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Herbe Kritik an Asylbewerberheim

NEURUPPIN Herbe Kri­tik am Flüchtling­sheim in Treskow for­mulierte der Flüchtlingsrat des Lan­des Bran­den­burg in einem jet­zt vorgelegten Bericht. Faz­it von zwei Mitar­beit­ern des Rates: “Das Heim ist in einem katas­trophalen Zustand.” 

Der Flüchtlingsrat war, wie dem jet­zt fer­tig gestell­ten Bericht zu ent­nehmen ist, auf Grund eines Artikels in der MAZ (“Ord­nung durchge­set­zt”, Seite 16) auf das Flüchtling­sheim in Neu­rup­pin aufmerk­sam gewor­den. Daraufhin hat­te eine dreiköp­fige Besucher­gruppe des Rates das Gebäude bei zwei Besuchen unter die Lupe genommen.
In dem MAZ-Beitrag war ein Vor­fall geschildert wor­den, bei dem eine schwan­gere Heim­be­wohner­in nach einem Stre­it mit der Heim­lei­t­erin über starke Unter­leib­ss­chmerzen geklagt hat­te. Die Heim­lei­t­erin soll sich trotz mehrfach­er Bit­ten geweigert haben, einen Kranken­wa­gen zu rufen; ein Notarzt ließ die betrof­fene Viet­namesin dann ins Kranken­haus brin­gen. Die Heim­be­wohner­in bestätigte den Mitar­beit­ern des Flüchtlingsrates dann Ende Okto­ber den Inhalt des Beitrages. 

Die Ver­fass­er des Berichts ziehen daraus den Schluss, dass “eine weit­ere Eskala­tion der Auseinan­der­set­zung” zwis­chen Heim­lei­t­erin und Heim­be­wohner­in “vor­pro­gram­miert” sei. Dies gelte zumin­d­est für den Fall, dass der Betreiber des Heimes weit­er­hin auf unge­hin­derten und willkür­lichen Zugang zum Zim­mer der Bewohner­in beste­he, schließt der Bericht. 

Doch auch die Gesamt­si­t­u­a­tion in der Ein­rich­tung wird vom Flüchtlingsrat nach den jüng­sten Besuchen sehr kri­tisch bew­ertet. So würde das Heim “äußerst sparsam” betrieben. Das Gebäude sei in einem “baulich und hygien­isch” nicht ver­ant­wort­baren Zus­tand. Der Heim­be­treiber, Karl Wiese­mann, wies die Vor­würfe gegenüber der MAZ bere­its zurück. 

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Wischnath kritisiert Schönbohm und Stolpe

POTSDAM Der evan­ge­lis­che Gen­er­al­su­per­in­ten­dent von Cot­tbus, Rolf Wis­chnath, schließt ein Kirchenasyl für weit­ere von der Abschiebung bedro­hte viet­name­sis­che Fam­i­lien nicht aus. “Wir wer­den über­legen, ob wir diese Sol­i­dar­ität nicht auch für die Fam­i­lien Rex­hay und Bun­jaku ausüben müssen”, sagte Wis­chnath am Sam­stag anlässlich des 3. Forums lokaler Ini­tia­tiv­en gegen Recht­sex­trem­is­mus und Frem­den­feindlichkeit in Lin­dow (Ost­prig­nitz-Rup­pin). Er bezog sich dabei auf die im Sprem­berg­er Kirchenasyl befind­liche viet­name­sis­che Fam­i­lie Nguyen.
Wis­chnath sagte, es sei bedauer­lich, dass es bei der Fam­i­lie Nguyen über­haupt zu ein­er Abschiebeentschei­dung gekom­men ist. “Ich wün­sche mir für Bran­den­burg ein men­schlich­es und tol­er­antes Gesicht mit unbürokratis­chem Han­deln”. Die vier Mit­glieder der Fam­i­lie Nguyen sollen Deutsch­land nach einem rund achtjähri­gen Aufen­thalt ohne den Vater ver­lassen, da für ihn bis­lang keine Rück­über­nahme-Erk­lärung aus Viet­nam vor­liegt. Die Mut­ter und ihre drei in Deutsch­land aufgewach­se­nen Kinder hat­ten am ver­gan­genen Son­ntag bei der Gemeinde im Kreis Spree-Neiße Schutz erhalten. 

Wis­chnath sagte weit­er, er ver­ste­he das Ver­hal­ten von Innen­min­is­ter Jörg Schön­bohm (CDU) immer weniger. Die märkische Union sei offen­bar aus Furcht vor der Schill-Partei unter Druck aus dem “Law and order”-Lager. “Ich habe die CDU in anderen Teilen der Bun­desre­pub­lik viel tol­er­an­ter und wer­te­be­wusster erlebt”. Schön­bohm solle sich einen Ruck geben und men­schlich entschei­den, meinte Wis­chnath. Der Min­is­ter habe aus Sicht der Kirche einen größeren Ermessensspiel­raum. Entsprechende juris­tis­che Wer­tun­gen stelle er ihm gerne noch ein­mal zur Verfügung.
Auch das Ver­hal­ten der Bran­den­burg­er SPD, das mit dem früheren evan­ge­lis­chen Kirchen­juris­ten, Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe (SPD), und Ex-Pfar­rer und Bil­dungsmin­is­ter Stef­fen Reiche (SPD) eine große Nähe zur Kirche habe, sei für ihn “rät­sel­haft”, sagte Wis­chnath. Zunächst hät­ten auch Sozialdemokrat­en der Kirche in den strit­ti­gen Fällen von Kirchenasyl Unter­stützung zuge­sagt, sie dann aber später zurück­ge­zo­gen. “Wenn die SPD schon den Paz­i­fis­mus aufgibt, dann kann sie doch wenig­stens einen Paz­i­fis­mus nach innen vertreten, sagte Wis­chnath. Er hat­te ver­gan­gene Woche aus Protest gegen Bun­deswehrein­sätze seinen SPD-Aus­tritt angekündigt. 

Der innen­poli­tis­che Sprech­er der CDU-Land­tags­frak­tion und Parteivize, Sven Petke, wies die Kri­tik Wis­chnaths zurück. “Zu den Abschiebun­gen liegen Urteile vor, die zu voll­streck­en sind”, sagte der CDU-Poli­tik­er auf Anfrage. Staat und Poli­tik müssten sich danach richt­en. Mit Kirchenasyl lasse sich die Union nicht erpressen. “Wis­chnath will offen­bar zum Mär­tyr­er der Gut- Men­sch-Frak­tion wer­den. Er läuft vol­lkom­men aus dem Rud­er”, sagte Petke weit­er. Es gehe dem Gen­er­al­su­per­in­ten­den­ten nur um seine per­sön­liche Rolle. Mit dieser Hal­tung schade er der Kirche. 

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Potsdam im Visier von Schill

POTSDAM Die Parteien in Bran­den­burg, glaubt Katrin Fre­und fest, wer­den sich bald umschauen. “Wir sind neu und es herrscht so viel Unzufrieden­heit mit den etablierten Parteien — auch mit der CDU”, sagt die 34-Jährige.
Die gebür­tige Chem­nitzerin soll mit Getreuen in Bran­den­burg die Schill-Partei auf­bauen. Jene recht­spop­ulis­tis­che Truppe, die es in Ham­burg aus dem Stand auf 19,4 Prozent brachte, gle­ich in die Regierung ein­zog und sei­ther wie ein Gespenst umher geht und den Parteien bun­desweit das Fürcht­en lehrt.
Vor allem den Osten will “Richter Gnaden­los” mit sein­er Ein-Mann-Partei aufmis­chen. In Bran­den­burg habe man es zwar “nicht so eilig”, meint Katrin Fre­und, schließlich werde erst 2004 der Land­tag in Pots­dam neu gewählt. Doch die Ex-Lebens­ge­fährtin von Ronald Barn­abas Schill ist schon jet­zt ständig unter­wegs, um geeignete Führungs­fig­uren für die Ost-Aus­de­hung zu find­en. Namen will sie allerd­ings noch nicht nennen.
Es gebe großes Inter­esse, bei der Schill-Partei mitzu­machen, gibt sie sich zuver­sichtlich. Das seien Men­schen aus dem Bürg­er­tum, Ent­täuschte, die sich neu betäti­gen woll­ten und Mit­glieder von Parteien. “Haupt­säch­lich von der CDU, weniger von der PDS.” 

Derzeit wür­den Mit­glied­santräge geprüft. Für Jan­u­ar, kündigte sie an, sei ein Tre­f­fen aller Inter­essierten geplant. Ziel sei es, im kom­menden Jahr in Bran­den­burg einen eige­nen Lan­desver­band zu gründen. 

Dafür gibt es laut Satzung aber strenge For­malien zu beacht­en: Um einen Ortsver­band ins Leben zu rufen, sind 30 Mit­glieder nötig. Einen Kreisver­band kön­nen min­destens drei Ortsver­bände mit mehr als 100 Mit­gliedern grün­den. Die Grün­dung des Lan­desver­ban­des ist möglich, wenn es mehr als drei Kreisver­bände und 500 Mit­glieder gibt.
Ober­ste Pri­or­ität hat aber zunächst Sach­sen-Anhalt, wo am 21. April 2002 der Land­tag neu gewählt wird. Mei­n­ungs­forsch­er trauen der Protest-Partei einen ähn­lichen sen­sa­tionellen Erfolg wie am 23. Sep­tem­ber in Ham­burg zu. Auf 20 Prozent kön­nte die Partei kom­men. Par­al­lel läuft der Parteiauf­bau in Meck­len­burg-Vor­pom­mern, wo im Herb­st 2002 neu gewählt wird. Offen ist, ob die Partei für den Bun­destag im Herb­st antritt. 

Die innere Sicher­heit als alleiniges The­ma wie in Ham­burg reicht der Schill-Partei im Osten aber nicht aus. Deshalb wür­den Schw­er­punk­te auch die Arbeit­slosigkeit und die Abwan­derung vor allem junger Men­schen sein, hieß es.
Wie in Sach­sen-Anhalt soll in Bran­den­burg scharf darauf geachtet wer­den, wer in die Partei aufgenom­men wird. Jed­er Aspi­rant muss einen Lebenslauf vor­legen und sein “poli­tis­ches Vor­leben” der let­zten zehn Jahre offen­le­gen. Wer ein­mal Mit­glied in ein­er recht­sex­tremen Partei war, soll keine Chance haben. Das soll zwar auch für eine Stasi-Mitar­beit gel­ten. Doch dafür gebe es bish­er keinen Vor­stands­beschluss, sagt Freund.

Das Abwer­ben von CDU-Leuten hat zumin­d­est in Sach­sen-Anhalt schon geklappt. Der 45-jährige Unternehmer Ulrich Mar­seille ist im Okto­ber aus der CDU aus­ge­treten und leit­et den Auf­bau der Schill-Partei in Magde­burg. Die SPD in Sach­sen-Anhalt habe das Land “an den Rand des Ruins” getrieben; die CDU werde von den DDR-Block­partei-Mit­gliedern geprägt, begrün­det der Mehrheit­sak­tionär der Mar­seille-Klin­ien sein neues Engagement. 

Mar­seille ist auch in der bran­den­bur­gis­chen CDU kein Unbekan­nter. Der Betreiber von Altenheimen und Reha-Kliniken war Groß-Spender der Union. Er spendierte der Schön­bohm-CDU 1999 im Wahlkampf 165 000 Mark. Für Schlagzeilen sorgte er im Feb­ru­ar 2001: Auf Bit­ten sein­er Anwälte sollte sich CDU-Jus­tizmin­is­ter Kurt Schel­ter in einen Rechtsstre­it zwis­chen Mar­seille und dem Sozialmin­is­teri­um ein­mis­chen. Daraufhin ließ Schel­ter zwei Gutacht­en anfer­ti­gen, was ihm von der PDS den Vor­wurf ein­brachte, sich unzuläs­sig für einen Großspender der CDU einge­set­zt zu haben, was er wiederum zurückwies.
Noch reagieren die Parteien in Bran­den­burg auf die Schill-Partei gelassen. PDS-Lan­desvize Ste­fan Lud­wig sieht vor allem für die CDU etwas “Bedrohlich­es” nahen, wenn deren Wäh­ler zu den Recht­spop­ulis­ten abwan­dern. Vize-CDU-Lan­deschef Sven Petke meint aber, dass das The­ma innere Sicher­heit durch Schön­bohm beset­zt sei. “Die sollen ruhig kom­men und sich eine blutige Nase holen.”

Schill-Partei-Koor­di­na­torin Katrin Fre­und kann sich darüber nur amüsieren: “Schön­bohm kann sagen, was er will. Am Ende entschei­det der gesunde Men­schen­ver­stand der Bürger.” 

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Flüchtlinge in Deutschland: Menschenwürde auf Rabatt?

F: In Pots­dam wird derzeit eine Ausstel­lung gezeigt, die sich mit der Sit­u­a­tion von Fl¨¹chtlingen beschäftigt. Was ist da zu sehen?

Es han­delt sich eigentlich um zwei Ausstel­lun­gen. Bei­de the­ma­tisieren die Aus­gren­zung, Krim­i­nal­isierung und Abschiebung von Flüchtlin­gen. “Depor­ta­tion Class — Gegen das Geschäft mit Abschiebun­gen” befaßt sich speziell mit der Abschiebeprax­is der Lufthansa. “Men­schen­würde auf Rabatt — Flüchtlinge im tol­er­an­ten Bran­den­burg” beschäftigt sich mit der All­t­agssi­t­u­a­tion aus Sicht der betrof­fe­nen Flüchtlinge, konkret mit dem Sach­leis­tung­sprinzip und der Res­i­den­zpflicht. Par­al­lel laufen auch Diskus­sionsver­anstal­tun­gen mit Vertretern von Poli­tik und Flüchtlingsinitiativen. 

F: Die Aktion Notein­gang hat die Ausstel­lung mit ini­ti­iert. Wie ist die Idee dazu entstanden? 

Die kam uns während der Kam­pagne zur Abschaf­fung von Wertgutscheinen im Land Bran­den­burg, die im Früh­jahr in Pots­dam ges­tartet wurde. Ziel ist, das Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz so zu ändern, daß Flüchtlinge Bargeld statt Wertgutscheinen und Sach­leis­tun­gen aus­ge­händigt bekom­men. Ein erster Erfolg war, daß die Stadtveror­den­ten­ver­samm­lung Pots­dam Anfang Juli einem Antrag mit großer Mehrheit zus­timmte, mit dem die Lan­desregierung aufge­fordert wurde, den Run­der­laß zur Durch­führung des Geset­zes so zu ändern, daß die geset­zlichen Möglichkeit­en aus­geschöpft wer­den, um die Gewährung von Geldleis­tun­gen zu ermöglichen. Außer­dem sollte die Lan­desregierung eine Ini­tia­tive zur bun­desweit­en Abschaf­fung des Sach­leis­tung­sprinzips in Gang bringen. 

F: Wie hat das Land auf den Beschluß Pots­dams regiert? 

Anfang Novem­ber hat Sozialmin­is­ter Alwin Ziel im Auf­trag von Min­is­ter­präsi­dent Man­fred Stolpe geant­wortet. Die Änderung des Run­der­lass­es für das Land Bran­den­burg werde man prüfen, sobald die von Ziel ini­ti­ierte Arbeits­gruppe für Flüchtlings­fra­gen ihre Empfehlun­gen voll­ständig vorgelegt habe, hieß es in dem Schreiben. Konkreter drück­te er sich zur geforderten bun­desweit­en Ini­tia­tive aus. Diese ist nach Auf­fas­sung Ziels »wed­er bei der Bun­desregierung noch bei Bun­desrat noch inner­halb der Landesregierung?durchsetzbar. Es bestünde »ein über­wiegen­der poli­tis­ch­er Kon­sens über die Notwendigkeit ein­er Begren­zung unges­teuert­er Flüchtlingszuwan­derung auch durch die im Asyl­be­wer­ber­leis­tungs­ge­setz geregel­ten Leis­tung­sein­schränkun­gen? Für mich bedeutet das, daß auf Lan­des- sowie auf Bun­de­sebene ein ras­sis­tis­ch­er Kon­sens herrscht. Es ist beze­ich­nend für das »tol­er­ante Bran­den­burg, daß Iso­la­tion, Aus­gren­zung und Erniedri­gung zur Abwehr von Flüchtlin­gen genutzt wer­den und all­ge­mein anerkan­nte Grun­drechte in bezug auf Flüchtlinge keine Anwen­dung finden. 

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Guben: Sieger der Bürgermeisterwahl verharmlost tödliche Hetzjagd

Mehr als die Hälfte der Guben­er Wäh­lerin­nen und Wäh­ler machte am 11.November 2001 mit Klaus-Dieter Hüb­n­er (FDP) einen Kan­di­dat­en zum neuen Bürg­er­meis­ter, der über die tödliche Het­z­jagd recht­sex­tremer und ras­sis­tis­ch­er Jugendlich­er auf den Algerier Farid Guen­doul im Feb­ru­ar 1999 weiß: 

Das war doch keine Het­z­jagd, son­dern eher eine Ver­ket­tung unglück­lich­er Umstände.” (Tagesspiegel, 13.11.; Berlin­er Mor­gen­post, 18.11.)

Offen­sichtlich tut diese Behaup­tung Hüb­n­ers Pop­u­lar­ität in Guben keinen Abbruch. Es ist sog­ar anzunehmen, dass er unter anderem auf­grund genau solch­er Äußerun­gen gewählt wurde. 

Wer heute — nach­dem selb­st das Landgericht Cot­tbus im Ver­fahren gegendie 11 Guben­er Jugendlichen deren Ver­ant­wortlichkeit fest­stellen kon­nte und angesichts der Tat­sache, dass einige der Täter in Guben weit­er mit recht­sex­tremen Gewalt­tat­en in Erschei­n­ung trat­en — als Ursache des Todes Farid Guen­douls “eine Ver­ket­tung unglück­lich­er Umstände” nen­nt, weiß genau, was er tut. Er schließt an die bekan­nte Mär von der “Ver­wech­slung” des Opfers, von den ange­blich “guten” Absicht­en der Täter und der eige­nen Schuld des Toten an. Er gibt damit eine in Neon­azi-Kreisen weit ver­bre­it­ete Argu­men­ta­tion wieder. Er entschuldigt die Täter, indem er ihre ras­sis­tis­che Moti­va­tion leugnet. 

Wenn ein Vertreter der Guben­er SPD in Bezug auf die Wahl Hüb­n­ers anmerkt, dass viele Guben­er ein­fach aus­län­der­feindlich seien (Lausitzer Rund­schau, 19.11.), dürfte er damit nicht falsch liegen. Er wird indi­rekt durch eine ganze Rei­he von Leser­brief­reak­tio­nen in der Lokal­presse bestätigt, von denen einige zum Beispiel die polen­feindlichen Ressen­ti­ments ihrer Urhe­ber nur kaum oder gar nicht verbergen. 

Die weit­ere Entwick­lung in Guben ist offen. Hüb­n­er bezieht mit seinen Äußerun­gen auch Stel­lung gegen die, die sich in der öffentlichen Diskus­sion nach der Het­z­jagd gegen Recht­sex­trem­is­mus posi­tion­iert haben und die sich für ein “weltof­fenes Guben” engagieren, und er stellt sich gegen deren Erfolge. Dabei hat er eine Mehrheit hin­ter sich. In jedem Fall erscheint jemand, der — in Ken­nt­nis der gravieren­den Prob­leme mit Recht­sex­tremen und der ver­fes­tigten ras­sis­tis­chen Vorurteile bei vie­len Gubener­in­nen und Guben­ern — in vollem Bewußt­sein von “unglück­lichen Umstän­den” spricht, denkbar ungeeignet für die Ausübung eines öffentlichen Amtes. 

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Das sind Spremberger”

SPREMBERG Seit Son­ntagabend lebt Thi­hang Nguyen in ständi­ger Angst: An dem Tag ver­ließ sie mit ihren drei Kindern ihre Woh­nung und flüchtete in die Obhut von Johann Jakob Werdin — statt am Mon­tag in den Flieger nach Viet­nam zu steigen. “Wir gewähren der Fam­i­lie Schutz”, erk­lärt der Pfar­rer der evan­ge­lis­chen St.-Michael-Gemeinde in Sprem­berg (Spree-Neiße). Das Wort Kirchenasyl will er allerd­ings nicht in den Mund nehmen. Schließlich sei die Fam­i­lie nicht “an Leib und Leben” bedroht.
Die 39-jährige Thi­hang Nguyen ist von den Kreis-Behör­den inzwis­chen wegen ille­galem Aufen­thalt in Deutsch­land zur Fah­n­dung aus­geschrieben. Eben­so ihre drei Söhne Van Thuy, Van Thanh und Thanh Long, neun, acht und zwei Jahre alt. Die Mut­ter und ihre Kinder sollen nach acht Jahren das Land ohne den Fam­i­lien­vater ver­lassen, weil für ihn bish­er keine Rück­über­nahme-Erk­lärung aus Viet­nam vorliegt.
Die Abschiebung sei recht­skräftig, bestätigt Lan­drat Dieter Friese (SPD). “Mir sind die Hände gebun­den.” Beson­ders unglück­lich, so Friese: Der Vater sei 1992 wegen ille­galen Zigaret­ten­han­dels straf­fäl­lig gewor­den. Die Aufen­thalt­ser­laub­nis sei einige Jahre später nur deswe­gen abgelehnt wor­den, weil die Tat noch nicht ver­jährt war. Friese: “Dabei arbeit­et der 39-jährige Van Thuy Hoang seit mehreren Jahren in einem Restau­rant.” Die Entschei­dung habe nichts mit sein­er per­sön­lichen Hal­tung zu tun. Friese hat­te sich in den ver­gan­genen Monat­en für mehrere von Abschiebung bedro­hte Fam­i­lien eingesetzt.
Im Innen­min­is­teri­um hält man sich bedeckt. Die Geset­zes­lage und die Rechtssprechung sei klar, so Sprech­er Heiko Hom­burg. Einen Ermessensspiel­raum gebe es nicht. Einen Zugriff in der Kirche schloss er auf Nach­frage aus.
Nach Infor­ma­tio­nen der MAZ hat die Aus­län­der­be­hörde die Aufen­thalt­ser­laub­nis nicht nur wegen der Vorstrafe ver­weigert, son­dern auch, weil die Fam­i­lie nicht unter die Alt­fall­regelung fällt. Sie sei seit 1996 aus­reisepflichtig und habe nie Anstal­ten gemacht auszureisen — damit halte sie sich nicht unver­schuldet, wie im Falle ein­er schw­eren Krankheit, in Deutsch­land auf. Auch das Ver­wal­tungs­gericht habe erk­lärt, dass es zumut­bar sei, Mut­ter und Kinder getren­nt vom Vater auszuweisen. Dieser müsse nur seine Papiere in Ord­nung bringen.
Während vor den Kirchen­mauern die Fah­n­dung läuft, ver­suchen Thi­hang Nguyen und ihre Kinder, im Gebäude All­t­ag zu leben. Die 39-Jährige kocht, zwis­chen­durch kom­men Lehrerin­nen und unter­richt­en die bei­den Acht- und Neun­jähri­gen. Genächtigt wird auf Luft­ma­tratzen. Wie lange das so weit­erge­hen soll, weiß auch der Pfar­rer nicht.
Er hält die Entschei­dung der getren­nten Abschiebung für unver­ant­wortlich. Schließlich sei auch im Grundge­setz der “beson­dere Schutz der Fam­i­lie” fest­geschrieben, sagt er. “Eine Frau mit Kindern und ohne Mann ist in Viet­nam sozial aus­ge­gren­zt — es wird für sie unmöglich sein, eine Woh­nung oder Arbeit zu find­en.” Beson­ders für die Kinder, die alle in Deutsch­land geboren wur­den, sei es hart. Werdin: “Das sind Sprem­berg­er, ihre Mut­ter­sprache ist Deutsch.”
Sprem­berg ist der zweite diesjährige Fall von Kirchenasyl im Spree-Neiße-Kreis. Im Som­mer hat­te die in Guben lebende viet­name­sis­che Fam­i­lie Nguyen Schutz vor der Zwangsausweisung gesucht. Ihr Fall hat­te bun­desweit für Auf­se­hen gesorgt: Schließlich hat­ten sich die Behör­den ver­ständigt, der vierköp­fi­gen Fam­i­lie eine dauer­hafte Aufen­thalts­genehmi­gung einzuräu­men. Möglich war dies gewor­den, weil sie keine abgelehn­ten Asyl­be­wer­ber waren und der Arbeit­ge­ber bescheinigt hat­te, dass der Fam­i­lien­vater uner­set­zlich ist.

Spek­takuläre Asyl-Fälle

Nicht nur in Sprem­berg, auch in Guben und Forst stem­men sich abgelehnte Asyl­be­wer­ber gegen ihre dro­hende Abschiebung.
Einen Erfolg erzielte gestern eine fün­fköp­fige bosnis­che Fam­i­lie aus Forst. Das Ver­wal­tungs­gericht Cot­tbus hat die für heute geplante Abschiebung vor­erst gestoppt. Dadurch ver­längert sich der Aufen­thalt der Roma-Fam­i­lie um zwei weit­ere Monate. Grund für die Entschei­dung ist der Gesund­heit­szu­s­tand der 32-jähri­gen Frau, die wegen ein­er Fehlge­burt im Kranken­haus liegt. Laut Gericht ist eine gesund­heitliche Besserung der vier­fachen Mut­ter durch eine Behand­lung in Deutsch­land möglich.
Einen Rückschlag gab es hinge­gen für zwei koso­varische Fam­i­lien. Am Dien­stag hat das Innen­min­is­teri­um Spree-Neiße-Lan­drat Dieter Friese (SPD) angewiesen, die achtköp­fige Fam­i­lie Rex­haj auszuweisen. Im Okto­ber hat­te die Behörde bere­its die ein­jährige Dul­dung für die sech­sköp­fige Fam­i­lie Bun­jaku aufge­hoben. Lan­drat Friese hat­te sich im Sep­tem­ber auf einen überge­set­zlichen Not­stand berufen und bei­den Fam­i­lien eine ein­jährige Dul­dung aus­ge­sprochen — laut Min­is­teri­um rechtswidrig. Bis zur endgülti­gen Ausweisung kön­nen allerd­ings noch mehrere Monate verge­hen, da die Fam­i­lien Rechtsmit­tel ein­le­gen können. 

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Ruhe am “Heldengedenktag” — 18.11.2001

Als so genan­nter “Heldenge­denk­tag” ist der Volk­strauertag im Ver­anstal­tungskalen­der von Recht­sex­trem­is­ten dick angestrichen. Doch sie wagen es nicht mehr wie früher, ihn mit Aufmärschen und feier­lichen Zer­e­monien auf dem Sol­daten­fried­hof in Halbe zu bege­hen. Jet­zt fan­den nur ein klein­er Aufzug von etwa 30 Mit­gliedern und Sym­pa­thisan­ten der “Aktion­s­ge­mein­schaft für Frieden und Selb­st­bes­tim­mung” (AGFS) in Witt­stock und ver­steck­te Kranznieder­legun­gen statt. Auf dem Ket­zin­er Fried­hof z. B. wurde ein Gebinde abgelegt. Auf dessen Schleifen standen die Sprüche “So will ich danken dem tapfer­en Heer, Brüder in Tod und Ewigkeit” und “Ehre den Sol­dat­en der Wehrma­cht und Waf­fen-SS, Ket­zin­er Bürg­er Märkische Jungs”.
Noch Anfang der 90er Jahre sah das ganz anders aus. Damals hat­te die recht­sex­trem­istis­che “Berlin­er Kul­turge­mein­schaft Preußen e.V.” (BKP) den Volk­strauertag jährlich zum Anlass genom­men, Großver­anstal­tun­gen zum “Heldenge­denken” in Halbe anzumelden. Ihre Ein­ladung zur “Heldenge­denk­feier” fand bei den ver­schieden­sten neon­azis­tis­chen Grup­pen in Deutsch­land, z. T. sog­ar im Aus­land, zunächst bre­it­en Wider­hall. 1990 und noch ein­mal 1991, mit deut­lich höher­er Beteili­gung, gab es Gedenkmärsche, die im nach­hinein von den Neon­azis als große Erfolge ver­bucht wurden.
Der vorge­bliche Zweck der Ver­anstal­tun­gen war das Gedenken an die im Früh­jahr 1945 in der let­zten großen Kesselschlacht des 2. Weltkriegs in Halbe gefal­l­enen deutschen Sol­dat­en und Zivilis­ten. Tat­säch­lich hat­ten die Aufmärsche und die makabren Feier­riten jedoch einen anderen Zweck: Sie soll­ten das sinnlose Ster­ben der let­zten kämpfend­en Wehrma­chts- und SS-Ver­bände verk­lärend hero­isieren und damit mit­tel­bar auch den Nation­al­sozial­is­mus verherrlichen.
Seit 1992 wur­den alle Ver­suche, mit Aufmärschen und Kranznieder­legun­gen die Mobil­isierungser­folge von 1990 und 1991 zu wieder­holen, durch Ver­samm­lungsver­bote und Großein­sätze der Polizei zunichte gemacht. Das haben nun auch die Recht­sex­trem­is­ten begrif­f­en. Seit 1997 verzicht­en sie auf ern­sthafte Anmel­dun­gen in Halbe. Stattdessen ver­anstal­ten sie allen­falls kleine dezen­trale Feiern in zeitlich­er Nähe zum Volk­strauertag oder beg­nü­gen sich damit, an Sol­daten­fried­höfen oder Ehren- und Mah­n­malen Kränze niederzulegen. 

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Schläger verurteilt

Für den Angriff auf einen Staat­san­walt hat das Amts­gericht Frankfurt/Oder gegen einen 27-Jähri­gen eine zwei­monatige Bewährungsstrafe ver­hängt. Es sprach den Angeklagten André J gestern in einem beschle­u­nigten Ver­fahren der Belei­di­gung und Kör­per­ver­let­zung schuldig. Die Bewährungszeit wurde auf zwei Jahre fest­ge­set­zt. Nach Auf­fas­sung des Gerichts hat­te J. den 34-jähri­gen Beamten in der Nacht zum 3. Novem­ber auf offen­er Straße als “Scheiß Staat­san­walt” beschimpft und dann min­destens sechs Mal ins Gesicht geschla­gen. Der aus ein­er Kneipe kom­mende Angeklagte sei auf den auf der anderen Straßen­seite ste­hen­den Mann aus unbekan­ntem Grund zuge­gan­gen. Ohne jeden Anlass habe er den Beamten angere­det und dann grund­los auf ihn eingeschla­gen, so das Gericht. Das Opfer zog sich dabei Blutergüsse und Prel­lun­gen zu. Für eine Notwehr, auf die die Vertei­di­gung hin­wies, habe es keine Anze­ichen gegeben. 

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Neonazi-Band in Bornstedt

Monate­lang hat in Born­st­edt die bekan­nteste deutsche Neon­azi-Band “Landser” geprobt. In den Pots­damer Stadt­teil kam sie ver­mut­lich im Früh­jahr, nach­dem das “Club­haus der Van­dalen” in Berlin-Weißensee dicht gemacht wor­den war, sagt ein Szeneken­ner vom Zen­trum Demokratis­che Kul­tur (ZDK) in Berlin der MAZ. Zwis­chen 30. Sep­tem­ber und 5. Okto­ber ver­haftete der Berlin­er Staatss­chutz für die Bun­desstaat­san­waltschaft das Quar­tett samt Pro­duzent; gestern kamen zwei wieder auf freien Fuß.
Offiziell saßen Sänger Michael R. “Lunikow” (36) und Bassist André M. (34), Chris­t­ian W. (26) und Jean-René B. (34) sowie Pro­duzent Jan W. (26) in Moabit in U‑Haft, gese­hen hat sie dort kein­er. “Entwed­er waren sie extrem abgeschirmt”, sagt der ZDK-Mann, der “gute Drähte” in den Knast hat, “oder waren woanders”.
In einem Born­st­edter Keller hat­te sich die Band nach “Spiegel”-Angaben immer son­ntags um 13 Uhr getrof­fen. Die Fah­n­der hörten stets mit, hat­ten monate­lang die Autos und Tele­fone der Band verwanzt.
Die bis­lang vier CDs sind weit ver­bre­it­et. “In Berlin ken­nt man die Landser auf jedem Schul­hof”, sagt der Experte: “Die CD kostet rund 30 Mark, auf dem flachen Land bis zu 50.” Einge­spielt wur­den die Titel bei Resis­tant Records, dem größten US-Pro­duzen­ten recht­sex­tremer Musik. Die Bän­der wur­den in Polen bei 30 bis 40 Pfen­nig Her­stel­lungskosten zu CDs gebran­nt, nach Däne­mark geschickt zur Skan­di­navien-Fil­iale des vor einem Jahr in Deutsch­land ver­bote­nen Neon­azi-Net­zw­erks “Blood and Hon­our” (Blut und Ehre) — bis zu seinem Tode geführt vom Bran­den­burg­er Mar­cel Schilf, jet­zt von einem Berlin­er. In Werder/Havel hat­te “Blood and Hon­our” ein Post­fach, das es unter dem Adres­sat­en “Hate Records” immer noch gibt. “Hass-Plat­ten” sind auch die Landser-Werke: Sie rufen zu Gewalt, Mord und Krieg auf. Zitate: “Ran an den Feind, Bomben auf Israel”, “die BRD ist viel zu klein, mein Vater­land muss größer sein”, “Brot für die Welt, ihr kön­nt mich mal, ob andere hungern, ist mir egal”.
Über Ham­burg kamen die Plat­ten nach Deutsch­land, zulet­zt “Ran an den Feind” (2000). Rund 8000 Stück seien gepresst, schreibt “Der Spiegel”. Beim ZDK aber glaubt man, dass es wie schon bei “Landser — Rock gegen Oben” (1998) eher “sechsstel­lige Stück­zahlen” gibt. “8000 find­et man schon, wenn man zwei gren­z­na­he Polen­märk­te abgrast”, so der ZDK-Experte.
Die “Landser” sind Ost-Berlin­er, der Pro­duzent ein Sachse. Die ersten Demo-Bän­der nah­men sie 1991 auf, als sie noch “Endlö­sung” hießen — gegrün­det von der “ari­oger­man­is­chen Kampfge­mein­schaft — Van­dalen”, die es in der DDR seit 1982 gab. “Lunikow” ist der “dien­stäl­teste” der seit 1998 beste­hen­den Beset­zung. Sie arbeit­et kon­spir­a­tiv mit Kenn- und Codewörtern, tritt sel­ten und nur vor kle­in­stem Pub­likum auf, stets mask­iert und zuweilen vom Lkw aus, von dem nur für vier, fünf Titel die Plane gezo­gen wird.
Bekan­nt waren lange nur Jean-René B. und “Lunikow”, der 1998 ver­haftet wor­den war, weil er für die Nation­al­rev­o­lu­tionären Zellen ein Scharf­schützengewehr besorgte.
Laut ZDK wollte man mit der Ver­haf­tung der “Landser” ein Exem­pel sta­tu­ieren — offen­bar nicht sehr nachhaltig. 

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Projekt gegen Neonazis in Brandenburger Haftanstalten

POTSDAM Das bran­den­bur­gis­che Jus­tizmin­is­teri­um hat damit begonnen, den Ein­fluss recht­sex­tremer Jugendlich­er in den Haf­tanstal­ten des Lan­des zu brechen. Das bun­desweit ein­ma­lige Pro­jekt läuft in den fünf Gefäng­nis­sen Sprem­berg, Frank­furt (Oder), Wriezen, Oranien­burg und Luck­au bis Ende 2004 und kostet eine Mil­lion Mark, erk­lärte Jus­tizmin­is­ter Kurt Schel­ter (CDU) gestern. Anschließend soll das Mod­ell­pro­jekt “Präven­tive Arbeit mit recht­sex­trem­istisch ori­en­tierten Jugendlichen” wis­senschaftlich aus­gew­ertet und bei Bedarf in Gefäng­nis­sen ander­er Bun­deslän­der nachgeahmt wer­den. Das Pro­jekt wird von den Bun­des- und Lan­deszen­tralen für poli­tis­che Bil­dung inhaltlich und finanziell unterstützt.
Keine Gruppe ist in den Jugend­abteilun­gen der Gefäng­nisse des Lan­des so dom­i­nant wie die der recht­sex­trem ori­en­tierten Straftäter. Von den etwa 350 in den Haf­tanstal­ten ein­sitzen­den Tätern, die nach Jugend­strafrecht verurteilt wur­den, zählen etwa 100 bis 120 zu dieser Gruppe, berichtet Wern­er Kold­e­hoff, Abteilungsleit­er für Strafrecht im Jus­tizmin­is­teri­um. Das sind 28 bis 35 Prozent der nach Jugend­strafrecht Inhaftierten, also des Per­so­n­enkreis­es, den das Pro­jekt erre­ichen soll. Bei Betra­ch­tung nur der etwa 280 deutschen Straftäter liegt der Prozentsatz entsprechend höher, er schwankt zwis­chen 35 und 43 Prozent. Der harte Kern der recht­sex­tremen Rädels­führer soll aus 20 bis 25 Per­so­n­en bestehen.
Die Gruppe der recht­sex­tremen jugendlichen Häftlinge sei in sich nicht homogen, son­dern unter­schiedlich stark ide­ol­o­gisiert, erk­lärte Thomas Krüger, Präsi­dent der Bun­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung. Deshalb, so Min­is­ter Schel­ter, könne auch “nicht die Rede davon sein, dass die Haf­tanstal­ten in der Hand von Recht­sex­trem­is­ten sind”. Schel­ter: “Wir haben eine rel­a­tiv entspan­nte Sit­u­a­tion.” Es gebe keine von Recht­sex­tremen aufge­baute Struk­turen in den Haf­tanstal­ten des Lan­des, und die vom Ver­fas­sungss­chutz seit Jahren beobachtete recht­sex­trem­istis­che “Hil­f­sor­gan­i­sa­tion für nationale poli­tis­che Gefan­gene und deren Ange­hörige” spiele in Bran­den­burg “prak­tisch keine Rolle”.
Das Mod­ell­pro­jekt soll in erster Lin­ie dazu beitra­gen, einen “Bewusst­seins- und Hal­tungswan­del” der recht­sex­tremen Mitläufer zu bewirken. Das Pro­jekt zielt nicht auf die Umerziehung der Rädels­führer, son­dern will sie “entza­ubern”, so Min­is­ter Schel­ter. Geschehen soll dies beson­ders durch wöchentliche Bil­dung­spro­gramme, die jew­eils drei Monate dauern. Die recht­sex­tremen Häftlinge sollen sich dabei mit ihrer Tat und der Rolle des Opfers auseinan­der­set­zen, außer­dem mit Grup­pen­zwang, also dem Ein­fluss der “Kumpels”. Fern­er sollen sie sich mit der Geschichte von Nation­al­sozial­is­mus und Ras­sis­mus sowie ihrer eige­nen Zukun­ft nach Ablauf der Haftzeit beschäftigen.
Das Train­ing­spro­gramm will das Wis­sen jugendlich­er Straftäter über recht­sex­treme The­men ver­mehren und so die Deu­tung­shoheit der Rädels­führer brechen. “Deu­tung­shoheit bedeutet Macht”, erk­lärt Pro­jek­tleit­er Hel­mut Heit­mann vom “Archiv der Jugend­kul­tur” den Refor­mansatz. Seinen Opti­mis­mus leit­et Schel­ter aus den Erfol­gen eines sechsmonati­gen Vor­pro­jek­ts ab, das im März endete. Es habe gezeigt, dass zwei recht­sex­treme Führer in Diskus­sio­nen entza­ubert und von ein­sti­gen Mitläufern aus­gelacht wur­den. Die Anführer wur­den so entmachtet.
Das Jus­tizmin­is­teri­um sowie Pro­jek­tleit­er Heit­mann schließen nicht aus, dass sich Rädels­führer gegen den dro­hen­den Ein­flussver­lust wehren, indem sich Druck auf die ausüben, die sich von der Szene abwen­den wollen. Um dem ent­ge­gen­zuwirken, müssen in das Pro­jekt auch die Jus­tizvol­lzugs­be­di­en­steten einge­bun­den wer­den, so Heit­mann. Ihr Wis­sen über recht­sex­treme Szene-Zeichen und Struk­turen soll deshalb verbessert werden.
Das Mod­ell­pro­jekt soll für die recht­sex­trem ori­en­tierten jugendlichen Straftäter nicht mit dem Tag der Haf­tent­las­sung enden. Fam­i­lie und Fre­un­deskreis des Häftlings, Schule, Lehrstelle sowie Vere­ine sollen vielmehr in die Aufk­lärungsar­beit mit ein­be­zo­gen wer­den. “Es ist wichtig, dass ein nach­haltiger Effekt entste­ht”, so der Präsi­dent der Bun­deszen­trale, Krüger.
Für Jus­tizmin­is­ter Schel­ter ist der Recht­sex­trem­is­mus in den Gefäng­nis­sen die Folge eines “Defiz­its an poli­tis­ch­er Grund­bil­dung” an den Schulen. Es fehle ein “Min­dest­maß an Ken­nt­nis­sen über den Nation­al­sozial­is­mus”. Lehrer — nicht nur in Bran­den­burg — hät­ten “oft selb­st Prob­leme”, diese brisan­ten The­men ihren Schülern zu ver­mit­teln, so der Minister. 

Guter Ein­stieg

Kom­men­tar von Frank Schauka

Der Recht­sex­trem­is­mus beset­zt nicht mehr die Spitzen­plätze der Nachricht­en, für eine Ent­war­nung beste­ht jedoch kein Anlass. Die Zahl der Gewalt­tat­en hat sich auf hohem Niveau sta­bil­isiert, obwohl Polizei und Jus­tiz ihren Druck erhöht­en. Das führt logis­cher­weise dazu, dass die Zahl recht­sex­tremer Täter im Gefäng­nis wächst. Dabei beste­ht die Gefahr, dass die Haf­tanstal­ten dauer­haft zu Brut­stät­ten für weit­ere Neon­azis wer­den. Das Bran­den­burg­er Mod­ell­pro­jekt “Präven­tive Arbeit mit recht­sex­trem­istisch ori­en­tierten Jugendlichen” set­zt an der richti­gen Stelle an. Es gibt nur die Möglichkeit, bee­in­fluss­bare Mitläufer über das men­schen­ver­ach­t­ende Wesen des Nation­al­sozial­is­mus aufzuk­lären, damit sie sich davon dis­tanzieren. Kri­tik­würdig an dem Mod­ell­pro­jekt wäre allein, dass es sich auf die nach Jugend­strafrecht Verurteil­ten konzen­tri­ert. Das Prob­lem des Recht­sex­trem­is­mus hin­ter Gefäng­nis­mauern ist in Wirk­lichkeit umfassender. Doch ein Mod­ell­pro­jekt, das sagt der Name, ist ein Einstieg. 

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