Potsdam (ddp-lbg). Der Flüchtlingsrat des Landes Brandenburg fordert ein
Bleiberecht für langjährig in Deutschland lebende Flüchtlinge. Aus
humanitärer Sicht sei es unverantwortlich, Menschen abzuschieben, die
inzwischen in Deutschland integriert seien, sagte Judith Gleitze vom
Flüchtlingsrat am Mittwoch in Potsdam zum Auftakt einer landesweiten
Bleiberechtskampagne. Dennoch sei dieses Vorgehen noch immer an der
Tagesordnung.
Allein in Brandenburg lebten knapp 1700 Ausländer, die kein Aufenthaltsrecht
haben und in ständiger Angst vor der Abschiebung leben, betonte Gleitze. Sie
würden nicht als Flüchtlinge anerkannt, konnten meist keine eigene Wohnung
mieten und erhielten auch keine Arbeitserlaubnis. Ihren Kindern werde der
Zugang zur Ausbildung oder einem Studium verwehrt.
Der Flüchtlingsrat fordert ein Aufenthaltsrecht für Flüchtlinge, die seit
mindestens fünf Jahren in Deutschland sind. Für Familien sollte diese Zeit
auf drei Jahre und für Minderjährige auf zwei Jahre verkürzt werden.
Traumatisierte Menschen sollten sofort ein Aufenthaltsrecht erhalten. Dies
gelte auch für Ausländer, die Opfer rassistischer Übergriffe in Deutschland
wurden.
Ein bundesweites Bleiberecht für diese Flüchtlinge sei «humanitär geboten
und vernünftig», sagte der Ausländerbeauftragte der Evangelischen Kirche
Berlin-Brandenburg, Hanns Thomä-Venske. Es sei nicht vertretbar, sie in ihre
Heimat zurückzuschicken, wo ihnen oft Gefahr für Leib und Seele drohe. Eine
großzügige Bleiberechtsregelung könne auch Kosten sparen, denn die
Flüchtlinge könnten sich ihren Unterhalt dann selbst verdienen. Die
Potenziale der bislang nur «geduldeten» Menschen sollten endlich genutzt
werden.
Langjährige Flüchtlinge sollten eine unbeschränkte Arbeits- und
Ausbildungserlaubnis erhalten, fordert der Flüchtlingsrat. Zudem müsse ihnen
das Recht auf Familiennachzug gewährt werden. Wohnsitzbeschränkungen dürfe
es nicht geben. Das Bleiberecht dürfe nicht davon abhängig gemacht werden,
ob Flüchtlinge für ihren Unterhalt alleine aufkommen können. Schließlich
werde ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt meist verwehrt. Auch ein fehlender
Pass oder ein zeitweise illegaler Aufenthalt dürften kein Grund dafür sein,
dass Ausländer kein Aufenthaltsrecht erhalten.
Zugleich forderte der Flüchtlingsrat die Bildung einer Härtefallkommission
in Brandenburg. Die SPD habe sich bereits im Herbst 2001 dazu bekannt,
jedoch sei bislang noch nichts geschehen.
Wichtigste deutsche Erinnerungsorte
(Tagesspiegel) Potsdam. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat am Dienstag ihr
zehnjähriges Bestehen gefeiert. Bei einem Festakt im Landtag wurden vor
allem die Verdienste der Stiftung um die Aufarbeitung der NS-Geschichte und
des politischen Strafsystems der DDR gewürdigt. Ministerpräsident Matthias
Platzeck (SPD) nannte die Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück und
Brandenburg wichtigste Erinnerungsorte der Bundesrepublik. Sie spielten eine
bedeutende Rolle im Kampf gegen Fremdenhass und Rechtsextremismus.
Gedenkstättenstiftung feiert zehnjähriges Bestehen
(Berliner Zeitung) POTSDAM. Die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten hat am Dienstag ihr
zehnjähriges Bestehen gefeiert. Bei einem Festakt im Landtag wurden die
Verdienste der Stiftung um die Aufarbeitung der NS-Geschichte und des
politischen Strafsystems der DDR gewürdigt. Ministerpräsident Matthias
Platzeck (SPD) nannte die Gedenkstätten Sachsenhausen, Ravensbrück und
Brandenburg “aktive Museen”. Zusammen mit Buchenwald und Dachau zählten sie
zu den wichtigsten Erinnerungsorten Deutschlands. Sie spielten eine große
Rolle im Kampf gegen Fremdenhass und Rechtsextremismus.
Frankfurt (Oder) (ddp-lbg). Vier der fünf Angeklagten im Diskomord-Prozess
vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) sind voll schuldfähig. Das ergab das
psychiatrische Gutachten, sagte Oberstaatsanwalt Hartmut Oeser am Mittwoch.
Die 19 bis 26 Jahre alten Beschuldigten sind wegen Mordes und Beihilfe zum
Mord angeklagt. Sie sollen am 1. Juni in Neu Mahlisch bei Seelow einen
29-jährigen Zimmermann nach einem Disko-Besuch misshandelt haben. Der
23-jährige Matthias R. habe das Opfer dann mit bis zu 50 Messerstichen
getötet.
Matthias R. habe nach seiner Auffassung nicht im Affekt gehandelt, sagte
Oeser. Eine Affekttat sei «mit Sicherheit auszuschließen». Als Beweis für
die volle Schuldfähigkeit der Angeklagten seien unter anderem die
Überwachungsvideos der Disko herangezogen worden. Die Angeklagten hätten
dort einen sicheren Gang gehabt und seien nicht getorkelt. Der Gutachter
habe zudem angeführt, dass sich die Beschuldigten trotz ihres Alkoholkonsums
an viele Einzelheiten erinnern könnten und «situationsgerecht» auf das
Geschehen reagiert hätten.
Der Prozess wird am Freitag (9.30 Uhr) fortgesetzt. Dann soll der
Staatsanwalt plädieren. Zuvor wird der Gutachter noch die Schuldfähigkeit
des fünften Beschuldigten beurteilen. Am 6. März sollen die Verteidiger ihre
Schlussvorträge halten. Das Urteil wird für den 13. März erwartet. Das
Verfahren gegen eine wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagte Frau war
abgetrennt worden.
Eggersdorf (Märkisch-Oderland) — Am Mittwochmorgen teilte ein Zeuge der
Polizei mit, dass vor einem Autohaus in Eggersdorf zwei Fahrzeuge brennen.
Die Polizeibeamten fanden den Sachverhalt vor Ort bestätigt vor. Es brannten
zwei Jeeps der Bundeswehr vollständig aus. Ein Fahrzeug stand noch auf dem
Gelände des Autohauses der zweite Jeep wurde von einem unbekannten Täter 30
bis 40 Meter vom Gelände des Autohauses bewegt.
Die Kripo ermittelt jetzt wegen Brandstiftung. Die Fahrzeuge wurden von der
Polizei zwecks Spurensuche und ‑sicherung beschlagnahmt.
(Berliner Zeitung) BERLIN. Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) hat sich in die
Diskussion um Folterdrohungen für Schwerstverbrecher eingeschaltet. Wenn
durch Terroristen eine Gefahr für eine Vielzahl von Menschen drohe, müsse
man auch über Folter nachdenken, sagte Schönbohm am Montagabend in der
Phoenix-Sendung Unter den Linden. Ihm widersprach die Vorsitzende des
Bundestagsinnenausschusses Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD). Sie sagte,
international verbriefte Menschenrechte müssten auch für Terroristen gelten.
Zurück ins Mittelalter?
Polizeifolter-Debatte: CDU bei Extremfällen für Gewalt / SPD dagegen
POTSDAM Am liebsten wäre es der Gewerkschaft der Polizei, die ganze Debatte
über Foltermethoden der Polizei würde sofort beendet. “Es gibt keine
Polizeifolter und es wird auch keine geben”, sagt der Bundeschef der
Gewerkschaft, Konrad Freiberg.
Doch dieser Wunsch wird wohl nicht in Erfüllung gehen — zumindest vorerst.
Jetzt wird auch in Brandenburg munter und äußerst kontrovers diskutiert, ob
die Polizei unter bestimmten Voraussetzungen Gewalt ausüben darf.
Dass Strafrechtsexperten von einem “Dammbruch” sprechen, falls das strikte
Folterverbot in Deutschland kippt, kümmert die brandenburgische CDU wenig.
Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm kann sich unter bestimmten
Voraussetzungen Folter bei Terror-Verdacht vorstellen. Wenn durch
Terroristen eine Gefahr für eine Vielzahl von Menschen drohe, müsse man auch
über Folter nachdenken, sagte er dem Fernsehsender “Phoenix”.
Vize-CDU-Landeschef Sven Petke fordert eine “härtere Gangart” der Polizei
bei Vernehmungen von Verdächtigen. In Extremfällen gehöre dazu auch, “Gewalt
anzudrohen und Schmerzen beizufügen”, sagte Petke der MAZ. Das habe nichts
mit Folter zu tun. “Der Schutz des Lebens von Menschen muss im Vordergrund
stehen.” Nach den Worten von Petke sollte über eine Änderung von
Polizeigesetzen und der Strafprozessordnung nachgedacht werden. Er wollte
auch eine entsprechende Bundesratsinitiative Brandenburgs nicht
ausschließen.
Der Streit um das Folterverbot war am Vorgehen der Polizei von
Frankfurt/Main im Fall des entführten Bankierssohnes Jakob von Metzler
entbrannt. Vize-Polizeichef Wolfgang Daschner hatte erklärt, er habe dem
Verdächtigen Gewalt angedroht, um den Aufenthaltsort des Jungen zu erfahren.
Er gab später zu, er wäre auch bereit gewesen, Gewalt auszuüben,
beispielsweise durch Überdehnung des Handgelenks. Ein Polizeiarzt hätte aber
den Foltervorgang überwacht, damit keine Verletzungen entstehen, gab er an.
Die brandenburgische SPD ist über die Äußerungen des Koalitionspartners CDU
“entsetzt”, wie Landesgeschäftsführer Klaus Ness gestern sagte. Die
Legalisierung von Folter als Verhörmethode wäre ein “Zivilisationsbruch”.
Mit der SPD werde es ein “Zurück ins Mittelalter” nicht geben, betonte Ness.
Der innenpolitische Sprecher der SPD, Werner-Siegwart Schippel, meinte, die
Aufweichung des Folterverbots sei ein “Tabubruch”. Polizisten hätten dann
einen “Freibrief”, gegen Tatverdächtige mit Gewalt vorzugehen.
Ness stellte klar, dass es eine Bundesratsinitiative, wie die CDU sie
erwägt, mit der SPD nicht geben werde. Er hielt der CDU vor, durch emotional
aufrührende Situationen Grundwerte des Rechtsstaats kaputt zu machen.
CDU-Vize Petke widersprach. Er verwies auf den sogenannten finalen
Rettungsschuss, der auch in Brandenburg im Fall von Geiselnahmen möglich
ist. “Warum darf die Polizei in solchen Extremfällen Straftäter erschießen,
aber in Verhören nicht Gewalt androhen?” fragt Petke. Schließlich gehe es
nicht um die Aufklärung eines Ladendiebstahls, sondern darum, Menschenleben
zu retten. SPD-Innenexperte Schippel: “Das ist nicht vergleichbar.”
Petke wiederum verwies auf Extremsituationen, die es in Brandenburg gegeben
habe, wie den Fall des Gastwirtssohnes Matthias Hintze, der 1997 von zwei
Russen entführt und in einem Erdloch qualvoll erstickt war. “Das zeigt, wie
schnell solche Situationen eintreten können”, sagte Petke.
Juristisch ist es unstrittig, dass Folter einschränkungslos verboten ist.
Darauf verwies gestern erneut Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg. Das
Verbot steht nicht nur im Grundgesetz und in der Strafprozessordnung,
sondern auch in der Europäischen Menschenrechtscharta von 1950 und der
Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948.
Wer diesen Grundsatz mit Hilfe einer Gesetzesänderung angreife, “stellt die
Grundlage unseres Staates in Frage”, sagte Rautenberg.
CDU-Politiker für schärferes Polizeigesetz
Folter-Debatte in Brandenburg: Vizeparteichef Petke fordert eine “härtere
Gangart” bei Verhören
(Tagesspiegel) Potsdam. In Brandenburgs großer Koalition ist ein Streit um eine weitere
Verschärfung des Brandenburger Polizeirechts entbrannt. Der
CDU-Innenpolitiker und Vizeparteichef Sven Petke (CDU) forderte am Dienstag,
der Polizei in Ausnahmefällen eine “härtere Gangart” bei Verhören zu
gestatten. “Wenn es wie bei Geiselnahmen um die Rettung von Menschenleben
geht, muss die Androhung von körperlicher Gewalt möglich sein”, sagte Petke
vor dem Hintergrund der bundesweiten Folter-Debatte. “Mit Folter hat das,
auch was in Frankfurt(Main) geschehen ist, nichts zu tun.” SPD und PDS
wiesen den Vorstoß zurück.
Petke widersprach Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg, der bei
Gewaltandrohungen in Polizeiverhören — wie bei der Entführung des
Bankierssohns Jakob von Metzler — die “Grundlage unseres Staates in Frage
gestellt” sieht. “Das ist falsch verstandener Liberalismus”, sagte Petke.
Der Innenexperte verwies auf einen Widerspruch: In Ausnahmefällen wie
Geiselnahmen lasse das Brandenburger Polizeigesetz bereits den finalen
Rettungsschuss zu, also sogar die Tötung des Täters. Anderseits sei der
Polizei Gewaltandrohung verboten, um von Tatverdächtigen den Aufenthaltsort
von Geiseln zu erfahren. “Es gibt Handlungsbedarf.” Dem widersprach
SPD-Fraktionschef Gunter Fritsch: Für eine Änderung des Brandenburger
Polizeigesetzes gebe es keinen Anlass. Das ist auch die strikte Position der
Brandenburger Polizeigewerkschaft GdP. Landeschef Andreas Schuster erinnerte
daran, dass Brandenburg schon jetzt eines der schärfsten Polizeigesetze
habe. Es sei typisch, dass Petke bei jedem öffentlichkeitswirksamen Ereignis
eine Verschärfung von Gesetzen fordere.
Was den Frankfurter Fall angeht, dürfte sich Petkes Position kaum von der
von Innenminister Jörg Schönbohm unterscheiden. Dieser unterstütze “voll und
ganz”, so Sprecher Heiko Homburg, die Aussagen von Hessens Ministerpräsident
Roland Koch. Koch hatte Verständnis für den Frankfurter Einsatzleiter
bekundet, der Gewaltandrohungen angeordnet hatte, um den Entführer des
Bankierssohns Jacob von Metzler zum Reden zu bringen.
Seminar gegen das Gutscheinsystem
Am Wochenende findet ein Seminar zum weiteren Umgang mit dem Gutscheinsystem in
Brandenburg statt. Wer sich vor Ort dafür einsetzen möchte, daß Flüchtlinge Bargeld
statt Gutscheine erhalten und an unserer Diskussion teilnehmen möchte, ist am 1. und
2.3.03 genau richtig.
Noch sind Anmeldungen unter potsdam@kampagne.de möglich. Ein Seminarbeitrag wird
nicht erhoben. Eine Anreisebeschreibung wird nach der Anmeldung zugemailt.
Geld oder Gutschein? Das Sachleistungsprinzip für Asylbewerber/innen
01. bis 02.03.2003 Potsdam, Hochland-Tagungshaus, Gutenbergstraße 78 (am Bassinplatz)
Seit 1994 gilt für Asylbewerber/innen in Brandenburg das Sachleistungsprinzip. Die
ohnehin gekürzten Sozialhilfesätze werden in Form von Warengutscheinen erstattet.
Darüberhinaus bleibt ein geringes Taschengeld von 40 ? zur freien Verfügung. Die
Einführung von Gutscheinen wurde mit der Notwendigkeit begründet, die Bundesrepublik
nicht allzu lukrativ für Flüchtlinge zu machen. Flüchtlingsinitiativen und in
letzter Zeit immer mehr Kommunen und Landkreise fordern eine Abschaffung des
Gutscheinsystems, weil dies die Integration in den gesellschaftlichen Alltag
behindert und die Kommunen mit zusätzlichen Kosten belastet.
Durch die Anfang 2003 erfolgte Aufhebung der Runderlasse des Sozialministeriums
liegt die Entscheidung über Geld oder Gutschein im Land Brandenburg nunmehr bei den
Landkreisen und kreisfreien Städten. Die Stadt Potsdam hat bereits angekündigt,
schnellstmöglich an alle Flüchtlinge Bargeld auszuzahlen.
Auf unserem Wochenendseminar wollen wir uns einen Überblick über die für die
Kommunen und Kreise entstandenen Spielräume verschaffen und gemeinsame Strategien
zur Überwindung des Sachleistungsprinzips entwickeln.
Samstag, 1.3.2002
09.00–09.45 Uhr Frühstück
10.00–11.45 Uhr Bundesrechtliche Vorgaben und Spielräume der Kommunen bei der Gewährung von Geldleistungen für Flüchtlinge — Georg Classen (Buchautor, Flüchtlingsrat Berlin)
12.00–12.45 Uhr Mittagessen
13.00–15.00 Uhr Die Abschaffung des Gutscheinsystems in Potsdam — Bärbel Eichenmüller (Leiterin des Fachbereiches Jugend, Soziales u. Wohnen in
Potsdam — angefragt)
15.15–15.45 Uhr Kaffeepause
16.00–17.30 Uhr Wie weiter gegen das Gutscheinsystem in Brandenburg? Strategiediskussion der Volksinitiative zur Überwindung des Sachleistungsprinzips in
Brandenburg
18.00–18.45 Uhr Abendbrot
Sonntag, 2.3.2002
09.00–09.45 Uhr Frühstück
10.00–12.00 Uhr Festlegung unserer Handlungsschwerpunkte in den Kreisen und Kommunen
12.15–13.00 Uhr Mittagessen
13.00–14.00 Uhr Abschlußplenum und Verabschiedung
Waffenbörse in Potsdam verhindern
Bündnisgrüne fordern Polizeipräsidenten in Offenem Brief auf, Genehmigung für Veranstaltung Mitte März zu versagen
Der Kreisverband Potsdam von Bündnis 90/Die Grünen spricht sich entschieden
gegen die geplante Waffenbörse im Potsdamer Blauhaus vom 14. bis zum 16.
März aus und fordert die zuständigen Stellen auf, diese Veranstaltung zu
verhindern. Wir halten es für unverantwortlich, mit einer derartigen
Veranstaltung für Waffen zu werben und zu versuchen, die Bevölkerung dafür
zu begeistern. Es ist außerdem nicht auszuschließen, dass sich auf einer
Waffenbörse Brandenburger mit Waffen eindecken, die dazu entweder nicht
berechtigt sind oder denen man solche besser nicht in die Hand gäbe.
Der Kreisverband hat sich deshalb in Offenen Briefen an den Präsidenten des
Polizeipräsidiums Potsdam, Bruno Küpper, und an Potsdams Oberbürgermeister,
Jann Jakobs, gewandt, in dem wir diese auffordern, die erforderliche
Ausnahmegenehmigung für den Handel mit Waffen auf Messen bzw. die
Festsetzung der Waffenbörse zu versagen.
“Nach dem Vorfall in einem Gymnasium in Erfurt ist die Toleranzgrenze
überschritten. Die
Bevölkerung sollte nicht auch noch zum Waffenkauf animiert werden”, sagte
der Sprecher des Potsdamer Kreisverbandes von Bündnis 90/Die Grünen, PETER
SCHÜLER. Schüler widersprach der Aussage des Potsdamer Oberbürgermeisters,
Jann Jakobs, der auf eine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der
Stadverordnetenversammlung geantwortet hatte, er habe keine Handhabe gegen
die Durchführung einer Waffenbörse. SCHÜLER: “Gemäß Paragraph 69a Absatz 1
Nummer 3 der Gewerbeordnung kann die Festsetzung einer solchen
Waffenverkaufsbörse abgelehnt werden, wenn diese dem öffentlichen Interesse
widerspricht.
BERLIN Sowohl rechte Gewalt als auch Straftaten mit rechter
Motivation sind im vergangenen Jahr angestiegen. Nach den vorläufigen Zahlen, die das Bundesinnenministerium auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion vorlegte, wurden im Jahr 2002 bundesweit 10.579 rechte Straftaten erfasst,
das sind rund 500 Delikte mehr als im Vorjahr. Auch Gewaltdelikte mit rechtsextremer Motivation haben zugenommen. Statistisch gesehen ereigneten sich im vergangenen Jahr täglich zwei rechte Gewalttaten.
Registrierten die Behörden im Jahr 2001 noch 709 einschlägige Gewaltdelikte, so verzeichnen die vorläufigen Zählungen für das vergangene Jahr 725 Gewalttaten.
Angesichts dieser vorläufigen Zahlen sei unverständlich, dass die CDU die ersatzlose Streichung der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus fordere, sagt Kay Wendel vom brandenburgischen Verein Opferperspektive, der Betroffene rechter Angriffe unterstützt. Verwundert ist Wendel darüber, dass das Bundesinnenministerium für das Jahr 2002 bislang kein einziges Tötungsdelikt mit rechtem Hintergrund registriert hat. Sowohl der Mord an einem 16-jährigen HipHopper aus Potzlow als auch der gewaltsame Tod
eines 24-jährigen Russlanddeutschen in Wittstock werden von dem Verein als Tötungsdelikte mit rechter Motivation bewertet.
Kopfschütteln ruft die Statistik auch in Mecklenburg-Vorpommern hervor. Gerade einmal acht rechtsextremistische Gewalttaten sollen sich hier ereignet haben. Der Verein Lobbi e. V., dessen Mitarbeiter in drei Regionalbüros seit über einem Jahr Opfer rechter Gewalt in ganz Mecklenburg-Vorpommern unterstützen, hat dagegen nach eigenen Angaben
in rund 50 Fällen Betroffenen beigestanden. “Allein im Regionalbüro Neubrandenburg wurden im Jahr 2002 19 Opfer rassististischer und rechter Gewalt betreut”, sagt Lobbi-Mitarbeiter Kai Bolick. Bolick verweist darauf, dass es über die bei Lobbi e. V. registrierten Fälle hinaus eine “nicht zu unterschätzende Dunkelziffer” gebe.
Beim Schweriner Innenministerium möchte man sich zu den Berliner Zahlen derzeit nicht äußern.
Kaum verwunderlich: Im Bundesverfassungsschutzbericht
2001 war Mecklenburg-Vorpommern nämlich das einzige Bundesland ohne rechte Gewalttaten, während das Landeskriminalamt im gleichen Zeitraum 40 einschlägige Delikte registriert hatte. Deshalb will man nun in
Schwerin besonders gründlich zählen.
ROHRLACK (bei Neuruppin) Die Übergriffe auf einen Rohrlacker beschäftigen nunmehr die CDU-Landtagsfraktion. Wachschützer und CDU-Mitglied Jörg. A. Nottle hatte dies in die Wege geleitet. Es soll über Gesetzesänderungen nachgedacht werden.
Laut Nottle wollen die Landtagsabgeordneten Rat von Brandenburgs Justizministerin Barbara Richstein (CDU) einholen. Diese solle Aussagen darüber treffen, inwieweit es auf Landesebene möglich ist, der Polizei mehr Handlungsspielraum zur Gewaltprävention zu geben. Diesen wolle die CDU-Fraktion laut Nottle voll ausschöpfen. Er argumentiert: „Es ist ja auch das, was Polizisten immer frustriert. Sie fangen die Verbrecher und müssen dann wieder auf freien Fuß setzen.“
In den vergangenen Wochen war es mehrfach zu Übergriffen auf einen Rohrlacker gekommen. Erst in der Nacht zum Sonntag wurde seine Wohnungstür beschädigt. Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um dieselbe Person, die am Donnerstag wegen versuchter Nötigung desselben Opfers verurteilt wurde. Die Wohnung des Beschuldigten ist durchsucht worden. Dabei fanden die Beamten Pistolenmunition, die dem Kriegswaffenkontrollgesetz unterliegt.
Wegen des Verdachts auf ein Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz, Volksverhetzung und Sachbeschädigung wird gegen den Rohrlacker Nico D. ermittelt. In der gestrigen Vernehmung habe der Beschuldigte sich auf die meisten Vorwürfe nicht eingelassen, hieß es gestern aus der Neuruppiner Hauptwache. D. habe in der Nacht zu Sonntag in Rohrlack eine Eingangstür beschädigt. Der Bewohner ist bereits mehrfach Opfer derartiger Übergriffe geworden. Erst am vergangenen Donnerstag ist D. wegen versuchter Nötigung schuldig gesprochen worden. In der Nacht nach der Verurteilung gab es weitere Übergriffe auf die Wohnung des Bedrohten.
Laut Polizei war der Verdächtige in der Tatnacht stark alkoholisiert. Der Atemtest ergab einen Wert von 2,36 Promille. In Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft durchsuchten die Beamten noch am Sonntag die Wohnung des Beschuldigten. Dabei wurde diverse Pistolenmunition gefunden. Ebenso beschlagnahmten die Polizisten Schriften, deren Inhalt auf strafrechtliche Relevanz geprüft wird. Der Vorwurf der Volksverhetzung wird erhoben, da D. dem Geschäftsführer einer Wachschutzfirma antisemitische Parolen zugerufen habe.
Laut Polizei, habe sich D. in der Vernehmung darauf berufen, im Vollrausch gewesen zu sein. Er habe nach eigener Darstellung nicht mehr im vollen Bewusstsein gehandelt. Die Staatsanwaltschaft hat keine Untersuchungshaft beantragt. D. ist am Nachmittag wieder auf freien Fuß gelassen worden. Die Ermittlungen der Polizei dauern an.
“Behörden stoßen an ihre Grenzen“
Jörg A. Nottle, Geschäftsführer einer Wachschutzfirma, fordert klare Gesetze
Jörg A. Nottle ist Geschäftsführer der Wachschutzfirma, die das Atelier des Rohrlackers überwacht, gegen den es jüngst mehrfach Übergriffe gab. Nottle ist auch Mitglied der CDU. Mit ihm sprach RA-Mitarbeiter Gorm Witte.
Handelt es sich bei den Vorfällen in Rohrlack um einen eskalierten Nachbarschaftsstreit?
Nottle: Nein. Es liegt mir ein Drohbrief vor, dessen Inhalt wenig mit Nachbarschaftsstreit zu tun hat. Da sind ganz klare Worte enthalten. Streit ist etwas anderes. Hier geht es ganz klar um rechtsradikale Hintergründe.
Wie steht die Dorfbevölkerung diesen Vorwürfen entgegen?
Nottle: Das ist unterschiedlich. Es gibt Leute, die so etwas ganz rigeros ablehnen. Aber die alte ländliche Struktur kommt auch zum Tragen. Die Leute kennen sich untereinander und schützen sich.
Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern, damit diese Übergriffe aufhören?
Nottle: Alles, was Polizei und Justiz machen können, haben sie getan. Die Behörden brauchen mehr Möglichkeiten in der Gewaltprävention. Es kann nicht sein, dass das Opfer aus dem Ort wegziehen muss, weil es immer wieder bedroht wird. Es müssen auch zivilgesellschaftliche Zeichen gesetzt werden. Ich habe zum Beispiel in Rohrlack noch keine Lichterkette gegen Gewalt und Antisemitismus gesehen. Das wäre aber angebracht.
Sie sind der Ansicht, dass die Befugnisse der Polizei oder auch der Sondereinheit „Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt“ (Tomeg) nicht ausreichen?
Nottle: Zum Beispiel fehlt in dem vorliegenden Fall die rechtliche Grundlage ein psychologisches Gutachten von dem Täter anzufertigen. Muss es dem Bedrohten erst ans Leben gehen, bevor etwas dagegen unternommen wird? Ich habe um Polizeischutz gebeten. Der wurde mir bisher noch nicht zugesagt. Aber als Wachschützer können sich meine Mitarbeiter nur in dem uns gesteckten gesetzlichen Rahmen bewegen. Festnehmen und Verurteilen ist Sache des Staates.
In welcher Weise wurden Sie bezüglich der antisemitischen Vorfälle in Rohrlack auch politisch aktiv?
Nottle: Ich habe mit der CDU-Landtagsfraktion Kontakt aufgenommen. An diesem Beispiel sollte gezeigt werden, inwieweit das Land Brandenburg in der Lage ist, seine Bürger zu schützen. Wir merken, dass die Ermittlungsbehörden an ihre Grenzen stoßen.
Welches Ergebnis erwarten Sie von Ihrer Initiative?
Nottle: Das Ergebnis könnte eine gesetzliche Verschärfung sein. Gesetze sollen ein Stoppschild setzen. In diesem Fall ist eine hohe Strafe verhängt worden. Aber das hat den Täter nicht beeindruckt. Er ist wieder bei seinem Opfer aufgetaucht und hat es bedroht. Die nachträgliche Bestrafung allein reicht also nicht.
Wie könnte das im konkreten Fall aussehen?
Nottle: Zum Beispiel indem der Täter ein psychologisches Gutachten von sich erstellen lassen muss. Mit dieser Grundlage sollten die Richter dann entscheiden, ob er bis zum Prozess wieder auf Fuß kommt oder nicht.
MAZ — NEURUPPIN Tür zerstört und volksverhetzende Parolen gerufen
Am Sonntag gegen 17 Uhr wurde der Polizei mitgeteilt, dass ein Mann die Eingangstür in Rohrlack, Lindenhof, beschädigt hat. In der weiteren Folge kam es zu einem Streit und einer Schlägerei zwischen dem 24-jährigen Täter und dem 41-jährigen Geschädigten. Anschließend entfernte sich der
Tatverdächtige in unbekannte Richtung, konnte jedoch in unmittelbarer Nähe des Ereignisortes durch einen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma festgestellt und den eintreffenden Polizeibeamten übergeben werden. Der
stark betrunkene 24-Jährige (2,36 Promille), der zuvor gegenüber dem Mitarbeiter der Sicherheitsfirma volksverhetzende Parolen geäußert hatte, wurde in Gewahrsam der Polizeiwache Neuruppin gebracht.
Eine Blutentnahme wurde angeordnet und durchgeführt. Weiterhin wurde in Abstimmung mit der zuständigen Staatsanwaltschaft eine Wohnungsdurchsuchung bei dem Tatverdächtigen durchgeführt, die zum Auffinden diverser
Pistolenmunition sowie Schriften, deren Inhalt auf strafrechtliche Relevanz geprüft wird, führte. Gegenwärtig kann sich der 24-Jährige im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung zum Tatvorwurf der Sachbeschädigung, Verdacht Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie zum Verdacht der
Volksverhetzung äußern.
FRANKFURT (ODER) Ganoven, die grenzüberschreitend sowohl in Deutschland als
auch in Polen ihr Unwesen treiben, dürften es künftig schwer haben.
Spätestens zum EU-Beitritt des östlichen Nachbarlandes im Mai nächsten
Jahres wollen deutsche und polnische Grenzbehörden sowie die Polizei an
der
Oder unter einem Dach sitzen, um die Kriminalität mit geballter Kraft,
kurzen Abstimmungswegen und modernster Logistik zu bekämpfen, analog
dem
positiven Beispiel in Offenburg an der deutsch-französischen Grenze.
Ein sechsköpfiger Aufbaustab unter Leitung des früheren Frankfurter
Polizeipräsidenten Hartmut Lietsch stellt für dieses ehrgeizige Ziel in
provisorischen Räumen der Frankfurter Polizeiwache schon einmal die
Weichen.
“Wir müssen ein Konzept erarbeiten, den Bedarf an Technik und Personal
abklären, die Fremdsprachenschulung der künftigen Bediensteten
organisieren”, umschreibt er seine derzeitigen Aufgaben.
15 deutsche Polizeibeamte hätten sich bereits für die Arbeit in der
künftigen binationalen Dienststelle interessiert. “Im Zuge der
EU-Osterweiterung ist auf deutscher Seite BGS, Zoll und Polizei klar,
das es
eine Stelle geben muss, an der alle grenzüberschreitenden Aktionen
koordiniert werden”, meint der Ex-Polizeipräsident, der selbst gerade
erst
von einem Polnisch-Kurs im Nachbarland zurückkehrte. Angedacht ist auch
eine
Kooperation mit der Brandenburger Polizeihochschule. Die Dienststelle
soll
Praktika beispielsweise zum Thema Verkehrsrecht oder zu Aufbau und
Bedienung
der Polizei-Nachrichtensysteme im östlichen Nachbarland vermitteln.
Seine drei deutsch- und polnischsprachigen Mitarbeiter bearbeiten
bereits
jetzt Ermittlungs-Anfragen zu Fahndungen nach verdächtigen Ganoven, zu
Fahrzeughalterfeststellungen, und vermissten Personen, bei denen ein
grenzüberschreitender Zusammenhang wahrscheinlich ist. Jüngstes
Beispiel
dafür ist der Fall des getöteten Babys, dass in der Mülltonne einer
Autobahn-Raststätte in Niedersachsen gefunden worden war. Auf der Suche
nach
der Mutter entdeckten Ermittler Blutspuren an einer Raststätte bei
Frankfurt. “Vermutet wird nun, dass die Frau nach Polen geflüchtet ist.
Wir
recherchieren da eifrig”, erläutert Lietsch. Und der umgekehrte Fall:
Wenn
etwa ein polnischer Staatsbürger ohne Papiere in Dortmund in einem
vermutlich geklauten Auto erwischt wird, können seine Personalien durch
den
kurzen Draht von Frankfurt über die Oder schnell ermittelt werden.
Seit Anfang des Jahres gab es etwa 100 dieser Aufträge für den
Frankfurter
Aufbaustab. “Sämtliche Informationen und Lageberichte aus Polen, die
für
deutsche Ermittler relevant sind — und umgekehrt — sollen in der
gemeinsamen
Dienststelle zusammenfließen”, erklärt der Lietsch.