kon­se­quen­zen riskierten, schloss die US-Marine dort ihren Bombenabwurfplatz. 

Das Gebi­et bei Witt­stock hat­te die sow­jetis­che Armee 1952 zu einem Bomben­ab­wurf­platz umgewid­met. Angesichts der schö­nen Natur samt ihren Seen dachte die Region nach der Wende an den Touris­mus als ein­träglichen Erwerb­szweig. Doch sie wur­den von der deutschen Poli­tik gründlich ent­täuscht: Spitzen­leute viel­er Parteien sicherten vor Ort Unter­stützung zu, ihre Organ­i­sa­tio­nen unter­nah­men allerd­ings nichts Wirk­sames, um das Bom­bo­drom zu verhindern.

Beson­ders toll trieb es die SPD. Ihre jew­eili­gen bran­den­bur­gis­chen Min­is­ter­präsi­den­ten sind offiziell gegen den Abwurf­platz. Rudolf Scharp­ing, Spitzenkan­di­dat bei der Bun­destagswahl 1994, ver­spricht ein Ende bei Regierungsüber­nahme, der heutige Vertei­di­gungsmin­is­ter Peter Struck sprach sich 1992 in ein­er Presserk­lärung der Bun­destagfrak­tion gegen den Übungsplatz aus — ganz ent­lang der Beschlus­slage des SPD-Son­der­parteitags vom Novem­ber 1992 zum Sofort­pro­gramm bei ein­er eventuellen Regierungsüber­nahme. Darin heißt es unter Punkt 63: “Wir wer­den die Aus­gaben für die Stre­itkräfte nach­haltig senken und über­flüs­sige Rüs­tung­spro­jek­te stre­ichen sowie die mil­itärischen Tief­flüge ein­stellen. Die bish­eri­gen sow­jetis­chen Trup­penübungsplätze in Ost­deutsch­land, Witt­stock und die Col­b­itz-Let­zlinger Hei­de, wer­den wir stil­l­le­gen, sanieren und dem Naturschutz bzw. ein­er umweltverträglichen zivilen Nutzung zur Ver­fü­gung stellen.”

Die Bun­deswehr unter Struck hält den Platz heute für “unverzicht­bar”: zur Ent­las­tung ander­er Gelände und weil der “Ein­satz von Flugzeu­gen im gesamten Ein­satzspek­trum” nach wie vor erforder­lich sei. Dafür sind bei Witt­stock 1.700 “Ein­sätze” pro Jahr geplant, mit jew­eils mehreren Anflü­gen. Die Unterze­ich­n­er der Bom­bo­drom-Erk­lärung nen­nen das “die Vor­bere­itung von Angriff­skriegen” durch die Luft­waf­fen­ver­bände der Nato. “Die von der Bun­desregierung selb­st unterze­ich­neten Bünd­nisverpflich­tun­gen sind ihr wichtiger als das Recht auf Leben”, so gestern Andreas Will von der Ini­tia­tive “Bomben nein — wir gehen rein”. “Die Region soll sich dem unterord­nen. Aber man hat sich verkalkuliert.”

[ www.freieheide.de ]

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Mod­ell Puer­to Rico

Die Bewohn­er ein­er kleinen Insel bei Puer­to Rico haben die US-Marine erfol­gre­ich bekämpft

2003 war der Hor­ror für die Bewohn­er der kleinen Insel Vieques endlich vor­bei. 60 Jahre lang hat­te das Eiland vor Puer­to Rico der US-Marine als Bomben­ab­wurf­platz, Manöverge­bi­et und Muni­tion­slager gedi­ent. Unter anderen war­fen die Marine­flugzeuge Bomben mit Napalm oder mit Urangeschossen. Schießlich hat­te der Protest der Ein­wohn­er Erfolg.

Die Marine enteignete ab 1941 drei Vier­tel des Lan­des, zer­störte die Zuck­er­rohr- und Kokos­nuss­plan­ta­gen. Die gut 9.000 Ein­wohn­er leben auf einem schmalen Streifen in der Mitte der 134 Quadratk­ilo­me­ter großen sub­tro­pis­chen Insel. Der West­en und der Osten sind Sper­rge­bi­et. Auch der Fis­chfang, die zweite Hauptein­nah­me­quelle der Insel­be­wohn­er, wurde durch die Manöver und die Wasserver­schmutzung sehr erschwert.

Immer wieder hat­te es Proteste gegeben. Doch erst 1999, nach­dem der Viequese David Sanes, der als zivil­er Wach­mann für die Marine arbeit­ete, durch einen Fehlab­wurf getötet wurde, stand die Insel­bevölkerung geschlossen hin­ter den gewalt­freien Demon­stra­tio­nen. Die Aktio­nen wur­den auch inter­na­tion­al unter­stützt. Zu ein­er Demon­stra­tion im Feb­ru­ar 2000 in der Haupt­stadt von Puer­to Rico, San Juan, kamen 150.000 Menschen. 

Als Reak­tion auf den Wider­stand verurteil­ten US-Gerichte die Protestieren­den zu immer höheren Gefäng­nis­strafen. Bis heute sitzen noch AktivistIn­nen in US-Gefäng­nis­sen. Sie wur­den wegen uner­laubten Betretens des Mari­negelän­des zu Gefäng­nis bis zu fünf Jahren verurteilt. 

Im Mai 2003 trat die Marine schließlich ihr Land an die Naturschutzbe­hörde der USA ab. (Siehe Interview.) 

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Für mich war es ein Wunder”

Wie wur­den die US-Bomben­ab­würfe auf der Insel Vieques schließlich gestoppt? Der uner­müdliche Wider­stand machte den Stan­dort für die US-Trup­pen zu teuer. Zwei Frauen beschreiben den Weg zum Erfolg

taz: Wie lebt es sich an einem Bombenabwurfplatz? 

Xana Conel­ly: Es waren so viele Bomben. Ich erin­nere mich an eine Lehrerin: Sie stoppte jedes Mal den Unter­richt, wenn wir etwas hörten. Es war kon­stant, bum, bum, bum. 

Wie änderte sich der Wider­stand nach dem Tod eines Insel­be­wohn­ers auf Vieques durch den Fehlab­wurf eines US-amerikanis­chen Bombers? 

Conel­ly: Zwei Tage nach dem Tod von David stiegen etliche Fis­ch­er aus dem Ort und einige Jugendliche in ihre Boote und betrat­en vom Meer aus das Abwur­fge­bi­et, wo der Unfall passiert war. Es waren auch viele Pres­se­leute dabei. Sie woll­ten ein großes weißes Kreuz für David in der Nähe des Beobach­tungspostens auf­stellen, wo er getötet wurde. Der Plan war, das Kreuz als Sym­bol dort zu lassen und ins Dorf zurück­zukehren. Aber ein­er der Män­ner sagte: Ich lasse das Kreuz nicht allein. Ich werde hier bleiben. Die anderen sagten: Du musst mit uns zurück­kom­men, die ganze Gegend ist verseucht. Doch der Mann blieb. 

Was wollte er allein dort ausrichten? 

Myr­na Pagán: Als sie zurück­ka­men, sagte mein Sohn: Der Mann hat Recht. Wir kön­nen ihn dort nicht alleine lassen. Ich werde auch dor­thin gehen.Und ein Sohn ein­er Fis­cher­fam­i­lie kam auch mit. Sie blieben auf dem Gelände. Dar
aufhin gin­gen immer mehr Men­schen dor­thin und blieben. Und die ganze Bevölkerung brachte ihnen Essen. Dieser Moment, als wir die Entschei­dung getrof­fen haben: “Bas­ta ya, es reicht”, gab den Men­schen auf Vieques ihre Würde zurück. 

Wie war die Reak­tion der US-Marine auf die Proteste?

Pagán: Das ist für mich ein Wun­der. Wenn sie gle­ich am ersten Tag gekom­men wären und uns ver­haftet hät­ten, dann wäre vielle­icht alles anders gekom­men. Doch es dauerte ein Jahr, bis die US-Marine ein­griff. Im Mai 2000 nah­men sie auf einen Schlag 200 Leute fest. Zu diesem Zeit­punkt gab es bere­its mehr als 14 Camps inner­halb des Abwur­fge­bi­etes. Es gab ein Lehrercamp, Stu­den­ten­camps, drei ver­schiedene Kirchen­camps und eine öku­menis­che Kirche für alle. Und viele Men­schen von der Hauptin­sel kamen jedes Woch­enende nach Vieques. Ins­ge­samt wur­den dann noch 1.500 Men­schen ver­haftet, viele saßen mehrere Jahre im Gefängnis.

Selb­st während des laufend­en Übungs­be­triebes gin­gen Geg­n­er auf das Gelände. War das nicht zu riskant? 

Conel­ly: Da war auch sehr viel Glück dabei. Die Leute, die reingin­gen, haben immer große Tüch­er geschwenkt und ihr Kom­men angekündigt. Aber es war auf jeden Fall immer sehr gefährlich.

Spielte für den schließlichen Erfolg die Unter­stützung von puer­tor­i­can­is­chen Poli­tik­ern eine Rolle? 

Pagán: Ja, ein wichtiger Punkt war auch, dass der Chef der Unab­hängigkeitspartei sein Lager an einem Strand im Mil­itärge­bi­et aufgeschla­gen hat. Er blieb fast ein Jahr und eröffnete dort sein Büro, am Strand. Später baute auch die Par­tido Pop­u­lar ein Haus vor dem Ein­gang der Marine. Wichtig war auch die Mitar­beit der Presse, auch aus Deutsch­land, Schwe­den oder Japan. 

Mit welch­er Begrün­dung hat die Marine die Bomben­ab­würfe eingestellt? 

Pagán: Weil es zu teuer war, all diese Leute durch die Bun­des­be­hör­den zu ver­haften und all die Fälle vor Bun­des­gerichte zu brin­gen. Zudem schafften sie es nicht mehr, ihr gesamtes Gebi­et umzäunt zu hal­ten. Die Leute schnit­ten ständig die Zäune auf und gin­gen hinein. Das kostete zu viel Geld. 

Was ist jet­zt der Stand auf der Insel?

Pagán: Wir sagen: Der Kampf geht weit­er. Wir haben 27 Prozent mehr Krebs, viele Fälle von Epilep­sie, Herzprob­le­men, Dia­betes, chro­nis­chen Atem­swegserkrankun­gen und Asthma. 

Conel­ly: Die Mil­itärs wollen noch nicht mal zugeben, dass das ganze Gebi­et kon­t­a­miniert ist. 

Die Kün­st­lerin MYRNA PAGÁN, 69, und ihre Tochter XANA CONELLY, 31, sind von Anfang an in der Wider­stands­be­we­gung gegen den Bomben­ab­wurf­platz auf Vieques aktiv gewe­sen. Sie sind auf der Insel aufgewach­sen. Conel­ly arbeit­et heute als Rechtsanwältin.

Inforiot